seitenbühne Nr. 27 - Staatsoper Hannover
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proszenium<br />
Kindheitstraum(a)?<br />
Ich bin in Görlitz aufgewachsen. Eigentlich in dem kleinen Musiktheater der Stadt. Meine<br />
Mutter war Tänzerin und mein Vater Tänzer. Und oft kam es vor, dass sie mich mit ins Theater<br />
genommen haben. Im Gegensatz zu heute waren wir viele »Theaterkinder«. Unsere Eltern<br />
waren Musiker, Sänger, Ankleider, Maskenbildner, Schneider oder Bühnenarbeiter. Wir<br />
haben in der Kantine gespielt, gemeinsam in den Proben gesessen, sind heimlich durchs<br />
Kulissenhaus gestromert oder haben in der Maske meinem Onkel beim Schminken zugeschaut.<br />
Zu den schönsten Momenten zählte für mich, wenn ich im Zuschauerraum saß, mir<br />
eine Vorstellung ansah und meine Eltern mir von der Bühne zuzwinkerten. Den größten<br />
Einfluss aber hatte mein Großvater auf mich. Er war Maskenbildner an der Oper in Sofia. In<br />
den Schulferien, wenn ich ihn besuchte, waren wir oft in seiner Maske. Unter seinen Händen<br />
verwandelten sich Sänger in Rigoletto, Boris Godunov, Falstaff oder Otello. Für mich hat<br />
sich nie die Frage gestellt, etwas anderes zu machen. Ich bin Maskenbildner geworden,<br />
habe das große Glück, den Beruf auszuüben, den ich immer wollte, der mir Spaß macht.<br />
Freude an der Arbeit ist für mich im Theaterbetrieb unverzichtbar! Die Bandbreite von dem,<br />
was wir Maskenbildner machen, ist wahnsinnig vielfältig. Gewissermaßen fungieren wir<br />
Maskenbildner als Schnittstelle, die Handwerk und Kunst miteinander verbindet. Dadurch,<br />
dass immer wieder neue Anforderungen gefragt sind, muss man immer weiterlernen, immer<br />
weiterdenken, sollte nicht stehen bleiben.<br />
Eine der größten Herausforderungen an der <strong>Staatsoper</strong> <strong>Hannover</strong> waren meine ersten Jahre<br />
als Chefmaskenbildner. Die Verantwortung für zehn Kolleginnen zu tragen und meine eigene<br />
Motivation an sie weiter zu geben – das geht nur, wenn es ehrliche Motivation ist.<br />
Viele sagen, es brauche einen gewissen Idealismus, wenn man am Theater arbeitet. Ich<br />
möchte noch einen Schritt weiter gehen: Idealismus ist in meinen Augen etwas »so Gewolltes«,<br />
es hat etwas von »etwas Hochhalten«; was die Arbeit am Theater aber wirklich<br />
braucht, ist Leidenschaft für das, was man tut! Denn Leidenschaft ist das »was da ist«, was<br />
selbstverständlich ist. Und genau das sollte die Arbeit – im besten Falle in jedem Beruf –<br />
sein: selbstverständlich! Diese Leidenschaft bei der Arbeit auch an junge Leute weiterzugeben<br />
ist mir wichtig und sehe ich als eine meiner Aufgaben von »(Chef-)Azubi zu Azubi«.<br />
Unsere Begeisterung für das Theater, die wir Kinder bereits von klein auf im Theater zu<br />
spüren bekommen haben, hat uns ganz bestimmt geprägt, immerhin sind fast alle von uns<br />
später auch beruflich am Theater gelandet. Dem schönsten Arbeitsplatz, den man sich vorstellen<br />
kann.<br />
Ich wünsche Ihnen und uns ein bewegtes Jahr 2012, ohne Stillstand und mit viel Spaß!<br />
Ihr<br />
Stefan Jankov<br />
Chefmaskenbildner