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Dorfblatt Juli 2005.indd - Gemeinde Mildenau

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22 Chronik<br />

<strong>Dorfblatt</strong> Arnsfeld & <strong>Mildenau</strong> 07 2005<br />

Das alte Dorfzentrum 1940 mit Kirche (nach rechts)<br />

Klöppelschule, Mähdanelgut und Barthschenke.<br />

Wenige Wochen nach dem Luftangriff auf<br />

<strong>Mildenau</strong> war am 8. Mai 1945 der Krieg endlich<br />

zu Ende. Es gab keinen Angst und Schrecken<br />

verbreitenden, keinen die Nachtruhe<br />

störenden Fliegeralarm mehr. Vorüber auch<br />

die in den letzten Kriegswochen verstärkt zugenommenen<br />

Tieffliegerattacken. Vorbei auch<br />

die Angst von uns damals Jüngeren, noch in<br />

den Krieg ziehen zu müssen. Vorbei endlich<br />

die seit Kriegsbeginn (1.9.1939) bestandene<br />

Verdunklungspflicht. War nicht gerade eine<br />

der sehr häufigen Stromsperren, war wieder<br />

Licht in den Wohnungen zu sehen, verbreiteten<br />

die Straßenlaternen ihren Lichtschein.<br />

Nach rund 5 ½ Jahren ein ungewohnter, gewöhnungsbedürftiger<br />

Anblick. Erste Soldaten<br />

kehrten zu ihren Familien zurück.<br />

Es geht nicht darum nostalgische Gefühle<br />

zu wecken, aber für uns Heutige ist es<br />

sicherlich hilfreich sich daran zu erinnern,<br />

unter welchen Bedingungen in den Kriegs-,<br />

vor allem aber in den Nachkriegsjahren<br />

gelebt, unter welchen Entbehrungen das<br />

zerstörte Land aufgebaut werden mußte.<br />

Verfehlt wäre es, von einer nach Kriegsende<br />

begonnenen Normalisierung des Lebens<br />

zu sprechen. Viel Ungewohntes, Neues<br />

mußte verarbeitet werden, wobei die nachfolgenden<br />

Aufzählungen nur ein unvollständiger<br />

Aufriß sein können: Es existierte eine<br />

gewisse Angst vor der Besatzungsmacht,<br />

vor den fremden Soldaten; neue Ge- und<br />

Verbote waren zu beachten; Schlagbäume,<br />

so z.B. an der Straße nach Mauersberg<br />

und nächtliche Ausgehverbote grenzten<br />

die persönliche Freiheit ein; Flüchtlinge, die<br />

ihre alte Heimat in Ostpreußen, Pommern,<br />

Schlesien, Sudetenland verlassen mußten,<br />

suchten auch in <strong>Mildenau</strong> eine Bleibe, eine<br />

neue Heimat; Betriebe, wie z.B. ab Juni<br />

1945 beide Plattenthaler Papierfabriken<br />

wurden für Reparationsleistungen demontiert;<br />

am 26. Oktober 1945 wurde auf Befehl<br />

Chronik<br />

Zerstörung und Wiederaufbau der Kirche (Fortsetzung)<br />

der sowjetischen<br />

Militäradministration<br />

das zum Schloß<br />

Hohenwendel gehörendeErblehngericht<br />

im Rahmen<br />

der Bodenreform<br />

enteignet und auf<br />

vier Neubauern<br />

aufgeteilt (lt. im<br />

<strong>Gemeinde</strong>archiv<br />

vorhandener Unterlagen<br />

wollten die<br />

damaligen Ortsverantwortlichen<br />

das<br />

Erblehngericht als<br />

gemeindeeigenes<br />

Gut erhalten – dieses<br />

Vorhaben wurde aber abgelehnt); um<br />

im Winter eine halbwegs warme Stube zu<br />

gewährleisten, mußten in harter Knochenarbeit<br />

im Wald Stöcke gerodet werden;<br />

mehrmals erfolgten Geldent- bzw. abwertungen.<br />

Das größte Problem aber war der<br />

Hunger. Mit fortgeschrittener Kriegsdauer<br />

wurden die Rationen auf den Lebensmittelkarten<br />

drastisch reduziert. Von Kriegsbeginn<br />

an begleiteten uns diese Lebensmittelkarten,<br />

in der DDR schließlich bis<br />

Mai 1958. Dazu kamen Punktkarten für<br />

Textilien, Bezugsscheine für Schuhwerk,<br />

Kohlenkarten, Tabakkarten für Männer und<br />

Frauen ab 18 Jahren.<br />

Die ausgebrannte Kirche von der Westseite (Februar 1945)<br />

Mit Kriegsende brach die Versorgung vorübergehend<br />

völlig zusammen, denn tagelang<br />

blieben die einschlägigen Geschäfte geschlossen.<br />

Erst allmählich begann die Belieferung<br />

der Geschäfte und damit verbunden<br />

eine äußerst strenge Rationierung der Lebensmittel.<br />

Auf dem Dorf konnte bis zu einem<br />

gewissen Grad die schlimmste Not mit<br />

Gemüse- und Kartoffelanbau etwas gemildert<br />

werden, trotzdem bleibt es ein Geheimnis der<br />

damaligen Hausfrauen, wie sie ihren Familien<br />

immer etwas Eßbares vorsetzen konnten.<br />

Das damals mit am häufigsten gebrauchte<br />

Wort lautete „Ersatz“. Der alte Fußballplatz auf<br />

dem Heßfeld wurde umgeackert und in kleine<br />

Parzellen aufgeteilt. Dort konnten eine Anzahl<br />

Das Dorfzentrum wenige Tage nach dem Luftangriff mit ausgebrannter Kirche, Klöppelschule,<br />

Mähdanelgut und Barthschenke. Im Vordergrund das abgebrannte Bergtoffelgut.

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