volksmund2_titel allein - gabriela neeb. fotografie
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BARBARA ROMANER > ALIBI IM OHR<br />
Ich lief nach Hause, durch Augsburg, im<br />
Ohr „Alibi“ von David Gray. Das ist ein<br />
Klangteppich, du läufst durch eine unglaublich<br />
schöne Landschaft aus Musik.<br />
Ich ging extra einen Umweg nach Hause,<br />
um es länger zu hören. Plötzlich glaubte<br />
ich in einem Hauseingang zwei Schatten<br />
zu erkennen, die sich auf eine komische<br />
Weise umarmten. Ich ging näher hin und<br />
sah einen Mann, der einer Frau die Hand<br />
auf den Mund presste und sie an sich<br />
zog. Die Frau wehrte sich, aber er war<br />
stärker. In meinem Ohr entlud sich gerade<br />
bombastisch der Refrain:<br />
Where d'it all go wrong/<br />
My Friday night enfant/<br />
Where d'it all go wrong/<br />
My Friday night enfant<br />
LEBENSECHT<br />
Notlandung im Kartoffelsalat und Hühnerattacke bei Oma:<br />
Die sechs neuen Ensemblemitglieder erzählen.<br />
Bis heute weiß ich nicht warum, aber ich<br />
ging tatsächlich hin zu den beiden, wie<br />
von der Musik gesteuert, nahm eine<br />
Hand des Mannes und drehte sie ihm auf<br />
den Rücken. Es war ein Griff, den ich<br />
vom Aikido kannte, aber ich hätte nie<br />
gedacht, dass ich ihn anwenden kann.<br />
Der Mann wehrte sich nicht, und so standen<br />
wir da, Sekundenbruchteile, ganz<br />
starr und sahen uns an, die Frau und ich,<br />
dazwischen der Mann. Dann prügelte sie<br />
los, trat ihn und zischte: „Das geschieht<br />
dir Recht, du Schwein!“ Ich hielt den<br />
Mann immer noch fest, war wie in<br />
Trance. Plötzlich ließ die Frau von ihm<br />
ab und rannte um die Ecke. Ich stieß den<br />
Mann weg und rannte hinterher, ohne<br />
nachzudenken. Ich rannte wie um mein<br />
FOTOS: GABRIELA NEEB<br />
Leben, zu „Alibi“. Ich verlor die Frau aus<br />
den Augen, rannte immer weiter und<br />
weiter um irgendwelche Ecken, bis ich<br />
völlig erschöpft zusammensank. Da saß<br />
ich nun, an die Mauer gelehnt, schnaufend,<br />
mit aufgerissenen Augen und<br />
konnte nicht glauben, dass ich<br />
wahrscheinlich gerade einen Überfall<br />
oder Schlimmeres verhindert hatte. Ich<br />
fühlte mich wie ein Held. David Gray<br />
sang in mein Ohr, und ich weiß nicht,<br />
wie lange ich da saß, als plötzlich jemand<br />
an meine Schulter fasste. Ich zuckte zusammen<br />
und schrie auf, doch dann sah<br />
ich das besorgte Gesicht eines Freundes<br />
vor mir. Er packte mich aufs Fahrrad und<br />
fuhr mich nach Hause, mit Musik im<br />
Ohr: Tonight I'm running wild...