Spielplatz-Scouts - Freizeit und Spiel
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Ausgabe<br />
2/2010<br />
10. Jahrgang<br />
FreeLounge<br />
Fachmagazin für kommunale Frei-Räume<br />
Blick über die Grenze<br />
<strong>Spiel</strong>- <strong>und</strong> Stadträume in unseren Nachbarländern
FreeLounge auf der<br />
GaLaBau 2010 !<br />
Wir sehen uns in Nürnberg!<br />
Liebe Leserinnen <strong>und</strong> Leser,<br />
wir haben in dieser Ausgabe schon vor den ersten Reisewellen den Blick<br />
über die Grenzen gerichtet. Ein Schwerpunkt gilt dabei Österreich <strong>und</strong> der<br />
Schweiz, weil hier die internationale Zusammenarbeit von Kommunen <strong>und</strong><br />
Planern besonders eng ist. Sehr interessante Gastbeiträge bieten Einblicke<br />
in Forschung, Regionalentwicklung <strong>und</strong> die Diskussion um neue Freiraum-<br />
Konzepte. Dazu gehören erste Ergebnisse aus dem Projekt „JugendRaum“<br />
vom Institut für Landschaft <strong>und</strong> Freiraum im schweizerischen Rapperswil<br />
ebenso wie eine Übersicht über die Entwicklung <strong>und</strong> Umsetzung von<br />
Shared-Space-Konzepten in Österreich.<br />
Da Ideen keine Grenzen kennen, haben wir zudem ein breit angelegtes, internationales<br />
Panorama von Best-Practice-Beispielen zusammengestellt,<br />
die uns so gut gefallen haben, dass wir sie Ihnen unbedingt vorstellen<br />
möchten. Die Skaterbahn in Afghanistan als ganz unkonventionelle Entwicklungshilfe<br />
vor Ort ist so ein Projekt. Oder ein Trend in der Freiraumgestaltung,<br />
bei dem Architektur <strong>und</strong> Landschaft noch enger als sonst miteinander<br />
verwoben werden. Und natürlich die radikalen Verkehrskonzepte<br />
eines bulgarischen Planers. In dieser Ausgabe fi nden Sie außerdem viele<br />
Beispiele aktueller <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>gestaltungen: von Madrid bis Reykjavik.<br />
Aber selbstverständlich haben auch aktuelle nationale Themen ihren<br />
Raum: Zum Beispiel in einem Überblick über die Highlights der Landesgartenschauen<br />
<strong>und</strong> den spektakulären Parkour-Fotos von Jörg Kraus.<br />
Sind Sie jetzt grenzenlos neugierig? Das freut uns!<br />
Dr. Anke Münster<br />
Chefredaktion FreeLounge<br />
Inhalt | 3
4 | Inhalt<br />
Inhalt<br />
TOP-THEMA<br />
6 Zwischen Trend <strong>und</strong> Krise<br />
11 Stadtgrün – Europäische Landschaften<br />
für das 21. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />
12 „Pop gibt es viel zu selten!“<br />
Interview mit Martin Rein-Cano, Topotek1<br />
14 Kreative <strong>Spiel</strong>räume für Kinder<br />
per Gesetz<br />
18 Wilde Wasser – eine Erfolgsgeschichte<br />
Autor: Dipl.-Ing. Oliver Rathschüler<br />
21 Perspektiven für eine neue Kultur des<br />
öffentlichen Raums<br />
Autor: Thomas Pilz<br />
24 Jugendliche in öffentlichen Räumen –<br />
Ärgernis oder Missverständnis?<br />
Autor: Raim<strong>und</strong> Kemper<br />
29 Freiräume als Gr<strong>und</strong>lage nachhaltiger<br />
Stadtentwicklung<br />
Autor: Gerda Schneider<br />
32 Madrid: Salon de Pinos –<br />
Sechs Kilometer <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>promenade<br />
36 <strong>Spiel</strong>plätze in Europa<br />
REPORT<br />
38 Landesgartenschauen –<br />
Katalysatoren für die Stadtentwicklung<br />
43 Gezielte Farbexplosion<br />
44 „Politik sollte den interessanten<br />
Lösungen nicht im Weg stehen“<br />
Interview mit Planer Ingo Dittrich<br />
46 Das 8. Weltw<strong>und</strong>er steht in Afghanistan<br />
GESELLSCHAFT<br />
50 Transportkonzepte für übermorgen<br />
52 Die Zukunft gehört den Senioren<br />
Kommentar von Dagmar Thiemann<br />
53 <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>-<strong>Scouts</strong><br />
MARKTMONITOR<br />
56 Marktmonitor<br />
60 <strong>Spiel</strong>ideen aus den Niederlanden
BEST PRACTICE<br />
64 Haltestelleninfrastruktur Glatttalbahn,<br />
Zürich/Schweiz<br />
66 Sentral Parken Fornebu, Oslo/Norwegen<br />
68 Öffentlicher <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>, Kannenfeldpark,<br />
Basel/Schweiz<br />
SPIELRAUM<br />
70 Parkour & Freerunning – Team Ashigaru<br />
fotografi ert von Jörg Kraus<br />
74 Zur Entwicklungsgeschichte der öffentlichen<br />
Freiräume für Kinder, Teil IV<br />
Autor: Daniel Rimbach<br />
KUNST IN DER STADT<br />
80 Keine Kunst um der Kunst willen<br />
85 Dem Untergang entgegen<br />
86 Buchtipps<br />
WETTBEWERB<br />
88 Landscpe Award 2010<br />
89 Pilgram-Preis 2010<br />
MESSE<br />
90 Treffen im Grünen – GaLaBau 2010<br />
RECHT/VERBAND<br />
94 Stadtgestaltung <strong>und</strong> Stadtmarketing<br />
als Herausforderung in Zeiten knapper<br />
Kassen<br />
Autoren: Dr. Michael Winkelmüller,<br />
Heiko Bokelmann<br />
99 <strong>Spiel</strong>erisches Engagement als wirtschaftlicher<br />
Standortfaktor<br />
Autor: Nicola Hengst-Gohlke<br />
102 Klein <strong>und</strong> stark – BFG zieht Bilanz<br />
105 Gemeinsam planen<br />
Autor: Uwe Kamp<br />
112 Tivoli<br />
117 Termine<br />
118 Entdeckt!<br />
Inhalt | 5
6 | Top Thema
Zwischen Trend <strong>und</strong> Krise<br />
Freiräume sind die Visitenkarten der Städte. Ihre Gestaltung gibt<br />
Aufschluss über Lebensqualität, geglückte oder gescheiterte Zukunftsvisionen<br />
<strong>und</strong> die Mentalität <strong>und</strong> Mentalitätswandel im<br />
Land. Welche Ideen werden uns in Europa in den kommenden Jahren<br />
begleiten? Oder wird Freiraumgestaltung vor dem steigenden<br />
fi nanziellen Druck in den Hintergr<strong>und</strong> treten?<br />
Selten hört man über eine gescheiterte Freiraumgestaltung<br />
so klare Worte, wie zuletzt von<br />
dem Architekten Meinhard von Gerkan. Der von<br />
seinem Büro geplante <strong>und</strong> erbaute neue Hauptbahnhof<br />
in Berlin steht nach seinen Worten in<br />
einem Nachbarschaftsmilieu, das in der sibirischen<br />
Steppe kaum trostloser sein könnte. In<br />
der Zeitschrift Bauwelt zählt er die Versäumnisse<br />
auf, die tagtäglich Tausende von Reisende<br />
verw<strong>und</strong>ert zur Kenntnis nehmen können: keine<br />
angemessene Beleuchtung im Außenraum, Bitumen<br />
anstelle einer Bodengestaltung <strong>und</strong> eine<br />
katastrophale Verkehrsführung. Anstelle der<br />
Umsetzung der hoch gelobten Entwürfe für die<br />
städtebauliche Anbindung <strong>und</strong> die Freiraumgestaltung<br />
prägt diese Planlosigkeit das Bild des<br />
neuen Berlins an einem der zentralen öffentlichen<br />
Orte der Stadt. Außerdem fürchtet Gerkan,<br />
dass weitere Flächen durch die Vergabe an wenig<br />
umsichtig planende Investoren verramscht<br />
werden. Es geht scheinbar nicht mehr darum,<br />
dass die ursprünglichen Ideen umgesetzt werden,<br />
sondern, dass überhaupt irgendwie gebaut<br />
wird. Ist der städtebauliche Offenbarungseid in<br />
unmittelbarer Nachbarschaft zum Regierungsviertel<br />
ein Indiz dafür, dass eine der Tendenzen<br />
der letzten Jahre, nämlich das Denken in größeren<br />
Zusammenhängen einer Stadt, letztendlich<br />
durch die Folgen der Krise, den Schritt vom<br />
Masterplan in die Realität nicht schaffen wird?<br />
Ökonomisierung des öffentlichen<br />
Raums?<br />
Diese Gefahr sieht auch der Schweizer Landschaftsarchitekt<br />
Christian Graf, der sich 2006<br />
im Rahmen seiner Masterarbeit mit programmatischen<br />
Stilen in der Landschaftsarchitektur<br />
auseinander gesetzt hat. Eine direkt erkennbare<br />
Folge aus der Wirtschaftskrise ist aus seiner<br />
Sicht ein viel schärferer Blick auf die optimale<br />
Ausnutzung von Baufl ächen als das zu der Zeit<br />
seiner Forschungsarbeit der Fall war. Diese Situation<br />
betrifft vor allem größere Städte <strong>und</strong> Ballungsgebiete,<br />
in denen Freifl ächen immer eine<br />
besondere Form von Luxus darstellen. Bis heute<br />
werden noch zahlreiche Projekte realisiert, deren<br />
Planung in die Zeit vor der Wirtschaftskrise<br />
reicht. In vielen europäischen Ländern, wie beispielsweise<br />
Spanien, gab es in den letzten Jahren<br />
durch interessante Projekte positive Impulse<br />
für die Freiraumarchitektur. Ein Beispiel dafür<br />
ist die Überdachung einer Ausgrabungsstätte<br />
in Cádiz „Between the Cathedrals“ von Alberto<br />
Campo Baeza oder auch der neu entstandene<br />
Grünstreifen auf der Trasse einer ehemaligen<br />
Autobahn (siehe Seite 42ff). Es wird sich erst<br />
noch zeigen, wie stark der wirtschaftliche Einbruch<br />
ab der zweiten Jahreshälfte 2008 <strong>und</strong><br />
aktuell die Euro-Krise verschiedener Länder<br />
ihren Niederschlag in der Architektur <strong>und</strong> Freiraumgestaltung<br />
fi nden werden.<br />
Top Thema | 7
Die Jury der Western Pennsylvania Conservancy hat aktuell die Entwürfe von Patkau Architects (Vancouver) für Ferienhäuser im Naturschutzgebiet<br />
ausgezeichnet - unweit des berühmten „Fallingwater“ von Frank Lloyd Wright .<br />
Der Turbinenplatz in Zürich ist ein Beispiel für minimalistische<br />
Gestaltung, die auf die Wirkung der Reduktion setzt.<br />
8 | Top Thema<br />
Zwei Megatrends als „Evergreens“<br />
Freiraum prägt die Identität der Städte in hohem<br />
Maße. Der Österreicher Markus Hanzer,<br />
Autor des Buches „Krieg der Zeichen. Spurenlesen<br />
im urbanen Raum“, geht so weit zu sagen,<br />
dass der öffentliche Raum nach der Zersplitterung<br />
der Medienlandschaft das einzig verbliebene<br />
Gemeinsame geworden sei. Schon heute<br />
leben r<strong>und</strong> 80 Prozent der Europäer in Städten.<br />
Die Tendenz ist in vielen Ländern steigend.<br />
Wenn immer mehr Menschen auf engem Raum<br />
leben, steigt auch der Bedarf an öffentlichem<br />
Raum mit Aufenthaltsqualität <strong>und</strong> einer ausreichenden<br />
Zahl von Flächen, die Ruhe in das hohe<br />
Tempo der Städte bringen. Welche Gestaltungsstile<br />
haben in den letzten Jahren das Gesicht<br />
der Städte am stärksten geprägt? Christian Graf<br />
hat im Rahmen seiner Forschungsarbeit 300<br />
Projekte in 21 Ländern nach genau defi nierten<br />
Verfahren ausgewertet <strong>und</strong> in Megatrends <strong>und</strong><br />
Trends eingeteilt. An erster Stelle nennt er die<br />
Reduktion als gestalterisches Prinzip, dass bereits<br />
über einen langen Zeitraum sehr konstant<br />
die Arbeit vieler Landschaftsarchitekten <strong>und</strong><br />
Planer bestimmt <strong>und</strong> selbstverständlich auch<br />
die Schwesterdisziplinen Architektur <strong>und</strong> Kunst<br />
prägt. „Die Freiräume sind auf das Wesentliche<br />
reduziert. Sie streben nach Objektivität, sachlicher<br />
Klarheit <strong>und</strong> Logik. Die Perfektion im Minimalismus<br />
besteht darin ein Ding zu erschaffen,<br />
das man mit Hinzufügen nur verschlechtern<br />
kann. Es ist das Weglassen von allem Irrelevanten,<br />
ein reines Destillat. Das Konzept ein<br />
Objekt auf das Wesentliche zu reduzieren ist<br />
auch in der Landschaftsarchitektur ein adäquates<br />
Ausdrucksmittel.“ Dieser Stil gefällt vor allen<br />
Planern <strong>und</strong> designorientierten Menschen,<br />
stößt jedoch bei den Nutzern der Freiräume
Der geplanten schwimmenden Insel mit öffentlichen Gärten <strong>und</strong> Spa liegt eine gefaltete Struktur zugr<strong>und</strong>e,<br />
die von vertikalen Gärten überwachsen werden soll. Der Entwurf stammt von Anne Holtrop mit Roderik van<br />
der Weijden <strong>und</strong> Studio Noach.<br />
manches Mal auf Ablehnung. Darauf hat Wulf<br />
Tessin in seinem Buch „Landschaftsarchitektur<br />
<strong>und</strong> Laiengeschmack. Über die Ablehnung moderner<br />
Landschaftsarchitektur durch Laien“ im<br />
letzten Jahr hingewiesen. Auch Christian Graf<br />
kennt viele Beispiele, bei denen der Purismus<br />
der Gestaltung an den Bedürfnissen der Bürger<br />
vorbeigezielt hat. Besonders stark hat er<br />
die Ablehnung bei dem Turbinenplatz in Zürich<br />
wahrgenommen, der eine Konzentration auf<br />
Beton, Kies, gusseiserne Schienen, schlichte<br />
Holzbänke, Birken <strong>und</strong> farbiges Licht auf einer<br />
beeindruckenden Fläche von 14.000 Quadratmetern<br />
bietet. Als zweiten Megatrend benennt<br />
Graf Landschaftsarchitektur mit amorphen Formen,<br />
die zum Beispiel im Ankarpark in Malmö<br />
das Motiv von fl ießendem Wasser aufgreifen<br />
<strong>und</strong> dem Park seine Struktur geben: „Ein landschaftsarchitektonisches<br />
Evergreen sind mit Sicherheit<br />
die amorphen Formen, fl ießenden Linien,<br />
freien Formen oder neuzeitlich ausgedrückt<br />
„Blubbs“. Je nach Zeit oder Literatur wird dieser<br />
Megatrend unterschiedlich bezeichnet. Der Stil<br />
der freien Formen erlebt seit einiger Zeit in der<br />
Gestaltung ein Revival oder in der Sprache der<br />
Trendforschung ausgedrückt ein Reframing“<br />
Neue Impulse durch „grüne Architektur“<br />
Dass diese beiden gr<strong>und</strong>sätzlichen Trends bleiben<br />
werden, steht außer Frage - selbstverständlich<br />
in ganz unterschiedlichen Ausprägungen durch<br />
die Handschrift der jeweiligen Planer. Daneben<br />
gibt es zudem Trends oder Strömungen, von denen<br />
vor allem eine derzeit durch teils spektakuläre<br />
Entwürfe auffällt. Gemeint ist das enge<br />
Verweben von Architektur <strong>und</strong> Natur. Für Frank<br />
Lloyd Wright bestand die Aufgabe von Architektur<br />
darin, dass sie Landschaft nicht verletzt,<br />
sondern verschönert. Mehr <strong>und</strong> mehr versuchen<br />
Architekten gemeinsam mit Landschaftsarchitekten<br />
Gebäude mit der Natur verschmelzen<br />
zu lassen. Besonders gut illustriert wird dies<br />
durch einen aktuell preisgekrönten Entwurf für<br />
sechs kleine Häuser, die im Naturschutzgebiet<br />
r<strong>und</strong> um Frank Lloyd Wright's berühmtes Haus<br />
„Fallingwater“ gebaut werden sollen. Sie ordnen<br />
sich höhlenartig der Landschaft unter <strong>und</strong><br />
verneinen die übliche Veränderungen durch<br />
eine Bebauung. Ein anderes Beispiel für „grüne<br />
Architektur“ sind die vertikalen Gärten des<br />
französischen Botanikers Patrick Blanc, die das<br />
dichte Grün aus dem gewohnten Kontext an<br />
Fassaden in Innenstädten bringt. Im März wurde<br />
ein Projekt vorgestellt, an dem auch Patrick<br />
Blanc beteiligt sein wird, das aber noch einen<br />
erheblichen Schritt weiter gehen wird. Vor den<br />
künstlichen Inseln des neuen Stadtteils Ijburg<br />
in den östlichen Hafengebieten von Amsterdam<br />
soll geplant von Anne Holtrop mit Roderik van<br />
der Weijden <strong>und</strong> Studio Noach eine schwimmende<br />
Insel mit öffentlich zugänglichen Gärten<br />
<strong>und</strong> einem Spa entstehen. Das Gebäude soll<br />
Top Thema | 9
Markante Architektur in der Landschaft: Die Planer von terrain (München)<br />
eröffnen mit dem Murturm in der Steiermark neue Blickwinkel.<br />
Zeitgenössische Orts- <strong>und</strong> Platzgestaltung im ländlichen Raum ist zu<br />
einem interessanten Aufgabengebiet geworden, ...<br />
... ein besonders positives Beispiel ist der Stadtgarten Dornbirn.<br />
(Gestaltung: Rotzler Krebs Partner)<br />
10 | Top Thema<br />
komplett hinter dem von Patrick Blanc angelegtem<br />
Grün verschwinden. Aber nicht nur die<br />
Durchdringung von Natur <strong>und</strong> Architektur ist<br />
hier bemerkenswert. Auch die durch niederländische<br />
Architekten <strong>und</strong> Planer in den letzten<br />
Jahren immer weiter entwickelte Bebauung im<br />
Einklang mit Wasser <strong>und</strong> nicht gegen Wasser<br />
ist eine interessante Tendenz, die für Länder mit<br />
Küstenregionen ein breites Spektrum von Anregungen<br />
bieten kann.<br />
Dynamik durch neue Aufgaben<br />
Vielleicht mehr als Trends haben zuletzt neue<br />
Aufgaben die Landschaftsarchitektur verändert.<br />
Das Spektrum ist sehr breit geworden, zum Beispiel<br />
versuchen auch ländliche Gebiete, ihre<br />
Identität durch Freiraumprojekte zu stärken –<br />
in vielen Fällen in Verbindung mit touristischen<br />
Angeboten. In Österreich wurde anlässlich der<br />
Architekturtage 2010 in einer Ausstellung der<br />
Fokus auf zeitgenössische Orts- <strong>und</strong> Platzgestaltung<br />
im ländlichen Raum gerichtet. Mit der<br />
Weiterentwicklung der Baukultur in den Alpenländern<br />
hat auch die Freiraumgestaltung dort<br />
eine andere Qualität bekommen. „Galt es früher<br />
häufi g nur darum, den Kirchplatz neu zu pfl astern,<br />
Straßenräume zu dekorieren <strong>und</strong> ganze<br />
Ortsteile hinter Geranienvorhängen unter dem<br />
Titel der Dorf- oder Stadterneuerung zu verstecken,<br />
wird der Freiraum auch im ländlichen<br />
Raum mittlerweile vermehrt als eigenständige<br />
Planungsaufgabe aufgefasst, zum Wettbewerbsgegenstand<br />
gemacht <strong>und</strong> ist ein wichtiger<br />
Beitrag zur Präsentation einer Gemeinde<br />
nach außen. Vielfältig wie der Stand der Planungskultur<br />
<strong>und</strong> des Selbstverständnisses in<br />
den einzelnen Gemeinden sind auch die in den<br />
letzten Jahren realisierten freiraumplanerischen<br />
Projekte.“ So beschreibt der österreichische<br />
Landschaftsarchitekt Thomas Proksch in<br />
einem Vorwort zu der Ausstellung den Wandel<br />
in diesem Segment.<br />
Viele andere Aufgaben sind hinzugekommen:<br />
Die Suche nach Lösungen für Brachen in Städten,<br />
die schrumpfen, <strong>und</strong> die Freiraum-Gestaltung<br />
großer neuer Quartiere in ehemaligen industriellen<br />
oder militärischen Zonen zählen zu<br />
den besonders anspruchsvollen Projekten, da<br />
sie hohe gesellschaftliche Relevanz haben.<br />
Immer mehr Aufgaben – immer weniger Gelder?<br />
Hoffentlich wird nicht die Berliner Hauptbahnhof-Steppe<br />
der Trend, der das Bild der Städte in<br />
den kommenden Jahren bestimmt.<br />
Dr. Anke Münster
Stadt-Grün – Europäische Landschaftsarchitektur<br />
für das 21. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />
Die Sehnsucht der Menschen nach der Natur ist heute größer<br />
denn je. Gerade die in Europa in den letzten Jahren vollzogene<br />
Wiederentdeckung der Innenstädte geht mit dem verstärkten Bedürfnis<br />
nach innerstädtischem Grün einher. Für dieses Stadtgrün<br />
sind neue urbane Lösungen gefordert, die einem komplexen Anforderungskatalog<br />
von Gestaltung, Ökologie, Soziologie <strong>und</strong> Ökonomie<br />
entsprechen müssen.<br />
Die Ausstellung STADT-GRÜN, die das Deutsche Architekturmuseum<br />
in Kooperation mit dem Palmengarten in Frankfurt präsentiert,<br />
zeigt 27 realisierte Beispiele von Freiraumgestaltung in<br />
Europa, entworfen von international renommierten Landschaftsarchitekten.<br />
Die Projekte werden in Plänen, Modellen, Fotografi en<br />
<strong>und</strong> Kurzfi lm-Dokumentationen sowie mit botanischen Beispielen<br />
dargestellt. Sie sind zwischen 1990 <strong>und</strong> 2010 entstanden <strong>und</strong> reichen<br />
vom urbanen Privatgarten bis zu Großprojekten wie der Revitalisierung<br />
von Flussuferbereichen oder Grün-Masterplanungen<br />
für ganze Metropolen. Rekonstruierte historische Gärtenanlagen<br />
sind ebenso darunter wie temporäre Grüninstallationen, Kinderspielplätze<br />
wie ein als Friedhof genutzter Park. Bei der Auswahl<br />
wurde darauf geachtet, dass die Projekte innerstädtische Freiräume<br />
mit Grünpfl anzungen gestalten. Das ist aus der Sicht der Ausstellungsmacher<br />
bei weitem keine Selbstverständlichkeit mehr:<br />
Wegen der aufwändigen Pfl ege, mangelnder botanischer Kompetenz<br />
<strong>und</strong> der vermeintlichen Überlegenheit eines spektakulären<br />
Designs gegenüber natürlichem Pfl anzmaterial ist das Grün in der<br />
Vergangenheit bei Planungen vermehrt ausgeklammert <strong>und</strong> bewusst<br />
vernachlässigt worden.<br />
„Die Vielfalt der in der Ausstellung präsentierten Projekte gibt<br />
dem Besucher einen f<strong>und</strong>ierten Überblick über führende Tendenzen<br />
der Landschaftsarchitektur in Europa - ihre Positionen wie<br />
die dabei eingesetzten Materialien <strong>und</strong> Technologien. Die Ausstellung<br />
STADT-GRÜN versteht sich dabei zugleich als ein engagiertes<br />
Plädoyer für eine höhere Wertschätzung <strong>und</strong> einen behutsameren<br />
Umgang mit dem innerstädtisch verfügbarem Grün- <strong>und</strong><br />
Freiraum.“, charakterisieren die Kuratoren die Bedeutung der<br />
Werkschau.<br />
Die Ausstellung ist noch bis zum 22. August im Frankfurter Palmengarten<br />
zu besichtigen. Der Katalog in Deutsch-Englisch ist<br />
im Birkhäuser-Verlag, Basel, erschienen.<br />
Top Thema | 11
„Pop gibt es viel zu selten“<br />
Maselake Sportpark Berlin Spandau<br />
Martin Rein-Carno<br />
Interview mit Martin Rein-<br />
Cano, Geschäftsführer von<br />
Topotek1 <strong>und</strong> Gastprofessor<br />
an verschiedenen Hochschulen<br />
(Landschaftsarchitektur).<br />
12 | Top Thema<br />
FreeLounge: Sehen Sie im Moment besondere<br />
Trends oder Tendenzen in der Freiraumgestaltung?<br />
Martin Rein-Cano: Dafür braucht man einen<br />
Blick von außen, den ich gar nicht habe. Ich<br />
schaue von innen darauf. Sicher kann man sagen,<br />
dass noch immer Neoromantiker auf der<br />
einen Seite stehen <strong>und</strong> stärker experimentelle<br />
Gestalter auf der anderen Seite. Ich stelle immer<br />
fest, dass die Vielfalt oft zu kurz kommt.<br />
Das ist ein wirkliches Manko bei der Landschaftsarchitektur.<br />
Vergleichen Sie es mit der<br />
Musik: Da gibt es Vielfalt durch Stile wie Pop,<br />
durch die Interpretation klassischer Musik <strong>und</strong><br />
die experimentelle neue Musik. In der Landschaftsarchitektur<br />
läuft alles viel zu oft auf die<br />
Interpretation klassischer Themen hinaus. Pop<br />
oder künstlerische Improvisation sieht man viel<br />
zu selten.<br />
FreeLounge: Können Sie ein Beispiel nennen,<br />
welche Projekte Ihnen gefallen?<br />
Martin Rein-Cano: Die New Yorker Highline<br />
ist eine schöne Arbeit, die natürlich stark von<br />
dem Standort lebt. Hier wurde aus meiner Sicht<br />
nichts falsch gemacht, aber es wurde auch<br />
nichts probiert. Ich kann schlecht allgemein<br />
über Projekte reden, weil ich immer sehr subjektiv<br />
bin, gar nicht ausgleichend. Spannender<br />
fi nde ich formale Fragestellungen.<br />
FreeLounge: Wird die Veränderung der Städte<br />
– Verdichtung oder Schrumpfung – Einfl uss auf<br />
die Gestaltung haben?<br />
Martin Rein-Cano: Ohnehin sind die Aufgaben<br />
in den letzten Jahren immer vielschichtiger<br />
geworden. Darauf muss ganz situativ reagiert<br />
werden, auch bei Aufgabenstellungen im Zusammenhang<br />
mit Schrumpfung oder Verdichtung.<br />
Es ist eine Frage des Geldes, ob die<br />
Schrumpfung überhaupt als zivilisierter Prozess<br />
ablaufen wird. Ich könnte mir vorstellen, dass<br />
man sich das in Zukunft nicht mehr leisten<br />
kann. Die Aufgaben, die aus der Verdichtung<br />
entstehen, sind interessant <strong>und</strong> anspruchsvoll.<br />
Dabei bevorzuge ich das Weiterentwickeln gewachsener<br />
Strukturen. Sehr kritisch sind dagegen<br />
Großprojekte, die in relativ kurzer Zeit große<br />
Stadtquartiere entstehen lassen. Das mag<br />
aus städtebaulicher Sicht notwendig sein, aber<br />
eigentlich sind solche Quartiere antiurban, denn<br />
Urbanität steht für eine Durchmischung. Landschaftsarchitektur<br />
kann dabei helfen, durch das<br />
Aufgreifen von Strukturen den Quartieren eine<br />
Identität zu geben. Ich stehe größeren Plänen<br />
aber eher skeptisch gegenüber, denn die Ergebnisse<br />
fi nde ich oft misslungen. Manchmal ist es<br />
besser über eine situative Herangehensweise<br />
kleinere Brötchen zu backen.
FreeLounge: Sie arbeiten mit Topotek1 in vielen<br />
verschiedenen Ländern. Welchen Einfl uss<br />
hat das jeweilige Land auf die Planungen?<br />
Martin Rein-Cano: Zu Topotek1 gehört auch<br />
über meinen Lebensweg <strong>und</strong> die Mitarbeiter<br />
sehr viel Internationalität. Hinzu kommt, dass<br />
natürlich gr<strong>und</strong>sätzliches Knowhow vorhanden<br />
sein muss, ebenso wie Erfahrung. Man kann aber<br />
nicht nur über Denken <strong>und</strong> Wissen ein Projekt<br />
angehen. Das Entwerfen braucht eine intuitive<br />
Herangehensweise, bei der auch die Gefühle der<br />
Planer Einfl uss auf die Arbeit haben. Das kommt<br />
nicht von oben. Man muss denken <strong>und</strong> klug<br />
sein, aber zugleich sein Wissen auch abschalten<br />
können. Im Moment planen wir zum Beispiel in<br />
China einen Beitrag für die Xi’an Garden Show<br />
2011. Es wäre absurd, sich in diesem Zusammenhang<br />
mit Zen-Buddhismus auseinanderzusetzen.<br />
Ich möchte etwas geben, das ich weiß<br />
<strong>und</strong> mich nicht anbiedern. „The Big Dig“ greift<br />
einen Ausspruch auf, den wohl jedes Kind beim<br />
Buddeln mal zu hören bekommt: „Wenn Du<br />
weitergräbst, landest Du in China.“ Auch wenn<br />
von Europa betrachtet wohl eher Australien das<br />
andere Ende der Welt ist, steht doch China für<br />
die extreme Entfernung <strong>und</strong> fühlt sich eben an<br />
wie die andere Seite der Welt. In dem Park wird<br />
ein Krater tief in die Erde reichen. Über Lautsprecher<br />
werden So<strong>und</strong>s <strong>und</strong> Geräusche aus<br />
verschiedenen weit entfernten Orten zu hören<br />
sein. Bei dem Entwurf schwingen auch Humor<br />
<strong>und</strong> Provokation mit – hier die Anspielung auf<br />
die Liebe zu Großprojekten, die typisch für China<br />
ist. In dem Sinn „Könnte man ein solches<br />
Projekt nicht vielleicht wirklich wagen?“<br />
Entwurf für das Quartier Superkilen, Kopenhagen Topotek1-Beitrag „The Big Dig“ für die<br />
Xi’an Garden Show 2011<br />
FreeLounge: Vielen Dank für das Gespräch,<br />
Herr Rein-Cano.<br />
Das Interview führte Dr. Anke Münster<br />
Top Thema | 13
Lässt sich die Qualität von<br />
<strong>Spiel</strong>räumen für Kinder<br />
durch ein politisches Bekenntnis<br />
<strong>und</strong> eine ehrgeizige<br />
Initiative verbessern? Für<br />
das österreichische B<strong>und</strong>esland<br />
Vorarlberg lautet die<br />
Antwort „Ja“. Im Landtag<br />
waren sich die Vertreter aller<br />
Parteien einig <strong>und</strong> brachten<br />
2009 das <strong>Spiel</strong>raumgesetz<br />
an den Start.<br />
14 | Top Thema<br />
Kreative <strong>Spiel</strong>räume<br />
für Kinder per Gesetz<br />
Kinderlachen tönt aus dem neu gestalteten<br />
Bachbett des Emsbaches im Zentrum von Hohenems.<br />
Während die einen im seichten Wasser<br />
spielen, laufen andere vergnügt die angrenzenden<br />
Steinstufen entlang, auf denen es sich die<br />
Eltern in der Sonne bequem gemacht haben.<br />
Das Projekt hat dem Stadtzentrum ein neues<br />
Erscheinungsbild gegeben. Nebenbei wurde<br />
noch die Hochwassergefahr entschärft <strong>und</strong> für<br />
die Familien ein attraktiver Erholungsraum geschaffen.<br />
Das Ganze ist kein Zufallsprodukt.<br />
Mit der Initiative „Kinder in die Mitte – Miteinander<br />
der Generationen“ hat sich das Land<br />
Vorarlberg das ehrgeizige Ziel gesteckt, kinderfre<strong>und</strong>lichste<br />
Region zu werden. Im vergangenen<br />
Jahr wurde dafür auch eine gesetzliche<br />
Gr<strong>und</strong>lage erarbeitet. „Mit dem <strong>Spiel</strong>raumgesetz<br />
soll die Kinderfre<strong>und</strong>lichkeit in den Kommunen<br />
systematisch weiter ausgebaut werden“, erklärt<br />
die Landesrätin Greti Schmid. Gemeinsam erarbeiten<br />
Kinder, Jugendliche <strong>und</strong> Erwachsene für<br />
jede Gemeinde im Land ein <strong>Spiel</strong>raumkonzept.<br />
Das Konzept wiederum ist die Gr<strong>und</strong>lage für die<br />
Schaffung vielfältiger <strong>Spiel</strong>räume. Finanziell<br />
interessant wird das Programm für die Kommunen<br />
durch weitreichende Förderungen von bis<br />
zu 70 Prozent. Das Gesetz soll zu einer offenen,<br />
kinderfre<strong>und</strong>lichen Gesellschaft beitragen, das<br />
Miteinander der Generationen fördern <strong>und</strong> den<br />
Kindern die Möglichkeit einer unbeschwerten<br />
Entwicklung bieten.<br />
Kinder brauchen Freiräume<br />
„Kinder brauchen Plätze, an denen sie sich frei<br />
entfalten zu können. Es ist wichtig, auf ihre Bedürfnisse<br />
in der räumlichen Planung Rücksicht<br />
zu nehmen – sei es nun im Wohnbau oder in der<br />
Raumplanung eines größeren Ballungsraumes“,<br />
macht Landesrat Karlheinz Rüdisser deutlich.<br />
Anlass für das neue Gesetz war vor allem die<br />
unbefriedigende Situation bei privaten Wohnanlagen.<br />
„Diese nicht kommunalen <strong>Spiel</strong>plätze<br />
wurden oft auf Restfl ächen eher lieblos realisiert.<br />
Mit dem neuen <strong>Spiel</strong>raumgesetz wurde<br />
das Baugesetz in der Form geändert, dass sich<br />
private Wohnungsbauträger bei den Kommunen<br />
freikaufen können. Das macht den Weg frei,<br />
dass die Kommunen den Bedarf abdecken <strong>und</strong>
innerhalb einer umfassenden Planung hier eine<br />
höhere Qualität anbieten können“, sagt Wilfried<br />
Bertsch, der Leiter der Raumplanungsabteilung<br />
im Amt der Vorarlberger Landesregierung.<br />
Für besonders wertvoll erachtet er naturnahe<br />
<strong>Spiel</strong>räume, in denen die Kinder ihre Umwelt<br />
entdecken können. „Wenn die Kommunen ein<br />
<strong>Spiel</strong>raumkonzept erstellen, dann gilt es, über<br />
konventionelle <strong>Spiel</strong>plätze hinaus zu denken,<br />
damit Kinder <strong>und</strong> Jugendliche in Wohnungsnähe<br />
geeignete <strong>Spiel</strong>- <strong>und</strong> Aufenthaltsmöglichkeiten<br />
vorfi nden. Hierfür ist Vielfältigkeit<br />
gefragt: Skater- <strong>und</strong> Bolzplätze haben genau<br />
so eine Wichtigkeit wie Gerätespielplätze, aber<br />
eben auch Brachen <strong>und</strong> Naturräume, die als öffentliche<br />
Freiräume ausgewiesen sind“.<br />
Was das Gesetz ändert<br />
Es gibt kein Datum <strong>und</strong> somit keinen Zwang,<br />
wann die Kommunen die neuen Anforderungen<br />
umgesetzt haben müssen. Das Land setzt<br />
auf Information <strong>und</strong> positive Anreize durch die<br />
weitreichende Förderung. Als erstes geht es darum,<br />
ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass<br />
ein <strong>Spiel</strong>raumkonzept ähnlich einem Raumplankonzept<br />
für die Entwicklung von Städten<br />
<strong>und</strong> Gemeinden längerfristig viel mehr Nutzen<br />
bringt als einzelne Maßnahmen, die ohne Zusammenhang<br />
geplant werden. „Bei den ersten<br />
Anträgen spielte die Aussicht auf Zuschüsse für<br />
den Bau von <strong>Spiel</strong>plätzen noch eine übergeordnete<br />
Rolle“, erklärt Bertsch. Der direkte Kontakt<br />
mit den Kommunen, Seminare sowie der Versand<br />
eines Handbuchs zum <strong>Spiel</strong>raumkonzept<br />
hätten jedoch dabei geholfen, den Nutzen <strong>und</strong><br />
Mehrwert verständlich zu vermitteln <strong>und</strong> die<br />
Gemeinden als engagierte Partner zu gewinnen.<br />
Auch in Hohenems wurde das Angebot direkt<br />
aufgegriffen. Der bespielbare Bachlauf in der<br />
Ortsmitte zeigt, dass hier schon vor dem Inkrafttreten<br />
des neuen Gesetzes sehr kreativ <strong>und</strong><br />
kinderfre<strong>und</strong>lich geplant wurde. Das Förderprogramm<br />
des Landes bietet nun die Möglichkeit,<br />
daran anzuknüpfen <strong>und</strong> weitere Verbesserungen<br />
auf den Weg zu bringen. Der erste Schritt<br />
war im vergangenen Sommer die Aufl istung<br />
<strong>und</strong> Fotodokumentation aller <strong>Spiel</strong>plätze. Anfang<br />
des Jahres hat ein externes Planungsbüro<br />
damit begonnen, Kinder, Jugendliche <strong>und</strong><br />
Betreuer zu befragen. Wo möchten die Kinder<br />
gerne spielen? An welchen Stellen im Ort fi nden<br />
sie es gefährlich? Gibt es genug Raum für<br />
die Interessen der Jugendlichen? Aus den Antworten<br />
formuliert die Kommune die Ziele <strong>und</strong><br />
Über Grenzen hinweg – <strong>Spiel</strong>en verbindet<br />
Grenzüberschreitende Fragen der <strong>Spiel</strong>- <strong>und</strong> Freiraumplanung – ein Symposium<br />
in Dornbirn beleuchtet im Oktober unterschiedliche Planungsansätze.<br />
Das Land Vorarlberg ist durch das neue <strong>Spiel</strong>raumgesetz mehr als nur einen Schritt<br />
nach vorne gegangen, um die Qualität von <strong>Spiel</strong>plätzen <strong>und</strong> <strong>Spiel</strong>räumen für Kinder<br />
zu verbessern. Es ist deshalb kein Zufall, dass das Institut für Angewandte<br />
Umweltbildung IFAU das diesjährige <strong>Spiel</strong>- <strong>und</strong> Freiraumsymposium Dornbirn in<br />
Vorarlberg als Veranstaltungsort ausgewählt hat - mit deutlichem Akzent auf die<br />
Landesinitiativen.<br />
Das Schwerpunktthema der Tagung lautet „Über Grenzen hinweg – <strong>Spiel</strong>en verbindet“<br />
<strong>und</strong> soll einerseits das <strong>Spiel</strong>en über den klassischen <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong> hinweg,<br />
also auch in der Natur oder auch auf öffentlichen Plätzen, thematisieren, andererseits<br />
die Ansätze der <strong>Spiel</strong>raumplanung in den Österreich benachbarten Ländern<br />
Schweiz, Liechtenstein <strong>und</strong> Deutschland aufgreifen. Ein zusätzlicher Fokus<br />
wird auf das Thema Wasser als <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>element <strong>und</strong> genereller Impuls für das<br />
<strong>Spiel</strong>en gerichtet.<br />
Es wird Impulsvorträge von Referenten aus Österreich, der Schweiz <strong>und</strong> Deutschland<br />
geben, darunter von Herbert Dreiseitl (Landschaftsarchitekt), Ruth Esther<br />
Gilmore (Doktorantin der Leibnitz Universität Hannover <strong>und</strong> Gastautorin der<br />
FreeLounge), Daniel Stimbach (Studio Urbane Landschaften, Hannover), Toni Anderfuhren<br />
(<strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>planer) <strong>und</strong> selbstverständlich Organisatoren der Initiative<br />
„Kinder in die Mitte“.<br />
Das IFAU veranstaltet seit 1996 in Kooperation mit einem Partnernetzwerk diese<br />
internationale Fachtagung, die sich mit r<strong>und</strong> 200 Teilnehmerinnen <strong>und</strong> Teilnehmern<br />
zu einer der bedeutendsten Veranstaltung für diesen Themenbereich in Österreich<br />
entwickelt hat.<br />
Ort: Fachhochschule Dornbirn<br />
Datum: 14.-15. Oktober 2010 (Es gibt ein Vorprogramm für den 13.10.)<br />
Kosten: 135 Euro (inkl. Kaffeepausen <strong>und</strong> Abendempfang)<br />
Anmeldung <strong>und</strong> alle weiteren Informationen unter: www.ifau.at<br />
Top Thema | 15
Hochwasserschutz <strong>und</strong> eine kinderfre<strong>und</strong>liche Ortsgestaltung lassen sich sehr gut verbinden: In Hohenems ist ein öffentlicher Raum mit hoher<br />
Aufenthaltsqualität entstanden.<br />
<strong>Spiel</strong>leitplanung –<br />
<strong>Spiel</strong>raumkonzept<br />
Die Ideen sind sehr ähnlich –<br />
die Umsetzung hat durch das<br />
Gesetz in Vorarlberg starke<br />
Impulse erfahren. Es gibt einen<br />
regen Austausch zwischen<br />
Deutschland <strong>und</strong> Österreich,<br />
wenn es um die Gestaltung<br />
kindgerechter Lebensräume<br />
geht. In Rheinland-Pfalz<br />
initiierten das Umwelt- <strong>und</strong><br />
das Jugendministerium<br />
1999 das Gemeinschaftsprojekt<br />
"<strong>Spiel</strong>leitplanung – Ein<br />
Weg zur kinderfre<strong>und</strong>lichen<br />
Gemeinde <strong>und</strong> Stadt". Ziel ist<br />
auch hier eine fachbereichsübergreifende<br />
Planung unter<br />
konsequenter Beteiligung von<br />
Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen, um<br />
geeignete Flächen <strong>und</strong> Räume<br />
für <strong>Spiel</strong>, Erlebnis, Aufenthalt<br />
<strong>und</strong> Bewegung zu schaffen<br />
beziehungsweise zu sichern.<br />
Nach einer Erprobungsphase<br />
in sieben Gemeinden wurde<br />
2004 eine Handlungsanleitung<br />
erarbeitet, an der sich Gemeinden<br />
orientieren können. Die<br />
Organisatoren aus Vorarlberg<br />
haben den Austausch mit ihren<br />
Kollegen in Deutschland gesucht<br />
<strong>und</strong> auf den Erfahrungen<br />
in Rheinland-Pfalz aufgebaut.<br />
16 | Top Thema<br />
Leitideen für das <strong>Spiel</strong>raumkonzept. In einem<br />
zweiten Schritt wird ein Maßnahmenkatalog<br />
auf fünf Jahre erstellt. Damit die Kinder <strong>und</strong><br />
Jugendlichen zeitnah erleben, dass sich etwas<br />
tut, wird es im Sommer kleinere Aktionen wie<br />
zum Beispiel ein Landart-Projekt geben.<br />
Natur im ländlichen Raum<br />
Ein erklärtes Ziel ist es, die Jugend wieder stärker<br />
zur Natur <strong>und</strong> zum eigenen Lebensraum heranzuführen.<br />
Selbst in den ländlichen Regionen<br />
abseits des bevölkerungsreichen Rheintals zeigt<br />
sich, dass durch den Medienkonsum <strong>und</strong> das<br />
geänderte <strong>Freizeit</strong>verhalten bei vielen Kindern<br />
<strong>und</strong> Jugendlichen immer weniger Bezug zur<br />
Natur besteht. Deshalb liegt ein Schwerpunkt<br />
darauf, dass Naturräume, die viel weniger reglementiert<br />
sind, in ausreichender Größe <strong>und</strong><br />
mit einer guten Erreichbarkeit wieder erschlossen<br />
werden. Die Kommunen müssen für diese<br />
Freifl ächen ein Pfl ege- <strong>und</strong> Bespielungskonzept<br />
vorlegen, damit auch dabei die <strong>Spiel</strong>raum-Qualität<br />
über Jahre gewährleistet ist. Dieser Aspekt<br />
ist auch der Landschaftsarchitektin Maria-Anna<br />
Moosbrugger, die das <strong>Spiel</strong>raumkonzept in<br />
verschiedenen Gemeinden als externe Planerin<br />
begleitet, ein großes Anliegen: „Die Aufwertung<br />
von Naturerlebnissen ist fester Bestandteil bei<br />
der Erarbeitung eines Konzeptes, wobei der<br />
Ausgangspunkt die unterschiedlichen Raumprofi<br />
le in der Region sind“.<br />
Erfolge steigern die Motivation<br />
Moosbrugger sieht heute schon Veränderungen.<br />
„Mit dem Gesetz <strong>und</strong> den damit verb<strong>und</strong>enen<br />
Förderungen wurde ein Prozess in Gang gesetzt,<br />
der große Eigendynamik entwickelt hat. Meiner<br />
Meinung nach ist es wichtig, schon während<br />
der Erstellung des Konzeptes mit kleineren Umsetzungen<br />
zu beginnen, damit eine Veränderung<br />
nicht nur auf dem Papier steht. Dadurch<br />
steigt die Motivation, mehr aus dem Konzept zu<br />
machen“. Eine schnell spürbare Verbesserung<br />
ist für kleinere Kinder zum Beispiel die Öffnung<br />
von Kindergarten-<strong>Spiel</strong>plätzen außerhalb der<br />
dortigen Betreuungszeiten. Aufwendiger ist in<br />
der Regel die Erschließung neuer Räume für Jugendliche,<br />
die das Gesetz auch explizit fordert.<br />
„Wir haben zum Beispiel in einer Gemeinde einen<br />
ungenutzten Asphaltstreifen in der Nähe<br />
einer Volksschule zu einem jetzt gut angenommenen<br />
Skaterplatz umgebaut. Bei solchen Projekten<br />
ist eine intensive Begleitung notwendig,<br />
denn die Anrainer haben oftmals Vorbehalte.<br />
Hier muss erst eine Bewusstseinsänderung erreicht<br />
werden. Es muss klar werden, wie notwendig<br />
solche Räume sind. Parallel empfehlen<br />
sich zur gemeinsamen Planung Workshops mit<br />
den Jugendlichen, in denen sie auch die <strong>Spiel</strong>regeln<br />
für die Nutzung festlegen“, erläutert<br />
Moosbrugger.<br />
Ziele für die nächsten Jahre<br />
Das Land Vorarlberg unterstützt die positive<br />
Entwicklung nicht nur fi nanziell, sondern auch<br />
organisatorisch, indem alle handelnden Akteure<br />
untereinander abgestimmt <strong>und</strong> gut vernetzt<br />
werden. Die Raumplanung <strong>und</strong> Gewässerentwicklung<br />
verfolgt zum Beispiel Ziele, die ganz<br />
eng bei den Interessen einer kinder- <strong>und</strong> jugendfre<strong>und</strong>lichen<br />
Stadt- <strong>und</strong> Gemeindeentwicklung<br />
liegen. Hochwasserschutz, Naherholung<br />
<strong>und</strong> die Schaffung von <strong>Spiel</strong>räumen an<br />
Flüssen <strong>und</strong> Bächen lassen sich entsprechend<br />
geplant sehr gut verbinden. Für die nächsten<br />
fünf Jahre erwarten die Verantwortlichen, dass<br />
die Hälfte der 96 Vorarlberger Gemeinden die<br />
Vorgaben des <strong>Spiel</strong>raumgesetzes aufgreift <strong>und</strong><br />
umsetzt. Angebote wie der bespielbare Bachlauf<br />
in Hohenems sind dann vielleicht schon<br />
bald keine Seltenheit mehr.<br />
Dr. Anke Münster
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Top Thema | 17
Foto: Wall AG<br />
Wilde Wasser –<br />
eine Erfolgsgeschichte<br />
18 | Top Thema<br />
Doch der Reihe nach: die Idee, die Orte Schladming<br />
<strong>und</strong> Rohrmoos mit der alpinen Wasserwelt<br />
des Klafferkessels fußläufi g zu verbinden, geisterte<br />
schon lange durch die Gemeindestube(n).<br />
Der richtige Zeitpunkt, die Sache anzugehen,<br />
war 2003 gekommen. Erlebniswandern lautete<br />
die neue Sommerstrategie des Tourismus, Wandern<br />
stand – <strong>und</strong> steht nach wie vor – hoch<br />
im Kurs, allerdings muss dem Gast dafür auch<br />
etwas geboten werden. So nahm der damalige<br />
Bürgermeister der Gemeinde Rohrmoos-Untertal,<br />
Peter Pilz, Kontakt zur freiland ZT-GmbH<br />
auf <strong>und</strong> im Erstgespräch wurde diskutiert, was<br />
man sich „da vorstellen“ könne. Ein attraktives<br />
Angebot für Jung <strong>und</strong> Alt, Alpinisten <strong>und</strong> Familien<br />
solle es sein, dürfe aber nur wenig kosten<br />
<strong>und</strong> schnell umgesetzt sollte es auch noch<br />
werden. Dass das Projekt in einer höchst interessanten<br />
alpinen Kultur- <strong>und</strong> Naturlandschaft<br />
liegt, ist zwar sein großer Trumpf – bei der<br />
Projektvorbereitung, speziell in den Genehmigungsverfahren,<br />
gab es dann doch einige Hür-<br />
Etwas südlich von Schladming-Rohrmoos,<br />
„dem“ alpinen Wintersportzentrum<br />
der Steiermark wurden 2006<br />
die Wilden Wasser im Untertal, einem<br />
wildromantischen Teil der Schladminger<br />
Tauern eröffnet. Die Wilden<br />
Wasser erschließen mit dem „Wandererlebnis<br />
Wilde Wasser“ eine neue,<br />
familientaugliche Route am Talboden,<br />
etwas zünftiger die Talbachschlucht<br />
hinauf geht es dann beim „Alpinsteig<br />
Wilde Wasser“. Das Projekt wurde<br />
zu einer Erfolgsgeschichte, der Besucherzustrom<br />
hält – mittlerweile in<br />
der fünften Saison seit Fertigstellung<br />
– ungebrochen an.<br />
den zu überwinden. Vor allem die im oder an<br />
das Projektgebiet angrenzenden Schutzgebiete:<br />
Natura 2000, Natur- <strong>und</strong> Landschaftsschutzgebiete<br />
erforderten Gutachten <strong>und</strong> Untersuchungen<br />
zum Nachweis, dass z.B. der Naturhaushalt<br />
im heiklen Schlucht-Ökosystem des Alpinsteigs<br />
nicht nachteilig beeinfl usst wird.<br />
Parallel zu den ökologischen Vorbereitungen<br />
wurde die Projektidee mit einem „bottom up“<br />
Ansatz weiterentwickelt. In der eigens eingerichteten<br />
Projektgruppe der Gemeinde Rohrmoos-Untertal<br />
wurde manch Abend <strong>und</strong> Nacht<br />
heftigst über Details <strong>und</strong> Sichtweisen diskutiert.<br />
Auch mussten sich die beiden Bearbeiter der<br />
freiland ZT-GmbH das Vertrauen der Gemeinde<br />
erst erarbeiten.<br />
Viel Zeit wurde im Gelände verbracht, um die<br />
optimale Wegeführung zuerst für den Abschnitt<br />
im Untertal, dann für den Alpinsteig<br />
zu fi nden. Neben der Topografi e waren hier die<br />
Wünsche der Gr<strong>und</strong>besitzer maßgeblich, galt
Die Hängebrücke, Auftakt <strong>und</strong> Highlight des Alpinsteigs Wilde Wasser, in luftiger Höhe über dem tosenden Bach –<br />
ein unvergessliches Erlebnis!<br />
es doch einerseits möglichst bestehende Pfade<br />
<strong>und</strong> Wege zu nutzen, andererseits aber sollten<br />
wichtige Punkte, darunter wurden zuerst vornehmlich<br />
die Gasthäuser des Tales verstanden,<br />
angesteuert werden. Dass neben der hervorragenden<br />
Gastronomie auch andere präsentable<br />
Schönheiten im Untertal zu fi nden sind, dafür<br />
waren die „Auswärtigen“ zuständig.<br />
Die inhaltliche Seite des „Wandererlebnisses<br />
Wilde Wasser“ war rasch defi niert – ein sehr<br />
zurückhaltender Themenweg sollte es werden.<br />
Zurückhaltend deswegen, da alle Teammitglieder<br />
überzeugt waren, die Schönheit des Tales<br />
spreche für sich. Der Gast brauche lediglich ab<br />
<strong>und</strong> zu einen Hinweis, wohin er seinen Blick<br />
lenken soll, unterlegt mit ausgewählten Informationen.<br />
Begleitet wird er dabei von den Menschen<br />
des Untertales <strong>und</strong> Experten zur Erläuterung<br />
von naturk<strong>und</strong>lichen Highlights.<br />
Für die grafi sche Umsetzung konnte Klaus Dapra,<br />
Fotograf <strong>und</strong> Grafi ker <strong>und</strong> ein ausgewiesener<br />
Experte für landschaftlich abgestimmte<br />
Informationskonzepte gewonnen werden. Die<br />
Fotos wurden aus dem umfangreichen F<strong>und</strong>us<br />
von Reinhard Lamm <strong>und</strong> Herbert Raffalt, beide<br />
sind prof<strong>und</strong>e Kenner der Region, zur Verfügung<br />
gestellt oder gezielt nach Bedarf geschossen.<br />
Auch bezüglich der gestalterischen Ausführung<br />
des Wegs mit seinen 14 Stationen gab es keine<br />
gr<strong>und</strong>sätzlichen Auffassungsunterschiede. Eine<br />
klare, schnörkellose Formensprache der Stationen,<br />
ausgerichtet auf die hier strengen Winter,<br />
Einsatz von hochwertig verarbeitetem Holz <strong>und</strong><br />
Metall <strong>und</strong> die Info-Tafeln so produziert, dass<br />
sie ganzjährig draußen bleiben können, auf diese<br />
Linie konnte man sich rasch einigen.<br />
Der „Alpinsteig Wilde Wasser“ hingegen kommt<br />
mit Ausnahme der Zustiegsstellen ohne Beschilderung<br />
aus. Hier steht das Erleben der Schlucht,<br />
der Gischt, des tosenden Wassers, von Licht <strong>und</strong><br />
Schatten je nach Jahreszeit manchmal auch<br />
hautnah im Vordergr<strong>und</strong>. Der Steig erfordert<br />
dabei ständig die volle Aufmerksamkeit des Besuchers.<br />
Den Auftakt bildet eine 50m lange, spektakuläre<br />
Hängebrücke, spektakulär vor allem deshalb,<br />
weil sie auf modularen Gitterrosten leicht<br />
ansteigend überschritten wird, 30 Meter tiefer<br />
rauscht der Bach durch die Schlucht. Hier zögerte<br />
schon manche(r) Besucher(in), bevor der<br />
Fuß auf die, je nach Wind zusätzlich leicht<br />
schwankende Konstruktion gesetzt wurde.<br />
Danach geht es treppauf treppab, manchmal<br />
knapp am Bach oder auch steil am Felsen stetig<br />
zum Aufstiegspunkt, der Oberen Gfölleralm. An<br />
einer Engstelle überspannen zwei kleine Aussichtsplattformen<br />
den Bach, kurz vor dem Steigende<br />
wird der Bach auf einer Brücke gequert.<br />
Verantwortlich für die Idee des Alpinsteigs, dessen<br />
Konzeption <strong>und</strong> Detailplanung war Herbert<br />
Schütter, Polier <strong>und</strong> Höhenbergsteiger, der für<br />
die schwierigen Bedingungen in der Schlucht<br />
ein eigenes, modulares Konzept zum Zusammenbau<br />
der Steigelemente entwarf. Dies war<br />
sowohl für die Errichtung nötig, als auch um<br />
etwaige Frost- oder Steinschlagschäden rasch<br />
<strong>und</strong> kostengünstig reparieren zu können. Bereits<br />
die Errichtung des Steigs mit Hubschrauberunterstützung<br />
<strong>und</strong> Abseilaktionen der<br />
Bergrettung war höchst spektakulär <strong>und</strong> ein<br />
Zuschauermagnet.<br />
Eingangs wurden die Wilden Wasser als Erfolgsgeschichte<br />
bezeichnet. Die für (winter-)touristische<br />
Verhältnisse eher bescheidene Investition<br />
von rd. 650.000 Euro hat sich vielfach bezahlt<br />
gemacht. Bereits im Oktober 2005 während<br />
der Probeeröffnung wurden mehrere Tausend<br />
Dipl.-Ing.<br />
Oliver Rathschüler<br />
Jahrgang 1961, Absolvent<br />
der Universität für Bodenkultur,<br />
Ingenieurkonsulent<br />
für Landschaftsplanung <strong>und</strong><br />
–pfl ege, führt gemeinsam<br />
mit DI Hans-Jörg Raderbauer<br />
das 1991 gegründete Landschaftsplanungsbüro<br />
freiland<br />
Umweltconsulting ZT GmbH<br />
an den Standorten Wien <strong>und</strong><br />
Graz/Österreich.<br />
Tätigkeitsschwerpunkte:<br />
Beratender Ingenieur für<br />
Tourismus-, Wasserbau-,<br />
Energieversorgungsprojekte,<br />
Projektvorbereitung, Verfahrensbegleitung<br />
<strong>und</strong> Umsetzungsbetreuung<br />
» www.freiland.at<br />
Top Thema | 19
Orientierungsstation Gasthaus Riesachfall, von hier aus starten nicht nur der Alpinsteig sondern<br />
viele andere, teils hochalpine Wanderrouten<br />
Startpunkt des Wanderweges Wilde Wasser in Schladming; unten das Computermodell,<br />
oben die ausgeführte Variante<br />
20 | Top Thema<br />
Besucher, vornehmlich Einheimische <strong>und</strong> Besucher<br />
aus der Region, gezählt. Im Eröffnungsjahr<br />
2006 besuchten dann rd. 70.000 Personen den<br />
Alpinsteig. Selbst wenn man für jeden Besucher<br />
nur einen geringen Betrag ansetzt, wird deutlich,<br />
welche regionale Wertschöpfung die Wilden<br />
Wasser generieren.<br />
Markenzeichen der Wilden Wasser ist auch,<br />
dass sie ganz stark als regionales Projekt wahrgenommen<br />
werden: die Idee stammt aus der Region,<br />
die Umsetzung wurde mit Menschen aus<br />
der Region fast ausschließlich von regionalen<br />
Unternehmen bewerkstelligt. Die „auswärtigen“<br />
Projektbetreuer der freiland ZT-GmbH wiederum<br />
hatten den Vorteil, ihre Planungs- <strong>und</strong><br />
Beratungstätigkeit mit der erforderlichen fachlichen<br />
Distanz abwickeln zu können, nachdem<br />
das Vertrauen der Projektgruppe erst einmal<br />
errungen war. Die starke regionale Verankerung<br />
des Projekts blitzt auch heute noch in Gesprächen<br />
immer wieder auf, dabei ist die Rede von<br />
„unserem Projekt“, unseren „Wilden Wassern“.<br />
Besser kann ein Projekt auch aus Sicht des Planers<br />
nicht angenommen werden.<br />
Neben der Benützung durch den Individualgast<br />
sind die Wilden Wasser auch Bühne für Exkursionen,<br />
Fotokurse etc.<br />
Die ökologisch fallweise durchaus heikle Situation<br />
wurde durch die Konzentration der Besucher<br />
auf Weg <strong>und</strong> Steig entschärft. Der Gast erhält<br />
Einblicke, zu denen er sonst nie gekommen<br />
wäre, andererseits garantiert die Wegeführung,<br />
dass Störungen des Naturraumes unterbleiben.<br />
Die gestaltende Kraft des Wassers unmittelbar<br />
erleben zu können, die Kombination von Erlebnis<br />
<strong>und</strong> Prozessverständnis schafft unvergessliche<br />
Eindrücke für die Besucher der Wilden<br />
Wasser.<br />
Die Frage, welcher Faktor am entscheidendsten<br />
für das Gelingen dieses Projekts war, würde ich<br />
so beantworten: ganz vorne stehen die Mitglieder<br />
der Projektgruppe der Gemeinde, ohne deren<br />
Einsatz die Gr<strong>und</strong>besitzer wohl kaum hätten<br />
überzeugt werden können. Neben diesem<br />
Einsatz bleiben der Teamgeist <strong>und</strong> die Begeisterung<br />
bei der Arbeit am Projekt in lebendiger<br />
Erinnerung.<br />
Oliver Rathschüler
Perspektiven für eine neue<br />
Kultur des öffentlichen Raums<br />
Shared Space ist zurzeit zweifellos eines<br />
der meist diskutierten Konzepte,<br />
wenn es um erneuerte Verkehrs- <strong>und</strong><br />
Mobilitätskonzepte, mutige Gestaltungsoptionen<br />
im öffentlichen Raum<br />
<strong>und</strong> vitale Prozesse der gesellschaftlichen<br />
Erneuerung geht. In Österreich<br />
hat sich eine lebendige Szene r<strong>und</strong><br />
um das Thema entwickelt: skeptisch<br />
oder zuversichtlich, aber auch kontrovers<br />
<strong>und</strong> mutig, begeistert <strong>und</strong> äußerst<br />
komplex.<br />
Pilotprojekte <strong>und</strong> Netzwerke,<br />
Ausstellungen <strong>und</strong> Symposien<br />
Sehr aktiv zeigt sich die Auseinandersetzung<br />
r<strong>und</strong> um den Ideenkreis von Shared Space<br />
zurzeit in Graz, wo es neben der Planung von<br />
Pilotprojekten in der Region auch intensive<br />
theoretische <strong>und</strong> wissenschaftliche Auseinandersetzungen<br />
mit dem Thema gibt. Hier werden<br />
die Möglichkeiten des Konzepts als Chance begriffen,<br />
Erneuerungen auf zahlreichen Ebenen<br />
auszulösen. Denn Shared Space hat sich von<br />
seinen Ursprüngen als Verkehrssicherheitskonzept<br />
zu einer komplexen Strategie entwickelt,<br />
die zahlreiche Disziplinen in einem kreativen<br />
Prozess verbindet. Shared Space ist eine Strategie<br />
zur umfassenden Gestaltung des öffentlichen<br />
Raums als Ausdruck, Medium <strong>und</strong> Bühne<br />
des sozialen Lebens. Der öffentliche Raum ist<br />
multifunktional; er wird neu gestaltet <strong>und</strong> belebt,<br />
nicht reguliert <strong>und</strong> zerteilt.<br />
Die Aufenthaltsqualität vor Ort wird zur zentralen<br />
Kategorie. Shared Space ist der von allen<br />
gemeinsam genutzte Raum, der offene Raum<br />
im Herzen der Gesellschaft. Sobald das soziale<br />
Leben vor Ort intensiv in Erscheinung tritt, fügt<br />
sich der Verkehr in das <strong>Spiel</strong> der menschlichen<br />
Beziehungen ein. Die Feindschaft zwischen<br />
unterschiedlichen Nutzungsarten tritt in den<br />
Hintergr<strong>und</strong> zugunsten der Integration möglichst<br />
vieler Aktivitäten. Ziel ist ein Zustand, in<br />
dem der Autofahrer vor Ort spürt, dass er hier<br />
nur zu Gast ist. Damit das freie <strong>Spiel</strong> von Gast<br />
<strong>und</strong> Gastgeber zu wirken beginnt, muss jedoch<br />
vor Ort die Rolle des – fre<strong>und</strong>lichen, selbstbewussten<br />
<strong>und</strong> sichtbaren – Gastgebers besetzt<br />
sein. Nur wo der Straßenraum vom Leben vor<br />
Ort erzählt, entstehen kulturell hochwertige<br />
Straßenmodelle. Damit diese Besetzung glaubwürdig<br />
<strong>und</strong> intensiv wird, sind die möglichst<br />
breit angelegten Partizipationsprozesse von<br />
zentraler Bedeutung, um Shared Space als gesellschaftlichen<br />
Prozess lebendig zu machen,<br />
der eine Bewusstseinsveränderung auslöst <strong>und</strong><br />
nicht mit dem physischen Umbau der Straße<br />
abgeschlossen ist. Dann wächst das Verständnis<br />
dafür, dass die Straße in ihrem Kern nicht<br />
technische Infrastruktur ist, sondern ein soziales<br />
Kunstwerk. Ziel, so der australische Vordenker<br />
David Engwicht zuletzt bei der European<br />
Conference on Mobility Management ECOMM<br />
2010 in Graz, sei die Re-democratization of public<br />
space.<br />
Thomas Pilz<br />
beschäftigt sich als Kulturwissenschaftler<br />
<strong>und</strong> Architekt seit<br />
2007 intensiv mit der Kulturgeschichte<br />
des öffentlichen<br />
Raums sowie neuen Gestaltungsstrategien<br />
im öffentlichen<br />
Raum. Er ist Mitarbeiter<br />
der Forschungsgesellschaft<br />
Mobilität Austrian Mobility<br />
Research (FGM-AMOR).<br />
Top Thema | 21
22 | Top Thema<br />
Maßstab für die Qualität des öffentlichen<br />
Raums wird die mögliche Anzahl an spontanen<br />
Erlebnissen. Die bewusste Modellierung der<br />
Balance unterschiedlicher Nutzungen entsteht<br />
auch aus der selbstbewussten Inszenierung sozial<br />
motivierter, nicht kommerzialisierter Aktivitäten<br />
im Raum. Dass es sich dabei nicht um<br />
eine Mode handelt, sondern um Qualitäten des<br />
Zeitgeistes, hat das Haus der Architektur (HDA<br />
– www.hda-graz.at) in Graz in Zusammenarbeit<br />
mit der Forschungsgesellschaft Mobilität<br />
(FGM – www.fgm.at) in den vergangenen<br />
Monaten mit einer Ausstellung zum Thema<br />
dokumentiert. Dort waren acht Projekte aus<br />
ganz Europa ausgestellt, die die weite Spannweite<br />
unterschiedlicher Lösungen zeigen, die<br />
aus dem neuen Gestaltungsansatz entstanden<br />
sind. Eva Guttmann, neue Direktorin im Haus<br />
der Architektur, freut sich, dass es mit der Ausstellung<br />
<strong>und</strong> den begleitenden Ro<strong>und</strong>-table-<br />
Diskussionen gelungen ist, großes Interesse in<br />
der Öffentlichkeit zu wecken; das Haus selber<br />
sei zu einem shared space geworden, in dem<br />
Verkehrsplaner <strong>und</strong> Architekten, Bürger, Politiker,<br />
Künstler <strong>und</strong> Urbanisten einen Denkraum<br />
gemeinsam teilen konnten.<br />
Eine Exkursion nach Holland<br />
im Herbst 2007<br />
Ausgangspunkt für die Shared Space Begeisterung<br />
in der Steiermark war eine Exkursion zu<br />
wichtigen Projekten in Holland. Vor Ort von der<br />
Wirksamkeit des Konzepts überzeugt, hat die<br />
für Verkehrsagenden zuständige Landesrätin<br />
Kristina Edlinger Ploder politisch die Weichen<br />
gestellt, um die angemessene Übertragung des<br />
Konzepts nach Südösterreich zu unterstützen.<br />
Seither entstehen Pilotprojekte in verschiedenen<br />
kleineren Ortschaften, um vor Ort zeigen zu<br />
können, wie die individuelle Einfügung in den<br />
lokalen kulturellen Kontext funktioniert. Die<br />
Forschungsgesellschaft Mobilität FGM aus Graz<br />
arbeitet mit einem interdisziplinären Team von<br />
Soziologen, Architekten, Verkehrsplanern <strong>und</strong><br />
Psychologen an der behutsamen Entwicklung<br />
der Projekte. Gemeinsam mit den Bürgern vor<br />
Ort wird zunächst ein soziales Leitbild entwickelt,<br />
das dann schrittweise in einen räumlichen<br />
(architektonischen) Entwurf übertragen<br />
wird. Erst dann werden die technischen Gesichtspunkte<br />
der Verkehrsplanung integriert.<br />
Das Pilotprojekt in Gleinstätten (einer kleinen<br />
Marktgemeinde im südsteirischen Weinland)<br />
setzt die Shared Space Prinzipien auf einer<br />
stark belasteten (dtv 6.800) Durchfahrtsstraße<br />
um. Durch die Einbindung wichtiger Nebenräume<br />
(Vorbereiche bei Banken, Schulhöfe<br />
etc.) gelingt es, den verkehrsdominierten Straßenraum<br />
in eine Folge von Plätzen zu verwandeln,<br />
die vom Leben vor Ort erzählen <strong>und</strong> dem<br />
Durchzugsverkehr die Rolle eines Gastes zuweisen.<br />
Wichtig ist der Ausgleich aller Interessen.<br />
Das Leitsystem für Blinde <strong>und</strong> Sehbehinderte,<br />
das gemeinsam mit Interessensvertretern entwickelt<br />
wurde, wird bereits jetzt als hochwertige<br />
Weiterentwicklung von Lösungen in<br />
Holland (Haren) <strong>und</strong> Deutschland (Bohmte) zitiert.<br />
Insgesamt ist Aufbruchstimmung zu verspüren.<br />
Bürgermeister Gottfried Schober, bei<br />
der Schlußpräsentation des Projekts im Herbst<br />
2009: „Für die Marktgemeinde Gleinstätten<br />
bedeutet das Shared Space Projekt eine große<br />
Chance zur Erneuerung <strong>und</strong> Belebung entlang<br />
der Durchzugsstraße. In zahlreichen Gesprächen<br />
kann ich Aufbruchstimmung spüren, die<br />
der intensive Planungsprozess bei vielen meiner<br />
Mitbewohner ausgelöst hat. Es sind Gestaltungsideen<br />
entstanden, die den Ort wieder attraktiver<br />
erscheinen lassen <strong>und</strong> ihn als Lebensraum<br />
aufwerten werden.“
Folgeprojekte in Graz, Velden <strong>und</strong> Vöcklabruck<br />
Auch in Graz wird mittlerweile ein Pilotprojekt<br />
entwickelt. Die Grüne Vizebürgermeisterin Lisa<br />
Rücker, zuständig für Verkehr <strong>und</strong> Umwelt, bekennt<br />
sich zu den Möglichkeiten des Konzepts.<br />
Der Sonnenfelsplatz bietet durch die Nähe zur<br />
Universität <strong>und</strong> die schon jetzt sehr vielfache<br />
Nutzung des öffentlichen Raums gute Voraussetzungen,<br />
um einen (verkehrsdominierten)<br />
Kreisverkehr in einen lebendigen Platz zu verwandeln.<br />
Weitere wichtige Projekte entstehen aber auch<br />
in Oberösterreich. Die Dürnau ist ein Wohngebiet<br />
im Süden von Vöcklabruck. Die zentrale<br />
Straße verbindet – <strong>und</strong> trennt sozial. Der<br />
Shared Space Prozess, an dem große Teile der<br />
lokalen Bürgerschaft teilgenommen haben, hat<br />
gezeigt, dass Shared Space nicht nur ein Mittel<br />
der Integration unterschiedlicher Verkehrsarten<br />
ist, sondern auch als Strategie der sozialen Integration<br />
vor Ort eingesetzt werden kann. Das<br />
neue soziale Leitbild <strong>und</strong> der räumliche Entwurf<br />
fi nden große Zustimmung bei allen Bevölkerungsgruppen.<br />
Es ist jetzt Aufgabe der Politik,<br />
die Mittel für die Realisierung des Projekts bereit<br />
zu stellen.<br />
In Kärnten wird das touristische Thema der<br />
Rollenverteilungen von Gast <strong>und</strong> Gastgeber<br />
als wichtiger Aspekt in der Neuerfassung des<br />
öffentlichen Raums wichtig. Das Pilotprojekt<br />
in Velden am Wörthersee dient der Integration<br />
des Durchzugsverkehrs in das soziale Leben<br />
im touristischen Zentralbereich des Ortes. Die<br />
Shared Space Prinzipien werden von der lokalen<br />
Bevölkerung gut aufgenommen: in einem von<br />
vielen Gemeindebürgern getragenen Partizipationsprozess<br />
hat hier die Forschungsgesellschaft<br />
Mobilität ein räumliches Leitbild entwickelt,<br />
in dem der gesamte öffentliche Raum<br />
als eine zusammenhängende Bühne aufgefasst<br />
wird. Diese Bühne wird je nach Saison unterschiedlich<br />
bespielt. Die Intensität der sozialen<br />
Nutzungen bestimmt jeweils den Charakter des<br />
Raumes <strong>und</strong> weist dem Durchzugsverkehr seine<br />
Rolle zu.<br />
Shared Space – Shared experience –<br />
Shared Knowledge<br />
Neben der Arbeit an den Pilotprojekten bemüht<br />
man sich auch um den möglichst breiten <strong>und</strong><br />
effektiven Austausch von Erfahrungen <strong>und</strong> den<br />
Aufbau von Wissensstrukturen zum Thema. Der<br />
Aufbau eines Netzwerks (www.sharedspace.<br />
at) soll das Instrument bilden, um Erfahrungen<br />
auszutauschen <strong>und</strong> Erkenntnisse zu vertiefen.<br />
Gemeinsam mit verschiedenen Universitäten<br />
werden die Pilotprojekte wie Laborsituationen<br />
betrachtet, um immer besser zu erfassen, wo<br />
die Grenze zwischen allgemein gültigen Wirkungsmechanismen<br />
<strong>und</strong> der jeweils individuell<br />
zu erforschenden lokalen kulturellen <strong>und</strong> sozialen<br />
Situation verläuft. Bei einem Symposium<br />
in Graz (siehe www.verkehr.steiermark.at/<br />
sharedspace) im März wurden die Perspektiven<br />
von Verkehrsplanern mit jenen der Kulturwissenschaftler<br />
gekreuzt. Neben den Begründern<br />
des Konzepts wie Ben Hamilton Baillie (Architekt<br />
aus Bristol) <strong>und</strong> Willem Foorthuis (Nachfolger<br />
des verstorbenen Hans Monderman am<br />
Shared Space Institute in Drachten) traten dort<br />
auch Stadtsoziologen wie Klaus Ronneberger<br />
(Frankfurt) <strong>und</strong> als Kulturwissenschaftler<br />
Wolfgang Pauser (Wien) auf. Neben der aktiven<br />
Einbindung der Perspektiven von Forschern, Interessenvertretern<br />
<strong>und</strong> Planern wurden intensiv<br />
weiterführende Optionen diskutiert, die den<br />
Gr<strong>und</strong>ansatz des Konzepts in neue Handlungsfelder<br />
übertragen: Shared Space als urbanistische<br />
Strategie, um den öffentlichen Raum als<br />
aktive Größe der Stadtentwicklung immer besser<br />
zu etablieren.<br />
Thomas Pilz<br />
Top Thema | 23
Jugendliche<br />
in öffentlichen Räumen<br />
Raim<strong>und</strong> Kemper<br />
hat Raumplanung in Dortm<strong>und</strong><br />
<strong>und</strong> London studiert. Seit 2007<br />
ist er am Institut für Raumentwicklung<br />
der Hochschule für<br />
Technik Rapperswil in Forschung<br />
<strong>und</strong> Lehre tätig.<br />
Schwerpunktmässig befasst<br />
er sich in unterschiedlichen<br />
Projekten mit Fragen zur<br />
Stadterneuerung, nachhaltiger<br />
Regionalentwicklung <strong>und</strong><br />
Partizipation.<br />
24 | Top Thema<br />
Ärgernis oder Missverständnis?<br />
Öffentliche Räume werden von Jugendlichen oft anders interpretiert<br />
<strong>und</strong> angeeignet als von Erwachsenen erwartet <strong>und</strong> von Planenden<br />
vorgesehen. In dem Schweizer Projekt "JugendRaum – Aneignung<br />
öffentlicher Räume durch Jugendliche" wird derzeit ein Wissens-<br />
<strong>und</strong> Instrumentenkoffer für Kommunen erarbeitet.<br />
Welche Kommune hat die Erfahrung nicht gemacht:<br />
Anwohner beschweren sich über Jugendliche<br />
bei nächtlichem Lärm, Mütter klagen<br />
über Scherben auf dem <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>, ältere<br />
Menschen w<strong>und</strong>ern <strong>und</strong> empören sich über<br />
rumhängende Jugendliche, die scheinbar sinnlos<br />
ihre freie Zeit verbringen, oder fühlen sich<br />
angesichts skatender Jugendlicher auf dem<br />
Bahnhofsplatz verunsichert.<br />
Die Raumansprüche <strong>und</strong> Aneignungsformen<br />
Jugendlicher differieren alters- <strong>und</strong> szenespezifi<br />
sch. Sind solche Räume nicht vorhanden,<br />
schon „besetzt“ oder werden sie von anderen<br />
Nutzergruppen, Eigentümern sowie Sicherheitsdiensten<br />
verwiesen, kommt es zu Problemen.<br />
Interessens- <strong>und</strong> Nutzungskonfl ikte, aber auch,<br />
Alkohol- <strong>und</strong> Drogenkonsum, Vandalismus <strong>und</strong><br />
Gewalt prägen verstärkt die Wahrnehmung öffentlicher<br />
Räume durch Medien, Stadtbewohner<br />
<strong>und</strong> –besucher sowie planende Akteure.<br />
Entsprechend steigt der Handlungsdruck in den<br />
Kommunen.<br />
Zudem verursachen die unterschiedlichen<br />
Probleme in öffentlichen Räumen vielerorts<br />
beträchtliche Folgekosten, sei es durch die<br />
Präsenz von Sicherheits- <strong>und</strong> Ordnungsdiensten,<br />
das Aufstellen <strong>und</strong> die Überwachung von<br />
Verbotsregelungen, das Beschwerdemanagement<br />
oder die Beseitigung von Sitzbänken, die<br />
intensiv durch Jugendliche genutzt werden.<br />
Diese administrativen, ordnungspolitischen <strong>und</strong><br />
baulichen Maßnahmen führen nicht selten zu<br />
Problemverlagerungen; ohne die Wahrnehmung<br />
der Bedürfnisse Jugendlicher beginnt der<br />
Kreislauf von vorn.<br />
Die Problemursache liegt unter anderem darin,<br />
dass Jugendliche als eigene Nutzergruppe<br />
vielerorts nicht vorgesehen sind. Jugendliche<br />
brauchen Orte zum selbstbestimmten Aufenthalt,<br />
Orte zum Rückzug sowie Bühnen der<br />
Selbstdarstellung <strong>und</strong> Bewegung. Ihnen fehlt es<br />
daher zum einen an Möglichkeitsräumen, was<br />
nicht nur mit veränderten Ausdrucksformen<br />
der Lebensphase Jugend <strong>und</strong> einer zunehmend<br />
ausdifferenzierten Jugendszene zu tun hat (Jugendliche<br />
sind alters- <strong>und</strong> szenebedingt keine<br />
homogene Gruppe). Auch der moderne Städtebau<br />
mit der Trennung von Funktionen (Wohnen,<br />
Arbeiten, Erholen) sowie die Betreuung bzw. der<br />
Aufenthalt von Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen an<br />
eigens dafür geschaffenen Orten (<strong>Spiel</strong>plätze,<br />
Jugendeinrichtungen) hat dazu geführt, dass<br />
der Anspruch, vor jeglicher Störung geschützt<br />
zu sein, gestiegen, <strong>und</strong> die Toleranz gegenüber<br />
Jugendlichen im öffentlichen Raum gesunken<br />
ist.<br />
Das Projekt JugendRaum erprobt neue<br />
Wege<br />
Mit dem Projekt "JugendRaum – Aneignung öffentlicher<br />
Räume durch Jugendliche" wird das<br />
Ziel verfolgt, in Zusammenarbeit von Forschung<br />
<strong>und</strong> Praxis einen Wissens- <strong>und</strong> Instrumentenkoffer<br />
zu entwickeln: Zur Wahrnehmung der<br />
Ansprüche <strong>und</strong> Aneignungsformen Jugendlicher<br />
in öffentlichen Räumen, zur Gestaltung<br />
jugendgerechter Räume <strong>und</strong> zur Entwicklung<br />
von Beteiligungsverfahren, unterstützt durch<br />
das web-basierte Beteiligungsinstrument PP-<br />
GIS (Public Participation Geoinformationssys-
Jugendliche brauchen Orte zum selbstbestimmten Aufenthalt, Orte zum Rückzug sowie Bühnen der Selbstdarstellung <strong>und</strong> Bewegung.<br />
tem). Um die Interpretationen, Bedürfnisse <strong>und</strong><br />
Aneignungsformen Jugendlicher in verschiedenen<br />
Typen öffentlicher Räume (gegliedert nach<br />
Gestalttyp, Öffentlichkeitsgrad, sozialer Kontrolle,<br />
funktionaler Bestimmung, Nutzungstyp,<br />
z.B. Schulhof, Bahnhofsvorplatz, Park etc.) <strong>und</strong><br />
ihre Vorschläge zu Verbesserungen zu ermitteln,<br />
wurden Interviews, Fotodokumentation<br />
etc. mit Jugendlichen durchgeführt. Aber auch<br />
Erwachsene (Anwohner, Geschäftsbetreiber<br />
etc.) wurden befragt, um ihre Wahrnehmung zu<br />
erfahren.<br />
Erste Erkenntnisse aus dem Projekt<br />
Die nachfolgend dargestellten Erkenntnisse<br />
sind das Ergebnis der Auswertung der Befragungen<br />
(1500 Interviews hauptsächlich mit<br />
Jugendlichen) zwischen August <strong>und</strong> Oktober<br />
2009 in ausgewählten öffentlichen Räumen<br />
der genannten Kommunen (ca. 10.000 – 50.000<br />
Ew.). Zwar gibt es kommunal- <strong>und</strong> vor allem<br />
platztypspezifi sche Besonderheiten, die bei der<br />
übergreifenden Betrachtung weggeglättet werden,<br />
dennoch ist die hohe Übereinstimmung<br />
der Ergebnisse für eine nicht repräsentativ angelegte<br />
Befragung erstaunlich.<br />
Wie zufrieden sind die Platznutzer?<br />
Im Allgemeinen sind Jugendliche sowie Erwachsene<br />
zufrieden mit "ihren" Plätzen (siehe<br />
Abb. 2). Bei Erwachsenen herrscht ein großes<br />
Verständnis für die Bedürfnisse der Jugendlichen.<br />
Eltern beispielsweise beklagen sich über<br />
Glas oder Zigarettenstummel auf <strong>Spiel</strong>plätzen,<br />
zeigen aber gleichzeitig Verständnis für Jugendliche,<br />
die sich auf <strong>Spiel</strong>plätzen aufhalten.<br />
Interessens- <strong>und</strong> Nutzungskonfl ikte unter Nutzergruppen,<br />
mit Anwohnern oder Eigentümern<br />
Vandalismus, Littering, Verdrängung<br />
Folgekosten: Sicherheits- <strong>und</strong> Ordnungsdienste,<br />
Verbotsergelungen, Beschwerdemanagement, ...<br />
Problemverlagerungen auf andere Orte<br />
Abb. 1: Problemrahmen<br />
Top Thema | 25
26 | Top Thema<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
Nein<br />
26 - 99 jährig <strong>und</strong> mehr<br />
20 - 25 jährig<br />
16 - 19 jährig<br />
12 - 15 jährig<br />
Abb. 2: Eignung des Ortes für Nutzung<br />
(nach Altersklassen)<br />
Teilweise<br />
Wie werden die Plätze genutzt?<br />
Rumhängen, Beobachten <strong>und</strong> soziale Kontakte<br />
sind bei allen Platztypen wichtige aber nicht<br />
immer die häufi gste <strong>und</strong> bedeutendste Nutzungsform<br />
Jugendlicher (Siehe Abb. 3). Dabei<br />
darf natürlich nicht vergessen werden, dass Jugendliche<br />
im Vergleich zu Erwachsenen bedeutend<br />
mehr Zeit im Freien verbringen. Die platzspezifi<br />
schen Nutzungsformen der Jugendlichen<br />
ergeben sich aus den vorhandenen Infrastrukturen<br />
<strong>und</strong> Ausstattungen (z.B. Sportanlagen).<br />
Mit zunehmendem Alter nimmt die Bedeutung<br />
der Nutzungsformen Rumhängen <strong>und</strong> Soziale<br />
Kontakte ab <strong>und</strong> es ist eine Zunahme der Nutzungen<br />
Entspannen, Natur geniessen, <strong>Spiel</strong>en<br />
mit Kindern festzustellen. Das heißt, während<br />
Jugendliche in allen Platztypen „rumhängen“,<br />
ist die Nutzungsart mit zunehmendem Alter<br />
zweckorientierter, wiederum dem vorhandenen<br />
Platzcharakter <strong>und</strong> der Ausstattung entsprechend.<br />
So sind auch für Jugendliche Grünräume<br />
Orte zum Entspannen. Die Umgebung <strong>und</strong><br />
die Aussicht genießen jedoch tendenziell eher<br />
Erwachsene.<br />
Was ist positiv, was negativ?<br />
Befragt nach der Bewertung konnte festgestellt<br />
werden, dass über alle Platztypen überdurchschnittlich<br />
die Atmosphäre sowie die<br />
anzutreffenden Leute positiv bewertet werden<br />
(überdurchschnittlich von Jugendlichen), die<br />
Platzgestaltung, der Pfl egezustand/Sauberkeit<br />
sowie die Atmosphäre hingegen negativ. Bei<br />
funktionsbestimmten Plätzen wie Schularealen<br />
oder Jugend- <strong>und</strong> <strong>Freizeit</strong>einrichtungen wird<br />
von Jugendlichen die Verregelung kritisiert<br />
(Verbote, Kontollen). Nutzungskonfl ikte be-<br />
Ja
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
Rumhängen,<br />
Beobachten<br />
Entspannen,<br />
Natur geniessen<br />
Soziale Kontakte<br />
<strong><strong>Spiel</strong>platz</strong><br />
Eltern mit Kindern<br />
26 - 99 jährig <strong>und</strong> mehr<br />
20 - 25 jährig<br />
Umgebung<br />
geniessen<br />
Pause<br />
Durchgangszone<br />
Wartezeit<br />
Abb. 3: Aneignungsformen aller Altersklassen über alle Plätze<br />
stehen selten zwischen unterschiedlichen Jugendgruppen;<br />
häufi ger sind Beschwerden von<br />
Anwohnern. Dabei dominiert der Lärmaspekt.<br />
Jugendliche fühlen sich an vielen Plätzen als<br />
Problemgruppe wahrgenommen (Polizei, andere<br />
Raumnutzer, Anwohner).<br />
Welche Ideen <strong>und</strong> Verbesserungsvorschläge<br />
gibt es?<br />
Über alle Platztypen werden Verbesserungen<br />
zur Ausstattung (Sitzgelegenheiten, Sport- <strong>und</strong><br />
<strong>Spiel</strong>geräte), Witterungsschutz, Platzge- <strong>und</strong><br />
ausgestaltung (Grünelemente, Bodenbelag),<br />
Sauberkeit vorgeschlagen. Gerade Jugendliche<br />
wünschen sich Ausstattungen, die ihnen einen<br />
unkomplizierten, ununterbrochenen Aufenthalt<br />
im öffentlichen Raum ermöglichen. Dabei geht<br />
es insbesondere um Witterungsschutz, Trinkgelegenheiten<br />
(Brunnen) <strong>und</strong> sanitäre Anlagen.<br />
Hier spielt auch der fi nanzielle Aspekt eine Rolle,<br />
sind doch die letzten beiden Punkte häufi g<br />
mit Kosten verb<strong>und</strong>en. Es fällt auf, dass seitens<br />
der Befragten, Jugendliche <strong>und</strong> Erwachsene<br />
gleichermaßen, eher kleine Veränderungen gewünscht<br />
sind, die der alltäglichen Nutzung der<br />
öffentlichen Räume dienen. Große Projekte <strong>und</strong><br />
Investitionen, wie häufi g von den Kommunen<br />
befürchtet, sei es ein neues Schwimmbad oder<br />
ein kompletter Skaterpark, spielten keine Rolle.<br />
Besteht ein Interesse an Beteiligung <strong>und</strong><br />
Mitwirkung?<br />
Auf die Frage, ob ein Interesse an einer Beteiligung<br />
<strong>und</strong> Mitwirkung zur Verbesserung „ihrer“<br />
öffentlichen Räume bestünde, antworteten<br />
r<strong>und</strong> 45% der Befragten mit Ja. Angesichts<br />
der Tatsache, dass es nicht um konkrete Pro-<br />
16 - 19 jährig<br />
12 - 15 jährig<br />
Genussmittel<br />
konsumieren<br />
jekte mit großer<br />
anzunehmender<br />
Betroffenheit<br />
ging, ist dieser<br />
Wert als hoch<br />
einzuschätzen<br />
<strong>und</strong> möglicherweise<br />
auf die<br />
große Nähe vieler<br />
Plätze zu den<br />
Wohnungen <strong>und</strong><br />
auf das geweckte<br />
Interesse nach<br />
dem Interview<br />
zurückzuführen.<br />
Aus Befragungen werden Projekte<br />
Damit nicht nur für sondern auch mit Jugendlichen<br />
geplant wird, werden in den Kommunen<br />
mit der Kinder- <strong>und</strong> Jugendförderung Schweiz<br />
(Infoklick) jugendgerechte Beteiligungsverfahren<br />
in Form von Mitwirkungstagen durchgeführt,<br />
das den jugendlichen Interessen, Möglichkeiten<br />
<strong>und</strong> Besonderheiten (szene- <strong>und</strong> alterstypisch)<br />
gerecht wird. Damit soll der Kreislauf von Problembehebung<br />
– Problemverlagerung durchbrochen,<br />
Verantwortungsbewusstsein <strong>und</strong> Engagement<br />
gestärkt <strong>und</strong> so letztlich organisatorische<br />
(Konfl iktmanagement) <strong>und</strong> investive Kosten<br />
(Beseitigung von Vandalismusschäden) eingespart<br />
werden. Bisher fanden in zwei Kommunen<br />
Mitwirkungstage, an denen auch Vertreter aus<br />
Politik <strong>und</strong> Verwaltung mitwirkten, statt. Dabei<br />
wurden die Ergebnisse der breiten Öffentlichkeit<br />
vorgestellt <strong>und</strong> in Workshops diskutiert sowie<br />
Ideen <strong>und</strong> konkrete Projektvorschläge ausgearbeitet.<br />
In Arbeitsgruppen, die am Mitwirkungs-<br />
Top Thema | 27
Vertreter aus Politik <strong>und</strong> Verwaltung sind bei den Mitwirkungstagen gefragt, um aus den<br />
Ergebnissen der Befragung Projekte zu gestalten.<br />
Links<br />
» www.irap.ch<br />
28 | Top Thema<br />
tag gebildet wurden, konnten die Vorschläge<br />
konkretisiert <strong>und</strong> zu Handlungsempfehlungen<br />
weiterentwickelt werden. Die Projektideen konkretisierten<br />
meist die Ergebnisse der Befragung<br />
<strong>und</strong> reichen von Trinkbrunnen über Klappstuhlverleihe<br />
am Seeufer bis hin zu einer Umbenennung<br />
von Plätzen oder einer stadtweiten Müllvermeidungsstrategie.<br />
Die Ergebnisse wurden<br />
im Rahmen einer Ergebniskonferenz der Öffentlichkeit<br />
präsentiert <strong>und</strong> dem Stadtrat übergeben.<br />
Bei der Umsetzung der Projekte werden<br />
wieder die Bewohner einbezogen.<br />
Resümee<br />
Die Auswahl der Untersuchungsräume erfolgte<br />
häufi g aufgr<strong>und</strong> der Wahrnehmung als "Problemraum"<br />
oder "Brennpunkt", wo mehr Kontrollen<br />
nötig schienen oder der zunehmenden<br />
Vermüllung nachgegangen werden sollte. Die<br />
Befragung ergab, dass Jugendliche sowie Erwachsene<br />
im Allgemeinen zufrieden mit "ihren"<br />
Plätzen sind <strong>und</strong> sie kostenmäßig vergleichsweise<br />
kleine aber für die alltägliche Raumnutzung<br />
wichtige Verbesserungen vorschlagen.<br />
Jugendliche fühlen sich an vielen Plätzen als<br />
Problemgruppe wahrgenommen (durch Polizei,<br />
andere Raumnutzer, Anwohner) <strong>und</strong> mit wenigen<br />
problematischen Jugendlichen in einen<br />
Topf geworfen. Es entsteht der Eindruck, dass<br />
sich wenige (Anwohner, Ladenbesitzer) häufi g<br />
über wenige Jugendliche beschweren, jedoch<br />
viele Jugendliche für die Probleme verantwortlich<br />
gemacht werden. So entsteht eine verzerrte<br />
Wahrnehmung in der Verwaltung (Niemand<br />
hat der Verwaltung seine Zufriedenheit mit den<br />
öffentlichen Räumen k<strong>und</strong>getan). Aus Räumen<br />
zum Entspannen, Rumhängen, <strong>Spiel</strong>en oder<br />
Sport werden Brennpunkte. Die Gefahr besteht<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
Nein<br />
26 - 99 jährig <strong>und</strong> mehr<br />
20 - 25 jährig<br />
16 - 19 jährig<br />
12 - 15 jährig<br />
Vielleicht<br />
Abb. 4: Beteiligungsinteresse nach Altersklassen<br />
darin, dass in der Verwaltung ein Handlungsbedarf<br />
an den eigentlichen Bedürfnissen vorbei<br />
entwickelt wird. Massnahmen wie Verweise<br />
oder mehr Sicherheitskontrollen führen eher zu<br />
einer Verlagerung von Problemen, teils weg von<br />
öffentlichen Plätzen hin zu Wohngebieten, wodurch<br />
sich die Konfl ikte verschärfen können.<br />
Als ein organisatorisches Erfolgskriterium hat<br />
sich die breite Abstützung des Projekts durch<br />
eine interdisziplinäre Steuergruppe erwiesen.<br />
So entwickelte sich die notwendige Dynamik<br />
für eine schnelle Konzept- <strong>und</strong> Umsetzungsphase.<br />
Das Projekt blieb ständig in den Köpfen<br />
präsent – „es tut sich was“. Das Interesse an den<br />
öffentlichen Räumen <strong>und</strong> an einer Mitwirkung<br />
ist groß, wenn man die Jugendliche, Anwohner<br />
etc. vor Ort "abholt". Die direkte Betroffenheit<br />
fördert das Engagement, insbesondere bei Aussicht<br />
auf Realisierung von vorgeschlagenen<br />
Ideen. Durch Beteiligung <strong>und</strong> Mitwirkung wird<br />
das Problembewusstsein, aber auch die Identifi<br />
kation mit dem gemeinsam Geschaffenen <strong>und</strong><br />
Gestalteten gestärkt <strong>und</strong> somit die Qualität<br />
der Resultate nachhaltig gesichert. Es konnte<br />
auch durch den Einbezug der Erwachsenen<br />
(Anwohner, Geschäftsbetreiber etc.) ein „Zurechtrücken“<br />
der allgemeinen vorherrschenden<br />
Problemsicht auf Jugendliche in öffentlichen<br />
Räumen erreicht werden. Schließlich ist der politische<br />
Wille ein entscheidender Faktor, damit<br />
das Engagement nicht in einem Wunschzettel<br />
für die Schublade endet.<br />
Ja<br />
Raim<strong>und</strong> Kemper
FREIRÄUME als Gr<strong>und</strong>lage<br />
nachhaltiger Stadtentwicklung<br />
Uni vor Ort in Klagenfurt<br />
Die Uni vor Ort<br />
Für die Lehre <strong>und</strong> Forschung an der Universität<br />
für Bodenkultur Wien (BOKU) ist der Blick<br />
über die Grenzen Programm. Der Praxisbezug<br />
ist zentraler Bestandteil der Ausbildung in<br />
der Studienrichtung ‚Landschaftsplanung <strong>und</strong><br />
Landschaftsarchitektur‘. In Zusammenarbeit<br />
mit der Kärntner Landeshauptstadt Klagenfurt,<br />
Abteilung Stadtgarten unter der Leitung von<br />
Dipl.-Ing. Heinz Blechl, haben 25 Studierende<br />
mit 2 TutorInnen <strong>und</strong> mir als Lehrveranstaltungsleiterin<br />
eine Woche vor Ort an planerischen<br />
Aufgaben, lösbaren <strong>und</strong> unlösbaren, gearbeitet.<br />
Die umfangreichen Ergebnisse dieser<br />
projektorientierten Übung im 4. Semester wurden<br />
im Plenum mit Vertretern der Abteilungen<br />
Stadtgarten <strong>und</strong> Stadtplanung diskutiert.<br />
Studien- <strong>und</strong> Forschungsort war das Gebiet<br />
zwischen Völkermarkter <strong>und</strong> Pischeldorfer<br />
Straße in Klagenfurt-Ost, da hier die Abteilung<br />
Stadtgarten planerische Probleme <strong>und</strong> Handlungsbedarf<br />
erwartet. Dabei handelt es sich um<br />
zwei sehr unterschiedliche Siedlungsgebiete,<br />
die von neun Arbeitsgruppen mit unterschiedlichen<br />
Themenstellungen untersucht wurden. In<br />
der fünftägigen Projektarbeit vor Ort wurden<br />
die Arbeitsergebnisse des Tages abends vervollständigt,<br />
im Plenum der Studierenden <strong>und</strong> Lehrenden<br />
refl ektiert. In Wien wurde danach ein<br />
umfassender Projektbericht erstellt.<br />
Gute Bau- <strong>und</strong> Freiraumstrukturen aus<br />
schlechten Zeiten<br />
Die Siedlung Haidach/Welzenegg aus den<br />
1950er Jahren überzeugt durch Hausbebauung<br />
auf ehemaligen Selbstversorgerparzellen<br />
<strong>und</strong> bietet Lebensqualität mit Innen- <strong>und</strong> Außenhaus<br />
(I. M. Hülbusch, 1978) für alle. Die zur<br />
Straße orientierten freistehenden Häuser mit<br />
großen Gärten werden aktuell den Lebensphasen<br />
der BewohnerInnen angepasst. Gemeinsam<br />
älter werden <strong>und</strong> gegebenenfalls dichter<br />
mit der nächsten Generation zusammenrücken<br />
wird durch bauliche Nachverdichtung auf der<br />
Parzelle ermöglicht <strong>und</strong> stellt ein sozial <strong>und</strong><br />
städtebaulich nachhaltiges Konzept dar. Die<br />
Studierende der Universität für<br />
Bodenkultur Wien (BOKU) haben<br />
im Rahmen einer projektorientierten<br />
Lehrveranstaltung einen<br />
freiraumplanerischen Beitrag zum<br />
Stadtentwicklungskonzept (SEK)<br />
für Klagenfurt-Ost, Stadtteil<br />
Welzenegg, erarbeitet <strong>und</strong> mit<br />
Vertretern des Gartenamts <strong>und</strong><br />
der Stadtplanung diskutiert. Für<br />
alle Beteiligten war es ein Blick<br />
über die Grenzen der Disziplinen<br />
<strong>und</strong> Institutionen, ein Freiraum<br />
für Erfahrungen <strong>und</strong> ein Dazulernen.<br />
Top Thema | 29
Ausschnitt Realnutzungskartierung: Bau- <strong>und</strong> Freiraumstrukturen (Erhebung 2009); rot: Häuser<br />
auf Selbstversorgerparzellen, blau: Zeilenbau auf großen Gr<strong>und</strong>stücksanlagen mit Abstandsgrün;<br />
Plangr<strong>und</strong>lage: Digitale Katastermappe (DKM)<br />
Gerda Schneider<br />
ist O.Univ.Prof. Dr.Ing.in für<br />
Landschaftsplanung an der<br />
Universität für Bodenkultur<br />
Wien, seit 1994 Institutsleiterin<br />
<strong>und</strong> seit 2006 Leiterin<br />
des Departments für Raum,<br />
Landschaft <strong>und</strong> Infrastruktur.<br />
Als ehemalige Leiterin des<br />
Amtes für Grünanlagen <strong>und</strong><br />
Forsten der Landeshauptstadt<br />
Saarbrücken kennt sie die<br />
Handlungsmöglichkeiten in<br />
der Herstellung hochwertiger<br />
kommunaler Freiräume. Sie ist<br />
Mitbegründerin der Planungsgruppe<br />
‚Landschaft + Stadt‘,<br />
Saarbrücken (1980 - 1992).<br />
30 | Top Thema<br />
vorhandenen Fußwege, Plätze <strong>und</strong> Straßen sind<br />
wichtige Freiräume im Alltagsgebrauch - sie<br />
wurden damals im Bebauungsplan festgelegt<br />
<strong>und</strong> werden von der Abteilung Stadtgarten behutsam<br />
unterhalten <strong>und</strong> erneuert.<br />
In Welzenegg ist das Konzept der vollständigen<br />
Organisation von Freiräumen sehr gut erkennbar<br />
<strong>und</strong> vermittelbar. Das realisierte Gartenstadtkonzept<br />
besteht aus:<br />
privat verfügbaren Freiräumen am Haus - wir<br />
sprechen von der vollständigen Freiraumorganisation<br />
auf der Parzelle,<br />
funktionalen Freiräumen (Kleingartenanlagen)<br />
<strong>und</strong> land- <strong>und</strong> forstwirtschaftlichen<br />
Flächen mit überlagernder <strong>Freizeit</strong>- <strong>und</strong> Erholungsnutzung,<br />
öffentlichen Freiräumen (Parks)<br />
im Stadtquartier <strong>und</strong> Stadtteil.<br />
Diese für den Alltagsgebrauch der Bewohnerinnen<br />
<strong>und</strong> Bewohner vorhandenen guten Praxisbeispiele<br />
<strong>und</strong> damit lokalen Vorbilder sollten<br />
Bewertungsmaßstab für neue Bebauungen sein,<br />
so könnten wir meinen.<br />
Defi zitäre Bau- <strong>und</strong> Freiraumstrukturen<br />
aus reichen Zeiten<br />
Ein neuer Stadtteil mit neuem Zentrum sollte<br />
ab den 1980er Jahren durch Verbauung der<br />
Orsini-Rosenberg Gründe in Welzenegg entstehen.<br />
Es wurde nicht an die qualitätvollen lokalen<br />
Vorbilder des Gartenstadt-Konzeptes angeknüpft,<br />
sondern das städtebauliche Leitbild der<br />
(post)modernen polyzentrischen Stadt gebaut.<br />
„Modern“ in diesem Sinne heißt seit 60 Jahren<br />
„Zeilenbau“ mit Abstandsgrün, <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong><br />
<strong>und</strong> Autoabstellfl ächen. Ein Stadtteilzentrum,<br />
welches im Flächenwidmungsplan ausgewie-<br />
sen ist, konnte seit 30 Jahren in Welzenengg<br />
nicht realisiert werden, Göttin sei Dank! Der<br />
Betonbau mit Geschäften <strong>und</strong> integrierter Fußgängerzone<br />
wäre heute ein Sanierungsfall. In<br />
Konkurrenz zum Konzept des Stadtteilzentrums<br />
mit Binnenversorgung etablierten die Handels-<br />
<strong>und</strong> Gewerbebetriebe an der nördlichen <strong>und</strong><br />
südlichen vierspurigen Ausfallstraße ein städtebauliches<br />
Bandkonzept mit Versorgung an<br />
den Rändern. Die „Amerikanisierung“ des Städtebaus<br />
fokussiert auf den Autoverkehr bei den<br />
postmodernen Gewerbegebieten.<br />
Die (post-)moderne Stadt baut keine öffentlichen<br />
Freiräume mehr. Statt Straßenfreiräumen<br />
werden von Bauträgern straßenähnliche<br />
Privatfahrwege gebaut, statt Parks parkähnliche<br />
Abstandsgrünanlagen. Die Systematik der<br />
Freiräume muss um die Systematik der privaten<br />
Gemeinschaftsgrünfl ächen erweitert werden.<br />
Die „privatisierte“ Ökonomie macht aus den<br />
Freiräumen im besten Falle dekorative Grünfl ächen<br />
mit Defi ziten an öffentlichen Freiräumen.<br />
Eine spätere Realisierung ist nicht oder nur mit<br />
hohem fi nanziellem <strong>und</strong> organisatorischem<br />
Aufwand für die Stadt <strong>und</strong> die BewohnerInnen<br />
möglich. Das ist die Aufgabe, vor der die<br />
Abteilung Stadtgarten in Klagenfurt steht: Das<br />
Verdrängte kehrt als dringender kommunaler<br />
Freiraumbedarf wieder. Es braucht eine primäre,<br />
durchlässige Freiraum-Infrastruktur für die<br />
BewohnerInnen.<br />
Landschafts- <strong>und</strong> Freiraumentwicklungskonzept<br />
als Gr<strong>und</strong>lage des SEK<br />
Stadtentwicklungskonzepte brauchen als<br />
Korrektiv der (post)modernen Leitbilder <strong>und</strong><br />
Werthaltungen einen Fachbeitrag, ein Landschafts-<br />
<strong>und</strong> Freiraumentwicklungskonzept in<br />
Verantwortung der Gartenämter, hier der Abteilung<br />
Stadtgarten Klagenfurt, in Zusammenarbeit<br />
mit der Stadtplanung.<br />
Welzenegg – ein alt gewordener Stadtteil, der<br />
sich verjüngt: Nachverdichten auf Parzellen<br />
heißt fl ächensparend bauen <strong>und</strong> das will gelernt<br />
sein. Die aus ‚Good-Practice Beispielen‘<br />
abgeleiteten Planungsprinzipien <strong>und</strong> die zugehörigen<br />
Freiraumzonierungen sind als Vorbilder<br />
zu vermitteln.<br />
Welzenegg – ein neuer Stadtteil, der älter<br />
wird: Geschoßwohnungsbau mit Abstandsgrün<br />
auf großen Gr<strong>und</strong>stücksanlagen erzeugt nicht<br />
Stadtqualität. Der SEK sollte zum Ziel haben,<br />
die freiraumplanerischen Defi zite abzubauen<br />
<strong>und</strong>, soweit wie möglich, die vollständige Organisation<br />
von Freiräumen unter ökologischen
<strong>und</strong> sozio-ökonomischen Gesichtspunkten <strong>und</strong><br />
die Flächennutzungen darstellen. Dazu sind<br />
netzartige Freiräume mit Fuß- <strong>und</strong> Radwegen,<br />
die westliche Fortführung des Donauschwabenparks<br />
<strong>und</strong> die Schaffung neuer kommunaler<br />
Freiräume im SEK u.a. darzustellen.<br />
Die Lebensqualität in Welzenegg erhalten heißt,<br />
die letzten unverbauten Flächen als Freiräume<br />
zu sichern. Die Meinung der Bewohnerinnen<br />
<strong>und</strong> Bewohner ist gefragt. Ähnlich den erprobten<br />
Partizipationsprinzipien aus Prozessen<br />
der Lokalen Agenda 21 könnten Jung <strong>und</strong> Alt<br />
sowie verschiedene ethnische Gruppierungen<br />
unter den Stichworten Diversity <strong>und</strong> Integratives<br />
Wohnen in Welzenegg miteinander ins Gespräch<br />
kommen – auch ein Blick über die Grenzen<br />
zu gemeinsamen Perspektiven im Stadtteil.<br />
Der planerische Blick über Grenzen<br />
schafft Handlungsfreiräume<br />
Das Entwicklungskonzept „Gartenstadt Klagenfurt“<br />
ist anspruchsvoll, weil es die kritische Refl<br />
exion <strong>und</strong> Einmischung der Freiraumplanung<br />
in Architektur <strong>und</strong> Stadtplanung einschließt:<br />
Nachhaltige, alterungsfähige Bau- <strong>und</strong> Freiraumstrukturen<br />
mit einer Geschossfl ächenzahl<br />
von 1,2 (bisherige Baudichte der neuen Siedlungserweiterung)<br />
sind auch mit Häusern <strong>und</strong><br />
Gärten realisierbar. Hinzu kommen städtische<br />
Freiraum- <strong>und</strong> Versorgungsinfrastruktur. Die<br />
Studierenden haben vor Ort erfahren, dass die<br />
Neuaufstellung programmatischer Pläne, hier<br />
das Stadtentwicklungskonzept, ein Anlass für<br />
die Überprüfung der planerischen Leitbilder<br />
<strong>und</strong> Werthaltungen sein kann <strong>und</strong> von Anbeginn<br />
Freiraumentwicklung differenziert als eigenständige<br />
Fachplanung mitzudenken ist.<br />
Die mit großem Engagement vom Stadtgarten<br />
hergestellten <strong>und</strong> unterhaltenen Freiräume wie<br />
der Welzenegger Park, der Volkspark, der Freiraum<br />
an der Glan, die Freiräume der Straßen,<br />
Fuß- <strong>und</strong> Radwege <strong>und</strong> die dysfunktionalen<br />
Freiräume (Wäldchen) als <strong>Spiel</strong>- <strong>und</strong> Streifräume<br />
der Kinder, Jugendlichen <strong>und</strong> Erwachsenen<br />
sind Gr<strong>und</strong>lage nachhaltiger Freiraum- <strong>und</strong><br />
damit der Stadtentwicklung. Wünschenswert<br />
wäre es, sie in der beschriebenen interdisziplinären<br />
Vernetzung zu ergänzen <strong>und</strong> weiterzuentwickeln.<br />
Das Projekt hat gezeigt, wie in einer lebendigen,<br />
produktiven Auseinandersetzung zwischen<br />
Praxis <strong>und</strong> Theorie bzw. zwischen Landschafts-<br />
<strong>und</strong> Stadtplanung ein produktives Miteinander<br />
entstehen kann: inter- <strong>und</strong> transdisziplinär.<br />
Gerda Schneider<br />
Studentinnen präsentieren im Stadtgarten Klagenfurt Ergebnisse der fünftägigen Projektarbeit<br />
vor Ort.<br />
Studierende der Landschaftsplanung <strong>und</strong> Landschaftsarchitektur zeichnen die Ergebnisse ihrer<br />
Kartierungen von Bau- <strong>und</strong> Freiraumstrukturen in die Realnutzungskarte ein.<br />
Links<br />
» www.rali.boku.ac.at/ilap.html<br />
» www.boku.ac.at/<br />
Top Thema | 31
Madrid: Salon de Pinos<br />
Sechs Kilometer <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>promenade<br />
32 | Top Thema<br />
Der Bürgermeister von Madrid realisiert derzeit ein<br />
hochambitioniertes städtebauliches Projekt: die Verlegung<br />
der Ringautobahn M-30 in Tunnel um im Innenstadtbereich<br />
mehr grüne Freifl äche zu schaffen. So<br />
entstand als Teilprojekt ein öffentlicher Pinienwald am<br />
Fluss Manzanares, der „Salon de Pinos“ mit 10 <strong>Spiel</strong>plätzen.<br />
Für das innovative <strong>und</strong> harmonische Konzept<br />
dieser grünen <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>promenade erhielt Madrid den<br />
„Golden Swing Award“ der ExpoAlcaldia 2010.<br />
Madrid erstrahlt neuerdings in Grün statt Grau:<br />
Beeindruckende 43 Kilometer Autobahnasphalt<br />
wurden im Rahmen des Projektes unter die<br />
Stadt verlegt. Eine Infrastrukturmaßnahme in<br />
dieser Größenordnung braucht einen sehr guten<br />
Masterplan. Der stammt in diesem Fall von<br />
dem international renommierten Planungsbüro<br />
West8 aus Rotterdam in Zusammenarbeit mit<br />
dem spanischen Büro MRIO. Christian Dobrick,<br />
Projektleiter bei West8, erläutert die Idee des<br />
großen Ganzen: „Der Entwurf basiert auf dem<br />
Konzept „3+30“ – das davon ausgeht in einer<br />
städtebaulichen Entwicklung von 120 Hektar<br />
eine Trilogie von Schwerpunkten zu gestalten,<br />
die eine Gr<strong>und</strong>struktur gewährleisten. Darauf<br />
baut eine Anzahl von Projekten mit verschiedener<br />
untergeordneter Bedeutung auf, die die<br />
Stadtstruktur ergänzen oder reparieren.“<br />
Gestaltungsaufgabe: 120 ha Freiraum<br />
Insgesamt umfasst das Projekt 120 Hektar neu<br />
zu gestaltenden Freiraum. Dieser wurde in drei<br />
große Schwerpunktbereiche eingeteilt: den<br />
40 Hektar großen “Parque de Arganzuela” am<br />
Fluss Manzanares, die Uferpromenade “Salón<br />
de Pinos” <strong>und</strong> die “Avenida de Portugal” als eine<br />
der wichtigsten Einfallstraßen. Daraus folgten<br />
47 Teilprojekte: So wird neben verschiedenen<br />
Plätzen, Boulevards <strong>und</strong> Parkanlagen auch eine<br />
Gruppe von Brücken realisiert, die die Verbindung<br />
der Stadtteile entlang des Flusses verbessern.<br />
Die Realisierungsphase startete im Frühjahr<br />
2007 <strong>und</strong> wird 2011 mit der Gestaltung<br />
des „Parque de Arganzuela“ enden. Im Februar<br />
dieses Jahres wurde der „Salon de Pinos“ fertiggestellt<br />
<strong>und</strong> eröffnet.<br />
Salon de Pinos – 6 km Pinienwald<br />
Durch die unterirdische Verlegung der Autobahn<br />
wurde ein sechs Kilometer langer <strong>und</strong><br />
etwa 20 Meter breiter Uferstreifen in direkter<br />
Nachbarschaft von dichter Bebauung gewonnen.<br />
Da es dort ganz allgemein an öffentlichen<br />
<strong>und</strong> privaten Grünfl ächen <strong>und</strong> im Besonderen<br />
an Bewegungsräumen für Kinder fehlte, ent-
Durch die Verlegung der Autobahn entstand ein 20 bis 25 Meter breiter Grünstreifen am jedem Ufer, der „Salon de Pinos“.<br />
wickelten West8 <strong>und</strong> MRIO die Idee eines Pinienwaldes<br />
mit mehreren <strong>Spiel</strong>plätzen – ganz<br />
im Sinne eines grünen Salons für die Bewohner<br />
der angrenzenden Stadtteile. Der Wald muss<br />
zwar noch weiter in die Höhe wachsen, ist<br />
aber schon gepfl anzt. Dobrick erklärt das Konzept:<br />
„Der „Salon de Pinos“ wurde als linearer<br />
Grünraum gestaltet, welcher entlang des Flusses<br />
Manzanares die bestehenden <strong>und</strong> neu konzipierten<br />
städtischen Freiräume miteinander<br />
verbindet. Fast gänzlich über dem Körper des<br />
Autobahntunnels gelegen wurde die Referenz<br />
zur Flora der Bergwelt am Rande Madrids gewählt.<br />
Die Pinie als resistenter Baum, welcher<br />
es vermag, auf dem kargen Felsen zu überleben,<br />
ist das Leitgehölz <strong>und</strong> wurde mehr als 8.000<br />
Mal gepfl anzt. Eine „Choreografi e“ der Baumpfl<br />
anzung mit einem Repertoire von Schnitt,<br />
Auswahl charakteristisch gewachsener Gehölze,<br />
kombinierte <strong>und</strong> schräge Pfl anzung führt zu<br />
einem natürlichen <strong>und</strong> skulpturalen Charakter,<br />
der den Raum zu einem Botanischen Monument<br />
werden lässt. Eine Vielzahl von Tests, sorgsame<br />
Auswahl der Gehölze <strong>und</strong> Materialien, der<br />
Entwurf einer Baumstütze mit Referenz an die<br />
Stierhörner <strong>und</strong> die technischen Lösungsansätze<br />
des Aufbaus der Substrate auf dem Tunnel<br />
dokumentieren den komplexen Charakter dieser<br />
Parkanlage in der Stadt.“<br />
10 <strong>Spiel</strong>plätze – 10 Themen<br />
Für die bewegungshungrigen Kinder <strong>und</strong> Jugendliche<br />
des angrenzenden Hochhausviertels sind<br />
die <strong>Spiel</strong>plätze mit ihren zahlreichen <strong>Spiel</strong>geräten<br />
das Wichtigste – <strong>und</strong> letztere kommen aus<br />
Bayern: Über den Pinienwald des Uferbereiches<br />
verteilt gibt es 10 verschiedene <strong>Spiel</strong>plätze, die<br />
jeweils unterschiedliche Schwerpunkte anbieten<br />
z. B. „Kleinkinder-<strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>“, „Geschwindigkeit“,<br />
„Balancieren <strong>und</strong> Relaxen“, „Kletterwald“,<br />
„Integrativer „<strong>Spiel</strong>wald im Pinienwald: Die hellen Robinienstäm-<br />
<strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>“<br />
<strong>und</strong> andeme heben sich von den dunklen Pinien ab <strong>und</strong> defi -<br />
re. Insgesamt nieren ikonenhafte eigene Plätze für Kinder.“<br />
wurden etwa<br />
Christian Dobrick, West8, Rotterdam<br />
70 einzelne<br />
<strong>Spiel</strong>möglichkeiten<br />
aufgebaut, darunter ein Kletterwald,<br />
eine kleine Artistenanlage, unterschiedlichste<br />
Rutschen, Wackelwannen, Wippen, Balanceklötze,<br />
Drehscheiben, Hängematten, Seilspielgeräte<br />
<strong>und</strong> Schaukeln aller Art, sowie generationenübergreifende<br />
<strong>Spiel</strong>e wie Murmeltisch <strong>und</strong><br />
Kurvenbahn - aber auch Akustikgeräte wie ein<br />
Tanzglockenspiel <strong>und</strong> ein Röhrendendrophon.<br />
An der Detailkonzeption der Plätze war der<br />
Hersteller Richter <strong>Spiel</strong>geräte maßgeblich beteiligt.<br />
Alle <strong>Spiel</strong>plätze sind für alle Altersklassen<br />
bis hin zu jung gebliebenen Erwachsenen<br />
konzipiert, darüber hinaus gibt es <strong>Spiel</strong>optionen<br />
für Kleinstkinder <strong>und</strong> Senioren. Durch die unterschiedlichen<br />
Themenschwerpunkte regen die<br />
Plätze zum Wechseln an, so dass sich einzelne<br />
Kinder(gruppen) nicht unbedingt auf einen<br />
Platz fi xieren.<br />
<strong>Spiel</strong>geräte für Behinderte<br />
Einer der <strong>Spiel</strong>plätze liegt in der Nähe einer<br />
Schule <strong>und</strong> ist als integrativer Platz behindertengerecht<br />
umgesetzt: Hier gibt es nicht nur<br />
ein rollstuhlgerechtes Karussell <strong>und</strong> eine ebensolche<br />
Wippe, sondern auch eine Schaukel, die<br />
Kraft von dem einen Benutzer auf den anderen<br />
überträgt. So können sich eingeschränkte <strong>und</strong><br />
ges<strong>und</strong>e Kinder bzw. Betreuer in ihrer Wechselwirkung<br />
erleben. An der Rollstuhlfahrerrutsche<br />
mit Einsitzverlängerung in 50cm Höhe können<br />
Behinderte selbst auf die Rutsche gelangen <strong>und</strong><br />
mittels Haltebügel losrutschen. Ebenso ist am<br />
Rutschenende ein verlängerter Auslauf in 50cm<br />
Links<br />
» www.west8.com<br />
» www.richter-spielgeraete.de<br />
Top Thema | 33
Das grüne Vorzimmer bringt dringend benötigte grüne Freifl ächen in den dicht bebauten Stadtteil.<br />
Die noch jungen kleinen Pinien werden bald einen Schatten spendenden Wald bilden.<br />
34 | Top Thema<br />
Höhe, um das Umsetzen in den Rollstuhl leicht<br />
zu machen. Während der bewegungseingeschränkte<br />
Mensch rutscht, kann ein Helfer den<br />
Rollstuhl über eine Rampe nach unten bringen<br />
zum Auslauf.<br />
<strong>Spiel</strong>wald im Pinienwald<br />
Das Gestaltungskonzept der <strong>Spiel</strong>plätze möchte<br />
den Pinienwald im Sinne eines verzauberten<br />
<strong>Spiel</strong>waldes weiter interpretieren <strong>und</strong> alle<br />
Elemente miteinander verbinden. So wird die<br />
Waldanmutung auf den <strong>Spiel</strong>plätzen in Form<br />
von <strong>Spiel</strong>strukturen aus Robinienstämmen fortgesetzt.<br />
„Die hellen Stämme heben sich von den<br />
dunklen Pinien ab <strong>und</strong> defi nieren ikonenhafte<br />
eigene Plätze für Kinder.“ sagt Dobrick. Eine so<br />
ungewöhnlich schöne Defi nition von <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong><br />
gibt es natürlich nicht einfach von der Stange.<br />
Die Architektin Stefanie Idler, Projektplanerin<br />
bei Richter, erklärt: „Wir haben unser Katalogprogramm<br />
für dieses Projekt modifi ziert, um<br />
die Idee optimal umzusetzen: So bildet die geschälte<br />
Robinie teilweise die Gr<strong>und</strong>struktur von<br />
<strong>Spiel</strong>geräten, die sonst aus anderen Hölzern<br />
gefertigt werden. Auch haben wir die Maße<br />
der Strukturen <strong>und</strong> die Höhe der Stämme angepasst,<br />
um den Eindruck eines verzauberten<br />
<strong>Spiel</strong>waldes zu verstärken.“<br />
In Planung: zwei Großspielplätze im<br />
„Parque de Arganzuela“<br />
Alberto Ruiz Gallardon, Bürgermeister von<br />
Madrid, hat sich für weitere innovative <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>defi<br />
nitionen entschieden: Bis 2011 wird<br />
der „Parque de Arganzuela“ fertig gestellt, mit<br />
40 Hektar das größte Teilprojekt. Das Leitmotiv<br />
Integrativer <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>. Hier: die Rollstuhlfahrerrutsche<br />
mit Ein- <strong>und</strong> Ausstiegsfl ächen <strong>und</strong> Haltebügel.<br />
des Parks ist das Wasser. So liegt der kanalisierte<br />
<strong>und</strong> gedämmte Fluss Manzanares vertieft<br />
in einem architektonischen Bett. Der Park soll<br />
mit den verschiedenen Emotionen <strong>und</strong> Landschaftsbildern<br />
im Kontext des Wassers spielen<br />
<strong>und</strong> somit dieses Element spürbar <strong>und</strong> erlebbar<br />
machen. Geplant sind zwei sehr große<br />
<strong>Spiel</strong>plätze, die das allgemein übliche Format<br />
sprengen: Jeder <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong> wird 750 Quadratmeter<br />
groß sein. Einer wird als Rutschenhügel<br />
mit acht verschiedenen Rutschen ausgeführt,<br />
die auf unterschiedlichen Levels beginnen <strong>und</strong><br />
somit <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>besuchern aller Altersklassen<br />
<strong>und</strong> Mobilitätsgrade <strong>Spiel</strong>möglichkeiten bieten:<br />
Sie können im Wettbewerb nebeneinander rutschen<br />
oder zu zweit auf einer breiten Rutsche,<br />
zudem soll es sich kreuzende Rutschen geben,<br />
eine durch die Erde führende <strong>und</strong> eine Rollstuhlfahrerrutsche.<br />
Als zweiter <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong> ist,<br />
um das Thema Wasser aufzugreifen, eine große<br />
Kletterkombination mit Schwingelementen in<br />
der Anmutung angeschwemmten Treibholzes<br />
geplant - scheinbar chaotisch angeordnet.<br />
„Wir sind sicher, dass diese außergewöhnliche<br />
Größenordnung in Madrid funktioniert“, ist Dobrick<br />
überzeugt. Und dass das Planerteam ein<br />
gutes Gespür für den Bedarf der Madrilenen<br />
hat, zeigt der „Salon de Pinos“. Seit der Eröffnung<br />
im Februar ist der Park hoch frequentiert:<br />
Anwohner aller Altersklassen nutzen ihr neues<br />
grünes Vorzimmer <strong>und</strong> fl anieren, spielen, joggen,<br />
skaten oder halten ein Schwätzchen auf<br />
einer der zahlreiche Parkbänke. Der Salon wird<br />
seinem Namen <strong>und</strong> der dahinter liegenden Idee<br />
mehr als gerecht.<br />
Dagmar Thiemann
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Top Thema | 35
<strong>Spiel</strong>plätze in Europa<br />
36 | Top Thema<br />
Wir haben Planer <strong>und</strong> <strong>Spiel</strong>gerätehersteller<br />
nach Trends in<br />
verschiedenen Ländern befragt.<br />
Ganz subjektiv ist die Wahl der<br />
Länder <strong>und</strong> der Ansprechpartner<br />
– lebendig das Panorama, das<br />
sich daraus ergibt.<br />
Ralph Käfer, Verkaufsleiter Proludic, Deutschland<br />
FreeLounge: <strong>Spiel</strong>plätze sehen nicht überall verschieden aus, aber<br />
es gibt schon Unterschiede <strong>und</strong> Trends in Europa, oder?<br />
Ralph Käfer: Auf jeden Fall. Nehmen wir zum Beispiel England.<br />
Aus Kostengründen werden dort mehr <strong>und</strong> mehr kleine <strong>Spiel</strong>plätze<br />
in den Kommunen rückgebaut <strong>und</strong> durch größere Anlagen für unterschiedliche<br />
Altersgruppen ersetzt. Die Kontrollen <strong>und</strong> die Wartung<br />
sind preiswerter, wenn weniger <strong>Spiel</strong>plätzen betreut werden<br />
müssen. Der Nachteil sind die weiteren Wege; die Ausstattung ist<br />
jedoch in der Regel sehr gut. Das liegt auch daran, dass seit ein<br />
paar Jahren ein fester Prozentsatz der Einnahmen aus der Staatslotterie<br />
für <strong>Spiel</strong>plätze investiert wird. Das zeigt Wirkung. Bei der<br />
Gestaltung fällt auf, dass viel mit großen farbigen Fallschutzfl ächen<br />
gearbeitet wird. Im benachbarten Irland <strong>und</strong> Schottland wird<br />
dagegen mehr Wert auf eine naturnahe Gestaltung gelegt.<br />
FreeLounge: Gibt es Entwicklungen, die Sie sich auch für Deutschland<br />
wünschen würden?<br />
Ralph Käfer: Mir gefällt, dass in den Niederlanden sehr viele Minispielfelder<br />
mitten in Wohngebieten eingerichtet werden, ohne<br />
dass es offenbar zu Schwierigkeiten mit den Anwohnern kommt.<br />
Diese Toleranz gibt es in Deutschland leider nicht.<br />
FreeLounge: Welche Unterschiede fi nden Sie noch charakteristisch?<br />
Ralph Käfer: In Frankreich gibt es schon seit längerem ein großes<br />
Interesse an Themenspielplätzen. Diese großen Themenparks<br />
werden von Kindern <strong>und</strong> Erwachsenen gleichermaßen gerne <strong>und</strong><br />
häufi g genutzt. Der Hersteller wird sehr früh in die Planung mit<br />
eingeb<strong>und</strong>en.
Carmela Bogman,<br />
Kunst <strong>und</strong> Gestaltung im<br />
öffentlichen Raum, Niederlande<br />
Wenn Kinder draußen spielen, ist die Natur<br />
immer der Ausgangspunkt. Rennen, Verstecken,<br />
Bauen <strong>und</strong> Klettern sind Elemente, die<br />
bei Kindern die Fantasie anregen. Ein toller<br />
Kletterbaum, hohes Gras zum Verstecken <strong>und</strong><br />
kurzes Gras auf dem Fußballplatz - wenn es<br />
diese Bausteine gibt, braucht man nur noch<br />
wenige Dinge, um einen der besten <strong>Spiel</strong>plätze<br />
zu bauen. Kinder sehen Möglichkeiten – Eltern<br />
die Gefahr. Sie vergessen oft, was sie selbst als<br />
Kinder gerne getan haben. Absolute Sicherheit<br />
ist absolut langweilig.<br />
In den Niederlanden wird immer mehr Wert<br />
darauf gelegt, dass Kinder frei spielen <strong>und</strong> sich<br />
selbst <strong>und</strong> ihre Fähigkeit dabei entdecken. Die<br />
Zeiten sind vorbei, als <strong>Spiel</strong>plätze mit Geräten<br />
ausgestattet wurden, die ganz eindimensional<br />
zu einer Bewegung oder einem Verhalten<br />
ermunterten. Es geht heute darum, die Fantasie<br />
der Kinder anzuregen. Ich würde mir noch<br />
mehr naturnahe <strong>Spiel</strong>plätze in den Städten<br />
wünschen. Das hat zwei Vorteile: Es gibt nicht<br />
nur abenteuerliche, schöne <strong>Spiel</strong>plätze, sondern<br />
auch mehr grüne Inseln in der Stadt. Doppelter<br />
Nutzen.<br />
Bruno Dúran,<br />
<strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>ausstatter, Spanien<br />
Kinder in Spanien lieben es, wenn es auf<br />
den <strong>Spiel</strong>plätzen etwas zu entdecken gibt.<br />
Zum Beispiel wenn die Geräte als Häuser<br />
oder Burgen gestaltet sind. Auch Schaukeln<br />
<strong>und</strong> Federobjekte fi nden großen Anklang.<br />
Eltern erwarten Sicherheit <strong>und</strong><br />
saubere <strong>Spiel</strong>plätze. Es ist gar nicht lange<br />
her, dass man in Spanien noch <strong>Spiel</strong>plätze<br />
gesehen hat, auf denen die Geräte vom<br />
Schmied hergestellt worden waren. Es hat<br />
sich seitdem viel verändert sowohl was das<br />
Design als auch was die Sicherheit anbelangt.<br />
Der Trend geht in Spanien zu <strong>Spiel</strong>geräten,<br />
die eine hohe Qualität bieten <strong>und</strong><br />
wartungsarm sind.<br />
In der Gemeinde Heerhugoward nördlich von Amsterdam hat Carmela Bogman gemeinsam mit<br />
Kindern eine abenteuerlichen <strong>Spiel</strong>raum mit viel Platz zum Bewegen, einem Bambusdschungel<br />
<strong>und</strong> <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>elementen geplant.<br />
Johann Helgi Hlodversson, <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>ausstatter, Island<br />
Schaukeln <strong>und</strong> Plätze für Ballspiele sind in Island sehr populär. Die Kinder bewegen<br />
sich auch gerne auf Trampolinen <strong>und</strong> Karussells. Sehr gut kommen zudem <strong>Spiel</strong>geräte<br />
an, die viele Möglichkeiten verbinden, zum Beispiel mit Rutschen <strong>und</strong> Kletterwänden,<br />
oder durch Themen wie Schiffe die Kinder zu Rollenspielen anregen. Trotz<br />
allem glaube ich, dass in Island die gute alte Schaukel nach wie vor ganz oben auf<br />
der Liste steht. Für Eltern müssen <strong>Spiel</strong>plätze vor allem sicher sein <strong>und</strong> möglichst<br />
wenig Betreuung der Kinder fordern. Sicherheit ist ein aktuelles Thema in Island, da<br />
im Mai ein vierjähriges Kind bei einem <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>unfall in einer Wohnsiedlung ums<br />
Leben gekommen ist. Das Seil der Schaukel, die für den Gebrauch für Privatgärten<br />
bestimmt war, hatte sich um den Hals des Jungen gelegt.<br />
In den letzten Jahren hat sich das Angebot der <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>ausstattung enorm verbessert.<br />
Die Geräte bieten mehr High-Tech <strong>und</strong> sind komplexer geworden. Durch die<br />
Auswahl von Materialien wie Stahl, Aluminium <strong>und</strong> Gummi sind die <strong>Spiel</strong>objekte<br />
heute langlebiger <strong>und</strong> wartungsärmer. Das wirkt sich auch auf ihre Sicherheit aus.<br />
Eine echte Marktinnovation ist die Integration von Computertechnologie in <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>geräte.<br />
Mit der Entwicklung der letzten Jahre bin ich sehr zufrieden. Der starke<br />
Wettbewerb unter den Herstellern wird auch weiterhin für Verbesserungen in Design<br />
<strong>und</strong> Qualität sorgen.<br />
Top Thema | 37
38 | Report
Landesgartenschauen<br />
Katalysatoren für die Stadtentwicklung<br />
Landesgartenschauen sind immer noch Höhepunkte gärtnerischer <strong>und</strong><br />
landschaftsgestalterischer Projekte. Immer mehr Städte nutzen sie aber<br />
auch als nachhaltige Investitionen in die Infrastruktur. Bestehende Parkanlagen<br />
erhalten neuen Glanz. Brachfl ächen werden zu neuen Parks<br />
oder attraktiven urbanen Wohngebieten. Vielfältige <strong>Spiel</strong>plätze bereichern<br />
kindliche Betätigungsfelder. Die innerstädtische Aufenthalts- <strong>und</strong><br />
Wohnqualität wird dauerhaft verbessert. FreeLounge hat einen Blick auf<br />
die sechs Landesgartenschauen 2010 geworfen.<br />
Aschersleben<br />
Die Landesgartenschau Aschersleben fi ndet auf<br />
fünf mit einander vernetzten Teilfl ächen im<br />
Stadtzentrum statt: Herrenbreite, Bestehornpark,<br />
Stadtpark, Eine-Terrassen <strong>und</strong> Olearius-<br />
R<strong>und</strong>weg. Der Universalgelehrte <strong>und</strong> berühmte<br />
Sohn der Stadt Adam Olearius (1599-1671) inspirierte<br />
mit seinen wissenschaftlichen Arbeiten<br />
die Landschaftsarchitekten, die große weite<br />
Welt nach Aschersleben zu holen. Mit gestalterischen<br />
Elementen wie zum Beispiel Pfl anzungen<br />
nach Tierkreiszeichen, kuriose <strong>Spiel</strong>skulpturen<br />
oder künstlerischen Installationen wird<br />
seinem Wirken eine Reminiszenz erwiesen.<br />
Die historische Fläche der Herrenbreite behält<br />
ihr ursprüngliches Gr<strong>und</strong>gerüst. Moderne Wasserspiele,<br />
Pfl anzenfelder <strong>und</strong> Kunstobjekte bereichern<br />
harmonisch die Anmutung des Parks.<br />
„Erleben“ werden die Besucher <strong>Spiel</strong>landschaften,<br />
Flächen der Ruhe, Themengärten <strong>und</strong> nicht<br />
zuletzt kulturelle Ereignisse. Der Bestehornpark<br />
ist ein wichtiger Verbindungspunkt zwischen<br />
den Gebieten Herrenbreite <strong>und</strong> Stadtpark. Unter<br />
dem Motto „Erlernen“ fi ndet hier das „Grüne<br />
Klassenzimmer“ seinen Platz. Unter der Überschrift<br />
,,Erinnern“ werden im Stadtpark die<br />
historischen Wegebeziehungen sowie der Rosengarten<br />
(Rosarium) wiederhergestellt. Die Errichtung<br />
einer Pfl anzenbibliothek (Phytothek),<br />
<strong>Spiel</strong>- <strong>und</strong> Kunstkammern stehen in diesem<br />
Park im Mittelpunkt. Die Eine-Terrassen dienen<br />
der Erholung. Eine vom Stadtpark aus begehba-<br />
re Oase am Flusslauf mit bequemen Sitz- <strong>und</strong><br />
Liegemöbeln, Freifl ächen <strong>und</strong> großzügiger Bepfl<br />
anzung lädt zum Entspannen ein. An den<br />
Eine-Terrassen beginnt der Olearius-R<strong>und</strong>weg,<br />
der über den Promenadenring in die Altstadt<br />
führt.<br />
Bad Essen<br />
Bad Essen blüht auf: Die Gemeinde steht ganz<br />
im Zeichen der neuen niedersächsischen Landesgartenschau.<br />
Ein Ort, wie gemacht für ein<br />
sommerlanges Fest von Gartenkunst <strong>und</strong> –Kultur,<br />
mitten im schönen Osnabrücker Land, im<br />
Naturpark TerraVita <strong>und</strong> in der Varus-Region<br />
gelegen. Bad Essen schmiegt sich im Süden an<br />
die Höhen des Wiehengebirges <strong>und</strong> öffnet sich<br />
zur fl achen Tiefebene im Norden. Dazu malerische<br />
Fachwerkhäuser im historischen Ortskern,<br />
mit einem Kirchplatz, der als einer der<br />
schönsten Norddeutschlands gilt. Nicht zuletzt<br />
punktet Bad Essen mit Schloss Ippenburg <strong>und</strong><br />
den Ippenburger Gärten, einem Gartenparadies<br />
für Kenner <strong>und</strong> Genießer – all dies fügt sich zu<br />
einer attraktiven Kulisse für die Gartenschau<br />
2010.<br />
Jetzt ist Bad Essen ein Blütenmeer: Kur- <strong>und</strong><br />
Parkanlagen wurden behutsam modernisiert.<br />
Der neue Solepark, der daraus entstand, zeigt<br />
attraktive Ausstellungbeiträge, wie beispielsweise<br />
jenen der Friedhofsgärtner oder die Himmelsterrasse<br />
der Kirchen, <strong>Spiel</strong>bereiche <strong>und</strong> vor<br />
allem eine architektonisch spektakuläre „Sole-<br />
Report | 39
Neues Gradierwerk SoleArena, Landesgartenschau Bad Essen<br />
Goldsucher auf dem Abenteuerspielplatz „Zwergengold“, Landesgartenschau Hemer<br />
Stadtpark mit Blick auf das Gärtnerhaus des Kirchengartens, Landesgartenschau Aschersleben<br />
40 | Report<br />
Arena“. Unkonventionelle Blumenschauen im<br />
ehemaligen Hallenbad bieten Anregungen zur<br />
Dekoration von Haus <strong>und</strong> Garten <strong>und</strong> werden<br />
zum unvergesslichen Blütenfest. Auch durch<br />
das große Engagement der „grünen Branche“<br />
konnten über 100 Themengärten <strong>und</strong> Ausstellungsbeiträge,<br />
davon mehr als 60 in den<br />
Heckenkabinetten von Schloss Ippenburg, realisiert<br />
werden. Besonders sehenswert ist der<br />
neue Küchengarten in den historischen Mauern<br />
des Schlossküchengartens. Attraktive Fuß- <strong>und</strong><br />
Radwege schaffen neue Verbindungen zwischen<br />
Bad Essen, dem Ortsteil Lockhausen <strong>und</strong><br />
dem Blumenparadies Schloss Ippenburg, Unterschiedliche<br />
Veranstaltungen versprechen Spaß,<br />
<strong>Spiel</strong> <strong>und</strong> Spannung.<br />
Die Gartenschau hat die Gemeinde schon jetzt<br />
über die Grenzen Niedersachsens hinaus bekannt<br />
gemacht. Das landesweite Marceting setzt<br />
wichtige Impulse für die Tourismusentwicklung<br />
in Bad Essen <strong>und</strong> im Landkreis Osnabrück mit<br />
b<strong>und</strong>esweiter Ausstrahlung. Die Investitionen<br />
in den Bau „grüner Infrastruktur“ sind nicht<br />
nur ein kurzfristiges regionales Konjunkturprogramm,<br />
sondern auch strukturpolitische <strong>und</strong><br />
regionalwirtschaftliche Standortentwicklung<br />
– das betrifft neben dem Tourismus vor allem<br />
den Bereich der Ges<strong>und</strong>heitswirtschaft <strong>und</strong> des<br />
Einzelhandels.<br />
Bad Nauheim<br />
Die Landesgartenschau 2010 trägt dazu bei,<br />
dass die Ges<strong>und</strong>heitsstadt Bad Nauheim mit<br />
ihrem schönen von Jugendstil geprägten Flair<br />
um einige (er)lebenswerte Attraktionen reicher<br />
wird. Mit dem Kurpark, bereits Mitte des 19.<br />
Jahrh<strong>und</strong>erts von Heinrich Siesmayer geplant,<br />
<strong>und</strong> dem neu gestalteten Goldsteinpark verfügt<br />
die Stadt Bad Nauheim über geradezu ideale<br />
Flächen für Hessens größtes Sommerfestival<br />
mit r<strong>und</strong> 1.500 Veranstaltungen. Die Jugendstilanlagen<br />
von Weltruhm, die wiedergeschaffenen<br />
Blickachsen <strong>und</strong> die alten Gradierbauwerke<br />
bilden die einmalige städtische Kulisse aus<br />
Natur <strong>und</strong> Technik, Tradition <strong>und</strong> Moderne. Die<br />
Parklandschaft präsentiert sich im Jahr 2010<br />
mit schönem Baumbestand, prachtvollen Sträuchern,<br />
sanften Wiesenfl ächen <strong>und</strong> prachtvollen<br />
Blumenbeeten. Als Oase der Ruhe <strong>und</strong> Entspannung<br />
für die Bürgerinnen <strong>und</strong> Bürger von Bad<br />
Nauheim sowie die Besucher aus Nah <strong>und</strong> Fern<br />
wird der Kurpark auch künftig das Herzstück<br />
der Stadt sein.
Bachgärten am Hammerbach, Landesgartenschau Rosenheim<br />
Das ehemalige Goldsteinwäldchen ist zu einem<br />
attraktiven Bürgerpark mit verschiedenen Aufenthalts-<br />
<strong>und</strong> aktiven Erlebnisbereichen umgestaltet.<br />
Hier wurde eine Parkanlage geschaffen,<br />
die durch dichte Wald- <strong>und</strong> offene Wiesenfl ächen<br />
charakterisiert wird <strong>und</strong> der aktiven Erholung<br />
dient.<br />
Die Rahmenprojekte „Gestaltung der Vorgärten<br />
in der Bahnhofsallee zur Aufwertung der Wegeverbindung<br />
vom Bahnhof zur Innenstadt“,<br />
„die Neugestaltung des Platzes an der Alten<br />
Wäscherei als Verbindungsfl äche zwischen<br />
Goldsteinpark <strong>und</strong> Innenstadt“ sowie der „Alice<br />
Garten als schmucker Übergang zwischen<br />
Parkstraße <strong>und</strong> Kurpark“ fungieren als wichtige<br />
Bindeglieder zwischen den Parkanlagen <strong>und</strong><br />
den umliegenden Stadtquartieren<br />
Hemer<br />
Die Stadt Hemer hat die Landesgartenschau<br />
dazu genutzt, eine ehemalige Kaserne zu einer<br />
attraktiven Anlage zu machen. Im Erlebnisdreiklang<br />
von Körper Geist <strong>und</strong> Seele steht das Forum<br />
r<strong>und</strong> um die historischen Kasernengebäude<br />
für Information <strong>und</strong> Begegnung, für Kultur<br />
<strong>und</strong> Unterhaltung. Auf den Stadtterrassen, dem<br />
Ausstellungsgelände der Landesgartenschau,<br />
haben Garten- <strong>und</strong> Landschaftsbauer zwölf<br />
Musterhaus-Gärten gestaltet. Direkt hinter den<br />
Themengärten ist auf einem 1.000 Quadratmeter<br />
großen Wasserspielplatz matschen, tollen<br />
<strong>und</strong> toben ist angesagt. Auf der zentralen<br />
Achse vom Eingang über den Himmelsspiegel<br />
zur Himmelstreppe <strong>und</strong> hinauf zum Jubergturm<br />
schwingt sich das Gelände in die Höhe.<br />
In den Gärten der Bewegung können Fitness-<br />
Jünger auch jenseits der 50 etwas für ihren<br />
Körper tun. Der Felsenpark ist als Arena für<br />
Bewegung <strong>und</strong> Aktivität, <strong>Spiel</strong> <strong>und</strong> körperliche<br />
Wahrnehmung gestaltet. Das Erlebnisparadies<br />
bietet Klettergeräte <strong>und</strong> Trampoline, einen gro-<br />
0en Skatepark, der auch für BMX-Fahrer geeignet<br />
ist Hier fi ndet sich auch der Waldspielplatz<br />
Zwergengold. Im „Park der Sinne“ können die<br />
Besucherinnen <strong>und</strong> Besucher nicht nur im bereits<br />
angelegten Hans-Prinzhorn-Irrgarten ihre<br />
eigene Mitte fi nden: Eingebettet in eine Wildblumenwiese<br />
laden in dem etwa 17.000 Quadratmeter<br />
großen Park neun Heckenkabinette,<br />
die alle Sinne bezaubern, zu einer Entdeckungsreise<br />
ein.<br />
Die bizarre Felslandschaft des Felsenmeeres<br />
zwischen den Hemeraner Stadtteilen S<strong>und</strong>wig<br />
<strong>und</strong> Deilinghofen hat eine Aussichtsplattform,<br />
eine Brücke <strong>und</strong> einen Steg erhalten. Um den<br />
Besuchern neue Perspektiven zu bieten. So kann<br />
das einzigartige Felsenmeer seine touristische<br />
Strahlkraft wieder nachhaltig entfalten.<br />
Rosenheim<br />
Mit der Landesgartenschau 2010 ergreift die<br />
Stadt Rosenheim eine historische Chance: Nur<br />
wenige h<strong>und</strong>ert Meter von der Altstadt entfernt,<br />
mündet die Mangfall in den Inn. Da sich<br />
Rosenheim aufgr<strong>und</strong> der Hochwassergefahr in<br />
der Vergangenheit immer weiter von den Flüssen<br />
wegentwickelt hat, wurde das Potenzial<br />
dieser Flusslandschaft bisher kaum genutzt. Das<br />
hat sich nun geändert.<br />
Report | 41
Kinder an der Neckarquelle Impression aus dem Gartenkabinett, Landesgartenschau Villingen-Schwenningen<br />
Links<br />
» www.landesgartenschau-<br />
aschersleben.de<br />
» www.landesgartenschaubad-nauheim.de<br />
» www.landesgartenschauhemer.de<br />
» www.rosenheim2010.de<br />
» www.lgs-vs2010.de<br />
42 | Report<br />
Der Mangfallpark, der sich auf eine Strecke von<br />
ca. 1,5 km zwischen Krankenhaus <strong>und</strong> Rathausstraße<br />
erstreckt ist ein <strong>Freizeit</strong>park geworden.<br />
Hauptelemente bilden acht Brücken über die<br />
Mangfall <strong>und</strong> den Hammerbach, welche durch<br />
Stege miteinander verb<strong>und</strong>en sind. Die Rosenheimer<br />
erobern so die Flussufer zurück, können<br />
die Uferseiten der Mangfall besser als bisher<br />
wechseln <strong>und</strong> vor allem den Innspitz leichter<br />
erreichen. Der Innbalkon mit Aussichtsplattform<br />
<strong>und</strong> die Innterrassen bieten Parklandschaften<br />
zum <strong>Spiel</strong>en <strong>und</strong> Spazieren <strong>und</strong> eine<br />
Kinderkajakstrecke am Hammerbach.<br />
Die Gartenschau ist ein großer Motor für die<br />
Rosenheimer Stadtentwicklung. Denn Rosenheim<br />
gewinnt nicht nur neue Orte der Begegnung<br />
<strong>und</strong> Erholung, sondern auch neue Wohnfl<br />
ächen. Denn stilvolles stadtnahes Wohnen in<br />
grüner Umgebung wird hier nahe am Wasser<br />
nach der Gartenschau entstehen.<br />
Durch die Gartenschau wurde die geplante<br />
Hochwasserfreilegung des Stadtgebietes Rosenheim<br />
vorgezogen, so dass bereits 2010 der<br />
Hochwasserschutz für die Bürger gewährleistet<br />
ist. Eine enge Zusammenarbeit mit dem Wasserwirtschaftsamt<br />
führte zu einem auch landschaftsarchitektonisch<br />
ansprechenden Ergebnis.<br />
Villingen-Schwenningen<br />
Villingen-Schwenningen setzt auf bleibende<br />
Werte bei der städtischen Weiterentwicklung.<br />
Wohn- <strong>und</strong> Lebensqualität werden nachhaltig<br />
verbessert. Neue Parklandschaften, Orte der<br />
Begegnung <strong>und</strong> der Erholung mit <strong>Spiel</strong>- <strong>und</strong><br />
Ruhezonen sind entstanden.<br />
Im Stadtbezirk Villingen wurden drei Projekte<br />
realisiert: Das Brigachufer zwischen dem Bickentor<br />
<strong>und</strong> dem Alten Tonhallen Gelände ist<br />
in ein Naherholungsgebiet umgestaltet. Die<br />
historische Ringanlage entlang der Stadtmauer<br />
wurde saniert <strong>und</strong> der Rosengarten auf dem<br />
Hubenloch neu gestaltet.<br />
Im Stadtbezirk Schwenningen veränderte sich<br />
die sanierungsbedürftige Industriebrache des<br />
Bahnhofsareals in eine großzügige Parkanlage,<br />
den Neckarpark. Das Gelände erstreckt sich<br />
über den Stadtpark Möglingshöhe mit der Neckarquelle<br />
bis zum Landschaftspark Bauchenberg.<br />
Die durchgehende Grünanlage verbindet<br />
die Innenstadt mit dem Schwenninger Moos.<br />
Neben dem Neckarpark mit seinen Gärtnerischen<br />
Höhepunkten gibt es zahlreiche Attraktionen:<br />
beispielsweise den freigelegten Neckar<br />
mit der historischen Neckarquelle, den Park an<br />
der Möglingshöhe, Blumenschauen, das größte<br />
mobile Aquarium Europas mit Neckarfi schen <strong>und</strong><br />
auch einen Kirchenpavillon. Auch für <strong>Spiel</strong> <strong>und</strong><br />
Bewegung ist reichlich Platz – auf der <strong>Spiel</strong>insel,<br />
der Sparkassen-<strong>Spiel</strong>arena <strong>und</strong> der großen<br />
Kletterschlucht von KUKUK GmbH Kunst- <strong>und</strong><br />
Kulturkonzeption. Hier vereinen sich <strong>Spiel</strong>raum,<br />
Bewegungsraum, Erfahrungsraum, Kunstraum<br />
<strong>und</strong> Naturraum. Selbstverständlich ist auch in<br />
Villingen-Schwenningen das Grüne Klassenzimmer<br />
dabei. Und ein abwechslungsreicher<br />
Veranstaltungskalender lockt die Besucher.<br />
Ludwig Keißner
Gezielte Farbexplosion<br />
Der selbstgebaute Prototyp des Facadeprinters<br />
hat den Charme einer Erfi ndung aus der<br />
Q-Abteilung eines frühen James-Bond-Films.<br />
Mit regelmäßigem „PFFFFFT“ jagen die Farbkugeln<br />
elektronisch gesteuert aus dem Lauf<br />
eines Paintball-Gewehrs. Der Facadeprinter<br />
beruht auf einer Idee, die Martin Fussenegger<br />
<strong>und</strong> Michael Sebastian Haas als Studenten der<br />
Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe bei der<br />
Konzeption experimenteller Maschinen hatten.<br />
Von der Technik <strong>und</strong> vor allem den Möglichkeiten<br />
des Distanzdruckens waren die zwei<br />
mittlerweile diplomierten Produktdesigner so<br />
fasziniert, dass sie auch nach ihrem Abschluss<br />
daran weiterarbeiteten. Hilfreich war dabei die<br />
Förderung durch das Landesprogramm „Junge<br />
Innovatoren“ von Baden-Württemberg.<br />
Im nächsten Schritt gelang ihnen der Gewinn<br />
des Gründerwettbewerbes Multimedia, ausgeschrieben<br />
durch das B<strong>und</strong>esministerium für<br />
Wirtschaft <strong>und</strong> Forschung, der die Möglichkeit<br />
zum Bau des zweiten Prototypen des Druckers<br />
eröffnete. Es folgte der Umzug nach Berlin <strong>und</strong><br />
die Gründung der Firma Sonice Development<br />
GmbH, gemeinsam mit dem Ingenieur Julian<br />
Adenauer als dritten Partner.<br />
Fassaden gestalten<br />
Der Fassadendrucker ist ein einfacher Roboter,<br />
der aus seinem Koffer heraus riesige Motive an<br />
die Wände druckt. Vorlagen können in Form von<br />
Vektor- oder Pixelgrafi ken über USB-Medien<br />
geladen werden. Nach diesen digitalen Vorlagen<br />
richtet sich mit Hilfe der Motoren ein Druckluft-<br />
Marcierer aus <strong>und</strong> feuert tausende von Farbkugeln<br />
auf die Wand. Die Distanz zur Wand wird<br />
über ein externes Infrarot-Mess¬gerät erfasst<br />
<strong>und</strong> manuell eingegeben. Das Druck¬programm<br />
errechnet anschließend Fahrwege unter Berücksichtigung<br />
der per¬spek¬tivischen Verzerrung<br />
<strong>und</strong> der Kugel-Flugbahnen. So baut sich<br />
das Bild wie von Zauberhand auf <strong>und</strong> zeichnet<br />
Punkt für Punkt das immer mehr zu erkennende<br />
Motiv. Die Farben können in unterschiedlicher<br />
Qualität gewählt werden, so dass ein Bild<br />
schnell wieder verblasst oder längere Zeit auf<br />
der Fläche zu sehen ist. Selbstverständlich werden<br />
nur Fassaden gestaltet, bei denen eine Einwilligung<br />
des Eigentümers vorliegt.<br />
Kommunikation im öffentlichen<br />
Freiraum<br />
Bis jetzt wurden vor allem Testanwendungen<br />
realisiert, auch im Rahmen von Streetartfestivals<br />
oder Kunstaktionen. Die Initiatoren des<br />
Projektes sehen im Moment vor allem das gestalterisch<br />
künstlerische Potential <strong>und</strong> haben<br />
auch entsprechende Anfragen für den Einsatz<br />
des Fassadendruckers. Langfristig können sie<br />
sich aber auch andere Einsatzarten vorstellen,<br />
zum Beispiel in Krisenregionen zur Bereitstellung<br />
einer Großfl ächenkommunikation, die der<br />
Orientierung der Bevölkerung dienen kann, zum<br />
Beispiel über Symbole für medizinische Versorgung<br />
oder Trinkwasser.<br />
Dr. Anke Münster<br />
Mit 200 St<strong>und</strong>enkilometern<br />
schießt der Facadeprinter<br />
mit Farbe gefüllte Kugeln<br />
auf eine Wand. Als Tintenpunkt-Drucker<br />
im Architekturformat<br />
beschreiben die<br />
Erfi nder ihre Idee. Sie übersetzen<br />
damit pointtilistische<br />
Kunst in Streetart.<br />
Links<br />
» www.facadeprinter.org<br />
Report | 43
„Politik sollte den interessanten<br />
Lösungen nicht im Weg stehen“<br />
Ingo Dittrich<br />
Ingo Dittrich ist Planer aus<br />
Überzeugung. In seinem 1984<br />
gegründeten Büro in Neustadt<br />
Wied beschäftigt er mittlerweile<br />
über 60 Mitarbeiter.<br />
Die breite Aufstellung seines<br />
Planungsbüros mit Fachkräften<br />
aus unterschiedlichsten Bereichen<br />
sieht Ingo Dittrich als<br />
Voraussetzung dafür, an der<br />
Entwicklung einer ländlichen<br />
Region mitzuwirken.<br />
44 | Report<br />
FreeLounge: Wie kommt es, dass Sie einen<br />
Schwerpunkt Ihrer Arbeit auf die Dorferneuerung<br />
<strong>und</strong> Stadtentwicklung im ländlichen Bereich<br />
gelegt haben?<br />
Ingo Dittrich: Unser Büro ist seit 1984 in Neustadt<br />
(Wied) im Naturpark Rhein/Westerwald.<br />
Seit dieser Zeit haben wir uns mit vielen Projekten<br />
hier in der Region beschäftigt, die von ihrer<br />
Struktur ländlich ist. Von den 67 Kommunen,<br />
für die wir arbeiten, liegen ungefähr 80 Prozent<br />
in Rheinland-Pfalz. Viele der gestalterischen<br />
Aufgaben erstrecken sich über längere Zeiträume,<br />
so dass wir eine Entwicklung mit begleiten<br />
<strong>und</strong> die Veränderungen beobachten können.<br />
FreeLounge: Haben Sie hier durch den demografi<br />
schen Wandel einen Bevölkerungsrückgang<br />
zu verzeichnen? Mit anderen Worten: Steht das<br />
Thema schrumpfende Orte bei Ihnen auf der<br />
Agenda?<br />
Ingo Dittrich: Bislang ist das hier im Umkreis<br />
kein Problem. Durch die Nähe zur A3 <strong>und</strong> die<br />
zentrale Lage haben wir genug Arbeitgeber. Es<br />
werden noch neue Wohngebiete angelegt, denn<br />
die Menschen möchten auch in der Nähe ihrer<br />
Arbeitsstelle wohnen.<br />
Wie können Städte <strong>und</strong> Gemeinden<br />
im ländlichen Raum<br />
ihre Attraktivität durch Freiraumgestaltung<br />
erhöhen? Wir<br />
haben dazu den Architekten<br />
Ingo Dittrich befragt, der sich<br />
über einen langen Zeitraum<br />
<strong>und</strong> eine Vielzahl von Projekten<br />
mit dieser Frage beschäftigt<br />
hat.<br />
FreeLounge: Wie kann die Freiraumplanung<br />
dazu beitragen, dass für die Menschen das Leben<br />
in ländlichen Regionen attraktiv bleibt?<br />
Ingo Dittrich: Ein wichtiger Punkt ist die kinderfre<strong>und</strong>liche<br />
Stadtgestaltung. Viele Kommunen<br />
haben zum Beispiel das Problem, dass<br />
stark befahrene Verkehrsachsen das Leben mit<br />
kleineren Kindern erschweren. Die Wege sind so<br />
gefährlich, dass Kinder immer geholt <strong>und</strong> gebracht<br />
werden müssen. Es ist eine große Entlastung,<br />
wenn diese Gefahren durch überlegte<br />
Planungen minimiert werden. Wir haben schon<br />
vor längerer Zeit zum Beispiel die Bushaltestellen<br />
im Bereich vor Kindergärten <strong>und</strong> Schulen<br />
in Schlaufen angelegt, so dass keine Fahrbahnen<br />
überquert werden müssen. <strong>Spiel</strong>bereiche<br />
können so geplant werden, dass Kinder sie<br />
fußläufi g über Wege abseits von den befahrenen<br />
Straßen erreichen. Sehen Sie, wir machen<br />
heute <strong>Spiel</strong>leitplanung für Gemeinden. Das sind<br />
im Prinzip die Themen, die wir schon seit Jahrzehnten<br />
bei allen Planungen beachten. Nehmen<br />
wir den Kindergarten hinter unserem Büro als<br />
Beispiel. Die Kinder gelangen von dort aus ganz<br />
ungefährdet zu <strong>Spiel</strong>bereichen, in denen auch<br />
der Kontakt zur Natur erhalten bleibt. Es gibt
dort eine Moorfl äche, auf denen Exmoor-Ponys<br />
sozusagen als Landschaftspfl eger dafür sorgen,<br />
dass die Fläche nicht verbuscht. Trockenmauern<br />
ermöglichen die Beobachtung von Insekten <strong>und</strong><br />
Eidechsen. An solchen Punkten greifen viele<br />
Themen ineinander.<br />
FreeLounge: Für eine zukunftsorientierte Planung<br />
stellt sich aber auch die Frage nach mehr<br />
Angeboten für ältere Menschen.<br />
Ingo Dittrich: Auf jeden Fall. Ziel der Freiraumplanungen<br />
muss sein, Menschen aller<br />
Altersklassen zusammenzuführen. Das ist zum<br />
Beispiel bei der Planung von Parks kein Problem,<br />
denn ein <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong> in der Nachbarschaft<br />
von Bereichen, die von älteren Menschen gerne<br />
besucht werden, leistet diese Zusammenführung<br />
ganz unkompliziert. Schwieriger ist es im<br />
ländlichen Raum, Senioreneinrichtungen in die<br />
Zentren zu bringen. Ich habe schon zu viele abseits<br />
gelegene Einrichtungen gesehen, bei denen<br />
praktisch auf dem Schild am Eingang steht<br />
„Hier kommt keiner mehr weg“. Die Entscheider<br />
trauen sich oft nicht, mit den Wohnhäusern<br />
für ältere Menschen in die belebten Bereiche<br />
einer Kommune zu gehen. Es ist traurig, aber<br />
viele Ältere wollen auch ganz klar nur noch ihre<br />
Ruhe haben. Da ist an vielen Seiten Überzeugungsarbeit<br />
notwendig, denn die Isolierung ist<br />
keine Perspektive – weder für die Menschen<br />
noch für die Kommunen. Seniorenangebote<br />
gehören neben Kindergärten. Die Sport- <strong>und</strong><br />
Fitnessangebote müssen an einem Ort Menschen<br />
unterschiedlichsten Alters ansprechen<br />
<strong>und</strong> zusammenbringen. Wenn Sie mich fragen,<br />
dürfte ein <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong> auch auf einem Friedhof<br />
angelegt werden. Um es zusammenzufassen:<br />
Das <strong>Freizeit</strong>verhalten kann durch eine gute<br />
Freiraumplanung zu einer Durchmischung der<br />
verschiedenen Generationen führen. Und das<br />
genau braucht unsere Gesellschaft. Island ist<br />
ein Land, von dem wir in dieser Hinsicht sehr<br />
viel lernen können.<br />
FreeLounge: In welche Richtung muss Ihrer<br />
Meinung nach außerdem stärker gedacht werden?<br />
Ingo Dittrich: Zum einen ist es wichtig, dass<br />
die traditionellen Strukturen <strong>und</strong> Lebensgewohnheiten<br />
in einem Dorf oder einer Kleinstadt<br />
immer der Ausgangspunkt der Planung sind. Es<br />
macht keinen Sinn, dass ein Konzept von oben<br />
aufgestülpt wird. Will man zum Beispiel erreichen,<br />
dass Kommunikationspunkte entstehen,<br />
dann muss man sich anschauen, wo sich die<br />
Eine kinderfre<strong>und</strong>liche Ortsgestaltung beginnt bei der Verkehrsplanung. Als Schlaufen angelegte<br />
Bushaltestellen mindern das Unfallrisiko <strong>und</strong> sind ein Baustein, damit sich Eltern <strong>und</strong> Kinder<br />
sicher fühlen können.<br />
Menschen immer schon getroffen haben. Das<br />
kann in einem Dorf die alte Milchabgabestelle<br />
sein, deren zweite Funktion als Treffpunkt<br />
dann vom Planer in die modernen Lebensgewohnheiten<br />
übersetzt werden muss. Oft gilt<br />
es auch erst einmal, Fehler zurück zu bauen.<br />
Daran schließt sich der zweite wichtige Aspekt<br />
an: Man muss akzeptieren, dass Veränderungen<br />
ihre Zeit brauchen. Das entspricht zuweilen<br />
nicht den Wünschen der Lokalpolitik, die lieber<br />
kurzfristig – am besten innerhalb einer Legislaturperiode<br />
– Erfolge sehen möchte. Doch wenn<br />
es um Verbesserungen<br />
für eine Region geht,<br />
kann das kein tragendes „Wenn Sie mich fragen, dürfte ein <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong><br />
Argument sein. Politik<br />
auch auf einem Friedhof angelegt werden.“<br />
sollte den interessanten<br />
Ingo Dittrich, Architekt<br />
Lösungen nicht im Weg<br />
stehen.<br />
FreeLounge: Veränderungen über lange Zeiträume:<br />
Das klingt nach sehr großen Aufgaben.<br />
Ingo Dittrich: Nein, das muss gar nicht so sein.<br />
Wenn man genau beobachtet <strong>und</strong> analysiert,<br />
dann können es innerhalb einer Planung auch<br />
kleinere Maßnahmen sein, die dazu passen <strong>und</strong><br />
auf das Ziel hinwirken. Wenn eine Gemeinde an<br />
einem Fluss sich stärker dem Tourismus öffnen<br />
will, dann sind vielleicht in einem ersten Schritt<br />
einfache Kanuanlegestellen, die mehr Menschen<br />
in den Ort bringen, die passende Maßnahme.<br />
Das ist dann eine günstige Lösung, die<br />
mehr Erfolg hat als größere Baumaßnahmen,<br />
die wiederum von Politikern oft lieber gesehen<br />
werden, weil mehr Volumen darin steckt.<br />
FreeLounge: Vielen Dank für das Gespräch,<br />
Herr Dittrich.<br />
Das Interview führte Dr. Anke Münster<br />
Report | 45
In einem Joint Venture<br />
der etwas anderen Art<br />
haben die Organisation<br />
skate-aid <strong>und</strong> das Friedenscorps<br />
Grünhelme e.V.<br />
an einer Schule in Karokh,<br />
Afghanistan den<br />
ersten Beton-Skatepark<br />
Zentralasiens fertiggestellt.<br />
Die Redaktion der<br />
FreeLounge hat sich das<br />
Projekt angesehen <strong>und</strong><br />
von den Beteiligten interessante<br />
<strong>und</strong> teilweise<br />
überraschende Informationen<br />
erhalten.<br />
46 | Report<br />
Das 8. Weltw<strong>und</strong>er<br />
steht in Afghanistan<br />
Schlechte Nachrichten verkaufen sich gut.<br />
Es macht aber keine Freude, sie zu schreiben.<br />
Umso schöner ist es, wenn über ein Projekt in<br />
Afghanistan berichtet werden kann, das nur<br />
positive Aspekte hat. Der erste Beton-Skatepark<br />
Zentralasiens konnte innerhalb von nur drei<br />
Monaten fertiggestellt werden <strong>und</strong> wird in Kürze<br />
zusammen mit der Erweiterung einer Schule<br />
offi ziell eingeweiht.<br />
Mit zwei Tonnen Stuff nach Skateistan<br />
Begonnen hat alles damit, dass das Nachrichtenmagazin<br />
„Der Spiegel“ über einen Australier<br />
berichtete, der in Kabul hängen geblieben<br />
war, weil seine Fre<strong>und</strong>in dort einen Job gef<strong>und</strong>en<br />
hatte. Er hatte seine Skateboards mit<br />
<strong>und</strong> entdeckte, dass die afghanischen Kinder<br />
total auf die Boards abfuhren. So beschloss er,<br />
in Kabul eine Skateboardschule zu errichten:<br />
Skatetistan. Titus Dittmann, seit Jahrzehnten<br />
begeisterter Skater, Inhaber von u.a. 38 Shops<br />
für alle Dinge r<strong>und</strong> um das Skaten <strong>und</strong> Gründer<br />
der Titus Dittmann Stiftung, war begeistert<br />
<strong>und</strong> richtete über das Internet einen Aufruf an<br />
seine K<strong>und</strong>en, ihre alte Skateausrüstung in den<br />
Shops abzugeben. Mit großem Erfolg: In kurzer<br />
Zeit kamen zwei Tonnen Material zusammen.<br />
Titus Dittmann gelang es, DHL zum kostenlosen<br />
Transport nach Afghanistan zu bewegen.<br />
Er selbst sorgte vor Ort auch mit dem nötigen<br />
Bakschisch für eine zügige Zollabwicklung. Anschließend<br />
fuhr er mit den Skatetistan-Jungs<br />
raus <strong>und</strong> machte mit Waisenkindern ein Skatetrainig.<br />
Bei der Gelegenheit merkte er, dass<br />
man hier mit viel Engagement <strong>und</strong> ganz kleinem<br />
Budget ganz große Dinge bewegen kann.<br />
Während teilweise die Milliarden von Staaten<br />
<strong>und</strong> großen Organisationen verpuffen, weil sie<br />
in die falschen Hände gelangen.<br />
Das Joint Venture<br />
Wieder zurück in Deutschland, lernte Titus Dittmann<br />
Rupert Neudeck kennen, den Gründer<br />
<strong>und</strong> Initiator des Flüchtlingswerks Cap Anamur<br />
<strong>und</strong> Begründer von Grünhelme e.V.. Mit diesem<br />
Friedenscorps hat Rupert Neudeck bereits 33<br />
Schulen im Westen Afghanistans gebaut. Beide<br />
sind Menschen, die nicht lange reden, sondern<br />
handeln. Und so fl ogen sie drei Wochen später<br />
nach Afghanistan. Titus Dittmann konnte<br />
sich einen Eindruck davon verschaffen, was die<br />
Grünhelme bereits bewegen konnten, Rupert<br />
Neudeck konnte seinen künftigen Partner <strong>und</strong><br />
seine Visionen kennen lernen. Nach einer Woche<br />
stand fest: Wir machen ein Joint Venture<br />
zum Bau eines Skateparks. Dittmanns Initiative<br />
skate-aid stellte die Finanzmittel zur Verfügung<br />
<strong>und</strong> konnte die Strukturen der Grünhelme nutzen.<br />
Ziel ist es, nach <strong>und</strong> nach an den bereits<br />
vorhandenen Schulen Sport <strong>und</strong> Skateparks<br />
zu bauen, die multifunktional genutzt werden<br />
können.<br />
Natürlich war nicht daran zu denken, die Bauarbeiten<br />
von einer Fachfi rma ausführen zu lassen.<br />
Es sollten Arbeitskräfte aus dem Dorf selbst<br />
sein. Umso wichtiger waren die Vorbereitungen<br />
<strong>und</strong> Planungen. Die begannen, als sich Ralf Maier,<br />
Freier Landschaftsarchitekt BDLA (sein Büro<br />
hat sich auf die Planung solcher Anlagen aus<br />
Ortbeton spezialisiert), Steffen Krüger, Skaters-<br />
Palace <strong>und</strong> Ingo Naschold, DSGN-concepts, in<br />
Münster trafen <strong>und</strong> erste Skizzen erstellten.<br />
Alle sind Insider <strong>und</strong> im Sport aktiv. Ralf Maier<br />
kommt vom BMX-Fahren <strong>und</strong> Steffen Krüger<br />
<strong>und</strong> Ingo Naschold vom Skaten. Die Ideen <strong>und</strong><br />
das Design entwickelten sich in enger Abstimmung<br />
untereinander. Ausführungsplanung <strong>und</strong><br />
Detailplanung erfolgten durch Ralf Maier.
Ab dem Startpunkt der Arbeiten traten zwei<br />
weitere Akteure auf: Marc Zanger von skateaid<br />
<strong>und</strong> der deutsch-afghanische Bauingenieur<br />
Zobair Akhi. Der Mitarbeiter der Grünhelme<br />
hat in Deutschland studiert <strong>und</strong> ist jetzt in Afghanistan<br />
tätig. Er ist vor Ort die Schnittstelle<br />
zwischen den Kulturen. Zobair Akhi hat schon<br />
18 Schulen im Distrikt Karokh gebaut, dazu<br />
das Entbindungskrankenhaus in Qara Bagh <strong>und</strong><br />
jetzt auch die Skateboardbetonbahn. Ohne Zobair<br />
Akhi wäre das Projekt nicht möglich gewesen.<br />
Er kämpfte mit den Behörden, besorgte<br />
das Material, sprach mit den Stammesältesten,<br />
rekrutierte die Arbeiter <strong>und</strong> brachte natürlich<br />
sein Wissen als Bauingenieur ein. All diese Fähigkeiten<br />
waren absolut unverzichtbar.<br />
Budget: 16.000 Euro<br />
Mit wenig Geld Großes bewegen – das war das<br />
Ziel, das Titus Dittmann von Anfang an bei dem<br />
Projekt verfolgte. Und es sollte gelingen. Aus<br />
dem Dorf wurden 40 Arbeiter angeworben, die<br />
für einen Tageslohn von 4 $ arbeiteten – eine<br />
Bezahlung, die örtlichen Gegebenheiten entspricht.<br />
Ein höherer Lohn hätte die bestehenden<br />
Strukturen zerstört. Arbeiter von anderen Baustellen<br />
wären hinzugeströmt, Bauern hätten<br />
ihre Feldarbeit im Stich gelassen. 20 der Arbeiter<br />
bauten an der Erweiterung der Schule, die<br />
jetzt für 7.500 Schüler vorgesehen ist. Die Tatsache,<br />
dass selbst in kleinen Orten Schulen für<br />
eine so große Schülerzahl gebaut werden, trägt<br />
der Bevölkerungsstruktur Rechnung. Kriegsbedingt<br />
sind fast 50 Prozent der Menschen jünger<br />
als 18 Jahre<br />
Die übrigen 20 Arbeiter erstellten gemeinsam<br />
mit Zanger <strong>und</strong> Akhi den Skatepark. Und sie<br />
arbeiteten mit großer Begeisterung. Zunächst<br />
mussten sie sich darüber klar werden, was sie<br />
überhaupt bauen sollten. Als sie erkannten,<br />
dass es um einen <strong>Spiel</strong>- <strong>und</strong> Sportplatz für ihre<br />
Kinder ging, waren sie stolz darauf mitwirken<br />
zu können. Begeisterung <strong>und</strong> Engagement waren<br />
auch dringend nötig. Denn das Arbeitsgerät<br />
bestand überwiegend aus Spitzhacken, Schaufeln<br />
<strong>und</strong> Schubkarren. Keine Bagger, kein Betonmischer,<br />
kein Laser-Nivelliergerät, nicht<br />
einmal Strom war vorhanden. Das Dorf verfügt<br />
über keine moderne Infrastruktur. Man muss<br />
mit dem auskommen, was vorhanden ist. Eine<br />
verblüffend einfache Lösung fanden die Afghanen<br />
für das Biegen der Stahlrohre, die den<br />
oberen Abschluss der Anlage bilden. Sie wurden<br />
zwischen Bäume gesteckt <strong>und</strong> mit der Kraft von<br />
10 Arbeitern gebogen. Obwohl die Mittel sehr<br />
einfach waren, ist ein Skatepark entstanden,<br />
der in der Qualität durchaus mit den deutschen<br />
Anlagen vergleichbar ist. Auch hier ist es wieder<br />
Zobair Akhi <strong>und</strong> seinen Beziehungen zu verdanken,<br />
dass nur das beste Material verwendet<br />
werden konnte.<br />
„Den Krieg bekommen wir auch noch in den Griff, wenn wir<br />
alle Kalashnikovs gegen Skateboards ausgetauscht haben.“<br />
Titus Dittmann<br />
Endlich spielen können<br />
Marc Zanger war zwei Monate in Karokh,<br />
brachte vollen Einsatz beim Bau der Anlage <strong>und</strong><br />
gab in den Pausen den ersten Kindern Skateunterricht.<br />
Marc Zanger: „Alle wollten sofort auf<br />
ein Skateboard. Es war unglaublich. Ich habe<br />
mir dann zehn Kinder ausgesucht <strong>und</strong> mit ihnen<br />
in der Schulaula trainiert. Und dann die nächsten<br />
zehn. Die anderen Kinder standen draußen,<br />
Report | 47
Schon lange vor der Fertigstellung des Skateparks konnten die Kinder unter Anleitung von Marc<br />
Zanger die ersten Erfahrungen machen - auf einem bereits vorhandenen Basketball-Platz gleich<br />
nebenan.<br />
48 | Report<br />
schrien <strong>und</strong> klopften an die Fensterscheiben. So<br />
eine Begeisterung für das Skaten habe ich noch<br />
nie erlebt. Einfach nur zu spielen, das war für<br />
die Kinder ganz wichtig.“<br />
Verständlich wird der Enthusiasmus, wenn man<br />
weiß, dass die Kinder dort nicht einmal einen<br />
Fußball zum <strong>Spiel</strong>en haben. Keine <strong>Spiel</strong>zeuge,<br />
keinen <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>. Sie dürfen zwar spielen,<br />
aber was <strong>und</strong> womit? So sind die Skateboards<br />
eine große Sensation für sie. Noch ein Aspekt<br />
macht die Boards besonders wertvoll. Sie sind<br />
hier auch ein gutes Mittel, um zum Mann zu<br />
werden. Man verletzt sich, man blutet vielleicht,<br />
aber es ist eine harmlose Weise, dieses<br />
von der Natur mitgegebene männliche Aggressionspotenzial<br />
in der Pubertät in den Griff zu<br />
bekommen. Und nicht nur die Jungs profi tieren<br />
von den Rollbrettern. Auch Mädchen dürfen<br />
Skaten. Männer-Sportarten dürfen Mädchen<br />
nicht ausüben. Aber das Skateboard ist kulturell<br />
noch nicht besetzt <strong>und</strong> so neu, dass Skaten<br />
von den Mullahs gar nicht als Sport angesehen<br />
wird. So dürfen sich auch die Mädchen auf den<br />
Skatepark freuen. Zumindest bis zu einem Alter<br />
von 15 bis 16 Jahren. Inzwischen wird der<br />
Skatepark schon genutzt, obwohl er noch nicht<br />
offi ziell eröffnet ist. Die Menschen nutzen ihn<br />
als Treffpunkt. Zum Teetrinken <strong>und</strong> Klönen. So<br />
ist mit dem von Bäumen umgebenen Platz ein<br />
neuer Dorfmittelpunkt entstanden.<br />
Mit Skateboards die Welt bewegen<br />
Wie wichtig der neue Skatepark für die gesellschaftliche<br />
Veränderung ist, beschreibt Titus<br />
Dittmann so: „Wenn man eine Gesellschaft<br />
verändern will, kann man das nicht über die<br />
Erwachsenen erreichen. Die sind oft verbohrt,<br />
haben Bretter vor dem Kopf oder sind radikal<br />
unterwegs. Oder ihnen fehlt aufgr<strong>und</strong> mangelnder<br />
Bildung der Blick über den Tellerrand.<br />
Weit entfernt von Toleranz. In einer solchen<br />
Gesellschaft muss man bei den Menschen ansetzen,<br />
die sich in der Orientierung befi nden<br />
– also bei den pubertierenden Jugendlichen.<br />
Die haben noch keine vorgefertigte Meinung.<br />
Wenn man sie aber alleine lässt, ohne äußere<br />
Einfl üsse, dann bekommen sie das traditionelle<br />
Weltbild der alten Männer eingefl ößt. Und auch<br />
bei den Mädchen können wir etwas tun. Wenn<br />
wir, ihnen aufzeigen, dass es auf der Erde noch<br />
etwas anderes gibt, als das traditionell überlieferte<br />
Weltbild, dann bleibt diese Sehnsucht<br />
auch im Kopf hängen, wenn die Burka übergestülpt<br />
wird. Das Skateboard ist ein extrem<br />
sinn- <strong>und</strong> identitätsstiftendes Werkzeug in der<br />
Jugendarbeit. Wenn ich mit einem Skateboard,<br />
das eine unheimliche Kraft hat, an Jugendliche<br />
herankomme <strong>und</strong> damit das Wertesystem im<br />
Kopf ein wenig relativiere, ist es nur die Frage<br />
von Generationen, bis sich dort viele aktuelle<br />
Probleme lösen.“<br />
Jetzt hoffen alle Akteure des Projektes darauf,<br />
dass B<strong>und</strong>eskanzlerin Angela Merkel zu Besuch<br />
in Karokh kommt. Denn in ihrer Zeit vor der<br />
Kanzlerschaft hatte sie versprochen, zur Eröffnung<br />
einer Schule in Afghanistan anzureisen.<br />
Diese Schule ist jetzt erweitert <strong>und</strong> wird in Kürze<br />
offi ziell mit dem Skatepark eröffnet.<br />
Ludwig Keißner
Report | 49<br />
espas GmbH • Graf-Haeseler-Straße 7-9 • D - 34134 Kassel • Tel.: +49 (0)5 61 5 74 63 90 • Fax: +49 (0)5 61 5 74 63 99 • www@espas.de
50 | Gesellschaft
Transportkonzepte<br />
für Übermorgen<br />
Als die Redaktion für diese Ausgabe den Blick ins Ausland schweifen<br />
ließ, entdeckten wir in Bulgarien einen viel versprechenden<br />
Nachwuchsplaner: Martin Angelov sorgt derzeit mit zwei Designstudien<br />
zu alternativen Verkehrssystemen international für Aufsehen.<br />
Die Zukunft der innerstädtischen Verkehrsentlastung<br />
könnte als Kolelinia bzw. Kolelinio<br />
gleich im Doppelpack in die Luft gehen - wenn<br />
es nach Martin Angelov geht. Der Absolvent der<br />
University of Architecture, Civic Engineering<br />
and Geodesy, Sofi a/Bulgarien, gewann 2009<br />
mit seiner Designstudie den internationalen Architekturwettbewerb<br />
„Line of Site“, in der Kategorie<br />
„City Transportation Interchange“. Angelov<br />
vereinfacht die Dinge gerne so weit, bis<br />
als Essenz eine extreme Option übrig ist, die zu<br />
Diskussionen einlädt: Mit Kolelinia <strong>und</strong> Kolelinio<br />
legt er genau solche extremen Konzepte für<br />
den Fahrrad- <strong>und</strong> Fußgängerverkehr vor.<br />
Kolelinia – Hochseilbahn für Fahrräder<br />
Der Nachwuchsarchitekt schlägt vor, vorhandene<br />
Fahrradstrecken um eine Art Seilbahnsystem<br />
zu ergänzen <strong>und</strong> in die Höhe zu verlegen. Damit<br />
könnten beispielsweise viel befahrene Knotenpunkte<br />
in Großstädten entlastet werden. Oder<br />
man nutzt das System, um touristische Biketrails<br />
zu schaffen, die über Ruinen oder nah an<br />
berühmten Bauwerken vorbei führen. Damit<br />
können nach Angelovs Vorstellung sportlich<br />
herausfordernde <strong>und</strong> kulturell ansprechende<br />
Tourismusattraktionen geschaffen werden.<br />
Was in der Designstudie auf den ersten Blick<br />
aussieht wie gefährliche Seilakrobatik, soll ein<br />
sicheres Transportsystem mit einer Laufschiene<br />
werden, in der die Reifen geführt rollen, <strong>und</strong><br />
einem Sicherungshaken für den Lenker. Eine<br />
zusätzliche Sicherungsweste soll den Fahrer<br />
auf dem Rad halten, auch wenn er die Balance<br />
verliert. Theoretisch sieht das sehr gut aus, <strong>und</strong><br />
praktisch ist das Konzept auch schon mit allen<br />
technischen Details vorgeplant. Im nächsten<br />
Schritt möchte Angelov eine Teststrecke von 15<br />
oder 20 Metern bauen. In der Praxis tauchen<br />
sicher noch einige Fragen auf, die zu klären<br />
sind: Vielleicht bräuchte es einen Sicherungskäfi<br />
g um vom Fahrradsattel gerutschte Fahrer,<br />
die möglicherweise hilfl os in der Weste hängen,<br />
oder weggerutschte Gepäckstücke aufzufangen.<br />
Und bräuchte es nicht eine personalintensive<br />
Zugangskontrolle, so dass nicht fahrtüchtige<br />
oder möglicherweise zu schwere Fahrer von der<br />
Benutzung abgehalten werden? Und wohin mit<br />
den Kindern <strong>und</strong> den Einkäufen, damit sie nicht<br />
herunterkippen?<br />
Kolelinio – Sessellift für Fußgänger<br />
Die andere von Martin Angelov vorgedachte<br />
Designstudie richtet sich an Fußgänger <strong>und</strong> hat<br />
in seinen Überlegungen sogar das Potenzial als<br />
Lösung für autofreie Innenstadtzonen: Ähnlich<br />
einem Sessellift-System ziehen sich bei der Idee<br />
Kolelinio Haupt- <strong>und</strong> Nebenstrecken durch die<br />
Stadt <strong>und</strong> ermöglichen Fußgängern, sich so ein<br />
Stück mitnehmen zu lassen. Die Hauptstrecken<br />
starten an großen Parkplätzen <strong>und</strong> verzweigen<br />
sich in der Innenstadt. Angelov sieht eine in der<br />
Höhe variierende Streckenführung vor, so dass<br />
bestimmte Stadtbereiche von den Fußgängern<br />
regelrecht überfl ogen werden können. Die leise<br />
Ahnung, dass Spiderman hier für Inspiration<br />
gesorgt hat, wird beim Blick in die Videopräsentation<br />
auf seiner Webseite bestätigt.<br />
Links<br />
» www.kolelinia.com<br />
Dagmar Thiemann<br />
Gesellschaft | 51
Die Zukunft gehört den Senioren<br />
52 | Gesellschaft – Kommentar<br />
Zweifelsfrei legt Martin Angelov mit den<br />
beiden Konzepten sehr interessante Ideen<br />
vor, die ein hohes Realisierungspotenzial<br />
haben. Vielleicht nicht ganz in der von<br />
ihm angedachten Breitenwirkung, aber<br />
sicher im Sinne sportlich-touristischer<br />
Highlights für Schwindelfreie. Denn ob<br />
sich in der Realität jemals genug Menschen<br />
in der normalen Bevölkerung fi nden,<br />
die sich fast schwebend in luftigen<br />
Höhen wohlfühlen?<br />
Zudem ist eines völlig klar: Die durchschnittliche<br />
Bevölkerung wird schon in<br />
wenigen Jahren vor allem eins sein: älter.<br />
Und damit – auch wenn man sich<br />
ungern damit auseinander setzt, in ihren<br />
körperlichen <strong>und</strong> geistigen Fähigkeiten<br />
mehr oder minder eingeschränkt. Sehen,<br />
Hören, Konzentration, Gleichgewicht,<br />
Motorik – all das lässt in der zweiten Lebenshälfte<br />
nach. Bei dem einen früher,<br />
beim anderen später. Ist so ein luftiger<br />
Kolelinia-Fahrradtrail noch etwas für die<br />
vielen 65plusser, die im Jahre 2030 laut<br />
statistischem B<strong>und</strong>esamt schon 25 bis<br />
27 Prozent der Bevölkerung in Deutschland<br />
ausmachen?<br />
Mehr Potenzial, die Bedürfnisse einer<br />
älteren Gesellschaft zu erfüllen, hat da<br />
sicher Kolelinio, der Fußgängerlift: Er<br />
könnte, je nach Ausarbeitung der Details<br />
zur Geschwindigkeit, Bequemlichkeit <strong>und</strong><br />
Sicherheit den Bedarf einer verlangsamten<br />
Gesellschaft treffen, wenn man Angelovs<br />
sportlichen Ansatz etwas anpasst:<br />
Mit breiten, sicheren Sesseln, in die man<br />
auch noch leicht einsteigen kann, wenn<br />
die Hüfte zwickt <strong>und</strong> die Hand zittert.<br />
Mit Ablagen, die Platz für Einkäufe bieten,<br />
mit Einhängeoptionen für Gehstöcke<br />
oder sogar Rollatoren. Auch audiovisuelle<br />
Signale zur eindeutigen Standortangabe<br />
<strong>und</strong> ein Notfallknopf im Sessel könnten<br />
wichtige Features sein.<br />
Die Stadt der Zukunft muss sich vor allem<br />
daran messen lassen, ob sie seniorentauglich<br />
ist. Eine alternde Bevölkerung<br />
braucht einfach zu bedienende Transportsysteme<br />
für ihre leicht bis schwer<br />
beeinträchtigten Mitglieder, um der –<br />
bis dahin – großen Masse der Älteren die<br />
Teilhabe an der Gesellschaft zu ermöglichen.<br />
Sinnvollerweise sollte dies kostenlos<br />
möglich sein, denn mit manchen Ticketsystemen<br />
des derzeitigen ÖNPV sind<br />
derzeit schon 30-Jährige überfordert. In<br />
diesem Sinn ist besonders Kolelinio ein<br />
höchst interessanter Ansatz, dessen Entwicklung<br />
man verfolgen sollte.<br />
Dagmar Thiemann
<strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>-<strong>Scouts</strong><br />
FreeLounge: Herr Serafi n, seit 2008 gibt es in<br />
Monheim zwei <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>-<strong>Scouts</strong>, die mit dem<br />
Fahrrad unterwegs sind. Welche Aufgaben haben<br />
diese städtischen Mitarbeiter?<br />
Günther Serafi n: Unsere <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>-<strong>Scouts</strong> besuchen<br />
die mittlerweile 60 <strong>Spiel</strong>plätze der Stadt<br />
<strong>und</strong> schauen sich dort um. Wenn Sie Beschädigungen<br />
oder Verunreinigungen entdecken,<br />
dokumentieren sie sie <strong>und</strong> melden sie dem betreffenden<br />
Amt. Sie informieren die <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>besucher<br />
oder unterhalten sich einfach mit ihnen.<br />
Sie weisen auf Regeln hin <strong>und</strong> ermahnen,<br />
diese auch einzuhalten. Sie sprechen auch mit<br />
Anwohnern oder Beschwerdeführern. Vor allem<br />
hören sie zu <strong>und</strong> versuchen zu deeskalieren,<br />
wenn die Situation es erfordert.<br />
FreeLounge: Sie haben aber keine hoheitlichen<br />
Befugnisse.<br />
Günther Serafi n: Nein. Das ginge gar nicht. Sie<br />
haben die anderen Dienste natürlich im Rücken<br />
<strong>und</strong> können sie jederzeit einschalten. Wir haben<br />
sie so platziert, dass sie durch ihre Uniform<br />
klar als städtische Mitarbeiter zu erkennen sind.<br />
Gleichzeitig können sie durch ihr jugendliches<br />
<strong>und</strong> lockeres Aussehen <strong>und</strong> Auftreten ganz anders<br />
agieren. Wir konnten feststellen, dass sie<br />
respektiert werden. Als Streetworker sind sie<br />
ausgebildete Sozialpädagogen. Mit eher sanftem<br />
Druck können sie verdeutlichen, wo die<br />
Grenzen liegen <strong>und</strong> auch schon einmal darauf<br />
hinweisen, dass bei einem erneuten Überschreiten<br />
dieser Grenzen Konsequenzen drohen.<br />
FreeLounge: Was macht die <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>-<strong>Scouts</strong><br />
wirkungsvoll?<br />
Günther Serafi n: Es ist bereits die bloße Anwesenheit,<br />
mit der eine Wirkung beginnt. Die<br />
<strong>Scouts</strong> sind in einer Kernzeit von 16 bis 20 Uhr<br />
unterwegs. Immer zu anderen Zeitpunkten an<br />
den verschiedenen Plätzen. Natürlich auch<br />
schon einmal an Wochenenden oder Feiertagen.<br />
Das macht sie unberechenbar für Personen, die<br />
gerne ungestört Regeln missachten. Wir sind in<br />
der Lage unmittelbar zu reagieren. Manchmal<br />
können die Kollegen noch am selben Tag vorbeischauen,<br />
wenn es Beschwerden gibt <strong>und</strong> das<br />
vor Ort klären. Man kann dann abklären, wann<br />
sich bestimmte Personengruppen dort treffen,<br />
<strong>und</strong> so gelingt es, die anzutreffen <strong>und</strong> anzusprechen.<br />
Dies führt schon zu dem Effekt, dass<br />
<strong>Spiel</strong>plätze nicht mehr als unbeobachtete Räume<br />
erlebt werden, wo man tun <strong>und</strong> lassen kann,<br />
was man will.<br />
FreeLounge: Ein Problem wird sicher sein, dass<br />
<strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>e eigentlich für Kinder <strong>und</strong> für Jugendliche<br />
bis 14 Jahre gedacht <strong>und</strong> gemacht<br />
sind. Aber wo sollen die älteren Jugendlichen<br />
<strong>und</strong> jungen Erwachsenen hin?<br />
Günther Serafi n: Das ist tatsächlich ein Problem,<br />
das im urbanen Raum immer häufi ger<br />
auftritt. <strong>Spiel</strong>plätze haben sich gewandelt. Es<br />
sind kleine Parkanlagen <strong>und</strong> werden auch so<br />
angesehen von Kindern, Jugendlichen <strong>und</strong> Erwachsenen.<br />
Wie ich bereits andeutete, haben<br />
sie die Eigenschaft, als unbeaufsichtigte Räume<br />
Das <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>alter endet<br />
nicht mit dem Erreichen<br />
des 14. Lebensjahrs. Auch<br />
ältere Jugendliche <strong>und</strong> junge<br />
Erwachsene halten sich<br />
gerne auf <strong>Spiel</strong>plätzen auf.<br />
Da wird es am Nachmittag<br />
<strong>und</strong> in den Abendst<strong>und</strong>en<br />
auch schon einmal laut. Es<br />
kommt zu Verunreinigungen<br />
oder sogar zu Vandalismus.<br />
Die Stadt Monheim hat für<br />
dieses Problem ein Konzept<br />
entwickelt <strong>und</strong> etabliert, das<br />
sich bewährt hat: Die <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>-<strong>Scouts</strong>.<br />
FreeLounge<br />
sprach mit Günther Serafi n,<br />
dem Leiter der Abteilung<br />
Jugendförderung darüber.<br />
Gesellschaft | 53
Die <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>-<strong>Scouts</strong>: Immer als Doppelstreife auf Tour - auch zur eigenen Sicherheit. Das sportlich-lockere Outfi t lässt klar erkennen,<br />
wer hier unterwegs ist. Die Vorderseite der Shirts<br />
weist auf das Jugendamt hin, die Rückseite auf die<br />
Funktion.<br />
54 | Gesellschaft<br />
zu erscheinen. Besonders, wenn sie einen verwahrlosten<br />
Eindruck machen. Das ist eine Zirkelbewegung,<br />
Das zieht dann bestimmte Personengruppen<br />
an, die nicht beobachtet werden<br />
wollen. Eine Grauzone, in der sich die Leute bewegen.<br />
Diesen Zirkel müssen wir unterbrechen.<br />
Auch das war eine Überlegung in unserem Konzept.<br />
Wir müssen deutlich machen: <strong>Spiel</strong>plätze<br />
sind keine unbeobachteten Räume <strong>und</strong> auch<br />
keine Grauzonen, wo Regeln nicht mehr gelten.<br />
Da setzen <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>-<strong>Scouts</strong> an. Es tauchen<br />
städtische Mitarbeiter gezielt auf <strong>und</strong> schauen<br />
nach dem Rechten. Sobald sich Verwahrlosungserscheinungen<br />
zeigen, wird gehandelt.<br />
Wenn lange etwas liegen bleibt, vermüllt nach<br />
<strong>und</strong> nach der ganze Platz. Oder wenn Beschädigungen<br />
nicht behoben werden. Das potenziert<br />
sich <strong>und</strong> fördert ausuferndes Verhalten. Das ist<br />
das „Broken.Windows-Phänomen“. Wir haben<br />
diesen Kreislauf unterbrochen.<br />
Ein Erfolgsmodell<br />
Mittlerweile hat die Stadt Sankt Augustin nahe Bonn Monheim besucht <strong>und</strong><br />
sich ein Bild von den <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>-<strong>Scouts</strong> gemacht. Die Eindrücke waren so überzeugend,<br />
dass das Projekt 1:1 übernommen werden soll. Die Stadt Leipzig hat<br />
einen Beschlussvorschlag erarbeitet <strong>und</strong> will ebenfalls ein Pilotprojekt „<strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>-<strong>Scouts</strong>“<br />
einführen. Es werden aus dem Bereich des Stadtordnungsdienstes<br />
<strong>und</strong>/oder der ausgebildeten StreetworkerInnen des Jugendamtes MitarbeiterInnen<br />
eingesetzt, die regelmäßig mittels Fahrradstreife zunächst auf den<br />
innerstädtischen <strong>Spiel</strong>plätzen Präsenz zeigen <strong>und</strong> die Einhaltung der „Polizeiverordnung<br />
der Stadt Leipzig“ kontrollieren. Dieses wird zunächst über einen<br />
Zeitraum von sechs Monaten getestet.<br />
FreeLounge: Das ist bereits ein Erfolg. Aber<br />
ist es nicht nur eine Verdrängung bestimmter<br />
Gruppen auf andere Plätze?<br />
Günther Serafi n: Wir versuchen es positiv aufzugreifen,<br />
dass ältere Jugendliche <strong>und</strong> junge<br />
Erwachsene <strong>Spiel</strong>plätze als interessante Begegnungspunkte<br />
erleben, wenn auch zu anderen<br />
Tageszeiten als die jüngeren. In dicht bebauten<br />
Räumen haben wir ja nicht so viele Möglichkeiten<br />
zur Verfügung. Wir haben da auch schon<br />
Ideen umgesetzt. Wir statten unsere <strong>Spiel</strong>plätze<br />
zunehmend altersübergreifend aus. Klassisches<br />
Element ist die Tischtennisplatte. Die ist ab einem<br />
Alter von 10 Jahren interessant <strong>und</strong> bleibt<br />
es auch für junge Erwachsene. Ein anderes Detail:<br />
An den Stellen, an denen sich Jugendliche<br />
treffen ist es ja so, dass sie gerne auf den Lehnen<br />
der Bänke sitzen mit den Füßen auf dem<br />
Sitz. Da haben wir spezielle Bankformen, die<br />
das aufgreifen, so genannte Jugendbänke. Oder<br />
wir installieren <strong>Spiel</strong>geräte mit dem Charakter<br />
von Kraftgeräten. Die jüngeren Besucher klettern<br />
darauf herum <strong>und</strong> die Älteren können vielleicht<br />
den Mädels zeigen, was in ihnen steckt.<br />
Zu den altersübergreifenden Elementen gehört<br />
auch das gute alte Groß-Schachbrett. Es ist ein<br />
w<strong>und</strong>erbares Element, Jung <strong>und</strong> Alt miteinander<br />
zu verknüpfen. Die Jungen können von den<br />
Alten etwas lernen. Angenehmer Nebeneffekt:<br />
Die älteren Menschen passen dann auch ein<br />
wenig auf den <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong> auf.<br />
FreeLounge: Es sind also viele Aspekte, die in<br />
diesem Thema zusammenwirken. Aber noch<br />
einmal zurück zu den <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>-<strong>Scouts</strong>. Viele<br />
Gemeinden stehen ja derzeit mit leeren Kassen<br />
da. Lohnt sich der Einsatz der <strong>Scouts</strong> für Monheim<br />
auch aus fi nanzieller Sicht?
Günther Serafi n: Wir können das nicht exakt<br />
beziffern. Wir gehen davon aus, dass es sich<br />
trägt <strong>und</strong> sogar zu Kosteneinsparungen führt.<br />
Vandalismusschäden sind ebenso zurückgegangen<br />
wie Verschmutzungen. Es gibt wesentlich<br />
weniger Beschwerden. Auch in sozialen Brennpunkten.<br />
Wir sehen, dass es wirkt. Die Aufenthaltsqualität<br />
<strong>und</strong> das Erscheinungsbild der<br />
<strong>Spiel</strong>plätze sind deutlich verbessert. Da macht<br />
es doch eher Sinn, zwei Teilzeitstellen für die<br />
Prävention zu fi nanzieren, als immer wieder<br />
Mitarbeiter des städtischen Bauhofs für Reparaturen<br />
<strong>und</strong> andere Arbeiten hinaus zu schicken.<br />
Wir können so das Bewusstsein verankern, dass<br />
wir präsent sind, uns kümmern <strong>und</strong> so eine Verhaltensänderung<br />
herbeiführen.<br />
FreeLounge: Was wäre nach Ihren Erfahrungen<br />
eine Botschaft an andere Kommunen?<br />
Günther Serafi n: Licht in dunkle Ecken bringen.<br />
Problemgebiete offensiv gestalten <strong>und</strong><br />
anpacken. Hingehen <strong>und</strong> genau hinsehen. In<br />
einem niederschwelligen Kontakt bleiben mit<br />
Problemgruppen. Rein technische Lösungen<br />
funktionieren nicht. Man kann Probleme auf<br />
<strong>Spiel</strong>plätzen oder anderen öffentlichen Freiräumen<br />
nicht durch einzäunen <strong>und</strong> abriegeln<br />
lösen. Je höher der Zaun, desto größer der Reiz,<br />
ihn zu überwinden. Hier greift nur soziale Interaktion.<br />
Und dazu sind die <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>-<strong>Scouts</strong> ein<br />
sehr gutes Instrument.<br />
FreeLounge: Herr Serafi n, vielen Dank für das<br />
Gespräch.<br />
Das Interview führte Ludwig Keißner<br />
. . . bringt<br />
Bewegung<br />
ins <strong>Spiel</strong>!<br />
Die <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>-<strong>Scouts</strong> Tatjana <strong>und</strong><br />
Markus dokumentieren <strong>und</strong> fotografi eren<br />
Berichtenswertes. Hier ist wohl alles<br />
in Ordnung.<br />
neuen Katalog 2010/11 an!<br />
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Gesellschaft | 55
Marktmonitor<br />
Ideen für Freiräume<br />
Auch beim Marktmonitor hat Dagmar Thiemann über die Grenzen geschaut <strong>und</strong> dort die ein oder andere<br />
tolle Idee gef<strong>und</strong>en. Neben denen der heimischen Hersteller. Hier erfahren Sie, was es im In- <strong>und</strong> Ausland<br />
an interessanten Produkten für den Freiraum gibt.<br />
Stadtmobiliar<br />
Utrecht: Stadtmobiliar Pop-Up<br />
Das erste Pop-Up nach einem Entwurf von Carmela Bogman<br />
<strong>und</strong> Rogier Martens fi ndet man in Utrecht in einem großen<br />
Wohnkomplex: Die Elemente können von den dazu autorisierten<br />
Personengruppen selbst aus dem Boden „gepumpt“ werden<br />
– <strong>und</strong> wieder zurück. Beispielsweise von den Anwohnern<br />
selbst <strong>und</strong> dem Hausmeister genauso wie von Mitarbeitern<br />
der Stadt. Die drei Aluminium-Platten werden auf hydraulischen<br />
Zylindern über eine manuell bedienbare Steuereinheit<br />
aus dem Boden gefahren. So entsteht fl exibles Stadtmobiliar<br />
für unterschiedlichste Anwendungen: Es lässt sich als<br />
Sitzgruppe aufbauen aber auch als Podium nutzen. Jedes<br />
Element kann in der Höhe einzeln eingestellt werden. Genauso<br />
leicht lässt sich das komplette Set im Boden versenken,<br />
sodass zum Beispiel bei einem Straßenfest keine störenden<br />
Elemente aus dem Boden ragen. Die Kosten liegen derzeit bei<br />
ca. 9.000 Euro in der abgebildeten Ausführung.<br />
» www.carmelabogman.nl<br />
56 | Marktmonitor<br />
Kickboardständer aus der Schweiz<br />
In der Schweiz ist die Benutzung von Kickboards unter Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen<br />
weit verbreitet – vermutlich kommt diese neue Parklösung deshalb<br />
aus der Alpenrepublik. Nachdem mit Fachleuten von Behörden sowie Lehrern<br />
ein Anforderungskatalog vorab defi niert wurde, hat die Burri AG gemeinsam<br />
mit dem Designer Beat Karrer das KickboardZ entwickelt. Der Kickboardständer<br />
versteht sich ganz von selbst: Man schiebt das Gerät hinein <strong>und</strong> sichert<br />
es mit einem Schloss. Damit ist Zusammenklappen <strong>und</strong> Aufhängen überfl üssig<br />
<strong>und</strong> es gibt keine geklemmten Kinderfi nger mehr.<br />
» www.burriag.ch
<strong>Spiel</strong>fl ächen<br />
Trampolin – eine r<strong>und</strong>e Sache<br />
Hally Gally hat seine Produktpalette aktuell um ein Trampolin<br />
ergänzt. Das Trampolin mit der klassischen Gummigliedermatte<br />
gibt es neben den bewährten eckigen Ausführungen nun auch in<br />
r<strong>und</strong>er Form. Die Sprungfl äche des „Circus“ beträgt 1,30 Meter,<br />
der Durchmesser 1,90 Meter. Passende Fallschutzplatten <strong>und</strong> ein<br />
Eingrabrahmen werden gleich mitgeliefert.<br />
» www.hally-gally-spielplatzgeraete.de<br />
Auf dem Wasser:<br />
Sportpark zum Aufblasen<br />
Beim Wibit Sport Park handelt es sich um eine für<br />
Strände <strong>und</strong> Badeseen gedachte, modulare aufblasbare<br />
Sportanlage auf dem Wasser. Die Modularität<br />
der Anlagenelemente ermöglicht unterschiedlichste<br />
Kombinationen von einer einfachen geraden Strecke<br />
mit wenigen Stationen bis hin zum Zirkeltraining<br />
mit vielen Herausforderungen. Elemente wie Kurven,<br />
Balancierfl ächen, Rampen, Brücken, Türme, Freeclimbing-Wände,<br />
ein Trampolin <strong>und</strong> die aufblasbare<br />
Wasserschaukel „Wibit Swing“ lassen sich fl exibel<br />
kombinieren. Das größte Modul, der „Action Tower“,<br />
vereint eine Rutsche, einen Sprungturm sowie eine<br />
Seil- <strong>und</strong> Freeclimbing-Wand.<br />
» www.wibitsports.de<br />
Jubiläum: Sonderedition in Perlbrombeer<br />
Auf dem <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong> muss nicht immer alles quietschbunt sein, es darf auch edel aussehen: So bietet die SMB Seilspielgeräte Berlin in 2010<br />
zum 30-Jährigen Firmenjubiläum eine Sonderedition in Perlbrombeer (Rohre <strong>und</strong> Stahlteile) mit Silbergrau (Herkules-Seile) an. Die Herkules-<br />
Seil-Machart ist ein Fachbegriff nach VDI-Richtlinie 2500 <strong>und</strong> bezeichnet die Konstruktion eines Seiles in Faser-Stahldraht-Gemisch. Diese<br />
Seile sehen auf den ersten Blick wie ein normales Faserseil aus. Innen befi ndet sich jedoch ein Kern aus Kunststoff oder Stahl. Dieser ist<br />
4- oder 6-litzig mit Seilen ummantelt, die wiederum eine Stahllitze als Kern haben <strong>und</strong> mit farbigem Polyamid- oder Polypropylengarn ummantelt<br />
sind. Diese Konstruktion ist extrem haltbar <strong>und</strong> in allen sicherheitsrelevanten Bereichen <strong>und</strong> Branchen im Einsatz.<br />
» www.smb-seilspielgeraete.de<br />
Marktmonitor | 57
Schallschutzwände<br />
58 | Marktmonitor<br />
Transparenter Lärmschutz für Bremen<br />
Um Bremen wird zur Vervollständigung eines Autobahnringes eine<br />
neue Autobahn, die A 281, teilweise mitten durch die Stadt gebaut.<br />
Zwei dieser Abschnitte wurden bereits dem Verkehr übergeben;<br />
geplant ist die Schließung des Autobahnringes bis Ende 2013. Im<br />
urbanen Freiraum macht es Sinn, dass der Schallschutz den Blick<br />
freilässt, deshalb entschied man sich in Bremen für eine Konstruktion<br />
mit Elementen aus Plexiglas So<strong>und</strong>stop GS CC 20. Der transparente<br />
Werkstoff mit integrierten Polyamidfäden verbindet Schlagfestigkeit<br />
<strong>und</strong> UV-Beständigkeit <strong>und</strong> ist eines der Hightech-Produkte des<br />
süddeutschen Unternehmens Kohlhauer. Es fi ndet vor allem dort<br />
Anwendung, wo exponierte Stellen im Sinne der ZTV-LSW vorliegen.<br />
» www.kohlhauer.com<br />
Grüner Schallschutz<br />
Mit Naturawall® ist eine neue, leicht <strong>und</strong> fl exibel zusammensteckbare<br />
Wandkonstruktion aus Stahlblechen auf dem Markt,<br />
die mit Erde zur Lärmdämmung befüllt <strong>und</strong> anschließend<br />
bepfl anzt wird. Durch das Füllmaterial <strong>und</strong> seine Begrünung<br />
weist Naturawall schon in der Standardausführung eine sehr<br />
hohe Schallabsorption aus. Die Ausführung AbsorberPlus<br />
verfügt über zusätzliche Schallschutzelemente <strong>und</strong> erreicht<br />
Schallabsorptionswerte der höchsten Klasse (A4 nach ZTV-Lsw<br />
06). Zudem ist das Stahlstecksystem einfach zu montieren <strong>und</strong><br />
benötigt keine Unterkonstruktion. Genau das Richtige also für<br />
kostengünstige kommunale Lärmschutzprojekte an Straße <strong>und</strong><br />
Schiene. » www.naturawall.de<br />
Schallschutz in der Innenstadt<br />
Lärmschutz als Design-Element ist eine völlig neue, patentgeschützte Idee<br />
aus dem Hause Conradi+Kaiser (Vertrieb über stilum GmbH). Lärmabsorbierende<br />
Gummielemente zwischen Edelstahlrohren als Trägersystem<br />
sind nicht nur klassisch-schöne Materialverbindungen sondern darüber<br />
hinaus Lärm- <strong>und</strong> Sichtschutz. Die schallschluckenden Konkav-Drainagen<br />
werden der Geräuschquelle zugewandt. Die andere<br />
Seite der Gummi-Schallschutzelemente kann frei<br />
<strong>und</strong> veränderlich gestaltet – zum Beispiel lackiert –<br />
werden. Besonders sinnvoll wird dieses Produkt als<br />
Einfassung von öffentlichen Streetballfeldern, weil<br />
auch der Aufprall des Balles gemildert wird.<br />
» www.conradi-kaiser.de | » www.stilum.de
Stille Orte<br />
WC der Sinne in Hemer<br />
Die Landesgartenschau Hemer wartete kürzlich zur Eröffnung mit einer besonderen Interpretation des öffentlichen Toilettenhäuschen auf:<br />
Hier können sich die Besucher im „WC der Sinne“ zur ihrer Entlastung zurückziehen. Als Themensponsor machte der ortsansässige Bad-<br />
Spezialist Keuco die Realisierung möglich. Farb- <strong>und</strong> Lichteffekte spielen bei den drei WC-Anlagen eine ebenso wichtige Rolle wie Klänge<br />
<strong>und</strong> Bilder aus der Natur. Bei den Damen sorgen zartrosarote Wände <strong>und</strong> leuchtende Orchideen an der Decke für gute Stimmung. Dazu<br />
erklingt der „Frühling“ aus Vivaldis Vierjahreszeiten. Für die Herren gibt es unter der Decke ein hinterleuchtetes Korallenriff mit großem<br />
Fischschwarm sowie meerblaue Wände. Die Geräusche eines Tauchers sorgen für das Gefühl, Kapitän in der eigenen Tauchglocke zu sein.<br />
Das barrierefreie WC ist in kräftigem Grün mit leuchtendem Blätterhimmel gestaltet. Als So<strong>und</strong> hört man Vogelgezwitscher, Klopfen des<br />
Spechts <strong>und</strong> das Rauschen der Blätter im Wind. » www.landesgartenschau-hemer.de | » www.keuco.de<br />
Kompost-WCs für den Rothaarsteig<br />
Eine besondere technische Herausforderung sind öffentliche Toiletten auf der grünen<br />
Wiese fernab von Wasser-, Abwasser- oder Stromanschlüssen. So sollten im letzten Jahr<br />
neue WC-Anlagen für Ranger <strong>und</strong> Wanderer auf dem Rothaarsteig im Siegerland errichtet<br />
werden.<br />
Die Lösung ist ein „Kompost-Modul“ der Unternehmensgruppe Hering mit einem geruchlosen<br />
Kreislaufsystem ohne Verwendung von Chemikalien. Die anfallenden Abfälle werden<br />
in ihrer Masse auf weniger als 10 % reduziert. Das Kompost-WC wird ausschließlich mit<br />
Sonne <strong>und</strong> Wind betrieben.<br />
» www.heringinternational.com<br />
Bodenbeläge<br />
Rotterdam: Blech als Bodenbelag<br />
Ein interessanter Bodenbelag für öffentliche Plätze ist Profi lblech: Wie gut sich die<br />
Alternative zum gewöhnlichen Pfl aster macht, lässt sich in Rotterdam bestaunen. Dort<br />
belegte man den zentralen Schouwburgplatz mit Elementen aus Stahlblech. Sie bilden<br />
ein kontrastreiches Wechselspiel mit den klassischen Steinen <strong>und</strong> Holzplanken im restlichen<br />
Bereich. Abgesehen von der Optik hat das Material auch sehr praktische Vorteile,<br />
ist beim Hersteller Graepel zu erfahren: Die Profi lierung sorgt für sicheres Gehen, das<br />
Lochmuster für Regendrainage <strong>und</strong> die Feuerverzinkung für Langlebigkeit. Zudem lassen<br />
sich Blechprofi lroste schnell <strong>und</strong> einfach verlegen, dauerhaft über Traversen mit dem<br />
Untergr<strong>und</strong> verbinden <strong>und</strong> bei Bedarf einzeln austauschen. Zudem ist die Pfl ege sehr<br />
einfach: So stellen die Bürstenwalzen der Stadtreinigung täglich quasi den Neuzustand<br />
wieder her. » www.graepel.de<br />
Marktmonitor | 59
<strong>Spiel</strong>ideen<br />
aus den Niederlanden<br />
Links<br />
» www.boerplay.com<br />
60 | Portrait<br />
Boer Speeltoestellen sind gut im Geschäft. Das<br />
merkt man nicht nur an beeindruckenden Referenzprojekten<br />
in den Niederlanden, Belgien <strong>und</strong><br />
Rumänien, aber auch daran, dass es gar nicht<br />
so einfach war, die Ansprechpartnerin für unser<br />
Herstellerportrait zum Gespräch zu bekommen.<br />
Es hat dann aber doch noch geklappt, <strong>und</strong> wir<br />
konnten von der Export- <strong>und</strong> Marketingverantwortlichen<br />
Rianne Reuvekamp erfahren, wo die<br />
„Pebbles“ entstanden sind.<br />
Boer Speeltoestellen ist seit fast 50 Jahren in<br />
der <strong>Spiel</strong>gerätebranche aktiv. Fährt man über<br />
die A3 von Deutschland kommend über die A15<br />
Richtung Rotterdam <strong>und</strong> kreuzt die A27, liegt<br />
der Produktionsstandort in Nieuwendijk etwas<br />
südlich in der Provinz Nord-Brabant: Hier arbeiten<br />
knapp 100 Mitarbeiter in der Produktion<br />
von <strong>Spiel</strong>geräten, Sportgeräten, Stadtmobiliar,<br />
Fallschutz sowie thematischen Einrichtungen<br />
<strong>und</strong> Wasserrutschen für z. B. <strong>Freizeit</strong>parks oder<br />
Schwimmbäder. Boer Speeltoestellen entwickelt<br />
Wasservergnügungen bis hin zu ganzen<br />
Im letzten Herbst sorgten<br />
„Pebbles“ auf der FSB für<br />
einige Ohs <strong>und</strong> Ahas: Darunter<br />
kann man sich in den<br />
Boden eingelassene interaktive<br />
<strong>Spiel</strong>steine vorstellen.<br />
Digitale Hüpfekästchen sozusagen.<br />
Die Antwort auf die<br />
Frage, wer sich so was wohl<br />
ausgedacht hat, fand sich in<br />
den Niederlanden: Und bei<br />
Boer Speeltoestellen gibt´s<br />
nicht nur „Pebbles“ …<br />
Wasservergnügungsparks mit verschiedenen<br />
Wasserrutschen <strong>und</strong> Wasserspielgeräten. Inzwischen<br />
hat das Unternehmen europaweit über<br />
500 Wasser-Projekte mit einer Gesamtrutschbahnlänge<br />
von über 20 Kilometern installiert.<br />
Produktionsstandort Niederlande<br />
Reuvekamp sieht den Standort als einen Qualitätsgarant:<br />
„Durch die niederländische Produktionsstätte<br />
haben wir die volle Kontrolle über<br />
die Qualität unserer Geräte <strong>und</strong> die Montage.<br />
Zudem gibt uns die eigene Produktion die Freiheit,<br />
fl exibel zu sein was die Produktausführung<br />
angeht, zum Beispiel in Bezug auf Detailanpassungen<br />
oder Farben. Gleichzeitig können wir<br />
die Produktionszeiten individuell verschieben<br />
<strong>und</strong> bestimmten Projekten besondere Priorität<br />
geben. Hierdurch bieten wir kurze Lieferzeiten<br />
von zwei bis drei Wochen <strong>und</strong> einen schnellen<br />
Service”. Ein weiterer Vorteil der Vor-Ort-Produktion<br />
sei, dass Boer Speeltoestellen auf Zwischenhändler<br />
verzichten kann <strong>und</strong> dadurch mit
attraktiven Preisen am Markt auftritt – so die<br />
Export- <strong>und</strong> Marketingverantwortliche.<br />
Für K<strong>und</strong>en außerhalb der Niederlande stehen<br />
zwei Verkaufsberater zur Verfügung, zudem<br />
gibt es eine Vertretung in Portugal. Außer der<br />
Produktion befi ndet sich auch die Entwurfsabteilung<br />
in Nieuwendijk: Sieben Produktdesigner<br />
<strong>und</strong> vier Landschaftsarchitekten entwickeln innovative<br />
Produkte wie „Pebbles“.<br />
„Pebbles“: interaktive Bodenplatten<br />
„Pebbles“ verbinden traditionellen <strong>Spiel</strong>spaß<br />
mit Computertechnologie. Man springt auf die<br />
Betonplatten <strong>und</strong> bekommt eine Reaktion in<br />
Form von blinkenden Signalen. Oder man reagiert<br />
auf das Blinken, indem man es mit einem<br />
Tritt “fängt”, wobei sich die Geschwindigkeit<br />
im weiteren <strong>Spiel</strong>verlauf erhöht. Mit den interaktiven<br />
Bodenplatten können verschiedene<br />
<strong>Spiel</strong>e gespielt werden: Memory, Whac-A-Mole<br />
(nach dem gleichnamigen Computerspiel, bei<br />
man nach Maulwürfen tritt), Fangen <strong>und</strong> einige<br />
mehr. Derzeit sind 20 <strong>Spiel</strong>e möglich <strong>und</strong> können<br />
durch Upgrades ergänzt werden.<br />
Das Basis-Set besteht aus sechs Betonbodenplatten.<br />
Diese können ohne besondere Vorbereitung<br />
des Untergr<strong>und</strong>es <strong>und</strong> ohne umgebenden<br />
Fallschutz ausgelegt werden. Natürlich<br />
sind sie vandalismusbeständig <strong>und</strong> halten auch<br />
Überfahrten von schweren LKWs aus. Dadurch<br />
können sie auf Freifl ächen vor Passagen<br />
<strong>und</strong> Geschäftszentren oder auf Schulhöfen<br />
<strong>und</strong> Marktplätzen verlegt werden. Interaktive<br />
leuchtende Technologie allerdings braucht<br />
Strom: Die Bodenplatten werden an das städtische<br />
Stromnetz angeschlossen <strong>und</strong> können<br />
zentral an- <strong>und</strong> ausgeschaltet werden. Durch<br />
diese Steuerung kann das System auch seinen<br />
Dienst als Beleuchtung in den Abendst<strong>und</strong>en<br />
verrichten. Zudem gibt auch eine ökologische<br />
Ausführung mit einer zusätzlichen Bodenplatte<br />
mit Solarenergie.<br />
Nachhaltigkeit als Maßstab für die<br />
Materialien<br />
Wer heute als Unternehmen nicht nachhaltig<br />
agiert, ist nicht mehr zeitgemäß. So sieht sich<br />
auch Boer Speeltoestellen der Nachhaltigkeit<br />
verpfl ichtet. Man arbeitet nach den Kriterien<br />
der Agentschap NL (vormals SenterNovem),<br />
einem Standard des Ministeriums für öffentlichen<br />
Raum <strong>und</strong> Umwelt. Reuvekamp erklärt die<br />
Auswirkungen anhand der Materialien: “Boer<br />
verwendet neben Stahl <strong>und</strong> Aluminium nur<br />
Kunststoffe aus REBO (REcycling BOer). Es ist<br />
Wasserrutschen aller Größenordnungen sind eine Spezialität der Niederländer.<br />
aus 100-prozentig recycelten Materialien hergestellt,<br />
unter anderem aus Polypropylen <strong>und</strong><br />
Polyethylen. Stützen, Bohlen <strong>und</strong> Balken aus<br />
REBO sind so verarbeitet, dass das Material<br />
nicht faulen, verschimmeln, reißen oder splittern<br />
kann. REBO braucht weder nachbehandelt<br />
noch angestrichen zu werden.<br />
Ein anderer wartungsarmer <strong>und</strong> beständiger<br />
Werkstoff, den wir bei der Herstellung von<br />
<strong>Spiel</strong>geräten <strong>und</strong> anderen Produkten einsetzen,<br />
ist HMPE, High Moleculair Polyethylen. Es ist<br />
ein stabiler, splitterfreier Kunststoff mit ausgezeichneten<br />
Eigenschaften. Er ist wasserabweisend,<br />
frostbeständig, farbfest <strong>und</strong> giftstofffrei.<br />
Auch HMPE braucht keine weitere Pfl ege. Wenn<br />
überhaupt Holz verwendet wird, dann nur FSC<br />
Hartholz.“<br />
Soziales Engagement im<br />
In- <strong>und</strong> Ausland<br />
Wie bei vielen niederländischen Unternehmen<br />
ist auch bei Boer Speeltoestellen das soziale<br />
Bewusstsein ausgeprägt: So beschäftigt man in<br />
Nieuwendijk unter entsprechend an ihre Möglichkeiten<br />
angepassten Bedingungen einige<br />
junge Erwachsene, die berufsunfähig geworden<br />
sind oder eine so problematische Vergangenheit<br />
haben, dass sie Schwierigkeiten haben, in<br />
normale Jobs integriert zu werden.<br />
Darüber hinaus engariert sich Boer Speeltoestellen<br />
international: Seit 2010 ist das Unternehmen<br />
offi zieller Partner des WWF <strong>und</strong> von<br />
UNICEF. Gemeinsam mit diesen Organisationen<br />
werden <strong>Spiel</strong>plätze entwickelt, in denen Kinder<br />
auch etwas über Umweltschutz erfahren (WWF)<br />
<strong>und</strong> über Rechte von Kindern (UNICEF).<br />
Portrait | 61
Boer Speeltoestellen B.V.<br />
1961 Seit dem Gründungsjahr entwirft, produziert <strong>und</strong> installiert Boer <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>geräte,<br />
Sportgeräte, Außenmobiliar <strong>und</strong> Wasserrutschen in der eigenen<br />
Fabrik in Nieuwendijk (NL).<br />
1972 In diesem Jahr wurde das Unternehmen Aluminium Verwerkende Industrie<br />
(AVI) übernommen. Dadurch konnte das Programm um Sport- <strong>und</strong><br />
<strong>Spiel</strong>geräte aus Aluminium ergänzt werden. Darunter waren auch die<br />
Geräte des bedeutenden niederländischen Architekten Aldo van Eijck<br />
(*1918-1999 †).<br />
1980 Schon damals startete Boer Speeltoestellen mit der Produktion von<br />
<strong>Spiel</strong>geräten auf Basis von recycletem Kunststoffes als Alternative zum<br />
bestehenden Angebot. Inzwischen ist das Standard.<br />
2005 Durch die Integration von GM Decor aus Werkendam (NL) in das Unternehmen<br />
konnten die Leistungsschwerpunkte „<strong>Freizeit</strong>sparks“, „Objekte<br />
<strong>und</strong> <strong>Spiel</strong>plätze im öffentlichen Raum“ verstärkt werden, zudem kam<br />
Know how in Bezug auf das Trendthema „Natürlich spielen“ hinzu.<br />
2007 Boer Speeltoestellen wurde von Arjan van Schaik <strong>und</strong> Chris Westerveld<br />
aufgekauft. Die neue Eigentümergesellschaft startete mit der weiteren<br />
Modernierung des Unternehmens.<br />
2009 Im letzten Jahr wurde Speelwijzer aus Nederhemert (NL) ebenfalls von<br />
der Muttergesellschaft von Boer Speeltoestellen übernommen. Derzeit<br />
werden die Menschen, Produkte <strong>und</strong> Prozesse von Speelwijzer <strong>und</strong> Boer<br />
Speeltoestellen zu eine neuen Organisation unter dem branchenweit<br />
eingeführten Namen Boer Speeltoestellen zusammengeführt.<br />
62 | Portrait<br />
Boer Speeltoestellen im deutschen Markt<br />
Derzeit spielen Boer Speeltoestellen vor allem<br />
auf dem niederländischen <strong>und</strong> belgischen<br />
Markt ein Rolle – außerdem in Rumänien <strong>und</strong><br />
Portugal. Für deutsche Kommunen ist das Unternehmen<br />
durchaus auch attraktiv. Rianne<br />
Reuvekamp erklärt, warum: „Da wir unsere<br />
eigenen Produkte entwerfen <strong>und</strong> entwickeln,<br />
sind wir sehr fl exibel. Für jeden Ort, für jedes<br />
Budget, für jedes Material können wir kurzfristig<br />
eine Lösung anbieten. Selbst für jede Altersklasse,<br />
denn wir richten uns nicht nur an die<br />
Kernzielgruppe für <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>geräte, die 4- bis<br />
12-Jährigen, sondern haben auch Produkte für<br />
die Allerkleinsten wie Miniplay <strong>und</strong> Ukkepuk im<br />
Programm. Und mit UrbanGym, Sportgeräten,<br />
UrbanPlay <strong>und</strong> Pionier bieten wir Serien für Erwachsene.<br />
Zudem entwerfen wir den zur Disposition<br />
stehenden Freiraum mit einer Vision,<br />
die über die Geräte hinaus geht. Elemente wie<br />
die Umgebung, das vorhandene Grün, die umgebenden<br />
Häuser <strong>und</strong> die Architektur werden<br />
in die Planung einbezogen, so dass ein zusammenhängendes<br />
Ganzes entsteht. Der Entwurf<br />
des Freiraumes um die Geräte ist ein Service,<br />
den wir kostenlos zusammen mit der Kostenplanung<br />
für die Umsetzung mitliefern.“ Als Beispiel<br />
nennt sie die vollständige Umgestaltung<br />
eines öffentlichen, eine Gr<strong>und</strong>schule umlaufenden<br />
Schulhofs mit kleinem Tierpark in Schagerbrug<br />
in der Provinz Noord-Holland. Neben<br />
der Planung <strong>und</strong> Montage der <strong>Spiel</strong>geräten, der<br />
Anlage einer Laufbahn <strong>und</strong> eines <strong>Spiel</strong>feldes für<br />
Ballspiele war auch die Wegeführung <strong>und</strong> die<br />
Grünplanung im Leistungsumfang enthalten.<br />
Fazit: Der Blick über die Grenze hat sich gelohnt.<br />
Sicher wird man auch hierzulande bald<br />
die digitale Version der Hüpfekästchen, „Pebbles“,<br />
spielen.<br />
Dagmar Thiemann
Best Practice<br />
Auf den nächsten Seiten zeigen wir Ihnen<br />
besonders gelungene Beispiele<br />
Report | 63
64 | Best Practice<br />
Haltestelleninfrastruktur Glattalbahn, Zürich, Schweiz<br />
Der Neubau der Glattalbahnstrecke im Kanton Zürich ist eines der bedeutenden Infrastrukturprojekte<br />
der Schweiz. Die erste <strong>und</strong> zweite Etappe sind bereits in Betrieb.<br />
Trotz ihres mit ca. 2 Prozent sehr geringen Anteils an der Gesamtinvestition prägt die Haltestelleninfrastruktur<br />
den Ausdruck <strong>und</strong> den Wiedererkennungswert der Bahnstrecke. Für die<br />
Akzeptanz bei der Bevölkerung braucht es allerdings mehr als schönes Design <strong>und</strong> so standen<br />
im Prozess der Projekt- <strong>und</strong> Prototypenentwicklung nicht nur gestalterische <strong>und</strong> technische<br />
Aspekte zur Diskussion, sondern auch die Ideen <strong>und</strong> Bedürfnisse aller künftiger Benutzergruppen.<br />
Zudem hatte die Kooperation mit Naturschützern, Behindertenverbänden <strong>und</strong> anderen<br />
Spezialisten großes Gewicht. Im Ergebnis wird die Glattalbahn das erste Bahnsystem im<br />
Züricher Verkehrsverb<strong>und</strong> sein, dessen gesamte Infrastruktur die Vorgaben des schweizerischen<br />
Behinderten-Gleichstellungsgesetzes weitgehend erfüllt. Für die Bahnsteige <strong>und</strong> die Haltestellen<br />
trifft dies bereits mit Eröffnung der ersten beiden Etappen zu. Was nicht nur Behinderte erfreut,<br />
sondern auch Mütter mit Kinderwagen, Senioren <strong>und</strong> einfach alle, die sich leicht zugängliche,<br />
barrierefreie <strong>und</strong> gut beleuchtete Bahnsteige sowie leicht bedienbare Technik wünschen.
Bausumme<br />
Gesamtinvestition Glattalbahn ca. 550 Mio.<br />
CHF, davon Haltestelleninfrastruktur (HSI)<br />
ca. 11 Mio. CHF<br />
Glattalbahn Haltestellen<br />
Gesamtanzahl 23 Stück davon 3 in<br />
Hochlage auf Brücken<br />
Haltestelleninfrastruktur<br />
Wartehallen mit technischer Ausrüstung,<br />
Haltestellen- <strong>und</strong> Brückengeländer, Übersteigschutz,<br />
Fahrradständer, Dienst-WC’s<br />
Bestückung pro HSI Element Haltestelle<br />
Windschutz, Fahrkartenautomat, Statische<br />
Fahrgastinformation, Sitzbank, Abfallbehälter,<br />
Lautsprecher, Beleuchtung, Werbefl<br />
ächen, Elektroverteiler, Datenverteiler,<br />
Funkantenne, Be-<strong>und</strong> Entlüftung Kavernen.<br />
Möglichkeiten für Dynamische Fahrgastinformation,<br />
Notruf, Videoüberwachung,<br />
Erdungsstangen, teilweise Integrierte Monitore<br />
für Tunnelüberwachung, Geländer mit<br />
Blindenschwelle, in Hochlage Windschutz<br />
ganze Bahnsteiglänge<br />
Auftraggeber<br />
Kanton Zürich vertreten durch VBG Verkehrsbetriebe<br />
Glattal bzw. der ZVV Zürcher<br />
Verkehrsverb<strong>und</strong><br />
Oberbauleitung<br />
Tiefbauamt des Kantons Zürichs sowie<br />
Tiefbauamt der Stadt Zürich<br />
Gesamtplanung/Städtebau<br />
Städteplaner Rainer Klostermann, Zürich<br />
Planung HSI<br />
Architekt Kai Flender, Uehlingen (D)<br />
Entwicklung/Ausführung HSI<br />
BURRI public elements AG, Glattbrugg<br />
Best Practice | 65
66 | Best Practice<br />
Sentral Parken Fornebu, Oslo, Norwegen<br />
Nachdem der internationale Flughafen auf der Insel Fornebu im Oslo-Fjord wegen mangelnder<br />
Erweiterungsmöglichkeiten aufgegeben wurde, erkannten die umliegenden Stadtbezirke das Potential<br />
Fornebu’s als attraktives Wohn- <strong>und</strong> Gewerbegebiet nahe dem Stadtzentrum. Das neue<br />
Quartier sollte neben einem zentralen Park für Erholungszwecke auch Anlagen für nachhaltiges<br />
Wassermanagement besitzen. Dies waren zentrale Themen im offenen Wettbewerb zur Gestaltung<br />
des Areals. Das Atelier Dreiseitl wurde ausgewählt, um die Raumplanung von Bjørbekk &<br />
Lindheim mit einem umfassenden Konzept zum Wassermanagement zu vervollständigen.<br />
Ein künstlich angelegter See wird zum Fokus des Parks. Eine Gewässerachse verknüpft den früheren<br />
Kontrollturm mit dem See <strong>und</strong> sammelt das Niederschlagswasser von den umgebenden<br />
Gebäuden, Straßen, Gehwegen <strong>und</strong> Oberflächen. Zudem erwecken künstlerische Wassergestaltungen<br />
entlang dieser Achse die Gesten von Reisenden, ihre Sehnsucht nach Ortsveränderung,<br />
nach Abreise oder Ankunft. Der See speichert das gesamte Niederschlagswasser <strong>und</strong> hat auch<br />
Kapazitäten für die unterschiedlichen Wasserstände, da überschüssiges Wasser in ein „Froschland“<br />
genanntes Feuchtbiotop mit großer Artenvielfalt geleitet wird, bevor es langsam in den<br />
Oslo-Fjord sickert.
Landschaftsgestaltung,<br />
Regenwassermanagement, Kunst:<br />
Atelier Dreiseitl<br />
Bauherr:<br />
Statsbygg<br />
Landschaftsarchitekt:<br />
Björbek Lindheim<br />
Planung & Gestaltung:<br />
2004-2005<br />
Bauausführung:<br />
2006-2008<br />
Größe: 47 ha<br />
Best Practice | 67
68 | Best Practice<br />
Öffentlicher <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong> Kannenfeldpark, Basel, Schweiz<br />
Der Kannenfeldpark in Basel bietet seit je her viel Platz für <strong>Spiel</strong>, <strong>Freizeit</strong> <strong>und</strong> Erholung.<br />
Attraktiv sind insbesondere die vielfältigen <strong>Spiel</strong>möglichkeiten für Kinder jeden Alters. Im<br />
Frühjahr 2010 sind drei neue <strong>Spiel</strong>inseln zum Rutschen, Schaukeln <strong>und</strong> Plantschen entstanden.<br />
Alle drei Inseln sind von einem plastizierten Kunststeinrand eingefasst, der aber<br />
auch schon zum <strong>Spiel</strong>en <strong>und</strong> zum Verweilen einlädt. Zwei der Inseln sind mit <strong>Spiel</strong>geräten<br />
aus Robinienholz ausgestattet, die in dieser Form einzigartig sind <strong>und</strong> von der KuKuk GmbH<br />
Stuttgart speziell für den Kannenfeldpark entwickelt wurden. Sie verleihen der Anlage eine<br />
eigene Identität <strong>und</strong> schaffen einen <strong>Spiel</strong>raum, wie er so in Basel noch nie realisiert wurde.
Gesamtfl äche: ca. 1.000 m²<br />
Bauherr: Bau- <strong>und</strong> Verkehrsdepartement Basel-Stadt,<br />
Stadtgärtnerei<br />
Bausumme: CHF 1.100.000<br />
Realisierung: August 2009 – April 2010<br />
Planung: Fontana Landschaftsarchitektur GmbH, Basel;<br />
KuKuk GmbH, Stuttgart<br />
Ausführung GaLaBau: Fontana Landschaftsarchitektur<br />
GmbH, Basel; KuKuk GmbH, Stuttgart<br />
Ausführung <strong>Spiel</strong>geräte: KuKuk GmbH, Stuttgart<br />
Best Practice | 69
70 | <strong>Spiel</strong>raum<br />
Daniel „Danny“ Stang mit einem Handstand
Parkour & Freerunning:<br />
Team Ashigaru<br />
Fotografi ert von Jörg Kraus<br />
„Ashigaru“ - wörtlich übersetzt „leicht-füßig“<br />
- nannten sich die niedrigsten Krieger im mittelalterlichen<br />
Japan: Ohne schwere Rüstung,<br />
nur mit dem nötigsten Schutz bekleidet, stürzten<br />
sie sich furchtlos in die Schlacht. Ashigaru<br />
nennt sich auch das Frankfurter Team mit Jo,<br />
Enis, Jason, Pascal <strong>und</strong> Danny & Family, die sich<br />
zu den erfahrensten <strong>und</strong> bekanntesten Ikonen<br />
der deutschen Parkour- <strong>und</strong> Freerunning-Szene<br />
zählen (www.ashigaru.de). Dabei fi ndet ihr<br />
Sport schon lange nicht mehr nur im öffentlichen<br />
Freiraum statt. Im April performte die<br />
Gruppe im Auftrag eines Baumaschinenherstellers<br />
auf der BAUMA in München auf dessen Geräten.<br />
Auch für Werbespots wurden sie schon<br />
gebucht. Darüber hinaus sind sie auf internationalen<br />
Bühnen <strong>und</strong> bei Wettbewerben aktiv:<br />
So gewann Jason im Mai 2010 in Wien den Red<br />
Bull Art of Motion.<br />
Der Fotograf Jörg Kraus zeigt das Team in einer<br />
spektakulären Serie von Fotos, von denen wir<br />
einige hier veröffentlichen. Kraus verwendete<br />
bei den Aufnahmen im Frankfurter Osthafen<br />
eine Outdoorblitzanlage <strong>und</strong> eine Digitalkamera<br />
im Mittelformat. Um möglichst nah an<br />
die Freerunner heran zu kommen, musste der<br />
Fotograf auch selbst hoch hinaus <strong>und</strong> seine<br />
portablen Blitzgeräte mehrere Meter hoch auf<br />
Stahlträger <strong>und</strong> Container bringen. Entstanden<br />
sind dabei beeindruckende Bilder – sehr kraftvoll<br />
<strong>und</strong> mit viel Seele.<br />
Die Bilderserie kann auch für Ausstellungen angefragt<br />
werden: Das ist sicher eine Form von<br />
Fotokunst, mit der man auch die Jugend ins<br />
Rathaus oder städtische Museum locken kann.<br />
Dagmar Thiemann<br />
<strong>Spiel</strong>raum | 71
Jason Paul beim Rückwärtssalto (Backfl ip)<br />
72 | <strong>Spiel</strong>raum<br />
Sergey Krivosheev springt<br />
Team Ashigaru sind Jason Paul, Johannes<br />
Mikulasch, Pascal Bueb, Daniel „Danny“<br />
Stang <strong>und</strong> Enis Maslic
Felix Eggert im Absprung<br />
Jörg Kraus<br />
Team Ashigaru & Family<br />
Freischaffender Fotograf aus Gießen. Der<br />
Künstler hat sich bis dato international vor<br />
allem einen Namen mit ausdrucksstarken<br />
Pferdefotos (Equine Fineart) gemacht. Das<br />
erste Frankfurter Parkour-Shooting mit dem<br />
Team Ashigaru war der Auftakt für weitere.<br />
» www.equine-fi neart.com<br />
» www.pixxart.net<br />
Jason Paul & Pascal Bueb auf der Kran-Konstruktion<br />
<strong>Spiel</strong>raum | 73
Zur Entwicklungsgeschichte<br />
der öffentlichen Freiräume<br />
für Kinder<br />
Teil IV: 1933 bis 1945<br />
Die Marginalisierung des öffentlichen Freiraumes für Kinder<br />
im Nationalsozialismus<br />
In einer kleinen Reihe von<br />
vier Beiträgen „Zur Entwicklungsgeschichte<br />
der<br />
öffentlichen Freiräume für<br />
Kinder“ stellt Daniel Rimbach<br />
in der FreeLounge die<br />
wesentlichen Ergebnisse<br />
seiner Doktorarbeit 1 vor.<br />
74 | <strong>Spiel</strong>raum<br />
Öffentliche „Frei“räume<br />
in der Diktatur?<br />
Problematisch für die Untersuchung der Geschichte<br />
der öffentlichen Freiräume für Kinder<br />
in der Zeit des Nationalsozialismus ist die Tatsache,<br />
dass es in der Zeit des „Dritten Reiches“<br />
keine Öffentlichkeit im demokratischen Sinne<br />
gab. Öffentlichkeit bedeutet die „Zugänglichkeit<br />
von Informationen, Kommunikation <strong>und</strong> Beteiligungsmöglichkeiten<br />
für einen unbegrenzten<br />
Kreis von Personen“. Für einen öffentlichen<br />
Freiraum bedeutet dies, dass dieser prinzipiell<br />
für alle Personen zugänglich <strong>und</strong> benutzbar<br />
sein muss. Von der Nazi-Diktatur wurden systematisch<br />
bestimmte Personengruppen (u.a. Juden,<br />
politische Gegner, geistig Behinderte, Sinti<br />
<strong>und</strong> Roma usw.) aus der sogenannten „Volksgemeinschaft“<br />
verdrängt, durch Gefängnis oder<br />
Ermordung entfernt bzw. in ihren Freiheitsrechten<br />
stark eingeschränkt. Dies betraf auch <strong>und</strong><br />
insbesondere den vormals öffentlichen Raum<br />
„Für das Kleinstkind den Kindergarten der NSV., für das<br />
Schulkind den Schulgarten, für die Jugendlichen das<br />
Jugendheim der HJ. <strong>und</strong> des BDM.“<br />
Willy TAPP, Gartendirektor, 1937<br />
<strong>und</strong> die städtischen Garten- <strong>und</strong> Parkanlagen.<br />
Schrittweise wurde dort der Ausschluss der<br />
jüdischen Bevölkerung betrieben. So durften<br />
Juden nur bestimmte, für sie gekennzeichnete<br />
Bänke benutzen bzw. für sog. „Arier“ wurden<br />
eigens Bänke reserviert. Darüber hinaus wurden<br />
in den Kommunen Teilbereiche von Gärten oder<br />
ganze Parks für die als Juden klassifi zierten<br />
Bürger gesperrt (vgl. hierzu KELLNER, 2007 <strong>und</strong><br />
ausführlich FISCHER & WOLSCHKE-BULMAHN,<br />
2006 <strong>und</strong> 2007). Die allgemeine <strong>und</strong> öffentliche<br />
Parknutzung war durch diese Restriktionen unterb<strong>und</strong>en.<br />
Auch die Zerstörung der Volksparkbewegung<br />
durch die Nationalsozialisten verhinderte<br />
eine freie <strong>und</strong> ungelenkte öffentliche<br />
Parkaneignung. Wird der Terminus „öffentlich“<br />
trotzdem im Folgenden benutzt, meint er Anlagen,<br />
die nicht einer bestimmten Organisation<br />
zugeordnet <strong>und</strong> als zumeist kommunale Anlage<br />
für die sogenannten „Arier“ zugänglich waren.<br />
Die Beschränkung auf diese „öffentlichen“ <strong>und</strong><br />
die wenigen neugeschaffenen kommunalen<br />
Anlagen ergäbe jedoch noch kein umfassendes<br />
Bild. Die Auseinandersetzung mit den Freiraumtypen<br />
für Kinder, mit denen sich die Nationalsozialisten<br />
<strong>und</strong> ihre mehr oder weniger freiwilligen<br />
Erfüllungsgehilfen, die „Gartengestalter“<br />
<strong>und</strong> Architekten vorrangig beschäftigten ist<br />
notwendig, da sie von sehr vielen, im Falle der<br />
schulischen <strong>und</strong> HJ-Einrichtungen von fast<br />
allen, sog. „arischen“ Kindern benutzt werden<br />
mussten <strong>und</strong> die wirkliche <strong>Freizeit</strong> der Kinder<br />
auf ein Minimum reduziert war.<br />
Extremer Bedeutungsverlust der<br />
öffentlichen <strong>Spiel</strong>anlagen für Kinder<br />
Die Zeit des Nationalsozialismus wurde durch<br />
einen radikalen Bedeutungsverlust des öffentlichen<br />
Freiraumes für Kinder geprägt. Durch<br />
die Gleichschaltung <strong>und</strong> Neuausrichtung des<br />
Berufsstandes der Gartenarchitekten, die Zerstörung<br />
der Volksparkbewegung <strong>und</strong> die Siedlungspolitik<br />
der Nationalsozialisten wurden<br />
öffentliche Freianlagen für Kinder zu einem<br />
unbedeutenden Randthema. Die Gestaltung
von städtischen öffentlichen Anlagen <strong>und</strong> insbesondere<br />
die Gestaltung von <strong>Spiel</strong>anlagen verloren<br />
auf Kosten anderer Aufgaben der Grün-,<br />
Garten- <strong>und</strong> Landschaftsgestaltung im engeren<br />
Sinne sowie der Friedhofs- <strong>und</strong> Gedenkstättenplanung<br />
an Bedeutung. Die Nationalsozialisten<br />
zerstörten die demokratische Volksparkbewegung<br />
innerhalb kürzester Zeit. Dadurch wurden<br />
auch die gestalterisch eng mit dem Volkspark<br />
verb<strong>und</strong>enen Freianlagen für Kinder obsolet.<br />
Die Siedlungspolitik im Dritten Reich favorisierte<br />
Kleinsiedlungen <strong>und</strong> den Bau von Eigenheimen,<br />
jeweils mit Gartenzulage. Dort wurden<br />
öffentliche Anlagen für Kinder nicht für notwendig<br />
gehalten. In den Großsiedlungen, die<br />
ab 1938 wieder projektiert wurden, spielten,<br />
sieht man von sehr wenigen Ausnahmen ab,<br />
öffentliche Freiräume für Kinder ebenfalls so<br />
gut wie keine Rolle. Aus der Fachdiskussion der<br />
„Gartengestalter“ verschwand das Thema des<br />
öffentlichen Kinderspiels recht rasch. Die Gartenschauen<br />
<strong>und</strong> Ausstellungsgärten der 1930er<br />
Jahre dokumentieren ebenfalls den Wandel des<br />
Berufsfeldes <strong>und</strong> zeugen vom Bedeutungsverlust<br />
öffentlicher <strong>Spiel</strong>anlagen.<br />
Eine systematische Zerstörung der existierenden<br />
öffentlichen Freianlagen für Kinder hat jedoch<br />
nicht stattgef<strong>und</strong>en. Die älteren, vor allem<br />
in der Weimarer Republik angelegten, städtischen<br />
Kinderspielplätze existierten immer noch<br />
<strong>und</strong> wurden auch eifrig benutzt. Die Schaffung<br />
neuer, kommunaler <strong>Spiel</strong>plätze wurde den, fi -<br />
nanziell mit zahlreichen Sonderaufgaben des<br />
NS-Staates bereits stark belasteten, Kommunen<br />
als deren freiwillige Aufgabe überlassen. In<br />
der Zeit des Nationalsozialismus hat es keine<br />
gesonderten städtischen oder staatlichen Budgets<br />
oder staatlich forcierte Programme für die<br />
Neuanlage von <strong>Spiel</strong>plätzen gegeben, ganz im<br />
Gegenteil zur Neuanlage von Thingplätzen, HJ-<br />
Heimen oder Ähnlichem. Für diese sehr stark<br />
staatlich vorangetriebenen Bauvorhaben zur<br />
Indoktrination der Kinder gab es jedoch auch<br />
keine gesonderten Mittel. Die Gemeinden mussten<br />
sie trotzdem durchführen. Die Arbeitskräfte<br />
wurden zum großen Teil durch Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen<br />
bereitgestellt, alle weiteren<br />
Kosten hatte die „betroffene“ Kommune aus<br />
Eigenmitteln zu zahlen. Die Kommune wurde<br />
gewissermaßen zur Umsetzung gezwungen. Die<br />
Aufbringung der Gelder bereitete den Städten<br />
sehr große Schwierigkeiten, so dass für freiwillige<br />
Aufgaben wie die Einrichtung von Kinderspielplätzen<br />
so gut wie kein Interesse <strong>und</strong><br />
auch kaum fi nanzielle Mittel existierten. Die<br />
Kommunen als Hauptträger der öffentlichen<br />
Kinderspielplätze fi elen somit, schon allein aus<br />
fi nanziellen Gründen, als Auftraggeber für die<br />
Einrichtung neuer <strong>Spiel</strong>plätze weitgehend aus.<br />
Darüber hinaus war die <strong>Freizeit</strong> der Kinder auf<br />
Gr<strong>und</strong> der Vereinnahmung durch die Massenorganisationen<br />
der Nationalsozialisten <strong>und</strong> ihrer<br />
gesellschaftlichen Verpfl ichtungen stark eingeschränkt.<br />
Um sich <strong>und</strong> ihre Kinder der Vereinnahmung<br />
des Staates zumindest teilweise zu<br />
entziehen, zogen sich viele Deutsche in ihren<br />
Privatgarten zurück. Hier hatte das Kinderspiel<br />
als Planungsaufgabe für die „Gartengestalter“<br />
einen gewissen Rückzugsraum, doch auch die<br />
kleine „Freiheit in Grenzen“ blieb nicht völlig<br />
frei von der Beeinfl ussung <strong>und</strong> Vereinnahmung<br />
durch die Machthaber.<br />
Tiere <strong>und</strong> die Erziehung zur<br />
„Bodenständigkeit“<br />
In der NS-Zeit wurde auf die Präsentation von<br />
Tieren in den öffentlichen Gärten allgemein sehr<br />
viel Wert gelegt. Besondere Bedeutung hatten<br />
die Zurschaustellung <strong>und</strong> der Kontakt mit Tieren<br />
jedoch im Zusammenhang mit Kindern. Tierhal-<br />
Parkbank mit der Aufschrift „NUR FÜR<br />
ARIER“, Foto, ca. 1938 (Quelle: Photo<br />
Archive of the Institute of Contemporary<br />
History and WIENER LIBRARY,<br />
London, 2007)<br />
Daniel Rimbach<br />
Daniel Rimbach hat Landschaftsarchitektur<br />
an der<br />
Fachhochschule in Erfurt<br />
studiert <strong>und</strong> führt seit 1998<br />
ein Planungsbüro mit den<br />
Schwerpunkten Gartendenkmalpfl<br />
ege sowie Objekt- <strong>und</strong><br />
Landschaftsplanung. Er arbeitet<br />
kontinuierlich an universitären<br />
Forschungsprojekten mit<br />
<strong>und</strong> hat seit 2001 Lehraufträge<br />
an der Fachhochschule Erfurt.<br />
2008 promovierte er an der<br />
Fakultät für Architektur <strong>und</strong><br />
Landschaft der Gottfried<br />
Wilhelm Leibniz Universität<br />
Hannover.<br />
<strong>Spiel</strong>raum | 75
Eingangsportal des privatfi nanzierten Kinderspielplatzes<br />
der Wilhelm-Siegfried-Stiftung in Erfurt, ca. 1941 mit Märchenmotiven<br />
(Quelle: STADTARCHIV ERFURT, Sig. VI, D2, 28)<br />
76 | <strong>Spiel</strong>raum<br />
tung für Kinder wurde für den Schulgarten, den<br />
Privatgarten <strong>und</strong> für öffentliche Anlagen propagiert.<br />
Im Leipziger Zoo wurden in den 1930er<br />
Jahren in kurzer Folge zwei „Tierkindergärten“<br />
angelegt, die sich in erster Linie an ein junges<br />
Publikum wandten. An diesen beiden Anlagen<br />
lässt sich sehr gut der Bedeutungswandel,<br />
den die öffentliche Präsentation von Tieren<br />
für Kinder in der Zeit des Nationalsozialismus<br />
durchmachte, nachvollziehen. Die 1932 geschaffene<br />
Anlage, die kurz darauf bereits wieder<br />
einer Gehegeerweiterung weichen musste,<br />
setzte auf eine Mischung aus exotischen <strong>und</strong><br />
einheimischen Tieren. Bereits am Eingang des<br />
„Lustigen-Tierkinder-Gartens“ begrüßten bildlich-plastische<br />
Darstellungen von Giraffen, Elefanten<br />
<strong>und</strong> Eulen den Besucher. Diese friedliche<br />
Gemeinschaft von „deutschen“ Wildtieren <strong>und</strong><br />
außereuropäischen „Ausländern“ wurde unter<br />
den Nationalsozialisten weitgehend ausgelöscht.<br />
Schon nach 2 Jahren wurde wegen des<br />
großen Erfolges <strong>und</strong> den damit verknüpften<br />
Kapazitätsproblemen die Anlage neu gestaltet<br />
<strong>und</strong> gleichzeitig das Konzept völlig überarbeitet.<br />
Der neue, 1934 projektierte <strong>und</strong> im Juni<br />
1935 eröffnete, Tierkindergarten war sehr stark<br />
an die Bildungsanforderungen der Nationalsozialisten<br />
angepasst. Die Anlage, die nun auch<br />
als „Märchen-Tierkinder-Garten“ bezeichnet<br />
wurde, hatte Zoodirektor Karl Max SCHNEIDER<br />
in Zusammenarbeit mit Stadtbaurat BÜHRING<br />
konzipiert. Gezeigt wurden, entsprechend den<br />
nationalsozialistischen Forderungen, fast ausschließlich<br />
einheimische Haustierrassen <strong>und</strong><br />
Wildtiere. Der Zoodirektor wollte damit ein nationalsozialistisches<br />
Vorzeigeobjekt schaffen,<br />
Mahnmal „Mutter <strong>und</strong> Kind“ im Schmuckbereich des<br />
Kinderspielplatzes der Wilhelm-Siegfried-Stiftung in<br />
Erfurt, ca.1941 (Quelle: STADTARCHIV ERFURT, Sig.<br />
VI, D2, 23)<br />
um dem Zoo die offi zielle Unterstützung zu sichern.<br />
SCHNEIDER hätte aus politischen Gründen<br />
„am liebsten verschwiegen“, dass u.a auch<br />
einige junge Löwen, Affen <strong>und</strong> Papageien in der<br />
Anlage lebten (vgl. Haikal, 1999)<br />
Über Märchen <strong>und</strong> andere volkstümliche Stoffe<br />
wurde von den Nationalsozialisten zielgerichtet<br />
versucht, die Kinder unbemerkt zu beeinfl ussen.<br />
So weist ENDLER (2006) nach, wie mit Hilfe der<br />
Märchenfi lmproduktion für den nationalsozialistischen<br />
Unterricht die Ideologie der Diktatur<br />
in den Köpfen der Kinder verankert werden sollte.<br />
Die Märchen dienten dabei dem Transport<br />
„nationalen Gedankenguts“ <strong>und</strong> fungierten als<br />
„Schaubilder völkischer Tugenden“ (vgl. END-<br />
LER, 2006). So ist es nicht verw<strong>und</strong>erlich, dass<br />
in der Zeit der NS-Diktatur Märchenmotive<br />
auch in den Freianlagen für Kinder eingesetzt<br />
wurden. So zeigte eine Bilderwand des Leipziger<br />
„Märchen-Tierkinder-Gartens“ bäuerliche<br />
Märchenmotive, die das Gemüt ansprechen <strong>und</strong><br />
in Verbindung mit den gezeigten Haustieren die<br />
Kinder zur „Bodenständigkeit“ erziehen sollten.<br />
Neue Kinderspielplätze durch<br />
Privatinitiativen<br />
Die Realisierung von kommunalen <strong>Spiel</strong>fl ächen<br />
hing nunmehr vom individuellen Interesse der<br />
Gartenämter bzw. von der Initiative privater<br />
Stifter ab. So wurden in der Stadt Erfurt während<br />
des Nationalsozialismus zwei größere, öffentliche<br />
städtische Kinderspielplätze angelegt,<br />
davon ging jedoch der Eine nahezu vollständig<br />
<strong>und</strong> der Andere zum Teil auf privates Engagement<br />
zurück. Diese sehr wenigen Neuanlagen
Hochbetrieb auf dem Kinderspielplatz der Wilhelm-Siegfried-Stiftung<br />
in Erfurt, ca. 1941 (Quelle: STADTARCHIV ERFURT, Sig. VI, D2, 34)<br />
von öffentlichen Kinderspielplätzen zeigten ein<br />
differenziertes Bild: einerseits handelte es sich<br />
um „normale“ Gerätespielplätze, andererseits<br />
hielten nationalsozialistische Bildungsinhalte<br />
Einzug.<br />
Gänzlich privat initiiert wurde der 1936 angelegte<br />
Kinderspielplatz der „Wilhelm-SIEG-<br />
FRIED-Stiftung“ in Erfurt. Die vermögende<br />
Fabrikantenwitwe Lilie SIEGFRIED stiftete der<br />
Stadt insgesamt r<strong>und</strong> 30.000 Reichsmark [nach<br />
heutigen Maßstäben ca. 100.000 Euro] für den<br />
Bau des <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>es sowie für die laufende<br />
Unterhaltung zusätzlich jährlich 600 Reichsmark<br />
[ca. 2.000 Euro]. Innerhalb eines halben<br />
Jahres entstand bis zur Eröffnung im Mai 1936<br />
ein für die Zeit ungewöhnlich reichhaltig <strong>und</strong><br />
vollständig ausgestatteter Kinderspielplatz,<br />
der relativ unabhängig von fi nanziellen Zwängen<br />
gestaltet werden konnte. Zu Ausstattung<br />
gehörten: 1 Abhaltewinkel für kleine Kinder,1<br />
Pinkelwinkel für kleine Knaben, 1 Abort für<br />
Mädchen, 1 Gemeinschaftsabort für Kinder bis<br />
3 Jahre, 1 Unterkunftshalle, 2 Sandkästen, 2<br />
Schaukelpferde für je 4 Kinder, 1 Schaukel für<br />
16 Kinder, 1 Karussell für 16 Kinder, 2 Wippen<br />
für je 6 <strong>und</strong> 4 Kinder, 1 Rutschbahn (7 m lang,<br />
250 cm hoch), 1 Rutschbaum (10 m lang), 60<br />
Bänke, 24 Papierkörbe, Tonschalen <strong>und</strong> Vogelbrunnen<br />
aus Terrakotta. Der <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong> wurde<br />
von einer Bruchsteinmauer begrenzt. Ein hölzernes<br />
Tor mit geschnitzten fi gürlichen Applikationen<br />
mit belehrenden Motiven aus dem<br />
„Struwwelpeter“ sowie Kinderdarstellungen in<br />
der stilistischen Art von Wilhelm BUSCH bildete<br />
das Eingangsportal. Mit Hilfe von weiteren<br />
Zuwendungen der Witwe wurde der <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong><br />
im Laufe des Jahres 1936 noch weiter ergänzt.<br />
Hinzu kamen ein von einem Künstler entworfener<br />
Märchenbrunnen „Froschkönig“ mit einer,<br />
auf einem Becken aus Muschelkalk sitzenden,<br />
Bronzeskulptur <strong>und</strong> eine Plastik „Aschenbrödel“<br />
als bildkünstlerische Ausstattung. 43 Blumenkästen<br />
<strong>und</strong> einige Sandspielkästen wurden<br />
aufgestellt. Eine zusätzliche Rutschbahn wurde<br />
aufgr<strong>und</strong> der Beliebtheit des Gerätes ebenfalls<br />
angeschafft. Die Stadt stellte einen <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>wärter,<br />
der während der Öffnungszeiten des<br />
Platzes die Aufsicht führte. Im Winter, Nachts<br />
<strong>und</strong> über Mittag war der Platz geschlossen.<br />
Eine sehr wichtige Rolle spielte bei der Anlage<br />
des <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>es „die deutsche Mutter.“ Bereits<br />
von den Verfassern der Genehmigungsvorlage<br />
für den Regierungspräsidenten wurde stark auf<br />
die Bedeutung der Anlage für die Mütter abgehoben:<br />
„Sie [die Schenkung zur Einrichtung<br />
eines Kinderspielplatzes im städtischen Brühler<br />
Garten] verfolgt hauptsächlich den Zweck,<br />
Müttern <strong>und</strong> Kindern der minderbemittelten<br />
Kreise der Erfurter Bevölkerung Gelegenheit zur<br />
ungestörten Erholung in frischer Luft, abseits<br />
des Straßenverkehrs zu bieten.“ Demzufolge<br />
wurden dem eigentlichen <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong> ein Sondergarten,<br />
d.h. ein Zier- <strong>und</strong> Erholungsgarten<br />
mit einem Mahnmal „Mutter <strong>und</strong> Kind“ sowie<br />
ein Rückzugsgarten „für Mütter mit kleinen<br />
Kindern“ zur Seite gestellt. In den Berichten der<br />
Lokalpresse zur Eröffnung des <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>es im<br />
Mai 1936 wird nahezu gleichwertig über die<br />
<strong>Spiel</strong>geräte für Kinder <strong>und</strong> den mütterorientierten<br />
Sondergarten berichtet. Dies war stark<br />
ideologisch gefärbt, denn die Nationalsozialisten<br />
versuchten, die Rolle der Frau auf die Mutter<br />
zu reduzieren.<br />
Ein zusätzlicher, großer Kinderspielplatz war<br />
Quellen:<br />
FISCHER, Hubertus <strong>und</strong> WOLSCHKE-<br />
BULMAHN, Joachim (2006):<br />
Orte der Zufl ucht. Orte der Verfolgung:<br />
Gärten <strong>und</strong> Parks in der NS-Zeit.<br />
In: Duttge, Gunnar & Tinnefeld, Marie-Theres<br />
(Hrsg.) (2006): Gärten, Parkanlagen <strong>und</strong> Kommunikation.<br />
Lebensräume zwischen Privatsphäre <strong>und</strong><br />
Öffentlichkeit. Berlin. (Berliner Wissenschaftsverlag)<br />
S. 53-93.<br />
BUDDRUS, Michael (2003):<br />
Totale Erziehung für den Totalen Krieg.<br />
Hitlerjugend <strong>und</strong> nationalsozialistische<br />
Jugendpolitik. Herausgegeben vom<br />
Institut für Zeitgeschichte. München.<br />
(K G Saur, Reihe Texte <strong>und</strong> Materialien zur Zeitgeschichte,<br />
Band 13/2)<br />
ENDLER, Cornelia Anett (2006):<br />
Es war einmal ... im Dritten Reich.<br />
Die Märchenfi lmproduktion für den<br />
nationalsozialistischen Unterricht.<br />
Frankfurt am Main u.a.<br />
(Peter Lang Europäischer Verlag der Wissenschaften<br />
HAIKAL, Mustafa (2003): Die Zeit<br />
des Nationalsozialismus Der zweite<br />
Weltkrieg.<br />
In: Haikal, Mustafa & Junhold, Jörg (2003): Auf<br />
der Spur des Löwen.125 Jahre Zoo Leipzig. Leipzig.<br />
(Pro Leipzig) S.149-175.<br />
KELLNER, Ursula (2007): Orte der<br />
Zufl ucht, Verfolgung <strong>und</strong> Hoffnung.<br />
Gärten <strong>und</strong> Parks im Leben der jüdischen<br />
Bevölkerung nach 1933.<br />
In Stadt + Grün Das Gartenamt, JG 55, 2007, Heft<br />
1, S.56-58.<br />
GRUBE, Frank & RICHTER, Gerhard<br />
(1982): Alltag im Dritten Reich: so<br />
lebten die Deutschen 1933 - 1945.<br />
Hamburg. (Hoffmann <strong>und</strong> Campe)<br />
<strong>Spiel</strong>raum | 77
Ohne Worte (aus: GRUBE & RICHTER, 1982, 56)<br />
78 | <strong>Spiel</strong>raum<br />
in den Jahren 1938/39 für Erfurt geplant. Hier<br />
tritt, noch deutlicher als bei der zuvor beschriebenen<br />
Anlage, nationalsozialistische Ideologie<br />
zu Tage. Der „Haupteffekt“ dieser - jedoch nie<br />
realisierten <strong>Spiel</strong>anlage - war, dass es „auch<br />
eine unterirdische Welt […] hier draußen geben<br />
[wird], einen 25 Meter unter der Erde entlangführenden<br />
Gang nämlich, der bei Kriegsspielen<br />
<strong>und</strong> Verfolgungen ein prachtvolles Versteck<br />
<strong>und</strong> ein besonders romantisches Kampfgelände<br />
darstellt“ (Thüringer Allgemeine Zeitung, Erfurt,<br />
vom 13. April 1938).<br />
Die neuen Bauaufgaben im Freiraum für<br />
Kinder<br />
Die wenigen aufwändigen <strong>Spiel</strong>plätze wie im<br />
Erfurter Brühler Garten waren jedoch eine absolute<br />
Ausnahme, die nicht darüber hinwegtäuschen<br />
darf, dass in der Zeit des Nationalsozialismus<br />
kaum neue <strong>Spiel</strong>anlagen entstanden.<br />
Trotzdem bzw. gerade deswegen wurden zahlreiche<br />
Bauaufgaben für Kinder bearbeitet, die<br />
jedoch nicht das freie kindliche <strong>Spiel</strong> in den<br />
Vordergr<strong>und</strong> rückten. Alle diese Bauvorhaben<br />
waren eng mit Parteiorganisationen der NSDAP<br />
bzw. der nationalsozialistisch gleichgeschalteten<br />
Schule verb<strong>und</strong>en. Hierzu gehörten für die<br />
Kleinkinder die NSV-Kindergärten (Nationalsozialistische<br />
Volkswohlfahrt), für die Schulkinder<br />
die ideologisch ausgerichteten Schulgärten <strong>und</strong><br />
für die Stadtkinder in der Kriegszeit die KLV-<br />
Lager (Kinderlandverschickung). Die weitaus<br />
größte erzieherische Bedeutung wurde der Hitlerjugend<br />
(HJ) <strong>und</strong> ihren, für die 10 bis 14jährigen<br />
Kinder zuständigen, Unterorganisationen<br />
Deutsches Jungvolk (DJ) bzw. Jungmädelb<strong>und</strong><br />
(JM) beigemessen. Alle Altersgruppen sollten,<br />
zumindest in der Anfangszeit der Diktatur, in<br />
den Thingstätten zur „Volksgemeinschaft“ erzogen<br />
werden. Viele dieser Bauaufgaben wurden<br />
auf Kosten der betroffenen Kommunen<br />
umgesetzt. Für die Nationalsozialisten war die<br />
Kindheit mit dem Eintritt in die HJ im Alter von<br />
10 Jahren beendet. Jüngere Kinder waren laut<br />
Auffassung des „Reichsjugendführers“ VON<br />
SCHIRACH lediglich „nichtuniformierte Wesen,<br />
niedriger Altersstufen“. Trotzdem wurden<br />
bereits in den nationalsozialistischen Kindergärten<br />
die Freifl ächen für Aufmärsche, Appelle,<br />
Kriegsspiele, Feste, angeleitete <strong>Spiel</strong>e sowie<br />
für sportliche <strong>und</strong> gymnastische Übungen genutzt.<br />
Die Landschaft wurde durch zahlreiche<br />
Ausfl üge <strong>und</strong> Wanderungen erschlossen. Dem<br />
selbstständigen <strong>Spiel</strong> der Kindergartenkinder<br />
im Freien wurde keine eigenständige Bedeutung<br />
zugebilligt. Es wurde lediglich auf Gr<strong>und</strong><br />
seiner abhärtenden <strong>und</strong> den Körper stärkenden<br />
Funktionen geduldet. Die Schulgärten sollten<br />
die Kinder durch gemeinschaftliche Arbeit körperlich<br />
stärken, zu „Kameradschaft“, Unter- <strong>und</strong><br />
Einordnung sowie „Bodenständigkeit“ erziehen.<br />
Erbbiologische Versuche im Schulgarten untermauerten<br />
die Rassenideologie. Durch Kenntnisse<br />
in Gartenbau <strong>und</strong> Tierhaltung sollte der<br />
künftige (Ost)Siedler befähigt werden, selbst<br />
sein Land zu bestellen.<br />
Am wichtigsten war die vormilitärische Ausbildung<br />
in den HJ-Heimen. Michael BUDDRUS<br />
spricht allein von den „Bauaktivitäten der HJ“,<br />
ohne Thingplätze o.ä. zu berücksichtigen, „als<br />
effektivste Form der Ausbeutung der Kommunen“<br />
(vgl. BUDDRUS, 2003, XI <strong>und</strong> 992ff.). Er<br />
geht sogar soweit zu sagen, dass der kriegsbedingte<br />
Stopp bzw. die Verlangsamung vieler<br />
HJ-Bauvorhaben für zahlreiche Kommunen „die<br />
Rettung vor dem sicheren Bankrott“ bedeutete<br />
(BUDDRUS, 2003, 1000). 1938 plante die<br />
Reichsjugendführung den Bau von allein 3.600<br />
neuen Schwimmbädern im Zusammenhang von<br />
HJ-Heimen, natürlich ebenfalls auf Kosten der<br />
Gemeinden, um „nur den dringendsten Bedarf<br />
zu decken“ (vgl. BUDDRUS, 2003, 999). Oberste<br />
Priorität hatte die Einfügung der HJ- Heime<br />
in die, für Ausmärsche <strong>und</strong> manöverähnliche
Übungen dienende Landschaft. Der an ein HJ-<br />
Heim angrenzende Freiraum war idealtypisch<br />
als sogenanntes „Jugendgelände“ mit Appellplatz,<br />
Sportplatz, Gymnastik- oder Tanzwiese,<br />
Wehrsportbahn, Schießstand <strong>und</strong> Heimgarten<br />
zu gestalten. Veranstaltungen in Thing- <strong>und</strong><br />
Feierstätten sollten alle Altersgruppen der Bevölkerung<br />
zur „Volksgemeinschaft“ vereinen.<br />
Die angeblich ausschließlich zur Ges<strong>und</strong>ung<br />
bzw. zum Schutz der Kinder „durchgeführte“<br />
Kinderlandverschickung (KLV) diente ebenfalls<br />
der sogenannten „Verwurzelung mit der Landschaft“.<br />
In den KLV-Lagern wurden die Kinder<br />
militärisch <strong>und</strong> ideologisch geschult, die <strong>Spiel</strong>bedürfnisse<br />
der Kinder spielten dort ebenfalls<br />
keine Rolle.<br />
Erst das Ende des Regimes 1945 ermöglichte<br />
einen gr<strong>und</strong>sätzlichen Neuanfang. Die Kontinuität<br />
der öffentlichen Freiraumgestaltung für<br />
Kinder war in der Zeit des Nationalsozialismus<br />
weitgehend unterbrochen, viele Städte <strong>und</strong> da-<br />
mit städtischer Freiraum waren zerstört. Die<br />
„unbelasteten“ Kinder waren Hoffnungsträger<br />
für eine bessere Zukunft. Nun konnte auch wieder<br />
an Planungsansätze der Weimarer Zeit angeknüpft<br />
werden. Eine der ersten Bauaufgaben<br />
der neuen Zeit war, in erstaunlicher Parallelität<br />
zur der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg, die<br />
Schaffung von öffentlichen Kinderspielplätzen.<br />
Die Gestaltungsaufgabe „Öffentlicher Kinderspielplatz“<br />
rückte, nun allerdings unter unterschiedlichen<br />
gesellschaftlichen Rahmenbedingungen,<br />
in das Zentrum des Neubeginns auf<br />
dem Gebiet der Gartenarchitektur im Westteil<br />
<strong>und</strong> im Ostteil Deutschlands.<br />
Daniel Rimbach<br />
<strong>Spiel</strong>raum | 79
80 | Stadt & Kunst<br />
In Inst st s al alla lati ti tion on " "Wa Wart rt rten en aauf<br />
a uf d<br />
dden<br />
en FFlu<br />
F lu luss ss s " vo von n de der r ni n ed eder er erlä lä länd nd n is isch ch chen en e Kün ünstlerg rgrupp pp ppe e Ob Obse se serv rv rvat at a or o iu ium
Keine Kunst<br />
um der Kunst willen<br />
Wandernde Häuser, ein Staudengarten im ehemaligen Klärbecken oder<br />
ein Großmosaik zum Thema der Bergarbeiterproteste im Ruhrgebiet:<br />
Bei der EMSCHERKUNST.2010 präsentieren 40 international renommierte<br />
Künstlerinnen <strong>und</strong> Künstler 100 Tage lang ihre Ideen zu den<br />
urbanen, industriellen <strong>und</strong> postindustriellen Strukturen des nördlichen<br />
Ruhrgebiets.<br />
Die sogenannte Emscherinsel bildet auf 34 Kilometern<br />
alle Charakteristika des nördlichen<br />
Ruhrgebiets ab: ländliche Gebiete neben Industrie<br />
<strong>und</strong> Industriedenkmälern, Siedlungen<br />
innerhalb einer Landschaft, die durch Renaturierungsprozesse<br />
von der Ausbeutung der<br />
industriellen Nutzung befreit wird, aber noch<br />
viele Narben trägt. Es zeigt sich die urbane Verdichtung<br />
eines Ballungsgebietes, zerschnitten<br />
durch Verkehrsachsen <strong>und</strong> Brücken, die maßgeblich<br />
dafür sorgen, dass man das Gebiet gar<br />
nicht als langgezogene Insel im Fluss wahrnimmt.<br />
Hier ist längst nicht alles schön <strong>und</strong> es<br />
kann auch in den nächsten Jahren nicht alles<br />
schön werden. Doch vieles ist in Bewegung. Das<br />
ist auch der wesentliche Gr<strong>und</strong> dafür, dass die<br />
Projekte der EMSCHERKUNST.2010 eine handfeste<br />
Verankerung mit der Region, ihren Problemen<br />
<strong>und</strong> Zukunftsperspektiven eingehen sollen.<br />
Geboten werden soll laut Programm Kunst, die<br />
von den Menschen verstanden wird, <strong>und</strong> die<br />
auch in den nächsten Jahrzehnten das Gesicht<br />
der Emscherinsel prägt <strong>und</strong> im besten Fall selbst<br />
Impulse für den notwendigen Wandel setzt.<br />
Kunst auch als Signal im Renaturierungsprozess<br />
Die Internationale Bauausstellung Emscher Park<br />
der 1990er Jahre war der Ausgangspunkt für<br />
den Landschaftswandel <strong>und</strong> die Neudefi nition<br />
eines ganzen Landstrichs, des Emscher Landschaftsparks.<br />
Mit der Investitionssumme von<br />
vier Milliarden Euro handelt es sich beim Em-<br />
scherumbau um das derzeit größte Renaturierungsprojekt<br />
weltweit. Nun ist aktuell nicht nur<br />
durch die Kulturhauptstadt Europa RUHR.2010<br />
der besondere Fokus auf das Ruhrgebiet gerückt<br />
<strong>und</strong> damit auf die Frage, wie der Wandel der „alten“<br />
Industriegesellschaft zu den globalisierten<br />
Informationsgesellschaften des 21. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />
vollzogen werden kann. Auch ist bei dem<br />
Projekt des Umbaus der Emscher <strong>und</strong> ihrer Nebenläufe<br />
gerade die Halbzeit erreicht worden.<br />
Zwei Milliarden Euro wurden für den Neubau<br />
von Klärwerken, neue Abwasserkanäle <strong>und</strong> die<br />
Umgestaltung von Uferregionen ausgegeben.<br />
Die Emscherinsel bildet als schmaler Landstrich<br />
zwischen Emscher <strong>und</strong> Rhein-Herne-Kanal,<br />
zwischen Castrop-Rauxel <strong>und</strong> Oberhausen das<br />
Herzstück des neuen Emschertals. Das Projekt<br />
EMSCHERKUNST.2010 steht deshalb als Signal<br />
für den Neuanfang in dieser Region.<br />
Für die Kunst auf den Fahrradsattel<br />
Wenn der Raum einer Ausstellung sich über so<br />
viele Kilometer erstreckt <strong>und</strong> so eng mit der Rezeption<br />
der Landschaft <strong>und</strong> urbanen Strukturen<br />
in Verbindung steht, dann ist klar, dass hier<br />
nicht nur Veränderungsprozesse, sondern auch<br />
die Betrachter in Bewegung gesetzt werden<br />
sollen. Das Auto scheidet aus, denn die Straßen<br />
führen immer wieder von der Insel <strong>und</strong> teilweise<br />
müssten über kurze Strecken Autobahnen<br />
genutzt werden. Ein Netz von Fuß- <strong>und</strong> Fahrradwegen<br />
bietet den besten Blick auf Kunst <strong>und</strong><br />
Landschaft. Drei Leihstationen für Fahrräder<br />
Stadt & Kunst | 81
„Gesellschaft der Amateur-Ornithologen“ hat der amerikanische Künstler Mark Dion den<br />
von ihm als begehbare Forschungsstation eingerichteten Gastank genannt.<br />
EMSCHERKUNST.2010<br />
29. Mai bis 5. September<br />
Acht Kunststationen von 40<br />
Künstlern<br />
Zu erreichen am besten mit dem<br />
Fahrrad (3 Leihstationen auf der<br />
Insel) <strong>und</strong> per Schiff<br />
Es gibt ein umfangreiches Programm<br />
an Führungen.<br />
Der Eintritt ist frei.<br />
Informationen zum Projekt, allen<br />
Publikationen sowie dem<br />
Veranstaltungsprogramm unter<br />
www.emscherkunst.de<br />
82 | Stadt & Kunst<br />
wurden extra eingerichtet, damit das Pensum<br />
der acht Kunststationen überhaupt zu meistern<br />
ist. Für die Rückfahrt bietet sich eine Bootstour<br />
auf der Emscher an, denn ein Tag ist ansonsten<br />
recht knapp kalkuliert.<br />
„Aufhübschen“ ist nicht gewollt<br />
Nicht nur auf der Emscherinsel sind die Wege<br />
zur Kunst eher weit, aber lohnend. Hinter dem<br />
ganzen Projekt stehen viele Partner, so dass<br />
manche Erklärung notwendig ist, bis man sich<br />
endlich den Werken der 40 Künstlerinnen <strong>und</strong><br />
Künstler zuwenden kann. Das Land Nordrhein-<br />
Westfalen sitzt mit der Emschergenossenschaft,<br />
dem Regionalverband Ruhr <strong>und</strong> der RUHR.2010<br />
in einem Boot. Verschiedene Töpfe wurden geöffnet,<br />
um die letztendlich benötigten sieben<br />
Millionen Euro zusammenzutragen. Die Idee zu<br />
dem Projekt stammt von Florian Matzner, Kurator<br />
der EMSCHERKUNST.2010, der lange für die<br />
Umsetzung werben musste – ganz unabhängig<br />
<strong>und</strong> zunächst weit entfernt von den Planungen<br />
zur Kulturhauptstadt. Seit 2007 laufen nun die<br />
Vorbereitungen, die Künstler wurden zu Reisen<br />
vor Ort eingeladen, es bildeten sich Kooperationen<br />
zwischen Künstlern verschiedener Sparten,<br />
so dass es zu dem von Matzner gewünschten<br />
Crossover <strong>und</strong> der engen Verankerung mit der<br />
Situation vor Ort kommen konnte. „Ziel der EM-<br />
SCHERKUNST.2010 ist es keinesfalls, die Region<br />
aufzuhübschen. So etwas interessiert mich<br />
nicht. Ich hätte ein solches Projekt auch nie im<br />
südlichen Ruhrgebiet angeregt. Im Norden sind<br />
wir in einer Region, in der Metropolentheorien<br />
entwickelt werden können, von denen man in<br />
ganz Europa profi tieren kann. Als Vorbild sehe<br />
ich zum Beispiel Nantes, wo es gelungen ist,<br />
den Niedergang des Schiffbaus für die Stadt ein<br />
gutes Stück durch Kunst <strong>und</strong> Kultur aufzufangen.“<br />
Spannend <strong>und</strong> sehr verschieden: die<br />
Kunstorte entlang der Emscher<br />
Florian Matzner hat durch seine Einladungen<br />
der Künstlerinnen <strong>und</strong> Künstler erreicht, dass<br />
ein breites Spektrum von Ideen <strong>und</strong> sehr individuellen<br />
Kunststilen aufeinandertreffen. Gartenkunst<br />
ist ebenso vertreten wie Konzeptkunst,<br />
Skulpturen im klassischen Sinn wie Interventionen<br />
in Landschaft oder Design <strong>und</strong> Architektur.<br />
Als Konstante lässt sich bei den beteiligten<br />
Künstlern das besondere Interesse an einer<br />
Auseinandersetzung mit sozialen Themen <strong>und</strong><br />
Räumen entdecken. Der selbst aus einer Arbeiterfamilie<br />
stammende amerikanische Künstler<br />
Mark Dion zum Beispiel hat in seiner Heimatstadt<br />
die Folgen des Niedergangs der Fischindustrie<br />
unmittelbar erlebt. In seinen Werken<br />
geht es vielfach um die Zerstörung der Natur,<br />
dargestellt durch Installationen, die an naturk<strong>und</strong>liche<br />
Schauräume erinnern. „Gesellschaft<br />
der Amateur-Ornithologen“ heißt sein Werk am<br />
Herner Meer, bei dem er eine gemütlich eingerichtete<br />
„Forschungsstation“ in einem großen<br />
alten Gastank platziert hat. Silke Wagner zielt<br />
mit ihren Arbeiten im öffentlichen Raum noch<br />
sehr viel direkter auf Kritik <strong>und</strong> Veränderung.<br />
Sie hat sich den Faulturm der ehemaligen Kläranlage<br />
Herne ausgesucht <strong>und</strong> sowohl was die<br />
künstlerische Ausführung <strong>und</strong> Form als auch<br />
das Thema anbelangt eine große Fläche betont<br />
unzeitgemäß gestaltet. Angelehnt an die<br />
Ästhetik <strong>und</strong> Ikonografi e englischer Wandmalereien<br />
konzipierte sie ein Mosaik mit dem Titel<br />
„Glückauf. Bergarbeiterproteste im Ruhrgebiet“.<br />
Das sind nur ausgewählte zwei Beispiele, die
Ein Klärbecken der ehemaligen Kläranlage Bernepark wird von Piet Oudolf <strong>und</strong> dem schottischen Landschaftsarchitekturbüro Gross.Max<br />
zu einem Senkgarten mit Gräsern <strong>und</strong> Stauden umgewandelt.<br />
außerdem in der Darstellung eigentlich aus ihrem<br />
Zusammenhang gerissen sind. Denn an den<br />
jeweiligen Stationen gibt es weitere Arbeiten<br />
anderer Künstler, die im Dialog dazu stehen.<br />
Noch in der Entstehung: der BernePark<br />
Die EMSCHERKUNST.2010 wird 100 Tage dauern,<br />
doch viele Arbeiten bleiben an ihren Standorten<br />
<strong>und</strong> einige wenige werden überhaupt erst<br />
im Laufe der Ausstellung fertig. Das ist ganz<br />
sicher dem engen Zeitplan zuzuschreiben, doch<br />
passt das Prozessuale gut zum Projekt. Die<br />
Landschaft wird sich vor allem durch zwei Projekte<br />
nachhaltig verändern, die noch nicht fertig<br />
gestellt sind. Das ist zum einen der BernePark<br />
in der alten Bergarbeitersiedlung Bottrop-Ebel.<br />
Hier steht die Idee im Vordergr<strong>und</strong>, der Bevölkerung<br />
„verbotene“ Orte zurückzugeben. Die<br />
alte Kläranlage wird in diesem Stadtteil mit sogenanntem<br />
„besonderem Erneuerungsbedarf“<br />
zu einem Stadtteilpark <strong>und</strong> zu einer Mitte, die<br />
bislang fehlte. Das Essener Landschaftsarchitekturbüro<br />
Davids Terfürchte + Partner gestaltet<br />
den Park, zur EMSCHERKUNST.2010 haben<br />
der Niederländer Piet Oudolf mit dem schottischen<br />
Landschaftsarchitekturbüro GROSS.<br />
MAX die zwei ehemaligen Klärbecken als Orte<br />
der Veränderung gesucht. Ein Becken wurde so<br />
aufgeschüttet, dass Oudolf, der zuletzt unter<br />
anderem durch seine Pfl anzungen auf der Trasse<br />
der stillgelegten oberirdischen Stadtbahn in<br />
New York „High Line“ in den Blickpunkt gerückt<br />
ist, einen Senkgarten mit Stauden <strong>und</strong> Gräsern<br />
anlegen konnte. Das andere Becken wird mit<br />
einem Holzsteg <strong>und</strong> einer Plattform zum Betreten<br />
<strong>und</strong> Entspannen einladen. Die Gestaltung<br />
der Becken kann schon besichtigt werden, der<br />
gesamte Park wird aber voraussichtlich erst im<br />
September komplett fertig sein.<br />
Eine Brückenskulptur als Landmarke<br />
Eine Sonderstellung nimmt auch die Fußgänger-<br />
<strong>und</strong> Fahrradbrücke von Tobias Rehberger<br />
ein. Ihre Fertigstellung ist für den Herbst geplant.<br />
Tobias Rehberger führt in seinen Arbeiten<br />
Kunst, Design <strong>und</strong> angewandte Kunst zusammen,<br />
ohne Berührungsängste <strong>und</strong> Zweifel am<br />
möglichen Nutzen <strong>und</strong> Wert. Diese unverstellte<br />
Sicht brachte ihm die Auszeichnung mit dem<br />
Goldenen Löwen bei der Biennale di Venezia<br />
im vergangenen Jahr. Die Jury hatte sich damit<br />
gegen Kunst im klassischen Sinn, sondern für<br />
seine Neueinrichtung der Biennale-Cafeteria<br />
entscheiden, bei<br />
der Rehberger „Das Ruhrgebiet ist Deutschlands größte Stadt oder<br />
mit extrem auf-<br />
es ist gar keine Stadt. Eine Metropole im klassifälligen<br />
Farben<br />
<strong>und</strong> Formen gearschen Sinn ist es bestimmt nicht, aber über diesen<br />
beitet hatte. Auf Typus Stadt ist die Zeit ohnehin hinweggegangen.“<br />
der Emscherinsel<br />
wählte sich Reh- Florian Neuner, Kurzführer EMSCHERKUNST.2010<br />
berger als Projekt<br />
die Gestaltung einer bestehenden Bauaufgabe,<br />
eine Brücke, die vom Kaisergarten in Oberhausen<br />
über den Rhein-Herne-Kanal reichen wird.<br />
Die 400 Meter lange Brücke wird zu einer Großskulptur<br />
mit dem Titel: „Slinky Springs to Fame“.<br />
Die beeindruckende Dimension hat funktionale<br />
Gründe, denn durch die Öffnung des Kanals<br />
für Containerschiffe ist eine entsprechende<br />
Brückenhöhe zwingend nötig. Für die Realisation<br />
dieses Projektes wurden zusätzliche Mittel<br />
in Höhe von circa vier Millionen Euro bereitgestellt.<br />
Rehbergers Entwurf setzt bei den<br />
als <strong>Spiel</strong>zeug bekannten „Laufenden Spiralen“<br />
an, die nach dem entsprechenden Impuls zum<br />
Beispiel Treppen abwärts gleiten können. Eine<br />
solche Spirale in großer Dimension wird die<br />
Spannbandbrücke umschließen; leicht, wild<br />
Stadt & Kunst | 83
Eine ganz eigenwillige urbane Vision zeigt die dänische Künstlergruppe N55 mit ihrem<br />
„Walking House“.<br />
Mobiler Ausstellungsführer<br />
als App<br />
Besitzer von Smartphones<br />
können sich kostenlos den<br />
mobilen Ausstellungsführer auf<br />
ihr Handy laden. Eine interaktive<br />
Übersichtskarte <strong>und</strong> Google<br />
Maps führen über die Emscherinsel<br />
<strong>und</strong> zeigen die Standorte<br />
der Kunstwerke. Zusätzlich gibt<br />
es Informationen zu den Projekten<br />
<strong>und</strong> den Künstlerinnen<br />
<strong>und</strong> Künstlern.<br />
84 | Stadt & Kunst<br />
<strong>und</strong> unregelmäßig wie zufällig geworfen. Die<br />
nur gut 2,50 Meter breite Lauffl äche der Brücke<br />
wird durch alternierende Farbfelder rhythmisiert,<br />
die sich aus 16 verschiedenen Farbtönen<br />
zusammensetzen.<br />
Kunst, die Spuren hinterlässt<br />
Ungefähr die Hälfte der 20 Werke ist als dauerhafte<br />
Installationen auf der Emscherinsel vorgesehen.<br />
Aber auch temporäre Werke werden<br />
dazu beitragen, dass die Kunstorte nach den<br />
100 Tagen anders wahrgenommen werden.<br />
Zum Beispiel durch die Erinnerung an den monumentalen<br />
Schriftzug „Satisfy Me“ von Monica<br />
Bonvicini auf der Anhöhe einer Mülldeponie.<br />
Oder die Skulptur „Warten auf den Fluss“ der<br />
niederländischen Künstlergruppe Observatorium,<br />
die sich als Grenzgänger zwischen Kunst,<br />
Architektur, Stadtplanung <strong>und</strong> Landschaftsarchitektur<br />
verstehen. Sie haben eine Brücke mit<br />
drei Pavillons an einer Stelle gebaut, an der nach<br />
der Renaturierung 2020 die Emscher fl ießen<br />
wird. Den verschiedenen Aspekten des Wartens<br />
können die Besucher auch als Übernachtungsgäste<br />
in den Pavillons nachspüren (90 Euro pro<br />
Person bzw. 75 Euro ab vier Personen inklusive<br />
Halbpension). Originell ist auch die urbane Vision<br />
der dänischen Künstlergruppe N 55, deren<br />
„Walking House“ sich auf sechs Teleskopbeinen<br />
mit einer Geschwindigkeit von 200 Metern pro<br />
St<strong>und</strong>e fortbewegt.<br />
Fortsetzung als Biennale<br />
Veränderung ist ein zentrales Thema, das auch<br />
in der Zukunft für die Region spürbar bleiben<br />
soll. Florian Matzner legt großen Wert darauf,<br />
dass die EMSCHERKUNST.2010 nicht als einmaliges<br />
Kunstereignis inszeniert wurde. Zwar<br />
„Reemrenreeh“ heißt die fragil wirkende Skulptur von<br />
Bogomir Ecker, die am sogenannten „Herner Meer“<br />
zu sehen ist.<br />
weiß man bislang noch nicht wie, aber dass es<br />
weitergehen soll, steht fest. Denkbar wäre aus<br />
seiner Sicht, dass an anderen Orten des Umbaus<br />
in der Region Ausstellungen in Form einer Biennale<br />
stattfi nden. Auch gibt es erste Überlegungen<br />
zu einer IBA 2, durch die ganz andere<br />
Synergien möglich wären. Sicherlich geht es<br />
aber zunächst darum, wie die Besucher auf die<br />
Ausstellung reagieren werden. Die Organisatoren<br />
bieten viel, um die Menschen zu erreichen:<br />
Kunstpädagogik für Kinder, Kunstlotsen an den<br />
Objekten, Führungen in vielen Sprachen, ein<br />
kleines Handbuch als Ausstellungsbegleitung,<br />
das durch Texte des Schriftstellers Florian Neuner<br />
doppelt interessant ist, denn er schildert<br />
seine Beobachtungen einer längeren Wanderung<br />
über die Insel, die so wenig Inselcharakter<br />
zeigt. Hinzu kommen Aktionen von r<strong>und</strong> 300<br />
Studierenden der Kunstakademie Münster, die<br />
im Stadthafen von Recklinghausen ein Camp<br />
aufgebaut haben <strong>und</strong> den Standort für Performances,<br />
Expeditionen <strong>und</strong> Gespräche nutzen.<br />
Dr. Anke Münster
Dem Untergang entgegen<br />
Startpunkt der großartigen Skulptur war die<br />
Insel Uummanaq mit gerade einmal 1.200 Einwohnern.<br />
Lebensraum einer Bevölkerung, die<br />
bei allen Möglichkeiten der modernen Technik<br />
immer noch ihre ursprüngliche Kultur pfl egt<br />
Eine Kultur, die eng mit dem Klima verb<strong>und</strong>en<br />
ist. Die Jagd ist eine wichtige Lebensgr<strong>und</strong>lage,<br />
H<strong>und</strong>eschlitten alltägliches Transportmittel.<br />
Der Klimawandel bedroht die Lebensgr<strong>und</strong>lagen<br />
der Inuit. Das Eis ist zu dünn für die Schlitten<br />
<strong>und</strong> zu dick für kleine Boote. Ein Volk <strong>und</strong> seine<br />
Kultur drohen zu sterben. Auf Uummanaq <strong>und</strong><br />
anderswo.<br />
Ap Verheggen protestiert gegen den<br />
Klimawandel.<br />
Der 45-jährige Haager Künstler Ap Verheggen,<br />
der die Sprache <strong>und</strong> Kultur des Volkes schätzt,<br />
widmet sich seit Jahren diesem Problem. Nach<br />
langer Vorbereitungszeit platzierte er mit einem<br />
16-köpfi gen Team die beiden Skulpturen<br />
aus Stahl <strong>und</strong> Tuch auf einem ausgewählten<br />
Eisberg. Und er spürte dabei selbst die Auswirkungen<br />
des Klimawandels. Denn das Eis war<br />
nicht mehr meterdick, sondern gerade einmal<br />
10 cm. Statt wie ursprünglich geplant mit<br />
H<strong>und</strong>eschlitten, mussten die Teile des Kunstwerks<br />
nun mit einem Helikopter an ihren Platz<br />
gebracht werden.<br />
Nach der anstrengenden Montage musste das<br />
Team lange warten, bis sich der Eisberg löste<br />
<strong>und</strong> seine Reise begann. In einem Raum, in dem<br />
sonst die Menschen die Zeit <strong>und</strong> die Richtung<br />
der Schlittenfahrt bestimmen, hat die Natur das<br />
Kommando übernommen. Wie lange die Reise<br />
dauern wird <strong>und</strong> in welche Richtung sie geht,<br />
weiß niemand. Veilleicht dauert sie nur Monate,<br />
vielleicht Jahre. Am Ende, wenn der Eisberg<br />
weggeschmolzen ist, wird die Skulptur untergehen.<br />
Eine Metapher für die Kultur der Inuit.<br />
Umweltfre<strong>und</strong>lich bis zum Ende<br />
Die Reise des Eisbergs <strong>und</strong> der Skulptur lässt<br />
sich über das Internet verfolgen. Dazu ist auf<br />
dem Eisberg eine Videokamera mit GPS-Verbindung<br />
installiert. Wer möchte kann sich über die<br />
Website www.coolemotion.org über die Position,<br />
den Zustand des Eisbergs <strong>und</strong> über die Hintergründe<br />
des Projektes informieren. Am Ende<br />
bleibt in der Tiefe des Meeres Material übrig,<br />
das zunächst als Gerüst für das Meeresleben<br />
dienen kann <strong>und</strong> sich später schadlos zersetzt.<br />
Und es bleibt eine schwimmende Boje mit den<br />
elektronischen Komponenten des Kunstwerks,<br />
die bei Kontakt mit Wasser beginnt Funksignale<br />
auszusenden. So wird es je nach Zugänglichkeit<br />
des Ortes möglich sein, die Elektronik zu<br />
bergen.<br />
Ludwig Keißner<br />
Eine schneeweiße Fläche<br />
auf blau schimmerndem<br />
Untergr<strong>und</strong> – das ist die<br />
majestätische Bühne für<br />
die Skulptur ,,Dog Sled Riders‘‘<br />
des Niederländischen<br />
Künstlers Ap Verheggen.<br />
Seit Mitte Mai treiben die<br />
Schlittenh<strong>und</strong>efahrer auf<br />
einem Eisberg in den arktischen<br />
Gewässern Grönlands.<br />
Wo liegt der Hintergr<strong>und</strong><br />
dieses Projektes?<br />
Stadt & Kunst | 85
Buchtipps<br />
86 | Buchtipps<br />
Jugendliche planen <strong>und</strong> gestalten Lebenswelten<br />
Partizipation als Antwort auf den gesellschaftlichen Wandel<br />
Vor dem Hintergr<strong>und</strong> des gesellschaftlichen Wandels <strong>und</strong> der Öffnung zur Bürgergesellschaft<br />
<strong>und</strong> Bürgerkommune diskutieren Jugendforscher <strong>und</strong> Praktiker Projekte der Partizipation von<br />
Jugendlichen in Deutschland, Österreich, der Schweiz <strong>und</strong> Brasilien. Das Spektrum reicht von<br />
der Beteiligung am Bürgerhaushalt, generationsübergreifenden Projekten bis hin zur Partizipation<br />
an Planungsverfahren <strong>und</strong> der Gemeindeentwicklung. Der Band gibt ausgewählte Beiträge<br />
der Internationalen Tagung „Jugendliche gestalten ihre Zukunft in der Kommune mit“<br />
wieder. Dabei geht es um praktische Modelle der Partizipation von Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen<br />
in lokalen, regionalen, nationalen <strong>und</strong> Länder übergreifenden Kontexten, um theoretische<br />
Ansätze zum Wandel der Lebenswelt von Jugendlichen, die Evaluationen von Modellvorhaben<br />
<strong>und</strong> um die Qualifi zierung erwachsener <strong>und</strong> jugendlicher MultiplikatorInnen.<br />
Jugendliche planen <strong>und</strong> gestalten Lebenswelten<br />
Thomas Knödelpeter<br />
Ulrich Nitschke (Hrsg,)<br />
2008, 264 S., broschiert<br />
ISBN 978-3-8350-7016-5 (Print) 978-3-8350-5584-1 (Online) VS-Verlag<br />
EUR 35,90<br />
Fachbroschüre Kinderspielplätze<br />
Die Broschüre fasst die wichtigsten Tipps <strong>und</strong> Sicherheitshinweise zu Kinderspielplätzen auf<br />
8 Seiten zusammen.<br />
Als PDF-Download auf der Seite der Schweizer Beratungsstelle für Unfallverhütung<br />
www.bfu.ch/PDFLib/1141_43.pdf<br />
<strong>Spiel</strong>räume Spie<br />
Tipps Tipp zur Planung <strong>und</strong> Gestaltung von sicheren, attraktiven Lebens- <strong>und</strong> <strong>Spiel</strong>räumen,<br />
68 SSeiten<br />
Aut Autor: Dipl. Architekt FH Manfred Engel.<br />
Le Leiter Haus / <strong>Freizeit</strong> / Produkte, bfu<br />
Se Seit 1997 Berater bei der bfu zu Sicherheitsfragen.<br />
AArbeitsschwerpunkte:<br />
Bauten für Kinder <strong>und</strong> Senioren sowie Umgebungsgestal-<br />
ttung.<br />
Als PDF-Download auf der Seite der Schweizer Beratungsstelle für<br />
Unfallverhütung<br />
www.bfu.ch/PDFLib/1230_105.pdf
Wie fi ndet Freiraum Stadt?<br />
Weil der öffentliche Raum mehr <strong>und</strong> mehr eine Schlüsselrolle in der<br />
Stadtentwicklung einnimmt, widmet sich der Bericht der Baukultur<br />
2010 Fakten, Positionen <strong>und</strong> Beispielen der Freiraumgestaltung.<br />
Die Ansprüche an den öffentlichen Freiraum werden im gleichen Maß<br />
heterogener, in dem die Zahl der verschiedenen Gruppen innerhalb der<br />
Gesellschaft wächst. Es ist schlicht unmöglich allen Interessen bei der<br />
Planung oder Neugestaltung von Plätzen, Parks oder Promenaden gerecht<br />
zu werden, denn ganz oft gehen die Nutzungsvorstellungen diametral<br />
auseinander. Dass dies als Ausgangslage nicht so entmutigend<br />
ist, wie es zunächst klingt, belegt der im April erschienene Bericht zur<br />
Baukultur 2010. Viele Experten darunter natürlich Architekten, Raumplaner<br />
<strong>und</strong> Landschaftsarchitekten, aber auch Soziologen haben ihre<br />
Erfahrungen der letzten Jahre zusammengefasst <strong>und</strong> bei Veranstaltungen<br />
der B<strong>und</strong>esstiftung Baukultur vorgestellt. Die Publikation gibt<br />
diese lebendige Diskussion ein Stück weit wieder: Die Ausführungen<br />
des Soziologen Jens S. Dangschat werden von zwei unterschiedlichen<br />
Seiten kommentiert. Außerdem fi ndet eine Rückkopplung in die Kommunen<br />
statt, indem verantwortliche kommunale Entscheider zu Wort<br />
kommen. Diese Vielseitigkeit <strong>und</strong> die Auswahl von 15 Beispielen, bei<br />
denen die von den Nutzern anerkannte Qualität eine wichtige Rolle<br />
gespielt hat, machen das Buch zu einem wertvollen Werkzeug.<br />
Michael Braum, Thies Schröder (Hg)<br />
Wie fi ndet Freiraum Stadt? Fakten, Positionen, Beispiele.<br />
Bericht der Baukultur 2010, Band 2<br />
Basel: Birkhäuser, 2010<br />
24,90 Euro<br />
Moderne Flaneure<br />
Unentdeckte oder unbeachtete Potentiale aufspüren: Wie man Stadträume neu erk<strong>und</strong>en<br />
kann, zeigt das Buch „En Passant“ am Beispiel von „Terra incognita“ in Köln <strong>und</strong> Mexiko-<br />
Stadt.<br />
En passant, also „im Vorübergehen“, aber dennoch mit allen Sinnen erk<strong>und</strong>en die Autoren<br />
den urbanen <strong>und</strong> suburbanen Raum <strong>und</strong> fi nden damit – im Sinne eines „situationistischen<br />
Urbanismus“ – zu intensiveren <strong>und</strong> refl ektierteren Formen der Architektur- <strong>und</strong> Stadterfahrung.<br />
Stadtplanern <strong>und</strong> Architekten genauso wie Stadtbewohnern <strong>und</strong> -nutzern eröffnen sich<br />
mit dieser Methode überraschend neue Perspektiven auf ihr gewohntes Um- <strong>und</strong> Arbeitsfeld.<br />
Markus Ambach, Boris Sieverts, Bertram Weisshaar <strong>und</strong> die Citámbulos – die Stadtwandler<br />
- aus Mexico City präsentieren in diesem Band ihre Strategien des Flanierens; die beiliegende<br />
DVD dokumentiert diese neue Wahrnehmungsmethodik anhand von Stadtwanderungen<br />
durch Köln.<br />
Kay von Keitz, Sabine Voggenreiter (Hg.)<br />
En passant. Reisen durch urbane Räume:<br />
Perspektiven einer anderen Art der Stadtwahrnehmung<br />
Berlin: Jovis Verlag, 2010<br />
19,80 Euro<br />
Die Publikation "Wie findet Freiraum Stadt" zeigt interessante<br />
Best-Practice-Beispiele: Die Renaturierung des<br />
Raumbachtals gehört ebenso dazu wie die Neugestaltung<br />
der Ortsmitte der Stadt Staßfurt in Sachsen-Anhalt, die<br />
sich durch den unterirdischen Kaliabbau auf einer Fläche<br />
von 200 Hektar gesenkt hatte.<br />
Buchtipps | 87
Landscape Award 2010<br />
In diesem Jahr ist der Gewinner des Topos Landscape Award das<br />
amerikanische Landschaftsarchitekturbüro Stoss Landscape Urbanism<br />
(LU) mit Sitz in Boston. Die Jury begründet ihre Entscheidung<br />
damit, dass das Büro in Theorie <strong>und</strong> Praxis Anstöße gibt für die konsequente<br />
Weiterentwicklung der Landschaftsarchitektur in dynamischen<br />
<strong>und</strong> offenen Systemen. Ein weiterer Gr<strong>und</strong> lag in der Tatsache,<br />
dass die Diskussion im Bereich der urbanen Landschaftsgestaltung<br />
angeregt werden soll.<br />
88 | Wettbewerb<br />
Die Zeitschrift Topos - International Review of<br />
Landscape Architecture and Urban Design –<br />
zeichnet mit dem European Landscape Award<br />
jährlich junge, innovative Landschaftsarchitekturbüros<br />
aus, die einen wichtigen Beitrag zur<br />
Landschaftsarchitektur des 21. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />
leisten <strong>und</strong> das Berufsbild nachhaltig prägen.<br />
Von 2002 bis 2006 wurde der Preis im zweijährigen<br />
Turnus entsprechend der bis dahin europäischen<br />
Ausrichtung der Zeitschrift Topos an ein<br />
europäisches Büro verliehen. Bisherige Preisträger<br />
waren: SLA, Stig L. Andersson aus Dänemark<br />
(2002), Karres en Brands aus den Niederlanden<br />
(2004) <strong>und</strong> Gross.Max aus Schottland (2006).<br />
Seit 2009 wird der Preis weltweit <strong>und</strong> jährlich<br />
ausgelobt.<br />
Stoss Landscape Urbanism (LU) ist ein international<br />
tätiges kleines Büro, das im Jahr 2000<br />
von Chris Reed gegründet wurde. In enger Zusammenarbeit<br />
mit einem Netzwerk anderer Un-<br />
ternehmen aus Planung <strong>und</strong> Wissenschaft setzt<br />
sich Stoss Landscape Urbanism kritisch mit der<br />
urbanen Landschaftsgestaltung auseinander. Er<br />
sieht die Wurzeln seiner Tätigkeit in der Kunstgeschichte<br />
<strong>und</strong> im Gartenbau, nimmt diese aber<br />
vorwiegend als eine Anregung für seine eigene<br />
Arbeit, die weitere Disziplinen einschließt.<br />
Es gelingt ihm, gestalterische, funktionale <strong>und</strong><br />
technische Aspekte zu vereinen. So zählen beispielsweise<br />
Regenwassermanagement, Bodenerrosionsschutz<br />
<strong>und</strong> möglichst geringe Eingriffe<br />
in bestehende Strukturen zu den Prinzipien von<br />
Stoss Landscape Urbanism. Die nachhaltigen<br />
Entwürfe vernetzen Materialien <strong>und</strong> Technologien<br />
entsprechend ihrer Funktionsweisen, Prozesse<br />
<strong>und</strong> Eigenschaften miteinander.<br />
Chris Reed ist für mehrere Universitäten als Dozent<br />
tätig, hat zahlreiche Publikationen verfasst<br />
<strong>und</strong> wurde für seine Arbeiten bereits mit vielen<br />
Internationalen Preisen ausgezeichnet. Der European<br />
Landscape Award 2010 wurde am 18.<br />
Juni 2010 im Rahmen eines Landschaftsarchitektur-Seminars<br />
zum Thema „Gestaltung des<br />
Stadtraums“ in Krakau verliehen.<br />
Ludwig Keißner
Die Jury hat nach eingehender Diskussion beschlossen,<br />
die ursprünglich vorgesehene Preissumme<br />
(10.000 Euro) zu erhöhen <strong>und</strong> zwei mit<br />
jeweils 6.000 Euro dotierte Preise zu vergeben.<br />
Die Preisträger des Pilgram Preises 2010 sind:<br />
Architekten nonconform architektur vor ort gemeinsam<br />
mit Arch. Friedrich H. Mascher, Wien,<br />
für die Ortskerngestaltung in Maria Saal, Kärnten<br />
Arbeitsgemeinschaft Arch. DI Ernst Beneder<br />
<strong>und</strong> Arch. DI Anja Fischer, beide Wien, für die<br />
Pfarrkirche in Gallspach, Oberösterreich. Ortskerngestaltung<br />
in Maria Saal: Die Ortskerngestaltung<br />
in Maria Saal macht den Anspruch der<br />
Architekten deutlich, den geschichtlich hoch<br />
bedeutsamen Ort zu neuer Wirkung kommen<br />
zu lassen, den Umraum mit Kirche durch die<br />
Pfl asterung zusammenzufassen <strong>und</strong> bis zu den<br />
umliegenden Häusern heranzuführen. Dies sei<br />
hervorragend gelungen, so die Jury in ihrer Begründung.<br />
Und weiter: „Die streifenförmigen,<br />
mit Brechsand verfüllten hell-dunklen Granitsteine<br />
passen sich der mehrfach gewölbten Topografi<br />
e <strong>und</strong> den Höhenschichten überzeugend<br />
an. Die natürliche Oberfl ächenversickerung<br />
ist ökologisch vorbildlich gelöst. Die gesamte<br />
Platzraumgestaltung erfolgt stufenlos <strong>und</strong> barrierefrei.<br />
Bemerkenswert ist das Miteinbeziehen<br />
von Ortsansässigen während der Planung, sodass<br />
auch der soziale Hintergr<strong>und</strong> gewährleistet<br />
ist.“<br />
Die Vielschichtigkeit der Geschichte Maria<br />
Saals war Ausgangspunkt für den Entwurf<br />
der Architekten nonconform gemeinsam mit<br />
Friedrich Mascher. Dabei überzeugte die Idee<br />
von nonconform, die Geschichte der Gemeinde<br />
mittels „Kulturschichten“ sichtbar zu machen.<br />
Inspiriert von der Stratigrafi e –einem Teilgebiet<br />
der Geowissenschaften, bei der Schichtungen<br />
untersucht <strong>und</strong> zeitlich zugeordnet werden –<br />
sollte der Platz als durchgängig geschichtete<br />
Fläche gestaltet werden <strong>und</strong> schwellenlos an<br />
die angrenzenden Gebäude anschließen.. Der<br />
Hauptplatz sollte alle Anrainer <strong>und</strong> Nutzer<br />
einbeziehen. Das Büro nonconform initiierte<br />
zunächst Stammtische, bei denen die Bürger<br />
ihre Ideen <strong>und</strong> Wünsche für die Neugestaltung<br />
einbringen konnten. „Architektur vor Ort“<br />
nennen die Architekten das eigens entwickelte<br />
Format der partizipativen Ideenfi ndung <strong>und</strong><br />
schlagen dafür jeweils ein paar Tage ihre Zelte<br />
am Projektstandort auf. Zweimal zwei Tage<br />
waren nonconform in Maria Saal, in denen sich<br />
herausstellte, dass eine multifunktionale Nutzung,<br />
die Zugänglichkeit <strong>und</strong> eine Lösung der<br />
Parkplatzsituation die wichtigsten Anliegen<br />
Pilgram-Preis 2010<br />
Die Vereinigung Österreichischer Natursteinwerke (VÖN), Linz, hat<br />
am 20. Mai 2010 in Zusammenarbeit mit der B<strong>und</strong>eskammer der<br />
Architekten <strong>und</strong> Ingenieurkonsulenten (bAIK), Wien, im Kuppelsaal<br />
der TU Wien den Pilgram Preis 2010 – Naturstein <strong>und</strong> Architektur<br />
verliehen. Prämiert wurde die vorbildliche Gestaltung <strong>und</strong> technisch<br />
zeitgemäße Konstruktion von Projekten unter maßgeblicher Verwendung<br />
von Naturstein aus österreichischer Fertigung - ausgeführt von<br />
Naturstein-Fachbetrieben.<br />
waren. Basierend auf den Ergebnissen der Bürgerbeteiligung<br />
schlugen die Architekten einen<br />
freien Platz vor. Der Hauptplatz, der in Sichtbeziehung<br />
zum Kirchenareal mit Kapitelhaus<br />
<strong>und</strong> Dom steht, sollte als weltliches Zentrum<br />
dem geistlichen gegenüberstehen <strong>und</strong> Kirche<br />
<strong>und</strong> Gemeinde verbinden. Dabei fungiert er als<br />
Durchraum, da durch die behindertengerechte<br />
Umgestaltung der Hauptzugang zur Kirche<br />
nunmehr über den Hauptplatz <strong>und</strong> nicht mehr<br />
über die steilen Steige am Berghang erfolgen<br />
wird. Der Platz kann damit fl exibel bespielt <strong>und</strong><br />
für unterschiedliche Aktivitäten genutzt werden.<br />
Ein sanftes Gefälle zur Bäckerei am Nordende<br />
wird so zur natürlichen Tribüne für ein<br />
Open-Air Konzert auf deren Terrasse.<br />
Ludwig Keißner<br />
Wettbewerb | 89
90 | Messe
Treffen im Grünen:<br />
GaLaBau 2010<br />
Nach einem Jahr planmäßiger Pause ist es wieder soweit: In Nürnberg dreht sich<br />
vom 15. bis 18. September alles um urbanes Grün <strong>und</strong> Freiräume. Landschaftsgärtner<br />
<strong>und</strong> -architekten, unterschiedliche Fachbesucher sowie Entscheider aus<br />
den Kommunen informieren sich auf der internationalen Fachmesse GaLaBau.<br />
Die GaLaBau ist die Fachmesse mit dem weltweit<br />
umfassendsten Fachangebot für Planung,<br />
Bau <strong>und</strong> Pfl ege von Urban-, Grün- <strong>und</strong> Freiräumen.<br />
Auf der letzten GaLaBau in 2008 wurden<br />
genau 983 Aussteller <strong>und</strong> 61.929 Fachbesucher<br />
aus dem In- <strong>und</strong> Ausland gezählt. R<strong>und</strong> 50<br />
Prozent der Aussteller präsentieren auch 2010<br />
Bau- <strong>und</strong> Pfl egemaschinen <strong>und</strong> –geräte (Hallen<br />
6, 7, 8, 9 <strong>und</strong> 10). Erstmals gibt es in diesem<br />
Jahr in Halle 7A eine Sonderschau zum Thema<br />
„Baumpfl ege <strong>und</strong> Baumklettern“.<br />
Etwa 25 Prozent der Aussteller bietet Baustoffe<br />
<strong>und</strong> Pfl anzen an (Hallen 4, 5, <strong>und</strong> 6). Und ein<br />
weiteres Viertel der Aussteller deckt Spezialangebote<br />
wie <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>geräte, Stadtmöblierung<br />
oder das Segment Golfplatzbau <strong>und</strong> -pfl ege ab<br />
(Halle 1).<br />
Interessantes Rahmenprogramm<br />
Die GaLaBau bietet ein fachlich interessantes<br />
Rahmenprogramm unter anderem mit:<br />
vielen Fachveranstaltungen r<strong>und</strong> ums Bauen<br />
mit Grün,<br />
Verleihung des ELCA- (European Landscape<br />
Association) Trendpreises „Bauen mit Grün“,<br />
Ermittlung des B<strong>und</strong>essiegers des<br />
Landschaftsgärtner-Cups (Halle 2),<br />
Siegerehrung des Wettbewerbes<br />
„Grüne <strong>Spiel</strong>plätze“<br />
Verleihung der GaLaBau-Innovationsmedaille.<br />
Fachteil Golfplatz: Der Ball rollt weiter<br />
Nach erfolgreicher Erstaufl age in 2008 gehen<br />
die Deutschen Golfplatztage, die als Fachteil der<br />
GaLaBau-Messe in Halle 4A angesiedelt sind, in<br />
die zweite R<strong>und</strong>e. Hier präsentieren sich auch<br />
wichtige Verbände: B<strong>und</strong>esverband Golfanlagen<br />
(BVGA), Deutscher Golf Verband (DGV), Golf<br />
Management Verband Deutschland (GMVD),<br />
Greenkeeper Verband Deutschland (GVD) <strong>und</strong><br />
Professional Golfers Association (PGA).<br />
Halle 1: Urban Design, <strong>Spiel</strong>plätze<br />
<strong>und</strong> Sportplätze<br />
Inzwischen fest auf der GaLaBau-Messe etabliert<br />
ist der Fachteil „Playgro<strong>und</strong>“ in Halle 1.<br />
Dort zeigen Hersteller von <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>geräten<br />
<strong>und</strong> <strong>Freizeit</strong>anlagen ihre Neuheiten. Hier ist<br />
auch die Redaktion der FreeLounge auf dem<br />
Stand des 2009 gegründeten B<strong>und</strong>esverbandes<br />
für Freiraumgestaltung (BFG) zu fi nden. Der<br />
Verband stellt auf der Galabau exklusiv die Ergebnisse<br />
der neusten Umfrage zur freiraumbezogenen<br />
Mittelverwendung in den Kommunen<br />
vor.<br />
In das Themenfeld dieser Halle gehört auch die<br />
Siegerehrung des Wettbewerbs „Grüne <strong>Spiel</strong>plätze“,<br />
der zum ersten Mal von der Initiative<br />
„Die Grüne Stadt“ organisiert wird. Ziel des<br />
Wettbewerbs ist, vorbildliche <strong>Spiel</strong>plätze auszuzeichnen,<br />
bei denen eine abwechslungsreiche,<br />
standortgerechte <strong>und</strong> qualitative Grüngestaltung<br />
eine zentrale Rolle spielt.<br />
Außerdem wird es in Halle 1 wieder eine Sonderschau<br />
geben, die der B<strong>und</strong>esverband der<br />
<strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>geräte- <strong>und</strong> <strong>Freizeit</strong>anlagen-Hersteller<br />
(BSFH) organisiert. Dieses Jahr mit dem Titel<br />
„<strong>Spiel</strong>punkte – modernes <strong>Spiel</strong>en in der City“.<br />
Dagmar Thiemann<br />
Messe | 91
Interessante Hersteller<br />
auf der Galabau 2010!<br />
Corocord 1-101<br />
Kaiser & Kühne 1-308<br />
Kompan 1-113<br />
Ziegler 1-300<br />
espas 1-305<br />
Quappen 1-515<br />
Holzhof 1-513<br />
ZumKuKuK 1-601<br />
Besuchen Sie uns !<br />
Einige Mitarbeiter der Redaktion <strong>und</strong> des<br />
BFG sind während der Galabau vor Ort <strong>und</strong><br />
steht Ihnen für Fragen <strong>und</strong> Anregungen zur<br />
Verfügung. Besuchen Sie uns an unserem<br />
Messestand 1-629 – wir freuen uns!<br />
92 | Messe<br />
1-300<br />
1-101<br />
Dr. Anke Münster<br />
Chefredakteurin der FreeLounge<br />
1-305<br />
1-601<br />
1-308<br />
1-113<br />
1-513<br />
Kinderland Emsland 1-615<br />
Dagmar Thiemann<br />
Textredakteurin der FreeLounge<br />
1-515<br />
1-615
Obra Design 1-323<br />
1-323<br />
Proludic 1-628<br />
Conradi+Kaiser/stilum 1-627<br />
Abes 1-237<br />
SIK Holz 1-327 Husson 1-337<br />
1-327<br />
1-628<br />
1-627<br />
FreeLounge/BFG 1-629<br />
Zimmer.Obst 1-331<br />
1-331<br />
1-<br />
629<br />
1-237<br />
1-337<br />
Messe | 93
94 | Recht
Stadtgestaltung <strong>und</strong><br />
Stadtmarketing als<br />
Herausforderung in Zeiten<br />
knapper Kassen<br />
Möglichkeiten öffentlich-privater Partnerschaften,<br />
privater Dienstleistungen <strong>und</strong> Corporate Social<br />
Responsibility<br />
Die Frage, wie kommunale Freifl ächen fi nanziert werden können, hat sich bei<br />
der BFG-Umfrage 2009 als eines der Top-Themen für kommunale Entscheidungsträger<br />
herausgestellt. Für viele Planer tut sich ein Graben zwischen dem<br />
Anspruch einer attraktiven Stadtgestaltung <strong>und</strong> den tatsächlichen Möglichkeiten<br />
auf. Nach den Problematiken „Lärm“ <strong>und</strong> „Sicherheit“ hat der BFG<br />
sich daher für dieses Jahr das Top-Thema Finanzierung vorgenommen, um die<br />
„<strong>Spiel</strong>räume“ auszuloten <strong>und</strong> gemeinsam mit den interessierten Kreisen zu<br />
erweitern. Die BFG-Umfrage 2010 konzentriert sich zentral darauf. Parallel<br />
dazu sollen rechtliche Fragestellungen aufgegriffen <strong>und</strong> für die öffentliche<br />
Debatte aufbereitet werden.<br />
Investitionen in öffentliche Freifl ächen sind<br />
wichtig nicht nur wegen des sozialen Werts,<br />
der einer menschen- <strong>und</strong> kinderfre<strong>und</strong>lichen<br />
Stadtgestaltung zukommt. Zunehmend wird<br />
auch der wirtschaftliche Wert einer attraktiven<br />
Stadtgestaltung entdeckt. Die Globalisierung<br />
verschärft den Wettbewerb um Arbeitskräfte.<br />
Eine erfolgreiche Strategie im Wettbewerb um<br />
die besten Köpfe wird inzwischen als zentrales<br />
Element für den Erfolg von Unternehmen angesehen;<br />
zusätzlich gewinnen Kreativität <strong>und</strong><br />
Ästhetik als Produktions- <strong>und</strong> Standortfaktoren<br />
an Bedeutung 1 . Dies zwingt zu einem Perspektivenwechsel:<br />
Die Attraktivität einer Stadt<br />
für die Menschen, die in ihr wohnen, wird für<br />
erfolgreiche Wirtschaftsunternehmen immer<br />
wichtiger 2 . In gleichem Maße muss die Bedeutung<br />
des „Stadtmarketing“ für die Kommunen<br />
steigen 3 . Investitionen ebenso wie Versäumnisse<br />
führen zu sich selbst verstärkenden Kreisläufen:<br />
Unattraktive Standortbedingungen führen<br />
zu wirtschaftlichen Nachteilen, diese wiederum<br />
zu schlechteren Standortbedingungen usw.;<br />
umgekehrt zieht eine attraktive Gemeinde Bür-<br />
ger <strong>und</strong> Unternehmen an, steigert ihren Erfolg<br />
als wirtschaftlicher Standort <strong>und</strong> erweitert dadurch<br />
ihre gestalterischen <strong>Spiel</strong>räume. Der Paradigmenwechsel<br />
muss jetzt vollzogen werden,<br />
also in Zeiten knapper Kassen. Daher lohnt ein<br />
Blick auf die rechtlichen Rahmenbedingungen<br />
<strong>und</strong> auf die Möglichkeiten, die auch in Zeiten<br />
knapper Kassen bestehen.<br />
<strong>Spiel</strong>fl ächengestaltung als kommunale<br />
Pfl ichtaufgabe<br />
Die Gestaltung von Freifl ächen, die Einrichtung<br />
<strong>und</strong> der Betrieb von <strong>Spiel</strong>plätzen sind weitestgehend<br />
kommunale Aufgaben – zu einem<br />
großen Teil allerdings sogenannte „freiwillige<br />
Aufgaben“. Zwar sind die die Bedürfnisse der<br />
Familien <strong>und</strong> der jungen Menschen sowie die<br />
Belange von Sport, <strong>Freizeit</strong> <strong>und</strong> Erholung zwingend<br />
bei jeder Planung, sei es für Innenstädte<br />
oder für Wohngebiete, zu berücksichtigen 4 . Um<br />
Kindern die Möglichkeit zu geben, ihre geistigen<br />
<strong>und</strong> körperlichen Fähigkeiten zu entwickeln,<br />
<strong>und</strong> um soziales Verhalten zu fördern,<br />
sind nach Maßgabe der <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>gesetze der<br />
Recht | 95
Dr. Michael Winkelmüller, 38<br />
Rechtsanwalt <strong>und</strong> Fachanwalt für<br />
Verwaltungsrecht bei Redeker Sellner<br />
Dahs in Bonn <strong>und</strong> 2. Vorsitzender des<br />
B<strong>und</strong>esverbandes für Freiraumgestaltung<br />
e.V.<br />
Einen seiner Schwerpunkte bildet das<br />
technische Sicherheitsrecht <strong>und</strong> damit<br />
verb<strong>und</strong>ene Fragen der Produktzulassung,<br />
technischen Normung, Zertifi zierung<br />
<strong>und</strong> Haftung.<br />
Dipl.-Kfm. Heiko Bokelmann, 41<br />
Heiko Bokelmann ist geschäftsführender<br />
Gesellschafter der b<strong>und</strong>esweit<br />
im Bereich Wirtschaftsprüfung <strong>und</strong><br />
Steuerberatung tätigen Dornbach-<br />
Gruppe.<br />
Als Wirtschaftsprüfer <strong>und</strong> Steuerberater<br />
betreut er überwiegend Unternehmen<br />
<strong>und</strong> Einrichtungen der öffentlichen<br />
Hand.<br />
96 | Recht<br />
Länder öffentliche <strong>Spiel</strong>plätze anzulegen <strong>und</strong><br />
zu unterhalten sowie die bestehenden öffentlichen<br />
<strong>Spiel</strong>plätze weiterzuentwickeln. Für die<br />
Bemessung des Bedarfs an öffentlicher <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>fl<br />
äche werden in den <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>gesetzen<br />
Richtwerte vorgegeben, etwa die Größe der<br />
<strong>Spiel</strong>plätze, der Bedarf an <strong>Spiel</strong>fl ächen pro<br />
Wohneinheiten, ihre Erreichbarkeit <strong>und</strong> Gestaltung<br />
5 . Diese „Pfl ichtaufgaben“ sind zwar<br />
rechtlich zwingend, <strong>und</strong> zwar sowohl für die<br />
Kommunen als auch für die Aufsichtsbehörden,<br />
so dass sie – angesichts der dramatischen Finanzlage<br />
vielerorts leider nicht mehr sehr fernliegend<br />
– bei Haushaltssicherungskonzepten<br />
privilegiert zu behandeln sind.<br />
Investitionsrückstau bei <strong>Spiel</strong>plätzen<br />
<strong>und</strong> öffentlichen Freifl ächen<br />
Das heißt jedoch keinesfalls, dass öffentliche<br />
Freifl ächen <strong>und</strong> Kinderspielplätze in dem Ausmaß,<br />
in dem sie gegenwärtig vorhanden sind,<br />
gesetzlichen „Bestandsschutz“ genießen <strong>und</strong><br />
in den kursierenden öffentlichen „Listen der<br />
Grausamkeiten“ nicht vorkommen dürften. Das<br />
anzunehmen, wäre aus rechtlichen wie aus<br />
praktischen Gründen wirklichkeitsfremd. Das<br />
betrifft zum einen schon den Status Quo – es<br />
ist bereits heute keineswegs sichergestellt, dass<br />
in allen Gebieten <strong>Spiel</strong>plätze in der gesetzlich<br />
vorgeschriebenen Mindestdichte <strong>und</strong> ausstattung<br />
vorhanden wären. Außerdem bestehen<br />
vielfach Interpretationsspielräume, die in<br />
Haushaltsnöten zumindest praktisch anders gehandhabt<br />
werden als in wirtschaftlich besseren<br />
Situationen 6 . So ist das Pfl ichtprogramm zur<br />
Einrichtung häufi g mit unbestimmten Rechtsbegriffen<br />
beschrieben, die in untergesetzlichen<br />
Regelwerken (Verwaltungsvorschriften) konkretisiert<br />
werden 7 <strong>und</strong> damit im Wege der Interpretation<br />
eingeschränkt werden können. Es<br />
ist bekannt, dass in Zeiten fi nanzieller Engpässe<br />
auch die Etats für die Einrichtung <strong>und</strong> die<br />
Unterhaltung öffentlicher Einrichtungen angegangen<br />
werden. BInwieweit die gesetzlichen<br />
Vorgaben eingehalten werden, hängt in hohem<br />
Maße auch davon ab, wie effektiv <strong>und</strong> dicht die<br />
Kontrollmöglichkeiten sind, ob betroffene Anwohner<br />
etwa das Recht haben, die Einrichtung<br />
fehlender oder die Ausbesserung unzureichend<br />
ausgestatteter Kinderspielplätze einzufordern<br />
<strong>und</strong> gegebenenfalls einzuklagen. Diese Möglichkeiten<br />
rechtlich zu prüfen, lohnt eine eigenständige<br />
Untersuchung. Festzustellen ist<br />
jedenfalls schon heute, auch wenn Städte <strong>und</strong><br />
Gemeinden bei einzelnen Projekten teilweise<br />
über das bloße Pfl ichtprogramm hinausgehen,<br />
in vielen Gebieten <strong>und</strong> insbesondere in sozial<br />
schwächeren <strong>und</strong> weniger attraktiven Gebieten<br />
insgesamt schon heute ein erheblicher Investitionsrückstau.<br />
Es ist anzunehmen, dass dieser<br />
sich in der Situation der knappen Kassen noch<br />
zu verstärken droht.<br />
Kommunale <strong>Spiel</strong>räume erweitern <strong>und</strong><br />
Risiken absichern<br />
Investitionsrückstände in öffentliche Infrastruktur<br />
werden vielfach durch öffentlich-private<br />
Partnerschaften (ÖPP) angegangen 8 . Private<br />
an der Einrichtung <strong>und</strong> Unterhaltung von<br />
<strong>Spiel</strong>- <strong>und</strong> Freifl ächen zu beteiligen, hat dabei<br />
für die Kommunen nicht nur einen fi nanziellen<br />
Wert. Auch die Risiken aufgr<strong>und</strong> der von<br />
der Rechtsprechung geforderten „besonders<br />
strengen Anforderungen“ an die Sicherheit von<br />
<strong>Spiel</strong>plätzen 9 können teilweise von Privaten<br />
übernommen werden. Die rechtlichen Anforderungen<br />
<strong>und</strong> rechtliche Möglichkeiten, um<br />
Dritte einzubeziehen <strong>und</strong> die Bedingungen für<br />
die kommunale Haftung bis hin zur persönlichen<br />
strafrechtlichen Haftung kommunaler<br />
Bediensteter zu optimieren, sind im letzten<br />
Heft der FreeLounge in dem Beitrag „Sicherheitskonzepte,<br />
Unterhaltspfl ichten, Prüfung<br />
<strong>und</strong> Zertifi zierung“ beschrieben worden 10 . Für<br />
die Kommunen kann sich also bei entsprechender<br />
rechtlicher <strong>und</strong> fi nanzieller Gestaltung in<br />
mehrfacher Hinsicht ein Mehrwert ergeben,<br />
wenn sie Private einbezieht.<br />
Gesetzliche Instrumente für öffentlichprivate<br />
Partnerschaften<br />
Klassisch werden die kommunalen Aufgaben,<br />
öffentliche Freifl ächen einzurichten <strong>und</strong><br />
zu unterhalten, in Eigenleistung erbracht. Als<br />
Folge des Investitionsrückstaus in öffentliche<br />
Infrastruktur werden jedoch zunehmend Private<br />
beteiligt. Für das „Pfl ichtprogramm“ an<br />
öffentlichen <strong>Spiel</strong>fl ächen gibt es dafür sogar<br />
gesetzlich vorgesehene Instrumente: Nach den<br />
Bauordnungen der Länder gehört es heute zu<br />
den zwingenden Voraussetzungen für die Genehmigung<br />
von Wohngebäuden, dass eine ausreichende<br />
<strong>Spiel</strong>fl äche für Kleinkinder auf dem<br />
Gr<strong>und</strong>stück bereitgestellt wird. Die Bereitstellung<br />
auf dem Gr<strong>und</strong>stück ist nur dann nicht<br />
erforderlich, wenn in unmittelbarer Nähe eine<br />
solche <strong>Spiel</strong>fl äche auf einem anderen Gr<strong>und</strong>stück<br />
geschaffen wird oder vorhanden ist <strong>und</strong><br />
sie sowie ihre Unterhaltung öffentlich-rechtlich<br />
gesichert ist, oder wenn eine Gemeinschaftsanlage<br />
privater Betreiber oder ein geeigneter<br />
öffentlicher <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong> geschaffen wird oder<br />
vorhanden ist 11 . Die Gemeinde hat rechtlich<br />
also in einem gewissen Umfang die Wahl, öffentlich<br />
eingerichtete <strong>und</strong> unterhaltene <strong>Spiel</strong>plätze<br />
durch private <strong>Spiel</strong>plätze zu ersetzen.
Weitere Möglichkeiten eröffnen sich durch das<br />
Instrument des städtebaulichen Vertrags, mit<br />
dem die Vorbereitung oder Durchführung städtebaulicher<br />
Maßnahmen durch den Vertragspartner<br />
auf eigene Kosten, die Förderung <strong>und</strong><br />
Sicherung der mit der Bauleitplanung verfolgten<br />
Ziele <strong>und</strong> die Übernahme von Kosten oder<br />
sonstigen Aufwendungen, die der Gemeinde<br />
für städtebauliche Maßnahmen entstehen oder<br />
entstanden sind <strong>und</strong> die Voraussetzung oder<br />
Folge des geplanten Vorhabens sind, vereinbart<br />
werden können 12 . Insbesondere bei neu angelegten<br />
Gebieten, aber auch bei der Sanierung<br />
vorhandener Bebauung bestehen also rechtliche<br />
Instrumente, mit denen öffentlich-private<br />
Partnerschaften eingeleitet <strong>und</strong> durchgesetzt<br />
werden können.<br />
Freifl ächengestaltung <strong>und</strong> -unterhaltung<br />
durch private Dienstleister<br />
Aber auch für öffentliche <strong>Spiel</strong>plätze ergeben<br />
sich weitere kommunale Gestaltungsmöglichkeiten.<br />
Das betrifft zum Beispiel die Einrichtung<br />
<strong>und</strong> Unterhaltung von <strong>Freizeit</strong>- <strong>und</strong> <strong>Spiel</strong>fl ächen.<br />
Vergleichbar dem Facility Management,<br />
wie es von der öffentlichen Hand bei Gebäu-den<br />
<strong>und</strong> Einrichtungen vermehrt nachgefragt wird,<br />
bieten Hersteller von <strong>Spiel</strong>geräten zuneh-mend<br />
Komplettlösungen an, die neben der Planung<br />
<strong>und</strong> Einrichtung von <strong>Spiel</strong>- <strong>und</strong> <strong>Freizeit</strong>-fl ächen<br />
auch die Dienstleistung umfasst, die <strong>Spiel</strong>plätze<br />
laufend zu kontrollieren, defekte <strong>Spiel</strong>geräte<br />
auszutauschen oder zu ersetzen. Rechtlich<br />
gesehen handelt es sich hierbei nicht um eine<br />
öffentlich-private Partnerschaft (ÖPP) im engeren<br />
Sinne, sondern um einen Beschaf-fungsvorgang:<br />
Die Gemeinde beschafft sich bei privaten<br />
Unternehmen Güter <strong>und</strong> Dienstleis-tungen<br />
(<strong>Spiel</strong>geräte <strong>und</strong> deren Wartung <strong>und</strong> Unterhaltung).<br />
Im Außenverhältnis zu den Bür-gern, die<br />
die <strong>Spiel</strong>plätze in Anspruch nehmen, bleibt die<br />
Gemeinde für die Sicherheit verant-wortlich;<br />
allerdings muss sie diese Pfl ichten nicht mehr<br />
selbst erfüllen, sondern bedient sich dazu im<br />
Innenverhältnis der Privatunternehmen. Ihre<br />
Leistungsverantwortung wandelt sich in eine<br />
Gewährleistungsverantwortung. Auf diese Weise<br />
können Haftungs- <strong>und</strong> Regressrisiken weitestgehend<br />
abgesichert werden. 13<br />
Finanzwirtschaftlich positive Auswirkungen<br />
des Outsourcing<br />
Die Einschaltung privater Dritter kann zu Kosteneinsparungen<br />
<strong>und</strong> damit zur Haushaltsentlastung<br />
beitragen. Kosten eingespart werden können<br />
für die Gemeinde schon deshalb, weil der<br />
<strong>Spiel</strong>gerätehersteller, der diese Dienstleistung<br />
für eine Vielzahl von Kommunen anbietet, Ra-<br />
tionalisierung- <strong>und</strong> Größenvorteile (economies<br />
of scale) erzielen kann, die einzelnen Gemeinden<br />
verschlossen sind, <strong>und</strong> sich Potentiale in<br />
Bezug auf die Finanzierung, die buchhalterische<br />
Erfassung <strong>und</strong> die steuerliche Behandlung ergeben<br />
können. Bei sorgfältiger rechtlicher Gestaltung<br />
können sich damit Qualitätsverbesserungen<br />
bei gleichen oder niedrigeren Kosten<br />
zugleich ergeben.<br />
Realistische Kostenanalyse<br />
des Ist-Zustands<br />
Erster Ansatzpunkt einer Verbesserung gegenüber<br />
dem Status Quo ist die Analyse des Ist-<br />
Zustands <strong>und</strong> der tatsächlich für die Aufgaben<br />
der Freifl ächen-/<strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>bewirtschaftung<br />
entstehenden Kosten. Auf die i. d. R. auf rein<br />
externe Kosten gerichteten Haushaltsansätze<br />
kann zur Einschätzung der tatsächlich anfallenden<br />
Kosten nur bedingt zurückgegriffen<br />
werden. Vielmehr liegen die tatsächlichen Kosten<br />
der Bewirtschaftung meist sehr viel höher<br />
als diese Ansätze. So können in den doppischen<br />
Haushalten zwar gr<strong>und</strong>sätzlich die tatsächlich<br />
entstehenden Kosten von Produkten (defi niert<br />
als Leistungen gegenüber den Bürgern) abgebildet<br />
werden; dies setzt jedoch eine funktionierende<br />
interne Leistungsverrechnung nebst<br />
Kostenrechnung voraus, die in der Praxis eher<br />
selten ausgeprägt <strong>und</strong> sachgerecht ausgestaltet<br />
vorhanden ist. In den Produktrahmenplänen<br />
der Länder fi ndet man teilweise Produkte wie<br />
„Einrichtungen der Jugendarbeit“ mit den Leistungen<br />
„<strong>Spiel</strong>plätze“ oder „Einrichtungen der<br />
Stadtranderholung“ oder die Produkte „Freifl<br />
ächen“, „Sportstätten“, „öffentliches Grün/<br />
Landschaftsbau“ oder „Erholungseinrichtungen“.<br />
Jedoch ist die Produktebene meist nicht<br />
bis auf einzelne <strong>Spiel</strong>stätten oder Freifl ächen<br />
heruntergebrochen, Informationen aus der Kostenrechnung<br />
(sofern überhaupt existent) bilden<br />
ebenfalls oftmals keine ausreichend detaillierten<br />
Kostenstellengliederungen. Insbesondere<br />
eine verursachungsgerechte Verteilung von<br />
Gemeinkosten <strong>und</strong> Abschreibungen auf die jeweiligen<br />
Produkte bzw. Leistungen fi ndet selten<br />
vollständig statt. Zudem sind Ziele <strong>und</strong> Kennzahlen,<br />
die ggf. Aussagen zu Nutzungsgraden<br />
oder Ähnlichem bieten, kaum vorhanden. Dies<br />
alles erschwert einen Einblick in die tatsächlich<br />
anfallenden Kosten dieser Bereiche <strong>und</strong><br />
lässt die Ansätze im Haushaltsplan häufi g niedriger<br />
erscheinen, als sie tatsächlich sind.<br />
Gestufte Dienstleistungsmodelle<br />
Nach Analyse der realistisch entstehenden eigenen<br />
Kosten erfolgt in einem weiteren Schritt<br />
der Vergleich mit privaten Dienstleistern, um<br />
1. Siehe zu den geänderten Bedingungen in der<br />
Globalisierung Geoff Colvin, Talent Is Overrated<br />
– What Really Separates World-Class<br />
Performers from Everybody Else, 2008.<br />
2. Diese Bewertung liegt etwa auch dem<br />
Angebot der „<strong>Spiel</strong>leitplanung“ zugr<strong>und</strong>e,<br />
http://www.spielleitplanung.de.<br />
3. Das Angebot r<strong>und</strong> um das Thema Stadtmarketing<br />
ist vielfältig, siehe etwa Deutsches<br />
Institut für Urbanistik, Stadtmarketing: Ein<br />
leistungsfähiges Instrument auch in Krisenzeiten?,<br />
Seminar am 1./2. 6. 2010, http://www.<br />
difu.de/sites/difu.de/fi les/archiv/veranstaltungen/10_stadtmarketing.programm.pdf.<br />
4.<br />
§ 6 Abs. 1 Nr. 3 Baugesetzbuch – BauGB.<br />
5. Siehe beispielsweise Landesgesetz über die<br />
öffentliche Förderung von Sport <strong>und</strong> <strong>Spiel</strong><br />
in Rheinland-Pfalz (Sportförderungsgesetz –<br />
SportFG -); Berliner Gesetz über öffentliche<br />
Kinderspielplätze – Kinderspielplatzgesetz<br />
(KiSpG) vom 5. 3. 2010; Niedersächsisches<br />
Gesetz über <strong>Spiel</strong>plätze (<strong>Spiel</strong>plG) vom 6. 2.<br />
1973, zuletzt geändert durch Art. 2 ModellkommunenÄndG<br />
vom 10. 12. 1008; Saarländisches<br />
Gesetz über <strong>Spiel</strong>plätze (<strong>Spiel</strong>plG) vom<br />
6. 11. 19743, zuletzt geändert durch § 101<br />
des Gesetzes Nr. 1370 vom 27. 3. 1996.<br />
6. Meinungsstreit herrscht nicht nur über den<br />
Umfang der Pfl ichtaufgaben. Umstrittenen<br />
sind heutzutage bereits die Fragen, wie weit<br />
Gemeinden ihre Selbstverwaltungsaufgaben<br />
einschränken dürfen. Siehe B<strong>und</strong>esverwaltungsgericht,<br />
Urteil vom 27. 5. 2009 – 8 C<br />
10.08, <strong>und</strong> Hessischer Verwaltungsgerichtshof,<br />
Urteil vom 4. 3. 2010, 8 A 2613/09 (zum<br />
Verbot der „materiellen Privatisierung“ eines<br />
Weihnachtsmarktes).<br />
7. Siehe Karl Schmidt <strong>und</strong> Peter Haberer, Rheinland-Pfälzisches<br />
SportFG, Kommentar, Praxis<br />
der Kommunalverwaltung, Erläuterungen zum<br />
<strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>-Programm Rheinland-Pfalz vom<br />
29. 5. 1973.<br />
8. Die Reaktionen auf den Investitionsrückstau<br />
in öffentlichen Infrastrukturbereichen sind<br />
augenfällig – etwa die ÖPP Deutschland<br />
AG, die 2008 unter der Federführung des<br />
B<strong>und</strong>esministeriums der Finanzen sowie des<br />
B<strong>und</strong>esministeriums für Verkehr, Bau <strong>und</strong><br />
Stadtentwicklung gegründet <strong>und</strong> – selbst<br />
als öffentlich-private Initiative über eine<br />
Rahmenvereinbarung von zehn B<strong>und</strong>esländern,<br />
82 Kommunen, 33 weiteren öffentlichen<br />
Auftraggebern sowie über 70 Unternehmen<br />
getragen wird (http://www.partnerschaftendeutschland.de/).<br />
9. BGH, Urteil vom 01.03.1988, VI ZR 190/87<br />
unter Hinweis auf BGH, NJW 1988, 48=VersR<br />
1987, 891, 892.<br />
10. Siehe Winkelmüller, Sicherheitskonzepte, Unterhaltspfl<br />
ichten, Prüfung <strong>und</strong> Zertifi zierung –<br />
Rechtliche Anforderungen <strong>und</strong> Möglichkeiten<br />
zur Haftungsvermeidung, FreeLounge 1/2010,<br />
105 ff.<br />
11. Siehe beispielsweise § 9 Abs. 2 Bauordnung<br />
für das Land Nordrhein-Westfalen – Landesbauordnung<br />
– (BauO NRW).<br />
12. § 11 Abs. 1 Nr. 1 – 3 Baugesetzbuch – BauGB.<br />
13. Siehe Winkelmüller, Sicherheitskonzepte, Unterhaltspfl<br />
ichten, Prüfung <strong>und</strong> Zertifi zierung –<br />
Rechtliche Anforderungen <strong>und</strong> Möglichkeiten<br />
zur Haftungsvermeidung, FreeLounge 1/2010,<br />
105 ff.<br />
Recht | 97
98 | Recht<br />
ggf. Einspar- <strong>und</strong>/oder Leistungsverbesserungspotential<br />
aufzudecken. Ausgehend von<br />
dem heute üblicherweise anzutreffenden Fall<br />
der externen Anschaffung von Investitionsgütern<br />
<strong>und</strong> der Durchführung der laufenden Pfl ege-<br />
<strong>und</strong> Instandhaltungsdienstleistungen durch<br />
eigene Mitarbeiter der städtischen/kommunalen<br />
Verwaltung (Grünfl ächenamt/Bauhof) sind<br />
verschiedene Stufen einer externen Beschaffung<br />
dieser Leistungen denkbar. So kann der<br />
private Dienstleister nur die Montage der Geräte<br />
mit oder ohne Gestaltung der Umgebungsfl<br />
äche übernehmen oder er kann die Pfl ege <strong>und</strong><br />
Instandhaltung der bestehenden Anlagen mit<br />
oder ohne Erneuerungsverpfl ichtungen übernehmen.<br />
Als weitere Stufe sind Versicherungs-/<br />
Finanzierungslösungen bis hin zum Leasing<br />
denkbar.<br />
Finanzielle Vorteile der Einbeziehung<br />
privater Dienstleister<br />
Gr<strong>und</strong>gedanke der Modelle ist, eine bestimmbare<br />
Leistung gegen feste monatliche Raten<br />
zu erhalten, die - auch unter Berücksichtung<br />
von zu entgeltender Umsatzsteuer <strong>und</strong> unternehmerischen<br />
Wagnissen – für die Gemeinde<br />
vorteilhafter ist, als die eigene Investition <strong>und</strong><br />
Bewirtschaftung. Dabei dürften die Wirtschaftlichkeitspotenziale<br />
von ÖPP-Projekten eher in<br />
der ganzheitlichen Verantwortungsübertragung<br />
für die Herstellung, die Lieferung nebst Betreuungsleistung<br />
<strong>und</strong> deren Finanzierung bestehen.<br />
Im Sinne eines Lebenszyklusansatzes rücken<br />
dann die monetären Auswirkungen von baulichen<br />
<strong>und</strong> technischen Aspekten auf die künftigen<br />
Betriebskosten in den Fokus von Planungs-<br />
<strong>und</strong> Investitionsentscheidungen <strong>und</strong> führen so<br />
zu weiteren Einsparpotentialen.<br />
Weitere positive Aspekte der Fremdbewirtschaftung<br />
für den Haushalt sind der Wegfall<br />
der unregelmäßig anfallenden Liquiditätsabfl<br />
üsse für die notwendigen (Re-)Investitionen<br />
<strong>und</strong> der Wegfall der Ungewissheiten hinsichtlich<br />
zukünftiger Zahlungsströme, die aufgr<strong>und</strong><br />
entsprechender vertraglicher Bindungen kalkulierbar<br />
werden. Hierdurch können Finanzierungsrisiken<br />
für die Zukunft vermieden<br />
werden, die darin liegen, dass oftmals keine<br />
fristenadäquate Finanzierung von Investitionen<br />
vorgenommen wird, sondern auf vermeintlich<br />
günstige Kassenkredite zurück gegriffen wird.<br />
Dabei entsteht ein hohes Refi nanzierungsrisiko<br />
im Sinne eines Zinsänderungsrisikos. In Zeiten<br />
erwarteter zunehmender Geldentwertung <strong>und</strong><br />
steigender Zinsen werden Lasten in die Zukunft<br />
verlagert <strong>und</strong> fi nanzielle <strong>Spiel</strong>räume in der Zukunft<br />
eingeschränkt.<br />
Bürgerbeteiligung <strong>und</strong> Corporate Social<br />
Responsibility<br />
Zunehmend beteiligen sich auch Bürger <strong>und</strong><br />
Unternehmen unmittelbar an der Stadtgestaltung.<br />
In ihrer Vielfalt <strong>und</strong> ihren modernen Erscheinungsformen<br />
ist dies mit dem Begriff der<br />
„Bürgerbeteiligung“ nur unzureichend zu erfassen.<br />
Die Bandbreite reicht von Elterninitiativen,<br />
die sich zusammengeschlossen haben, um einen<br />
Beitrag zur Unterhaltung einzelner <strong>Spiel</strong>plätze<br />
zu leisten, bis hin zu Unternehmen, die sich<br />
aus gesellschaftlicher Verantwortung für die<br />
<strong>Spiel</strong>plätze <strong>und</strong> Freifl ächen in ihrer Gemeinde<br />
engagieren. Die Europäische Kommission räumt<br />
der Corporate Social Responsibility (CSR) einen<br />
hohen Stellenwert für Unternehmenskultur <strong>und</strong><br />
Wettbewerbsfähigkeit im europäischen Binnenmarkt<br />
ein . Und es gibt schließlich Dienstleistungsunternehmen,<br />
die sich wegen der erkannten<br />
positiven wirtschaftlichen Effekte der<br />
Standortattraktivität <strong>und</strong> der gesellschaftlichen<br />
Unternehmensverantwortung auf Beratungsleistun-gen<br />
r<strong>und</strong> um Stadtmarketing <strong>und</strong> CSR<br />
spezialisiert haben. Ein Beispiel für derart gelebtes<br />
CSR wird in diesem Heft mit dem Beitrag<br />
von Nicola Hengst-Gohlke vorgestellt. Rechtlich<br />
können sich bei Bürgerbeteiligung <strong>und</strong> CSR<br />
unterschiedliche Fragen stellen – es hängt ganz<br />
davon ab, wie die Zusammenarbeit zwischen<br />
der Öffentlichen Hand <strong>und</strong> Privaten gestaltet<br />
wird. Fragen des Gemeinnützigkeitsrechts, des<br />
Versicherungsrechts, der öffentlichen Subventionsrechts<br />
<strong>und</strong> des Vergaberechts können<br />
sich ebenso stellen wie die Fragen nach den<br />
Verantwortlichkeiten für das Sicherheits- <strong>und</strong><br />
Haftungskonzept. Die durch die gesellschaftliche<br />
Verantwortung mobilisierten Kräfte einzubinden,<br />
wird für die Städte <strong>und</strong> Gemeinden<br />
zunehmend wichtiger werden, um die Herausforderungen<br />
von Stadtattraktivität <strong>und</strong> Stadtmarketing<br />
in Zeiten knapper Kassen erfolgreich<br />
anzugehen.<br />
Dr. Michael Winkelmüller, Heiko Bokelmann
<strong>Spiel</strong>erisches Engagement als<br />
wirtschaftlicher Standortfaktor<br />
Stellen Sie sich vor, es ist ein w<strong>und</strong>erschöner Sonnentag, <strong>und</strong> keiner geht auf<br />
den <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>. Stellen Sie sich weiter vor, dass an diesem Tag unter strahlend<br />
blauem Himmel auf dem Samstagsmarkt im früher belebten historischen<br />
Stadtkern nichts mehr los ist, da Stück für Stück immer mehr Marktbeschicker<br />
<strong>und</strong> Einzelhändler unzufrieden ihre Stände <strong>und</strong> Geschäfte aufgegeben<br />
hatten. Was war passiert?<br />
Meine These: Man hatte aufgehört, für die Menschen der Stadt dazusein.<br />
<strong>Spiel</strong>-Platz ist überall<br />
Die Einleitung des Buches „<strong>Spiel</strong>-Platz ist überall“<br />
beginnt mit dem Satz „In den Kindheitserinnerungen<br />
der meisten Erwachsenen fi nden<br />
wir selten Berichte über Erlebnisse auf öffentlichen<br />
<strong>Spiel</strong>plätzen. Stattdessen ist bei den Beschreibungen<br />
beliebter <strong>Spiel</strong>orte immer wieder<br />
vom ‚Draußen’ die Rede. Die Haustür war der<br />
magische Spalt, durch den der Zutritt ins Paradies<br />
möglich erschien. Dort lagen die Orte, an<br />
denen man sich mit den anderen Kindern traf,<br />
auf der Straße, im Hof, am Waldrand, auf einer<br />
Baustelle oder am Ufer eines Baches. Dort war<br />
alle das zu fi nden, was zum <strong>Spiel</strong>en benötigt<br />
wurde […]“ 1 .<br />
Für mich persönlich liegt genau hier der<br />
Schlüssel zum Erfolg für die Zukunftsfähigkeit<br />
der Kommunen: Wenn es uns gelingt, den<br />
Menschen das zu geben, was zum <strong>Spiel</strong>en notwendig<br />
ist, dann können wir beispielsweise<br />
der Verödung der Innenstädte vorbeugen <strong>und</strong><br />
gr<strong>und</strong>sätzlich das zurückholen, was man auf<br />
den historischen Stadtteilfesten <strong>und</strong> in nachhaltig<br />
angelegten Erlebniswelten fi ndet: Ein<br />
fröhliches, unbeschwertes Miteinander der verschiedenen<br />
Generationen vor allem geschaffen<br />
durch spielerische Angebote für Jung & Alt in<br />
anregender, naturnaher Umgebung. Denn hier<br />
werden Menschen erwartet.<br />
Sind doch fantasievolle <strong>Spiel</strong>plätze, -räume <strong>und</strong><br />
-angebote Ausdruck für das Engagement der jeweiligen<br />
Kommune <strong>und</strong> ihrer Bürger in Sachen<br />
Menschenfre<strong>und</strong>lichkeit einer Stadt. Hier gibt<br />
es in den meisten Fällen noch viel zu tun! Und<br />
gerade in diesem Prozess kommt der lokalen<br />
Wirtschaft eine entscheidende Bedeutung zu.<br />
Die bespielbare Stadt<br />
Das Buch „Die bespielbare Stadt“ startet mit:<br />
„Vor 25 Jahren hieß eine Tagung der Pädagogischen<br />
Aktion München ‚<strong>Spiel</strong>räume für Kinder<br />
in der Stadt’ <strong>und</strong> ein Jahr später erschien<br />
ein Stadtbuch für Kinder <strong>und</strong> Familien, in dem<br />
Münchner Stadtteile aus Kinderperspektive<br />
vorgestellt wurden. Die Nachfolgetagung trug<br />
in diesem Jahr den Titel ‚Zur Ökologie des <strong>Spiel</strong>ens<br />
– <strong>Spiel</strong>en kann man überall!?’. In einer<br />
subjektiven Landkarte zeigte damals Wolfgang<br />
Zacharias die <strong>Spiel</strong>umwelt der Parkstraße 1 auf.<br />
Und die dritte Tagung forderte ‚<strong>Spiel</strong>raum für<br />
<strong>Spiel</strong>räume’. Was aus heutiger Sicht Nostalgie<br />
ist, kann als Anfang einer Entwicklung gesehen<br />
werden, in der sich langsam die Fixierung auf<br />
die <strong>Spiel</strong>plätze zu lösen begann.[…]“ 2<br />
Denken Sie mal ganz kurz an Ihre eigene Kindheit:<br />
Wo haben Sie damals gespielt? Welche<br />
Orte <strong>und</strong> Plätze haben Sie herausgefordert? An<br />
was erinnern Sie sich noch?<br />
Und dann betrachten Sie im Gegenzug die heutigen<br />
Hemmnisse <strong>und</strong> damit verb<strong>und</strong>enen Herausforderungen<br />
bei der <strong>Spiel</strong>raumplanung in<br />
Ihren Kommunen: Sicherheitsaspekt, Konfl ikte<br />
mit Anwohnern (Stichwort: Lärmpegel) <strong>und</strong> das<br />
gesunkene Investitionsvolumen 3 .<br />
Probleme als Gelegenheiten verstehen<br />
Dann wäre doch die naheliegendste Lösung,<br />
mögliche Antworten auf die oben gestellten<br />
Fragen zu den oben formulierten Hemmnissen<br />
in unseren Kommunen in Verbindung zu bringen<br />
<strong>und</strong> daraus Gelegenheiten zu formulieren:<br />
D. h. wie schaffen wir es, dieses spielerische<br />
Abenteuergefühl mit dem gesteigerten Sicher-<br />
Recht | 99
Nicola Hengst-Gohlke<br />
41 Jahre, verheiratet, Mutter<br />
eines Sohnes, Projektmanagerin<br />
<strong>und</strong> Beraterin<br />
Als ich im Sommer 2009 die<br />
ehrenamtliche Initiative <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>paten<br />
für Mettmann ins<br />
Leben gerufen hatte, wusste<br />
ich noch nicht, welche Sogwirkung<br />
die Beschäftigung mit<br />
dem Thema „<strong>Spiel</strong>raum“ auslöst.<br />
Zunächst waren hauptsächlich<br />
engagierte Mütter<br />
<strong>und</strong> Väter als <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>paten,<br />
die sich für „ihren“ <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong><br />
verantwortlich fühlten <strong>und</strong><br />
sich einfach kümmern wollten,<br />
mit an Bord. Mittlerweile sind<br />
lokale Vereine <strong>und</strong> Unternehmer<br />
aufgesprungen, generieren<br />
ständig neue Ideen <strong>und</strong> setzen<br />
diese mit sehr viel Freude an<br />
der Sache um. Das Echo in der<br />
Lokalpresse ist gewaltig <strong>und</strong><br />
auch die Politik äußert sich<br />
lobend über unser Engagement.<br />
Auf diese Art gewinnt<br />
die Initiative vor allem zivilgesellschaftlich<br />
immer mehr an<br />
Bedeutung.<br />
Und so brachte mich dieser<br />
Prozess schließlich auf die<br />
Idee, eine gemeinnützige Gesellschaft<br />
zum Thema „<strong>Spiel</strong>raum“<br />
ins Leben zu rufen, die<br />
im Wesentlichen das macht,<br />
was im folgenden Artikel beschrieben:<br />
Nämlich, genau das,<br />
was bereits da ist, zu vernetzen<br />
<strong>und</strong> gemeinschaftlich mit<br />
klarem Fokus auf die Sache<br />
„<strong>Spiel</strong>raum“ zum Erfolg zu<br />
führen. Mögliche wirtschaftliche<br />
Gewinne werden wieder in<br />
Projekte dieser Art investiert.<br />
<strong>Spiel</strong>raumpaten – Partner für<br />
spielerisches Engagement.<br />
100 | Recht<br />
heits- <strong>und</strong> Schutzbedürfnis gemeinschaftlich in<br />
unseren Städten wieder herzustellen? Gemeinschaftlich<br />
deshalb, da jeder in diesem Prozess<br />
seine ganz eigenen Wünsche <strong>und</strong> Bedürfnisse<br />
hat. Und diese gilt es zu berücksichtigen.<br />
Und bezogen auf die lokale Wirtschaft heißt<br />
das: Welchen Beitrag kann <strong>und</strong> will sie mit<br />
ihren lokalen Betrieben leisten, damit vor allem<br />
das gesunkene Investitionsvolumen in den<br />
Kommunen kein Hemmnis bei der <strong>Spiel</strong>raumplanung<br />
bleibt, sie gleichzeitig aber davon einen<br />
Nutzen hat?<br />
Die Antwort lautet: Engagement der Wirtschaft<br />
im <strong>Spiel</strong>raumbereich in all den nur denkbaren<br />
Formen im Sinne einer menschenfre<strong>und</strong>lichen<br />
Stadtgestaltung <strong>und</strong> -belebung.<br />
Hier können vor allem lokale Firmen, die sich<br />
nachhaltig in ihrem direkten Umfeld engagieren,<br />
selbst dazu beitragen, die jeweilige Kommune<br />
als Wirtschaftsstandort zu stärken. Es ist<br />
quasi eine Hilfe zur Selbsthilfe, etwas, das man<br />
eigentlich nur aus dem sozialen Bereich kennt.<br />
Pilotprojekt <strong>Spiel</strong>bummel<br />
Wie das möglicherweise funktionieren kann,<br />
lassen Sie mich an einem Beispiel erläutern:<br />
„<strong>Spiel</strong>bummel“ – spielend einkaufen durch die<br />
Stadt“ (www.spielbummel.de). Dabei handelt es<br />
sich um ein ehrenamtlich koordiniertes Pilotprojekt<br />
engagierter Eltern zusammen mit der<br />
Stadtverwaltung <strong>und</strong> der lokalen Wirtschaft der<br />
Kreisstadt Mettmann in Nordrhein-Westfalen<br />
im Sommer 2010 mit dem festen Glauben an<br />
Erfolg.<br />
Der samstägliche Markt in der w<strong>und</strong>erschönen<br />
historischen Oberstadt dieser Kommune ist<br />
mehr oder weniger tot. Die Stimmung bei den<br />
Marktbeschickern <strong>und</strong> Einzelhändlern nähert<br />
sich dem Nullpunkt. Ein paar Wenige wollen<br />
noch durchhalten. Dennoch, der Markt scheint<br />
kurz vor dem Aus zu stehen. Die Parkplatzsituation<br />
in unmittelbarer Nähe ist alles andere<br />
als optimal. Das holprige - wenn auch w<strong>und</strong>erschöne<br />
- alte Kopfsteinpfl aster macht den<br />
Zugang zur Oberstadt für Rollator- <strong>und</strong> Buggyschieber<br />
sehr beschwerlich.<br />
Gleichzeitig ist dieser Ort unter der Woche ein<br />
beliebter <strong>Spiel</strong>raum gerade für Eltern mit kleinen<br />
Kindern. Mit der historischen Kirche im<br />
Zentrum <strong>und</strong> den umrahmenden Fachwerkhäusern<br />
drumherum, bietet er den notwendigen<br />
Schutz <strong>und</strong> damit die Sicherheit zum <strong>Spiel</strong>en,<br />
genau das, was sich heutige Eltern für ihre<br />
Kinder wünschen. Und was sie brauchen, um<br />
einen unbeschwerten, entspannten Familie-<br />
neinkaufsbummel zu genießen. Wiederum regt<br />
diese Häuserkulisse die Fantasie <strong>und</strong> Abenteuerlust<br />
der Kinder an.<br />
Da kommt einer engagierten Mutter <strong>und</strong> Unternehmerin<br />
aus dem Netzwerk der örtlich ehrenamtlich<br />
organisierten <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>paten Anfang<br />
Mai 2010 die Idee, genau hier anzusetzen. Denn<br />
das Wochenende <strong>und</strong> damit der Samstagsmarkt<br />
bietet gerade für Familien mehr Zeit für Kommunikation<br />
<strong>und</strong> zum Verweilen. Die Oberstadt<br />
als Ort des Einkaufs, der Kommunikation, der<br />
sozialen Begegnung könnte als sicherer, gleichzeitig<br />
jedoch „abenteuerlicher“ <strong>Spiel</strong>ort angesehen<br />
<strong>und</strong> beworben werden.<br />
Potenzial in Vorhandenem entdecken<br />
Kurzentschlossen setzt sich die Ideengeberin<br />
mit mir zusammen. Es wird ein Kurzkonzept erstellt<br />
<strong>und</strong> an den Bürgermeister geschickt. Der<br />
Ansatz scheint interessant zu sein, zumal bereits<br />
andere bestehende Gedanken damit verb<strong>und</strong>en<br />
werden können, <strong>und</strong> wird umgehend an die lokale<br />
Wirtschaftsförderung weitergeleitet. Gemeinschaftlich<br />
wird in kürzester Zeit die Marke<br />
„<strong>Spiel</strong>bummel“ kreiert, es werden drei spielerische<br />
Motti für zunächst drei Termine formuliert<br />
<strong>und</strong> beworben. Die <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>paten stellen ein<br />
kostenfreies Kinderprogramm (Spenden erwünscht)<br />
passend zum jeweiligen Thema auf<br />
die Beine. Marktbeschicker <strong>und</strong> Einzelhändler<br />
werden mit einbezogen, in dem man sie einlädt,<br />
sich mit attraktiven Aktionen <strong>und</strong>/oder speziellen<br />
Angeboten zu beteiligen. Engagement <strong>und</strong><br />
Kreativität in eigener Sache ist gefragt. Jeder<br />
kann seine eigenen Stärken einbringen.<br />
Und bereits Ende Mai merkt man<br />
deutlich: Es kommt etwas in Gang.<br />
Einzelhändler setzen sich zusammen, überlegen<br />
etwaige gemeinsame Aktionen <strong>und</strong> Marktbeschicker<br />
sponsern u. a. die Zutaten von Teilen<br />
des ersten Kinderprogramms: Äpfel für die eigene<br />
Apfelsaftherstellung. Es wird der „BER-<br />
GER Citytransfer“ ins Leben gerufen, die Idee<br />
des ortsansässigen Reiseveranstalters BERGER<br />
Reisen, dessen Kernaussage „Ohne Koffer tragen<br />
in den Urlaub fahren“ ist. Übertragbar auf<br />
den <strong>Spiel</strong>bummel kann man diese Kompetenz<br />
so einbringen: Vor allem älteren Menschen -<br />
aber auch Familien mit Kindern - eine „clevere“<br />
Mobilität zu einem Festpreis anbieten - sie von<br />
zu Hause abholen, zum Markt bringen, wieder<br />
nach Hause zurückfahren <strong>und</strong> damit ein wichtiges<br />
Bedürfnis, ein wichtiger Teil der Gemeinschaft<br />
während des Marktes zu sein, befriedigen.
Was das für die städtische Gemeinschaft bedeutet,<br />
muss ich hier wohl nicht genauer erläutern.<br />
Zusammenfassend heißt das nichts anderes als:<br />
Potenzial in Vorhandenem entdecken 4 .<br />
Im Erfolgsfall könnte der <strong>Spiel</strong>bummel ausgebaut<br />
werden <strong>und</strong> sich so in spielerischer,<br />
menschenfre<strong>und</strong>licher Art <strong>und</strong> Weise positiv<br />
auf die ganze Innenstadt auswirken. Speziell in<br />
Mettmann könnte aufgr<strong>und</strong> der beschriebenen<br />
Parameter der Samstagsmarkt zu einer besonderen<br />
touristischen Attraktion werden. Denn,<br />
abgesehen von den attraktiven Angeboten <strong>und</strong><br />
Aktionen, ist es vor allem das Engagement <strong>und</strong><br />
die Begeisterung der lokalen Akteure in eigener<br />
Sache, die ansteckend sind. Macht dies doch<br />
eine Stadt besonders <strong>und</strong> nicht so leicht kopierbar.<br />
Vielleicht entsteht daraus eine Art „Familiencent“,<br />
ein Fonds, damit gemeinschaftliche<br />
Projekte dieser Art auch von der koordinatorischen<br />
<strong>und</strong> organisatorischen Seite in Zukunft<br />
bezahlt werden können <strong>und</strong> weitere Ideen umgesetzt<br />
werden können.<br />
Wirtschaft für die Menschen<br />
Ist das etwas Neues? Nein, nicht wirklich. Aber<br />
vielleicht der Ansatz, aus dem speziell dieses<br />
Pilotprojekt entstanden ist, scheint noch nicht<br />
allzu verbreitet zu sein: Wirtschaft für die Menschen<br />
<strong>und</strong> nicht umgekehrt.<br />
Zurück zum <strong>Spiel</strong>bummel:<br />
Es könnte also sein, dass die Eltern als engagierte<br />
Bürger dieser Stadt mit dem <strong>Spiel</strong>bummel<br />
eine skalierbare Möglichkeit für Kommunen<br />
<strong>und</strong> Stadtteile entwickelt haben, mit einem<br />
spielerischen Ansatz die lokale Wirtschaft anzukurbeln.<br />
Dies vor allem ganz einfach durch die Vernetzung<br />
der lokalen Akteure mit den unterschiedlichen<br />
Kenntnissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten<br />
<strong>und</strong> Bedürfnissen im Sinne der Sache, in diesem<br />
speziellen Beispiel, den Samstagsmarkt gemeinschaftlich<br />
wieder nach Vorne zu bringen.<br />
Ganz im Sinne einer Wirtschaft für den Menschen<br />
<strong>und</strong> nicht umgekehrt. Und es muss nur<br />
jemanden geben, der damit anfängt, es einfach<br />
macht <strong>und</strong> versucht.<br />
Der Prozess an sich bewirkt auf alle Fälle, dass<br />
die unterschiedlichsten Menschen miteinander<br />
ins Gespräch kommen <strong>und</strong> sich vernetzen. Und<br />
wer weiß, was das alles noch an Folgeideen generieren<br />
kann <strong>und</strong> wird. Sind es doch alle lokalen<br />
Akteure aus den Bereichen Politik, Verwaltung,<br />
Kirchen, Wirtschaft <strong>und</strong> Ehrenamt <strong>und</strong><br />
damit die Bürger <strong>und</strong> Familien einer Stadt, mit<br />
„Die wahre Entdeckung besteht nicht darin, Neuland zu<br />
fi nden, sondern die Dinge mit neuen Augen zu sehen“<br />
ihrer Krea-<br />
Marcel Proust<br />
tivität <strong>und</strong><br />
ihrem Ideenreichrum,<br />
die die Lebendigkeit einer Gemeinschaft ausmachen.<br />
Sie sind es, die in diesen schwierigen<br />
wirtschaftlichen Zeiten des demografi schen<br />
Wandels entscheidend zur Zukunftsfähigkeit<br />
beitragen werden. Und das kann man meiner<br />
Meinung nach gar nicht genug fördern.<br />
Marktplatz der Möglichkeiten: <strong>Spiel</strong>raum<br />
als nachhaltiger Wirtschaftsraum<br />
Überträgt man dieses „<strong>Spiel</strong>bummelmodell“ auf<br />
mögliches Engagement im <strong>Spiel</strong>raumbereich<br />
an sich, dann ergeben sich daraus die folgende<br />
Nutzen für die lokale Wirtschaft:<br />
1. Gerade die ortsansässigen Unternehmer <strong>und</strong><br />
Mitarbeiter sind an der Attraktivierung des<br />
jeweiligen <strong>Spiel</strong>raumes interessiert. Sie können<br />
gemeinsam mit ihren Familien direkt<br />
daran teilnehmen <strong>und</strong> davon profi tieren.<br />
2. Lässt man die Unternehmen <strong>und</strong> Mitarbeiter<br />
selbst mitplanen, -gestalten <strong>und</strong> gegebenenfalls<br />
auch mitbauen, entsteht eine hohe<br />
Identifi kation mit dem gestalteten <strong>Spiel</strong>raum,<br />
was langfristig das Vandalismusrisiko<br />
senkt.<br />
3. Bindet man die Unternehmen <strong>und</strong> Mitarbeiter<br />
z. B. als Paten an den entstanden <strong>Spiel</strong>raum,<br />
ist eine Nachhaltigkeit gesichert.<br />
4. Die investierte Zeit, das Geld <strong>und</strong> das Engagement<br />
setzen Zeichen in der unmittelbaren<br />
Umgebung. Nachahmer werden folgen.<br />
Mittelfristig profi tieren beide Seiten – Wirtschaft<br />
<strong>und</strong> Soziales - von einer Zusammenarbeit:<br />
die Einrichtungen durch ein verbessertes<br />
Angebot, das sie durch das fi nanzielle Engagement<br />
der Firmen realisieren können <strong>und</strong> die<br />
Unternehmen durch einen Imagegewinn. Dies<br />
sowohl nach außen als auch nach innen, bei<br />
den eigenen Mitarbeitern 5 .<br />
Nicola Hengst-Gohlke<br />
1. <strong>Spiel</strong>-Platz ist überall<br />
Lebendige Erfahrungswelten mit Kindern<br />
planen <strong>und</strong> gestalten<br />
Udo Lange, Thomas Stadelmann, Herder, 3.<br />
Aufl age, 1996<br />
2. Die bespielbare Stadt, Die Rückeroberung des<br />
öffentlichen Raumes<br />
Bernhard Meyer, SHAKER VERLAG, 2009<br />
3. Vgl. Umfrage bei allen Kommunen mit mehr als<br />
100.000 Einwohnern, die der B<strong>und</strong>esverband<br />
für Freiraumgestaltung (BFG) 2009 durchgeführt<br />
hat (FreeLounge 4/2009, S. 111).<br />
4. Kopf schlägt Kapital. Die ganz andere Art, ein<br />
Unternehmen zu gründen. Von der Lust ein<br />
Entrepreneur zu sein.<br />
Günter Faltin, Carl Hanser Verlag München,<br />
2008, 6. Aufl age Vgl.<br />
5. ABA Fachverband Offene Arbeit mit Kindern<br />
<strong>und</strong> Jugendlichen e.V., Unternehmenskooperation<br />
im ABA Fachverband,<br />
www.aba-fachverband.org<br />
Links<br />
» www.spielraumpaten.de<br />
Recht | 101
Klein <strong>und</strong> stark:<br />
BFG zieht Bilanz<br />
Er ist noch kein Jahr alt – <strong>und</strong> hat schon viel bewirkt: Der BFG,<br />
B<strong>und</strong>esverband für Freiraum-Gestaltung e.V., hielt im Mai seine<br />
erste Jahreshauptversammlung im Westerwald ab.<br />
Erster Vorsitzender Benno Schäfer <strong>und</strong> zweiter Vorsitzender Dr. Michael Winkelmüller berichten<br />
von den Aktivitäten des BFG in 2009 <strong>und</strong> 2010.<br />
Verbandsbürgermeister Bernd Benner<br />
gab interessante Einblicke in die Arbeit<br />
der Kommunen.<br />
102 | Verband<br />
Klaus Kaiser, beratendes Mitglied des<br />
Vorstandes, moderierte die inspirierende<br />
Veranstaltung.<br />
Im Juli 2009 traten die Gründer an, um als Ergänzung<br />
der vorhandenen, aber auf einzelne<br />
Freiraumaspekte spezialisierten Verbände einen<br />
Verband zu etablieren, der alle Belange des öffentlichen<br />
Freiraums betrifft: Der BFG kümmert<br />
sich um alle Fragen r<strong>und</strong> um <strong>Spiel</strong>plätze, Jugendtreffpunkte,<br />
Sportplätze, Stadtplätze mit<br />
Bodengestaltung, Beleuchtung, Brunnen <strong>und</strong><br />
Stadtmobiliar, außerdem um Kultur im öffentlichen<br />
Raum genauso wie um planerische Aspekte<br />
sowie Themen wie die Anlage <strong>und</strong> Pfl ege<br />
öffentlichen Grüns.<br />
Branchenübergreifendes<br />
Kompetenznetzwerk<br />
Der BFG ist kein reiner Herstellerverband, sondern<br />
vernetzt Architekten, Planer, Landschaftsgärtner,<br />
Designer, Steuerberater <strong>und</strong> Rechtsanwälte,<br />
um für Kommunen interessante Services<br />
<strong>und</strong> Kontakte bereitzustellen. In diesem Sinne<br />
repräsentierte die Zusammensetzung der Teilnehmer<br />
an der Jahreshauptversammlung genau<br />
diesen Gedanken des Kompetenznetzwerks: So<br />
waren Vertreter einiger Hersteller von <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>geräten<br />
<strong>und</strong> Stadtmobiliar genauso anwesend<br />
wie Unternehmer aus den Bereichen<br />
kommunale Entsorgung <strong>und</strong> Personaldienstleistung,<br />
außerdem der Fachanwalt <strong>und</strong> Free-<br />
Lounge-Gastautor Dr. Michael Winkelmüller,<br />
das Redaktionsteam der FreeLounge sowie ein<br />
Steuerberater von der auf Kommunen spezialisierten<br />
Steuerberaterkanzlei Dr. Dornbach &<br />
Partner. Als Gast gab Bernd Benner, Verbandsbürgermeister<br />
der Verbandsgemeinde Dierdorf<br />
im Westerwald interessante Einblicke in die<br />
Herausforderungen, mit denen Kommunen sich<br />
auseinandersetzen müssen.
Der B<strong>und</strong>esverband für Freiraum-Gestaltung wächst <strong>und</strong> gedeiht: Die derzeitigen Mitglieder stammen aus Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Hessen,<br />
Baden-Württemberg, Thüringen <strong>und</strong> Mecklenburg-Vorpommern. Man traf sich am 20. Mai 2010 zur ersten Jahreshauptversammlung im Westerwald.<br />
BFG schafft konkrete Mehrwerte<br />
Die Stärke des Verbandes ist seine Schlagkraft<br />
durch kurze Entscheidungswege: So<br />
wurde innerhalb des Jahres eine Webseite für<br />
den Verband gestaltet <strong>und</strong> Broschürenmaterial<br />
entwickelt, zahlreiche Gespräche führten<br />
zu Vernetzungen <strong>und</strong> Kooperationen mit z. B.<br />
dem Deutschen Kinderhilfswerk <strong>und</strong> Messegesellschaften.<br />
Erste Gespräche wurden zudem<br />
mit dem Deutschen Städtetag aufgenommen.<br />
Auch die erfolgreichen Messepräsenzen auf<br />
der FSB in Köln <strong>und</strong> der Freispiel Berlin gehörten<br />
zur Habenseite der Bilanz. Wichtig ist dem<br />
Verband, durch das Kompetenznetzwerk aus<br />
verschiedenen Branchen konkrete Mehrwerte<br />
für Kommunen auf die Beine zu stellen <strong>und</strong><br />
nicht als Selbstzweck zu existieren: So wurde<br />
2009 bereits eine Umfrage bei allen Kommunen<br />
mit mehr als 100.000 Einwohnern zum<br />
Thema „Hindernisse in der <strong>Spiel</strong>raumplanung“<br />
durchgeführt <strong>und</strong> die Ergebnisse auf der FSB<br />
in Köln <strong>und</strong> der Freispiel vorgestellt. Auf der<br />
Freispiel in Berlin war der BFG gemeinsam mit<br />
dem Deutschen Kinderhilfswerk für das Rahmenprogramm<br />
der Messe verantwortlich. Die<br />
Studie 2009 brachte vor allem zutage, dass<br />
eines der größten Hindernisse für Investitionen<br />
in <strong>Spiel</strong>plätze der Faktor Lärm ist (FreeLounge<br />
berichtete). Inzwischen beschäftigte sich auch<br />
das Magazin Stern mit dem Thema. Die Zusammenarbeit<br />
mit den großen Zeitungsredaktionen<br />
Deutschlands zeigt eindrucksvoll, dass der BFG<br />
den richtigen Weg eingeschlagen hat, Themen<br />
gemeinsam mit den Entscheidern in Städten<br />
<strong>und</strong> Gemeinden zu erarbeiten. Überdies überzeugt<br />
das redaktionelle Konzept der FreeLounge<br />
als Fachmagzin mit echten Mehrwerten.<br />
Neue Studie wird auf der GaLaBau<br />
vorgestellt<br />
Derzeit ist die nächste BFG-Studie in Arbeit:<br />
325 Kommunen werden telefonisch dazu befragt,<br />
welche Mittel ihres Haushaltes sie zu<br />
welchen Teilen für welche Bereiche der des<br />
öffentlichen Freiraums investieren. Die Ergebnisse<br />
werden im September auf der GaLaBau in<br />
Nürnberg vorgestellt.<br />
Finanzierung, Leasing <strong>und</strong> Dienstleistungen<br />
für Kommunen<br />
Da Fragen der Finanzierung in den Kommunen<br />
immer brisanter werden, hat sich der Verband<br />
für 2010/2011 vorgenommen, in Kooperation<br />
mit den Mitgliedern aus Recht <strong>und</strong> Steuerberatung<br />
neuartige Finanzierungsmodelle für die<br />
öffentliche Hand auszuarbeiten. Neben Leasingangeboten<br />
sieht der BFG beispielsweise große<br />
Einsparpotenziale durch die Verlagerung von<br />
Wartungsaufwand auf Hersteller oder spezialisierte<br />
Dienstleister, die nicht nur günstiger sind<br />
als das Bauhofpersonal, sondern auch besser<br />
geschult, was z. B. die TÜV-Normen angeht.<br />
Alles in allem kann sich das Ergebnis dieses ersten<br />
Arbeitsjahres sehen lassen – darin waren<br />
sich alle Teilnehmer der Jahreshauptversammlung<br />
einig. Und freuen sich über weitere Mitstreiter<br />
aus den Kommunen <strong>und</strong> ihren Interessenvertretungen,<br />
aus Architektur <strong>und</strong> Planung<br />
sowie der Industrie. Wer Interesse an einer<br />
Vollmitgliedschaft hat oder Netzwerkpartner<br />
werden möchte, fi ndet alle Informationen unter<br />
www.bv-freiraumgestaltung.de.<br />
Dagmar Thiemann<br />
„Natürlich muss angesichts<br />
der Situation der kommunalen<br />
Haushalte auch<br />
im öffentlichen Freiraum<br />
gespart werden. Ängste<br />
vor Sparmaßnahmen <strong>und</strong><br />
verödeten Innenstädten<br />
relativieren sich allerdings<br />
schnell, wenn man über<br />
die Grenzen sieht: Unser<br />
öffentliches Leben weist<br />
beispielsweise im Vergleich<br />
zu amerikanischen Verhältnissen<br />
noch immer eine<br />
unglaubliche kulturelle<br />
Vielfalt <strong>und</strong> einen enormen<br />
Reichtum in der Freiraum-<br />
Ausstattung auf. Mit dem<br />
Sparen <strong>und</strong> Jammern<br />
beginnen wir auf einem<br />
sehr hohen Niveau.“<br />
Benno Schäfer, Vorstand BFG,<br />
nach seiner Rückkehr von einem längeren<br />
USA-Aufenthalt im Mai 2010<br />
Verband | 103
Aufnahmeantrag<br />
Ich beantrage die Aufnahme in den B<strong>und</strong>esverband für Freiraum-Gestaltung e.V.<br />
104 | Recht<br />
B<strong>und</strong>esverband für Freiraum-Gestaltung e.V.<br />
Gewerbegebiet Larsheck<br />
56271 Kleinmaischeid<br />
Tel. 02689 9591-37<br />
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als ordentliches Mitglied* als Partner im Kompetenz-Netzwerk*<br />
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Mitgliedsbeitrag: 300 Euro/Jahr Mitgliedsbeitrag: 150 Euro/Jahr<br />
Die Vollmitgliedschaft umfasst folgende Leistungen:<br />
Teilnahme an Verbandsversammlungen<br />
Stimmrecht<br />
ermäßigte Rechtsberatung<br />
ermäßigte Seminarteilnahme<br />
Netzwerkinformationen via Internet & FreeLounge<br />
ermäßigte Konditionen bei Tivoli-Einträgen <strong>und</strong><br />
Anzeigenschaltungen<br />
kostenloses Abonnement der FreeLounge<br />
Unterstützung bei politischen Themen<br />
Werbung auf der Website des BFG<br />
Angaben zur Person<br />
Name<br />
Vorname<br />
Geburtstag <strong>und</strong> -ort<br />
Staatsangehörigkeit<br />
Zahlungsarten<br />
per Bankeinzug<br />
Datum/Firmenstempel/Unterschrift Datum/Unterschrift<br />
Bank<br />
per Rechnung<br />
Ich überweise den o.a. Betrag innerhalb von<br />
14 Tagen auf das Konto 30 120 827 bei der<br />
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Recht<br />
Finanzierung<br />
B<strong>und</strong>esverband für Freiraum-Gestaltung e.V.<br />
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Gemeinsam planen<br />
Eine Beteiligung von Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen ist noch immer keine Selbstverständlichkeit.<br />
Die Einbeziehung von Migrantenkindern fi ndet noch viel seltener<br />
statt. Über die Schwierigkeiten <strong>und</strong> Chancen der Integration bei Planungsprozessen.<br />
Kinder <strong>und</strong> Jugendliche sind eigenständige Persönlichkeiten<br />
mit vielfältigen Fähigkeiten. Ihre<br />
Beteiligung an Entscheidungen <strong>und</strong> Planungen,<br />
die sie betreffen, ist der Schlüssel zu einer demokratischen<br />
Gesellschaft. Diese Maxime sollte<br />
das Leitbild sowohl für staatliches als auch<br />
allgemein gesellschaftliches Handeln in ganz<br />
Deutschland sein. Eine gleichberechtigte Partizipation<br />
von Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen fi ndet<br />
im Alltag jedoch nur selten statt, obwohl die<br />
Wichtigkeit ihrer Mitwirkung zumindest in den<br />
Fachkreisen der Kinder- <strong>und</strong> Jugendpolitik <strong>und</strong><br />
einem Teil der Öffentlichkeit erkannt worden<br />
ist.<br />
Wenn wir uns die an vielen Stellen unzureichende<br />
Beteiligung von Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen<br />
im Alltagsgeschäft nun genauer anschauen,<br />
stellen wir eins fest: In vielen Bereichen der<br />
Jugendhilfeplanung, der <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>gestaltung<br />
oder der Stadtplanung – um nur einige Beispiele<br />
zu nennen – fi ndet die Einbeziehung von<br />
Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen mit Migrationshintergr<strong>und</strong><br />
sogar noch seltener statt. Das wirft<br />
zwei Fragen auf, nämlich warum das so ist <strong>und</strong><br />
ob das zwangsläufi g so sein muss.<br />
Politische <strong>und</strong> soziale Bedingungen<br />
Bei der Beteiligung von Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen<br />
mit Migrationshintergr<strong>und</strong> müssen insbesondere<br />
im kommunalen Kontext eine Reihe<br />
von Gr<strong>und</strong>bedingungen beachtet werden. Die<br />
Sicht auf Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten – gleich<br />
welchen Alters – wird ganz wesentlich beeinfl<br />
usst durch die politischen Diskussionen der<br />
letzten Jahre <strong>und</strong> Jahrzehnte um die richtigen<br />
Konzepte hinsichtlich Zuwanderung <strong>und</strong> Integration.<br />
Diese Debatten haben maßgeblich dazu<br />
geführt, dass Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten sozial<br />
als Fremde gesehen werden, denen allein<br />
schon deswegen mit Misstrauen begegnet wird.<br />
Die Rechts- <strong>und</strong> Sozialgeschichte zeigt, dass<br />
Personen mit Migrationshintergr<strong>und</strong> seit jeher<br />
Uwe Kamp<br />
ist Referent für Kinderpolitik<br />
beim Deutschen Kinderhilfswerk<br />
in Berlin. Der Politikwissenschaftler<br />
mit dem<br />
Schwerpunkt Migrations- <strong>und</strong><br />
Integrationspolitik hat mehrere<br />
Jahre als B<strong>und</strong>esgeschäftsführer<br />
des Jugendverbandes<br />
djo-Deutsche Jugend in Europa<br />
gearbeitet, der junge Zuwanderer<br />
bei ihrer Integration in<br />
die b<strong>und</strong>esdeutsche Gesellschaft<br />
unterstützt. Dabei ging<br />
es auch um eine Synthese der<br />
methodischen Ansätze der Jugendarbeit<br />
Deutschlands <strong>und</strong><br />
der Herkunftsgebiete.<br />
Verband | 105
106 | Verband<br />
als bedrohlich oder gar gefährlich empf<strong>und</strong>en<br />
werden <strong>und</strong> ihr Aufenthalt vorwiegend unter<br />
Sicherheitsaspekten <strong>und</strong> weniger unter Integrationsaspekten<br />
geregelt wurde.<br />
Zu beachten ist darüber hinaus die soziale<br />
Lage vieler Migrantenkinder: Vorschulkinder<br />
ohne deutschen Pass sind überproportional von<br />
Einkommensarmut betroffen sind. So ist die<br />
Armutsquote im Vorschulalter bei ihnen mit<br />
über 40% mehr als doppelt so hoch wie bei den<br />
deutschen Kindern. Der prozentuale Anteil von<br />
Ausländern an den Sozialhilfeempfängern liegt<br />
wesentlich höher als ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung.<br />
Bemerkenswert ist dabei, dass<br />
mehr als die Hälfte der ausländischen Sozialhilfeempfänger<br />
jünger als 30 Jahre ist. Zudem<br />
zeigen bislang vorliegende Studien übereinstimmend,<br />
dass Kinder ausländischer Herkunft<br />
gegenüber deutschen Kindern im Schulsystem<br />
strukturell benachteiligt sind <strong>und</strong> wesentlich<br />
schlechtere Bildungsabschlüsse erreichen.<br />
Hinzu kommen Erfahrungen alltäglicher Diskriminierungen<br />
von Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten,<br />
die das Bild der Migrantenkinder von unserer<br />
Gesellschaft ganz wesentlich prägen. So ist ein<br />
russischer, türkischer oder anderer Akzent oft<br />
ausreichend, um die Wohnung nicht angemietet,<br />
den Ausbildungsplatz, die Arbeitsstelle oder<br />
den günstigen Geschäftskredit nicht zu bekommen.<br />
Bei den Spätaussiedlern liegt das Problem auf<br />
einer weiteren Ebene: Sie fühlen sich als Einwanderer<br />
<strong>und</strong> als Deutsche zugleich. Das führt<br />
gerade bei den Jugendlichen zu einer schwierigeren<br />
Identitätssuche als bei anderen Jugendlichen.<br />
Die Gleichsetzung mit anderen Zuwanderern<br />
wird hier als Kränkung gesehen. Auf<br />
diese reagieren viele mit Abschottung <strong>und</strong> dem<br />
Zurückziehen in das eigene, vertraute Milieu.<br />
Hier wird man als das akzeptiert, was man ist:<br />
Deutscher <strong>und</strong> Einwanderer zugleich. Projekte<br />
zur Beteiligung von Spätaussiedlerjugendlichen<br />
müssen auf diese Besonderheit reagieren <strong>und</strong><br />
besondere Konzepte <strong>und</strong> Methoden für die Arbeit<br />
entwickeln.<br />
Konsequenzen für Beteiligungsverfahren<br />
Um den hiermit geschilderten Hintergr<strong>und</strong>faktoren<br />
gerecht werden zu können, müssen Angebote<br />
zur Beteiligung von Migrantenkindern auf<br />
die daraus resultierenden speziellen Bedürfnisse<br />
abgestimmt sein. Multikulturelle Vielfalt in<br />
einer Gesellschaft erfordert auch die Akzeptanz<br />
von Ethnizität, die sich artikulieren kann. Das<br />
bedeutet, dass Beteiligungsangebote sich auf<br />
kulturspezifi sche Methoden <strong>und</strong> Vermittlungsformen<br />
stützen sowie in einigen Fällen auch in<br />
den Familiensprachen der jeweiligen Migranten<br />
angeboten werden müssen.<br />
Zudem gilt es, die spezifi schen Beweggründe<br />
jugendlicher Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten für<br />
die Teilnahme an bzw. ehrenamtliches Engagement<br />
bei Veranstaltungen oder Projekten<br />
zur Beteiligung zu berücksichtigen. Bei vielen<br />
dieser Jugendlichen steht das Gruppenerlebnis<br />
stärker im Vordergr<strong>und</strong> als bei vergleichbaren<br />
deutschen Jugendlichen. Das muss auch bei<br />
der Methodik der Arbeit mit Migrantenjugendlichen<br />
beachtet <strong>und</strong> bedacht werden. Jugendliche<br />
<strong>und</strong> junge Erwachsene, die im Rahmen<br />
des Familiennachzugs, als Spätaussiedler oder<br />
Flüchtlinge in die B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland<br />
eingewandert sind, sind aus ihren Herkunftsländern<br />
andere Formen der Projektarbeit gewöhnt.<br />
Hier müssen die Verantwortlichen interkulturell<br />
geschult werden, um Missverständnisse jenseits<br />
sprachlicher Grenzen zu verhindern.<br />
So wird in der deutschen Gesellschaft bei der<br />
Beteiligung, beispielsweise in Planungsverfahren,<br />
an vielen Stellen auch an der Schnittstelle<br />
Staat-Bürger ein partizipativer Umgang „auf<br />
Augenhöhe“ gepfl egt, bei dem durch kritisches<br />
Nachfragen <strong>und</strong> Diskutieren an Lösungen gearbeitet<br />
wird. In vielen Kulturkreisen ist an dieser<br />
Schnittstelle aber eher ein Verhältnis mit hoher<br />
Machtdistanz zu beobachten. Nachfragen<br />
oder gar Kritisieren vor anderen untergräbt<br />
diesen hierarchischen Unterschied <strong>und</strong> gilt als<br />
respektloses Verhalten. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong><br />
erscheint eine Person, die ihre Meinung zur Diskussion<br />
stellt oder sich kritisieren lässt, als eher<br />
inkompetent <strong>und</strong> ihrer Aufgabe nicht gewachsen.<br />
Deshalb benötigen die Verantwortlichen<br />
ein breites Handlungsrepertoire. Während im<br />
westlichen Kulturkreis Methoden der Selbstdarstellung,<br />
Selbstkonfrontation oder Selbstentfaltung<br />
in Feedback-R<strong>und</strong>en, Rollenspielen<br />
etc. gängige <strong>und</strong> gewünschte Verfahren sind,<br />
können sie in Gesellschaften, die weniger individualistisch<br />
<strong>und</strong> eher gruppenorientiert denken,<br />
intensive Schamgefühle auslösen. Hier sind<br />
eher klar strukturierte, mehr auf die Sache <strong>und</strong><br />
weniger auf persönliche Einstellungen, Vorlieben<br />
<strong>und</strong> Neigungen zielende Methoden der Beteiligung<br />
notwendig.<br />
Beim Einsatz von Materialien ist zu beachten,<br />
dass Menschen auf dem Hintergr<strong>und</strong> ihrer<br />
kulturellen Sozialisation spezifi sche Wahrnehmungsmuster<br />
ausbilden. Dies äußert sich z.B.<br />
in Tabus <strong>und</strong> Vorstellungen, was in einem Bild
oder einer Abbildung dargestellt werden darf.<br />
Anfällig für Missverständnisse sind humoristische<br />
Zeichnungen, wie z.B. Karikaturen <strong>und</strong><br />
Cartoons, deren häufi g ironisierende <strong>und</strong> überspitzte<br />
Botschaft nicht verstanden wird <strong>und</strong> in<br />
der Steigerung auch als Beleidigung empf<strong>und</strong>en<br />
werden kann.<br />
Deutsche werden von vielen Migrantinnen <strong>und</strong><br />
Migranten als sehr sachorientierte Menschen<br />
gesehen, die Kontakt nicht ohne Gr<strong>und</strong> suchen.<br />
Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> werden Deutsche aus<br />
der Sicht von Menschen, die eher beziehungsorientiertes<br />
Denken gewohnt sind <strong>und</strong> ihre<br />
Gesprächspartner erst einmal persönlich kennenlernen<br />
wollen, häufi g als kalt, distanziert,<br />
abweisend <strong>und</strong> wenig aufgeschlossen wahrgenommen.<br />
Sie reagieren unter Umständen mit<br />
Enttäuschung, Rückzug <strong>und</strong> Abwehr. Dies wiederum<br />
kann bei Deutschen eine Gegenreaktion,<br />
z.B. Abwendung oder Abwertung auslösen. Hier<br />
ist also ein „mit der Tür ins Haus fallen“ kontraproduktiv<br />
<strong>und</strong> eine entsprechende „Aufwärmphase“<br />
notwendig.<br />
Für die Verantwortlichen in der Projektarbeit<br />
mit Migranten ist auch zu beachten, dass gerade<br />
Kinder <strong>und</strong> Jugendliche, die als Migranten<br />
in die B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland gekommen<br />
sind, deutschen Jugendorganisationen oft mit<br />
großem Misstrauen gegenübertreten. Die Gründe<br />
hierfür sind vor allem in der Sozialisation<br />
der Kinder <strong>und</strong> Jugendlichen zu suchen. Viele<br />
Jugendorganisationen oder -institutionen in<br />
den Herkunftsländern sind staatlich oder halbstaatlich<br />
<strong>und</strong> von daher in der Wahrnehmung<br />
eher negativ besetzt. Zudem kommen viele Migranten<br />
aus Ländern, in denen demokratische<br />
Strukturen nicht unbedingt eine lange Tradition<br />
haben.<br />
Empfehlungen<br />
Beteiligungsverfahren, die Migrantinnen <strong>und</strong><br />
Migranten mit einbeziehen mögen in den bisherigen<br />
Ausführungen als schwierige Aufgabe<br />
erscheinen. An vielen Stellen, vor allem wenn es<br />
um größere <strong>und</strong>/oder homogene Gruppen geht,<br />
ist das auch so. Gleichwohl muss die Beteiligung<br />
von Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen mit Migrationshintergr<strong>und</strong><br />
an den sie betreffenden Entscheidungen<br />
als Herausforderung angenommen werden,<br />
da wir nur so eine echte <strong>und</strong> effi ziente Form<br />
der Partizipation aller gesellschaftlichen Gruppen<br />
erreichen können. Ein erster Schritt ist es,<br />
sich der unterschiedlichen sozialen Bedingungen<br />
bewusst zu sein <strong>und</strong> kulturelle Ausgangslagen<br />
in der Beteiligungsmethodik zu berück-<br />
sichtigen.<br />
Wichtig ist<br />
es zudem,<br />
mit den<br />
Selbstorganisationen<br />
der Migrantinnen<br />
<strong>und</strong> Migranten<br />
eng zusammen<br />
zu arbeiten. So haben<br />
sich neben den klassischen<br />
deutschen Jugendverbänden<br />
Organisationen von Migrantenjugendlichen<br />
etabliert, die als Ansprechpartner<br />
dienen können. Daneben<br />
gibt es in vielen Kommunen interkulturelle<br />
Begegnungs- <strong>und</strong> Beratungszentren, die mit<br />
Rat <strong>und</strong> Tat zur Seite stehen können. Außerdem<br />
ist die Ausbildung von Verantwortlichen<br />
hinsichtlich interkultureller Kompetenzen von<br />
entscheidender Bedeutung. Die diesbezüglichen<br />
Fortbildungsangebote müssen von deutschen<br />
Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeitern aufgr<strong>und</strong><br />
der Interkulturalität der Gesellschaft also noch<br />
stärker als bisher wahrgenommen werden.<br />
Kinder <strong>und</strong> Jugendliche ohne Migrationshintergr<strong>und</strong><br />
können bei der Beteiligung keine Stellvertretung<br />
für Migrantenkinder übernehmen.<br />
Wir müssen Abschied nehmen vom Verständnis<br />
einer migrationsneutralen Politik: In fast allen<br />
Lebensbereichen bestehen Unterschiede in der<br />
Lebensrealität von Menschen mit <strong>und</strong> Menschen<br />
ohne Migrationshintergr<strong>und</strong>. Daher ist die Annahme<br />
von migrationsneutralen Entscheidungen<br />
irreführend <strong>und</strong> bedeutet in der Regel eine<br />
verdeckte, selbstverständliche Übertragung der<br />
bisherigen „deutschen“ Sicht- <strong>und</strong> Vorgehensweisen<br />
auf andere Bevölkerungsgruppen.<br />
Kinder <strong>und</strong> Jugendliche mit Migrationshintergr<strong>und</strong><br />
verfügen über kulturelle, sprachliche <strong>und</strong><br />
religiöse Potenziale aus verschiedenen Kulturen<br />
<strong>und</strong> Gesellschaften – denen ihrer eigenen Herkunftskultur<br />
bzw. der Herkunftskultur von Eltern<br />
oder Großeltern. Diese Potenziale gilt es nicht<br />
als Risiko, sondern als Chance zu begreifen,<br />
um gemeinsam mit Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen<br />
mit Migrationshintergr<strong>und</strong> die b<strong>und</strong>esdeutsche<br />
Gesellschaft des 21. Jahrh<strong>und</strong>erts zu gestalten.<br />
Die Beteiligung dieser Kinder <strong>und</strong> Jugendlichen<br />
ist dazu ein essentieller Baustein.<br />
Uwe Kamp<br />
Verband | 107
SICHERHEIT<br />
108 | Tivoli<br />
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Vorschriften.<br />
Corocord hat sich selbst dazu verpfl ichtet, weltweit einzigartige<br />
Raum- <strong>und</strong> Flächennetze anzubieten: mit hohem ästhetischem<br />
Reiz, hohem <strong>Spiel</strong>wert <strong>und</strong> langer Nutzungsdauer. Das ist keine<br />
einfache Aufgabe. Aber solche Herausforderungen sind uns<br />
wichtig <strong>und</strong> wir nehmen sie jeden Tag von neuem an.<br />
– <strong>Spiel</strong>- <strong>und</strong> Sportgeräte<br />
– Fallschutzplatten<br />
– drehbare Kletterbäume<br />
– Parkmobiliar<br />
– H<strong>und</strong>etoiletten<br />
Entwicklung, Herstellung <strong>und</strong> Vertrieb von:<br />
– <strong>Spiel</strong>geräten aus Stahl<br />
– Stadtmobiliar <strong>und</strong> Tischtennistischen aus Beton<br />
– Bodensystemen<br />
– Zubehör<br />
– <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>geräte<br />
– Public Design<br />
– eigene <strong>Spiel</strong>geräteherstellung<br />
– Vertrieb<br />
– Montage<br />
– Service für Reinigung <strong>und</strong> Wartung<br />
– Komplettausstattung<br />
– Kompetenz in Qualität, <strong>Spiel</strong>wert <strong>und</strong> Sicherheit<br />
Tivoli | 109
SPIEL- UND SPORTGERÄTE, PUBLIC DESIGN<br />
HST-<strong>Spiel</strong>geräte GmbH & Co. KG<br />
110 | Tivoli<br />
HUSSON INTERNATIONAL GRUPPE<br />
Abenteuer <strong>Spiel</strong>plätze<br />
Indoor/Outdoor<br />
Kaiser & Kühne <strong>Freizeit</strong>geräte GmbH<br />
Durch Qualität – mehr Freude am <strong>Spiel</strong><br />
KINDERLAND<br />
Emsland <strong>Spiel</strong>geräte<br />
Klettermax GmbH<br />
<strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>geräte <strong>und</strong> <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>einrichtungen<br />
KOMPAN GmbH<br />
<strong>Spiel</strong>geräte, Multisportanlagen,<br />
Parkmöbel, Planung, Montage <strong>und</strong> Service,<br />
Indoor-<strong>Spiel</strong>möbel<br />
KuKuk GmbH<br />
Planen <strong>und</strong> Realisieren von <strong>Spiel</strong>-,<br />
Bewegungs- <strong>und</strong> Erfahrungsräumen<br />
playparc-neospiel GmbH<br />
<strong>Spiel</strong>gerätehersteller<br />
Ing. Phillipp<br />
GmbH & Co. KG<br />
<strong><strong>Spiel</strong>platz</strong> von<br />
A wie Abenteuergeräte<br />
bis Z wie Zubehör<br />
Weyerberg 5<br />
D-35614 Aßlar-Berghausen<br />
info@hst-spielgeraete.de<br />
www.hst-spielgeraete.de<br />
Tel. +49 (0) 6443 8198-0<br />
Fax +49 (0) 6443 8198-20<br />
Route de l’Europe BP1<br />
F-68650 Laputroie<br />
husson@husson.eu<br />
www.husson.eu<br />
www.husson.de<br />
Tel. +33 (0) 3 89 47 56 56<br />
Fax +33 (0) 3 89 47 26 03<br />
Im Südloh 5<br />
D-27324 Eystrup<br />
info@kaiser-kuehne-play.com<br />
www.kaiser-kuehne-play.com<br />
Tel. +49 (0) 4254 9315-0<br />
Fax +49 (0) 4254 9315-24<br />
ESF Emsland <strong>Spiel</strong>- <strong>und</strong><br />
<strong>Freizeit</strong>geräte GmbH & Co. KG<br />
Thyssenstraße 7<br />
49744 Geeste-Dalum<br />
kinderland@emsland-spielgeraete.de<br />
www.emsland-spielgeraete.de<br />
Tel. +49 (0) 5937 97189-0<br />
Fax +49 (0) 5937 97189-90<br />
Gewerbegebiet<br />
D-19374 Domsühl<br />
info@klettermax-gmbh.de<br />
www.spielplatzgeraete.de<br />
Tel. +49 (0) 38728 20012<br />
Fax +49 (0) 38728 20017<br />
Raiffeisenstraße 11<br />
D-24941 Flensburg<br />
kompan.gmbh@kompan.com<br />
www.kompan.com<br />
Tel. +49 (0) 4617 7306-0<br />
Fax +49 (0) 4617 7306-35<br />
Rosenwiesstraße 17<br />
D - 70567 Stuttgart<br />
spielraum@zumkukuk.de<br />
www.zumkukuk.de<br />
Tel. +49 (0) 711 342 155 - 0<br />
Fax +49 (0) 711 342 155 - 20<br />
A-4872 Neukirchen an der Vöckla<br />
obra@obra.at<br />
www.obra.at<br />
Tel. +43 7682 2162-0<br />
Fax +43 7682 2165<br />
VERTRIEB IN DEUTSCHLAND<br />
(Informationen im Internet)<br />
Teutonia 9<br />
Borlinghausen<br />
D-34439 Willebadessen<br />
info@playparc.de<br />
www.playparc.de<br />
Tel. +49 (0) 5642 709-01<br />
Fax +49 (0) 5642 709-10<br />
Vertrieb von Seilspiel- <strong>und</strong> <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>geräten, außerdem Ballfangnetzanlagen<br />
<strong>und</strong> Sportnetze <strong>und</strong> -seile aller Art<br />
<strong>Spiel</strong>geräte für Kinderspielplätze, Stadtmobiliar<br />
<strong>Freizeit</strong>anlagen für Jugendliche, Tribünen<br />
Bei der Planung <strong>und</strong> Gestaltung von <strong>Freizeit</strong>geräten für alle<br />
Altersgruppen gehen wir von Erfahrungen aus, die wir seit vielen<br />
Jahren mit Entwürfen <strong>und</strong> Bau zahlreicher Großspielanlagen in<br />
<strong>Freizeit</strong>parks im In- <strong>und</strong> Ausland sammeln konnten.<br />
– <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>einrichtungen<br />
– individuelle <strong>Spiel</strong>objekte<br />
– Barrierefreie <strong>Spiel</strong>geräte<br />
– <strong>Freizeit</strong>anlagen<br />
– Parkeinrichtungen<br />
<strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>geräte <strong>und</strong> <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>einrichtungen<br />
Ihr Partner <strong>und</strong> Spezialist, wenn es um <strong>Spiel</strong>geräte <strong>und</strong><br />
<strong>Spiel</strong>raumplanung geht.<br />
Einzigartiges Design, erstklassige Qualität, exzellenter Service,<br />
kompetente Beratung <strong>und</strong> Know-how zeichnen uns aus.<br />
Wir geben Räumen Bedeutung <strong>und</strong> erfüllen sie mit Leben.<br />
Mit Strukturen, Materialien <strong>und</strong> Farbe gliedern wir Orte, damit<br />
sich Menschen darin entfalten können. Da jeder von uns gestaltete<br />
Raum individuell konzipiert, geplant <strong>und</strong> gebaut wird, entstehen<br />
jedes Mal einzigartige Raumerfahrungen <strong>und</strong> Objekte.<br />
<strong>Spiel</strong>, Bewegung <strong>und</strong> Sinneserfahrung sind zentrale Inhalte<br />
unseres Schaffens.<br />
<strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>geräte in Kiefer, chromfrei druckimprägniert oder farbig,<br />
nach dem OBRA-Farbkonzept oder in Lärche natur.<br />
<strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>geräte, Skateboardanlagen, Klettergeräte,<br />
Multisportanlagen, Schwimmbadgeräte, Fitnessgeräte
SPIEL- UND SPORTGERÄTE, PUBLIC DESIGN<br />
Holzbau Quappen GmbH & Co. KG<br />
DINOstarke <strong>Spiel</strong>ideen<br />
für außen <strong>und</strong> innen<br />
Parkgestaltung<br />
Brücken <strong>und</strong> Lärmschutzwände<br />
Individueller Holzbau<br />
Gartenholz<br />
Ravensburger <strong>Freizeit</strong>- <strong>und</strong><br />
Promotion-Service GmbH<br />
Erlebniswelten für Kinder <strong>und</strong> Familien<br />
– Standard-<strong>Spiel</strong>module <strong>und</strong> individuelle Konzepte<br />
Richter <strong>Spiel</strong>geräte GmbH<br />
Die Sicherheit. Die Qualität. Das Original.<br />
R&T STAINLESS A/S<br />
Innovations 4 Play<br />
<strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>komponenten aus Edelstahl<br />
SPOGG Sport-Güter GmbH<br />
<strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>geräte<br />
smb Seilspielgeräte GmbH Berlin<br />
in Hoppegarten<br />
stilum GmbH<br />
<strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>geräte <strong>und</strong> Public Design-Produkte<br />
Seilfabrik Ullmann<br />
Handelsniederlassung Bremen GmbH<br />
<strong>Spiel</strong>geräte<br />
ZIMMER.OBST GmbH<br />
Individuelle <strong>Spiel</strong>raumgestaltung<br />
Industriestraße<br />
D-49751 Sögel<br />
info@quappen-holzbau.de<br />
www.quappen-holzbau.de<br />
Tel. +49 (0) 5952 9311-0<br />
Fax +49 (0) 5952 9311-50<br />
Am Hangenwald 1<br />
D-88074 Meckenbeuren/Liebenau<br />
info-rfp@ravensburger.de<br />
www.ravensburger.de<br />
www.rfp-ravensburger.de<br />
Tel. +49 (0) 7542 400350<br />
Fax +49 (0) 7542 400101<br />
Simsseestraße 29<br />
83112 Frasdorf<br />
info@richter-spielgeraete.de<br />
www.richter-spielgeraete.de<br />
Tel. +49 (0) 8052 17980<br />
Fax +49 (0) 8052 4180<br />
Holsbjergvej 42<br />
DK 2620 Albertsl<strong>und</strong><br />
Dänemark<br />
info@rt-stainless.com<br />
www.rt-stainless.com<br />
Tel. +45 39563473<br />
Fax +45 39692384<br />
Schulstraße 27<br />
D-35614 Aßlar-Berghausen<br />
spogg@hally-gally-spielplatzgeraete.de<br />
www.hally-gally-spielplatzgeraete.de<br />
Tel. +49 (0) 6443 811262<br />
Fax +49 (0) 6443 811269<br />
Handwerkerstraße 7<br />
D-15366 Hoppegarten<br />
info@smb-seilspielgeraete.de<br />
www.smb-seilspielgeraete.de<br />
Tel. +49 (0) 3342 302015<br />
Fax +49 (0) 3342 302016<br />
Gewerbegebiet Larsheck<br />
D-56271 Kleinmaischeid<br />
info@stilum.de<br />
www.stilum.de<br />
Tel. +49 (0) 2689 92790-0<br />
Fax +49 (0) 2689 92790-29<br />
Am Rönnebecker Hain 1<br />
D-28777 Bremen<br />
info@seilfabrik-ullmann.de<br />
www.seilfabrik-ullmann.de<br />
Tel. +49 (0) 421 69038-8<br />
Fax +49 (0) 421 69038-75<br />
Am Winkel 9<br />
D-15528 Spreenhagen<br />
spielraum@zimmerobst.de<br />
www.zimmerobst.de<br />
www.spielraumgestaltung.de<br />
Tel. +49 (0) 33633 69 89-0<br />
Fax. +49 (0) 33633 69 89-29<br />
Individuelle <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>anlagen, <strong>Spiel</strong>geräte <strong>und</strong> <strong>Spiel</strong>skulpturen aus<br />
Robinie <strong>und</strong> Lärche<br />
Montage-, Wartungs- <strong>und</strong> Reparaturarbeiten<br />
Einrichtungsbausätze zum Wohnen, Turnen, <strong>Spiel</strong>en <strong>und</strong> Gestalten<br />
von Kindergärten <strong>und</strong> Therapiebereichen<br />
Seit 1993 planen <strong>und</strong> entwickeln wir erfolgreich Markenwelten<br />
– vom Erlebnispfad bis zum kompletten <strong>Freizeit</strong>park. Von der<br />
Konzeption bis zur schlüsselfertigen Übergabe ist jedes Projekt<br />
auf die Ziele unserer K<strong>und</strong>en abgestimmt <strong>und</strong> deshalb einmalig.<br />
Gerne erstellen wir für Sie ein einzigartiges Konzept.<br />
Akustik <strong>und</strong> <strong>Spiel</strong><br />
Wasser <strong>und</strong> <strong>Spiel</strong><br />
Kind <strong>und</strong> <strong>Spiel</strong><br />
Bewegung durch Klettern<br />
Älter werden<br />
graubner<br />
<strong>Spiel</strong>stationen zur Entfaltung der Sinne<br />
Schaukelgelenke, Basketballkörbe, Sandkräne, Wippenlager, Einzelpunkt<br />
Schwingbeschläge, Seilbahnen mit Zubehör, Schaukelsitze<br />
<strong>und</strong> Rutschbahnen, viele mit Zertifi katen vom TÜV Produkt Service.<br />
Als Unternehmen mit großem Exportanteil sind wir bestrebt, fl exibel<br />
<strong>und</strong> schnell zu sein. Auch Sonderkonstruktionen sind möglich.<br />
<strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>geräte zum Drehen, Wippen <strong>und</strong> Klettern<br />
Trampoline<br />
Vogelnestschaukel<br />
Herstellung von Seilspiel- <strong>und</strong> <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>geräten:<br />
– Raumnetze – Sport- <strong>und</strong> <strong>Freizeit</strong>geräte<br />
– Flächennetze – Bolzplatztore „citytor –das Original“<br />
– Netztunnel – Seil-Zusatzelemente für <strong>Spiel</strong>geräte<br />
– Trampolin – Ballfang-Seilnetzzäune<br />
– Karussells<br />
– Seilbrücken<br />
– SIPA-Seilsitze<br />
Innovative <strong><strong>Spiel</strong>platz</strong>geräte <strong>und</strong> Public Design-Produkte<br />
aus Stahl <strong>und</strong> Edelstahl<br />
– eigenständiges <strong>und</strong> durchgängiges Design<br />
– hochwertig verarbeitet<br />
– wartungsarm <strong>und</strong> langlebig<br />
– kostengünstig in Preis <strong>und</strong> Unterhalt<br />
Fallschutzsysteme nach EN 1177<br />
Drehbare KLettertürme, Kletternetze, Kletterpyramiden,<br />
Nestschaukeln, Seilbrücken, Sonderanfertigungen,<br />
aus USACORD Long-life unzerschneidbar<br />
- Spezialist für individuelle Planung von <strong>Spiel</strong>anlagen<br />
- kompetente Beratung<br />
- Herstellung in eigener Werkstatt<br />
- Montage durch eigenes Fachpersonal<br />
- Geprüfte Sicherheit nach EN 1176/77<br />
Tivoli | 111
ZULIEFERER<br />
SONSTIGE<br />
112 | Tivoli<br />
Seilerei Prutz GmbH<br />
Seilspielgeräte für Kinderspielplätze<br />
Netze für Industrie, Sport <strong>und</strong> <strong>Freizeit</strong><br />
Drahtseile, Seilerwaren<br />
VERBÄNDE<br />
Verband Deutscher Hallenspielplätze<br />
Redeker Sellner Dahs<br />
Rechtsanwälte<br />
Moderne Dienstleistung. Umfassende Expertise.<br />
Spezialisierung.<br />
Und Erfahrung seit 1929.<br />
johnen-druck GmbH & Co. KG<br />
Impressum<br />
Fachliche, wirtschaftliche & politische<br />
Interessenvertretung für Betreiber,<br />
Gerätehersteller <strong>und</strong> Dienstleister der Branche<br />
Herausgeber:<br />
freizeit&spiel Verlagsgesellschaft<br />
Gewerbegebiet Larsheck, 56271 Kleinmaischeid<br />
Telefon: +49 (0) 2689 9591-37<br />
Telefax: +49 (0) 2689 9591-38<br />
www.free-lounge.de | www.free-lounge.com<br />
Erscheinungsweise:<br />
vierteljährlich<br />
Chefredaktion:<br />
Dr. Anke Münster (V.i.S.d.P.)<br />
E-Mail: chefredaktion@free-lounge.de<br />
E-Mail: info@free-lounge.de<br />
Anzeigenleitung:<br />
TÜV Media GmbH<br />
Gudrun Karafi ol-Schober<br />
E-Mail: gudrun.karafi ol@de.tuv.com<br />
z. Zt. gilt die Anzeigenpreisliste vom 1. Januar 2010<br />
DTP, Bildredaktion: Maike Söltl (verantwortlich)<br />
Redaktion: Lutz Keißner, Dagmar Thiemann<br />
Titelfoto: terrain / Hubertus Hamm, München<br />
Gerichtstand: Montabaur<br />
Druckaufl age: 5.000 Exemplare international<br />
Druck: Johnen Druck GmbH,Bernkastel-Kues<br />
Jahresabonnement: (4 Ausgaben)<br />
Euro 30,– (inkl. Porto)<br />
Wittenberger Straße 89<br />
D-06905 Bad Schmiedeberg<br />
info@seilerei-prutz.de<br />
www.seilerei-prutz.de<br />
Tel. +49 (0) 34925 70392<br />
Fax +49 (0) 34925 70155<br />
Sandtorkai 74<br />
D-20457 Hamburg<br />
kontakt@my-vdh.de<br />
Tel. +49 (0) 40 822232-33<br />
Fax +49 (0) 40 822232-39<br />
Geschäftsführer: Ubbo Voss<br />
Mobil: +49 (0) 160 94712821<br />
Hauptsitz:<br />
Mozartstraße 4–10<br />
D - 53115 Bonn<br />
bonn@redeker.de<br />
www.redeker.de<br />
Tel.: +49 (0) 228 72625-0<br />
Fax: +49 (0) 228 72625-99<br />
Bornwiese<br />
D-54470 Bernkastel-Kues<br />
info@johnen-gruppe.de<br />
www.johnen-gruppe.de<br />
Tel. +49 (0) 6531 509-0<br />
Fax. +49 (0) 6531 509-49<br />
Copyright:<br />
freizeit&spiel Verlagsgesellschaft mbH. Nachdruck,<br />
auch auszugsweise, nur mit schriftlicher<br />
Genehmigung des Verlages. Terminveröffentlichungen<br />
kostenlos, aber ohne Gewähr. Keine<br />
Haftung bei unverlangt eingesandten Manuskripten.<br />
Namentlich gekennzeichnete Berichte<br />
<strong>und</strong> Artikel geben nicht unbedingt die Meinung<br />
der Redaktion wieder.<br />
Quellennachweise:<br />
Editorial: Richter <strong>Spiel</strong>geräte GmbH (S. 3, Mitte);<br />
Coolemotion.Schuttelaar (S. 3 unten)<br />
Inhalt: Burri AG (S. 4, 5)<br />
Top Thema: Marc Wendland - Fotolia.com (S.<br />
6), Patkau Architects (S. 8 oben), Stadt Zürich<br />
(S. 8 unten), terrain / Hubertus Hamm, München<br />
(S. 10 oben), Studio Noach (S. 9), Christian<br />
Schwager, RKP (S. 10 Mitte, unten), Atelier Le<br />
Balto (S. 11 hinten), Roland Halbe / ARTUR<br />
IMAGES (S. 11 oben), Apur (S. 11 unten), Hanns<br />
Joosten (S. 12 oben), TOPOTEK1 (S. 12 unten,<br />
S. 13), Barbara Bohle, Kindgerechte Lebensräume<br />
(S. 14), Stadt Hohenems (S. 16), Herbert<br />
Raffalt (S. 18, 20 oben), freiland ZT-GmbH (S.<br />
19, 20), Forschungsgesellschaft Mobilität FGM,<br />
Graz (S. 21 – 23), IRAP Institut für Raumentwicklung,<br />
Rapperswil (S. 24 – 28), Universität für<br />
Bodenkultur, Wien (S. 29 – 31), Ayuntamiento<br />
de Madrid. Area de Gobierno de Urbanismo<br />
y Vivienda. Direccion General de Proyectos<br />
Singulares (S. 33), Richter <strong>Spiel</strong>geräte GmbH<br />
(S. 32, 34 rechts, unten), Dobrick, West8 (S. 34<br />
links), Proludic GmbH (S. 36), Carmela Bogena<br />
(S. 37 oben), Grupo Ramos (S. 37 links), Johann<br />
Helgi (S. 37 rechts)<br />
Seilspielgeräte:<br />
Netze, Brücken, Schaukelkörbe, Hängematten, Klettertaue,<br />
Sonderanfertigungen <strong>und</strong> Seilerwaren nach K<strong>und</strong>enwunsch<br />
Der VDH versteht sich als Serviceunternehmen für seine Mitglieder,<br />
vertritt ihre Interessen, schafft ihnen Wettbewerbsvorteile <strong>und</strong><br />
macht sich stark für deren wirtschaftlichen Erfolg.<br />
Hierzu gehören im Einzelnen:<br />
– Information & Erfahrungsaustausch durch regelmäßige Treffen,<br />
Newsletter, Homepage, Workshops, Tagungen, Messen<br />
– Einkaufsvorteile durch Rahmenverträge mit Herstellern,<br />
Lieferanten, Dienstleistern, Versicherern, u.v.m<br />
– Beratung, Schulung, Marktanalysen<br />
– Interessenvertretung bei Politik, Berufsgenossenschaften, GEMA,<br />
TÜV, GEZ, u.v.m. – Medien- & Öffentlichkeitsarbeit<br />
– Qualitätssiegel & Klassifi zierung – u.v.m.<br />
Full-Service in Berlin | Bonn | Brüssel | Leipzig | London.<br />
Mit etwa 80 Rechtsanwälten bieten wir unseren Mandanten<br />
kompetente, praxisnahe Unterstützung. Komplexe Projekte<br />
betreuen wir mit interdisziplinären Teams <strong>und</strong> beraten mit<br />
fachübergreifendem Spezialwissen.<br />
Vertrauen zwischen Anwalt <strong>und</strong> Mandant steht bei uns an<br />
erster Stelle.<br />
Bogenoffsetdruckerei mit Vorstufe, Veredelungstechniken,<br />
Weiterverarbeitung <strong>und</strong> Lettershop.<br />
Herstellung <strong>und</strong> Distribution von Drucksachen wie Flyern,<br />
Broschüren, Katalogen, Magazinen, Zeitschriften, Postern, etc.<br />
Report: LGS Hemer/Tölke (S. 38), Landesgartenschau<br />
Bad Essen 2010 GmbH (S. 40 oben), Landesgartenschau<br />
Hemer (S. 40 Mitte), Landesgartenschau<br />
Aschersleben 2010 GmbH (S. 40 unten), Landesgartenschau<br />
Rosenheim 2010 GmbH (S. 41), Landesgartenschau<br />
Villingen-Schwenningen (S. 42), facadeprinter.org<br />
(S. 43), Planungsbüro Dittrich (S. 44 - 45),<br />
skate-aid (S. 47 rechts, S. 48), Marc Zanger (S. 46, S.<br />
47 links)<br />
Gesellschaft: www.kolelinia.com (S. 50 – 52), Günther<br />
Serafi n (S. 44 – 46)<br />
Herstellerportrait: boerplay.com (S. 60 – 62)<br />
Best Practice: Kukuk GmbH (S. 63), Burri AG (S. 64,<br />
65); Atelier Dreiseitl (S. 66, 67); Kukuk GmbH (S. 68,<br />
69)<br />
<strong>Spiel</strong>raum: Jörg Kraus (S. 70 – 73)<br />
Kunst: Roman Mensing (S. 80, 20, 84 rechts), Piet<br />
Oudolf <strong>und</strong> Eelco Hooftman (GROSS.MAX) (S. 83);<br />
N55 (S. 84 links), Coolemotion.Schuttelaar, Hessel<br />
Waale Wijn (S. 85)<br />
Wettbewerb: Stoss Landscape Urbanism (LU) Boston<br />
(S. 88), Callwey Verlag (S. 89 oben), nonconform<br />
architektur vor ort, wien (S. 89 unten)<br />
Messe: GaLaBau 2010 (S. 90 – 93), fafoutis - Fotolia.<br />
com (S. 93)<br />
Recht/Verband: shutterstock (S. 94), Vlad - Fotolia.<br />
com (S. 99), Ludwig Keißner (S. 102 – 103), Franz<br />
Pfl uegl - Fotolia.com (S. 105), lekcets - Fotolia.com<br />
(S. 107)<br />
Entdeckt! (S. 114): m<strong>und</strong>raub.org, Klaus Beer (Fernwehpark);
Messetermine 2010<br />
15. bis 18. September 2010<br />
GaLaBau 2010<br />
19. Interantionale Fachmesse<br />
Urbanes Grün <strong>und</strong> Freiräume<br />
www.galabau.info-web.de<br />
Kontakt: NürnbergMesse GmbH<br />
Herr Stefan Dittrich (Projektreferent)<br />
Messezentrum · 90471 Nürnberg<br />
Tel.: 0911 8606-8169<br />
www.galabau.info-web.de<br />
16. bis 17. Februar 2011<br />
KOMCOM NORD<br />
Die Fachmesse für den Public-Sektor<br />
Messe Hannover<br />
Kontakt: KOMCOM Messe GmbH<br />
Tel.: 0681 95427-0<br />
komcom@komcom.de<br />
www.komcom.de<br />
16. bis 17. März 2011<br />
public 10<br />
Zukunft Kommune<br />
Fachmesse für Stadtplanung <strong>und</strong><br />
öffentliche Raumgestaltung<br />
Kontakt: public Messe GmbH<br />
Tel.: 0621 70019-0<br />
info@public10.de<br />
www.public10.de<br />
03. bis 04. Mai 2011<br />
KOMCOM SÜD<br />
Die Fachmesse für den Public-Sektor<br />
Messe Karlsruhe<br />
Kontakt: KOMCOM Messe GmbH<br />
Tel.: 0681 95427-0<br />
komcom@komcom.de<br />
www.komcom.de<br />
VORSCHAU<br />
Top Thema: Licht in der Stadt<br />
Inszenierung der Städte durch Licht, Lichtkonzepte für <strong>Spiel</strong>plätze <strong>und</strong> Aufenthaltsräume,<br />
technische <strong>und</strong> gestalterische Gesichtspunkte, Sicherheitskonzepte, Energiesparkonzepte<br />
Wir stellen vor: Medienfassaden, Beleuchtungsfi rmen,<br />
Anbieter von Beleuchtung für den Außenbereich<br />
Gartenschauen 2010<br />
24. April bis 3. Oktober 2010<br />
Landesgartenschau Bad Nauheim<br />
Kontakt: Landesgartenschau<br />
Bad Nauheim 2010 GmbH<br />
Sprudelhof 11 · 61231 Bad Nauheim<br />
Tel.: 06032 92699-0<br />
landesgartenschau2010@bad-nauheim.de<br />
www.landesgartenschau-bad-nauheim.de<br />
24. April bis 10. Oktober 2010<br />
Landesgartenschau Aschersleben<br />
Kontakt: Landesgartenschau<br />
Aschersleben 2010 GmbH<br />
Markt 1 · 06449 Aschersleben<br />
Tel.: 03473 226670<br />
info@landesgartenschau-aschersleben.de<br />
www.landesgartenschau-aschersleben.de<br />
23. April bis 17. Oktober 2010<br />
Landesgartenschau Bad Essen<br />
Kontakt: Landesgartenschau Bad Essen 2010<br />
GmbH<br />
Am Freibad 5 · 49152 Bad Essen<br />
Tel.: 05472 8158970<br />
info@landesgartenschau-badessen.de<br />
www.landesgartenschau-badessen.de<br />
17. April bis 24. Oktober 2010<br />
Landesgartenschau Hemer<br />
Kontakt: Landesgartenschau<br />
Hemer 2010 GmbH<br />
Ostenschlahstraße 60 · 58675 Hemer<br />
Tel.: 02372 5506-0<br />
info@landesgartenschau-hemer.de<br />
www.landesgartenschau-hemer.de<br />
23. April bis 3. Oktober 2010<br />
Landesgartenschau Rosenheim<br />
Kontakt: Landesgartenschau<br />
Rosenheim 2010 GmbH<br />
Schönfeldstraße17 · 83022 Rosenheim<br />
Tel.: 08031 9010880<br />
info@rosenheim2010.de<br />
www.rosenheim2010.de<br />
12. Mai bis 10. Oktober 2010<br />
Landesgartenschau<br />
Villingen-Schwenningen<br />
Kontakt: Landesgartenschau Villingen-<br />
Schwenningen 2010 GmbH<br />
Neckarstraße 32<br />
78056 Villingen-Schwenningen<br />
Tel.: 07720 822500<br />
lgs@lgs-vs2010.de<br />
www.lgs-vs2010.de<br />
t e r m i n e<br />
Inhalt | 113
Entdeckt!<br />
Obstressourcen nutzen: www.m<strong>und</strong>raub.org<br />
Jedes Jahr verfaulen tonnenweise Äpfel, Kirschen <strong>und</strong> Pfl aumen in verlassenen Gärten <strong>und</strong> langen Obstbaumalleen, die sich<br />
zahlreich in den östlichen B<strong>und</strong>esländern fi nden. Und das, während man über die Finanzierung von Schulobst diskutiert. Ganz<br />
absurd wird es, wenn bedenkt, dass die umwelt- <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitsbewusste Klientel im Bioladen gleichzeitig Bioäpfel aus Argentinien<br />
einkauft, statt im öffentlichen Freiraum zu pfl ücken. Ein Team aus fünf jungen Menschen hatte die Idee, diese öffentlichen<br />
Obstbäume online zu kartografi eren <strong>und</strong> damit M<strong>und</strong>raub salonfähig zu machen: Sie stellen die Webseite www.m<strong>und</strong>raub.org<br />
ins Netz. Dort können User Standorte von Obst, Kräutern, Beeren, Nüssen <strong>und</strong> verarbeitenden Betriebe wie Mostereien<br />
anmelden oder fi nden.<br />
Der Rat für Nachhaltigkeit der B<strong>und</strong>esregierung hat das Potenzial der Idee erkannt <strong>und</strong> das Projekt zur Jahreskonferenz Ende<br />
2009 als eines der besten 12 Vorschläge der Ideenplattform „Mission Sustainability“ ausgezeichnet.<br />
114 | Vermischtes<br />
Fernwehpark Deutschland – „Signs of fame“<br />
Seit r<strong>und</strong> 10 Jahren hat die Stadt Hof an der Saale<br />
eine Attraktion, wie es sie nur noch ein zweites<br />
Mal weltweit gibt: einen ständig wachsenden Park<br />
mit Orts-, Straßen- <strong>und</strong> Hinweisschildern aus aller<br />
Herren Länder. Inspiriert von dem “Sign Post Forest”<br />
in Watson Lake, einem kleinen Ort in den unendlichen<br />
Wäldern Yukons, hat sich das europäische Pendant<br />
mittlerweile zu einem sehenswerten Schilderpark entwickelt<br />
– <strong>und</strong> zu einem viel beachteten Friedensprojekt.<br />
Das Projekt wird bislang von über 300 Prominenten<br />
unterstützt, indem sie eigene Starschilder für<br />
Frieden <strong>und</strong> die Gleichbehandlung aller Menschen<br />
signieren. Die Anfahrt ist natürlich gut ausgeschildert.<br />
» www.fernweh-park.de
Living Industries<br />
Sicherheit ist selbstverständlich –<br />
Entwicklung ist Fortschritt<br />
Conradi+Kaiser GmbH<br />
Gewerbegebiet Larsheck | 56271 Kleinmaischeid<br />
Tel. 02689 9580-0 | Fax 02689 9580-50<br />
info@conradi-kaiser.de | www.conradi-kaiser.de
Sicherheit.<br />
Richter<br />
<strong>Spiel</strong>geräte GmbH<br />
83 112 Frasdorf · Telefon 0 80 52/1 79 80 · Fax 0 80 52/41 80 · www.richter-spielgeraete.de<br />
Kletterstrukturen<br />
Aus handgearbeiteten, unregelmäßigen<br />
R<strong>und</strong>hölzern zusammengefügte Kletterstrukturen<br />
integrieren sich durch ihren<br />
formalen Ausdruck sehr gut in ein stark<br />
geprägtes Umfeld.<br />
Auf kleinem Raum können viele Kinder<br />
spielen, auch plötzlich auftretender<br />
starker <strong>Spiel</strong>druck wird von der Struktur<br />
aufgefangen <strong>und</strong> in einen fließenden<br />
<strong>Spiel</strong>rhythmus umgewandelt.<br />
Neben Klettern, Höhe erleben, sinnliche<br />
Erfahrung an Händen <strong>und</strong> Füßen machen,<br />
dient sie als ein schöner Sitzplatz zum<br />
Ausruhen <strong>und</strong> Beobachten.<br />
Unsere <strong>Spiel</strong>angebote fördern die<br />
Entstehung von Körpersicherheit <strong>und</strong><br />
selbstsicherndem Schutzverhalten.<br />
Die Wahl des Originals<br />
sichert Qualität.