31.10.2014 Aufrufe

Mitteilungen 01/11 [PDF 9 MB] - Tiroler Fischereiverband

Mitteilungen 01/11 [PDF 9 MB] - Tiroler Fischereiverband

Mitteilungen 01/11 [PDF 9 MB] - Tiroler Fischereiverband

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

DIE RENKE<br />

RVon Kurt de Swaaf<br />

enken bleiben lieber unter sich<br />

Entgegen allen Erwartungen kommen in<br />

österreichischen Seen noch heimische Renken<br />

vor, die sich nicht mit importierten Fischen<br />

kreuzten. Sie sind noch zu retten, sagen<br />

Zoologen.<br />

Zu sehen bekommt man sie nur selten.<br />

Meistens verstecken sich die silberglänzenden<br />

Geschöpfe in der Tiefe,<br />

weit weg vom Ufer, im offenen Wasser<br />

kalter, klarer Seen. Dort kreuzen sie in<br />

Schwärmen umher und suchen Futter.<br />

Ihre Leibspeise: Kleinkrebse und Insektenlarven.<br />

Die Rede ist von Renken,<br />

Angehörigen der zoologischen Gattung<br />

Coregonus. Am weitesten verbreitet<br />

sind sie heutzutage in Skandinavien<br />

und Nordrussland. In Österreich<br />

findet man sie in diversen größeren<br />

Seen. Die Vorfahren dieser Alpen-Coregonen<br />

müssen ursprünglich als Wanderfische<br />

vom Norden durch den Ur-<br />

Rhein in den Süden gelangt sein, sagte<br />

Steven Weiss vom Zoologischen Institut<br />

der Universität Graz im Gespräch<br />

mit dem STANDARD. Über zeitweilige<br />

Wasserverbindungen konnten die Renken<br />

sogar ins Donausystem vordringen,<br />

sagt Weiss. Vom Aussehen her<br />

wirken die Tiere nicht spektakulär, dafür<br />

schmecken sie umso besser. Für die<br />

Berufssfischer an Mondsee, Wörthersee<br />

und Co ist der Renkenfang einer<br />

der wichtigsten Einnahmequellen.<br />

Auch die berühmten Bodensee-Blaufelchen<br />

gehören zu den Coregonen.<br />

Unter Wissenschaftern sind Renken<br />

und ihre Verwandten allerdings eher<br />

berüchtigt. Die Fische lassen sich bis<br />

heute nicht eindeutig klassifizieren.<br />

Zu vielfältig sind ihre Erscheinungsformen,<br />

je nachdem, welchen Lebensraum<br />

sie bewohnen. Da gibt es die Großen<br />

Bodenrenken und die Kleinen<br />

Schweberenken, die Felchen und die<br />

Maränen. Nicht selten findet man<br />

gleich mehrere Formen in ein und<br />

demselben See. Weiss hat, zusammen<br />

mit Josef Wanzenböck vom Limnologischen<br />

Institut Mondsee und weitere<br />

Kollegen, die genetische Vielfalt der<br />

österreichischen Coregonen genauer<br />

analysiert. Die Forschungsarbeiten<br />

wurden vom Wissenschaftsfonds FWF<br />

finanziell unterstützt. Der Hintergrund<br />

des Projekts: In vielen Seen haben Fischer<br />

und Fischereibehörden immer<br />

wieder Besatzmaßnahmen mit ortsfremden<br />

Tieren durchgeführt. Es handelte<br />

sich dabei um sogenannte Maränen<br />

- Zuchtfische, die allesamt von<br />

einer polnischen Coregonus-Population<br />

abstammen. Schon seit dem 19.<br />

Jahrhundert nutzen Teichwirte fast<br />

ausschließlich diesen Stamm. Fachleute<br />

gingen bislang davon aus, dass<br />

die ursprünglichen Renken in Österreich<br />

praktisch ausgestorben seien. Sie<br />

hätten sich längst mit den Maränen<br />

vermischt, die Populationen bestünden<br />

dementsprechend nur noch aus<br />

Hybriden. Ein Irrtum. Mancherorts ist<br />

anscheinend tatsächlich eine fast<br />

durchgängige Hybridisierung eingetreten,<br />

aber gleichzeitig konnte Steven<br />

Weiss' Team in mehreren Gewässern<br />

wie z. B. dem Wolfgangsee eine deutliche<br />

genetische Trennung zwischen alteingesessenen<br />

Renken und importierten<br />

Maränen nachweisen (vgl. Molecular<br />

Ecology, Bd. 20, S. 456). Die beiden<br />

Formen leben dort fast nebeneinander<br />

her, Kreuzungen sind eher selten.<br />

Verschiedene Paarungszeiten<br />

Die Ursache für diesen eingeschränkten<br />

Genfluss liegt wahrscheinlich im<br />

unterschiedlichen Fortpflanzungsverhalten.<br />

Im Mondsee laichen die heimischen<br />

Coregonen im Januar. Die<br />

eingesetzten Maränen dagegen gehen<br />

bereits im Dezember zur Paarung und<br />

Eiablage über. Noch anders machen es<br />

die Renken aus dem Hallstätter See:<br />

Sie wandern zum Laichen in einen<br />

Zufluss, die Koppentraun, und bleiben<br />

so unter sich.<br />

Eine kleine wissenschaftliche Sensation<br />

brachte die Untersuchung für den<br />

Klopeinersee in Kärnten ans Licht.<br />

Hier leben Coregonen, deren genetischer<br />

Fingerabdruck sich sehr stark<br />

von allen anderen in Österreich lebenden<br />

Renken unterscheidet. Besatzmaßnahmen<br />

wurden am Klopeinersee<br />

offenbar nie durchgeführt. Die Fische<br />

müssen also einheimisch sein - und<br />

das, obwohl Forscher bisher glaubten,<br />

das natürliche Verbreitungsgebiet der<br />

Gattung Coregonus sei auf die Alpennordseite<br />

begrenzt. Diese und weitere<br />

ursprüngliche Populationen sind<br />

noch zu retten, betont Steven Weiss.<br />

Man muss sie aber dringend von den<br />

Maränen abschirmen, denn je länger<br />

beide Formen gemeinsam ein Gewässer<br />

bewohnen, desto größer die Gefahr<br />

der Hybridisierung. (Kurt de<br />

Swaaf/DER STANDARD, Printausgabe,<br />

23.02.2<strong>01</strong>1)<br />

Abstract<br />

Molecular Ecology: Hybridization<br />

and restricted gene flow between native<br />

and introduced stocks of Alpine<br />

whitefish (Coregonus sp.) across<br />

multiple environments<br />

20<br />

TFV-<strong>Mitteilungen</strong> Nr. 1/2<strong>01</strong>1

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!