volksmund2_titel allein - gabriela neeb. fotografie
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e ich mich bis heute. Oft stellte ich mir<br />
die Frage, was uns die Glocken noch bedeuten,<br />
die uns zur Osternacht rufen.<br />
Kann man Engel oder gar Gott auf der<br />
Bühne darstellen? Wie ein großes Monster<br />
beherrschte Maria die Szenerie, und<br />
unter ihrem Rock hauste Mephisto. Dorn<br />
hatte an meinem bis dahin sehr naiven<br />
Bild des Katholizismus gerührt.<br />
Nun aber mein erstes Passionsspiel.<br />
Die eigentliche und größte Auseinandersetzung<br />
mit meiner katholischen<br />
Prägung begann. Bewacht von einem<br />
katholischen Professor, den Kardinal<br />
Wetter mir zur Seite stellte, bewacht<br />
von unserem damaligen Pfarrer, einem<br />
heutigen Weihbischof, bewacht von der<br />
Gruppierung um den Altspielleiter, die<br />
jegliche Veränderung am traditionellen<br />
Spiel verhindern wollte, machte ich<br />
mich im Jahr 1987 an die Textbearbeitung.<br />
Die größte Herausforderung sah<br />
ich darin, das Spiel von allen antisemitischen<br />
Tendenzen zu reinigen. Zwei jüdische<br />
Organisationen aus Amerika hatten<br />
dies seit den sechziger Jahren immer<br />
wieder gefordert. Nun konnte ich mit<br />
dem Begriff, den mir mein Großvater<br />
nicht wirklich erklären wollte, umgehen.<br />
Plötzlich sah ich mich von katholischen,<br />
evangelischen und jüdischen<br />
Theologen umringt. Schmerzlich erfuhr<br />
ich in dieser Zeit, wie ein Glauben an<br />
die „una sancta ecclesia“, an die eine,<br />
heilige Kirche es verhindern kann, mit<br />
den anderen Religionen in einen Dialog<br />
zu treten. Ich musste erkennen, dass die<br />
uralte Tradition der Passionsspiele auch<br />
wirklich was erleben.<br />
eine genauso alte Tradition der Verurteilung<br />
nach sich zog, die in dem Satz gipfelte:<br />
Die bösen Juden haben unseren<br />
(christlichen) Gott gemordet.<br />
ISRAEL 1989<br />
SPURENSUCHE<br />
In dieser Zeit reiste ich das erste Mal mit<br />
einer Gruppe von Theologen und Darstellern<br />
nach Israel. Auf der Spurensuche<br />
nach Jesus, den wir uns auf der Bühne<br />
darzustellen vorgenommen hatten, erfuhren<br />
wir, wie sehr jener Jude war, wie<br />
stark eingebettet in ein jüdisches Umfeld<br />
er lebte und agierte. Nie ging er sonntags<br />
in eine Kirche. Er hatte weder eine Erstkommunion<br />
noch firmte ihn ein Bischof.<br />
Er wusste von solchen Bräuchen nicht<br />
einmal – es gab sie ja noch nicht. Er vielmehr<br />
ging am Sabbat in die Synagoge,<br />
wurde nach seiner Geburt beschnitten<br />
und hatte mit zwölf Jahren, wie jeder<br />
jüdische Junge, seine Bar Mitzvah. Als er<br />
mit 33 Jahren ans Kreuz genagelt wurde,<br />
betete er wie viele in Not geratene Juden<br />
den 22. Psalm. Sein Abendmahl war keine<br />
Vorabendmesse – er feierte mit seinen<br />
Freunden ein Passahmahl.<br />
Damals fragten wir uns, ob Jesus<br />
die Gründung einer katholischen Kirche,<br />
die ihn verehrt, überhaupt wollte. Fragen<br />
über Fragen. Viele unserer Erfahrungen<br />
flossen damals in die Darstellung der<br />
Geschichte mit ein. Nach dieser Zeit war<br />
ich plötzlich ein Katholik, der sich seiner<br />
jüdischen Wurzeln sehr bewusst war, ich<br />
wusste, dass ich unsere katholische Geschichte<br />
nur verstehen kann, wenn ich<br />
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im Alten Testament auf Spurensuche<br />
gehe. Bis heute lässt mich diese Suche<br />
nicht los.<br />
2000 BIS HEUTE<br />
DIE PASSION GEHT WEITER<br />
Im Sommer 2005 inszenierte ich mit<br />
vielen Ammergauern die Geschichte des<br />
großen jüdischen Königs David. In diesem<br />
Sommer agierten über fünfhundert<br />
Darsteller, Sänger und Musiker in meiner<br />
Inszenierung von Stefan Zweigs<br />
„Jeremias“ auf der Bühne des Passionstheaters.<br />
In vielen Sätzen des alttestamentarischen<br />
Propheten, den der Jesus-<br />
Darsteller von 2000, Martin Norz, spielte,<br />
hörten wir Worte, wie wir sie auch<br />
aus dem neuen Testament kennen. Immer<br />
mehr verbinden sich die großen<br />
Erzählungen der Bibel und ergeben ein<br />
Ganzes. Eine Spurensuche, die sich wirklich<br />
rentiert hat.<br />
2010 werde ich wieder die<br />
Passionsspiele machen und weitersuchen.<br />
Im nächsten Sommer werden erneut<br />
die Kinder Jerusalems ihre Schafe<br />
über die Passionsbühne treiben und Jeremias<br />
vor dem Untergang warnen. Und<br />
ein weiteres Mal werden Peter Simonischek<br />
und ich in Salzburg versuchen,<br />
den letzten Dingen des Lebens auf die<br />
Spur zu kommen. Vielleicht findet die<br />
aber nur der „Brandner Kaspar“ im<br />
Volkstheater... Irgendwie bin ich eben<br />
doch der Fachmann fürs Katholische.<br />
Christian Stückl eröffnet mit Schillers<br />
„Don Karlos“ die Spielzeit 2007/08.<br />
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