Einsichten 2 - Ludwig-Maximilians-Universität München
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Nr. 2/2013<br />
<strong>Einsichten</strong><br />
Der Forschungsnewsletter<br />
<strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>München</strong><br />
Fürs Leben verwöhnt<br />
Kinder durch die feinfühligen Verhaltensweisen ihrer Eltern und<br />
durch das, was sie in Beziehungen erfahren.“<br />
Ein offenes System<br />
Einige der Kinder, die Brisch im Dr. von Haunerschen Kinderspital<br />
betreut, haben kaum Empathiefähigkeit. Das heißt, dass<br />
bei ihnen aus einer kleinen Rauferei häufig eine Schlägerei bis<br />
aufs Blut wird. Sie haben wenig oder gar kein Mitgefühl und<br />
damit auch kein Gefühl dafür, wann Schluss ist. „Bei Kindern mit<br />
Bindungsstörungen sehen wir beide Spektren: Kinder, die nach<br />
außen gehen und bei kleinsten Anlässen extreme Aggressionsstörungen<br />
entwickeln, und Kinder, die sich vor lauter Angst immer<br />
mehr aus Beziehungen und in sich zurückziehen“, sagt Brisch.<br />
Für schwer traumatisierte Kinder gibt es an der LMU-Kinderklinik<br />
eine kleine Intensivstation mit sechs Plätzen. „Massive<br />
Empathiestörungen bereiten in der Therapie große Probleme“,<br />
sagt Brisch. Generell gilt: Je früher die Kinder behandelt werden<br />
können, desto besser und schneller kann das Team aus Ärzten,<br />
Psychologen, Pädagogen, Psychotherapeuten, Pflegekräften und<br />
Lehrern ihnen helfen. Es arbeitet mit den Kindern daran, ihr Bindungsmuster<br />
zu ändern. „Das Bindungssystem formiert sich im<br />
Säuglings- und Kleinkindalter, aber es bleibt ein offenes System,<br />
das neue Beziehungserfahrungen – gute wie schlechte – aufgreift.“<br />
Wenn die Eltern dabei gut mitmachen, sind Fortschritte schneller<br />
erkennbar. Auch schwer traumatisierte Kinder zeigen durch die<br />
Therapie neue Verhaltensweisen, so dass sie etwa schließlich eingeschult<br />
werden können, weil sie auch erstmals in einer Gruppe<br />
besser zurecht kommen. Patienten, die stationär behandelt<br />
wurden, kommen nach der Entlassung alle sechs Monate zur<br />
Nachuntersuchung in die Klinik. So kann das Behandlungteam<br />
ihre Entwicklung verfolgen. „Es ist schön zu sehen“, sagt Brisch,<br />
„wenn sie trotz extrem schwierigen Startbedingungen ihren Weg<br />
gehen.“ •<br />
PD Dr. med. Karl Heinz Brisch<br />
ist Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie,<br />
Psychiatrie, Nervenheilkunde, Psychosomatische Medizin, ist Psychoanalytiker<br />
und leitet als Oberarzt die Abteilung für Pädiatrische<br />
Psycho somatik und Psychotherapie im Dr. von Haunerschen Kinderspital<br />
der LMU. Brisch, Jahrgang 1955, studierte Medizin in Aachen,<br />
Münster sowie Tübingen und arbeitete an Kliniken in <strong>München</strong>,<br />
Birmingham und Ulm. Brisch hat zu Themen der Bindungsforschung<br />
publiziert sowie die Programme SAFE (Sichere Ausbildung für Eltern)<br />
und B.A.S.E.- Babywatching (Baby-Beobachtung im Kindergarten<br />
und in der Schule gegen Aggression und Angst zur Förderung von<br />
Sensitivität und Empathie) entwickelt (www.safe-programm.de und<br />
www.base-babywatching.de). Er ist für Deutschland Vorsitzender der<br />
Gesellschaft für Seelische Gesundheit in der frühen Kindheit<br />
(GAIMH).<br />
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Seite 5 Nr. 2/2013