Leben im Barock - Landesmuseum Niederösterreich
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D uftnoten<br />
Niederösterreich <strong>im</strong> <strong>Barock</strong><br />
Nachdem was wir jetzt wissen, war das<br />
<strong>Barock</strong>zeitalter für den größten Teil<br />
der Menschen die damals lebten, eine<br />
schreckliche Zeit. Es war vor allem eine<br />
Zeit, in der das Schicksal eines Menschen<br />
bereits durch die Geburt entschieden<br />
wurde. Wenn man nicht in den richtigen<br />
„Stand“ hineingeboren wurde, war man<br />
von Anfang an chancenlos.<br />
Zu diesen bedrückenden <strong>Leben</strong>sverhältnissen<br />
der Masse der Menschen kamen<br />
in dieser Zeit <strong>im</strong>mer wieder die lebensbedrohenden<br />
Kriege und Seuchen.<br />
In Österreich war dies die ständige militärische<br />
Bedrohung durch die Türken –<br />
sie standen 1683 vor Wien und St. Pölten<br />
– und das <strong>im</strong>mer wiederkehrende Auftreten<br />
der Pest. 1717 endete aber dann die<br />
Bedrohung durch die Türken, weil sie Prinz<br />
Eugen geschlagen hatte und 1716 trat<br />
die Pest das letzte Mal in Österreich auf.<br />
Ah ja, ich wollte euch ja noch einiges<br />
über die damaligen hygienischen Verhältnisse<br />
sagen.<br />
Die beiden ersten Stände, die hätten sich<br />
ja Badez<strong>im</strong>mer und Toiletten leisten können,<br />
doch sie legten keinen Wert darauf.<br />
Waschen und Baden war in der <strong>Barock</strong>zeit<br />
völlig aus der Mode gekommen. Sie vermieden<br />
das Waschen fast so, als ob Wasser<br />
und Seife die Krankheiten anziehen<br />
würden. Wurde einem Kranken von einem<br />
Arzt ein Bad verordnet, so sahen<br />
das viele schon fast als Todesurteil an.<br />
Stattdessen investierten sie ein Vermögen<br />
in Duftstoffe (Parfums) aller Art.<br />
Man parfümierte nicht nur den Körper,<br />
um den Schweißgeruch zu übertönen,<br />
sondern auch die Kleidungsstücke. Der<br />
Beruf des Parfumeurs war ganz hoch<br />
angesehen. Besonders beliebt waren<br />
Rosen- und Veilchenduft, sowie orientalische<br />
Duftstoffe.<br />
Dass sich bei solchen hygienischen Verhältnissen<br />
das Ungeziefer wohl fühlte, ist<br />
doch ganz klar. Läuse, Flöhe und Wanzen<br />
fühlten sich bei Menschen der <strong>Barock</strong>zeit<br />
sowohl <strong>im</strong> Gewand als auch unter den<br />
Perücken unhe<strong>im</strong>lich wohl. Um sie loszuwerden,<br />
trugen die Betroffenen unter<br />
ihrer Kleidung Flohfallen – das waren<br />
kleine, rundherum durchlöcherte Beutel<br />
aus Elfenbein. Die Flöhe sollten dann<br />
durch die Löcher in den Beutel fallen.<br />
Abb.13: Flohfalle, sogenanntes „Floh-EI“<br />
So konnten sie leicht entsorgt werden.<br />
Die meisten Flöhe und auch das andere<br />
Ungeziefer dachten aber gar nicht daran,<br />
in diese Fallen zu gehen und bissen<br />
kräftig zu, was natürlich einen Juckreiz Abb.14: Kratzzubehör und Flohfalle<br />
hervorrief. Um sich nun an den unter der<br />
Perücke und unter dem Gewand liegenden<br />
Stellen kratzen zu können, gab es<br />
wunderschöne – zumeist aus Elfenbein –<br />
gearbeitete Kratzstäbe mit denen man<br />
alle juckenden Stellen erreichen konnte.<br />
Es gab zwar in den Schlössern unzählige<br />
Räume in prunkvollster Ausstattung,<br />
aber meist keine Toiletten. Die Notdurft<br />
verrichtete man mit Hilfe eines Nacht-<br />
14 Abb.11: Kara Mustafa Pasha<br />
Abb.12: Habit de Parfumeur<br />
Abb.15: Floh<br />
15<br />
topfes, den man in jeden Raum mitnehmen<br />
konnte und wo man sich auch nicht<br />
genierte, ihn in Gesellschaft (vor Publikum)<br />
zu verwenden. Der Hofpfarrer von<br />
Ludwig XIV., Bourdaloue, hielt während<br />
der Messe oft stundenlange Predigten.<br />
Um die Messe nicht verlassen zu müssen,<br />
nahmen die Damen der adeligen Gesellschaft<br />
einen länglichen Nachttopf in die<br />
Kirche mit, der sinnigerweise Bourdaloue<br />
genannt wurde.