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Interview<br />

Neue Berufskrankheit:<br />

Hautkrebs<br />

durch die Sonne<br />

DGUV JahrBuch 2013/2014<br />

Rund 2,5 Millionen Menschen halten<br />

sich in Deutschland arbeitsbedingt<br />

besonders viel in der Sonne auf. Vor<br />

allem Land- und Bauarbeiter, Handwerker<br />

oder Seeleute sind in überdurchschnittlichem<br />

Maße natürlicher<br />

ultravioletter Strahlung ausgesetzt.<br />

Beschäftigte, die viel und über lange<br />

Zeit im Freien arbeiten, haben ein<br />

höheres Risiko an Hautkrebs zu<br />

erkranken als der Durchschnitt der<br />

Bevölkerung. Das belegen wissenschaftliche<br />

Studien. Der Ärztliche<br />

Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten<br />

beim Bundesarbeitsministerium<br />

hat daher vorgeschlagen, die<br />

Berufskrankheiten-Liste zu ergänzen.<br />

Stefanie Palfner, Leiterin des Bereichs<br />

Berufskrankheiten bei der DGUV,<br />

erklärt, vor welche Fragen die neue<br />

Berufskrankheit die gesetzliche Unfallversicherung<br />

stellt.<br />

Welche Hautkrebsformen können als<br />

Berufskrankheit (BK) anerkannt werden,<br />

wenn sie durch die Sonne entstanden<br />

sind?<br />

Stefanie Palfner,<br />

Leiterin des Referats Berufskrankheiten<br />

bei der DGUV<br />

Derzeit können Plattenepithelkarzinome<br />

anerkannt werden und aktinische<br />

Keratosen. Letztere aber nur, wenn sie<br />

in einer bestimmten Häufigkeit oder<br />

Ausdehnung auftreten. Beide Formen<br />

des Hautkrebses stehen zwar noch nicht<br />

auf der BK-Liste. Da aber die Voraussetzungen<br />

für eine Aufnahme in die Liste<br />

vorliegen, können sie als so genannte<br />

Wie-Berufskrankheit anerkannt werden<br />

(nach § 9 Absatz 2 SGB VII).<br />

Wie ist es mit anderen Hautkrebsarten,<br />

zum Beispiel Basalzellkrebs oder dem<br />

Melanom?<br />

Für diese Erkrankungen liegen zurzeit<br />

keine ausreichenden wissenschaftlichen<br />

Erkenntnisse vor. Vor allem ist nicht<br />

belegt, ob bestimmte Personengruppen<br />

durch ihre Arbeit ein deutlich höheres<br />

Hautkrebsrisiko haben als die allgemeine<br />

Bevölkerung. Das aber fordert das<br />

Berufskrankheitenrecht. Daher ist eine<br />

Anerkennung nicht möglich.<br />

Die neue Berufskrankheit stellt die<br />

Unfallversicherung vor eine Herausforderung.<br />

Denn dem Sonnenlicht ist man<br />

ja nicht nur bei der Arbeit ausgesetzt,<br />

sondern auch in der Freizeit.<br />

Die Wissenschaftler haben deshalb versucht,<br />

die private und arbeitsbedingte<br />

Sonneneinstrahlung in Relation zu setzen.<br />

Menschen reagieren unterschiedlich<br />

auf Sonne, sie haben verschiedene<br />

Hauttypen, deshalb war die Festsetzung<br />

eines einzigen Dosisgrenzwerts nicht<br />

möglich. Die Begründung zur neuen BK<br />

führt aus, dass der betroffene Hautbereich<br />

bei der Arbeit einer zusätzlichen<br />

Einwirkung durch die Sonne ausgesetzt<br />

sein muss, die 40 Prozent der Dosis<br />

entspricht, die die Versicherten bis zu<br />

diesem Zeitpunkt „normal“ in ihrem<br />

Leben empfangen haben. Allerdings<br />

ergibt sich daraus die Frage, wie wir für<br />

verschiedene Berufe die entsprechende<br />

Dosis ermitteln können.<br />

Wie wollen Sie das Problem lösen?<br />

Die DGUV hat schon früh Forschungsprojekte<br />

initiiert, um Instrumente zu entwickeln,<br />

mit denen wir nun Lichtschäden<br />

der Haut erfassen und die arbeitsbedingte<br />

UV-Exposition des Einzelnen berechnen<br />

können. Diese Methoden werden zurzeit<br />

in der Praxis erprobt. Das geschieht<br />

im Rahmen einer Studie, in der 2.400<br />

Personen untersucht werden. Bei weiteren<br />

600 Studienteilnehmern wird die<br />

Sonnenlicht-Exposition am Arbeitsplatz<br />

gemessen. Auf Basis der Messungen<br />

erstellen wir eine Übersicht (Kataster),<br />

aus der für verschiedene Berufsgruppen<br />

und Tätigkeiten typische Sonnenbestrahlungen<br />

ablesbar sind. Damit könnten<br />

wir viele Verdachtsmeldungen schneller<br />

einschätzen. Langwierige Ermittlungen im<br />

Einzelfall wären seltener nötig.<br />

Das klingt so, als stünde Berufsgenossenschaften<br />

und Unfallkassen noch<br />

nicht viel zur Verfügung, um mit der<br />

neuen BK umzugehen?<br />

Im Gegenteil. Wir waren selten so gut<br />

auf eine Berufskrankheit vorbereitet. Die<br />

DGUV hat unter anderem eine Arbeitshilfe<br />

für die Unfallversicherung entwickelt<br />

und das Institut für Arbeitsschutz<br />

der DGUV (IFA) hat eine „Technische<br />

Information“ herausgegeben. Die Berufsgenossenschaften,<br />

die Unfallkassen<br />

und unsere Institute in Sankt Augustin<br />

und Bochum arbeiten hierbei mit den<br />

medizinischen Fachgesellschaften sehr<br />

eng zusammen.<br />

28 | Mit Sicherheit – menschlich

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