Republik 2
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5 Euro Oktober 2009 Das unabhängige Magazin für Führungskräfte im öffentlichen Bereich<br />
Chance auf<br />
Heilung?<br />
Welche Therapie das Gesundheitssystem<br />
jetzt braucht<br />
Über Mythen und Reformen: Alois Stöger im Interview<br />
Fotograf: Hans Ringhofer<br />
EU-Parlament auf Betriebstemperatur<br />
Was auf die Neo-Abgeordneten zukommt<br />
Schluss mit Aktenordnern<br />
Effizientes E-Government für Gemeinden<br />
P. b. b. Verlagspostamt 1050 Wien, Zul.-Nr. 09Z038082M Postnummer 2 www.wirtschaftsverlag.at
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Editorial<br />
Stefan Grampelhuber,<br />
Chefredakteur<br />
Jürg Christandl<br />
Hat der Österreicher einen Husten, geht er keinesfalls<br />
zum Arzt. Nein, er geht ins Konzert. – Wie so oft haben<br />
schlechte Witze mit Bart einen wahren Kern. Zum Schrecken<br />
vieler Musiker. Eine Wahrheit, die auf nackten Zahlen<br />
beruht, ist eine andere: Herr und Frau Österreicher<br />
sind häufiger im Krankenhaus anzutreffen, als dies in<br />
vergleichbaren Ländern der Fall ist. Und sie nutzen die<br />
überdurchschnittlich gute medizinische Betreuung nur<br />
allzu gerne. Schließlich können wir auf eines der besten<br />
Gesundheitssysteme der Welt zurückgreifen. Der Nachteil<br />
daran? Unser Gesundheitswesen zählt leider auch zu den<br />
kostenintensivsten.<br />
Welche Rezepte können nun helfen, um unser Gesundheitssystem<br />
endlich von der chronischen Erkrankung<br />
„Finanzierungsmangel“ zu kurieren? Welche Therapien<br />
müssen greifen, damit dringende Strukturänderungen bei<br />
gleichbleibend guter Versorgung durchgeführt werden<br />
können? Und was muss passieren, damit die Vision von<br />
einem besseren, weil finanzierbaren Gesundheitswesen<br />
nicht zum Placebo mutiert, sondern in eine Reform gegossen<br />
wird, bei der alle Akteure mitspielen?<br />
REPUBLIK beleuchtet in der vorliegenden Ausgabe<br />
das umfassende Thema „Gesundheitsreform“ aus verschiedenen<br />
Blickwinkeln: Von Präventionsmaßnahmen<br />
zur Reduktion von Krankenhausaufenthalten bis hin zu<br />
zukunftsträchtigen IT-Lösungen, die eine effizientere Verwaltung<br />
in Aussicht stellen, beziehen Führungskräfte der<br />
öffentlichen Verwaltung und weitere Experten Position<br />
und zeigen eine Reihe von Lösungsansätzen auf.<br />
Aber das war noch nicht alles. Denn auch in der zweiten<br />
Ausgabe von REPUBLIK sollen weitere Themen und<br />
vor allem Erfolgsbeispiele, die den öffentlichen Bereich<br />
bewegen, nicht zu kurz kommen. Egal ob es sich um<br />
E-Government-Angebote für Gemeinden oder die Herausforderungen<br />
des frisch besetzten EU-Parlaments, die<br />
anstehende Weltklimakonferenz in Kopenhagen oder<br />
kreative Ideen der Bundesforste zur Krisenbewältigung<br />
handelt. Für jeden ist etwas dabei.<br />
Stefan Grampelhuber<br />
Chefredakteur<br />
s.grampelhuber@republik-online.at<br />
Oktober 09
Inhalt<br />
persönlich<br />
Wer bewegt was 6<br />
schwerpunkt<br />
Chance auf Heilung? 10<br />
Welche Therapie unser Gesundheitswesen<br />
jetzt braucht<br />
Den Großglockner von mehreren Seiten besteigen 18<br />
Gesundheitsminister Alois Stöger im Interview<br />
Es ist alles sehr kompliziert 22<br />
Roundtable mit Gesundheitsexperten<br />
Das österreichische Gesundheitswesen 25<br />
Analyse und Grafik<br />
Die IT als Hebel 28<br />
Effiziente Verwaltung durch zentrale Steuerung<br />
Heute vorgesorgt, morgen gespart 30<br />
Wie sich Prävention auf das<br />
Gesundheitssystem auswirkt<br />
REPUBLIK bittet Alois Stöger zum Gespräch …..... S. 18<br />
Hans Ringhofer<br />
projekte<br />
Mehr X-Chromosome für die Verwaltung 31<br />
Frauenförderung im öffentlichen Sektor<br />
Schluss mit Aktenordnern 34<br />
Zukunftsträchtiges E-Government für Gemeinden<br />
Wiener Polizei rekrutiert Migranten 38<br />
Wie die Exekutive ihren Migrantenanteil<br />
steigern will<br />
Gesundheitswesen: Chance auf Heilung ................... S. 10<br />
Photos.com<br />
thema<br />
EU-Parlament erreicht Betriebstemperatur 36<br />
Erste Bewährungsproben für Neo-Abgeordnete<br />
Zwischen Kyoto und Kopenhagen 40<br />
Wie wir eine nachhaltige Energieversorgung<br />
erreichen<br />
Nachhaltige Energiegewinnung …………...........… S. 40<br />
Photos.com<br />
Oktober 09
Inhalt<br />
serie<br />
Ausgegliedert in die Zukunft<br />
Bundesforste: Hüter der österreichischen Identität 32<br />
Konstruktives Troubleshooting und kreative<br />
Ideen für die Forstwirtschaft<br />
karrieren<br />
Wer macht was 44<br />
service<br />
Krisenmanagement im Wald ……………......……… S. 32<br />
H. Köppel<br />
Ausbildung, Staatspreis, Seminar 46<br />
Vorsicht, Korruptionsgefahr 47<br />
Ideen für eine innovative Verwaltung 48<br />
Präsentationstipps: Blick, Haltung und Gestik 49<br />
privat<br />
„Bei Schokolade muss ich diszipliniert sein“ 50<br />
Lebensminister Nikolaus Berlakovich im Interview<br />
Privates Interview mit Lebensminister Berlakovich…S. 50<br />
BMLFUW<br />
IMPRESSUM<br />
Medieninhaber, Herausgeber und Verleger: Österreichischer Wirtschaftsverlag GmbH<br />
Wiedner Hauptstraße 120-124, 1051 Wien T (0 1) 546 64 – 0, F (+43 1) 546 64-528<br />
Geschäftsführer: Thomas Zembacher<br />
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Chefredakteur: Stefan Grampelhuber<br />
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Idee und Projektberatung: Feri Thierry<br />
Redaktion: Gertraud Eibl, Georg Günsberg, Ursula Horvath, Harriett Keber, Andrea Krieger, Christian Schneider, Wolfgang Tucek, Lukas Wiesböck<br />
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Aus Gründen der Textökonomie verzichten wir auf geschlechtsspezifische Ausformulierung und den Verweis auf (nicht-)akademische Titel.<br />
Oktober 09
Thema<br />
Persönlich<br />
Text<br />
Andrea Krieger (Österreich) / Wolfgang Tucek (EU)<br />
NPO-Chefin mit Mammut-Vorhaben<br />
Eva Fuchswans managt Heimumsiedlung.<br />
„Große geriatrische<br />
Institutionen sind<br />
heute nicht mehr<br />
zeitgemäß.“<br />
Eva Fuchswans hat eine wirklich<br />
außergewöhnliche Managementaufgabe.<br />
Sie ist Frontfrau einer Einrichtung, die<br />
es in dieser Form aufzulösen gilt: Das<br />
Geriatriezentrum Wienerwald in Wien-<br />
Lainz soll nämlich bis 2015 geschlossen<br />
und die Abteilungen auf sechs moderne<br />
Wiener Bauten aufgeteilt werden. „Die<br />
Idee dahinter ist, kleinere, in ganz Wien<br />
verteilte Einheiten zu schaffen, sodass die<br />
Patienten und Bewohner in ihrem sozialen<br />
Umfeld bleiben können“, sagt die akademisch<br />
geprüfte Health Care Managerin.<br />
Sie hält diesen Plan für sehr vernünftig.<br />
„Große geriatrische Institutionen haben<br />
etwas ghettohaftes und sind heutzutage<br />
nicht mehr zeitgemäß.“ Diesen Herbst<br />
geht das Umsiedlungsprojekt in die heiße<br />
Phase. „Bald wird uns deshalb eine<br />
auf Veränderungsprozesse spezialisierte<br />
Beratungsfirma unterstützen.“ Ihre wichtigste<br />
Aufgabe beschreibt Fuchswans so:<br />
„Ich muss dafür sorgen, dass die Motivation<br />
bei den Mitarbeitern in der Übergangszeit<br />
aufrechterhalten bleibt. Schließlich<br />
müssen die Patienten und Bewohner hier<br />
bis zum Schluss optimal versorgt werden.<br />
Das bedeutet Change- und Krisenmanagement<br />
gleichzeitig.“<br />
Bei ihrem Job kommt der ehemaligen<br />
Primarärztin zugute, dass sie „sehr gut<br />
mit Menschen sprechen kann. Muss ich<br />
jemandem etwas Unangenehmes mitteilen,<br />
versuche ich das auszugleichen. Etwa<br />
indem ich eine Fortbildung genehmige,<br />
die diese Person schon länger machen<br />
möchte. Das ist auch eine gute Burnout-<br />
Prophylaxe.“<br />
Demokratie als Projekt<br />
Gottfried Marckhgott macht die Wähler von morgen neugierig.<br />
„Ausländische<br />
Besucher sind sehr<br />
beeindruckt.“<br />
Gottfried Marckhgott hat mit der<br />
Demokratiewerkstatt einen veritablen<br />
Publikums-Hit gelandet. „Bereits 17.000<br />
Kinder haben daran teilgenommen“<br />
betont der Leiter des Dienstes Information<br />
und Öffentlichkeit im Parlament. Das<br />
Programm, das Workshops, Führungen<br />
und eine eigene Parlamentswebsite beinhaltet,<br />
kommt nicht nur bei Schülern gut<br />
an. „Auch ausländische Besucher zeigten<br />
sich beeindruckt von der Art und Weise,<br />
wie wir hier 8- bis 14-Jährigen vermitteln,<br />
dass Politik ein wichtiger Teil des Lebens<br />
ist.“ Dabei sei der Start des Projekts im<br />
Herbst 2007 ein „Sprung ins kalte Wasser“<br />
gewesen. „Es wusste wirklich niemand,<br />
ob es auch gut ankommen würde.“<br />
Nicht zuletzt die technischen Anforderungen<br />
seien hoch gewesen. „Die Kinder<br />
müssen schließlich am Ende eines Workshops<br />
einen TV- bzw. Radiobeitrag oder<br />
eine Zeitung herstellen können.“ Dennoch<br />
war das Projekt, bei dem ihm Nationalratspräsidentin<br />
Prammer völlig freie<br />
Hand ließ, pünktlich zum vorbestimmten<br />
Zeitpunkt fertig. „Das hat eigentlich<br />
alle gewundert“ lacht der Mann mit den<br />
zwei Gott im Namen. Mit dem Start des<br />
Projekts ist die Arbeit für Marckhgott und<br />
sein Demokratiewerkstatt-Entwicklungsteam<br />
noch nicht getan: Das Programm<br />
wird laufend evaluiert und weiterentwickelt.<br />
So wird in den Workshops neben den<br />
Themenbereichen Medien, Gesetzgebung,<br />
Parlamentarier, Partizipation und Zeitreise<br />
seit kurzem auch die EU behandelt.<br />
Und die Zielgruppe der Demokratiewerkstatt<br />
wurde um die Lehrlinge erweitert.<br />
ist das unabhängige<br />
Magazin für<br />
Führungskräfte im<br />
öffentlichen Bereich
Schlaue Mäuse am PC<br />
Promotion<br />
Microsoft Österreich unterstützt die Sprachförderung von Kindern - mit einer<br />
Bildungsinitiative, die auf neuesten Technologien aufbaut. Das pädagogische<br />
Konzept mit dem Titel „Schlaumäuse – Kinder entdecken Sprache“ richtet sich an<br />
Kindertageseinrichtungen und spricht Kids zwischen dem vierten und sechsten<br />
Lebensjahr an.<br />
Ob zu Hause, im Kindergarten oder in den ersten Klassen<br />
der Volkschule: Das Programmziel der Initiative<br />
„Schlaumäuse – Kinder entdecken Sprache“ ist die individuelle<br />
Sprachförderung in heterogenen Lerngruppen,<br />
sowie auch deren lernförderlicher Einsatz zu Hause. Die<br />
Schlaumäuse-Initiative will damit Kindern Spaß an der<br />
Entwicklung der Sprache vermitteln und Erzieherinnen<br />
dazu ermutigen, die Neugier und das natürliche Interesse<br />
von Vorschulkindern an Schrift, am Lesen und Schreiben<br />
im Kindergartenalltag aufzugreifen. Für die Kinder<br />
soll zudem ein schriftkulturelles und sprechanregendes<br />
Umfeld geschaffen werden.<br />
Intelligente Software<br />
Die eigens für das Projekt entwickelte Schlaumäuse-<br />
Software steht als multimediales Angebot im Zentrum<br />
des Förderprogramms. Das ansprechende und leicht zu<br />
bedienende Interface macht Lust auf Lernen. Das Lernen<br />
selbst läuft unbewusst. Kinder erhalten dabei die Möglichkeit,<br />
selbstbestimmt in spielerischer und interaktiver<br />
Form Sprache zu untersuchen, Schrift auszuprobieren,<br />
deren Funktionsweise zu entdecken und den Sinn des<br />
Schreibens für sich zu erfahren. Ein positiver Nebeneffekt<br />
des Lernens per Mausklick ist die Ausbildung der Medienkompetenz.<br />
Da für die Bewältigung bestimmter Aufgaben<br />
innerhalb des Projekts der Computer unerlässlich ist,<br />
wird sowohl die technische Handhabung als auch die<br />
sinnstiftende Nutzung geübt.<br />
Pädagogisches Konzept<br />
Dem Schlaumäuse-Projekt liegt das Konzept des Entfaltenden<br />
Lernens zugrunde, das in der ComputerLernWerkstatt<br />
an der TU Berlin entwickelt wurde. Dabei werden<br />
Kinder als (Sprach-)Lerner ernst genommen, ermutigt<br />
selbst Entscheidungen zu treffen, angehalten Fehler<br />
selbstständig zu verstehen und zu korrigieren und durch<br />
den Spaß an dem Konzept in eine „Ich-will“-Lernsituation<br />
gebracht. Pädagoginnen und Pädagogen sind dabei wertvolle<br />
Begleiter, deren Ziel darin bestehen muss, alles zu<br />
tun, um das Selbstvertrauen des Kindes in seine eigene<br />
Leistungsfähigkeit zu stärken.<br />
Schlaumäuse Kompetenzzentrum<br />
Microsoft Österreich setzt mit der Initiative „Schlaumäuse<br />
- Kinder entdecken Sprache“ auf ein langfristiges Engagement:<br />
Linz und Wien waren die ersten großen Etappen<br />
der österreichweiten Bildungsinitiative. Das Projekt wird<br />
begleitet von Fachleuten von der Universität Linz um eine<br />
wissenschaftlich fundierte Betreuung zu gewährleisten.<br />
Außerdem wurde an der Johannes-Kepler Universität<br />
Linz ein eigenes Schlaumäuse-Kompetenzzentrum eingerichtet,<br />
welches die Schulung der PädagogInnen durchführt<br />
und als Anlaufstelle für pädagogische Fragestellungen<br />
dient.<br />
Weitere Informationen zur Schlaumäuse-Initiative<br />
http://www.microsoft.com/austria/education/<br />
schlau.mspx<br />
oder<br />
http://www.idv.uni-linz.ac.at/schlau/<br />
Oktober 09
Thema<br />
Persönlich<br />
Bäuerliche Landwirtschaft erhalten<br />
Andrä Rupprechter zieht die Fäden in der EU-Agrarpolitik.<br />
Toni Silberberger<br />
„Österreichische<br />
und europäische<br />
Interessen sind<br />
kein Gegensatz.“<br />
Als Direktor im Rat der Europäischen<br />
Union ist Andrä Rupprechter einer der<br />
einflussreichsten EU-Beamten Österreichs.<br />
Ihm gehe es darum, „einen Beitrag<br />
für den Erhalt der bäuerlichen Landwirtschaft<br />
zu leisten“, sagt er. Ein besonderes<br />
Augenmerk gelte benachteiligten Berggebieten.<br />
Bereits lange vor seinem Wechsel nach<br />
Brüssel war der 48-jährige Agraringenieur<br />
österreichischer Sprecher im Sonderausschuss<br />
Landwirtschaft, der die regelmäßigen<br />
Treffen der 27 Minister inhaltlich vorbereitete.<br />
Am EU-Job reizte ihn die Chance,<br />
in einem internationalen Umfeld zu<br />
arbeiten. Nur Gutes weiß der Tiroler über<br />
seine Mitarbeiter zu berichten, an denen<br />
er ihre hohe Fachkompetenz schätzt. Wie<br />
er ist sein gesamtes Team zu absoluter<br />
Neutralität verpflichtet, wenn es um den<br />
Interessenausgleich zwischen den EU-<br />
Staaten geht. Doch österreichische und<br />
europäische Interessen seien eben kein<br />
Gegensatz, sagt er. Daher müsse etwa in<br />
den Verhandlungen ums nächste EU-Rahmenbudget<br />
für 2014 bis 2020 gewährleistet<br />
werden, dass in Zukunft der Stellenwert<br />
der gemeinsamen EU-Agrarpolitik<br />
(GAP) erhalten bleibe. Es bestehe nämlich<br />
die Gefahr, dass „alle möglichen Politiker<br />
große Begehrlichkeiten entwickeln, in<br />
den Topf der GAP hineinzugreifen und<br />
deren Bedeutung zurückdrängen.“ Mit<br />
gut 40 Milliarden Euro pro Jahr ist Landwirtschaft<br />
der größte Haushaltsposten im<br />
EU-Budget.<br />
Wirtschaftsfreundlichere EU-Gesetzgebung<br />
Patrick Voller kämpft für KMU.<br />
„Ich stehe für eine<br />
wirtschaftsfreundliche<br />
EU-Gesetzgebung.“<br />
SME-Union<br />
Sein Auftrag sei es, „die EU-Gesetzgebung<br />
wirtschaftsfreundlicher zu machen“,<br />
sagt Patrick Voller, Generalsekretär des<br />
europäischen Wirtschaftsbundes. Im<br />
Fokus stehen dabei vor allem Klein- und<br />
Mittelbetriebe (KMU). Denn große Firmen<br />
betreiben vielfach ohnehin eigene<br />
Büros in Brüssel. Eine Spezialität des<br />
Verbandes ist die Einbettung in die Europäische<br />
Volkspartei (EVP), die im Europaparlament<br />
die größte Fraktion stellt. Mit<br />
rund 70 Abgeordneten des so genannten<br />
SME-Circle gebe es direkten Einfluss auf<br />
politischer Ebene. Nach fünfjährigem<br />
Netzwerkaufbau verfügt Voller auch über<br />
ausgezeichnete Beziehungen zu EU-Industriekommissar<br />
Günter Verheugen und dessen<br />
KMU-Beauftragten Françoise Le Bail.<br />
Der Zeitaufwand für Lobbying in Brüssel<br />
sei freilich beträchtlich, erzählt der 35-<br />
jährige Jurist. Vom Arbeitsfrühstück bis<br />
zum Abendempfang ist er häufig unterwegs.<br />
Ganz oben auf der Liste stehen Bürokratieabbau<br />
und der Small Business Act,<br />
der EU-Gesetze auch für Kleinstbetriebe<br />
umsetzbar machen soll. In die Reihe der<br />
Erfolge fällt die Verdopplung der De-Minimis-Grenze<br />
für Staatsbeihilfen auf 200.000<br />
Euro und vorübergehend während der<br />
Wirtschaftskrise sogar auf 500.000 Euro.<br />
Bis zu diesem Betrag müssen die Subventionen<br />
für KMU nicht extra in Brüssel<br />
angemeldet werden.<br />
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Thema<br />
Persönlich<br />
Einsatz für schulische Fairness<br />
Birgid Reimer lässt Schulprojekte auszeichnen.<br />
„Nach Jahren mit vielen komplexen<br />
Agenden kann ich mich nun auf das konzentrieren,<br />
was mir wichtig ist: unter anderem<br />
das Projekt Faire Schule“, sagt Birgid<br />
Reimer, seit Juni Expertin für allgemeine<br />
pädagogische Angelegenheiten im Unterrichtsministerium.<br />
Mit der Entwicklung<br />
des Fairness-Award ist sie sehr zufrieden.<br />
Der Preis wir einmal jährlich an Projekte<br />
vergeben, die Respekt und Fairness in den<br />
Schulen besonders fördern. Teilnehmen<br />
können alle Schulpartner. „Wir rechnen<br />
damit, dass 2010 bereits jede zehnte Schule<br />
einmal mitgemacht hat“, so Reimer.<br />
Was die Arbeit daran so spannend<br />
macht? „Erstens kommen laufend neue<br />
Kategorien dazu – so winkt neuerdings<br />
ein Preis für Verhaltensvereinbarungen in<br />
den Schulen. Zweitens staune ich immer<br />
wieder über die brillanten Einreichungen,<br />
etwa ein Kulturcafé in einer multikulturellen<br />
Schule.“ Derzeit hat Reimer alle<br />
Hände voll mit den Vorbereitungsarbeiten<br />
für die Preisverleihung zu tun, gleichzeitig<br />
ist das nächste Projektjahr zu planen.<br />
Aber dass der Herbst eine arbeitsintensive<br />
Zeit ist, weiß sie ohnehin noch aus ihrer<br />
20-jährigen Praxis als Lehrerin.<br />
„Ich staune immer<br />
wieder über die Einfälle<br />
der Schulen.“<br />
Angebot für Gehörlose erweitert<br />
Eva Munkenbeck ist die erste Anlaufstelle für Wiener Gehörlose.<br />
Eva Munkenbeck hat Grund zum<br />
Feiern: Die von ihr aufgebaute einzige<br />
Gehörlosenambulanz Ostösterreichs feiert<br />
diesen Monat ihr 10-jähriges Jubiläum.<br />
Rechtzeitig zum Jubiläumsjahr kann die<br />
Allgemeinmedizinerin im Krankenhaus<br />
der Barmherzigen Brüder in Wien auch<br />
mit einer Novität aufwarten: „Ganz im<br />
Sinne der Barrierefreiheit stehen wichtige<br />
Informationen auf der Homepage mittlerweile<br />
auch als Gebärdensprachvideos<br />
zur Verfügung.“ Auch Munkenbeck selbst<br />
beherrscht die Gebärdensprache längst<br />
wie geschmiert. „Sie zu erlernen war aber<br />
nicht leicht, obwohl ich sonst sprachbegabt<br />
bin,“ erzählt die Ärztin, die sich<br />
als Gesundheitsmanagerin ihrer Klientel<br />
sieht. „Wir sind hier die erste Anlaufstelle<br />
für Gehörlose, auch wenn es um soziale<br />
und psychische Probleme geht. Deshalb<br />
beschäftige ich auch einen Sozialarbeiter.“<br />
Ihre Patienten findet sie „herausfordernd,<br />
weil sie oft nur wenig über ihren Körper<br />
wissen. Andererseits bekommt man sehr<br />
viel zurück. Außerdem befolgen sie ärztliche<br />
Ratschläge besser als Hörende.“<br />
Barmherzige Brüder<br />
„Herausfordernde<br />
Klientel, von der<br />
man aber auch viel<br />
zurückbekommt.“<br />
WdF-Wien-Chef lockt Lehrer<br />
Viktor Wagner lässt Pädagogen in Betrieben schnuppern.<br />
„Lehrer in die Wirtschaft“ heißt das<br />
neueste Projekt des Wirtschaftsforums der<br />
Führungskräfte (WdF). Dahinter steckt,<br />
WdF-Wien-Chef Viktor Wagner. Die Aktion<br />
bietet interessierten Lehrern allgemeinbildender<br />
Schulen die Möglichkeit,<br />
jeweils für fünf Tage einen Wirtschaftsbetrieb<br />
kennenzulernen. „Dadurch möchten<br />
wir den Unterrichtenden das Wirtschaftsleben<br />
schmackhafter machen,“ erklärt<br />
Wagner. „Denn, wollen wir Schüler mit<br />
besseren Wirtschaftskenntnissen, müssen<br />
zuerst die Lehrer mehr Bezug dazu<br />
bekommen.“<br />
Elf Pädagogen haben bereits an der<br />
Aktion teilgenommen und wurden dabei<br />
intensiv betreut. „Wenn die Aktion gut<br />
ankommt, kann man sie jederzeit wiederholen,“<br />
betont der WdF-Wien-Leiter, der<br />
bereits auf ein erfolgreiches Pilotprojekt<br />
verweisen kann. „Ich will nicht zu denen<br />
gehören, die sich beschweren und selbst<br />
nichts tun,“ begründet er sein ehrenamtliches<br />
Engagement beim WdF. Deshalb hat<br />
Wagners eigene Firma, die Reiwag Facility<br />
Management, bereits fünf Lehrer betreut.<br />
WdF<br />
„Ich möchte Lehrern<br />
das Wirtschaftsleben<br />
schmackhafter<br />
machen.“<br />
Oktober 09
Schwerpunkt<br />
Gesundheit<br />
Text<br />
Gertrud Eibl<br />
Fotos<br />
Photos.com<br />
Chance<br />
auf Heilung?<br />
Das österreichische Gesundheitssystem ist im internationalen<br />
Vergleich ein Erfolgsmodell. Trotzdem ist seine Krankengeschichte lang.<br />
Chronische Mängel gibt es in der Finanzierung: Die Zersplitterung<br />
der Kompetenzen auf Krankenkassen und Länder erschwert<br />
Reformbemühungen. REPUBLIK berichtet über potenzielle<br />
Lösungsansätze, die neben einer exzellenten Versorgung auch<br />
ein überlebensfähiges System gewährleisten.<br />
10 Oktober 09
Thema<br />
Gesundheit<br />
Kurze Wartezeiten für geplante<br />
Behandlungen, sehr gute Ergebnisse bei<br />
medizinischen Leistungen und Platz eins<br />
bei der Langzeitüberlebensrate bei Krebs<br />
– im European Health Consumer Index<br />
2009 belegt Österreich den zweiten Platz<br />
der besten Gesundheitssysteme Europas.<br />
Wozu also eine Gesundheitsreform? Freilich<br />
geben Rankings wie das des privaten<br />
schwedischen Anbieters „Health Consumer<br />
Powerhouse“ wenig Auskunft über<br />
den politischen und ökonomischen Kontext.<br />
Und hier brodelt es durchaus: Mit<br />
einem Schuldenstand von 2,1 Milliarden<br />
Euro (Ende 2008) sind die Krankenkassen<br />
in einer prekären Lage. Etwa 28 Milliarden<br />
Euro werden in Österreich jährlich<br />
für das Gesundheitswesen ausgegeben,<br />
15,5 Milliarden davon kommen aus den<br />
Kranken- und Unfallversicherungen. Die<br />
Krankenversicherungsbeiträge decken in<br />
erster Linie den niedergelassenen Bereich<br />
ab, während die Finanzierung der Krankenanstalten<br />
den Ländern und privaten<br />
Eigentümern obliegt. 45 Prozent der Spitalskosten<br />
finanziert die Sozialversicherung<br />
– sie hat aber kein Mitspracherecht<br />
bei der Verwendung der Gelder. Die föderalistische<br />
Struktur unseres Landes hat<br />
eine Fragmentierung des Gesundheitssystems<br />
mit etwa 400 verschiedenen Finanzströmen<br />
hervorgebracht. Das schlägt sich<br />
in vielen verschiedenen Zuständigkeiten<br />
und Verantwortlichkeiten nieder und<br />
erschwert sowohl Planung als auch Steuerung.<br />
Der BIP-Anteil des Gesundheitswesens<br />
liegt in Österreich bei 10,1 Prozent,<br />
in den EU-15-Staaten beträgt er 9,3 Prozent<br />
(RH 2007), international belegen<br />
wir Platz sechs (OECD 2008). Dass unser<br />
Gesundheitssystem einer Strukturreform<br />
bedarf, ist keine Neuigkeit, sondern eine<br />
Notwendigkeit.<br />
Gesundheits- oder Kassenreform?<br />
Ein interessantes Phänomen ist, dass<br />
in Österreich von einer Gesundheitsreform<br />
gesprochen wird, zuerst aber die<br />
Kassen saniert werden müssen – mit einer<br />
450-Millionen-Euro-Finanzspritze der<br />
Bundesregierung. 45 Millionen Euro wurden<br />
an Soforthilfe bereits zur Verfügung<br />
gestellt. Außerdem soll ein Gesundheitsfonds<br />
eingerichtet werden, der ab 2010<br />
jährlich 100 Millionen Euro in die Krankenkassen<br />
speist. Bevor das Geld fließe,<br />
müsse Einsparungspotenzial bekundet<br />
werden, so der Finanzminister. Deshalb<br />
haben die Sozialversicherung und die<br />
Ärztekammer ein Kassensanierungspa-<br />
Oktober 09 11
Schwerpunkt<br />
Gesundheit<br />
„Nach externen<br />
Studien belegen wir<br />
Top-Plätze. Außerdem<br />
fliegen die<br />
Österreicher mit<br />
Rückholversicherungen<br />
reihenweise<br />
nach Hause.“<br />
Johannes Steinhart, Wiener Ärztekammer,<br />
über die Qualität des österreichischen<br />
Gesundheitssystems<br />
pier ausgearbeitet und zeigen darin Wege<br />
zu einer ausgeglichenen Gebarung bis<br />
zum Jahr 2013 auf. Josef Probst, stellvertretender<br />
Generaldirektor im Hauptverband,<br />
lobt das Papier als einen politischen<br />
Erfolg, weil es gemeinsam mit den maßgeblichen<br />
Systempartnern erstellt wurde.<br />
„Wir sind in der Umsetzung und strengen<br />
uns an, die Ziele zu erreichen“, so Probst.<br />
Finanzierung aus einer Hand<br />
„Es gibt nichts Schwierigeres, als eine<br />
Gesundheitsreform durchzuführen“ sagt<br />
Christian Köck, Gesundheitsökonom und<br />
Vorstand der Health Care Company in<br />
Wien. Auch er lobt das „bisweilen zufriedenstellende<br />
Ergebnis“ des Sanierungskonzeptes.<br />
Eine Effizienzsteigerung und<br />
Sanierung des Gesundheitswesens bräuchte<br />
aber eine tiefgreifende Strukturreform,<br />
nämlich die Finanzierung aus einer Hand,<br />
so Köck. Ginge es nach dem Experten, wäre<br />
unser Gesundheitssystem steuerfinanziert,<br />
die Krankenversicherungsbeiträge<br />
würden abgeschafft und dem Hauptverband<br />
die Funktion einer Steuerungs- und<br />
Finanzierungskörperschaft zugeordnet<br />
werden. Ernest Pichlbauer, freischaffender<br />
Gesundheitsökonom, ist als Anhänger<br />
eines steuerfinanzierten Systems bekannt.<br />
Die Krankenkassen würde er am liebsten<br />
abschaffen: „Ich schlage vor, sich für die<br />
Entwicklung fünf Jahre Zeit zu nehmen,<br />
anstatt das gegenwärtige System zu flicken.“<br />
Inwieweit sich diese Option durchführen<br />
ließe, steht allerdings auf einem<br />
anderen Blatt.<br />
Systemkompatibler wäre vermutlich<br />
eine zentrale Steuerung über Gesundheitsplattformen,<br />
die schon von der ehemaligen<br />
Gesundheitsministerin Maria Rauch-<br />
Kallat ins Spiel gebracht worden waren.<br />
Dafür müssten Verträge zwischen Plattformen<br />
und Leistungserbringern gestaltet<br />
werden. Einig sind sich die beiden Experten<br />
auch in folgendem Punkt: Nicht das<br />
fragmentierte Gesundheitssystem verdiene<br />
die Lorbeeren, sondern die exzellente<br />
Versorgung durch engagiertes Personal.<br />
Denn System und Versorgung seien zwei<br />
paar Schuhe. Johannes Steinhart, Vizepräsident<br />
der Wiener Ärztekammer und<br />
niedergelassener Urologe, sieht das differenzierter:<br />
„Nach externen Studien belegen<br />
wir Top-Plätze. Außerdem fliegen die<br />
Österreicher mit Rückholversicherungen<br />
reihenweise nach Hause. Aus der Erfahrung<br />
ist da viel Vertrauen.“<br />
In guter Gesellschaft<br />
Künftig werden sich – gemäß Kassensanierungspapier<br />
– auch Ärzte in Form<br />
Ko m m e n ta r F e ri T h i e rr y<br />
Markus Tordik<br />
Feri Thierry<br />
So einfach<br />
und so schwierig<br />
Gesundheitspolitik ist schon seit vielen Jahren<br />
untrennbar mit dem Begriff „Reform“ verbunden.<br />
In der Statusbeschreibung sind sich alle einig:<br />
Das Gesundheitssystem wird aus demografischen<br />
und medizinischen Gründen immer<br />
teurer – und gehört dringend und umfassend<br />
reformiert. Unabhängige Expertinnen und Experten<br />
sind sich einig, dass enorme Einsparungspotenziale<br />
im Gesundheitssystem liegen, ohne<br />
dabei die Qualität der medizinischen Versorgung<br />
zu verringern, z.B. in der Verwaltung, bei der Zahl<br />
wertvoller medizintechnischer Geräte oder bei<br />
Doppel- und Dreifachuntersuchungen. Manchmal<br />
kann weniger mehr sein: Wenn von drei Spitälern<br />
mit jeweils einer Fachabteilung für Pulmologie<br />
eines auf ihre verzichtet, erhöht sich die Fallzahl<br />
in den beiden anderen, damit die Routine bei<br />
der Behandlung – und in Folge die Qualität der<br />
medizinischen Versorgung.<br />
Gesundheitspolitik ist wie die Bildungspolitik<br />
eines der zentralen politischen Felder unserer<br />
Gesellschaft heute und vor allem zukünftig.<br />
In kaum einem Bereich ist die faktische und<br />
emotionale Betroffenheit in der Bevölkerung so<br />
hoch wie in diesen beiden. Und kaum ein Bereich<br />
unterliegt so starken politischen Einflüssen, so<br />
umfassender Regulierung. Einen freien Markt<br />
(oder zumindest Ansätze davon) gibt es in beiden<br />
Bereichen kaum. Das macht Reformen umso<br />
schwieriger, Entscheidungen fallen weitgehend<br />
am grünen Tisch. Dabei werden von allen beteiligten<br />
Seiten (Patienten, Ärzte, Pharmaindustrie,<br />
Apotheker uvm.) Meinungen und Anliegen in<br />
den politischen Diskussionsprozess eingebracht.<br />
Interessenvertretung, die per se völlig legitim ist.<br />
Die gesellschaftliche Bedeutung des Themas<br />
und die politischen Zentrifugalkräfte machen<br />
es politischen Entscheidungsträgern zweifellos<br />
nicht leicht. Papiere mit einzelnen Interessenvertretungen<br />
auszuarbeiten, in denen Sparmaßnahmen<br />
vorgeschlagen werden, die ausschließlich<br />
andere Interessenvertretungen betreffen, ist aber<br />
sicher nicht der Weg zum Reformerfolg. Barack<br />
Obama versucht es anders: Der US-Präsident<br />
hat seine Arbeit an der Gesundheitsreform<br />
mit einem großen Konvent aller Stakeholder<br />
eröffnet, um die Betroffenen in den Diskussionsprozess<br />
einzubinden. Auch wenn eine solche<br />
Vorgangsweise nicht immer gleich zum Ziel<br />
führt, ist sie doch alternativenlos.<br />
Die im Gesundheitsbereich besondere Aufgabe<br />
der Interessengruppen ist es, Verantwortung zu<br />
zeigen. Die vertretenen Anliegen müssen sachlich<br />
fundiert sein und auch das Ganze im Auge<br />
haben. Die Politik soll zuhören, Betroffene einbinden<br />
– und schließlich Entscheidungen treffen, die<br />
für das gesamte System richtig und notwendig<br />
sind. So einfach und so schwierig ist das.<br />
Feri Thierry ist Geschäftsführer von Thierry Politikberatung<br />
sowie Lehrgangsleiter des Masterstudiums<br />
„Lobbying/Public Affairs“ an der Akademie<br />
für integrierte Kommunikation (BFI Wien) und<br />
Vortragender an verschiedenen Bildungsinstitutionen.<br />
12 Oktober 09
Schwerpunkt<br />
Gesundheit<br />
von GesmbHs zusammenschließen können.<br />
Dies brächte den Vorteil, in größeren<br />
Einheiten auch Randzonen versorgen und<br />
längere Öffnungszeiten anbieten zu können.<br />
Steinhart begrüßt dieses Modell, weil<br />
Ärzte durch Kapitalkonzentrationen bessere<br />
Qualität anbieten könnten. Wenig Positives<br />
gewinnt Julian Hadschieff der neuen<br />
Gesellschaftsform ab. Der WKO-Obmann<br />
der Fachgruppe und des Fachverbandes<br />
der privaten Krankenanstalten und Kurbetriebe<br />
bezeichnet Ärzte-GmbHs als „unnotwendige<br />
neue Organisationsform“. Sollten<br />
diese aus politischen Gründen notwendig<br />
sein, müsse sichergestellt werden, dass die<br />
neuen Ärzte-Gesellschaften jene Auflagen<br />
berücksichtigen, die auch für Ambulatorien<br />
gelten: Bedarfsprüfung, Aufsichtsräte,<br />
Qualitätssicherung und das Vertragsrecht.<br />
Keine Frage des sozialen Status<br />
Ist das hiesige Gesundheitswesen tatsächlich<br />
zu einrichtungsorientiert und zu<br />
wenig patientenorientiert? „Ich glaube,<br />
dass man Einrichtungen und Patienten<br />
nicht gegeneinander ausspielen kann“,<br />
meint Barbara Maier, Oberärztin an der<br />
Universitätsklinik für Frauenheilkunde<br />
und Geburtshilfe in Salzburg. Als Medizinethikerin<br />
ist sie interdisziplinär tätig und<br />
hat einen psychosomatischen Zugang,<br />
der – einrichtungsorientiert hin oder her<br />
– ihre Patientinnen in den Mittelpunkt<br />
stellt. „Für den Patienten ist es wichtig, zu<br />
wissen, wer der betreuende Arzt ist. Da ist<br />
nicht nur die Begegnung relevant, sondern<br />
auch die Beziehung, die Gesprächsmöglichkeiten<br />
und die Informationen“, sagt<br />
Maier. Ihr ist wichtig, dass die fachliche<br />
mit der menschlichen Kompetenz und mit<br />
ethischem Bewusstsein gepaart ist, „weil<br />
wir so ein menschliches, soziales und<br />
solidaritätsorientiertes Gesundheitswesen<br />
zustande bringen“. Barbara Maier schätzt<br />
am österreichischen Gesundheitssystem<br />
ganz besonders die soziale Komponente:<br />
Der Zugang zu medizinischen Leistungen<br />
ist allen Teilen der Bevölkerung gleichermaßen<br />
gegeben.<br />
Fortschritt durch E-Health<br />
Geht es um Optimierung, so stehen für<br />
Josef Probst Wirksamkeit, Effizienz, Qualität<br />
und Transparenz an vorderster Stelle.<br />
Er fordert eine einheitliche Strategie beginnend<br />
mit der Formulierung bundesweiter<br />
Gesundheitsziele. Österreich sei eines der<br />
wenigen westlichen Länder, das keine<br />
definiert hat. „Wenn ich keine Ziele habe,<br />
reicht am Ende des Jahres nachgewiesene<br />
Betriebsamkeit“, sagt Probst. Auch die<br />
Beteiligungsmöglichkeiten der Patienten<br />
könnten sich wesentlich verbessern.<br />
Hier wird Elga, der dezentrale elektronische<br />
Gesundheitsakt, bald wesentliche<br />
Fortschritte bringen. Er macht das<br />
System nicht nur effizienter, sondern<br />
auch patientenfreundlicher. Patientenanwalt<br />
Gerald Bachinger begrüßt den Ausbau<br />
des elektronischen Gesundheitsakts.<br />
„Ich erlebe immer wieder, dass Patienten<br />
mit falschen Informationen aus dem Internet<br />
zu uns kommen. Mit einem seriösen<br />
Gesundheitsportal können wir aufklären<br />
und informieren“, ist der Patientenanwalt<br />
überzeugt. 80 bis 90 Prozent der Fehler im<br />
Gesundheitswesen seien darauf zurückzuführen,<br />
dass Informationen nicht zur<br />
richtigen Zeit am richtigen Ort sind. Elga<br />
soll hier Abhilfe schaffen und in verschiedenen<br />
Ausbaustufen weiterentwickelt<br />
werden. Wesentliche Vorteile wird es im<br />
Bereich der E-Medikation geben – so etwa<br />
können Fehlmedikationen vermieden<br />
werden. Auch Befunde und Arztbriefe<br />
werden elektronisch gespeichert. Darüber<br />
hinaus soll der elektronische Gesundheitsakt<br />
in Form einer Suchmaschine dem<br />
Patienten viele Informationen zu Krankheiten,<br />
Operationen etc. bieten und ihn<br />
„mündiger“ machen.<br />
Ergebnis- vor Strukturqualität<br />
Ausbaufähig ist das österreichische<br />
Gesundheitssystem vor allem im Bereich<br />
der Qualitätskontrolle. Tatsächlich wird<br />
hier zu Lande ein starkes Gewicht auf die<br />
Strukturqualität gelegt, während die Prozess-<br />
und Ergebnisqualität vernachlässigt<br />
wird. Um Ergebnisse auch tatsächlich<br />
festzuhalten, bräuchte es entsprechende<br />
Qualitätsmessungen. Realisiert wird die<br />
Ergebnisorientierung bereits in Krankenanstalten<br />
privater gemeinnütziger Träger.<br />
So etwa ließ sich die Vinzenz Gruppe als<br />
erste Spitalsgruppe umfassend nach KTQ<br />
(Kooperation für Transparenz und Qualität<br />
im Gesundheitswesen)/ proCom Cert<br />
zertifizieren, was mit einer externen Prüfung<br />
im Dreijahres-Rhythmus einhergeht.<br />
Julian Hadschieff, WK-Fachverband<br />
der privaten Krankenanstalten und<br />
Kurbetriebe, über die neue Rechtsform<br />
„Ärzte-GmbHs sind<br />
eine unnotwendige<br />
neue Organisationsform.“<br />
Oktober 09 13
Schwerpunkt<br />
Gesundheit<br />
„Ich erlebe immer<br />
wieder, dass Patienten<br />
mit falschen<br />
Informationen aus<br />
dem Internet zu uns<br />
kommen.“<br />
Gerald Bachinger, Patientenanwaltschaft<br />
(NÖ), über Chancen von Elga<br />
„Man macht sich<br />
dadurch nach innen<br />
als auch nach außen<br />
total transparent,<br />
aber es lohnt sich.“<br />
Michael Heinisch, Vinzenz Gruppe,<br />
über Qualitätskontrolle im eigenen<br />
Haus<br />
„Man macht sich dadurch nach innen als<br />
auch nach außen total transparent, aber es<br />
lohnt sich, weil man sich kontinuierlich<br />
verbessert“, ist Michael Heinisch, Vorsitzender<br />
der Vinzenz Gruppe, überzeugt.<br />
Auch ein Risk Management System in<br />
Form einer EDV-Plattform hat man eingeführt:<br />
Hier halten Mitarbeiter so genannte<br />
Beinahefehler fest, um Kollegen auf Risiken<br />
aufmerksam zu machen. Das Schnittstellenproblem<br />
zwischen intra- und extramuralem<br />
Bereich umgeht die Vinzenz<br />
Gruppe, indem niedergelassene Ärzte in<br />
Pilotversuchen elektronisch Zugang zu<br />
Befunden haben. Ein Pilotprojekt in Oberösterreich<br />
spannt die Vernetzung weiter:<br />
Neben dem Krankenhaus Ried im Innkreis<br />
wurde kürzlich ein Ambulanzzentrum für<br />
niedergelassene Ärzte errichtet.<br />
Im niedergelassenen Bereich ist die<br />
Qualitätskontrolle derzeit noch in der<br />
Hand der ÖQMed, einer Tochtergesellschaft<br />
der Österreichischen Ärztekammer.<br />
Dementsprechend hagelt es Kritik: „Das<br />
wäre so, als würde die Pilotengewerkschaft<br />
die Piloten testen oder als würde<br />
die Fleischhauerinnung das Bundeslebensmittelamt<br />
ersetzen“, kritisiert Christian<br />
Köck. Johannes Steinhart verärgern<br />
Vorwürfe wie diese, denn: „Wir sind die<br />
einzige Kammer, die ihre Mitglieder mit<br />
einer Qualitätssicherung verpflichtet“.<br />
Dieser Streitpunkt soll – laut Kassensanierungspapier<br />
– bald ein Ende haben. Denn<br />
es ist die Ärztekammer selbst, die nun<br />
auch ein Qualitätsmanagementsystem<br />
nach KTQ entwickelt.<br />
Vorsorgen statt versorgen<br />
Dass die Prävention in Österreich Ausbaubedarf<br />
hat, bestätigen die Zahlen (1,9<br />
%), die unter dem EU-Durchschnitt (2,6<br />
%) liegen (Rechnungshof 2007). Eine Studie<br />
der WHO (2006) zeigt auf, dass Österreich<br />
ein Drittel mehr Betten und 50 Prozent<br />
mehr Spitalsaufenthalte verzeichnet<br />
als der EU-Durchschnitt – ein plakatives<br />
Beispiel der Angebotsinduktion. Dabei<br />
beginnt Gesundheitspolitik nicht im Krankenhaus,<br />
sondern bei der Prävention. Ein<br />
brauchbares Modell liefert Finnland, das<br />
nach dem Motto „Health in all Policies“<br />
gesundheitspolitisch relevante Themen<br />
in weitere Politikbereiche integriert. Und<br />
zwar auf allen politischen Ebenen, von der<br />
Bundesebene bis hin in die lokale. Dafür<br />
arbeiten in Finnland speziell ausgebildete<br />
Mitarbeiter aus der Gesundheitspolitik<br />
in den anderen Politikressorts mit. Dort<br />
bringen sie relevante Themen ein und<br />
überprüfen, ob diese von den Teams der<br />
Ressorts umgesetzt werden. Das Konzept<br />
legt durch seinen integrativen Charakter<br />
außerdem Wert auf Gesundheitsvorsorge<br />
– so etwa stammt das europaweite Diabetespräventionsprojekt<br />
DE-Plan aus Finnland.<br />
„Eine gesamtheitliche Gesundheitspolitik<br />
setzt bei der Prävention an, denn<br />
Medizin ist nur eine, und vermutlich<br />
nicht die effizienteste Form, Menschen<br />
gesund zu machen“, sagt Gesundheitsökonom<br />
Köck. „Zurzeit geht es zu stark um<br />
das Krankheitswesen“, klagt Ärztin Maier.<br />
Sie plädiert für eine Gesundheitsvorsorge,<br />
die schon im frühen Kindesalter beginnt<br />
und sich bis ins hohe Alter erstreckt. Vorbildwirkung<br />
in Form gesunder Ernährung<br />
und Bewegung ist ihr ebenso wichtig wie<br />
die Motivation älterer Menschen, geistig<br />
und körperlich aktiv zu bleiben.<br />
Optimales Schnittstellenmanagement<br />
Einen zentralen Stellenwert nimmt<br />
das Konzept der integrierten Versorgung<br />
ein. Es schafft eine Verbindung zwischen<br />
extra- und intramuralem Bereich, baut<br />
Doppelgleisigkeiten ab und stellt den<br />
Patienten und nicht die Einrichtung in<br />
den Vordergrund. „Integrierte Versorgung<br />
heißt, die gesamte Behandlungskette über<br />
Fachdisziplinen und Sektoren hinweg<br />
aufeinander abzustimmen“, erklärt Karin<br />
Eger, Leiterin der Abteilung Gesundheitspolitik<br />
und Prävention der Wiener<br />
Gebietskrankenkasse. Die integrierte Versorgung<br />
ist in einigen Bundesländern mit<br />
Reformpoolprojekten ins Rollen gekommen,<br />
eines der ersten Projekte war das<br />
Disease Management Programm Therapie<br />
Aktiv – Diabetes im Griff.<br />
Das primäre Problem dieser Projekte<br />
ist, dass sie vor allem dem intramuralen<br />
Bereich Einsparungen bringen, während<br />
im extramuralen Bereich zusätzliche<br />
Kosten anfallen. „Das Land hat Einsparungen,<br />
die Sozialversicherung hat die<br />
zusätzlichen Ausgaben – da spießt sich´s“,<br />
erläutert Karin Eger, die für eine volkswirtschaftliche<br />
Betrachtung des Gesundheitswesens<br />
plädiert und sich wünscht, dass<br />
14 Oktober 09
5 Jahre Pfizer Kids<br />
Hoffnung für morgen<br />
Armut macht krank und grenzt aus! Gerade bei Kindern kann sie aber auch massive seelische<br />
Belastungen verursachen. Hier setzt die Initiative „Hoffnung für morgen … dem Leben wieder<br />
Zukunft geben“ an. Seit 2004 ermöglicht diese gemeinsame Initiative von Caritas und Pfi zer<br />
Psycho therapie für Kinder und Jugendliche, die von Armut und Wohnungslosigkeit betroffen<br />
sind. Die Caritas der Erzdiözese Wien und Pfi zer Austria füllen eine Lücke im sozialen Beratungsund<br />
Betreuungsangebot, damit sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche wieder Vertrauen<br />
in die eigene Zukunft schöpfen können.<br />
www.pfizer.at
Schwerpunkt<br />
Gesundheit<br />
„Das Land hat<br />
Einsparungen, die<br />
Sozialversicherung<br />
hat die zusätzlichen<br />
Ausgaben – da<br />
spießt sich´s.“<br />
Karin Eger, Wiener Gebietskrankenkasse,<br />
über das primäre<br />
Problem der integrierten Versorgung<br />
gute Projekte nicht immer an der Finanzierungsfrage<br />
hängen bleiben. Ein Projekt,<br />
das ihr besonders am Herzen liegt und derzeit<br />
in der Entwicklungsphase ist, ist die<br />
Brustkrebsvorsorge. Hier will man nach<br />
EU-Standards Qualitätsrichtlinien für die<br />
Brustkrebsfrüherkennung erarbeiten und<br />
in Form eines nationalen Programms die<br />
Versorgung betroffener Frauen sicherstellen.<br />
Das soll medizinische, psychologische<br />
und soziale Komponenten für Frauen<br />
und deren Familien umfassen.<br />
Best Practice<br />
Das österreichische Gesundheitswesen<br />
belegt in internationalen Rankings Spitzenplätze,<br />
und doch lohnt es sich, über<br />
den Tellerrand zu blicken. Im Bereich der<br />
integrierten Versorgung sind die steuerfinanzierten<br />
skandinavischen Gesundheitssysteme<br />
vorbildlich. Das dänische Modell<br />
etwa bringt hochgradige Dezentralisierung,<br />
hat aber spitzenmedizinische Leistungszentren.<br />
Auch das finnische Modell<br />
ist ein dezentrales; auf zentraler Ebene<br />
wird die Gesundheitspolitik modellhaft<br />
mit weiteren Politikfeldern koordiniert.<br />
In den skandinavischen Ländern wird<br />
dem Allgemeinmediziner große Bedeutung<br />
beigemessen. Er ist erste Anlaufstelle<br />
für den Patienten, überweist bei Bedarf<br />
und fungiert als Informationsschnittstelle.<br />
Das Modell der integrierten Versorgung<br />
hat sich in den letzten 15 Jahren auch in<br />
der Schweiz etabliert. Das Krankenversicherungsgesetz<br />
in der Schweiz lässt ein<br />
Experimentierfeld im Sinne alternativer<br />
Versicherungsmodelle offen. Ein solches<br />
Versicherungsmodell ist etwa die Versorgung<br />
durch Ärztenetze. Hier verpflichtet<br />
sich der Versicherte, zuerst den Hausarzt<br />
aufzusuchen, der bei Bedarf an einen<br />
Facharzt aus dem eigenen Netzwerk oder<br />
an ein Spital überweist. „Etwa 50 Prozent<br />
der Ärzte sind in Ärztenetzen engagiert<br />
und bis zu 35 Prozent der Versicherten<br />
werden in Ärztenetzen betreut“, erklärt<br />
Peter Berchtold, Internist und Leiter des<br />
College-M in Bern. Dieses Instrument des<br />
Gatekeepings wurde übrigens von Ärzten<br />
und Versicherten zusammen entwickelt<br />
– und es funktioniert, wie die Nettoeffizienzsteigerung<br />
von zehn Prozent beweist.<br />
Allerdings lassen sich die Schweizer ihr<br />
System einiges kosten. Teils über Steuern,<br />
teils über Kopfprämien finanziert, geben<br />
unsere Nachbarn mit 11,1 Prozent des BIP<br />
viel für ihr Gesundheitswesen aus. „Das<br />
entspricht dem wettbewerblichen Verständnis<br />
unserer gesellschaftlichen Werte“,<br />
erklärt Berchtold.<br />
Das steuerfinanzierte britische System<br />
muss mit vielen Vorurteilen kämpfen,<br />
und dennoch hat es seine Vorteile, so zum<br />
Beispiel die Ergebnisorientierung statt<br />
der österreichischen Strukturorientierung<br />
und viel Transparenz durch Qualitätsmessung.<br />
Außerdem ist das britische Modell<br />
„der maximale Versuch, Parteipolitik und<br />
Populismus vom System fernzuhalten“,<br />
sagt Ernest Pichlbauer. „Wer glaubt, morgen<br />
eine Kompetenzänderung in der Bundesverfassung<br />
umsetzen zu können, der<br />
irrt“: Mit diesen Worten holt Josef Probst<br />
Visionäre auf den Boden der Realität<br />
zurück. Gesundheitspolitik ist ein heikles<br />
und Gesundheitsreform ein komplexes<br />
Thema. Letztlich ist es eine gesellschaftliche<br />
Entscheidung, welchen Anteil der<br />
Ressourcen, die uns zur Verfügung stehen,<br />
wir ins Gesundheitswesen investieren.<br />
Und wie viel Ineffizienz, Intransparenz<br />
und Fragmentierung wir uns weiter leisten<br />
können.<br />
16 Oktober 09
Promotion<br />
Gesund in die Zukunft<br />
Die Gesundheitsversorgung der meisten Industrienationen<br />
leidet unter ähnlichen, existenzbedrohenden<br />
Problemen:<br />
• Schwindendes Vertrauen und Ängste der Bevölkerung<br />
in den bedarfsgerechten Zugang zu medizinischen<br />
Leistungen<br />
• Eklatante, strukturelle Defizite bei der Finanzierung auf<br />
Leistungsanbieter- als auch auf Versicherungsseite<br />
• Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung der Versorgungsstrukturen<br />
unter Beachtung von Wirtschaftlichkeit<br />
und Qualität<br />
Ohne grundlegende Reformen werden die meisten nationalen<br />
Systeme die nächsten Jahre nicht überdauern.<br />
Ganz besonders trifft dies auf die Gesundheitsversorgung<br />
zu: Bleiben die Produktivität, die finanzielle Basis und die<br />
Leistung auf dem derzeitigen Stand, so wird das Angebot<br />
von heute die Nachfrage von morgen nicht mehr decken<br />
können.<br />
Seit 1997 steigt in den OECD-Ländern der Anteil des Bruttoinlandsproduktes<br />
(BIP), der für Gesundheit verwendet<br />
wird, kontinuierlich an. 2002 gaben die 24 OECD-Länder<br />
insgesamt 2,7 Billionen US-$ für Gesundheit aus. Schätzungen<br />
zufolge werden sich die Gesundheitsaufwendungen<br />
der OECD-Länder im Jahr 2020 mehr als verdreifachen<br />
und bei etwa 10 Billionen US-$ jährlich liegen.<br />
Regierungen und Gesundheitseinrichtungen rund um<br />
den Globus suchen nach Lösungen, wie sie die steigenden<br />
Kosten kontrollieren und gleichzeitig den Zugang<br />
zu sicherer und hochwertiger medizinischer Versorgung<br />
gewährleisten können.<br />
Neue Versorgungskonzepte überschreiten die tradierten<br />
sektoralen Grenzen und die fortschreitende Globalisierung<br />
eröffnet den Raum für innovative, international<br />
geprägte Versorgungsmodelle.<br />
Unser Lösungsansatz besteht in einer konsequenten<br />
Zusammenführung sektoraler Gesundheitsbestandteile<br />
(Integration) sowie einem klaren Fokus auf bestandssichernde<br />
Elemente wie z.B. Qualität, Finanzierbarkeit und<br />
Zugang zu den Gesundheitssystemen (Nachhaltigkeit).<br />
Das Gesundheitssystem der Zukunft weist für uns<br />
folgende signifikante Merkmale auf:<br />
• Integrative Basis: Aufhebung der sektoralen Trennung<br />
bei Einbeziehung aller Akteure des Gesundheitswesens<br />
auf Grundlage eines bedarfsgerechten Zuganges zu medizinischer<br />
Leistung und Transparenz<br />
• Digitale Infrastruktur: Konsequenter und kompatibler<br />
Einsatz moderner Informationstechnologien in<br />
Verbindung mit intra- und interinstitutioneller<br />
Vernetzung<br />
• Anreizorientiertes Nachfragemanagement: Aufbau<br />
von Marktstrukturen als Steuerungsinstrumentarium<br />
• Qualität und Sicherheit<br />
• Strategische Ressourcenallokation<br />
• Innovationsorientierung und Fortschritt<br />
• Flexibilität und Anpassungsfähigkeit: Patientenzentrierte<br />
Informationsorientierung („Nicht der Patient<br />
muss bewegt werden, sondern die Informationen über<br />
den Patienten.“)<br />
Die Experten von PwC PricewaterhouseCoopers unterstützen<br />
Sie bei Ihren Herausforderungen mit den richtigen<br />
Rezepten und schaffen perfekte Rahmenbedingungen für<br />
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Oktober 09 17
Schwerpunkt<br />
Gesundheit<br />
Interview<br />
Gertraud Eibl<br />
Fotos<br />
Hans Ringhofer<br />
„Ich warne davor,<br />
eine Vereinfachung<br />
im Gesundheitswesen<br />
vorzunehmen.“<br />
18 Oktober 09
Schwerpunkt<br />
Gesundheit<br />
Den Großglockner von<br />
mehreren Seiten besteigen<br />
Dem österreichischen Gesundheitssystem werden gute Noten ausgestellt.<br />
Und doch verlangt es nach Reformen. Alois Stöger, Bundesminister<br />
für Gesundheit, sprach mit REPUBLIK über gemeinsame Verantwortung<br />
und Qualitätsmanagement – und gab eine Warnung vor Vereinfachungen<br />
im Gesundheitswesen ab.<br />
Das Kassensanierungspapier von<br />
Ärztekammer und Hauptverband konnte<br />
den Koalitionspartner lange nicht überzeugen.<br />
Wie soll es nun weitergehen?<br />
Wir führen die Verhandlungen fort,<br />
denn wir wollen sicherstellen, dass die<br />
Leistungen den Patienten erreichen. Das<br />
Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und<br />
Patient muss auch auf der politischen<br />
Ebene wiederzufinden sein. Dazu braucht<br />
es ein Signal, dass die gesamte Bundesregierung<br />
bei allem Willen zum Sparen auch<br />
bereit ist, das System zu unterstützen. Die<br />
entscheidenden Partner im Gesundheitssystem<br />
– Ärztekammer, Krankenversicherungsträger<br />
und Hauptverband – haben<br />
gemeinsam Einsparungspotenziale definiert.<br />
Diese Leistungen verdienen Anerkennung<br />
und Unterstützung.<br />
Sie loben das österreichische Gesundheitssystem.<br />
Was macht seine Qualität<br />
aus?<br />
In Österreich steht den Bürgern ein<br />
sehr, sehr gutes Leistungsangebot zur Verfügung.<br />
Durch unser solidarisches System<br />
gelingt es, dieses Angebot relativ günstig<br />
zustande zu bringen. Wir geben im Vergleich<br />
zu anderen Ländern relativ wenig<br />
dafür aus.<br />
Und dennoch braucht unser fragmentiertes<br />
System eine Reform. Warum ist die<br />
Umsetzung so schwierig?<br />
Weil es keinen gesellschaftlichen Konsens<br />
darüber gibt und weil wir durch die<br />
Stärke der Bundesländer im Bereich der<br />
Krankenanstalten keine Veränderungsbereitschaft<br />
auf Länderebene spüren.<br />
Auch der Österreichkonvent hat dazu<br />
keine Ergebnisse gebracht. Für mich als<br />
Gesundheitsminister ist es wichtig – ausgehend<br />
von den derzeitigen Bedingungen<br />
– die Prozesse zu optimieren. Das geht<br />
aber nur dann, wenn Planung, Steuerung<br />
und Finanzierung in gemeinsame Verantwortung<br />
gelegt werden.<br />
Heißt das, Sie lehnen eine Finanzierung<br />
aus einer Hand ab?<br />
Ich warne eher davor, eine Vereinfachung<br />
im Gesundheitswesen vorzunehmen.<br />
Es ist notwendig, ein differenziertes<br />
System zu haben, in dem einer die Grenzen<br />
des anderen mitdenkt und zugleich<br />
Gesamtverantwortung übernimmt.<br />
Welche Rolle spielen dabei die Länder?<br />
In der Gesundheitspolitik ist es notwendig,<br />
sich auf die Region zu beziehen<br />
und auch dort Planung vorzunehmen. Ob<br />
wir tatsächlich zehn Krankenanstaltengesetze<br />
statt einer Rahmengesetzgebung<br />
brauchen, das ist eine andere Frage. Bei<br />
der Diskussion darüber würde ich mir<br />
wünschen, dass nicht jeder die Kosten<br />
auf andere abschiebt. Problematisch ist<br />
auch, dass wir über sehr viele Mythen im<br />
Gesundheitssystem reden. Diese halten<br />
einer kritischen Überprüfung aber nicht<br />
stand.<br />
Ein Mythos wäre zum Beispiel?<br />
Es gibt viele Pauschalierungen. Diese<br />
betrachte ich immer sehr, sehr vorsichtig.<br />
Ein Behandlungsprozess in der Region<br />
Rohrbach ist anders als einer in Fürstenfeld,<br />
weil andere Strukturen zur Verfügung<br />
stehen. Ich bin nicht dafür, dass die<br />
Versorgungsplanung irgendwo am Ende<br />
der Welt stattfindet – da muss man schon<br />
die konkrete Struktur vor Ort kennen. Ich<br />
bekenne mich dazu, dass wir dezentrale<br />
Gebietskörperschaften haben. Wichtig ist<br />
aber, dass die Schnittstellen besser koordiniert<br />
werden.<br />
Wie könnte so eine Schnittstellenkoordination<br />
aussehen?<br />
Es gibt klare Zielsetzungen: Wir müssen<br />
bis zum Jahr 2013 eine neue 15a-<br />
Vereinbarung über die Finanzierung des<br />
Gesundheitswesens zustande bringen.<br />
Die ersten Vorbereitungsarbeiten haben<br />
schon stattgefunden. Die Regelungen für<br />
die Darstellung der Kosten von Krankenanstalten<br />
sind schon beschlossen.<br />
Nach der Sicherung der Finanzierung der<br />
Gesundheitsversorgung für Arbeiter und<br />
Angestellte geht es an die Diskussion mit<br />
den Krankenanstalten.<br />
Was tut sich derzeit in der Weiterentwicklung<br />
des elektronischen Gesundheitsaktes<br />
Elga?<br />
2009 wurden wichtige Projekte zur<br />
Errichtung der Elga-Basisstrukturen und<br />
das Projekt E-Medikation gestartet. Bei<br />
dieser ersten konkreten Anwendung im<br />
Elga-System sollen die Informationen zu<br />
verschriebenen oder abgegebenen Medikamenten<br />
zwischen niedergelassenen<br />
Ärzten, Krankenhäusern und Apotheken<br />
ausgetauscht werden. Ziel ist die Vermeidung<br />
von unerwünschten Nebenwirkungen<br />
durch gleichzeitige Einnahme von<br />
Oktober 09 19
Schwerpunkt<br />
Gesundheit<br />
Minister Alois Stöger im<br />
Gespräch mit REPUBLIK-<br />
Redakteurin Gertraud Eibl.<br />
welche Maßnahmen gelingt das? Wie<br />
muss ich die Prozesskette aufbauen?<br />
nicht zusammenpassenden Medikamenten<br />
und die Vermeidung von Doppelverschreibungen.<br />
Internationalen Studien zufolge liegt<br />
hier Einsparungspotenzial in Millionenhöhe.<br />
Außerdem ist das eine wichtige<br />
Maßnahme zur Verbesserung der Patientensicherheit.<br />
Das System soll noch 2010<br />
realisiert werden. Insofern werden wir<br />
noch heuer eine Gesellschaft zur Errichtung<br />
und Weiterentwicklung von Elga<br />
gründen.<br />
Das Kassenpapier sieht auch die Einrichtung<br />
so genannter Ärzte-GesmbHs<br />
vor. Welche Vorteile haben solche Einrichtungen?<br />
Das ist insofern eine Chance, weil Ärzte<br />
auch moderne Formen der Betriebsführung<br />
anwenden können. Wir müssen aber<br />
auf der anderen Seite sicherstellen, dass<br />
der Bedarf und die Kosten den Bedürfnissen<br />
der Bevölkerung entsprechen.<br />
Wie stehen Sie zur Einrichtung spitzenmedizinischer<br />
Leistungszentren?<br />
Für mich stellt sich die Frage: Sollen<br />
alle Spitzenleistungen im neunten Wiener<br />
Gemeindebezirk stattfinden oder wollen<br />
wir dieses Leistungsangebot in Österreich<br />
verteilt haben? Da muss man mehrere<br />
Aspekte der Versorgung berücksichtigen.<br />
Wenn ich meinen Urlaub in einem Tiroler<br />
Tal verbringe und einen Schlaganfall<br />
erleide, möchte ich auch dort optimal<br />
behandelt werden.<br />
Womit ich nicht meine, dass jedes einzelne<br />
Krankenhaus alle Leistungen anbieten<br />
soll. Ich würde mich am Herz ja auch<br />
nicht in jedem Krankenhaus operieren<br />
lassen.<br />
Im Bereich der Qualitätskontrolle<br />
hinkt Österreich im europäischen Vergleich<br />
nach. Wo müsste man hier ansetzen?<br />
Qualität ist nicht nur Kontrolle, sondern<br />
Qualität heißt, Prozesse zu verbessern,<br />
aus Fehlern zu lernen und eine Fehlerkultur<br />
zu entwickeln.<br />
Die Fehler muss man aber auch erkennen,<br />
messen und dokumentieren.<br />
Erstens das und zweitens muss erlaubt<br />
werden, dass Medizin auch Fehler machen<br />
darf. Das setzt die Bereitschaft voraus, aus<br />
Fehlern zu lernen. Wir haben derzeit in<br />
vielen Krankenanstalten eine Kultur, die<br />
Fehler nicht zulässt, weil viele meinen, in<br />
der Medizin darf es keine Fehler geben.<br />
Wird bei uns weniger gemessen als in<br />
anderen Ländern, weil man sich vor Fehlern<br />
fürchtet?<br />
Ich glaube, dass es in anderen Ländern<br />
nicht anders ist. Ich bin immer vorsichtig<br />
mit Vergleichen. Wir wollen jedenfalls,<br />
dass die Ärzte im niedergelassenen<br />
Bereich ein Fehlermanagementsystem<br />
entwickeln. Das beinhaltet die Dokumentation<br />
und die Erarbeitung von Qualitätsrichtlinien.<br />
Richtlinien bieten Sicherheit<br />
und Orientierung in Prozessen. Eine wichtige<br />
Rolle wird hier das Bundesinstitut für<br />
Qualität im Gesundheitswesen (BIQG)<br />
spielen. Für mich ist Qualität: Was kommt<br />
beim Patienten an? Was sind die entscheidenden<br />
Gesundheitsziele? Wie sind wir in<br />
der Lage, diese Gesundheitsziele messbar<br />
zu erreichen? Ich stelle mir zum Beispiel<br />
vor, die Anzahl der Rollstuhlfahrer nach<br />
einem Schlaganfall zu reduzieren. Und da<br />
muss man sich die Frage stellen: Durch<br />
Wie groß ist die Chance, dass einige<br />
der Reformpoolprojekte (Anmerk. der<br />
Redaktion: Projekte zur Leistungsverschiebung<br />
zwischen intra- und extramuralem<br />
Bereich), zum Beispiel im Bereich<br />
der Diabetesschulung, in den Regelbetrieb<br />
übergeleitet werden?<br />
Wenn ich mir die Einschreiberate in<br />
die Diabetes-Programme ansehe, dann<br />
sind wir nicht erfolgreich. Da ist noch<br />
Handlungsbedarf. Vielleicht müssen wir<br />
die Bereitschaft haben, unterschiedliche<br />
Wege zu gehen, um zum selben Ziel zu<br />
kommen. Man kann den Großglockner<br />
von mehreren Seiten besteigen. Grundsätzlich<br />
gehe ich aber davon aus, dass die<br />
Verantwortlichen in den Landesgesundheitsfonds<br />
Entscheidungen treffen werden.<br />
Es gibt viele Reformpoolprojekte, die<br />
es verdienen, umgesetzt zu werden.<br />
Ist das System derzeit zu institutionenorientiert<br />
und zu wenig patientenorientiert?<br />
Es ist sicher notwendig, es patientenorientierter<br />
zu machen. Eine nachhaltige<br />
Gesundheitsversorgung braucht aber auch<br />
gute Institutionen. Ich würde nicht alles<br />
verteufeln, weil eine Institution Nachhaltigkeit<br />
sichert. Und diese brauchen wir im<br />
Gesundheitssystem.<br />
Was sind Ihre persönlichen Erfolge,<br />
auf die Sie seit Antritt Ihrer Amtszeit<br />
zurückblicken?<br />
Dass es gelungen ist, die Menschen im<br />
Gesundheitswesen auch von Seiten des<br />
Ministeriums wieder wertzuschätzen. Ich<br />
bin sehr zufrieden, dass wir in der Frage<br />
der Finanzierung der Gebietskrankenkassen<br />
die Trendumkehr geschafft haben.<br />
Bisher war es ja so, dass man den Kassen<br />
Geld entzogen hat. Jetzt steht erstmals seit<br />
Bestehen des ASVG ein Beitrag direkt aus<br />
dem Budget für die Krankenkassen zur<br />
Verfügung.<br />
Das ist ein Signal in die Richtung, dass<br />
nicht alles aus Arbeitseinkommen bezahlt<br />
werden muss, was im Gesundheitsbereich<br />
an Ausgaben vorhanden ist. Wir haben<br />
viele kleine Details zustande gebracht, die<br />
Verbesserungen sind.<br />
20 Oktober 09
Fragen zum modernen Gesundheitswesen.<br />
Was bedeutet<br />
es eigentlich,<br />
dass wir immer<br />
älter werden?<br />
FRAGEN SIE EINMAL IHRE ENKELKINDER...<br />
Wir werden immer älter – und es wird unserer Meinung nach viel zu selten gesagt, wieviel Glück das bedeuten<br />
kann. Für die Kinder, die von ihrer Oma Gute-Nacht-Geschichten vorgelesen bekommen und von ihrem Großvater<br />
noch das Angeln lernen (von den Eltern ganz zu schweigen, die sich endlich einen Abend frei nehmen können).<br />
Medikamente tragen dazu einen wichtigen Teil bei – entwickelt von engagierten Mitarbeitern in der<br />
Pharma-Industrie, die weltweit in Forschung und Entwicklung tätig ist.<br />
Der Preis dafür lohnt sich – denn das Ergebnis, ein langes Leben in<br />
Würde, ist un bezahlbar. Weitere klare Antworten über die Rolle der<br />
Pharma-Industrie in Ihrem Leben geben wir gerne unter www.pharmig.at<br />
Verband der pharmazeutischen Industrie Österreichs<br />
PH_180x260_alter werden.indd 1<br />
08.10.2009 9:46:07 Uhr
Schwerpunkt<br />
Gesundheit<br />
Text<br />
Stefan Böck<br />
Fotos<br />
Richard Tanzer<br />
Es ist alles sehr kompliziert<br />
Das Gesundheitssystem ließe sich verbessern, darüber sind sich die<br />
meisten Experten einig. Über das Wie lässt sich allerdings trefflich streiten.<br />
REPUBLIK lud zum Round-Table: Martin Rümmele diskutierte mit Clemens<br />
Auer (Sektionsleiter im Gesundheitsministerium), Hubert Dressler (Präsident<br />
der Pharmig), Josef Kandlhofer (Hauptverband), Günther Wawrowsky<br />
(Vizepräsident der Ärztekammer) und Martin Gleitsmann (WKO). (v.l.n.r.)<br />
Verführerisch sei die Frage, mit der<br />
Moderator Martin Rümmele die Runde<br />
eröffnet, meinte zumindest der Sektionsleiter<br />
im Ministerium Clemens Auer:<br />
„Gibt es überhaupt Probleme im Gesundheitswesen?“<br />
Rümmele hat sich möglicherweise<br />
vom Auftritt des Gesundheitsministers<br />
Alois Stöger bei den Gesundheitsgesprächen<br />
in Alpbach inspirieren<br />
lassen. Stögers Sektionsleiter Auer antwortet<br />
diplomatisch: „Es haben wohl alle<br />
hier in dieser Runde Bilder von einem<br />
noch besseren System im Kopf. Keiner<br />
von uns kann jedoch einen solchen Bauplan<br />
völlig alleine durchsetzen, weil wir<br />
im Gesundheitssystem mit einer heterogenen<br />
Zuständigkeit konfrontiert sind. Das<br />
macht es nicht einfacher ein System, das<br />
gut arbeitet, noch zu verbessern.“<br />
Tatsächlich regt sich im Vergleich<br />
etwa mit dem Bildungssystem von Seite<br />
der Steuerzahler kaum Protest. Für Sektionsleiter<br />
Auer ist das ein Hinweis darauf,<br />
dass die Leistungen des Systems o.k. sind:<br />
„Wir haben mit wenigen Ausnahmen hervorragende<br />
Ärzte, guten Zugang zu Arzneimitteln<br />
und ein Versicherungssystem,<br />
um das uns der Rest der Welt beneidet. So<br />
gesehen haben wir keine große Krise. Die<br />
entsteht, wenn es um die Finanzierungsfragen<br />
geht. Auch hier wissen alle, wie es<br />
besser ginge, aber keiner ist in der Lage<br />
das alleine durchzusetzen.“<br />
Die Föderalismusfalle<br />
Als Vertreter der Pharmaindustrie<br />
versucht Hubert Dressler diese Aussage<br />
zu relativieren: „Nur in den wenigsten<br />
Fällen ist der Zahler auch der Nutznießer<br />
des Systems. Brauchen tun es die<br />
Menschen über 60, zahlen tun jedoch<br />
die un-ter 60-Jährigen.“ Der Pharmig-<br />
Präsident sieht die Grundproblematik<br />
in der föderalistischen Struktur des Systems.<br />
„Ich halte Föderalismus prinzipiell<br />
für gut, aber nicht im Gesundheitssystem,<br />
weil uns das daran hindert die notwendigen<br />
und richtigen Aufgaben und<br />
Verantwortlichkeiten umzuschichten. Ich<br />
halte nichts davon, alles für alle in jedem<br />
kleinen Provinzort anzubieten.“<br />
Josef Kandlhofer stimmt teilweise zu,<br />
jedoch nicht ohne vorher zu betonen, dass<br />
„nicht alle Kassen Probleme haben“. Der<br />
Generaldirektor im Hauptverband der<br />
Sozialversicherungsträger sieht die Komplexität<br />
der Kompetenzregelungen als ein<br />
22 Oktober 09
Schwerpunkt<br />
Gesundheit<br />
wesentliches Problem. Er erinnert sich<br />
ebenfalls gut an die Alpbacher Gespräche<br />
von Anfang September, wenn er, freilich<br />
ohne den Namen Wolfgang Sobotka (Landeshauptmann-Stellvertreter<br />
in Niederösterreich;<br />
Anm. d. Red.) auszusprechen,<br />
kritisiert, dass „von so manchem Ländervertreter<br />
der volkswirtschaftliche Aspekt<br />
der Spitalspolitik ins Spiel gebracht wird.<br />
Das wird für uns durchaus gefährlich,<br />
denn als Versicherer haben wir alles zu<br />
tun, nur nicht diese Interessen zu vertreten.“<br />
Sobotka hat in Alpbach die kühne<br />
These formuliert, wonach es schließlich<br />
die Bundesländer gewesen wären, die<br />
den Bund gegründet hätten und, so der<br />
Subtext, wohl klar sein müsse, wer die<br />
Macht hat. Aus Sicht des Hauptverbandes<br />
ist genau das ein eher wenig konstruktiver<br />
Beitrag zur Dauerdebatte um die Gesundheitsreform.<br />
Kandlhofer: „Wir müssen<br />
stets Über-, Unter- und Fehlversorgungen<br />
hinterfragen, weil das System insgesamt<br />
unflexibel ist und da spielt der Föderalismus<br />
eine gewisse Rolle. In Alpbach wurde<br />
von einem prominenten Ländervertreter<br />
von der vielzitierten Finanzierung aus<br />
einer Hand gesprochen. Diese Position<br />
vertreten wir auch, allerdings meinen wir<br />
wohl unterschiedliche Hände.“ Insgesamt<br />
hält Kandlhofer die Probleme für lösbar,<br />
„vor allem dann, wenn es gelingt die Komplexität<br />
des Systems zu entflechten“.<br />
Der Patient im Mittelpunkt?<br />
Der Vizepräsident der Ärztekammer<br />
Günther Wawrowsky bringt erstmals die<br />
Patientenperspektive ein, die leider viel<br />
zu oft bei solch systemischen Debatten die<br />
Froschperspektive darstellt. Der niedergelassene<br />
Internist kennt die Bedürfnisse<br />
der Menschen aus seiner Praxis: „Wir<br />
müssen die Patienten optimal versorgen,<br />
nach allen Möglichkeiten der medizinischen<br />
Kunst und nicht nach der Finanzlage<br />
der Kassen. Zwar kann ich als Arzt dem<br />
System ein Stück weit entgegenkommen,<br />
das wird im Spitalsbereich aber bereits<br />
beim Thema Arbeitszeit eine echte Gratwanderung.“<br />
Der Internist spricht damit<br />
die Tatsache an, dass in vielen Krankenhäusern<br />
jenseits des gesetzlich Erlaubten<br />
gearbeitet wird. Im niedergelassenen<br />
Bereich sieht er zunehmende Tendenzen<br />
in Richtung einer Zwei-Klassen-<br />
Medizin, „weil die Sozialversicherungen<br />
mit den Bedürfnissen nicht mehr Schritt<br />
halten können und die Patienten in Richtung<br />
Wahlarzt und Privatkrankenanstalten<br />
ausweichen. Wawrowsky ortet im<br />
Umgang der Politik mit den Sozialversicherungen<br />
„die eigentlich einen Großteil<br />
der Bedürfnisse decken könnten“ das<br />
Hauptproblem: „Das ist eine politische<br />
Frage, keine gesundheitliche, und das<br />
macht mir Sorgen.“<br />
Ineffizienz ist unethisch<br />
Der Leiter der Abteilung für Sozialpolitik<br />
und Gesundheit in der Wirtschaftskammer,<br />
Martin Gleitsmann, schlägt in<br />
dieselbe Kerbe: „Die verschiedenen Versorgungsebenen<br />
agieren teilweise völlig<br />
voneinander getrennt. Das macht für viele<br />
Patienten den Weg zum Ziel sehr kompliziert.<br />
Wenn wir erreichen könnten, dass<br />
jeder, der ein gesundheitliches Problem<br />
hat, den direkten Weg findet, hätten wir<br />
mit einem Schlag sehr viele Probleme<br />
gelöst.“ Wobei er einräumt, dass niemand<br />
die genaue Dimension des Problems<br />
kennt. Das System kritisiert der WKO-<br />
Mann als in höchstem Maße intransparent<br />
und unkoordiniert.<br />
Zur Überwindung der unterschiedlichen<br />
Kompetenzverteilung hält Gleitsmann<br />
technologische Mittel, wie eHealth<br />
für ein taugliches Mittel, stellt aber erneut<br />
den Menschen in den Mittelpunkt, wenn<br />
er sagt: „Ineffizienz ist unethisch, denn<br />
das Geld, dass dadurch verloren geht, an<br />
anderen Stellen fehlt, wo man es dringend<br />
brauchen würde.“<br />
Martin Gleitsmann legt eine weitere<br />
bittere Wahrheit auf den Tisch: „Wir haben<br />
es nicht einmal in einer Phase der Höchstkonjunktur<br />
geschafft, die Krankenversicherungen<br />
stabil zu halten und Rücklagen<br />
zu bilden. Sogar in dieser Zeit wurde ein<br />
Minus aufgebaut! Dass sich das jetzt in der<br />
Krise durch Wegfälle auf der Beitragsseite<br />
noch verschlimmert ist klar. Die Krankenbehandlung,<br />
heißt es im gesetzlichen Auftrag,<br />
muss ausreichend und zweckmäßig<br />
sein und darf das Maß des Notwendigen<br />
nicht überschreiten. Wenn wir nur das<br />
sicherstellen könnten, hätten wir keine<br />
Probleme zu diskutieren.“<br />
Finanzierung aus einer Hand<br />
Immer wieder taucht bei Reformdiskussionen<br />
im Gesundheitssektor das<br />
Schlagwort von der Finanzierung aus<br />
einer Hand auf. Ist das wirklich das Allheilmittel?<br />
Wie müsste diese Organisation<br />
aussehen und vor allem: Wer verhindert<br />
das?<br />
Clemens Auer verweist auf das Jahr<br />
2005: „Wir haben damals die Landes-<br />
Oktober 09 23
Schwerpunkt<br />
Gesundheit<br />
plattformen eingerichtet, mit dem Ziel,<br />
optimale Settings für regionale Strukturen<br />
zu erarbeiten und dann sogar zu einer<br />
gemeinsamen Finanzierung zu kommen.<br />
Ich habe es leider noch nicht erlebt, dass<br />
eine Landesplattform ein gemeinsames<br />
Budget für die Gesamtversorgung eines<br />
Bundeslandes gemacht hat.“<br />
Der Sektionsleiter im Gesundheitsministerium<br />
verweist allerdings auch auf die<br />
geringen Druckmittel des Bundes, derlei<br />
Dinge stärker einzufordern: „In der Verfassungswirklichkeit,<br />
in der der Gesetzgeber<br />
steht, kann immer nur von „Können“ die<br />
Rede sein. „Müssen“, das hat man dem<br />
Bundesgesetzgeber nie erlaubt.“<br />
Wie bitte? Hat der Gesetzgeber gar<br />
nicht ausreichende Möglichkeiten ins<br />
System korrigierend einzugreifen? Auer:<br />
„Der Gesundheitsminister hat in unserem<br />
System die Chance die Leute an einen<br />
Tisch zu bringen und mit ihnen gemeinsam<br />
Dinge zu vereinbaren. Erzwingen<br />
kann weder der Minister noch der Gesetzgeber<br />
etwas.“<br />
Der Generalsekretär im Hauptverband<br />
der Sozialversicherungsträger Josef<br />
Kandlhofer outet sich an dieser Stelle der<br />
Diskussion als „unbedingter Verfechter<br />
des Fiedlerschen Verfassungsentwurfs“,<br />
denn dort steht: Das Gesundheitswesen<br />
ist Bundessache in Gesetzgebung und<br />
Vollziehung. „Das würde die Komplexität<br />
radikal ändern, als gelernter Österreicher<br />
weiß ich aber, dass wir das nicht so schnell<br />
erleben werden.“ Er sieht jedoch eine<br />
große Chance aufgrund der Beitragseinnahmenentwicklung<br />
etwas zu bewegen.<br />
Die Zahlungen der Krankenversicherung<br />
an die Spitäler sind ja davon abhängig.<br />
„Wenn die Beitragseinnahmenentwicklung<br />
so anhält, werden die Landesfonds<br />
einige hundert Millionen Euro weniger<br />
bekommen, als sie noch vor kurzem<br />
erwartet haben. Das kann einen Sinneswandel<br />
bewirken.“<br />
Phantomschmerzen<br />
Bleibt die Frage, ob nicht weniger<br />
Föderalismus sofort einen unerwünschten<br />
Zentralismus nach sich zieht. Hubert<br />
Dressler teilt diese Bedenken zum Teil:<br />
„Die Gefahr ist, dass man damit einen riesigen<br />
Monopolisten schafft“, worauf Josef<br />
Kandlhofer markig antwortet: „In Österreich<br />
ist doch niemand zentralistischer als<br />
der Föderalismus auf seiner Ebene. Wenn<br />
man sich ansieht wie zentralistisch die<br />
Länder organisiert sind, dann darf man<br />
das schon in eine Gesamtbetrachtung mit<br />
einbeziehen. Dort wird doch verhindert,<br />
dass wir eine Verwaltungsebene herausnehmen!“<br />
Der Pharmig-Präsident relativiert,<br />
indem er erklärt, den alten Plan, vier<br />
Gesundheitsregionen zu etablieren, nach<br />
wie vor für richtig zu halten: „Ich will<br />
nicht, dass in Wien ein Beamter sitzt, der<br />
für das ganze Land die Entscheidungen<br />
trifft. Es muss einen Topf geben, aus dem<br />
ich für das ganze Land zuteile, aber in<br />
Regionen, in denen das geografisch einen<br />
Sinn macht. Eines ist klar, auch wenn wir<br />
behaupten, das System ist toll, auf Dauer<br />
gesehen ist es in der Finanzierungsstruktur<br />
und Organisationsform nicht zu halten.“<br />
„Das ist der entscheidende Punkt“,<br />
schaltet sich Martin Gleitsmann an dieser<br />
Stelle ein: „Es ändert sich nur etwas,<br />
wenn der Leidensdruck so hoch ist, dass<br />
man reagieren muss. Die Länder können<br />
bald nicht mehr am Thema vorbei.“ Der<br />
Abteilungsleiter in der Wirtschaftskammer<br />
würde ein Nachfragemodell bevorzugen,<br />
in dem die Sozialversicherung für<br />
ihre Versicherten die Leistungen am Markt<br />
einkauft, jeweils dort, wo es am sinnvollsten<br />
und hochwertigsten ist.“<br />
Mehr Transparenz<br />
Der Vizepräsident Günther Wawrowsky<br />
warnt an dieser Stelle erneut vor einer<br />
allzu ökonomischen und pragmatischen<br />
Betrachtung. „Ich warne davor, den Leidenden<br />
außer Acht zu lassen. Eine Vereinfachung<br />
des Systems heißt noch lange<br />
nicht, dass es damit besser ist. Ein komplexes<br />
System kommt auf die individuellen<br />
Ansprüche des Einzelnen viel besser<br />
hin, aber es ist natürlich mühsam, es zu<br />
entwirren.“<br />
Sektionsleiter Clemens Auer kontert:<br />
„Die Qualität hat sehr wohl etwas mit der<br />
Versorgungsstruktur zu tun! Wir kommen<br />
um die Organisationsfragen nicht herum.<br />
Ich bin überzeugt, dass Herr Wawrowski<br />
ein exzellenter Internist ist, aber er hat<br />
nur eine beschränkte Kapazität Patienten<br />
zu behandeln und das liegt nicht an seiner<br />
Fähigkeit, sondern an seiner Organisationsform.<br />
Deshalb rede ich schon seit<br />
langem, dass wir für den niedergelassenen<br />
Bereich bessere Organisationsformen<br />
brauchen, ambulante Organisationsformen,<br />
in der Hoheit des freien Berufsstandes<br />
der Ärzte und deren Partner.“<br />
Prävention<br />
Noch einmal wird ein bereits in Alpbach<br />
heftig diskutiertes Thema aufgegriffen.<br />
Dort haben der Yale-Professor David<br />
L. Katz wie auch Professor Kurt Widhalm<br />
von der Uni Wien sehr unerfreuliche Zahlen<br />
und Fakten zum Thema Adipositas<br />
vorgelegt. Generaldirektor Josef Kandlhofer<br />
bringt es auf den Punkt: „Wir rennen<br />
sehenden Auges in eine Katastrophe. Es<br />
sind bereits 900.000 Menschen in diesem<br />
Land adipös.“ Hubert Dressler stimmt zu,<br />
hat jedoch Zweifel, ob man dieses Ruder<br />
noch herumreißen kann: „Wenn wir alle<br />
Maßnahmen durchziehen, dann ist das<br />
einzige was wir schaffen könnten eine<br />
Stagnation der Fälle.“ Er fordert daher<br />
eine Art Bonus-Malus-System und zitiert<br />
das französische Modell der Besteuerung<br />
des Zuckergehalts von Getränken und die<br />
Fettgehaltbesteuerung als durchaus nachahmenswert.<br />
Martin Gleitsmann hingegen fordert<br />
verpflichtende Bewegung und Unterricht<br />
über gesunde Ernährung vom Kindergarten<br />
an: „Das sollte sich im Berufsleben<br />
fortsetzen, im Bereich der betrieblichen<br />
Gesundheitsförderung ist noch einiges zu<br />
tun und es gibt Modelle hier Anreize zu<br />
schaffen.“<br />
Könnte hier das Gesundheitsminissterium<br />
eingreifen? Clemens Auer: „Wir<br />
finanzieren das Thema Prävention nicht<br />
ordentlich, weil wir keine Finanzmechanismen<br />
dafür entwickelt haben. Es kommt<br />
darauf an, die Systeme besser zu organisieren<br />
und die Allokation von Mitteln ist<br />
immer das zentrale Thema. Das Präventionsthema<br />
hat etwas mit Lebensstil zu tun<br />
und da brauche ich Anreize, die die Ärzte<br />
nicht leisten können, sondern das ist eine<br />
gesellschaftliche Frage. Die Ärzte sollen<br />
da mitwirken, aber wir können ihnen diese<br />
Aufgabe nicht umhängen.“<br />
24 Oktober 09
Text<br />
Stephan Strzyzowski<br />
Schwerpunkt<br />
Gesundheitsnetzwerk<br />
Das österreichische<br />
Gesundheitswesens<br />
Gute Kontakte sind auch im heimischen Gesundheitswesen<br />
von zentraler Bedeutung. Wer nun mit wem wie stark vernetzt ist,<br />
zeigt eine vom Wiener Forschungs- und Beratungsunternehmen<br />
FAS.research erstellte Landkarte des Gesundheitsnetzwerks.<br />
Netzwerke sind die Infrastruktur,<br />
durch die sich Personen und Unternehmen<br />
Zugang zu Ressourcen unterschiedlichster<br />
Art verschaffen – sei es Geld, Wissen<br />
und Informationen, Bekanntheit und Prestige,<br />
oder Kontakte. Wie gut der Zugang<br />
zu diesen Ressourcen ist, hängt jeweils<br />
von der Position ab, die man im Netzwerk<br />
einnimmt. Deshalb ist es wichtig, über<br />
die Struktur der Netzwerke Bescheid zu<br />
wissen, in denen man sich bewegt und in<br />
denen man seine Kunden hat. Überblick<br />
und Orientierung über die Netzwerke in<br />
allen möglichen gesellschaftlichen Bereichen<br />
bietet FAS.research auf Basis einer<br />
firmeneigenen Netzwerkdatenbank mit<br />
ihren Maps. Das Rüstzeug dafür bezieht<br />
das Forschungsunternehmen aus den<br />
langjährigen Erfahrungen mit Beziehungsaufbau<br />
und Netzwerkmanagement,<br />
die sie in Form von Beratungs-, Workshops-<br />
und Visualisierungstools ihren<br />
Kunden zur Verfügung stellt. Für REPU-<br />
BLIK hat FAS.research eine Analyse des<br />
Gesundheitswesens vorgenommen. Die<br />
Abbildung auf den Seiten 26-27 zeigt die<br />
wichtigsten Institutionen des österreichischen<br />
Gesundheitswesens sowie die<br />
Organisationen, mit denen sie verbunden<br />
sind. Diese Verbindungen werden durch<br />
Personen hergestellt, die in ihnen Führungsfunktionen<br />
bekleiden oder Mitgliedschaften<br />
innehaben. Kreise symbolisieren<br />
die Institutionen, Linien die Verbindungen.<br />
Die Farben beziehen sich auf gesellschaftliche<br />
Bereiche. Je größer ein Kreis,<br />
mit desto mehr anderen Institutionen ist<br />
die jeweilige Organisation verflochten.<br />
Die Dicke der Linien bezieht sich auf die<br />
Anzahl der verbindenden Personen.<br />
Starke Cluster<br />
Die Ergebnisse: Es zeichnen sich<br />
deutlich mehrere Cluster ab. In der rechten<br />
oberen Bildhälfte befindet sich der<br />
Politikcluster mit dem Hauptverband im<br />
Zentrum, der mit den Institutionen der<br />
Sozialpartnerschaft, dem Parlament und<br />
den Parteien verbunden ist. In der linken<br />
Bildhälfte wird der Banken- und Industriesektor<br />
sichtbar, der eng mit der Industriellenvereinigung,<br />
dem Roten Kreuz,<br />
mit verschiedenen Wirtschaftsforschungseinrichtungen<br />
sowie diversen Clubs und<br />
Vereinen verbunden ist. Oberösterreich<br />
und Wien stellen ebenfalls eigene Bereiche<br />
dar. Links unten wird ein Cluster<br />
sichtbar, der sich aus Ärztegesellschaften<br />
zusammensetzt. Rechts unten schließlich<br />
befindet sich der Bereich der Pharmazeutik<br />
– die Pharmaproduzenten und –händler<br />
mit ihren Interessenverbänden.<br />
Besondere Bedeutung haben die Institutionen,<br />
die zwischen den verschiedenen<br />
Clustern „brokern“. Niederösterreich<br />
verbindet mit verschiedenen Institutionen<br />
Wirtschaft und Politik (NÖGKK, Club<br />
Niederösterreich, Niederösterreichischer<br />
Landesjagdverband sind wichtige Beispiele).<br />
Die Rotary Clubs spielen eine zentrale<br />
Rolle für die Verbindung zwischen<br />
Wirtschaft, Ärzten und Politik. Die Wiener<br />
Gesundheitsplattform überbrückt die<br />
Medizin und die Politik. Und der Cartellverband<br />
schließlich stellt – wie an seiner<br />
zentralen Position im Netzwerk deutlich<br />
wird – Verbindungen zwischen allen<br />
genannten Clustern her.<br />
F a c t b o x<br />
FAS.research<br />
FAS.research ist ein international tätiges<br />
Forschungs- und Beratungsunternehmen in<br />
den Bereichen soziale Netzwerkanalyse und<br />
Komplexitätsforschung, das mit Firmensitzen<br />
in Wien und in New York vertreten ist. Neben<br />
einer differenzierten Palette an Dienstleistungen<br />
im Zusammenhang mit Netzwerk-Evaluationen<br />
und Netzwerk-SWOT-Analysen für<br />
das Wissens- und Innovationsmanagement<br />
entwickelt FAS.research Software- und<br />
Beratungstools für die Bereiche Key Account<br />
Management, Public Affairs, sowie Sales &<br />
Lobbying. Dabei geht es insbesondere darum,<br />
jene Schlüsselspieler, Schlüsselressourcen und<br />
Schlüsselfaktoren in sozialen Netzwerken zu<br />
identifizieren, die für den Erfolg von Unternehmen,<br />
Organisationen, Projekten und Prozessen<br />
kritisch sind.<br />
Seit 2001 mit dem Produkt „Netzwerkanalyse“<br />
am Markt, liegen die besonderen Kompetenzen<br />
der FAS.research in den in über 250<br />
Projekten dokumentierten industrie- und<br />
branchenübergreifenden Erfahrungen, den fortgeschrittenen<br />
Visualisierungstechniken sowie<br />
einer kontinuierlichen, intensiven Forschungsund<br />
Entwicklungsarbeit, die den Ruf von FAS.<br />
research als einem international führenden<br />
Unternehmen im Bereich der anwendungsorientierten<br />
Netzwerkanalyse begründen.<br />
Oktober 09 25
Schwerpunkt<br />
Gesundheit<br />
Text<br />
Lukas Wiesböck<br />
Illustration<br />
Photos.com<br />
Die IT als Hebel<br />
Um für die Zukunft gerüstet zu sein, muss unser Gesundheitssystem<br />
effizienter verwaltet werden. Beim Hauptverband der<br />
Sozialversicherungsträger setzt man dafür auf ein modernes und<br />
zentral gesteuertes IT-Netzwerk.<br />
„Sparen in der<br />
IT und sparen<br />
mit der IT.“<br />
Volker Schörghofer, Hauptverband<br />
der Sozialversicherungsträger<br />
Auf das Gesundheitssystem kommen<br />
in den nächsten Jahren große Herausforderungen<br />
zu. Was auf den ersten Blick wie<br />
eine ebenso vage wie abgedroschene Prophezeihung<br />
aussieht, wird langsam aber<br />
sicher Realität: Immer weniger Erwerbstätige<br />
müssen immer mehr und immer<br />
länger lebende Pensionisten finanzieren.<br />
Sinkende Beitragszahlungen stehen somit<br />
einem steigenden Bedarf von Gesundheitsleistungen<br />
gegenüber. Verantwortlich<br />
dafür sind gesellschaftliche und demografische<br />
Veränderungen sowie eine höhere<br />
Lebenserwartung. Es scheint also nur eine<br />
Frage der Zeit zu sein, bis bei der Finanzierung<br />
zusehends Engpässe auftreten,<br />
die aus dem allgemeinen Steueraufkommen<br />
gedeckt werden müssen.<br />
Beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger<br />
ist man bemüht, diesen<br />
Entwicklungen frühzeitig entgegenzutreten<br />
und das Wachstum der Kosten zu<br />
verlangsamen, ohne die Leistungen zu<br />
kürzen. Einen wichtigen Beitrag soll die<br />
Verwaltung leisten. Sie konsumiert derzeit<br />
2,2 Prozent der Einnahmen der Sozialversicherungsträger<br />
– das entspricht rund<br />
einer Milliarde Euro. Bis 2013 will man<br />
pro Jahr 35 Millionen Euro – insgesamt 15<br />
Prozent des Budgets – einsparen.<br />
Kürzungspotenzial erwartet man sich<br />
vor allem in der IT. Das Konzept dahinter<br />
ist schnell umrissen: „Sparen in der IT und<br />
sparen mit der IT”, sagt Volker Schörghofer,<br />
stellvertretender Generaldirektor des<br />
Hauptverbands – zuständig für IT, Organisation<br />
und Wirtschaftswesen. Durch Vereinheitlichung<br />
und Modernisierung der<br />
EDV-Systeme sowie einer Reorganisation<br />
des Kundenservice sollen die internen<br />
Kosten nach einer anfänglichen Investitionsphase<br />
deutlich gesenkt werden. Durch<br />
eine Bündelung der Kräfte solle die IT<br />
dann in Zukunft zu „einem Hebel für eine<br />
effiziente Administration” der Sozialversicherung<br />
werden und helfen, unnötige<br />
Kosten wie Mehrfachverordnungen zu<br />
vermeiden, so Schörghofer.<br />
Gemeinsam mit dem ausgegliederten<br />
Rechtsträger IT-SV, der die IT-Aktivitäten<br />
der SV-Träger koordiniert und steuert, sollen<br />
nun konkrete Schritte realisiert werden.<br />
Weniger ist mehr<br />
Im vergangenen Juli wurde die Übertragung<br />
der Rechenzentren der Wiener sowie<br />
der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse<br />
an das System der IT-SV fixiert. „Die<br />
Konsolidierung der Rechenzentren eröffnet<br />
neue Spielräume für einen koordinierten<br />
und kostenbewussten Ausbau der IT-<br />
Produkte in der Sozialversicherung”, sagt<br />
Hubert Wackerle, technischer Geschäfts-<br />
28 Oktober 09
Schwerpunkt<br />
Gesundheit<br />
führer der IT-SV. Die Nutzung von Synergiepotenzialen<br />
komme dabei nicht nur<br />
den Versicherungsträgern zu Gute. Die IT-<br />
SV hatte schon 2007 begonnen, ihre Infrastruktur<br />
aufzustocken und die passende<br />
Software zu entwickeln, um die enormen<br />
Datenmengen der beiden Kassen aufnehmen<br />
zu können. Damit wurde der Standard<br />
gelegt, die Konsolidierung weiterer<br />
Rechenzentren ist vorgesehen. So haben<br />
auch die Versicherungsanstalt für Eisenbahnen<br />
und Bergbau, die Versicherungsanstalt<br />
öffentlich Bediensteter und die<br />
Pensionsversicherungsanstalt begonnen,<br />
Teile ihrer Systeme zu übertragen.<br />
„Das längerfristige Ziel ist, zwei hochsichere<br />
RZ-Standorte zu haben, von denen<br />
zentral die EDV-Leistung erbracht wird”,<br />
sagt Schörghofer. Hand in Hand geht mit<br />
dieser Maßnahme eine Modernisierung<br />
der Infrastruktur. Laut Wackerle müsse<br />
eine harmonisierte und konsolidierte<br />
IT sowie der konsequente Ausbau von<br />
Transparenz und Effizienz in der Sozialversicherung<br />
realisiert werden. „Eine<br />
leistungsstarke EDV bietet auch den Versicherten<br />
besseren Service”, so Wackerle.<br />
Zusätzlich wurde das ehemals ausgelagerte<br />
Service-Center für Fragen rund um<br />
die Sozialversicherung von der E-Card bis<br />
zur Auftraggeberhaftung wieder in den<br />
Betrieb der IT-SV eingegliedert. Alle Mitarbeiter<br />
wurden angestellt, wodurch man<br />
die hohe Fluktuationsrate der Belegschaft<br />
senken konnte. „Das hat uns erlaubt, das<br />
Know-how der Mitarbeiter besser zu entwickeln<br />
und die Qualität der Beratung zu<br />
vergrößern”, sagt Schörghofer. So könne<br />
nun eine breite Themenpalette von Experten<br />
vor Ort rasch geklärt werden.<br />
Werkzeug statt Allheilmittel<br />
Die geplanten Einsparungen sind aber<br />
nur der Anfang. Denn selbst wenn alle<br />
Verwaltungsausgaben wegfielen, wäre<br />
die Lücke zwischen vorhandenen Finanzmitteln<br />
und Leistungsbedarf noch nicht<br />
geschlossen, so Schörghofer weiter. „Das<br />
Problem liegt an den stetig steigenden<br />
Leistungsanforderungen. Das bedeutet<br />
mehr Arztbesuche, mehr Medikamentenverordnungen<br />
und höhere Folgekosten.”<br />
Viele dieser Leistungen werden aber aufgrund<br />
mangelnder Kommunikation gleich<br />
mehrfach erbracht. Die IT könne abhängig<br />
vom Digitalisierungsgrad der Verwaltung<br />
ein nützliches Werkzeug sein, um solche<br />
Kosten zu vermeiden und damit der Sozialversicherung<br />
Geld zu sparen.<br />
Für Clemens Martin Auer, Leiter der<br />
Sektion I (Gesundheitsstrukturangelegenheiten)<br />
im Gesundheitsministerium,<br />
führt der Weg dorthin aber nur über die<br />
Optimierung von Prozessen. Aufgrund<br />
der heterogenen Versorgungslandschaft<br />
und der zunehmenden Spezialisierung<br />
des Gesundheitswesens sei es eine wichtige<br />
Aufgabe der IT, integrierte Informationen<br />
zur Verfügung zu stellen, so Auer.<br />
„Dadurch kann es vor allem in den Bereichen<br />
Diagnose, Therapie und Pflege zu<br />
Prozessoptimierungen kommen, die in<br />
der Folge gleichzeitig die Kosten senken<br />
und die Behandlungsqualität erhöhen.”<br />
Auer verweist auf das Projekt der Elektronischen<br />
Gesundheitsakte, dessen Lenkungsausschuss<br />
er leitet. Dadurch sollen<br />
sowohl Diagnostiker als auch Patienten<br />
selbst von der zeit- und ortsunabhängigen<br />
Verfügbarmachung von Patientendaten<br />
profitieren.<br />
„Eine leistungsstarke<br />
EDV bietet auch den<br />
Versicherten besseren<br />
Service.“<br />
Hubert Wackerle, IT-SV<br />
Oktober 09 29
Schwerpunkt<br />
Gesundheit<br />
Text<br />
Ursula Horvath<br />
Heute vorgesorgt,<br />
morgen gespart<br />
Der Gesundheitsmarkt boomt. Das wirkt sich auch positiv im<br />
Gesundheitssystem aus. Denn Vorsorge und Prävention wirken –<br />
zumindest langfristig.<br />
„Wenn wir immer<br />
nur Krankheiten<br />
heilen, hinken wir<br />
ewig hinterher.“<br />
W e b t i p p s<br />
www.bummbumm.at<br />
Info-Website des FGÖ zu den Themen Ernährung,<br />
Bewegung und seelische Gesundheit.<br />
Im Jahr 2009 (wie auch 2008) steht die Herz-<br />
Kreislaufgesundheit im Mittelpunkt.<br />
www.rauchfreidurchstarten.at<br />
Webportal von Pfizer Pharma mit Handlunganleitungen<br />
für alle Raucher, die ein tabakfreies<br />
Leben führen wollen<br />
www.auva.at/babaundfallnet/<br />
Website zur Präventionskampagne „baba<br />
und fall net!“ der AUVA zur Vermeidung von<br />
Sturzunfällen<br />
Foto Wilke<br />
Christoph Hörhan, FGÖ<br />
Wir essen lieber Schnitzel als Gemüse.<br />
Wir warten eher auf den Aufzug, als die<br />
Treppe zu nehmen. Und Bierkrugstemmen<br />
ist die einzige sportliche Aktivität, zu der<br />
sich die Österreicher aufraffen können.<br />
Vorurteile, die so nicht ganz stimmen.<br />
Denn der Otto-Normal-Österreicher lebt<br />
durchaus gesundheitsbewusst: Immerhin<br />
hat er im Jahr 2008 im Durchschnitt 1.600<br />
Euro für Prävention und Vorsorge ausgegeben<br />
– so zu lesen in der aufschlussreichen<br />
Broschüre „Zukunftsmarkt Gesundheit“<br />
der Wirtschaftskammer Österreich.<br />
Unter den großen Themenkomplex „Prävention“<br />
fallen unter anderem freiwillige<br />
Zusatzversicherungen und frei verkäufliche<br />
Arzneimittel genauso wie gesundheitsfördernde<br />
Lebensmittel, aber auch<br />
diverse Wellness-Angebote.<br />
Eine kluge Entscheidung. Denn: „Das<br />
System der Reparaturmedizin ist zwar<br />
eine gute Antwort auf Krankheit, wird<br />
aber immer teurer“, sagt Christoph Hörhan,<br />
Geschäftsführer des Fonds Gesundes<br />
Östererreich (FGÖ). „Es ist höchste Zeit,<br />
sich darüber Gedanken zu machen, wie<br />
wir Zivilisationskrankheiten wie Diabetes<br />
oder Herz-Kreislauf-Problemen vorbeugen<br />
können. Diese hängen schließlich<br />
zu einem großen Teil vom persönlichen<br />
Lebensstil ab.“ Die Risikofaktoren kennt<br />
jeder: Nikotin, Alkohol, Übergewicht,<br />
Bewegungsmangel, Stress.<br />
Kampagnen informieren<br />
Mit der aktuellen Awareness-Kampagne<br />
„Mein Herz und ich. Gemeinsam<br />
gesund“ will der FGÖ Menschen aus<br />
allen Altersgruppen und unterschiedlichen<br />
sozialen Schichten zu einem gesunden<br />
Lebensstil motivieren. Partner dieses<br />
Schwerpunktprogrammes sind eine Reihe<br />
von privatwirtschaftlichen Unternehmen,<br />
was aufzeigt, wie fruchtbar eine Zusammenarbeit<br />
von öffentlichen Institutionen<br />
und der Privatwirtschaft sein kann. Pro<br />
Jahr gibt der FGÖ 7,25 Millionen Euro<br />
für Gesundheitsförderungs- und Präventionsmaßnahmen<br />
aus. „Seit 1998 haben<br />
wir rund 700 Projekte unterschiedlicher<br />
Größe gefördert“, sagt Hörhan.<br />
Auch die Pharmaindustrie ist im<br />
Vorsorgebereich aktiv. Arzneimittel-Hersteller<br />
Pfizer will nicht nur mit seinen<br />
Medikamenten bei der Tabakentwöhnung<br />
helfen. „Auf einigen unseren Web-Plattformen<br />
können sich Patienten registrieren<br />
und so laufend Motivation erhalten“,<br />
sagt Claudia Handl von Pfizer Österreich,<br />
„weiß man zum Beispiel, dass man immer<br />
nach dem Frühstück anfällig für eine<br />
Zigarette ist, kann man um neun Uhr eine<br />
Motivations-SMS bestellen. Diese hilft,<br />
eine schwierige Phase zu überstehen.“<br />
Die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt,<br />
AUVA hat wiederum einen eigenen<br />
Ansatz, um Bürgern präventive Maßnahmen<br />
schmackhaft zu machen. Denn<br />
die Verhütung von Unfällen und die Vorbeugung<br />
von Berufskrankheiten senken<br />
Kosten. Nach der Präventionskampagne<br />
„baba und fall net!“ ging die Zahl der Sturzunfälle<br />
allein bei den Erwerbstätigen um<br />
4,2 Prozent zurück. Die finanziellen Einsparungen<br />
waren damit dreimal höher als<br />
die Kosten der Kampagne.<br />
Prävention wirkt<br />
„Wenn wir immer nur Krankheiten<br />
heilen, hinken wir ewig hinterher. Wir<br />
müssen bei der Prävention ansetzen,<br />
sonst werden die Kosten für Arbeitgeber<br />
und Sozialversicherungen irgendwann<br />
explodieren“, so Hörhan. „Derzeit sind<br />
Gesundheitsförderung und Prävention<br />
nur ein kleiner Teil im Budget. Das wird<br />
sich ändern müssen. Die Maßnahmen wirken<br />
natürlich nicht von heute auf morgen.<br />
Aber langfristig macht Prävention das<br />
System billiger.“<br />
30 Oktober 09
Text<br />
Christian Schneider<br />
Foto<br />
Photos.com<br />
Thema<br />
Gleichstellung<br />
Mehr X-Chromosome<br />
für die Verwaltung<br />
Beim Anteil von im öffentlichen Sektor beschäftigten Frauen gelten<br />
skandinavische Länder als Vorbilder. Doch was im Norden Tradition hat,<br />
muss hierzulande hart erarbeitet werden. Verpflichtende Frauenquoten<br />
haben selbst unter weiblichen Fachleuten wenige Anhängerinnen.<br />
Experten empfehlen Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung und freiwillige<br />
Selbstverpflichtungen.<br />
Eine Erfolgsmeldung kommt nun von<br />
Gabriele Heinisch-Hosek, in deren Person<br />
die Verantwortlichkeit für das Frauenressort<br />
wie auch jene für den öffentlichen<br />
Dienst vereint sind. So wurde erstmals<br />
präzise erhoben, wie sich der Frauenanteil<br />
im Verantwortungsbereich des Bundes in<br />
den vergangenen zwei Jahren entwickelt<br />
hat. Seit jeher bekannt ist die Tatsache,<br />
dass der Frauenanteil mit Zunahme der<br />
Verantwortung und der Gehaltsstufe fällt.<br />
Das Phänomen wird seit den achtziger<br />
Jahren als „Gläserne Decke“ bezeichnet.<br />
Aufwärtstrend<br />
Umso erfreulicher ist das Ergebnis der<br />
Erhebung. Der Anteil der weiblichen Führungskräfte<br />
des Bundes – in der höchsten<br />
Qualifikationsgruppe und Besoldungsstufe<br />
– stieg in 30 Monaten durchschnittlich<br />
von 15,8 auf 20,6 Prozent. Ein Trend, der<br />
sich auch in allen anderen Qualifikationsgruppen<br />
und Besoldungsstufen bestätigt.<br />
Verantwortlich für diese positive<br />
Entwicklung sind laut Heinisch-Hoseks<br />
Ressort vor allem die Frauenförderpläne,<br />
die unter anderem durch maßgeschneiderte<br />
Aus- und Weiterbildungsangebote,<br />
etwa durch die Verwaltungsakademie des<br />
Bundes (VAB), strukturelle Ursachen und<br />
Defizite sowie institutionelle Gewohnheiten<br />
kompensieren. Das Programm<br />
namens „Frauen Empowerment der VAB“<br />
beinhaltet Workshops zu den Themen<br />
Laufbahnentwicklung, Powertalking oder<br />
Wiedereinstieg nach einer Karenz, die zur<br />
Stärkung der verschiedensten Kompetenzen<br />
dienen. Überdies trägt die stetig ausgebaute<br />
Transparenz bei der Stellenvergabe<br />
– beispielsweise mithilfe des Ausschreibungsgesetzes<br />
– zu einer verbesserten<br />
Ausgangsposition für Frauen bei.<br />
Ambitionierte Ziele<br />
Die Erhebung exakter Zahlen durch<br />
das Frauenressort dient nun als Grundlage<br />
für einen vielversprechenden Ansatz.<br />
So wurden für den Stellenplan 2009 bis<br />
2013 erstmals Ziele festgeschrieben, in<br />
welchem Ausmaß der Anteil von Frauen<br />
in Führungspositionen innerhalb der<br />
Legislaturperiode gesteigert werden soll.<br />
Das Besondere dabei ist, dass die Zielvereinbarungen<br />
von den jeweiligen Stellen<br />
selbst kommen.<br />
„Ministerin Schmied hat beispielsweise<br />
im Frühjahr 2009 einen neuen ambitionierten<br />
Frauenförderplan erlassen. Dieser<br />
hat Vorbildwirkung für andere Ministerien“,<br />
sagt Gabriele Trattner, die die Arbeitsgruppe<br />
für Gleichbehandlungsfragen des<br />
Unterrichtsministeriums leitet. Durch<br />
spezielle Schulungprogramme werden<br />
Kolleginnen bei ihrer Karriereplanung<br />
unterstützt.<br />
Mit dieser und weiteren Maßnahmen<br />
sei es dem Ressort gelungen, die<br />
Frauenquote auf Abteilungsleiterebene<br />
um 14 Prozent zu steigern, so Trattner<br />
weiter. Vom Bundeskanzleramt über<br />
die Präsidentschaftskanzlei bis hin zum<br />
Verfassungsgerichtshof haben sich alle<br />
Teile der Bundesverwaltung selbst<br />
mehr oder weniger ambitionierte Ziele<br />
gesetzt, die es einzuhalten gilt. Immerhin<br />
sind diese Ziele Teil des offiziellen Stellenplans<br />
und somit auch Teil des Budgetplans.<br />
Besonders zuversichtlich dabei zeigen<br />
sich der REPUBLIK vorliegende Budgetplan<br />
des Rechnungshof und der Ressorts<br />
Justiz, Gesundheit, Wirtschaft und Verkehr.<br />
Doch bei allen Stellen ist der Trend<br />
ganz klar: Mehr X-Chromosome. Und das<br />
ist gut so.<br />
Oktober 09 31
Serie<br />
Ausgegliedert in die Zukunft<br />
Text<br />
Christian Schneider<br />
Foto<br />
H. Köppel<br />
Au s g e g l i e d e r t<br />
i n d i e Z u k u n f t<br />
Beginnend mit dieser Ausgabe<br />
widmet REPUBLIK den aus<br />
Bund, Ländern und Gemeinden<br />
ausgegliederten Unternehmen<br />
eine eigene Serie. Sie will einen<br />
Einblick in Geschäftsgebaren,<br />
Erfolg und nicht zuletzt dem<br />
Umgang mit der Wirtschaftskrise<br />
gewähren.<br />
Bundesforste: Hüter der<br />
österreichischen Identität<br />
Betrifft die aktuelle Wirtschaftskrise auch die<br />
Österreichischen Bundesforste? Ja. Kann ein Unternehmen<br />
aus der Forstwirtschaft von der Krise<br />
profitieren? Ja. REPUBLIK berichtet aber nicht nur<br />
über konstruktives Troubleshooting, sondern zeigt<br />
auf, wie kreative Ideen die Forstwirtschaft ankurbeln.<br />
Eine im Jubiläumsjahr 2005 vorgestellte<br />
Integral-Studie untersuchte, was Herr<br />
und Frau Österreicher mit ihrem Land<br />
verbinden. Das Ergebnis ist eindeutig. Die<br />
beiden am ehesten Identität stiftenden<br />
Faktoren sind bei einer Zustimmung von<br />
98 bzw. 97 Prozent Berge und Wälder; auf<br />
Rang 5 folgen die österreichischen Seen<br />
mit 93 Prozent. Auch die Österreich Werbung<br />
kommuniziert mit großem Erfolg<br />
das Image der naturverbundenen Alpenrepublik.<br />
Die Österreichischen Bundesforste<br />
(ÖBf) bewirtschaften im Auftrag der<br />
<strong>Republik</strong> mit etwa 855.000 Hektar rund<br />
ein Zehntel der Fläche. Davon sind fast<br />
515.000 Hektar Waldfläche. Das macht<br />
die Bundesforste mit Abstand zum größten<br />
Forstbetrieb des Landes. Mit Fug und<br />
Recht haben sich die ÖBf nach Erscheinen<br />
besagter Studie zum „Hüter der österreichischen<br />
Identität“ proklamiert und<br />
zugleich bewusst zur damit verbundenen<br />
Verantwortung bekannt.<br />
Das im Jahr 1925 aus den ehemaligen<br />
Besitzungen der Monarchie gegründete<br />
Unternehmen wurde 1997 aus dem Bundesbudget<br />
ausgegliedert und in eine AG<br />
umgewandelt. Die rechtliche Grundlage<br />
dafür bildet das Bundesforstegesetz. Dieses<br />
Gesetz im Verfassungsrang bestimmt<br />
auch den engen Rahmen, in dem die<br />
Geschäftsführung agiert. So bestehen<br />
32 Oktober 09
Serie<br />
Ausgegliedert in die Zukunft<br />
nach dem Willen des Gesetzgebers zahlreiche<br />
Einschränkungen und Vorgaben<br />
die Veräußerungen oder den Naturschutz<br />
betreffend. Eigentümerin ist nach wie vor<br />
zu 100 Prozent die <strong>Republik</strong>, vertreten<br />
durch das Lebensministerium.<br />
Knapp 1.230 Mitarbeiter bemühen<br />
sich somit um Bewirtschaftung und Erhalt<br />
dieses Naturschatzes. 1.200 Jagd- und 425<br />
Fischereireviere gehören ebenso dazu wie<br />
4.200 Gebäude und mehr als 100 Seen.<br />
Im vergangenen Jahr erwirtschaftete das<br />
ausgegliederte Unternehmen dabei einen<br />
Umsatz von rund 272 Mio. Euro und ein<br />
EGT (Jahresgewinn vor Steuer- und Rücklagebewegungen)<br />
von 23,4 Mio. Euro,<br />
wovon die Hälfte als so genannter Fruchtgenuss<br />
an die Eigentümerin abgeführt<br />
wird. So steht es jedenfalls im Bundesforstegesetz.<br />
Die Krisen<br />
Ja, die Bundesforste sind von der aktuellen<br />
Wirtschaftskrise betroffen. Diese war<br />
in der Forstwirtschaft relativ frühzeitig zu<br />
erkennen. Jene Mitbewerber, die ihr Holz<br />
in die USA exportieren, haben die Krise<br />
am amerikanischen Immobiliensektor<br />
auch früh zu spüren bekommen. Allerdings<br />
ist die aktuelle, viel beschworene<br />
Wirtschaftskrise nicht die einzige Krise,<br />
mit der sich die ÖBf auseinanderzusetzen<br />
haben. Einzigartige Naturereignisse<br />
wie die drei Stürme Kyrill (2007), Emma<br />
(2008) und Paula (2008) haben große Zerstörung<br />
mit sich gebracht. Um den angerichteten<br />
Schaden zu beseitigen, musste<br />
wesentlich mehr Holz geerntet werden als<br />
geplant, denn die Bundesforste sind dem<br />
Prinzip der Nachhaltigkeit verpflichtet.<br />
Das heißt, dass nicht mehr Holz geerntet<br />
werden darf als nachwächst. Natürlich<br />
hatten die Windwürfe auch negative Auswirkungen<br />
auf die Wirtschaftlichkeit.<br />
Um diese Krisen zu bewältigen, haben<br />
sich die Bundesforste einiges einfallen<br />
lassen. So wird seit kurzem massiv in<br />
den Ausbau von so genannten Nasslagern<br />
investiert, die das Unternehmen durch<br />
moderne Holzlagerkapazitäten mit konservierendem<br />
Charakter unempfindlicher<br />
gegenüber Schwankungen sowohl bei der<br />
Holzernte als auch auf dem Holzmarkt<br />
machen. Außerdem profitieren die Bundesforste<br />
im Vergleich zu nicht im Staatsbesitz<br />
befindlichen Mitbewerbern von<br />
einem Vertrauensvorschuss auf dem Holzmarkt.<br />
Ein Kunde kann bei Unternehmen<br />
in der Bonitätsklasse AAA davon ausgehen,<br />
dass es wirtschaftlich auf soliden<br />
Beinen steht. Somit handelt es sich bei<br />
den Bundesforsten wegen seiner Eigentümerstruktur<br />
um ein besonders sicheres<br />
und aufgrund der Nasslagerkapazitäten<br />
um ein besonders flexibles Unternehmen.<br />
Letzteres ist ein Attribut, das nur sehr selten<br />
im Zusammenhang mit Unternehmen<br />
im Besitz der <strong>Republik</strong> genannt wird.<br />
Proaktiv aus der Krise<br />
Die Verunsicherung unter wohlhabenden<br />
Privatpersonen, Stiftungen und<br />
Investorengruppen hat in der Krise stark<br />
zugenommen. Das Vertrauen in die Ratschläge<br />
von Bankern hat stark gelitten. Im<br />
Gegensatz dazu steigt kontinuierlich das<br />
Interesse dieser Zielgruppe, in solides,<br />
wertstabiles Eigentum wie Grund und<br />
Boden zu investieren. Die Bundesforste<br />
bieten dieser kleinen, feinen Zielgruppe<br />
eine umfassende Kaufberatung an. Die<br />
Bewertung von Wäldern ist schließlich<br />
ein komplexes Unterfangen und kann<br />
unkundige Personen leicht überfordern.<br />
Im Gegenzug verpflichten sich die Käufer,<br />
die Bewirtschaftung der erworbenen<br />
Waldflächen für einige Jahre den Bundesforsten<br />
zu übertragen. Eine Win-win-<br />
Situation für alle Beteiligten. Das große<br />
Geschäft ist dieses Krisenprodukt zwar<br />
nicht, aber mit über 100 bisher erfolgten<br />
Transaktionen wurde eine kritische Größe<br />
erreicht.<br />
Besonders kreativ – und nicht ganz<br />
unumstritten – ist die Idee der ÖBf, ihren<br />
Bestand zu vermarkten. Mit der Submarke<br />
Wild Media richten sich die Bundesforste<br />
nun an die Kreativwirtschaft. Die Film-,<br />
Event- und Werbewirtschaft soll zukünftig<br />
einen Obolus entrichten, wenn Grundbesitz<br />
der Bundesforste zur Kulisse von<br />
professionellen Foto- und Filmaufnahmen<br />
werden soll. Nach einem Aufschrei<br />
von Seiten der Landespolitik und der Tourismuswirtschaft<br />
wurde nun präzisiert,<br />
dass es Ausnahmen für die Tourismuswerbung<br />
und aktuelle Berichterstattung<br />
geben solle. Private nicht-kommerzielle<br />
Aufnahmen seien sowieso nicht betroffen.<br />
Zudem verursachten Kamerateams oft<br />
genug Schäden, die bisher auf ÖBf-Kosten<br />
gingen. Wild Media bietet darüber hinaus<br />
wertvolles Know-how bei der Locationsuche<br />
an.<br />
Die Forstwirtschaft wurde von der Krise<br />
zwar besonders rasch erfasst, sie spürt<br />
dafür aber auch besonders frühzeitig den<br />
Aufschwung. Die Geschäftsführung zeigt<br />
sich daher heute vorsichtig optimistisch.<br />
Ein gutes Zeichen.<br />
„Man darf der Krise<br />
nicht nur defensiv<br />
begegnen, also ausschließlich<br />
mit<br />
Einsparungen oder<br />
Kürzungen. Die<br />
Krise ist immer auch<br />
eine Chance: Es gilt<br />
neue Bedürfnisse<br />
zu identifizieren<br />
und für sie das<br />
passende Angebot<br />
zu schaffen.“<br />
Georg Erlacher, Vorstandssprecher<br />
ÖBf Archiv/Thomas Topf<br />
Oktober 09 33
Projekte<br />
E-Government<br />
Text<br />
Lukas Wiesböck<br />
Foto<br />
Photos.com, Privat<br />
Schluss mit Aktenordnern<br />
In den Kellern vieler Gemeinden stapeln sich die Papierberge.<br />
Nicht so im niederösterreichischen Gföhl. REPUBLIK berichtet<br />
über eine zukunftsträchtige E-Government-Lösung zur effizienten<br />
Gemeindeverwaltung.<br />
„Anträge und<br />
Bestätigungen<br />
sollen immer<br />
gleich zur richtigen<br />
Stelle gelangen.”<br />
Anton Deimel, Stadtamtsdirektor<br />
der Stadtgemeinde Gföhl<br />
Aktenordner gehören in der Stadtgemeinde<br />
Gföhl schon lange der Vergangenheit<br />
an. Die gesamte Gemeindeverwaltung<br />
vom Bauplan bis zur Aktennotiz läuft dort<br />
elektronisch. Auskünfte zu laufenden<br />
Verfahren können die Mitarbeiter bereits<br />
in wenigen Sekunden erteilen. Möglich<br />
macht dies ein Projekt, das Stadtamtsdirektor<br />
Anton Deimel vor vier Jahren initiierte<br />
und das seither als Modell für effiziente<br />
Gemeindeverwaltung gilt.<br />
Begonnen hat alles beim Heurigen,<br />
genauer gesagt bei der Heurigenanmeldung:<br />
Jede Gastwirtschaft muss zwei<br />
Wochen vor Öffnung des Betriebs bei der<br />
Gemeinde eine Anmeldung durchführen.<br />
Deimel, damals Projektleiter eines<br />
E-Government-Arbeitskreises im Bundeskanzleramt,<br />
wollte diesen Vorgang<br />
automatisieren. Seine dabei gesammelten<br />
Erfahrungen bei der Analyse von dahinterliegenden<br />
Arbeitsschritten erwiesen<br />
sich als wertvoll: Als Deimel 2004 von<br />
der Gemeinde Gföhl mit der Umsetzung<br />
eines elektronischen Verwaltungssystems<br />
beauftragt wurde, wandte er zunächst dieselbe<br />
Methode an.<br />
Rasch wurde deutlich, dass es für die<br />
Schaffung einer umfassenden Lösung<br />
notwendig ist, über den Tellerrand der<br />
eigenen Gemeinde zu schauen. Gemeinsam<br />
mit dem technischen Projektpartner<br />
Unisys wurde daher 2005 begonnen,<br />
im ganzen Land die Arbeitsverläufe von<br />
Gemeinden zu untersuchen und elektronisch<br />
zu dokumentieren. „Obwohl sich<br />
die Verfahrensabläufe in vielen Bereichen<br />
von der teils unterschiedlichen Landesgesetzgebung<br />
ableiten, haben wir festgestellt,<br />
dass 95 Prozent der Arbeits- und<br />
Prüfungsschritte identisch sind”, sagt<br />
Christian Schieb von Unisys.<br />
Auf der Alm<br />
Darauf aufbauend konstruierte das<br />
Team eine ganzheitliche Verwaltungslösung<br />
für elektronische Akten (Elak). Das<br />
System, genannt Government Office (Go),<br />
wird aktuell von 15 Gemeinden genutzt.<br />
Offene Schnittstellen zu den E-Government-Systemen<br />
von Bund und Ländern<br />
stellen die Kommunikationsfähigkeit mit<br />
anderen Verwaltungsebenen sicher. „Wir<br />
haben darauf geachtet, dass die thematische<br />
Zuordnung der Dokumente deckungsgleich<br />
verläuft, damit Anträge und<br />
Bestätigungen immer gleich zur richtigen<br />
Stelle gelangen”, sagt Deimler. Zusätzlich<br />
laufen alle Prozesse webbasiert ab.<br />
Das macht es den Mitarbeitern möglich,<br />
dringliche Anliegen auch außerhalb des<br />
Amts zu beantworten. Deimel selbst hat<br />
dies ausgiebig getestet: „Als ich im Urlaub<br />
meine Tochter in der Schweiz besucht<br />
habe, konnte ich sogar auf der Alm mit<br />
Elak arbeiten.”<br />
Getragen wird das Projekt vom Verein<br />
Government Verbund. Dort kann jede<br />
Gemeinde Mitglied werden. Ab Oktober<br />
2009 ist dies ohne die Anschaffung zusätzlicher<br />
Hardware möglich. Dann ist das<br />
Projekt auch über ein Netzwerk verfügbar<br />
und kann von einem Rechenzentrum aus<br />
in das EDV-System einer Gemeinde integriert<br />
werden. Das sei für kleinere Gemeinden,<br />
bei denen sich die Investition in neue<br />
Anlagen nicht rechnet, ein großer Vorteil,<br />
so Schieb, der nun auf einen Schneeball-<br />
Effekt hofft. Das sei nicht unrealistisch,<br />
fügt Deimel an, zumal mehr als 70 Prozent<br />
der Gemeinden weniger als 3.000 Einwohner<br />
zählen. Die einzige Auflage für eine<br />
Mitgliedschaft beim Government Verbund<br />
ist für neue Mitglieder lediglich die Ver-<br />
34 Oktober 09<br />
34_Elak.indd 34<br />
15.10.2009 10:53:52 Uhr
Geschäftsreiseabrechnung 2.0<br />
Reisekosten zu managen bedeutet eine Menge Arbeit. American Express<br />
Corporate-Lösungen bieten sich an, um bei diesen Prozessen die Effizienz<br />
zu steigern und gleichzeitig die Kosten zu senken. Die TU Wien macht vor,<br />
wie es geht. Sie hat bereits mit 1. April 2009 umgestellt und damit eine<br />
Vorreiterrolle im öffentlichen Dienst eingenommen.<br />
Promotion<br />
Photos.com<br />
Interne Prozesskosten verteuern Geschäftsreisen in vielen<br />
Fällen deutlich. Doch es geht auch anders. Die TU Wien<br />
zeigt wie: Bei der Abrechnung der Reisekosten wird ein<br />
SAP ESS System gekoppelt mit Corporate Cards von<br />
American Express verwendet. Mit dieser Methode können<br />
Mitarbeiter ihre Abrechnungen durchführen – zeitoptimal<br />
und ortsunabhängig. Mit dem Einsparungspotenzial von<br />
ca. neun Prozent ist dieses System nicht nur kosten- sondern<br />
auch mitarbeiterfreundlich, wie Prof. Dr. Alexander<br />
Redlein von der TU Wien erklärt: „Früher waren Reiseabrechnungen<br />
ungemein aufwändig. Zettel wurden hin und<br />
her geschickt, Budgetfreigaben mussten doppelt erledigt<br />
werden, Mitarbeiter haben oft lange auf Bewilligungen<br />
und Geld gewartet. Das ist nun Vergangenheit“.<br />
Weniger Aufwand<br />
Der bürokratische Aufwand wurde im ersten Schritt mit<br />
einer Web-Lösung minimiert. Mit dem ESS System steht<br />
nun eine Oberfläche zur Verfügung, die exakt auf die<br />
Bedürfnisse der TU zugeschnitten ist. Mitarbeiter können<br />
hier Daten und Anträge eingegeben und auch bearbeiten.<br />
American Express ergänzt hier perfekt: Der längere<br />
Abrechnungszeitraum von einem Monat gibt einen Zeitpuffer,<br />
der es möglich macht, den per Karte bezahlten<br />
Betrag schon vor der Abbuchung zu erstatten.<br />
Ein weiterer Vorteil: Sämtliche Auswertungen und Berichte<br />
sind durch das System zeitnah vorhanden.<br />
Optimierung<br />
Prof. Dr. Alexander Redlein<br />
plant bereits das System weiter<br />
zu optimieren: „Im nächsten<br />
Schritt werden wir auswerten,<br />
bei wem wir wie viel Umsatz<br />
machen. Diese Daten können<br />
wir dann dazu nutzen, bessere<br />
Konditionen zu bekommen,<br />
und damit weitere Kosten einzusparen.<br />
Außerdem arbeiten<br />
wir an einer Schnittstelle, um<br />
auch Reisebelege schneller administrieren zu können.<br />
Aktuell müssen diese nämlich noch manuell eingegeben<br />
werden. In Zukunft wird hier nur noch eine Oberfläche<br />
erscheinen, auf der die Mitarbeiter markieren, welche<br />
Belege sie genau in der Abrechnung haben möchten.“<br />
Ausgehend von der TU wird dieses effiziente System<br />
auch weiteren universitären Einrichtungen vorgestellt.<br />
FACTBOX<br />
Die Vorteile im Überblick<br />
Ein professionelles Reisekostenmanagement-<br />
Programm bringt:<br />
• Konsolidierung und elektronische Aufbereitung der<br />
Rechnungsdaten als Grundlage für Auswertungen und<br />
für Verhandlungen mit Reisepartnern (Hotels, Flüge,…)<br />
• Bis zu 9% Einsparungspotential im Bereich Geschäftsreisen<br />
durch eine professionelle Umsetzung<br />
einer Corporate Card Lösung<br />
• Elektronische Integration in bestehende Systeme<br />
mittels Schnittstellen<br />
• Bereitstellung von Ressourcen- und Know-How, um<br />
die Prozesse beim Management der Geschäftsreiseausgaben<br />
zu analysieren und zu verbessern<br />
Oktober 09 35
Thema<br />
Europäische Union<br />
Text<br />
Wolfgang Tucek<br />
Fotos<br />
Photos.com, Beigestellt<br />
EU-Parlament erreicht<br />
Betriebstemperatur<br />
Fast alle EU-Gesetze werden vom Europäischen Parlament mitgestaltet,<br />
das gerade in die Alltagsarbeit zurückfindet. Den Löwenanteil der<br />
Vorarbeit leistet eine Handvoll von Fachausschüssen. Diese befinden<br />
sich im Fokus der Interessenvertreter. Erste Bewährungsprobe der<br />
frischen Parlamentsmannschaft ist Regulierung von Hedgefonds.<br />
„Die EU-Klimaschutzziele<br />
gibt es bisher nur<br />
auf dem Papier. Über<br />
die Umsetzung wird es<br />
noch viel Streit geben.“<br />
Jo Leinen, Vorsitzender<br />
des Umweltausschusses<br />
„Lange genug haben<br />
wir uns um den<br />
Klimaschutz gekümmert.<br />
Jetzt müssen<br />
wir den Industriestandort<br />
EU stärken.“<br />
Herbert Reul, Vorsitzender<br />
des Industrieausschusses<br />
Einige Monate sind die EU-Wahlen im<br />
Juni bereits her. Seit September läuft die<br />
Gesetzgebungsmaschine EU-Parlament<br />
zunehmend auf Betriebstemperatur. Kaum<br />
einer, der nicht ständig mit ihm zu tun hat<br />
oder dort arbeitet, kann verstehen, wie das<br />
funktionieren soll: 736 Abgeordnete aus<br />
27 Ländern müssen tragfähige Mehrheiten<br />
für EU-Gesetze produzieren, die rund 80<br />
Prozent der rechtlichen Vorgaben in den<br />
Mitgliedsstaaten bestimmen. Rund die<br />
Hälfte der Parlamentarier ist zudem neu<br />
und kennt den Betrieb erst seit kurzem.<br />
Ausschussarbeit<br />
Zentral für das Gelingen sind die<br />
Fachausschüsse, in denen die Vorentscheidungen<br />
getroffen werden. Es gibt<br />
davon zwar nicht weniger als 20. Die<br />
Anzahl jener, die das tägliche Leben der<br />
Unternehmen und Bürger am meisten prägen,<br />
ist jedoch überschaubar. Es sind die<br />
Ausschüsse für Binnenmarkt, Umwelt,<br />
Industrie, Wirtschaft, Beschäftigung und<br />
Recht. Für Österreich hat auch noch der<br />
Verkehrsausschuss Bedeutung, wo unter<br />
dem Schlagwort Eurovignette um die EU-<br />
Erlaubnis gerungen wird, den Transitverkehr<br />
höher bemauten zu dürfen.<br />
In der anlaufenden Legislaturperiode<br />
„wird sich entscheiden, ob die EU<br />
zu einem Global-Player werden kann“,<br />
erklärt der langjährige Europaabgeordnete<br />
Othmar Karas, Vizepräsident der größten<br />
Parlamentsfraktion, der Europäischen<br />
Volkspartei (EVP). Neben der Führungsrolle<br />
in der Klimaschutzpolitik sei vor<br />
allem jene im Kampf gegen die Finanzund<br />
Wirtschaftskrise entscheidend. So<br />
brauche die EU eine integrierte Finanzmarktaufsicht;<br />
Vorschläge zur Regulierung<br />
von Hedgefonds und Privat Equity<br />
werden bereits im Wirtschaftsausschuss<br />
verhandelt. Berichterstatter ist der französische<br />
Konservative Jean-Paul Gauzes, der<br />
davor die neuen EU-Regeln zur Aufsicht<br />
und Registrierung von Ratingagenturen in<br />
Rekordzeit durchgebracht hat.<br />
Die Berichterstatter sind auf technischer<br />
Ebene die ersten Ansprechpartner<br />
für Interessenvertreter, die auf EU-Gesetzesvorhaben<br />
Einfluss nehmen wollen.<br />
Je politischer es wird, desto wichtiger<br />
werden die Ausschussvorsitzenden und<br />
deren Stellvertreter sowie am Ende auch<br />
die Führungsgremien der großen Fraktionen.<br />
Für Mitgliedsstaaten, Wirtschaftsverbände,<br />
Unternehmen, Umwelt- und Konsumentenschutzgruppen<br />
sowie spezialisierte<br />
Berater ist das EU-Parlament daher<br />
wenig überraschend eine entscheidende<br />
Spielwiese.<br />
Schwerpunkte<br />
„Ich habe schon die ganze Bandbreite<br />
der Industrie im Büro gehabt“, erzählt der<br />
erfahrene deutsche Europaabgeordnete Jo<br />
Leinen, Vorsitzender des einflussreichen<br />
Umweltausschusses. Gut die Hälfte der<br />
rund 500 Gesetzesprojekte pro Legislaturperiode<br />
gehen durch die Hände seiner<br />
Mitglieder. Zuständig sind sie für Umwelt,<br />
Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit.<br />
„Jedes Thema für sich ist riesengroß“,<br />
sagt Leinen. Als absolutes Highlight<br />
bezeichnet er die Verhandlungen<br />
für ein Weltklimaschutzabkommen, das<br />
in Kopenhagen im Dezember abgeschlossen<br />
werden soll. Darüber hinaus stehe die<br />
Umsetzung der EU-Klimaschutzziele an:<br />
20 Prozent weniger Emissionen, 20 Prozent<br />
Energie aus erneuerbaren Quellen<br />
und 20 Prozent weniger Energieverbrauch<br />
bis 2020 hat sich die EU vorgenommen.<br />
„Doch das gibt es bisher nur auf dem<br />
36 Oktober 09
Thema<br />
Europäische Union<br />
Europäisches Parlament: Die Neoparlamentarier haben gerade ihre ersten Bewährungsproben zu bestehen.<br />
Papier“, so Leinen. Über die Beiträge der<br />
Mitgliedsstaaten erwarte er noch „viel<br />
Streit“.<br />
Einen anderen Schwerpunkt will<br />
Herbert Reul setzen, der Vorsitzende<br />
des Industrieausschusses: Lange genug<br />
habe man sich um Klimaschutzfragen<br />
gekümmert, findet der deutsche Politiker.<br />
Dort seien die wesentlichen Beschlüsse<br />
gefasst. Jetzt müsse der Industriestandort<br />
EU gestärkt werden. Es gehe um eine neue<br />
Grundausrichtung, welche die Stärken<br />
der EU-Betriebe festigt und die Schwächen<br />
beseitigt. Ganz entscheidend sei der<br />
Bereich Innovation und Forschung, wo<br />
2010 die mittelfristige Planung für das<br />
milliardenschwere 8. EU-Forschungsrahmenprogramm<br />
anläuft.<br />
Neo-Abgeordnete<br />
Dass die Hälfte der EU-Abgeordneten<br />
neu im Geschäft ist, empfindet Leinen als<br />
„Energieschub im Parlament“. Hoch motiviert<br />
seien meistens die Neuen. Freilich<br />
müssten sie sich noch einarbeiten, gibt<br />
Reul zu bedenken. Wie lange es dauert,<br />
die komplexen Abläufe zu durchblicken,<br />
hänge vom Einzelfall ab. Denn manche<br />
der Neo-Parlamentarier haben mit der EU<br />
bisher nur wenig unmittelbare Erfahrung.<br />
Andere sind ehemalige EU-Kommissare<br />
wie der Belgier Louis Michel und die<br />
Polin Danuta Hübner oder frühere Minister<br />
wie der ehemalige österreichische<br />
Innenminister Ernst Strasser.<br />
Einige haben bisher selbst auf Seiten<br />
der Interessenvertreter gearbeitet,<br />
wie die SPÖ-Abgeordnete Evelyn Regner,<br />
die auf eine langjährige Karriere im<br />
ÖGB mit ausführlicher Brüssel-Erfahrung<br />
zurückblickt. Sie verfolgt im Rechts- und<br />
Beschäftigungsausschuss jene Themen<br />
weiter, die bei ihr schon bisher ganz oben<br />
auf der Agenda gestanden sind: EU-weit<br />
einheitliche Höchstarbeitszeiten, Kampf<br />
gegen Lohndumping durch Arbeitnehmerentsendung,<br />
Nein zur Herunternivellierung<br />
von Verbraucherrechten.<br />
Die Besuche der Lobbyisten haben<br />
bei Regner schon begonnen: „Ich bin sehr<br />
interessiert an den Argumenten der anderen<br />
Seite“, erzählt sie. Daher rede sie lieber<br />
mit zu vielen Leuten als mit zu wenigen.<br />
Das Gespräch mit Interessenvertretern wie<br />
Regierungen, Verbraucherschützern und<br />
Gewerkschaften „gehört politisch dazu<br />
und ist in Brüssel relativ stark vertreten“,<br />
meint auch Reul.<br />
Wie einflussreich die Abgeordneten<br />
am Ende seien, hänge nicht unbedingt<br />
davon ab, wie lange sie schon dabei sind,<br />
sagt Christian Feustel, der für den Industriedachverband<br />
Businesseurope die<br />
Kontakte zum EU-Parlament organisiert:<br />
„Jene Abgeordneten, die ihre Dossiers am<br />
besten kennen und seriöse Arbeit machen,<br />
haben auch den meisten Einfluss.“<br />
Schließlich sei das Europaparlament ein<br />
klassisches Arbeitsparlament. Mehr als<br />
50.000 Abänderungsanträge wurden in<br />
der letzten Legislaturperiode gestellt.<br />
Denn während sich in den nationalen<br />
Parlamenten die Regierungsparteien mit<br />
ihrer Mehrheit stets durchsetzen, müssen<br />
in Brüssel und Straßburg jedes Mal neue<br />
Mehrheiten gesucht werden.<br />
H i n t e r g r u n d<br />
Österreichische<br />
Vertretung<br />
Bisher sitzen 17 Österreicher im neuen EU-<br />
Parlament. Nur zwölf davon sind auch in<br />
Fraktionen eingebettet, was für die Schlagkraft<br />
wichtig ist. Mit sechs Vertretern in der EVP<br />
ist die ÖVP die größte Delegation: Dort ist<br />
Ernst Strasser für Sicherheits- und Rechtsthemen<br />
ein Ansprechpartner, Othmar Karas bei<br />
Wirtschafts- und Verbraucherschutzfragen, Elisabeth<br />
Köstinger betreut die Landwirtschaft,<br />
Paul Rübig Industrie, Energie und Forschung,<br />
Hella Ranner Verkehr und Richard Seeber<br />
den Umweltausschuss sowie Regionalförderungen.<br />
Nur mehr vier Abgeordnete stellt seit Juni<br />
die SPÖ, die der Fraktion der Sozialisten und<br />
Demokraten (S&D) angehören. Delegationleiter<br />
Jörg Leichtfried zeichnet für Verkehr und<br />
internationalen Handel verantwortlich, Hannes<br />
Swoboda für Energie und Forschung und ist<br />
nebenbei S&D in den Ausschüssen für Umwelt<br />
und Regionales und Evelyn Regner macht<br />
Recht und Beschäftigung. Zwei Parlamentarier<br />
hat Österreich bei den Grünen sitzen: Ulrike<br />
Lunacek sitzt Strasser im Sicherheitsausschuss<br />
gegenüber, Eva Lichtenberger kümmert<br />
sich um Verkehr und Recht.<br />
Wohl nur bescheidenen Einfluss haben die<br />
überdurchschnittlich vielen fraktionslosen<br />
EU-Abgeordneten Österreichs. Dabei handelt<br />
es sich neben FPÖ-Mann Andreas Mölzer und<br />
seinem Kollegen Franz Obermayr um Hans-<br />
Peter Martin sowie seine Mitstreiter Martin<br />
Ehrenhauser und Angelika Werthmann.<br />
Durch das Inkrafttreten des Lissabonner<br />
Vertrags gewinnt das EU-Parlament erneut<br />
an Bedeutung. Volles Mitspracherecht wird<br />
ihm etwa in den Bereichen Landwirtschaft,<br />
Polizeizusammenarbeit und internationalem<br />
Handel zuteil. Die Anzahl der Abgeordneten<br />
wird von 736 auf 754 erhöht, Österreich erhält<br />
zwei zusätzliche – somit 19.<br />
Oktober 09 37
Projekte<br />
Migranten<br />
Text<br />
Harriett Keber<br />
Foto<br />
Landespolizeikommando Wien<br />
Wiener Polizei<br />
rekrutiert Migranten<br />
Vor rund zwei Jahren startete die Wiener Polizei mit einer Rekrutierungsinitiative<br />
durch. Grund: Der Anteil von Personen mit unterschiedlichen<br />
ethnischen Wurzeln in der Wiener Polizei soll gesteigert werden. REPUBLIK<br />
bringt einen Status-quo-Bericht.<br />
Vorbildwirkung<br />
Frauenberger verweist auf die Vorbildwirkung<br />
der Stadt Wien im Bereich<br />
Diversitätsmanagement und ergänzt, dass<br />
Informationen über Rechte und Pflichten<br />
nicht zuletzt durch Polizisten mit Migrationshintergrund<br />
und den entsprechenden<br />
Sprachkenntnissen „besser und gezielter<br />
vermittelt“ werden können. Rund zwei<br />
Jahren nach Start der Offensive habe<br />
bereits jeder fünfte Bewerber einen Migrationshintergrund,<br />
so Martin Schlosser<br />
von der Wiener Polizei. Somit haben 20<br />
Prozent der 450 derzeitigen Polizeischüler<br />
zwar die österreichische Staatsbürgerschaft,<br />
jedoch nicht-österreichische Wurzeln.<br />
Der Frauen- und Männeranteil unter<br />
diesen Bewerbern sei übrigens in etwa<br />
gleich, ergänzt Schlosser.<br />
I n K ü r z e<br />
Die Wiener Polizei versucht sich<br />
im Diversity Management.<br />
Die Initiative „Wien braucht dich!“ läuft seit<br />
November 2007. Ziel: Mehr Personen mit<br />
Migrationshintergrund sollen in den Wiener<br />
Polizeidienst integriert werden. Bis zum Jahr<br />
2012 soll in allen Polizeistellen Wiens zumindest<br />
eine Person mit anderen ethnischen Wurzeln<br />
tätig sein. Jeder fünfte Bewerber für die<br />
Ausbildung hat bereits nicht-österreichische<br />
Wurzeln. Der Frauen- und Männeranteil dieser<br />
Bewerbergruppe ist ausgeglichen.<br />
Unter dem Titel „Wien braucht dich!“<br />
wurde im November 2007 eine Recruitinginitiative<br />
der Polizei, der Stadt Wien und<br />
der MA17 (Integrations- und Diversitätsangelegenheiten)<br />
ins Leben gerufen. Der<br />
ausschlaggebende Grund für die Initiative<br />
war und ist es, 18- bis 30-jährige Wiener<br />
mit Migrationshintergrund für den Polizeiberuf<br />
zu gewinnen. Denn: Ein Drittel<br />
der Wiener Bevölkerung habe Migrationshintergrund<br />
und „diese Vielfalt“ solle sich<br />
„auch in der Polizei widerspiegeln“, so<br />
die Wiener Integrationsstadträtin Sandra<br />
Frauenberger. Bis zum Jahr 2012 sollen<br />
in allen 100 Wiener Polizeiinspektionen<br />
mindestens ein Polizist bzw. eine Polizistin<br />
mit Migrationshintergrund beschäftigt<br />
werden.<br />
Breites Interesse<br />
Die Initiative wurde nicht nur von<br />
potenziellen neuen Polizeischülern mit<br />
Migrationshintergrund wahrgenommen,<br />
heißt es aus dem Büro der Stadträtin.<br />
Bereits kurz nach dem Kick-off im<br />
Jahr 2007 haben 40 Institutionen – von<br />
Zuwandervereinen bis hin zu Religionsgemeinschaften<br />
– ihr Interesse an den<br />
Recruitingveranstaltungen angemeldet.<br />
Bei diesen Veranstaltungen, die auch in<br />
Schulen oder Volkshochschulen abgehalten<br />
werden, sind jeweils ein Polizist mit<br />
Migrationshintergrund und ein Vertreter<br />
der MA17 anwesend. Sie präsentieren das<br />
Jobprofil und die Karriereperspektiven<br />
bei der Polizei.<br />
Innerhalb der Wiener Polizei, so<br />
Oberstleutnant Schlosser, werde die<br />
Initiative als wichtig erachtet, unter Kollegen<br />
hätten sich jedoch keine Änderungen<br />
ergeben, denn: „Für uns ist das eine ähnlich<br />
normale Angelegenheit wie damals,<br />
als die ersten Polizistinnen ausgebildet<br />
wurden. Alle Auszubildenden, aber auch<br />
alle Polizistinnen und Polizisten müssen<br />
die gleichen Anforderungen und Pflichten<br />
erfüllen, wir behandeln alle gleich.“<br />
38 Oktober 09<br />
36_Migranten.indd 38<br />
15.10.2009 10:53:36 Uhr
Promotion<br />
Fernwärme schafft<br />
gutes Klima<br />
Einzigartig flexible und hoch effiziente Produktion eröffnet die<br />
Chance, ebenso einfach wie günstig CO 2<br />
-Emissionen einzusparen.<br />
Derzeit benützen rund 19 % der österreichischen<br />
Haushalte Fernwärme zum Heizen oder zur Warmwasserbereitung.<br />
Dazu kommen Betriebe und<br />
Großbauten wie etwa das Wiener Allgemeine Krankenhaus.<br />
Eine Steigerung dieses Anteils würde einen<br />
Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leisten.<br />
Fernwärme wird schon heute zu über 70 % in so<br />
genannten KWK-Anlagen erzeugt. Gegenüber der früher<br />
üblichen, getrennten Erzeugung von Strom und<br />
Wärme ermöglicht die Kraft-Wärme-Kopplung eine<br />
Nutzung der Abwärme, die in ein Fernwärmenetz<br />
eingespeist werden kann. Moderne KWK-Werke erreichen<br />
Wirkungsgrade von 80-90 %, der Brennstoff wird<br />
besser genutzt. Bis zu einem Drittel an Energie kann<br />
so gespart werden, was zur dramatischen Reduktion<br />
von CO 2<br />
-Emissionen und Rohstoffeinsatz führt. Weitere<br />
Treibhausgase werden durch die zentrale Produktion<br />
(mit modernsten Filteranlagen) gegenüber vielen<br />
Einzelöfen eingespart.<br />
Viele Wege führen zum (Klima-) Ziel<br />
Fernwärme punktet auch mit Flexibilität: Als Wärmeerzeuger<br />
kann auch die Abwärme von Industriebetrieben<br />
verwendet werden, die sonst per Schlot<br />
an die Umwelt abgegeben würde. Thermische<br />
Abfallbehandlung wird (wie in Wien und demnächst<br />
in Linz) ebenso in die Produktion eingebunden wie<br />
erneuerbare Energiespender von Biomasse über<br />
Solarthermie bis zu Erdwärme. Die Verbrennung des<br />
Abfalls erzeugt dreimal so viel Energie, wie dafür<br />
an Primärenergie nötig ist – abgesehen davon, dass<br />
der Müll damit auch entsorgt wird. Wien allein spart<br />
durch Kraft-Wärme-Kopplung und Abfallbehandlung<br />
rund 2,6 Millionen Tonnen CO 2<br />
pro Jahr ein.<br />
„Durch den Einsatz moderner<br />
KWK-Anlagen kann der Energieeinsatz<br />
um ein Drittel reduziert<br />
werden.“<br />
Schließlich müssen etwa Pellets mit Schiffen, LKW<br />
oder Zügen transportiert und dann mit zahlreichen<br />
Privatautos von den Händlern zu den Wohnungen<br />
gebracht werden. Auch hier entstehen mehr Emissionen<br />
als bei der Fernwärme-Lieferung in geschlossenen<br />
Netzsystemen.<br />
Investieren oder Strafe zahlen?<br />
Wenn Österreich seine Klimavorgaben (Kyoto, EU)<br />
nicht einhält, werden Strafzahlungen fällig, die für<br />
Österreichs Wirtschaft im Gegensatz zur Investition in<br />
klimafreundliche Technologien nutzlos sind. Doch um<br />
welchen Preis können diese Zahlungen vermieden<br />
werden? Laut E-Control liegen die CO 2<br />
-Reduktionskosten<br />
mittels Windkraft bei 53 € pro Tonne CO 2<br />
, durch<br />
feste Biomasse bei 164 € und durch Fotovoltaik bei<br />
1.780 €. Die Einsparung einer Tonne CO 2<br />
durch Fernwärme<br />
kostet nach Berechnungen des Fachverbands<br />
Gas Wärme samt einer 30-prozentigen Förderung nur<br />
25 € pro Tonne CO 2<br />
. Fernwärme- und KWK-Förderungen<br />
drängen sich also für jeden Maßnahmen-Mix<br />
zum Klimaschutz auf.<br />
Oktober 09 39
Thema<br />
Energie<br />
Text<br />
Georg Günsberg<br />
Foto<br />
Photos.com<br />
40 Oktober 09<br />
Erneuerbaren Energieträgern wie der Windkraft gehört die Zukunft auf dem Weg zur Erreichung der Klimaschutz- und Energieziele der EU.
Thema<br />
Energie<br />
Zwischen Kyoto<br />
und Kopenhagen<br />
Bei der UN-Konferenz im Dezember gehen die internationalen Verhandlungen<br />
um neue verpflichtende Klimaschutzziele in die nächste Runde.<br />
REPUBLIK berichtet über aktuelle Entwicklungen in Österreich und<br />
ambitionierte Initiativen in der nachhaltigen Energieversorgung.<br />
Wenige Wochen vor der entscheidenden<br />
Klimakonferenz in Kopenhagen laufen<br />
die diplomatischen Bemühungen für eine<br />
internationale Einigung auf Hochtouren.<br />
Für viele gehört die 15. Vertragsstaatenkonferenz<br />
zur UN-Klimarahmenkonvention<br />
von 7. bis 18. Dezember 2009 zu den<br />
wichtigsten umweltpolitischen Anlässen<br />
der Geschichte. Nach der Verabschiedung<br />
des Kyoto-Protokolls im Jahr 1997 soll<br />
diese Zusammenkunft den nächsten Meilenstein<br />
darstellen. Das Kyoto-Protokoll<br />
läuft 2012 aus. In Kopenhagen stehen nun<br />
Verhandlungen zu einer globalen Vereinbarung<br />
für den anschließenden Zeitraum<br />
am Programm. Dabei geht es sowohl um<br />
die Höhe der Ziele als auch um die Art,<br />
wie diese zu erreichen sind. Ein aktueller<br />
Streitpunkt der Verhandlungen sind die<br />
potenziellen Anstrengungen der Schwellenländer<br />
wie China, Indien oder Brasilien,<br />
um den Anstieg ihrer Emissionen zu<br />
reduzieren. Auch die Frage, wie die Industrieländer<br />
dabei unterstützend wirken<br />
können, muss geklärt werden.<br />
Österreich ist auf Grundlage des Kyoto-Protokolls<br />
und der EU-internen Lastenaufteilung<br />
verpflichtet, seine Treibhausgasemissionen<br />
in der Zeit von 2008 bis<br />
2012 um 13 Prozent gegenüber 1990 zu<br />
reduzieren. Laut Klimaschutzbericht des<br />
Umweltbundesamts 2009 betrugen die<br />
österreichischen Treibhausgasemissionen<br />
im Jahr 2007 88 Millionen Tonnen Kohlendioxid-Äquivalente.<br />
Die Emissionen<br />
lagen damit rechnerisch um 19,2 Millionen<br />
Tonnen CO 2<br />
-Äquivalente über dem<br />
jährlichen Durchschnittswert des festgelegten<br />
Kyoto-Ziels – also über 24 Prozent<br />
über dem Zielwert. Rezessionsbedingt<br />
werden die Emissionen zwar für 2008 und<br />
2009 sinken, dennoch liegt Österreich insgesamt<br />
nicht gerade auf Kyoto-Kurs.<br />
Neue Ziele für Österreich<br />
Ein Jahr vor der UN-Konferenz in<br />
Kopenhagen hat die EU federführend<br />
neue Reduktionsziele festgelegt. Laut EU-<br />
Klima- und Energiepaket, das 2008 verabschiedet<br />
wurde, soll bis 2020 der Ausstoß<br />
von Treibhausgasen wie Kohlendioxid<br />
um 20 Prozent im Vergleich zu 1990 sinken.<br />
Gleichzeitig soll der Anteil von Ökostrom<br />
(Sonne, Biomasse, Wind etc.) am<br />
Verbrauch auf durchschnittlich 20 Prozent<br />
steigen. Zurzeit liegt dieser Anteil<br />
EU-weit bei 6,4 Prozent.<br />
Österreich ist dazu verpflichtet, den<br />
Anteil erneuerbarer Energieträger am Brutto-Endenergieverbrauch<br />
bis 2020 auf 34<br />
Prozent zu erhöhen und gleichzeitig seine<br />
Treibhausgasemissionen in Sektoren, die<br />
nicht dem Emissionshandel unterliegen,<br />
um mindestens 16 Prozent auf Basis des<br />
Jahres 2005 zu reduzieren. Zur Erreichung<br />
des 34-Prozent-Ziels haben Wirtschaftsminister<br />
Mitterlehner und Umweltminister<br />
Berlakovich die „Energiestrategie<br />
Österreich“ in Auftrag gegeben.<br />
Im vorigen April präsentierten sie die<br />
Vorgangsweise: Koordiniert wird der Prozess<br />
vom Beratungsunternehmen Brainbows.<br />
Inhaltlich basiert die Energiestrategie<br />
auf drei Säulen: Versorgungssicherheit,<br />
Energieeffizienz und erneuerbare Energie.<br />
Es wird ein konkreter Maßnahmen- und<br />
Zeitplan zur Erreichung der EU-Energieziele<br />
und zur Umsetzung der Richtlinie<br />
„Die Energieautonomie<br />
für Vorarlberg<br />
ist möglich.“<br />
Adolf Groß, Landesenergiebeauftragter<br />
Vorarlberg<br />
zur Nutzung von erneuerbarer Energie<br />
erarbeitet. Die Energiestrategie soll durch<br />
eine Vielzahl von Organisationen aus dem<br />
öffentlichen und privaten Sektor getragen<br />
werden. Derzeit liegen jede Menge Grundlagen<br />
und Vorschläge auf dem Tisch. Bis<br />
Jahresende soll ein beschlussfähiges<br />
Ergebnis zustande kommen.<br />
Wandel in der Energieversorgung<br />
Nicht nur die notwendigen Maßnahmen<br />
zur Reduktion der Treibhausgas-<br />
Emissionen, sondern auch die Entwicklung<br />
des Öl- und Gaspreises erhöhen den<br />
Druck Richtung Nachhaltigkeit. Denn der<br />
Rohölpreis von über 150 Dollar im Jahr<br />
2008 hat die globale Abhängigkeit von<br />
dieser Energiequelle offenbart. Michael<br />
Cerveny, Energieexperte der Österreichischen<br />
Gesellschaft für Umwelt und Tech-<br />
Energieinstitut Vorarlberg<br />
Oktober 09 41
Thema<br />
Energie<br />
„Die Energiepreise<br />
werden rasch<br />
steigen, wenn<br />
die Weltwirtschaft<br />
wieder in<br />
Schwung kommt.“<br />
Michael Cerveny,<br />
Österreichische Gesellschaft<br />
für Umwelt und Technik<br />
Ögut<br />
nik, weist darauf hin, dass „aufgrund der<br />
weltweiten Rezession und damit geringeren<br />
Nachfrage nach Energie die Preise<br />
zwar kurzfristig gesunken sind. Jedoch<br />
wird sich das radikal ändern, wenn<br />
die Weltwirtschaft wieder in Schwung<br />
kommt.“ Erste Anzeichen seien deutlich<br />
erkennbar.<br />
Analysten gehen davon aus, dass<br />
Ölpreise von 100 bis 150 US-Dollar und<br />
in weiterer Folge noch mehr wieder<br />
möglich seien und damit erst recht zum<br />
Wachstumshemmer werden. Auch der<br />
„World Energy Outlook 2008“ der Internationalen<br />
Energie Agentur spricht von<br />
der Wichtigkeit eines Wandels. So heißt<br />
es zu Beginn: „Das Welt-Energiesystem ist<br />
an einem Wendepunkt angelangt. Es wird<br />
immer offensichtlicher, dass die aktuellen<br />
Wachstumstrends nicht nachhaltig sind<br />
– weder ökologisch, noch ökonomisch,<br />
noch sozial.“ Und weiter: „Notwendig<br />
ist nicht weniger als eine Energierevolution.“<br />
Mehr Energieautarkie<br />
Österreich ist in hohem Maße von<br />
Energieimporten abhängig. Der öster-<br />
reichische Engerieimportanteil liegt derzeit<br />
bei 70 Prozent. Mehrere Regionen,<br />
aber auch ganze Bundesländer streben<br />
mittlerweile die Energieunabhängigkeit<br />
an – und zwar auf Basis erneuerbarer<br />
Energiequellen. So hat die burgenländische<br />
Landesregierung 2006 beschlossen,<br />
dass der gesamte Strombedarf ab 2013 aus<br />
erneuerbarer Energie gewonnen werden<br />
soll. Insbesondere mit den bestehenden<br />
Windkraft- so wie auf Biomasse basierten<br />
Kraft- und Wärmekopplungsanlagen können<br />
bereits über 60 Prozent des Stromverbrauchs<br />
in diesem Bundesland aus diesen<br />
Energieträgern gedeckt werden. Ob das<br />
Ziel der kompletten Unabhängigkeit bis<br />
2013 erreichbar ist, hängt von den bundesweiten<br />
Rahmenbedingungen wie den<br />
Einspeisetarifen für Ökostromanlagen ab.<br />
Vorarlberg will ebenfalls langfristig<br />
energieautonom werden. „Die Energieautonomie<br />
für Vorarlberg ist möglich. Dennoch<br />
erfordert der Weg dahin einige Veränderungen<br />
im Umgang mit der Ressource<br />
Energie“, erläutert Adolf Groß, Geschäftsführer<br />
des Energieinstituts Vorarlberg<br />
und Landesenergiebeauftragter. Im Rahmen<br />
des energiepolitischen Programms<br />
„Energiezukunft Vorarlberg“ wird auf<br />
Energieeffizienz, den Ausbau der erneuerbaren<br />
Energieträger und neue Wege in<br />
der Mobilität, beispielsweise Elektroautos,<br />
gesetzt. Handlungsempfehlungen an<br />
diverse Akteure des Landes und in Zahlen<br />
ausgedrückte Ziele sollen den Weg in die<br />
Energieautonomie konkretisieren.<br />
Effizienz als Schlüssel<br />
Diese Handlungsempfehlungen, die<br />
im Rahmen der „Energiezukunft“ vorgeschlagen<br />
wurden, reichen von Passivhausqualität<br />
im Neubau und für Sanierungen<br />
über Abwärmenutzung in Industrie und<br />
Gewerbe bis hin zur laufenden Umstellung<br />
auf stromsparende Geräte in Haushalten,<br />
der Gastronomie und anderen Dienstleistungsbereichen.<br />
Eine begleitende Studie<br />
im Auftrag des Landes Vorarlberg zeigte<br />
für die Industrie und für produzierende<br />
Gewerbebetriebe wirtschaftlich sinnvolle<br />
Einsparungspotenziale von 59 Prozent bei<br />
Wärme und 22 Prozent bei Strom. Adolf<br />
Groß: „Der Fokus liegt also eindeutig in<br />
einer signifikanten Effizienzsteigerung<br />
und das bei zumindest gleichbleibendem<br />
Komfortniveau.“ Natürlich ist auch der<br />
Ausbau erneuerbarer Energieträger wie die<br />
Nutzung der heimischen Wasserkraft, von<br />
Biomasse, Biogas und der Sonnenenergie<br />
ein zentrales Element einer Zukunftsstrategie.<br />
Vorreiter<br />
Die Gemeinden und Städte spielen<br />
eine essenzielle Rolle bei der Umsetzung.<br />
Mehrere Initiativen unterstützen dabei:<br />
Mithilfe des e5-Programms wird z.B. versucht,<br />
die Energieeffizienz voranzutreiben.<br />
Teilnehmende Gemeinden erhalten<br />
Unterstützung, um Energie- und Klimaschutzziele<br />
festzulegen und zu erreichen.<br />
Wesentliche Elemente des e5-Programms<br />
sind u.a. die Berücksichtigung aller energierelevanten<br />
Handlungsfelder (Energieversorgung,<br />
Entsorgung, Planung, Mobilität,<br />
Gebäude etc.), der Aufbau von Strukturen<br />
und die Vernetzung von Akteuren<br />
innerhalb der Gemeinde und die Qualifizierung<br />
und Unterstützung kommunaler<br />
Akteure bei Planung und Umsetzung von<br />
Maßnahmen durch das e5-Beraternetzwerk.<br />
klima:aktiv ist eine im Jahr 2004 gestartete<br />
Initiative des Lebensministeriums.<br />
Ziel ist die rasche und breite Markteinführung<br />
klimafreundlicher Technologien und<br />
Dienstleistungen. Dabei ist klima:aktiv<br />
kein ordnungs- und steuerpolitisches<br />
Instrument, sondern versucht Akteure<br />
zu unterstützen, sei es im Aus- und Weiterbildungsbereich,<br />
bei der Festlegung<br />
von Standards oder der Entwicklung und<br />
Umsetzung von Programmen im Bereich<br />
Energieeffizienz, erneuerbare Energie und<br />
Mobilität.<br />
Die österreichischen Erfolge können<br />
sich also sehen lassen. Auch die Technologien<br />
für einen echten Wandel in der<br />
Klimaschutz- und Energiepolitik sind<br />
vorhanden, genauso wie es an entsprechenden<br />
Zielsetzungen in Zukunft nicht<br />
mangeln wird.<br />
42 Oktober 09
Erdgas: Sauber,<br />
sicher und verlässlich<br />
Promotion<br />
Erdgas: Sauber, sicher und verlässlich<br />
Heimische Betriebe profitieren von den ökologischen und ökonomischen<br />
Heimische Betriebe profitieren von den ökologischen und ökonomischen<br />
Vorteilen von Erdgas – saubere und kostengünstige Energielösungen sind für<br />
Vorteilen Österreichs von Erdgas Wirtschaft – saubere und und eine kostengünstige intakte Umwelt Energielösungen unerlässlich. sind für<br />
Österreichs Wirtschaft und eine intakte Umwelt unerlässlich.<br />
<br />
Umweltschutz<br />
<br />
geht alle an. Die Vorteile von<br />
Erdgas sind unumstritten: Erdgas ist ein <br />
ökologisch verträglicher Brennstoff, der mit<br />
minimaler Feinstaub- und Rußbelastung <br />
sowie niedrigem Schwefelanteil punktet. <br />
Zudem ist <br />
Erdgas eine der effizientesten<br />
Energieformen, die es gibt.<br />
„Grüne Argumente“ für Unternehmen<br />
<br />
„Grüne Argumente“<br />
<br />
für Unternehmen<br />
<br />
Effizienter Energieeinsatz ist für Umwelt und<br />
Unternehmen besonders wichtig, weil sich <br />
jedes Prozent <br />
Wirkungsgradverbesserung<br />
unmittelbar <br />
finanziell bemerkbar macht.<br />
Erdgas ist <br />
im industriellen Einsatz kostengünstiger<br />
als vergleichbare Energieträger,<br />
<br />
<br />
ist eine der effizientesten Energien und stößt<br />
<br />
bei der Verbrennung kaum Schadstoffe aus.<br />
<br />
Diese Eigenschaften spielen für Unternehmen mit hohem Umweltfreundlicher Transport<br />
<br />
Energieeinsatz <br />
besonders seit Erlass des Emissionszertifikategesetzes<br />
<br />
eine wesentliche Rolle. Durch das <br />
Gesetz, nen darf sich Erdgas mit dem <br />
Etikett „umweltfreundlich“<br />
<br />
Doch nicht nur wegen der geringeren Feinstaubemissio-<br />
<br />
das für Großemittenten wie Kraftwerke, Stadtwerke <br />
und rühmen. Der Energieträger <br />
wird nämlich mehr oder<br />
Industrie Abgaben für deren Emissionen vorsieht, wird weniger „fix und fertig“ geliefert, und das von niemand <br />
verstärkter <br />
Erdgaseinsatz zu einem wirtschaftlich <br />
wirksamen<br />
Faktor. Erdgas schont somit nicht nur die Umwelt, <br />
nigungsprozess kommt die <br />
gasförmige Energie ganz<br />
Geringerem als der Natur. Nach einem einfachen Rei-<br />
<br />
sondern<br />
Ohne<br />
hilft auch<br />
Staub<br />
sparen.<br />
geht’s auch<br />
<br />
umweltfreundlich via Pipelines<br />
<br />
direkt<br />
<br />
zum Verbraucher.<br />
<br />
<br />
<br />
„Erdgas überzeugt mit seiner Ökobilanz“, unterstreicht<br />
Umweltfreundlicher Transport<br />
<br />
Ohne Staub geht’s auch<br />
Jesco von Kistowski, Geschäftsführer von EconGas,<br />
<br />
Weniger<br />
<br />
bekannt und daher noch mit großem Potenzial<br />
<br />
Österreichs<br />
<br />
größtem<br />
<br />
Erdgasversorger<br />
<br />
für Weiterverteiler<br />
<br />
versehen <br />
ist die Nutzung von Erdgas zur Verringerung und Businesskunden, die Umweltverträglichkeit <br />
von<br />
von Feinstaubemissionen. <br />
Im Gegensatz zu anderen Erdgas. Zusätzlich ist der optimale <br />
Energieeinsatz, gerade<br />
Brennstoffen <br />
sind Erdgasemissionen nahezu feinstaubfrei.<br />
So stößt <br />
ein Erdgasauto so gut wie keinen Feinstaub <br />
Kosten zu schonen. EconGas betreut dabei ihre Kunden<br />
<br />
<br />
im B2B-Bereich, ein wichtiger Faktor, um Umwelt und <br />
aus, nämlich rund 98 Prozent weniger als ein Dieselaggregat.<br />
Großes Reduktionspotenzial findet sich <br />
auch lichen Erdgaslieferung. Umfassende <br />
technische Unter-<br />
von den ersten Sondierungsgesprächen bis zur tatsäch- <br />
<br />
beim Heizen. Erdgas verbrennt im Gegensatz zu anderen stützung wird von der Konzeption bis hin zur Umsetzung<br />
<br />
Energieträgern fast rückstandsfrei. Laut österreichischem von Energieprojekten angeboten. Das EconGas Engineering<br />
Team plant Neuerrichtungen ebenso wie es den<br />
<br />
Umweltbundesamt sind mit Holz und Kohle betriebene<br />
Heizöfen beim Hausbrand die Hauptverursacher für Umstieg von anderen Energieträgern auf Erdgas in die<br />
Feinstaubemissionen. Holzheizungen erzeugen laut Hand nimmt. Die Experten helfen auch, wenn es um die<br />
Schweizer Bundesamt für Umwelt sogar hundert Mal Optimierung des Energieeinsatzes geht, mit dem Ziel,<br />
mehr Feinstaub als eine Erdgasheizung. Auch bei industriellen<br />
Erdgas-Feuerungsanlagen sieht es ähnlich aus: effiziente und umweltschonende Energienutzung erkostengünstige<br />
Gesamtlösungen zu schaffen, die eine<br />
Deren Abgase weisen nur einen Bruchteil der Stickoxid- möglichen.<br />
und Staubemissionen auf, die bei Verwendung anderer Weitere Informationen zu EconGas und den Vorteilen von<br />
Brennstoffe anfallen.<br />
Erdgas erhalten Sie unter www.econgas.com.<br />
MEV<br />
Oktober 09 43
Karrieren<br />
Text<br />
Ursula Horvath<br />
Bundeskanzleramt<br />
HBF 2009<br />
Büroleiterin wird Sektionsleiterin<br />
Angelika Flatz ist nun an forderster Front der Sektion Öffentlicher Dienst und Verwaltungsreform im<br />
Bundeskanzleramt tätig. Zuletzt leitete die Wienerin das Büro der Bundesministerin für Frauen und<br />
Öffentlichen Dienst im Bundeskanzleramt. „Doing more with less” lautet ihre Devise. „Unser Fokus liegt<br />
neben der Flexibilisierung und Weiterentwicklung des Dienstrechts auch auf den Bereichen der Aus- und<br />
Weiterbildung sowie der Personalentwicklung“, sagt Flatz. „Hier arbeiten wir gerade drei konkrete Effizienzprojekte<br />
aus.“<br />
Ihre Laufbahn begann die Juristin als Assistentin am Institut für Rechtswissenschaften an der TU Wien,<br />
war im Anschluss u.a. als Referentin für Grundsatzangelegenheiten der Frauenpolitik im ehemaligen<br />
Bundesministerium für Generation und soziale Sicherheit (1998 bis 2000) und als stellvertretende<br />
Leiterin der Abteilung Informationslogistik und Verwaltungsvereinfachung im Präsidium des Finanzministeriums<br />
(2002 bis 2004) tätig. Vor ihrem Eintritt in das Bundeskanzleramt leitete Flatz das Büro der<br />
Präsidentin des Nationalrates.<br />
Wissenschaftsministerium<br />
BMWF<br />
Sektionschef wird Generalsekretär<br />
Das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung (BMWF) hat einen Generalsekretär. Sektionschef<br />
Friedrich Faulhammer übernimmt diese Koordinierungsfunktion zusätzlich zu seinen bisherigen<br />
Agenden. Der studierte Jurist begann seine Karriere an der Universität Wien, seit 2005 leitet Faulhammer<br />
die Hochschulsektion im Wissenschaftsministerium und ist damit maßgeblich für die Ausgestaltung<br />
der Autonomie der Universitäten und die Leistungsvereinbarungen zwischen den Hochschulen und dem<br />
Bund verantwortlich.<br />
Dieser Schritt stellt lt. BMWF eine wichtige Vorbereitung für die kommenden Arbeiten im Hochschulbereich<br />
dar, die ab diesem Herbst auf der Agenda des Ministeriums stehen. Durch die Schaffung eines<br />
koordinierenden Generalsekretärs sollen nun die beiden Aufgabenfelder Wissenschaft und Forschung<br />
enger verschränkt werden. Der 47-jährige Generalsekretär gilt als einer der profundesten Fachleute des<br />
Bundesministeriums, in dem er bereits seit 1990 in verschiedenen Führungspositionen tätig ist.<br />
Landesregierung Tirol<br />
Verstärkung für die Öffentlichkeitsarbeit<br />
Christa Entstrasser-Müller ist seit 1. September 2009 als stellvertretende Leiterin der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit<br />
beim Land Tirol für den Fachbereich Medienservice und damit für die Pressearbeit der<br />
Regierungsmitglieder zuständig. „Als eine der größten Service-Einrichtungen dieser Art in Tirol soll die<br />
Abteilung Öffentlichkeitsarbeit des Amtes der Landesregierung in Sachen Professionalität, Kundenorientierung<br />
und Technologie Vorreiter sein“, sagt Entstrasser-Müller.<br />
Die Fotografen<br />
Europäische Kommission<br />
Generaldirektor bekommt Verstärkung<br />
Die Europäische Kommission hat Wolfgang Burtscher zum stellvertretenden Generaldirektor der Generaldirektion<br />
Forschung ernannt. Zu seinen Aufgaben gehören die Verwaltung von Personal- und Haushaltsmitteln,<br />
der interne Kontrollrahmen und die Koordinierung der Innenrevision. Außerdem ist er für<br />
die externe Auditpolitik und für die strategische Planung der Tätigkeiten der Generaldirektion zuständig.<br />
Der 49-jährige Österreicher ist derzeit als Direktor für Audit der Agrarausgaben in der Generaldirektion<br />
Landwirtschaft tätig.<br />
Staatsanwaltschaft Wien<br />
Frau an der Spitze<br />
Maria-Luise Nittel hat mit 1. August die Leitung der größten Anklagebehörde Österreichs übernommen.<br />
Als Leiterin der Staatsanwaltschaft Wien folgt sie Otto Schneider nach, der in den Ruhestand tritt. Nittel<br />
war zuletzt Vize-Chefin der Oberstaatsanwaltschaft Wien. Ihre juristische Karriere begann die Wienerin<br />
1983 als Richteramtsanwärterin. Bereits 1987 wurde Nittel Richterin am Wiener Strafbezirksgericht. Ein<br />
Jahr später wechselte sie zur Staatsanwaltschaft Wien. Ab 1998 war Nittel bei der Oberstaatsanwaltschaft<br />
beschäftigt, wo sie vor allem für Justizverwaltungsangelegenheiten zuständig war.<br />
44 Oktober 09
Karrieren<br />
Karriereinfos senden Sie bitte an<br />
karrieren@republik-online.at<br />
Vereinte Nationen<br />
Presseattaché im Sicherheitsrat<br />
Verena Nowotny ist Presseattaché Österreichs bei der ständigen Vertretung der Vereinten Nationen.<br />
Sie wurde für die beiden Jahre (2009/10) der österreichischen Mitgliedschaft in den VN-Sicherheitsrat<br />
nach New York entsandt. „Für Österreich ist diese Mitgliedschaft im Sicherheitsrat sehr bedeutend“,<br />
sagt Nowotny. „Sie ermöglicht uns, unser internationales Netzwerk weiter auszubauen und zu intensivieren,<br />
aber auch Österreich als Drehscheibe für Dialog und multilaterale Zusammenarbeit verstärkt zu<br />
positionieren.”<br />
Zuvor war Nowotny u.a. Journalistin bei den österreichischen Magazinen Profil, Cash Flow und News<br />
(1988 bis 1996), Pressesprecherin von Ex-Wirtschaftsminister Hannes Farnleiter (1996 bis 1998),<br />
außenpolitische Pressesprecherin von Altkanzler Wolfgang Schüssel (2001 bis 2006) und baute das<br />
China-Büro des Austria Wirtschaftsservice in Shanghai auf (2007 bis 2008). Im Jahr 2008 wurde die<br />
Kommunikationsexpertin außerdem mit dem Silbernen Ehrenzeichen für Verdienste um die <strong>Republik</strong><br />
Österreich ausgezeichnet.<br />
Bundesforste<br />
Neue Chefin für den Biosphärenpark Wienerwald<br />
Die 35-jährige Forstwirtin Alexandra Wieshaider übernahm mit 1. Oktober 2009 die Leitung des Biosphärenpark<br />
Wienerwald. Die gebürtige Niederösterreicherin begann im Jahr 1999 und damit nach<br />
Abschluss ihres Boku-Studiums ihre Karriere bei den Österreichischen Bundesforsten (ÖBf). Sie war u.a.<br />
für die Abwicklung zahlreicher Forschungskooperationen und Studien verantwortlich. Zusätzlich initiierte<br />
Wieshaider ein ÖBf-internes Projekt für Chancengleichheit, um den Frauenanteil (derzeit 15 Prozent) im<br />
Unternehmen zu steigern. Der Biosphärenpark Wienerwald umfasst etwa 105.000 Hektar, davon entfallen<br />
32 Prozent auf Flächen der Bundesforste. Die vielfältige Kulturlandschaft zählt zu einem wichtigen<br />
Lebensraum für heimische Tier- und Pf lanzenarten.<br />
Gerald Oitzinger, Wieshaiders Vorgänger im Biosphärenpark, leitet nun den Bundesforstebetrieb im<br />
Nationalpark Donau Auen. Er folgt damit Gottfried Pausch, der aus Altersgründen aus dem Unternehmen<br />
ausscheidet.<br />
Finanzministerium<br />
Kommunikationsexperte wird Sektionsleiter<br />
Mit 1. September 2009 wurde Gerhard Popp zum neuen Leiter der Sektion V – IT, Kommunikation<br />
und Öffentlichkeitsarbeit – im Bundesministerium für Finanzen ernannt. Zuletzt war der promovierte<br />
Jurist Leiter der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit sowie stellvertretender Leiter der Präsidialsektion im<br />
Lebensministerium. „Die Sektion V ist die IT-Servicestelle der <strong>Republik</strong> und seit Neuestem auch für die<br />
Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit des Ressorts zuständig – eine spannende Kombination“, freut<br />
sich Popp auf seine neue Aufgabe.<br />
ÖBf Archiv, Thomas Haring<br />
Ingrid Sontacchi<br />
Europäische Union<br />
Bildungsattaché in Brüssel<br />
Martin Pletersek ist Bildungsattaché an der Ständigen Vertretung Österreichs bei der Europäischen<br />
Union. Von Brüssel aus wird er das Unterrichtsministerium (BMUKK) unterstützen, die bildungspolitischen<br />
Interessen Österreichs bei den Verhandlungen auf EU-Ebene durchzusetzen. Der Bildungsattaché<br />
betreut österreichische Delegationen aus dem Bildungsbereich und ist Ansprechperson für<br />
Anfragen zu EU-Bildungsthemen. Pletersek studierte in Graz, Schottland und Frankreich. Seine Tätigkeit<br />
für das BMUKK begann 2006, während der österreichischen EU-Präsidentschaft.<br />
heikey productions<br />
Unterrichtsministerium<br />
Petra Spiola<br />
Büroleiter wird Generalsekretär<br />
Hanspeter Huber ist nun Generalsekretär des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur. Er<br />
wird weiterhin seine Funktion als Büroleiter der Bundesministerin, die er seit Jänner 2007 innehat, ausüben.<br />
Seine Position als Abteilungsleiter wird er für die Dauer seiner Tätigkeit als Generalsekretär ruhend<br />
stellen. Huber ist seit 1994 im Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur (bzw. den Vorläufer-<br />
Ressorts) in verschiedenen Funktionen im Bereich der internationalen Bildungs- und Kulturkooperationen<br />
tätig.<br />
Oktober 09 45
Service<br />
Finanzkontrolle im öffentlichen Bereich<br />
Ausbildung<br />
Die WU Executive Academy bietet in<br />
diesem Semester erneut den Einstieg in<br />
den Lehrgang „Public Auditing“ an, der<br />
sich dem Thema Finanz- und Wirtschaftlichkeitskontrolle<br />
im öffentlichen Bereich<br />
in seiner vollen Bandbreite widmet. Der<br />
Lehrgang wurde 2005 gemeinsam mit<br />
dem Rechnungshof erstmals ins Leben<br />
gerufen, um eine praxisorientierte Ausbildung<br />
auf universitärem Niveau für Prüfer<br />
in Rechnungshöfen, Kontrollämtern und<br />
Revisionseinrichtungen zu bieten.<br />
Mit dieser Weiterbildung sollen die<br />
Qualität, Wirksamkeit und Glaubwürdigkeit<br />
der Kontrolle erhöht werden – Punkte,<br />
die erforderlich sind, um öffentliche<br />
Mittel sparsam, wirtschaftlich und zweckmäßig<br />
einzusetzen. Zudem wird auf eine<br />
Auseinandersetzung mit internationalen<br />
Prüfungs- und Rechnungslegungsstandards<br />
(z.B. INTOSAI, IIA, Europäische<br />
Union) Wert gelegt.<br />
Insgesamt dauert die Ausbildung 18<br />
Monate. Die Teilnahmegebühr beträgt<br />
25.000 Euro (zahlbar in vier Teilbeträgen),<br />
ist jedoch steuerlich voll absetzbar, was<br />
einer Kostenersparnis von 50 Prozent entspricht.<br />
Der Jahrgang 2009 startete bereits<br />
Mitte Oktober 2009, Interessenten haben<br />
aber noch bis 31.10. die Chance einzusteigen.<br />
i n f o<br />
Professional MBA „Public Auditing“<br />
Veranstalter: WU Executive Academy<br />
(in Kooperation mit dem Rechnungshof)<br />
www.executiveacademy.at/pmba_pa<br />
Einstieg bis 31.10.2009 möglich<br />
Nachhaltige Architektur<br />
Bernd Vogl/BMFLUW<br />
Staatspreis<br />
Um sowohl architektonisch wertvolle<br />
als auch energieeffiziente Bauprojekte<br />
öffentlichkeitswirksam vor den Vorhang<br />
Das Gemeindezentrum Ludesch<br />
gehörte zu den Staatspreisträgern 2006.<br />
zu stellen, schreibt das Lebensministerium<br />
zum zweiten Mal den Staatspreis für<br />
„Architektur und Nachhaltigkeit“ aus.<br />
Dieses Wettrennen soll Bauschaffende in<br />
den kommenden Jahren zu weiteren Innovationen<br />
anspornen. In den drei Kategorien<br />
„Neubau“, „Sanierung“ und „Export:<br />
realisierte Projekte im Ausland“ werden<br />
zeitgemäße architektonische Leistungen,<br />
die über das geforderte Mindestmaß hinausgehen,<br />
honoriert. Objekte, die von<br />
2004 bis zum Herbst 2009 errichtet oder<br />
saniert wurden, können eingereicht werden.<br />
Zulässig sind alle Gebäudetypen und<br />
Nutzungsarten. Die Einreichfrist endet am<br />
4. Dezember 2009.<br />
Preisträger des ersten Staatspreises<br />
für „Architektur und Nachhaltigkeit“ im<br />
Jahr 2006 war u.a. das Gemeindezentrum<br />
Ludesch in Vorarlberg, das nicht nur den<br />
Passivhaus-Standard erreicht, sondern<br />
auch alle Qualitätskriterien eines klimaaktiven<br />
Hauses erfüllt.<br />
i n f o<br />
Staatspreis 2010 für Architektur<br />
und Nachhaltigkeit<br />
Einreichstelle: Österreichische Gesellschaft für<br />
Umwelt und Technik – ÖGUT<br />
www.staatspreis.klimaaktiv.at<br />
Einreichungen bis 2.12.2009 möglich<br />
Zurechtfinden im EU-Dschungel<br />
Seminar<br />
Innerhalb der Europäischen Union<br />
gibt es mittlerweile eine enorme Masse<br />
an Datenbanken und gerade für Städte<br />
wichtigen Netzwerken, bei der man leicht<br />
den Überblick verlieren kann. Damit dies<br />
nicht passiert, bietet das KDZ – Zentrum<br />
für Verwaltungsforschung am 11. und 12.<br />
November 2009 das Seminar „Europa findet<br />
Stadt“ in Salzburg an.<br />
Die Teilnehmer erhalten darüber hinaus<br />
praktische Tipps für die Antragstellung<br />
für EU-Projekte. Das Seminar richtet<br />
sich an Bürgermeister, Amtsleiter, Leiter<br />
der Finanzverwaltungen, EU-Verantwortliche<br />
aus mittleren bis großen Städten und<br />
Mitarbeiter der Bezirksverwaltungsbehörden.<br />
Als Vortragende wurden u.a. Bernhard<br />
Kühr, Datenbankexperte der Europäischen<br />
Kommission, und Christian Salletmaier,<br />
Leiter der Abteilung für Regionalentwicklung<br />
und EU-Regionalpolitik des Landes<br />
Salzburg, verpflichtet.<br />
i n f o<br />
Weitere KDZ-Seminare:<br />
„Verwaltungskosten senken –<br />
Ansätze für die Praxis“<br />
24.11.2009 / Linz<br />
„Wenn die Mitarbeiter in die Jahre kommen –<br />
Neue Aufgaben und Herausforderungen<br />
für die Führung“<br />
24. + 25.11.2009 / St. Pölten<br />
„Wissensstädte und Wissensregionen – Was sie<br />
ausmacht und wie sie effizient umgesetzt werden“<br />
26. + 27.11.2009 / Wien<br />
www.kdz.or.at<br />
46 Oktober 09
Foto<br />
Photos.com<br />
Service<br />
Recht<br />
Vorsicht, Korruptionsgefahr!<br />
Am 1. September 2009 trat in Österreich eine Novelle des<br />
Antikorruptionsstrafrechts in Kraft. REPUBLIK fasst die wichtigsten<br />
Änderungen zusammen.<br />
Amtsträger und Abgeordnete<br />
Amtsträger sind lt. § 74 (Abs. 1) Personen,<br />
die für „den Bund, ein Bundesland,<br />
einen Gemeindeverband, eine Gemeinde,<br />
für einen Sozialversicherungsträger oder<br />
deren Hauptverband, für einen anderen<br />
Staat oder für eine internationale Organisation“<br />
Aufgaben wahrnehmen. Darunter<br />
fallen also vom Polizisten über den Magistratsbeamten<br />
bis hin zum Minister und<br />
EU-Beamten alle in der Verwaltung tätigen<br />
Personen. Neu ist, dass auch Abgeordnete<br />
zu so genannten verfassungsmäßigen<br />
Vertretungskörpern – also Nationalrat,<br />
Bundesrat, Landtag, Gemeinderat – vom<br />
Gesetz erfasst werden. Sie werden zwar<br />
nicht unter dem Begriff Amtsträger subsumiert,<br />
machen sich aber dann strafbar,<br />
wenn sie ihre festgelegten Pflichten lt.<br />
Geschäftsordnung für Vorteile verletzten.<br />
Dies wäre beispielsweise dann der Fall,<br />
wenn Abgeordnete gegen Bezahlung vertrauliche<br />
Informationen aus einem Untersuchungsausschuss<br />
an Dritte weitergeben.<br />
Staatsnahe Unternehmen<br />
Für Mitarbeiter staatsnaher Unternehmen<br />
wurden die Bestimmungen gelockert.<br />
Sie sind nur noch dann betroffen, wenn<br />
die jeweilige Firma überwiegend Leistungen<br />
für den Betrieb des Staates erbringt.<br />
Zu diesen zählen nach gängiger Meinung<br />
jene, die reine Infrastrukturleistungen an<br />
den Staat erbringen, wie zum Beispiel die<br />
Bundesimmobiliengesellschaft oder die<br />
Bundesbeschaffungsagentur. Ausgenommen<br />
sind hingegen Unternehmen, die<br />
überwiegend am freien Markt agieren, wie<br />
beispielsweise ÖBB, Asfinag und Post.<br />
Hier kommen die deutlich sanfteren Antikorruptionsregeln<br />
der Privatwirtschaft<br />
zur Anwendung.<br />
Vorteilsannahme<br />
Amtsträger können belangt werden,<br />
wenn sie für die Anbahnung eines pflichtwidrigen,<br />
künftigen Amtsgeschäftes einen<br />
Vorteil fordern oder annehmen. Strafbar<br />
ist weiterhin auch die Annahme von Vorteilen<br />
für eine pflichtgemäße Amtshandlung.<br />
Allerdings gilt hier nun das Dienstrecht<br />
des jeweiligen Amtsträgers als Messlatte<br />
für den Strafrichter. Verbietet daher<br />
zum Beispiel ein Dienstrecht jegliche<br />
Annahme eines Vorteils für ein Amtsgeschäft<br />
im Nachhinein, so ist es auch strafrechtlich<br />
verboten, einen Blumenstrauß<br />
anzunehmen. Das Dienstrecht der Richter<br />
besagt beispielsweise, dass diese gar<br />
keine Geschenke annehmen dürfen. Der<br />
Amtsträger darf einen Vorteil in diesem<br />
Zusammenhang allerdings fordern, wenn<br />
ihm dies eine derartige Vorschrift oder<br />
eine dienstrechtliche Genehmigung ausdrücklich<br />
erlaubt.<br />
Anfüttern<br />
Diese Passage wurde entschärft: Als<br />
Anfüttern gilt gemeinhin die Gewährung<br />
von Geschenken, um Beamte oder Politiker<br />
bei guter Laune zu halten. Dies war bisher<br />
immer dann strafbar, wenn die Vorteile<br />
dem jeweiligen Amtsträger „in Hinblick<br />
auf seine Amtsführung“ gewährt wurden.<br />
Seit 1.9.2009 ist das Anfüttern nur noch<br />
dann strafbar, wenn von vornherein klar<br />
ist, dass als Gegenleistung ein pflichtwidriges<br />
Amtsgeschäft verlangt wird. Leistet<br />
etwa ein Bauunternehmer Zuwendungen<br />
jeglicher Art an eine Gemeinde oder an<br />
einen bestimmten Politiker, ohne dass<br />
eine unerlaubte Anbahnung eines Amtsgeschäftes<br />
im Raum steht, so bleibt diese<br />
Handlung straffrei.<br />
Oktober 09 47
Service<br />
Networking<br />
Ideen für eine<br />
innovative Verwaltung<br />
Seit 10 Jahren besteht das „Führungsforum innovative Verwaltung“<br />
(FIV), das sich als Impulsgeber zur Lösung aktueller Verwaltungsprobleme<br />
versteht. Präsidentin Heidrun Strohmeyer zieht im<br />
REPUBLIK-Interview Bilanz.<br />
Heidrun Strohmeyer, FIV<br />
„Der Austausch<br />
mit anderen Führungskräften<br />
trägt<br />
zur Qualitätsentwicklung<br />
in der<br />
Verwaltung bei.“<br />
Willibald Haslinger<br />
Was macht das Führungsforum?<br />
Es handelt sich um ein starkes, unabhängiges<br />
und überparteiliches Netzwerk<br />
von Führungskräften aus der Bundes- und<br />
Landesverwaltung. Wir wollen Innovationen<br />
in der Verwaltung vorantreiben, wichtige<br />
Impulse zur Lösung aktueller Probleme<br />
der Verwaltung geben. Das FIV versteht<br />
sich als Wissenscenter und Plattform für<br />
Erfahrungs- und Informationsaustausch<br />
und betont die gemeinsamen Anliegen<br />
von Führungskräften im öffentlichen Sektor.<br />
Wir beziehen Position, beteiligen uns<br />
aktiv und sachbezogen am öffentlichen<br />
Diskurs zur Verwaltungsreform. Unsere<br />
Stärke besteht in gebündelten Kompetenzen<br />
und der Vernetzung über die Grenzen<br />
der Gebietskörperschaften hinaus.<br />
Worin liegen die Schwerpunkte des<br />
FIV?<br />
In unseren Themenforen werden aktuelle<br />
Fragen, wie z.B. die Auswirkung der<br />
Finanzkrise auf die öffentlichen Haushalte,<br />
aufgegriffen und diskutiert. Die Auseinandersetzung<br />
und der Austausch mit<br />
anderen Spitzenführungskräften tragen<br />
zur Qualitätsentwicklung in der Verwaltung<br />
bei. Oft wird bei unseren Treffen der<br />
Grundstein für gemeinsame Initiativen<br />
gelegt. Wichtig ist es uns auch, die Leistungen<br />
und das Image der Verwaltung in<br />
der Öffentlichkeit positiv zu kommunizieren.<br />
Das FIV feiert 2009 sein zehnjähriges<br />
Bestehen. Welche Vision haben Sie für<br />
das Jahr 2019?<br />
Ich wünsche mir, dass das FIV durch<br />
seine Kompetenz und sein Engagement<br />
etwas in der österreichischen Verwaltung<br />
bewegt, zum Beispiel, dass unsere<br />
Projekte als Best-practice-Modelle breite<br />
Wirkung erzielen und die Verwaltung mit<br />
ihrer Expertise zur erfolgreichen Umsetzung<br />
großer Reformvorhaben beiträgt.<br />
Durch ihre Leistungen ist die österreichische<br />
Verwaltung zum internationalen<br />
Vorbild geworden. Zudem sollen die Bürgerinnen<br />
und Bürger im Jahr 2019 nicht<br />
nur zufriedene Kunden, sondern im Sinne<br />
von Good Governance auch aktiv an der<br />
Entwicklung des Gemeinwesens beteiligt<br />
sein.<br />
Welche Aktivitäten stehen heuer noch<br />
am Programm?<br />
Am 28. Oktober veranstalten wir mit<br />
der für den öffentlichen Dienst zuständigen<br />
Bundesministerin Gabriele Heinisch-<br />
Hosek ein Themenforum. Im Dezember ist<br />
eine Veranstaltung zum aktuellen Thema<br />
Reform der Schulverwaltung eingeplant<br />
und im Jänner 2010 erwarten wir internationale<br />
Gäste von der OECD, die über die<br />
aktuellen verwaltungsrelevanten Benchmarks<br />
sprechen werden.<br />
Im Herbst wird auch wieder eine Ausgabe<br />
unserer Zeitschrift VerwaltungInnovativ<br />
erscheinen. In Kooperation mit der<br />
Wiener Zeitung halten wir so vierteljährlich<br />
ein interessiertes Fachpublikum über<br />
innovative Projekte und aktuelle Entwicklung<br />
auf dem Laufenden.<br />
Wer ist eingeladen, Mitglied im FIV<br />
zu werden?<br />
Als Mitglieder sind Führungskräfte<br />
der Bundes- und Landesverwaltung<br />
eingeladen. Das heißt unsere Mitglieder<br />
gehören in der Regel der Sektionsleiter-,<br />
Gruppenleiter- und Abteilungsleiterebene<br />
an oder üben vergleichbare Funktionen<br />
aus. Für Partner aus der Wirtschaft besteht<br />
die Möglichkeit der fördernden Mitgliedschaft.<br />
Junge, engagierte Führungskräfte<br />
in spe können auf Empfehlung ebenfalls<br />
an den Themenforen teilnehmen.<br />
48 Oktober 09
Text<br />
Regina Preloznik<br />
Illustration<br />
Antonia Stanek<br />
Service<br />
Präsentationstipps<br />
Blick, Haltung und Gestik<br />
Warum kommt der eine bei der Presse oder auf der Bühne fantastisch<br />
an, aber der andere nicht? Wer hat sich diese Frage noch nicht gestellt?<br />
REPUBLIK gibt Tipps und Tricks zum Sprechen vor Publikum, die sich<br />
sofort in der Praxis anwenden lassen.<br />
Der Blick<br />
Der Blick sollte niemals zur Decke<br />
gehen oder auf den Boden gerichtet sein.<br />
Ersteres wirkt flehend und hilfesuchend,<br />
Letzteres wird vom Publikum gerne mit<br />
Verlegenheit verbunden. Der Blick sollte<br />
zudem nicht hektisch über das Publikum<br />
schweifen, sondern sekundenlange Stationen<br />
bei einzelnen Personen machen.<br />
Vorteil: Durch echten Blickkontakt hat<br />
man die Chance, in den Gesichtern der<br />
Zuhörer zu lesen. So hat man die Möglichkeit,<br />
rechtzeitig Zustimmung, Zweifel<br />
oder gar Ablehnung zu erkennen, und<br />
kann gegebenenfalls eine Kurskorrektur<br />
durchführen.<br />
So funktioniert es in der Praxis: Zuerst<br />
fixiert man eine Person und spricht zwei<br />
Sätze in deren Richtung. Die Dauer beträgt<br />
ca. fünf Sekunden. Danach sucht man sich<br />
den nächsten Gesprächspartner. Eine Hilfestellung<br />
bietet die „M-T-Methode“: Man<br />
projiziert ein „M“ über das Publikum und<br />
sucht sich die 5 Eckpunkte des M für die<br />
ersten 5 Personen, dann folgen die Eckpunkte<br />
eines großen T. So deckt man optimal<br />
den ganzen Saal mit Blicken ab und<br />
wird nicht zum gefürchteten „Nur-links-“<br />
oder „Nur-rechts-Redner“.<br />
Die Haltung<br />
Eine zu lockere Haltung im Sitzen ist<br />
zu vermeiden. Besser ist eine aufrechte,<br />
vorgeneigte Haltung. Das signalisiert Interesse<br />
und Achtung des Gegenübers. Außerdem<br />
sollte man nicht im Sessel versinken<br />
oder die Arme verschränken, sondern die<br />
Hände auf die Tischfläche legen. Nicht<br />
sichtbare Hände erregen Misstrauen. Stifte,<br />
die nur zum Herumspielen dienen oder<br />
stark glänzen, lenken ab. Sind die Beine<br />
zu sehen, sollte weiteren Fettnäpfchen<br />
vorgebeugt werden: Weiße Socken, ungeputzte<br />
Schuhe oder nervöses Wackeln der<br />
Beine kommen beim Publikum nämlich<br />
meist nicht gut an.<br />
Perfekt: Mit einer aufrechten Haltung signalisiert man<br />
Interesse und Achtung.<br />
Im Stehen ist es wichtig, einen festen<br />
Standpunkt einzunehmen: Beide Beine<br />
sind gleich belastet und stehen hüftbreit<br />
auseinander. Das Gewicht liegt auf der<br />
vollen Sohle – nicht nur auf der Ferse<br />
oder nur auf den Zehen. Die Arme lässt<br />
man seitlich frei hängen oder locker ineinander<br />
liegen – allerdings unbedingt oberhalb<br />
des Gürtels, da sonst eine so genannte<br />
„Fußballerhaltung“ (man schützt, was<br />
man in dieser Situation nicht zu schützen<br />
braucht) oder „Sträflingshaltung“ (Arme<br />
sind am Rücken verschränkt) eingenommen<br />
wird.<br />
Gestik<br />
Eine ungewollte Gestik fasziniert das<br />
Publikum deutlich mehr, als das gesprochene<br />
Wort: Nur wer sich selbst bewegt,<br />
kann auch andere bewegen. Das kann sich<br />
sowohl positiv als auch negativ auswirken.<br />
Zum Beispiel der Typ „Oberlehrer“:<br />
Mit erhobenem Zeigefinger bedroht er von<br />
oben herab. Oder das „Brille-rauf-Brillerunter-Spiel“:<br />
Nach dem dritten, vierten<br />
Mal macht das Mitzählen der Bewegung<br />
viel mehr Spaß, als einfach nur zuzuhören.<br />
Weiters der „Falte-die-Hände-vorder-Brust“-Typ:<br />
So kommt man instinktiv<br />
dem frommen Wunsch nach, den argusäugigen<br />
Betrachter gnädig zu stimmen.<br />
So nicht: Mit erhobenem Zeigefinger das Publikum<br />
bedrohen, kommt nicht gut an.<br />
Fa c t b ox<br />
Sympathisch und interessant<br />
präsentieren<br />
Ein Tag mit vielen Tipps für den persönlichen<br />
Stil, die schnelle Vorbereitung und die einfache<br />
Struktur.<br />
Termin: 25. November 2009, 9-16 Uhr, Wunschtermine<br />
möglich.<br />
Teilnahmegebühr für <strong>Republik</strong>leser: 390 Euro<br />
zzgl. 20% MwSt.<br />
Anmeldung unter info@media-trainer.at<br />
Regina Preloznik<br />
Media-Trainer GmbH<br />
Einzel- und Gruppentrainings für<br />
Präsentation und Medienauftritte.<br />
Wasagasse 24/26, 1090 Wien<br />
T (0664) 210 73 39<br />
www.media-trainer.at<br />
Oktober 09 49
Privat<br />
Text<br />
Stefan Grampelhuber<br />
Foto<br />
BMLFUW<br />
„Bei Schokolade muss<br />
ich diszipliniert sein“<br />
REPUBLIK bittet die politischen Top-Entscheidungsträger des Landes<br />
zum etwas anderen Wordrap. Dieses Mal spricht Lebensminister Nikolaus<br />
Berlakovich über dynamische Prozesse in der Bundespolitik, Schokolade<br />
als Beruhigungsmittel und das neue Buch von Wolfgang Schüssel.<br />
Gibt es etwas, wovon Sie nie genug<br />
bekommen können?<br />
Schokolade in jeder Form. Ich muss<br />
sehr diszipliniert sein, damit der Wunsch<br />
danach nicht überhand nimmt. Aber sie<br />
beruhigt mich ungemein.<br />
S t e c k b r i e f<br />
Nikolaus Berlakovich<br />
Nikolaus Berlakovich wurde am 4. Juni<br />
1961 in Eisenstadt geboren. Mit 24 Jahren<br />
schloss er sein Studium an der Universität<br />
für Bodenkultur in Wien (Fachrichtung<br />
Landwirtschaft, Pf lanzenproduktion) mit dem<br />
akademischen Titel Diplomingenieur ab.<br />
Seine politische Karriere startete<br />
Berlakovich 1987 als Gemeinderat und<br />
Vizebürgermeister in Großwarasdorf<br />
(Bgld.). Von 1991 bis 2005 war er<br />
Abgeordneter zum Burgenländischen<br />
Landtag, im VP-Landtagsklub fungierte<br />
er von 2002 bis 2005 als Klubobmann.<br />
2005 übernahm der heute 48-Jährige<br />
nach Rücktritt von Langzeit-Agrarlandesrat<br />
Paul Rittsteuer dessen Ressort.<br />
Seit 2. Dezember 2008 ist der<br />
Burgenland-Kroate, der innerhalb<br />
des VP-Bündnissystems dem<br />
Bauernbund zuzurechnen ist, Mitglied<br />
der Bundesregierung unter Kanzler<br />
Werner Faymann und hat als direkter<br />
Nachfolger des jetzigen Vizekanzlers<br />
Josef Pröll dessen früheres Ressort<br />
(Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und<br />
Wasserwirtschaft) übernommen.<br />
Berlakovich ist mit einer Ärztin verheiratet,<br />
hat zwei Kinder und lebt mit seiner Familie<br />
im burgenländischen Nebersdorf.<br />
Auf welches Ereignis freuen Sie sich<br />
gerade?<br />
Auf die Welt-Klimakonferenz in<br />
Kopenhagen im Dezember, obwohl das<br />
noch ein steiniger Weg bis dorthin ist. Ab<br />
darin sehe ich eine wichtige Herausforderung<br />
für die Weltgemeinschaft, einen Konsens<br />
zu finden und sich in der existenziellen<br />
Frage des Klimaschutzes zu Zielen<br />
und Vorgehensweisen zu bekennen.<br />
Wie haben Sie den Umstieg von der<br />
Landes- auf die Bundespolitik empfunden?<br />
In der Bundespolitik ist man mit einem<br />
x-fach dynamischeren Tempo als auf Landesebene<br />
konfrontiert. Diese Arbeit hat<br />
eine faszinierende Seite, weil man viel<br />
Verantwortung hat, aber auch viel möglich<br />
machen kann.<br />
Was empfinden Sie als den größten<br />
Luxus in Ihrem Leben?<br />
Zeitungen in ihrer vollen Bandbreite<br />
zu lesen. Derzeit kann ich mich aus<br />
Zeitgründen nur auf den politischen Teil<br />
konzentrieren, andere Bereiche wie Sport<br />
oder Kultur gehen sich leider oft nicht<br />
aus.<br />
Zu welchen Anlässen sind Sie telefonisch<br />
nicht erreichbar?<br />
Beim Sport. Ich spiele leidenschaftlich<br />
gerne Fußball und bin Fan des SV Mattersburg,<br />
fahre außerdem Rad und laufe Ski.<br />
Die unkomplizierte Variante, Sport zu<br />
betreiben, ist für mich momentan, laufen<br />
zu gehen. Für weitere sportliche Aktivitäten<br />
bleibt mir leider wenig Zeit.<br />
Welches Buch liegt auf Ihrem Nachtkästchen?<br />
Das neue Buch von Wolfgang Schüssel,<br />
Offengelegt, möchte ich sobald als<br />
möglich lesen.<br />
Gibt es eine Entscheidung, die Sie gerne<br />
ungeschehen machen würden?<br />
Nein. Ich bin Optimist und lebe nach<br />
dem Motto: Jeder Tag ist eine neue Chance.<br />
Was ist Ihrer Meinung nach die tollste<br />
Erfindung der Menschheit?<br />
Die Fähigkeit, über den eigenen Schatten<br />
zu springen, aufeinander zuzugehen<br />
und Kompromisse zu schließen. Egoismus<br />
hat die Menschheit schließlich noch<br />
nie weitergebracht.<br />
Was ist der größte Irrtum der meisten<br />
Österreicher?<br />
Viele Österreicher stellen ihr Licht<br />
unter den Scheffel und sehen sich selbst<br />
kleiner als sie tatsächlich sind. Diese Einstellung<br />
ist bei der Fülle an Ideen und Leistungen,<br />
die unser Land tagtäglich hervorbringt,<br />
eigentlich genau der falsche Weg.<br />
50 Oktober 09
Gesagt heißt nicht immer richtig gehört,<br />
Konrad Lorenz<br />
gehört heißt nicht immer richtig verstanden.<br />
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Botschaften treffsicher und effektiv vermitteln können. Wir entwickeln eine fundierte Strategie,<br />
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