volksmund2_titel allein - gabriela neeb. fotografie
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AXEL BERG<br />
BUNDESTAGSABGEORDNETER<br />
Ja, wann denn bitte schön? In München<br />
muss ich doch selbst allabendlich bella<br />
figura bei Podiumsdiskussionen, Versammlungen<br />
oder Jubiläen machen und<br />
aufpassen, dass meine Volksreden nicht<br />
zur Realsatire werden. Über die Hälfte<br />
meiner Zeit sause ich durch Berlin,<br />
Deutschland und den Rest der Welt, um<br />
gut Wetter für München zu machen.<br />
Und dabei habe ich nicht mal einen<br />
Souffleur. Immerhin – zu meiner Exkulpation<br />
– war ich nicht nur lange im Vorstand<br />
des Kulturforums der Sozialdemokratie.<br />
Nein, ich bin auch Gründungsvorsitzender<br />
des Freundeskreises des<br />
Metropoltheaters in Freimann, das auch<br />
Volkstheater-Fans reinlässt, falls hier<br />
mal spielfrei ist. Doch im Metropol werden<br />
Sie mich auch kaum in der Vorstellung<br />
treffen. Ich muss doch meine<br />
Chance nutzen. Wer weiß, wie lange<br />
meine Abgeordnetenphase geht. Jetzt ist<br />
für mich die Zeit zu kämpfen und etwas<br />
zu bewegen. In meiner nächsten<br />
Lebensphase will ich dann wieder mehr<br />
ins Theater gehen. Und warum eigentlich<br />
nicht ins Volkstheater?<br />
HARRIET KÖHLER<br />
SCHRIFTSTELLERIN<br />
Es muss Sommer gegeben haben, die<br />
heißer als der WM-Sommer waren.<br />
Aber keiner von ihnen fühlte sich heißer<br />
an. Ich weiß noch, wie klebrig sich<br />
die Hitze über den Königsplatz ergoss.<br />
Wie die Schwüle über der Brienner<br />
Straße stand. Und wie kühl mich von<br />
dort der Volksgarten empfing, die grüne<br />
Luft, eine schattige Hand. Ich weiß<br />
noch, wie ich in einen der Liegestühle<br />
Gerhard Meir<br />
16 volksmund 2 · warum gehen sie nicht ins volkstheater<br />
sank und erst nach einem kalten Bier<br />
in der Lage war, der Vorberichterstattung<br />
auf der Leinwand zu folgen.<br />
Ich weiß noch, dass ich die größere<br />
Hälfte des riesigen Burgers zurückgehen<br />
lassen musste, als das Spiel begann und<br />
die wachsende Nervosität meinen<br />
Speichel metallisch schmecken ließ. Ich<br />
weiß noch, dass ich hin und wieder den<br />
Blick über die Liegestuhllandschaft<br />
schweifen ließ und Menschen sah, die<br />
allen Ernstes ins Volkstheater eilten,<br />
um den „Brandner Kaspar“ zu sehen.<br />
Dass ich den Kopf schüttelte und dann<br />
wieder zur Leinwand sah, wo es doch<br />
gerade existenziell wurde, wo sich<br />
schon wieder ein Schicksal entschied,<br />
wo Sein und Nichtsein nur eine<br />
Torchance weit auseinander lagen. Kein<br />
einziges Mal habe ich daran gedacht,<br />
dem Theater-Publikum zu folgen. Ich<br />
habe mich nicht einmal um einen Blick<br />
ins Programmheft bemüht. Ich weiß<br />
nur, dass ich mich an kaum ein Ergebnis<br />
dieser WM erinnern kann – und man<br />
den „Brandner Kaspar“ in dieser Saison<br />
immer noch spielt.<br />
RICK KAVANIAN<br />
COMEDIAN<br />
Ich gehe nicht ins Volktheater. Immer<br />
wenn ich ins Volkstheater möchte, komme<br />
ich zu früh, und um die verbleibende<br />
Zeit zu überbrücken, installiere ich<br />
mich im Volksgarten. Von dort komme<br />
ich nicht mehr los, weil dann das legendäre<br />
Essen mein Leben bestimmt und<br />
zwar immer so lange, bis die Vorstellung<br />
drüben beendet ist. Der einzige Weg<br />
also für mich, ins Volkstheater zu kommen<br />
wäre, meinen Tisch vom Volksgarten<br />
auf die Bühne des Volkstheaters zu<br />
Axel Berg<br />
stellen – gewissermaßen als kleines Requisit<br />
zur laufenden Aufführung. Kann<br />
ja wohl nicht sooooo schwer sein. Mahlzeit!<br />
SYBILLE BECKENBAUER<br />
EX-KAISERIN<br />
Ich kenne die Oper, das Deutsche<br />
Theater, das Theater am Gärtnerplatz,<br />
das Prinzregenten-Theater und die<br />
Komödie. Das Volkstheater kenne ich<br />
nicht. Woran das liegt, weiß ich auch<br />
nicht, wahrscheinlich daran, dass<br />
ich noch nie etwas vom Volkstheater<br />
gelesen habe. Jetzt habe ich immerhin<br />
gehört, dass es das Volkstheater gibt.<br />
Dann, glaube ich, werde ich auch mal<br />
hingehen.<br />
GERHARD MEIR<br />
STARFRISEUR<br />
Da muss ich gleich ein mea culpa einschieben:<br />
Ich habe die letzten 18 Jahre<br />
von Freitagabend bis Mittwoch in<br />
Hamburg verbracht und hatte daher<br />
keine Berührung mit dem Volkstheater.<br />
In Hamburg war ich sehr viel im<br />
Theater, auch in kleinen Bühnen und<br />
Experimentiertheatern. Mir geht es<br />
nicht um dieses blasierte Dahin- und<br />
Dorthingehen wegen Zadek oder Neuenfels,<br />
mich interessiert, was das Ensemble<br />
macht. Im Laden mache ich praktisch<br />
dasselbe: Meine Kunden sind die<br />
Zuschauer, ich bin Regisseur und<br />
Intendanz, die Mitarbeiter sind die<br />
Darsteller. Ich gebe Empfehlungen,<br />
manchmal bin ich auch Kartenbettler –<br />
in Salzburg zum Beispiel habe ich inzwischen<br />
einen sehr guten Zugang<br />
zu den Generalproben. Das Vitamin B<br />
geht über die Schere. Ans Theater<br />
angedockt haben mich Anneliese Friedmann,<br />
die Frau des Gründers der<br />
Abendzeitung, und Charlotte Kerr, die<br />
Frau von Friedrich Dürrenmatt. Das<br />
war ganz am Anfang meiner Karriere.<br />
Mein erstes Theaterstück war „Lulu“<br />
mit Cornelia Froboess, 1977 in den<br />
Kammerspielen. Früher habe ich auch<br />
gerne im Volkstheater gesessen, aber<br />
das ist Jahrzehnte her. Ich mag Volksbühnen<br />
gerne. Ich bin gebürtiger<br />
Schlierseeer, da gibt’s diese traditionellen<br />
Volksbühnen auch. Eigentlich habe<br />
ich Lust, so etwas wieder zu erleben.<br />
Die Mundart, das echte Bayerische.<br />
Wenn ihr ein gutes Programm habt,<br />
bin ich sofort dabei.<br />
PROTOKOLLE: FELIX ZELTNER, KILIAN ENGELS; ILLUSTRATION: BERND RODENHAUSEN