Butzbacher Seniorenzeitung - Seniorenbeirat Butzbach
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Die moderne Degerfeldsiedlung mit den neuen Mehrfamilienhäusern<br />
in der Mozartstraße, Höhe Händelweg; rechts<br />
und links im Hintergrund erkennbar sind bereits die nächsten<br />
im Bau befindlichen Häuserblocks in der Haydnstraße. Aufnahme:<br />
Wolf Keutmann, um 1968/69 (Stadtarchiv <strong>Butzbach</strong>,<br />
Bildarchiv)<br />
Mauer jährlich Hunderttausende von DDR-Bürgern<br />
nach West-Deutschland und suchen eine Bleibe.<br />
Auch im Raum <strong>Butzbach</strong> werden ständig neue sog.<br />
„Republikflüchtlinge“ aufgenommen. Daher sind in<br />
den Neubauten des sozialen Wohnungsbaues stets<br />
Wohnungen für Angehörige der Industriebetriebe –<br />
vornehmlich der Pintsch Bamag – und für Neu-Bürger<br />
aus der Ostzone ausgewiesen.<br />
Aber das Bauland wird allmählich knapp, weshalb das<br />
Gebiet nördlich des Ebersgönser Weges – jenseits<br />
der US-Zivilsiedlung – seit 1956 in die Bauplanung<br />
einbezogen ist. Dies markiert den Anfang der Degerfeldsiedlung.<br />
Unmittelbar nach ihrer Gründung im November 1955<br />
legt die <strong><strong>Butzbach</strong>er</strong> Wohnungsgesellschaft (BWG) –<br />
ein Zusammenschluss der Stadt <strong>Butzbach</strong> mit der<br />
Nassauischen Heimstätte –im oberen Ebersgönser<br />
Weg mit einem großen Wohnblock den Grundstein für<br />
das neue Stadtviertel „Degerfeld“. Er ist Teil eines ehrgeizigen<br />
Projekts der frisch gebackenen Gesellschaft,<br />
die 156 Wohneinheiten in dem neuen Baugebiet erstellen<br />
will. Doch dies ist nur der Anfang, viele weitere<br />
Wohnungen sollen in den nächsten Jahren folgen.<br />
Die ersten Häuser entstehen praktisch im freien Feld.<br />
Sie sind über lange Zeit nur auf Behelfswegen zu<br />
erreichen – lästig für ihre Bewohner und hinderlich<br />
in der Bauphase, beispielsweise bei der Anlieferung<br />
von Baumaterial. Aber in der schweren Zeit hat der<br />
Hausbau Priorität, alles andere muss warten! Bis in<br />
die 1960er Jahre hinein wird ein Wohnblock nach dem<br />
anderen hochgemauert. Anders als zu Beginn wird<br />
jetzt die komplette Infrastruktur – neben Wasser- und<br />
Stromversorgung sowie Kanalisation auch der Straßenausbau<br />
mit Bürgersteigen und Beleuchtung – zeitgleich<br />
bewerkstelligt. So entstehen innerhalb kurzer<br />
Zeit etliche neue Straßen: Die Hauptverkehrsader<br />
des Wohngebietes bleibt der Ebersgönser Weg, nach<br />
und nach werden die Binnen-Straßen ausgewiesen.<br />
Vorgesehen ist ein Straßenviertel mit Dichter-Namen,<br />
wovon 1962 der Eichendorff-Weg als erstes fertig<br />
gestellt ist.<br />
Mit den Häuserblöcken in der Mozartstraße erschließt<br />
die BWG ein weiteres Baugebiet, auch hier gehen die<br />
Arbeiten rasch voran: Im Frühjahr 1962 sind bereits<br />
drei der großen Mehrfamilienhäuser bewohnt, ein<br />
viertes ist zum Teil bezogen, und ein fünfter Block steht<br />
im Rohbau. Im Juni 1962 wird feierlich das Richtfest<br />
für weitere drei Blöcke gefeiert.<br />
Die um die Mozartstraße geplanten Straßen sollen<br />
Namen von Komponisten tragen, wobei 1962 nur der<br />
Händelweg und der Brucknerweg ausgebaut sind. In<br />
diesen beiden Straßen erstellt die BWG je vier Reiheneigenheime,<br />
die eine bauliche Auflockerung der<br />
bisherigen Bauweise bedeuten. Vor allem erlauben<br />
diese kleineren Wohneinheiten gegenüber den großen<br />
funktionalen Wohnblöcken die Berücksichtigung individueller<br />
Bedürfnisse.<br />
Wie in vielen anderen deutschen Städten zwingt auch<br />
in <strong>Butzbach</strong> die Not an Wohnraum nach dem Krieg<br />
zunächst zu stereotypem Bauen: Möglichst rasch<br />
müssen bezahlbare und zweckmäßige Gebäude<br />
geschaffen werden. Erst allmählich treten gegenüber<br />
Bescheidenheit und Schlichtheit neue Aspekte wie<br />
gefällige Optik, individuelle Ansprüche und Komfort<br />
in den Fokus. 1964 stößt die BWG im Degerfeld die<br />
Tür zu einem neuen Zeitalter auf: In <strong>Butzbach</strong>s junger<br />
Wohnsiedlung sollen Hochbauten entstehen ! Mehrere<br />
neungeschossige Hochhäuser sind geplant, die der<br />
Siedlung – in der bisher die langen Wohnblöcke dominieren<br />
– eine völlig neue – eine unverwechselbare<br />
Silhouette geben sollen. Kommunaler bzw. sozialer<br />
Wohnungsbau ist nicht mehr allein darauf ausgerichtet,<br />
möglichst schnell nach rein zweckmäßigen<br />
und kostengünstigen Gesichtspunkten Wohnraum<br />
zu schaffen. Die weithin sichtbaren Neubauten im<br />
Nordwesten <strong>Butzbach</strong>s stehen bildhaft für eine<br />
selbstbewusste Stadt mit modernem Anspruch. Aber<br />
nicht nur äußerlich entsprechen die Hochhäuser dem<br />
Verständnis von zukunftsorientierter Bauweise: Ausgestattet<br />
mit fließend warmem Wasser, Zentralheizung,<br />
Lift und Müllschluckern auf jeder Etage sowie einer<br />
eigenen Müllverbrennungsanlage setzen sie völlig<br />
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