Hamburger Morgenpost Ausgabe vom 16.11.2014 (Vorschau)

Sonntag, 16. November 2014 SPORT III
Der smarte
In Nürnberg hatte sich Jogi
Löw auf einen ruhigen
Abend eingestellt. Doch
sein Team ärgerte ihn.
Jogi wird
zum Motzki
Löwwütet nach Auftrittgegen Gibraltar.Was wirdaus Podolski?
Foto:AP
Pünktlich zum Jahresabschluss zeigt
er Zähne. In ungewohnter Schärfe
kritisierte Jogi Löw seine Weltmeisternachdem
dürftigen 4:0 in der EM-
Qualifikation gegen Gibraltar. Der
Bundestrainer ließ mächtig Dampf
ab.InsbesondereMax Kruse und LukasPodolski
stehen nun unter seiner
besonderen Beobachtung.
Da saß ernun und knurrte mehr, als
dassersprach. So bedient, wie am spätenFreitagabend
in Nürnberghat man
Löw lange nicht mehr erlebt. Fast
schien es, als warteernur auf kritische
Fragen, um entsprechend antworten
zu können. Vier Treffergegen Gibraltar–nur
vier.Gegen einen Gegner,der
spielt Podolski wieder regelmäßig,
oder er läuftGefahr,bald nicht mehr
berufen zu werden. Immerhin: Der
FC Arsenal scheint bereit zu sein, ihn
im Winter abzugeben. Eine Ablöse
von fünf Millionen Euro soll im
Raum stehen, insbesondere GalatasarayIstanbul
zeigt Interesse.
gruppenübergreifend das kleinste
Ein Rüffel für die seine Stars und
Licht der EM-Qualifikation darstellt
schlechte Laune zum Jahresabschluss.
und vermutlich Probleme
hätte,inder
Jogi wird zum Motzki. Vielleicht
brauchte er dieses
Regionalliga Nord Vom Nationalteam berichtet
Ventil auch einfach
einen anständigen
mal, zu Vieles lief
Tabellenplatz zu
SIMON BRAASCH
in den vergangenen
Monaten nicht
erreichen. „Ich
s.braasch@mopo.de
bin nicht zufrie-
nach Wunsch –das
den“, bekräftigte
registrierte
der
Löw.„Ichhätte mir mehr Tore erhofft
und habe von meiner Mannschaft
mehr erwartet.“
Der smarte Jogi teilt aus. Und er
legtenach: „Von dem Einen oder Anderen
hätte ich mir in diesem Spiel
mehr erhofft! Mehr Torgefahr, mehr
Abschlüsse.“ Namen nannte der 54-
Jährige nicht, doch die Adressaten
seiner Botschaftdürften feststehen.
➤ Max Kruse, der in Gladbach eine
überragende Saison spielt, agierte
gegenGibraltar deutlich unter Form,
gewann nur 30 Prozent seiner Zwei-
Bundestrainer längst, ohne es allerdings
öffentlich anzusprechen. „Wir
stehen in der EM-Quali nicht da, wo
wir stehen wollten“, sagt er nach nur
sieben Punkten aus vier Spielen. Zudem
verletzten sich immer wieder
Spieler. Gegen Gibraltar fehlten aus
diesem Grund mit Schürrle, Hummels,
Schweinsteiger, Özil, Kramer
und Draxler sechs Weltmeister.
Und dennoch, Deutschland jammert
auf hohem Niveau, dessen ist
sich auch Löw bewusst. „Wir wussten,
dasswir nach der WM Probleme
kämpfe. Schlecht für den gebürtigen
bekommen würden“, resümierte
Reinbeker und erklärten HSV-Fan,
denn er steht bei Löw ohnehin unter
besonderer Beobachtung. Trotz starker
Leistungen wurde ervor einem
halben Jahr wegenDisziplinlosigkeiten
aus dem WM-Kader verbannt.
Nun die zunächst einmal verpasste
Bewährungschance.
➤ Auch Lukas Podolski erhielt von
Löw eine klare Warnung, muss um
seine Zukunft imNationalteam ban-
Löw schließlich. „Dass nach so einem
Jahr ab und an die geistige Frische
fehlt, ist doch auch ganz normal.“
Da war eralso wieder, der Diplomatinihm,
der sich so gern schützend
vor seine Spieler stellt. Doch
Löw will warnen, hofft, dass
seine Botschaften ankommen.
Damit der Weltmeister
auch seinen eigenen Ansprüchen
künftig wieder gerecht wird.
gen. Der 29-Jährige brauche einen
Rhythmus, um seine Stärkenausspielen
zu können, so Löw. „Den hat er
seit einem halben Jahr nicht mehr.“
Erneut forderte er Podolski mehr
oder minder deutlich zu einem Vereinswechsel
in der Winterpause auf,
„denn wir müssen uns überlegen,
und Lukasauch, wasdas nächsteJahr
für uns bringt“. Heißt: Entweder
„Von dem Einen oder
Anderen hätte ich mir in
diesem Spiel mehr erhofft!“
Bundestrainer Joachim Löw