Dorfblatt Juli 2005.indd - Gemeinde Mildenau
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<strong>Dorfblatt</strong> Arnsfeld & <strong>Mildenau</strong> 07 2005 Chronik<br />
23<br />
Dorfbewohner etwas Gemüse und Kartoffeln<br />
anbauen. Wieviel schlechter aber erging es<br />
der Stadtbevölkerung. So kamen immer wieder<br />
Städter in unser großes Bauerndorf und<br />
versuchten Lebensmittel einzutauschen.<br />
Aber trotz aller Probleme, trotz aller Schwierigkeiten:<br />
Ein gesunder Optimismus vieler, vieler<br />
Das ausgebrannte Kirchenschiff – Blick zur Südseite<br />
Die aus der alten Wallfahrtskirche stammenden Figuren und Flügelaltartafeln<br />
(die Bildtafel befindet sich im Erzgebirgsmuseum Annaberg)<br />
Das Kirchenschiff 1935 (die Altarseite)<br />
Dorfbewohner bewahrte uns vor einer gefährlichen<br />
Resignation. Die Freude an einem Leben<br />
ohne Krieg überwog und motivierte. So wurde<br />
bereits ab Sommer 1945 wieder Fußball gekickt,<br />
wobei als Trainings- und Spielplatz uns für<br />
eine gewisse Zeit der Fußballplatz in Wiesenbad<br />
zur Verfügung stand. Ab Herbst 1945 wurden<br />
auf den Sälen der Gasthöfe Nieder- und<br />
Obermildenau wieder Tanzveranstaltungen<br />
abgehalten.<br />
Ab 1946 begannen Jugendliche<br />
mit regelmäßigen<br />
Theaterveranstaltungen in<br />
der Turnhalle. Jedesmal war<br />
die Turnhalle mit Besuchern<br />
überfüllt. Alle bekannten späteren<br />
Aufbauergebnisse bzw.<br />
-leistungen sind schließlich<br />
ein Beweis für einen gewissen<br />
Enthusiasmus, mit dem<br />
die schwere Nachkriegszeit<br />
bewältigt wurde.<br />
Mit dem Luftangriff wurde unser<br />
altes und geliebtes Dorfzentrum<br />
für immer zerstört.<br />
Die weit in die erzgebirgische<br />
Heimat hinein zu sehende<br />
Kirche, im Volksmund liebevoll<br />
„Sparrgusch“ genannt, war<br />
eine Ruine. Der Boden von<br />
Kirchenschiff und Turm mit<br />
Brandschutt bedeckt, denn die<br />
gesamte Inneneinrichtung war<br />
den Flammen zum Opfer gefallen.<br />
Nur rauchgeschwärzte<br />
Mauern waren stumme Zeugen<br />
der Katastrophe und erinnerten<br />
an Schillers Lied von<br />
der Glocke, wo es heißt: „In<br />
den öden Fensterhöhlen wohnt das Grauen,<br />
und des Himmels Wolken schauen hoch<br />
hinein.“<br />
Mit Emporen, Gestühl waren auch die Orgel,<br />
der gesamte Notenfundus der Kantorei,<br />
die aus der alten Wallfahrtskirche stammenden,<br />
um Fünfzehnhundert entstandenen Figuren<br />
und die 2,25 m hohen Tafeln eines<br />
großen Flügelaltarwerkes, ebenfalls aus<br />
der Wallfahrtskirche, verbrannt und für immer<br />
zerstört. Im Feuersturm zersprang die<br />
im Glockenturm verbliebene große Glocke,<br />
1860 gegossen und 1861 geweiht (Einzelheiten<br />
dazu sind in der Broschüre „Die <strong>Mildenau</strong>er<br />
Glockengeschichte“ nachzulesen).<br />
Die alte Altarbibel enthält folgenden Eintrag<br />
von Pfarrer Eichler: „In der Schreckensnacht<br />
vom 14./15. Februar 1945 entriß ich,<br />
der Pfarrer der <strong>Gemeinde</strong> <strong>Mildenau</strong>, diese<br />
Bibel samt Crucificus wie Altarteppich und<br />
Pultbehang – gestickt von der Pfarrfrau<br />
– der höllischen Glut. Christoph Johannes<br />
Bernhard Eichler.“<br />
Der Gefahr nicht achtend rettete Pfarrer<br />
Eichler aus der brennenden Kirche Altarbibel<br />
und Altarkruzifix, beides aus dem 17.<br />
Jahrhundert stammend, dazu aber auch<br />
die vier Altarleuchter, gefertigt aus Zöblitzer<br />
Serpentin und aus Anlaß der 50-Jahr-Feier<br />
der Kirche 1889 angeschafft.<br />
Viele Kirchenglieder, viele <strong>Mildenau</strong>er fragten<br />
sich damals: was wird aus unserer zerstörten<br />
Kirche.<br />
(Fortsetzung folgt)<br />
Die alte Altarbibel mit dem vom Pfarrer Eichler<br />
erfolgten Eintrag