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Die Kriegszeiten des Obererzgebirges - Streifzüge durch die ...

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Max Grohmann: Das Obererzgebirge und seine Städte in Sage und Geschichte. Annaberg 1903<br />

o. Wie General Wrangel nach Schlettau kommt.<br />

Am 23. Februar 1646 lief der Waffenstillstand zwischen Kursachsen und den<br />

Schweden zu Ende. Da kam G e n e r a l W r a n g e l mit 20 Regimentern über den<br />

Preßnitzer Paß und hatte das Hauptlager in S c h l e t t a u bezogen. Der linke Flügel<br />

lag im Felde und im Grunde bei den Teichen. Da standen viele Oberste zu Roß und<br />

Fuß bei einem frischen Brünnlein, zogen ihre silbernen und vergoldeten Becher heraus,<br />

schöpften Wasser, löschten den Durst auf das Annaberger Bier. Sie lobten dabei<br />

das gute, gesunde Wasser viel höher als Bier. Der Brunnen heißt der süße Kühl- und<br />

Löschbrunnen.<br />

An der Straße, <strong>die</strong> von Schlettau nach Scheibenberg führt, stand früher ein altes,<br />

stark verwittertes Steinkreuz. Dasselbe soll <strong>die</strong> Stelle bezeichnen, an welcher im Dreißigjährigen<br />

Kriege ein schwedischer Offizier begraben wurde.<br />

Nach Dr. Köhler.<br />

p. Wie <strong>die</strong> Bewohner <strong>des</strong> Gebirges als Flüchtlinge leben.<br />

Im Jahre 1620 waren 250 Menschen in einem Stollen am Wolfssteine bei C r a n ­<br />

z a h l verborgen. <strong>Die</strong> Wohnungen, <strong>die</strong> man während <strong>des</strong> Krieges in den Wäldern aufschlug,<br />

konnten nur ganz dürftige sein und boten daher wenig Schutz gegen <strong>die</strong><br />

Witterung. Häufig benutzte man auch gleich natürliche Tannenzelte, wie man sie von<br />

ästereichen oder ineinander verwachsenen Bäumen gebildet fand. Wenn nun ein<br />

Sturmwind kam mit Sausen und Brausen und mächtige Stämme rings um <strong>die</strong><br />

Geflüchteten zu Boden geschlagen wurden, da mußten <strong>die</strong> Flüchtigen jeden Augenblick<br />

darauf gefaßt sein, von den stürzenden Bäumen zerschmettert zu werden. Am<br />

14. Oktober 1630 wütete ein furchtbarer Sturm. Da erwies der gütige Gott seinen allgewaltigen<br />

Schutz an flüchtigen Gebirgern. 21 Personen hatten ihre Hütten unter<br />

eine dicke Tanne gebaut. Sie fielen unter dem Heulen <strong>des</strong> Sturmes auf ihre Knie und<br />

beteten. Um 9 Uhr warf der Wind eine zweiklafterige Tanne auf ihr Obdach. <strong>Die</strong>se<br />

blieb aber eine Elle hoch über ihrer Hütte am Baume lehnen, und <strong>die</strong> andächtigen<br />

Flüchtlinge kamen alle mit dem Leben davon.<br />

Das Elend der in <strong>die</strong> Wälder Geflüchteten war, wenn größere feindliche Scharen ihren<br />

Aufenthalt ausgespürt hatten, überaus schrecklich. Im Walde wurden Betstunden<br />

und Predigten von den Priestern gehalten, auf Baumstümpfen <strong>die</strong> unter so traurigen<br />

Umständen geborenen Kinder getauft; sogar Eheschließungen fanden statt. 1639 ist<br />

am 8. April im Walde bei C r a n z a h l , wo sich auch Wölfe und Bären so mehrten,<br />

daß sie in Rudeln von 10 bis 20 den Soldaten nachliefen, um <strong>die</strong> Überreste vom geschlachteten<br />

Vieh zu verschlingen, in <strong>die</strong>ser rauhen Jahreszeit ein Kind getauft<br />

worden. Ähnliches wird auch von andern Gegenden berichtet. Als <strong>die</strong> Bewohner von<br />

R a b e n a u in <strong>die</strong> nahen Waldungen flüchteten, hielten sie auch Gottes<strong>die</strong>nste im<br />

Freien ab. Es heißt der Felsen, von dem herab <strong>die</strong> Pfarrer predigten, noch jetzt der<br />

P r e d i g t s t u h l oder <strong>die</strong> Kanzel. Im Gebirge hörte alle Gerechtigkeit, Andacht auf,<br />

und aller Gottes<strong>die</strong>nst verfiel. In S c h e i b e n b e r g ist in 10 Wochen keine Beichte<br />

gewesen. Auch sind wenig Predigten verrichtet worden wegen der Unsicherheit vor<br />

den Feinden. Alles Volk hatte sich verlaufen.<br />

Ebenso wurde für <strong>die</strong> leiblichen Bedürfnisse gesorgt, so gut es ging. Wie als Taufsteine,<br />

so mußten <strong>die</strong> Baumstöcke auch als Verkaufstische für Fleischer und Brotträger<br />

<strong>die</strong>nen. Der Markt mit den Nahrungsmitteln fand also im Walde statt.<br />

Der Scheibenberger Pfarrer C h r . L e h m a n n erzählt sehr eingehend von den<br />

Drangsalen <strong>des</strong> Krieges. Er sagt unter anderem: „Ich habe mit meinen Augen gesehen,<br />

daß im Jahre 1640, da <strong>die</strong> Schweden <strong>die</strong> G o t t e s g a b e r W ä l d e r<br />

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