Leben im Barock - Landesmuseum Niederösterreich
Leben im Barock - Landesmuseum Niederösterreich
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DKinder zu bekommen war in diesen<br />
Zeiten für Mutter und Kind<br />
nicht ungefährlich. Viele Frauen<br />
starben oft nach der Geburt an<br />
Fieber und viele Kinder überlebten nicht<br />
ihre ersten <strong>Leben</strong>sjahre. Mein zweiter<br />
Sohn ist <strong>im</strong> Alter von 6 Jahren gestorben.<br />
Eine der gefürchteten Kinderkrankheiten<br />
war der Kinderkrampf, auch Fraisen genannt.<br />
Wir glaubten, dass diese Krankheit<br />
dadurch schon <strong>im</strong> Mutterbauch entstand,<br />
wenn wir werdende Mütter erschraken,<br />
uns fürchteten oder Kummer hatten. Da<br />
setzte man uns schon vor der Geburt eine<br />
Fraisenhaube auf, so sollte die Krankheit<br />
schon vor der Geburt des Kindes von diesem<br />
abgewendet werden. Bekam das<br />
Kind aber trotzdem diese Krankheit, dann<br />
setzte man auch ihm ein Fraisenhäubchen<br />
auf, oder hängte ihm ein geweihtes<br />
Medaillon oder eine Fraisenkette um.<br />
ie lieben Kinderlein<br />
In einer Vitrine hier <strong>im</strong> Schlafz<strong>im</strong>mer<br />
könnt ihr solche Sachen anschauen.<br />
Übrigens war die durchschnittliche<br />
<strong>Leben</strong>serwartung <strong>im</strong> 17. Jahrhundert<br />
23-25 Jahre und <strong>im</strong> 18. Jahrhundert 32<br />
Jahre. Wobei wegen des Geburtsrisikos<br />
damals die <strong>Leben</strong>serwartung der Männer<br />
höher als die der Frauen war. Ungefähr<br />
40 bis 50% aller Menschen starben<br />
damals bevor sie ihr 10. <strong>Leben</strong>sjahr erreichten.<br />
Ich kann euch ein Beispiel aus der Stadt<br />
Wien aus dem Jahr 1759 bringen: „In diesem<br />
Jahr starben in der Stadt Wien und<br />
den dazugehörigen Vorstädten 6.369<br />
Menschen. Davon waren 1.030 Mannspersonen,<br />
1.273 Weibspersonen, 2.051<br />
Knäbelein und 2.015 Mägdlein.“ Nicht<br />
ganz 2/3 der Verstorbenen waren also<br />
Kinder.<br />
Verheiratete Frauen hatten „nur“ das Risiko<br />
der Geburt vor Augen. Bekamen aber<br />
unverheiratete Frauen oder Mädchen ein<br />
Kind, dann hatte das für die Betroffenen<br />
schl<strong>im</strong>me Folgen, ihnen drohte die öffentliche<br />
Züchtigung. Dienstmägde verloren<br />
ihre Stellung, Bauern- und Handwerkstöchter<br />
wurden verstoßen, ihr zukünf-<br />
In diesem Raum ist natürlich auch ein<br />
Bett. Vielleicht wundert ihr euch, dass<br />
es nicht sehr groß ist, aber die Menschen<br />
dieser Zeit waren nicht sehr groß. Unsere<br />
Forscher haben nachgewiesen, dass<br />
die Größe der Menschen als Maß für<br />
die damaligen Gesundheitsverhältnisse<br />
und der Nahrungsmittelversorgungslage<br />
ist. Darum sind heute bei uns so viele<br />
Kinder schon so groß. Die Menschen der<br />
<strong>Barock</strong>zeit waren deshalb kleiner, weil<br />
der Gesundheitszustand und die <strong>Leben</strong>smittelversorgung<br />
sehr schlecht waren<br />
(wenig Hygiene, Hungersnöte).<br />
Die Wissenschaftler haben übrigens<br />
noch etwas entdeckt, das auch für euch<br />
interessant ist, nämlich eine Formel mit<br />
der ihr eure wahrscheinliche endgültige<br />
Größe berechnen könnt. Ich schreibe sie<br />
euch gerne auf. (unten)<br />
Halt, halt, ich habe was vergessen.<br />
In der Küche, der guten Stube und in<br />
der Schlafkammer hängen sogenannte<br />
Narrenbilder.<br />
tiges <strong>Leben</strong> verlief in Armut. Überlebte<br />
ein unehelich geborenes Kind, so hatte<br />
es auch kein gutes <strong>Leben</strong> vor sich, denn<br />
obwohl es ja nichts dafür konnte, wurde<br />
es verachtet. Um dieser Schande zu entgehen,<br />
haben Mütter oft ihre unehelichen<br />
Kinder umgebracht. Wurde ihnen diese<br />
Tötung nachgewiesen, so wurden diese<br />
Frauen genauso bestraft, als ob sie einen<br />
erwachsenen Menschen getötet hätten.<br />
Wieso hängen die da? Nun, es gibt da <strong>im</strong><br />
Volksmund eine Spruchweisheit: „Zuwenig<br />
oder zuviel, das ist des Narren<br />
Ziel“ und die kann man getrost auf die<br />
Menschen anwenden, die entweder wenig<br />
tun, faul sind oder die keine Grenzen<br />
mehr kennen, was häufig be<strong>im</strong> Sammeltrieb,<br />
den viele in sich haben, geschieht.<br />
Er wird zur Sammelwut und oft<br />
zu einer Sucht. Denkt nur an die „Messies“.<br />
Was aber diese Narrenbilder so interessant<br />
für uns macht, ist die Tatsache,<br />
dass sie uns einen sehr guten Einblick in<br />
das <strong>Leben</strong> <strong>im</strong> <strong>Barock</strong>zeitalter geben. Gut<br />
anschauen, ihr könnt viele interessante<br />
Dinge sehen.<br />
Abb.42: Kindernärrin<br />
Formel für Mädchen:<br />
(Größe des Vaters<br />
+ Größe der Mutter – 13) : 2<br />
Ganz einfach ausprobieren:<br />
Formel für Knaben:<br />
(Größe des Vaters<br />
+ Größe der Mutter +13) : 2<br />
32 Abb.39 & 40: Fraisenhaube & Fraisenkette<br />
Abb.41: Frühe Kindererziehung<br />
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