Besonders Warum die Uni Rostock mal nach Bützow ... - heuler-online
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Kopf<br />
unter<br />
22<br />
Der Ruf <strong>nach</strong> Liebe, Geborgenheit<br />
und Anerkennung auf dem Weg<br />
zur Erfüllung der eigenen Träume<br />
geht immer häufiger im Alltag aller<br />
Einzelgänger unter. Welche Augenfarbe<br />
hat eigentlich meine beste Freundin,<br />
worin liegen ihre Ziele und was denkt<br />
sie? Was fühlt mein Freund, wenn er<br />
mich ansieht – weiß ich das wirklich?<br />
Hätte ich den Selbstmord meiner<br />
Bekannten vorhersehen können?<br />
Was wir tatsächlich von unseren Nächsten wissen, wird<br />
immer spärlicher. Mag sein, dass <strong>die</strong>s an der Zunahme<br />
der Bekanntschaften liegt oder an der Vorsicht, <strong>die</strong><br />
uns wie ein Schleier umhüllt. Diese unsichtbare Burka,<br />
möglicherweise Harry Potters »Spickoskop« ähnelnd,<br />
soll uns vor allen negativen Einflüssen bewahren. »Es<br />
gibt nicht nur liebe Menschen auf der Welt«, sagte mir<br />
meine Mutter einst und sie hatte recht. Aber es gibt<br />
auch etwas, das wir viel zu spät kennenlernen: uns<br />
selbst. Wir wissen von unseren Höhen und Tiefen. Wir<br />
kennen auch das Wesen, das irgendwo dazwischen<br />
herumdümpelt und statt zu lernen oder abzuwaschen<br />
lieber noch zwölf Minuten vor dem Fernseher<br />
hängt oder zum vierten Mal <strong>die</strong> Snooze-Taste drückt.<br />
Daneben gibt es jedoch noch zwei andere Extreme<br />
in uns: extremes Glück und Unglück. Ersteres zeigt<br />
sich häufig in Situationen mit anderen, vielleicht im<br />
Einklang mit dem perfekten Song, schweißüberströmten<br />
Gesichtern und einem Beat, der jeden noch so kleinen<br />
Nerv zum Tanzen bringt. Wir kennen das Gefühl, wenn<br />
auf ein<strong>mal</strong> alles zu stimmen scheint, wenn Yin seinen<br />
Yang endlich gefunden oder der letzte Kuss <strong>die</strong> Zeit<br />
angehalten hat.<br />
Illustration: Caroline Heinzel<br />
Auf der anderen Seite lauert der Abgrund:<br />
Angst, Einsamkeit, Trauer und Wut hat er im<br />
Gepäck. Und den Tod. Stündlich nimmt sich<br />
in Deutschland eine Person ihr Leben. Im<br />
Jahr 2007 verteilten sich auf Mecklenburg-<br />
Vorpommern laut Weltgesundheitsorganisation<br />
207 Suizidenten, darunter drei Viertel<br />
Männer. Experten gehen allerdings davon<br />
aus, dass <strong>die</strong> Rate des versuchten Selbstmords<br />
bei Weitem höher liegt – und hier<br />
Frauen anfälliger seien. Auch der Einfluss<br />
auf Hinterbliebene zieht viel weitere Kreise<br />
als bisher angenommen. So wirkt sich der<br />
begangene Suizid oder Suizidversuch im<br />
Schnitt auf sechs weitere Personen aus.<br />
Diese Menschen sind wir. Kaum jemand ist<br />
noch nicht mit einem Suizidfall in seinem<br />
Familien- oder Bekanntenkreis konfrontiert<br />
worden und war so gezwungen, sein eigenes<br />
Leben eindringlich zu reflektieren.<br />
<strong>Besonders</strong> drastisch für uns ist jedoch<br />
sicher der Freitod unter Studenten, und<br />
obwohl Suizide kaum an <strong>die</strong> Öffentlichkeit<br />
gelangen, kennen <strong>die</strong> meisten von uns<br />
<strong>die</strong> Fälle aus den Jahren 2006 und 2010.<br />
Außerdem munkelt man stets von neuen Versuchen<br />
hier und erfolgreichen dort. Sobald<br />
<strong>die</strong> Krankenwagen von dannen gefahren<br />
sind, fragen alle <strong>nach</strong> dem »Wer« und dem<br />
»<strong>Warum</strong>«. Anne K., eine Studentin, <strong>die</strong><br />
schon mehrfach mit Suizidfällen in Berührung<br />
geraten ist, glaubt: »Ein wesentlicher<br />
Grund ist der Leistungsdruck, der in allen<br />
Stu<strong>die</strong>ngängen steigt. Dieser paart sich mit<br />
dem finanziellen Druck, und auf der Suche<br />
<strong>nach</strong> Lösungen wie dem BAföG oder Jobs<br />
entsteht dann der zeitliche Druck. Was ist<br />
denn, wenn ich das Studium nicht schaffe?<br />
Wenn das BAföG nicht reicht? Wie tief ist<br />
das Loch, in das ich dann fallen werde?«<br />
Druck – der Gehalt <strong>die</strong>ser fünf Buchstaben