DER BIEBRICHER, Ausgabe 275, Oktober 2014
Stadtteilmagazin für Wiesbaden-Biebrich, Erscheinungsweise monatlich
Stadtteilmagazin für Wiesbaden-Biebrich, Erscheinungsweise monatlich
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Frischer Wind für die Großstadt Wiesbaden<br />
Das Hessische Staatstheater in Wiesbaden<br />
ist im Umbruch. Mit dieser Saison<br />
steht ihm ein neuer Intendant vor,<br />
der keine Scheu davor hat, alte Zöpfe<br />
abzuschneiden. Was Uwe Eric Laufenberg<br />
alles verändern möchte und weshalb<br />
er gerne nach Biebrich gezogen<br />
ist, verrät der 1960 in Köln Geborene,<br />
wo er zuletzt auch Intendant der Oper<br />
war, dem <strong>BIEBRICHER</strong> im Interview.<br />
LENA OBST<br />
Sie sind als neuer Intendant des Hessischen<br />
Staatstheaters Wiesbaden in die Saison<br />
<strong>2014</strong>/15 gestartet. Welche Stärken des<br />
Hauses haben Sie ausgebaut, an welchen<br />
Stellen haben Sie Veränderungen vorgenommen?<br />
Eine der Stärken des Hauses ist zweifelsfrei<br />
der alte schöne Bau der Architekten Helmer<br />
und Fellner, der in der Mitte der Stadt Wiesbaden<br />
liegt. Eine ungewöhnlich starke Leistung<br />
des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden<br />
ist es, mit bis zu 900 Aufführungen<br />
im Jahr in allen Sparten des Theaters präsent<br />
zu sein: Oper, Schauspiel, Ballett, Kinder-<br />
und Jugendtheater und Konzert. Es gilt<br />
nun, diese Vielfalt so zu organisieren, dass<br />
jeden Abend Vorstellungen von höchster<br />
Qualität und emotionaler Dichte entstehen,<br />
die die Themen und Belange unserer Welt<br />
und unserer Zeit aufnehmen und „ins<br />
Spiel“ bringen.<br />
Wie sind die bisherigen Aufführungen<br />
beim Publikum angekommen<br />
und wie zufrieden waren Sie<br />
selbst damit?<br />
Selbstlob ist natürlich unangebracht,<br />
aber die Eröffnung mit sieben stilistisch<br />
sehr unterschiedlichen Premieren ist doch<br />
furios gestartet und von weiten Teilen des<br />
Publikums enthusiastisch gefeiert worden.<br />
Das macht Mut und Zuversicht, dass auch<br />
in Zukunft einiges gelingen könnte.<br />
Der Oper scheint Ihre besondere Leidenschaft<br />
zu gelten. Werden Sie den Schwerpunkt<br />
in Wiesbaden darauf setzen?<br />
Intendant<br />
Uwe Eric<br />
Laufenberg<br />
Uwe Eric Laufenberg,<br />
neuer<br />
Intendant des Hessischen<br />
Staatstheaters<br />
Wiesbaden, ist<br />
nun Biebricher.<br />
Die Oper ist vielleicht die größte Herausforderung,<br />
weil sie so viele Menschen bindet<br />
und bei der Realisierung eines Kunstwerks<br />
vereinen will. Aber das Schauspiel mit seinen<br />
aktuellen Themen, das Kinder- und<br />
Jugendtheater mit seinem Auftrag, Menschen<br />
zu begleiten, spielend erwachsen<br />
zu werden, sind mir genauso wichtig und<br />
bedeutend. Nicht zu vergessen das Ballett,<br />
das den Körper und die Seele schwingen<br />
und tanzen lässt, und die Konzerte des Hessischen<br />
Staatsorchesters Wiesbaden.<br />
Was planen Sie, um noch mehr junge Menschen<br />
für den Theaterbesuch zu begeistern?<br />
Bei uns sind Alt und Jung, arm und reich,<br />
gebildet und nach Bildung suchend,<br />
neugierig und altgierig gleich<br />
willkommen. Die Jungen wollen<br />
genauso etwas erleben und erfahren<br />
wie die Alten. Wir sollten<br />
lernen, dass wir zusammen gehören.<br />
Alter und Jugend sind keine<br />
Frage des Geburtsdatums, sondern der<br />
Lebenseinstellung. Und sich dem „Abenteuer<br />
Leben“ zu stellen und vor dem Tod<br />
die Augen nicht zu verschließen, scheint mir<br />
in jedem Alter möglich und wichtig.<br />
In den vergangenen Jahren waren Sie in<br />
Großstädten wie Köln, Zürich oder Berlin<br />
tätig. Was hat Sie an einer so verträumten<br />
Stadt wie Wiesbaden gereizt?<br />
Wiesbaden ist eine Großstadt und die einzige<br />
Großstadt, die eine Kurstadt ist. Wiesbaden<br />
ist Landeshauptstadt des prosperierenden<br />
Landes Hessen, mitten in Deutschland.<br />
Wiesbaden ist das schöne Wohnzimmer in<br />
der Drei-Millionen-Metropole Rhein/Main.<br />
Zürich ist dagegen klein, obwohl es ein<br />
baugleiches Opernhaus hat (auch von Helmer<br />
und Fellner) und Köln ist dagegen provinziell.<br />
Berlin ist eine wunderbare Stadt,<br />
die Hauptstadt Deutschlands mit einer tragischen<br />
Geschichte, aber nicht umsonst ist<br />
Kaiser Wilhelm jeden Mai nach Wiesbaden<br />
an den Rhein gekommen, um zu kuren.<br />
Sie wohnen jetzt in Biebrich. Was gefällt Ihnen<br />
an diesem Stadtteil besonders gut?<br />
Der Rhein, der Schlosspark, die Dönerbuden,<br />
das dörfliche Ambiente, die Nähe zum<br />
Schiersteiner Hafen und dass es nach Mainz<br />
so weit ist wie nach Wiesbaden.<br />
Weshalb sollten die Biebricher zu Ihnen ins<br />
Theater kommen, wenn es bis Mainz genauso<br />
weit ist?<br />
Sie sollen gerne nach Wiesbaden und nach<br />
Mainz ins Theater gehen – je öfter, desto<br />
besser. Aber wir in Wiesbaden haben einiges<br />
zu bieten. Ich hoffe sehr, dass die Kollegen<br />
in Mainz da mithalten können.<br />
Welches Stück sollte man sich in Wiesbaden<br />
zuerst ansehen, um Ihre Handschrift am<br />
eindrucksvollsten zu erleben?<br />
Da fällt mir die Antwort sehr schwer. „Die<br />
Frau ohne Schatten“ oder doch lieber „Die<br />
Dreigroschenoper“? „Rein Gold“ oder<br />
doch lieber „Baumeister Solness“? Auf alle<br />
Fälle „Wie es Euch gefällt“ in der Wartburg<br />
und „Die Träume der Armen – Die Ängste<br />
der Reichen“. Für „Romy Schneider – Zwei<br />
Gesichter einer Frau“ muss man sehr weit<br />
im Voraus buchen.<br />
Die Fragen stellte <strong>BIEBRICHER</strong>-Redakteurin<br />
Susanne Stauß.<br />
<strong>DER</strong> <strong>BIEBRICHER</strong> / OKTOBER <strong>2014</strong> 17