Kinder, Medien und Gewalt Ein Thema für die ... - GIZ
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Ana Mijić<br />
<strong>Kinder</strong>, <strong>Me<strong>die</strong>n</strong> <strong>und</strong> <strong>Gewalt</strong><br />
<strong>Ein</strong> <strong>Thema</strong> für <strong>die</strong> Entwicklungszusammenarbeit<br />
Betrachtungen zu einem aktuellen Problembereich<br />
Institut für Friedenspädagogik<br />
Tübingen e.V.
Das vorliegende Papier entstand im Rahmen einer<br />
Kooperation des Instituts für Friedenspädagogik<br />
Tübingen e. V. (ift) mit dem Sektorvorhaben Bildung<br />
<strong>und</strong> Konfliktbearbeitung, das von der Deutschen<br />
Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit<br />
(GTZ) im Auftrag des B<strong>und</strong>esministeriums für<br />
wirtschaftliche Zusammenarbeit <strong>und</strong> Entwicklung<br />
durchgeführt wird. In einem vom Institut<br />
für Friedenspädagogik <strong>und</strong> dem Sektorvorhaben<br />
Bildung <strong>und</strong> Konfliktbearbeitung veranstalteten<br />
Fachgespräch im Juni 2006, an dem 20 Fachleute<br />
teilnahmen, wurden im Besonderen <strong>die</strong> Themen<br />
<strong>Me<strong>die</strong>n</strong>gewaltwirkungsforschung, Krieg in den<br />
<strong>Me<strong>die</strong>n</strong>, konstruktive Konfliktberichterstattung<br />
sowie me<strong>die</strong>npädagogische Praxisbeispiele diskutiert<br />
(Protokoll des Fachgesprächs vgl. www.<br />
friedenspaedagogik.de). Darüber hinaus entstand<br />
eine umfangreiche Literaturstu<strong>die</strong> zur <strong>Thema</strong>tik<br />
„<strong>Kinder</strong>, <strong>Me<strong>die</strong>n</strong> <strong>und</strong> <strong>Gewalt</strong>“ (vgl. www.friedenspaedagogik.de).<br />
Impressum<br />
Ana Mijić: <strong>Kinder</strong>, <strong>Me<strong>die</strong>n</strong> <strong>und</strong> <strong>Gewalt</strong> – <strong>Ein</strong> <strong>Thema</strong><br />
für <strong>die</strong> Entwicklungszusammenarbeit<br />
Betrachtungen zu einem aktuellen Problemfeld<br />
© 2007, Institut für Friedenspädagogik Tübingen e. V.<br />
Corrensstr. 12, 72076 Tübingen<br />
www.friedenspaedagogik.de<br />
Dem Fachgespräch verdankt das vorliegende<br />
Papier, in dem <strong>die</strong> für <strong>die</strong> Entwicklungszusammenarbeit<br />
(EZ) wesentlichen Aspekte der Literaturübersicht<br />
zusammenfassend <strong>und</strong> thesenförmig<br />
dargestellt werden, vielfältige Hinweise <strong>und</strong><br />
Anregungen.<br />
Sektorvorhaben Bildung <strong>und</strong> Konfliktbearbeitung<br />
Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit<br />
(GTZ) GmbH<br />
Postfach 5180, 65726 Eschborn, www.gtz.de<br />
B<strong>und</strong>esministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit<br />
<strong>und</strong> Entwicklung<br />
Referat 311<br />
Titelbild: dpa<br />
Satz <strong>und</strong> Layout: 8421me<strong>die</strong>n.de, Rottenburg a. N.<br />
Druck: Deile, Tübingen<br />
ISBN 978-3-932444-19-7
<strong>Ein</strong>führung 2<br />
Die <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>landschaft <strong>und</strong> ihre Relevanz für <strong>die</strong> Entwicklungszusammenarbeit 2<br />
Veränderung der <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>landschaft 3<br />
Verbreitung der <strong>Me<strong>die</strong>n</strong> 4<br />
Neue Tendenzen 5<br />
Relevanz für <strong>die</strong> Entwicklungszusammenarbeit 6<br />
Gefahren 6<br />
<strong>Gewalt</strong>begriff 6<br />
Gefährdung durch <strong>Gewalt</strong>darstellungen in Bildschirmme<strong>die</strong>n 8<br />
Gefährdungen durch das Internet 9<br />
Realitätsverlust <strong>und</strong> Suchtverhalten 10<br />
Vermittlung problematischer Weltbilder 10<br />
Neue Informations- <strong>und</strong> Kommunikationstechnologien <strong>und</strong> Krieg 11<br />
Chancen <strong>und</strong> Herausforderungen 11<br />
Verbesserung von Bildungschancen 11<br />
<strong>Me<strong>die</strong>n</strong> als Instrument <strong>und</strong> Hilfsmittel im Bereich der Konflikttransformation 12<br />
<strong>Me<strong>die</strong>n</strong> als Mittel der <strong>Gewalt</strong>prävention 13<br />
Demokratisches Potential der Informations- <strong>und</strong> Kommunikationstechnologien 13<br />
Neue Erwerbsmöglichkeiten 14<br />
Zensur, Unterdrückung <strong>und</strong> Inszenierung 15<br />
Wahrheitsgehalt von <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>inhalten 17<br />
Sicherheit von Daten <strong>und</strong> Transaktionen 17<br />
Umgang mit Datenmüll 17<br />
<strong>Me<strong>die</strong>n</strong> als Sozialisationsinstanz <strong>und</strong> Wirklichkeitskonstrukteur 17<br />
<strong>Me<strong>die</strong>n</strong>pädagogische Interventionsstrategien zur Minimierung der Gefahren<br />
<strong>und</strong> Maximierung der Chancen 18<br />
Jugendme<strong>die</strong>nschutz 18<br />
Förderung von <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>kompetenz 19<br />
<strong>Me<strong>die</strong>n</strong>ethik - Verantwortung der <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>produzierenden 20<br />
Bedeutung der <strong>Me<strong>die</strong>n</strong> für <strong>die</strong> friedenspädagogische Arbeit 21<br />
Vermittlung von Friedenskompetenz 21<br />
Anleitung zur Erlangung von Friedensfähigkeit 23<br />
Anleitung zum Friedenshandeln 23<br />
Zusammenfassung <strong>und</strong> Empfehlungen an <strong>die</strong> Entwicklungszusammenarbeit 25<br />
Literatur 28<br />
Links 30<br />
Dokumente 31
<strong>Ein</strong>führung<br />
<strong>Me<strong>die</strong>n</strong>, im Besonderen <strong>die</strong> neuen Informations<strong>und</strong><br />
Kommunikationstechnologien, gewinnen im<br />
Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit stetig<br />
an Bedeutung. Die Aufhebung der Ungleichheit<br />
hinsichtlich der Möglichkeiten der Nutzung vor<br />
allem digitaler Technologien ist ein wichtiges Bestreben<br />
internationaler Entwicklungszusammenarbeit<br />
geworden. „Let us turn the digital divide<br />
into digital opportunity“, so der UN-Generalsekretär<br />
Ban Ki-Moon bei der Eröffnung der Vorstandssitzung<br />
der UN-Initiative Global Alliance for Information<br />
and Communication Technologies and<br />
Development (GAID). Das Bündnis, entstanden<br />
2006, sei mit seinen Teilnehmern aus Regierung,<br />
Wirtschaft <strong>und</strong> Zivilgesellschaft gut positioniert,<br />
den Gebrauch neuer Technologien zu fördern, um<br />
Armut, Analphabetismus <strong>und</strong> Erkrankungen zu<br />
bekämpfen, <strong>die</strong> Umwelt zu schützen sowie Frauen<br />
<strong>und</strong> Mädchen zu stärken, so Ki-Moon. Als Bestandteil<br />
der UN-Strategie im Kampf gegen Armut<br />
betont <strong>die</strong> Initiative <strong>die</strong> Bedeutung der Informations-<br />
<strong>und</strong> Kommunikationstechnologien sowie<br />
der Internetvernetzung für das Erreichen der Millenium<br />
Development Goals (MDG), in deren letzter<br />
Zielvorgabe gefordert wird <strong>die</strong>se Technologien zur<br />
Erreichung der MDGs einzusetzen: „In cooperation<br />
with the privat sector, make available the benefits<br />
of new technologies – especially information and<br />
communication technologies“. In der Anfangsphase<br />
soll der GAID zufolge besonders in abgelegenen Gebieten<br />
nicht nur Hardware zur Verfügung gestellt,<br />
sondern auch <strong>die</strong> nötige Infrastruktur aufgebaut<br />
werden, um dort einen Zugang zum Internet zu ermöglichen.<br />
Darüber hinaus werden den Menschen<br />
<strong>die</strong> hierzu notwendigen technischen Kompetenzen<br />
vermittelt. Langfristiges Ziel ist, das Potential der<br />
Informations- <strong>und</strong> Kommunikationstechnologien<br />
zu nutzen, um sowohl soziale Entwicklung als<br />
auch Wirtschaftswachstum zu fördern. „Low-cost<br />
internet“, „low-cost computer“ <strong>und</strong> „open source“<br />
sind notwendige Voraussetzungen für schnelle <strong>und</strong><br />
nachhaltige Entwicklungen in <strong>die</strong>sem Bereich.<br />
Hierzu muss es jedoch zu einem Umdenken bezüglich<br />
der Informations- <strong>und</strong> Kommunikationstechnologien<br />
kommen: neben Geräten mit größerer<br />
Kapazität <strong>und</strong> mehr Anwendungsmöglichkeiten<br />
müssen billige Geräte produziert werden mit einem<br />
Mindeststandard an Kapazität <strong>und</strong> Anwendungen.<br />
„Affordability“ wird zu einem entscheidenden Kriterium<br />
für <strong>die</strong> Technologieentwicklung. Mit Negropontes<br />
100-Dollar-Laptop ist hier sicherlich ein<br />
erster Schritt getan (www.laptop.org).<br />
Ziel ist es, dass bis 2015 mehr als 50 Prozent der<br />
Weltbevölkerung Zugang zum Internet haben <strong>und</strong><br />
alle Dörfer, Verwaltungen, Schulen, Universitäten,<br />
Bibliotheken, Museen <strong>und</strong> Krankenhäuser <strong>die</strong>ser<br />
Welt vernetzt sind (vgl. Kammerl / Lang-Wojtasik<br />
2006).<br />
Wissen als wichtiger Faktor der Entwicklung<br />
Die Bemühungen um <strong>die</strong> Verbreitung der Informations-<br />
<strong>und</strong> Kommunikationstechnologien im Rahmen<br />
der Entwicklungszusammenarbeit (EZ) hängen<br />
nicht zuletzt mit der Entdeckung der Bedeutung<br />
von Wissen für <strong>die</strong> ökonomische Entwicklung zusammen.<br />
Spätestens seit der Veröffentlichung des<br />
Weltentwicklungsberichtes Knowledge and Development<br />
durch <strong>die</strong> Weltbank im Jahre 1999 wird<br />
<strong>die</strong>ser Zusammenhang immer wieder diskutiert<br />
<strong>und</strong> seither im Rahmen verschiedener UN-Konferenzen<br />
<strong>und</strong> Erklärungen in seiner Bedeutung bestätigt.<br />
Als zentral anzusehen sind hier der World<br />
Summit on the Information Society 2003 (Genf)<br />
<strong>und</strong> 2005 (Tunis).<br />
Dieser in zwei Etappen geteilte Weltgipfel über <strong>die</strong><br />
Informationsgesellschaft setzte sich mit zentralen<br />
sozialen <strong>und</strong> wirtschaftlichen Herausforderungen<br />
auseinander, <strong>die</strong> mit der Verbreitung der neuen<br />
Technologien einhergehen. Das Ziel des Gipfels<br />
besteht in der „Entwicklung einer gemeinsamen<br />
Vision <strong>und</strong> eines gemeinsamen Verständnisses der<br />
Informationsgesellschaft <strong>und</strong> [der] Verabschiedung
einer Gr<strong>und</strong>satzerklärung sowie eines Aktionsplans<br />
einschließlich einer Reihe konzentrierter Maßnahmen,<br />
<strong>die</strong> von den Regierungen, den internationalen<br />
Institutionen <strong>und</strong> allen gesellschaftlichen Akteuren<br />
zwecks Überwindung des digitalen Grabens umgesetzt<br />
werden sollen“ (www.wsisgeneva2003.org).<br />
Im Rahmen des Jahresberichts Towards a Knowledge<br />
Society identifiziert <strong>die</strong> UNESCO <strong>die</strong> Förderung<br />
von Wissen als ein Schwerpunktthema für <strong>die</strong><br />
internationale EZ.<br />
<strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Me<strong>die</strong>n</strong> in der internationalen<br />
Diskussion<br />
In Artikel 17 der <strong>Kinder</strong>rechtskonvention der Vereinten<br />
Nationen ist das Recht der <strong>Kinder</strong> zur <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>nutzung<br />
festgehalten, sowie <strong>die</strong> Verantwortung<br />
der Massenme<strong>die</strong>n gegenüber den <strong>Kinder</strong>n.<br />
Vorgesehen wurde schon bei der Verabschiedung<br />
der Konvention im Jahre 1989 <strong>die</strong> Gründung eines<br />
internationalen Netzwerkes, das sich mit dem Verhältnis<br />
von <strong>Kinder</strong>n <strong>und</strong> <strong>Me<strong>die</strong>n</strong> beschäftigt. Mitte<br />
der 1990er Jahre richtete das Nordic Information<br />
Center for Media and Communication Research<br />
(Nordicom) in Göteborg eine Clearingstelle ein,<br />
<strong>die</strong> zur Verbesserung des Wissens über <strong>Kinder</strong>, Jugendliche<br />
<strong>und</strong> <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>gewalt beitragen soll. Die<br />
Arbeit der Institution konzentriert sich dabei auf<br />
drei Schwerpunkte: (1) research on children, young<br />
people and media, with special attention to media<br />
violence; (2) research and practices regarding media<br />
education and children‘s / young people‘s participation<br />
in the media; (3) measures, activities and<br />
research concerning children‘s and young people‘s<br />
media environment (http://www.nordicom.gu.se/<br />
clearinghouse.php).<br />
Die <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>landschaft <strong>und</strong><br />
ihre Relevanz für<br />
<strong>die</strong> Entwicklungszusammenarbeit<br />
Veränderung der <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>landschaft<br />
Spätestens mit der Verbreitung der PCs in Büros <strong>und</strong><br />
später in Haushalten in den 1980er Jahren begann<br />
eine ungeheure Umwälzung im Bereich der <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>.<br />
Allein im vergangenen Jahrzehnt ist es zu tief<br />
greifenden Veränderungen der <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>landschaft<br />
gekommen. Aufgr<strong>und</strong> der Entstehung neuer <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>formen<br />
bzw. der Verschmelzung verschiedener<br />
bestehender Formen im Zuge der Digitalisierung<br />
werden traditionelle Differenzierungen zunehmend<br />
durch neue ersetzt. Das Internet zeichnet sich hier<br />
als ein „Hybridmedium“ par excellence aus. Es repräsentiert<br />
eine qualitative Verlagerung innerhalb der<br />
<strong>Me<strong>die</strong>n</strong>landschaft, indem es Inhalte bereits existierender<br />
<strong>Me<strong>die</strong>n</strong> integriert <strong>und</strong> darüber hinaus neue<br />
Möglichkeiten eröffnet: So kann ein internetfähiger<br />
Computer mit einer ausreichenden Bandbreite <strong>und</strong><br />
entsprechendem Zubehör Buch <strong>und</strong> Zeitung, das<br />
Radio wie auch den Fernseher ersetzen.<br />
Des Weiteren kam es auch zu einer gravierenden<br />
Veränderung der Kommunikationsgewohnheiten<br />
(E-Mail, Chats, Weblogs, SMS usw.), wobei <strong>die</strong><br />
Grenzen zwischen Individual-, Gruppen- <strong>und</strong> Massenkommunikation<br />
zu verschwimmen scheinen<br />
<strong>und</strong> jeder Rezipient zum Produzenten von Informationen<br />
werden kann, <strong>die</strong> auch an ein disperses<br />
Publikum (Maletzke) gerichtet sein können, wie<br />
es für <strong>die</strong> Massenme<strong>die</strong>n typisch ist. Die neuesten<br />
Veränderungen v. a. im Hinblick auf interaktive<br />
Techniken <strong>und</strong> Dienste des Internets, werden heute<br />
unter dem Oberbegriff „web 2.0“ zusammengefasst<br />
(O‘Reilly 2004). <strong>Ein</strong> zentraler Unterschied zum „web<br />
1.0“ liegt darin, dass das „web 2.0“ durch soziale<br />
Teilhabe (participation) <strong>und</strong> <strong>die</strong> (kostenlose) Weitergabe<br />
von Wissen charakterisiert ist.<br />
Neue Informationstechnologien führten <strong>und</strong> führen<br />
darüber hinaus über verschiedenste Kanäle zu einer<br />
stetigen Zunahme von <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>angeboten <strong>und</strong>
Informationen. Das Wachstum des digitalen Datenbergs<br />
ist dabei unterschiedlich verteilt. So haben<br />
alle Weltregionen außerhalb von Nordamerika,<br />
Westeuropa <strong>und</strong> Japan nur einen Anteil von zehn<br />
Prozent am digitalen Universum. Das Wachstum<br />
wird dort aber künftig um 30 bis 50 Prozent größer<br />
sein als in den Industrienationen.<br />
Auf Gr<strong>und</strong> <strong>die</strong>ser abzusehenden Entwicklungen<br />
kann den neuen Informations- <strong>und</strong> Kommunikationstechnologien<br />
im Rahmen der EZ eine zentrale<br />
Rolle zugesprochen werden. Ihre Bedeutung nimmt<br />
in Industrie, Medizin, Wissenschaft <strong>und</strong> Politik kontinuierlich<br />
zu.<br />
Es gilt jedoch darauf hinzuweisen, dass <strong>die</strong> alten <strong>Me<strong>die</strong>n</strong><br />
in ihrer Bedeutung nicht unterschätzt werden<br />
dürfen (UNESCO 2005: 37). So wird beispielsweise<br />
in weiten Teilen Afrikas das Radio voraussichtlich<br />
zunächst das zentrale Medium bleiben. Dies gilt es<br />
im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit anzuerkennen<br />
<strong>und</strong> weiterhin zu fördern, denn „[t]he<br />
radio alone, not the internet enables many disinherited<br />
and isolated communities to offer their members<br />
– particularly women – the possibility of making their<br />
voices heard, of participating in political life and of<br />
gaining access to a greater quantity of information<br />
and knowledge of particular use in everyday life.“<br />
(UNESCO 2005: 37).<br />
In Anbetracht dessen, dass das Internet als Hybridmedium<br />
charakterisierbar ist, kann von einer<br />
zunehmenden Bedeutung auch für <strong>die</strong> oralen Kulturen<br />
ausgegangen werden. <strong>Ein</strong>e Verbreitung <strong>und</strong><br />
zunehmende Nutzung des Internets wird dabei<br />
Auswirkungen auf <strong>die</strong> jeweiligen Kulturen nach<br />
sich ziehen. Die Annahme der Kommunikationswissenschaftler<br />
McLuhan <strong>und</strong> Innis, dass <strong>Me<strong>die</strong>n</strong><br />
<strong>die</strong> Art <strong>und</strong> Weise der Wahrnehmung, des Denkens<br />
<strong>und</strong> einer Kultur beeinflussen <strong>und</strong> damit <strong>die</strong> soziale<br />
Struktur einer Gesellschaft von ihren Kommunikationsmitteln<br />
bestimmt wird, scheint evident (vgl.<br />
McLuhan 1995a; Innis 1997).<br />
Verbreitung der <strong>Me<strong>die</strong>n</strong><br />
Richtet man einen Blick auf <strong>die</strong> Verfügbarkeit von<br />
<strong>Me<strong>die</strong>n</strong> im weltweiten Vergleich, ist trotz einer zunehmenden<br />
Verbreitung der meisten <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>formen<br />
eine me<strong>die</strong>nübergreifende informationelle Spaltung<br />
zu konstatieren.<br />
Bislang liegen kaum länderübergreifende Erhebungen<br />
zur <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>verfügbarkeit <strong>und</strong> <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>nutzung<br />
von <strong>Kinder</strong>n vor. Bei den meisten Stu<strong>die</strong>n handelt<br />
es sich um länderspezifische Untersuchungen.<br />
Unter Rückgriff auf länderspezifische Daten sowie<br />
<strong>die</strong> Ergebnisse des InterMedia survey wird im Report<br />
des 4th World Summit on Media for Children and<br />
Adolescents (Gigli 2004) versucht, ein internationales<br />
Bild zu zeichnen:<br />
International betrachtet ist der Fernseher das dominante<br />
Medium bei <strong>Kinder</strong>n <strong>und</strong> Jugendlichen sowie<br />
Erwachsenen (Gigli 2004). Nach dem Fernseher ist<br />
das Radio das am weitesten verbreitete Medium.<br />
In vielen Ländern setzte im vergangenen Jahrzehnt<br />
ein regelrechter Boom ein, was als Folge der zunehmenden<br />
Erscheinung privater Radiostationen<br />
gesehen werden kann. Das Radio wird dabei meist<br />
zur Unterhaltung, aber auch für <strong>die</strong> Beschaffung<br />
von Informationen genutzt. In manchen Ländern<br />
ist <strong>die</strong> Nutzung der öffentlichen internationalen<br />
R<strong>und</strong>funksendungen (z. B. BBC, Deutsche Welle)<br />
unter Jugendlichen besonders verbreitet. Den<br />
kontinuierlichen Zuwachs <strong>die</strong>ser <strong>Me<strong>die</strong>n</strong> kontrastierend,<br />
nimmt <strong>die</strong> Bedeutung der Printme<strong>die</strong>n in<br />
vielen Ländern ab, was zum Teil auf <strong>die</strong> verbesserte<br />
Qualität <strong>und</strong> <strong>die</strong> Quantität der über Fernsehen <strong>und</strong><br />
Radio verfügbaren Informationen, aber auch auf <strong>die</strong><br />
deutlich höheren Kosten ihrer Produktion <strong>und</strong> Distribution<br />
zurückzuführen ist.<br />
Aufgr<strong>und</strong> der oben skizzierten Veränderungen der<br />
<strong>Me<strong>die</strong>n</strong>landschaft durch neue Technologien gilt es<br />
jedoch das Internet als das zentrale Medium (Leitmedium<br />
/ Basismedium) einerseits der Unterhaltung,<br />
der Informationsbeschaffung sowie der Kommunikation,<br />
andererseits aber auch der Wirtschaft <strong>und</strong><br />
Logistik zu betrachten. Doch auch im Hinblick auf
<strong>die</strong> weltweite Verfügbarkeit des Internets ist noch<br />
immer eine signifikante Ungleichverteilung zwischen<br />
Industrie- <strong>und</strong> Entwicklungsländern zu verzeichnen.<br />
Während <strong>die</strong> Mehrheit der Menschen in<br />
den Entwicklungsländern keine Möglichkeit haben<br />
das Internet zu nutzen, verfügen etwa zwei Drittel<br />
der Menschen in den Industriestaaten über einen<br />
eigenen Zugang.<br />
Die mit der internetbasierten Kommunikation verb<strong>und</strong>enen<br />
Chancen <strong>und</strong> Möglichkeiten bleiben damit<br />
bislang weitestgehend denjenigen vorbehalten,<br />
welche bereits über einen ökonomischen Wettbewerbsvorteil<br />
verfügen (ITU 2006). Die „digitale“<br />
Spaltung ist als eine zentrale globale Herausforderung<br />
zu betrachten.<br />
Es ist jedoch zu beachten, dass es dabei nicht nur<br />
um <strong>die</strong> Minimierung der Kluft zwischen den Ländern<br />
des Südens <strong>und</strong> des Nordens gehen darf. Es<br />
gilt zu berücksichtigen, dass <strong>die</strong> digitale Spaltung<br />
auch innerhalb der Länder zwischen verschiedenen<br />
gesellschaftlichen Gruppen besteht. Für Industriewie<br />
auch Entwicklungsländer gilt, dass sich Verfügbarkeit<br />
<strong>und</strong> Nutzung vorwiegend auf wohlhabende,<br />
besser ausgebildete, in der Stadt lebende junge<br />
Männer konzentriert. Im Rahmen des World Internet<br />
Project der University of California in Los Angeles<br />
wurde festgestellt, dass in all den untersuchten<br />
Ländern eine Kluft zwischen Männern <strong>und</strong> Frauen<br />
besteht, <strong>die</strong> im Durchschnitt bei 8 Prozent liegt. Die<br />
Kluft zwischen Arm <strong>und</strong> Reich sowie zwischen Alt<br />
<strong>und</strong> Jung, sei dabei noch wesentlich größer als <strong>die</strong><br />
Gender-Kluft. Auch Bildung konnte als wesentlicher<br />
Faktor identifiziert werden: Die Zahl der User unter<br />
den Hochschulabsolventen ist in einer deutlichen<br />
Mehrheit der Fälle höher als <strong>die</strong> Zahl der Internetnutzer<br />
ohne Hochschulabschluss. Die einzige Ausnahme<br />
unter den untersuchten Ländern besteht<br />
<strong>die</strong>sbezüglich in Deutschland. Es erweist sich jedoch<br />
als sinnvoll, nicht nur den Zugang sondern auch <strong>die</strong><br />
Art der Nutzung bzw. <strong>die</strong> konsumierten Inhalte der<br />
Informations- <strong>und</strong> Kommunikationstechnologien<br />
zu berücksichtigen.<br />
Neben ökonomischen Ressourcen, Alter, Geschlecht,<br />
Bildung <strong>und</strong> geographischer Lage, werden im Rahmen<br />
des UNESCO Reports Towards Knowledge Societies<br />
auch Sprache, Arbeitsverhältnis sowie Behinderungen<br />
als Faktoren identifiziert, <strong>die</strong> zu einer<br />
digitalen Spaltung beitragen. „The emergence of<br />
English as the lingua franca of globalization leaves<br />
little room for other languages within cyberspace“<br />
(UNESCO 2005: 30). Des Weiteren sei der Zugang<br />
zum Internet in vielen Ländern auf <strong>die</strong> Arbeitswelt<br />
beschränkt. Wenig Beachtung findet <strong>die</strong> Tatsache,<br />
dass Menschen mit Behinderung (relativ betrachtet),<br />
seltener Zugang zu neuen Informations- <strong>und</strong><br />
Kommunikationstechnologien haben. Für <strong>die</strong>se<br />
Menschen stellt das Internet eine einzigartige Möglichkeit<br />
zur Integration <strong>und</strong> sozialen Partizipation<br />
dar (UNESCO 2005: 30).<br />
Neue Tendenzen<br />
Der International Telecommunication Union (ITU)<br />
zufolge lassen sich positive Entwicklungen auch für<br />
<strong>die</strong> 50 ärmsten Länder der Welt (LDC) verzeichnen.<br />
Ihrem aktuellen Bericht ist zu entnehmen, dass<br />
weltweit mehr <strong>und</strong> mehr Menschen Zugang zu verschiedenen<br />
Informations- <strong>und</strong> Kommunikationstechnologien<br />
haben (ITU 2006). Dies trifft vor allem<br />
für <strong>die</strong> Verbreitung neuer Technologien zu. So zeigt<br />
etwa der Mobilfunksektor im Vergleich zu den Festnetzanschlüssen<br />
deutlich höhere Wachstumsraten<br />
auf. 2004 wurden beispielsweise allein in Afrika ca.<br />
15 Millionen neue Mobiltelefone angemeldet. Die<br />
Zahl der Neuanmeldungen hat sich seit 1999 mehr<br />
als verdoppelt. <strong>Ein</strong> sieben<strong>und</strong>zwanzigfacher Unterschied<br />
zwischen Industrie- <strong>und</strong> Entwicklungsländern<br />
im Jahre 1994 ist auf einen vierfachen im Jahre 2004<br />
gesunken. Bezüglich der Verbreitung des Internetzugangs<br />
sind ebenfalls Fortschritte zu verzeichnen.<br />
Nutzten 1994 noch 73 Mal mehr Menschen in den<br />
Industrieländern das Internet, sind es 2004 lediglich<br />
8 Mal mehr als in den Entwicklungsländern. Auch im<br />
Hinblick auf <strong>die</strong> technischen Entwicklungen lassen<br />
sich Fortschritte feststellen: Obwohl der Großteil
der Nutzer aus <strong>die</strong>sen ärmsten Regionen über Telefonleitungen<br />
das Internet nutzt, ist ein Trend hin zu<br />
Breitbandanschlüssen erkennbar, welche bereits in<br />
<strong>die</strong> ländlichen Gegenden vordringen (www.itu.int).<br />
Es ist davon auszugehen, dass sich <strong>die</strong> Art der Nutzung<br />
des Internets in Entwicklungsländern von der<br />
Nutzung in Industrieländern unterscheidet: Nicht<br />
zuletzt aufgr<strong>und</strong> einer mangelhaften Infrastruktur,<br />
wird <strong>die</strong> gemeinschaftliche Nutzung (Internetcafes,<br />
Jugendzentren, Schulen usw.) gegenüber einer individuellen<br />
Nutzung (am eigenen Computer) dominant<br />
bleiben. Dies gilt aber auch schon für <strong>die</strong><br />
„alten“ <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>, wie Radio oder Fernseher <strong>und</strong> liegt<br />
neben den infrastrukturellen Bedingungen auch in<br />
sozial-kulturellen Unterschieden begründet.<br />
Relevanz für <strong>die</strong> Entwicklungszusammenarbeit<br />
Diese Entwicklung wird wohl in Zukunft weiter<br />
voranschreiten, nicht zuletzt auch aufgr<strong>und</strong> einer<br />
gezielten Förderung im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit,<br />
<strong>die</strong> zu Beginn des Papiers geschildert<br />
wurden.<br />
„The digital divide is thus of direct concern to<br />
UNESCO‘s task. If we wish to promote the development<br />
of genuine knowledge societies in the name<br />
of human development, there is a self-evident and<br />
pressing need to overcome digital inequalities“<br />
(UNESCO 2005: 29).<br />
„Two challenges posed by the information revolution<br />
stand out in particular – bridging the digital divide<br />
and guaranteeing the future of freedom of expression“<br />
(UNESCO 2005: 27).<br />
„These technologies play an important role, not<br />
only in economic development (through the spread<br />
of innovation and the productivity gains the bring<br />
about), but also in human development“ (vgl. UNDP<br />
2001).<br />
Mit der zunehmenden Verbreitung der <strong>Me<strong>die</strong>n</strong> ergeben<br />
sich neue Herausforderungen für Entwicklungszusammenarbeit,<br />
<strong>die</strong> dann im Besonderen für den<br />
Bildungsbereich von Bedeutung sind. Die Versorgung<br />
mit Endgeräten, der Aufbau der Infrastruktur<br />
sowie <strong>die</strong> Vermittlung technischer Kompetenzen alleine<br />
reichen nicht aus, um <strong>die</strong> informationelle Kluft<br />
de facto zu überwinden, d. h. <strong>die</strong> Chancen, <strong>die</strong> mit<br />
der Verfügbarkeit vor allem der neuen Technologien<br />
verb<strong>und</strong>en wären, tatsächlich zu nutzen. Darüber<br />
hinaus gilt es zu beachten, dass <strong>Me<strong>die</strong>n</strong> auch ihre<br />
Schattenseiten haben.<br />
Die Relevanz der <strong>Thema</strong>tik für <strong>die</strong> EZ im Allgemeinen<br />
<strong>und</strong> für den Bildungsbereich im Besonderen<br />
ergibt sich somit daraus, dass mit der Verbreitung<br />
der <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>, vielfältige Chancen aber auch Gefahren<br />
einhergehen, <strong>die</strong> gleichermaßen als Herausforderung<br />
zu betrachten sind.<br />
GEFAHREN<br />
<strong>Gewalt</strong>begriff<br />
Eltern, Lehrer <strong>und</strong> Politiker sind besorgt über angenommene<br />
negative <strong>Ein</strong>flüsse, welche <strong>Me<strong>die</strong>n</strong> auf<br />
<strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> Jugendliche haben könnten. Diese Sorge<br />
bezieht sich typischerweise im Besonderen auf<br />
Darstellungen direkter physischer <strong>Gewalt</strong> <strong>und</strong> pornographische<br />
Darstellungen. Dem hier vorliegenden<br />
Papier liegt ein umfassendes <strong>Gewalt</strong>verständnis<br />
zugr<strong>und</strong>e, welches auf der Definition von Johan<br />
Galtung basiert. Ihm zufolge liegt <strong>Gewalt</strong> dann vor,<br />
wenn Menschen so beeinflusst werden, dass ihre<br />
tatsächliche körperliche <strong>und</strong> geistige Verwirklichung<br />
geringer ist als ihre mögliche Verwirklichung. Nach<br />
einer ersten Unterscheidung zwischen direkter <strong>und</strong><br />
struktureller <strong>Gewalt</strong> vervollständigt er in den 1990er<br />
Jahren sein „Dreieck der <strong>Gewalt</strong>“ um das Konzept der<br />
kulturellen <strong>Gewalt</strong>. Unter direkter <strong>Gewalt</strong> versteht<br />
er äußerliche, d. h. sichtbare physische oder verbale<br />
<strong>Gewalt</strong>, <strong>die</strong> sich auch dadurch auszeichnet, dass ein
Täter klar identifizierbar ist. Die Verantwortung für<br />
strukturelle <strong>Gewalt</strong> jedoch liegt nicht bei Personen,<br />
sondern bei spezifischen organisatorischen oder<br />
gesellschaftlichen Strukturen <strong>und</strong> Lebensbedingungen.<br />
Mit kultureller <strong>Gewalt</strong> werden schließlich<br />
Ideologien, Überzeugungen, Überlieferungen <strong>und</strong><br />
Legitimationssysteme beschrieben, mit deren Hilfe<br />
direkte <strong>und</strong> strukturelle <strong>Gewalt</strong> ermöglicht werden<br />
(Galtung 1974; Galtung 1993).<br />
sichtbar<br />
unsichtbar<br />
Kulturelle<br />
<strong>Gewalt</strong><br />
Direkte<br />
<strong>Gewalt</strong><br />
Strukturelle<br />
<strong>Gewalt</strong><br />
Johan Galtung<br />
Die umfassende, <strong>und</strong> aus <strong>die</strong>sem Gr<strong>und</strong> auch häufig<br />
kritisierte <strong>Gewalt</strong>definition von Galtung, erscheint<br />
als geeignet, um <strong>die</strong> vielfältigen mit dem Bedeutungsgewinn<br />
von <strong>Me<strong>die</strong>n</strong> verb<strong>und</strong>enen Herausforderungen<br />
vor allem für <strong>die</strong> Entwicklungszusammenarbeit<br />
zu erfassen.<br />
So wird etwa vor <strong>die</strong>sem Hintergr<strong>und</strong> deutlich,<br />
dass auch <strong>die</strong> oben beschriebenen Ungleichheiten<br />
bezüglich der materiellen Zugangsmöglichkeiten<br />
zu <strong>Me<strong>die</strong>n</strong> sowie der kognitiven Zugangsmöglichkeiten<br />
zu medial transportierten Informationen als<br />
<strong>Gewalt</strong>phänomen zu berücksichtigen sind. In <strong>die</strong>sem<br />
Sinne ist von struktureller <strong>Gewalt</strong> zu sprechen,<br />
wenn Menschen nicht über <strong>die</strong> Möglichkeiten verfügen,<br />
<strong>die</strong> etwa immer wichtiger werdenden Informations-<br />
<strong>und</strong> Kommunikationstechnologien zu nutzen<br />
bzw. sie aufgr<strong>und</strong> mangelnder <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>kompetenz<br />
nicht zu nutzen wissen <strong>und</strong> <strong>die</strong> damit verb<strong>und</strong>enen<br />
Chancen letztlich nicht umzusetzen in der Lage<br />
sind. Beides ist gleichermaßen als Herausforderung<br />
für <strong>die</strong> Entwicklungszusammenarbeit zu betrachten,<br />
im Rahmen derer jedoch ein weiterer Aspekt<br />
von besonderer Relevanz ist: Die Weltges<strong>und</strong>heitsorganisation<br />
(WHO) kommt in ihrem Bericht <strong>Gewalt</strong><br />
<strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit von 2002 zu der <strong>Ein</strong>schätzung,<br />
dass „[d]ie Vorstellung von akzeptablen <strong>und</strong> nicht<br />
akzeptablen Verhaltensweisen <strong>und</strong> <strong>die</strong> Grenzen<br />
dessen, was als Gefährdung empf<strong>und</strong>en wird, (…)<br />
kulturellen <strong>Ein</strong>flüssen [unterliegt] <strong>und</strong> (…) fließend<br />
[sind], da sich Wertvorstellungen <strong>und</strong> gesellschaftliche<br />
Normen ständig wandeln“ (WHO 2002: 6).<br />
Beschäftigt man sich mit dem Zusammenhang von<br />
<strong>Me<strong>die</strong>n</strong> <strong>und</strong> <strong>Gewalt</strong> im Kontext der Entwicklungszusammenarbeit,<br />
gilt es zu berücksichtigen, dass das<br />
Verständnis darüber, was unter <strong>Gewalt</strong> zu verstehen<br />
ist, gr<strong>und</strong>sätzlich kontextgeb<strong>und</strong>en ist (historisch,<br />
geographisch, kulturell). „Was an einem Ort <strong>und</strong> zu<br />
einer bestimmten Zeit als <strong>Gewalt</strong> bezeichnet <strong>und</strong><br />
erlebt wird, gilt nicht unbedingt für andere Zeiten<br />
<strong>und</strong> andere Orte“ (Gugel 2005: 282). Daraus ergeben<br />
sich etwa Konsequenzen für den Jugendme<strong>die</strong>nschutz<br />
weltweit. Trotzdem können internationale<br />
Standards benannt werden, <strong>die</strong> in Dokumenten von<br />
internationalen Organisationen festgehalten sind.<br />
Reale <strong>und</strong> fiktive <strong>Gewalt</strong>darstellungen in<br />
den <strong>Me<strong>die</strong>n</strong><br />
Im Hinblick auf <strong>Gewalt</strong>darstellungen in den<br />
<strong>Me<strong>die</strong>n</strong> wird zwischen realen <strong>und</strong> fiktionalen<br />
Darstellungen von <strong>Gewalt</strong> differenziert. Reale<br />
<strong>Gewalt</strong>darstellungen präsentieren reale Vorgänge<br />
bzw. Verhaltensweisen, während fiktionale<br />
<strong>Gewalt</strong>darstellungen frei erf<strong>und</strong>en sind.<br />
Letztere lassen sich darüber hinaus danach<br />
unterscheiden, ob es sich um natürliche oder<br />
künstliche <strong>Gewalt</strong>darstellung handelt (Kepplinger<br />
/ Dahlem 1990: 10). Unter natürlicher<br />
<strong>Gewalt</strong>darstellung wird dabei <strong>die</strong> lebensechte
(Realfilm), unter künstlicher <strong>die</strong> artifizielle Präsentation<br />
verstanden, wie etwa ein Zeichentrick-<br />
oder ein Animationsfilm.<br />
Es gilt jedoch darauf hinzuweisen, dass auch<br />
in <strong>die</strong> Darstellung realer <strong>Gewalt</strong> gestalterische<br />
Momente eingehen. Auch in den <strong>Me<strong>die</strong>n</strong> werden<br />
reale Ereignisse – wie etwa Kriege – nicht<br />
einfach abgebildet, sondern unterliegen einer<br />
Inszenierung.<br />
Aufgr<strong>und</strong> der Vielfältigkeit, stellt man zwischenzeitlich<br />
in Frage, ob <strong>Gewalt</strong> noch ein passender Begriff<br />
zur Erfassung der Problematik ist: „Violence is<br />
no longer an adequate heading; today, terms like<br />
‚harmful media content‘ or ‚harm and offence in<br />
media content‘ are more in keeping with the situation.<br />
It is this broader term, that forms our point of<br />
departure in this work“ (Carlsson 2006: 9), so etwa<br />
im aktuellen Jahrbuch des International Clearinghouse<br />
on Children, Youth and Media. Diese kontextbedingte<br />
Abwendung vom <strong>Gewalt</strong>begriff spiegelt<br />
<strong>die</strong> Uneinigkeit in Wissenschaft <strong>und</strong> Gesellschaft<br />
hinsichtlich der Frage wider, was unter <strong>Gewalt</strong> zu<br />
verstehen ist (vgl. dazu Gugel 2006).<br />
Gefährdung durch <strong>Gewalt</strong>darstellungen<br />
in Bildschirmme<strong>die</strong>n – Erkenntnisse der<br />
<strong>Me<strong>die</strong>n</strong>gewaltwirkungsforschung<br />
Zwischenzeitlich existiert eine kaum noch zu überschauende<br />
Anzahl an Stu<strong>die</strong>n zur Erforschung des<br />
Zusammenhangs zwischen <strong>Gewalt</strong>darstellungen –<br />
vor allem im Fernsehen – <strong>und</strong> realem <strong>Gewalt</strong>handeln.<br />
In Form einer Metastu<strong>die</strong> liefern Michael Kunczik<br />
<strong>und</strong> Astrid Zipfel einen Überblick über theoretische<br />
Konzepte sowie (in der Regel auf ihnen beruhende)<br />
bisherige Untersuchungsergebnisse (Kunczik / Zipfel<br />
2005). Auf der Gr<strong>und</strong>lage <strong>die</strong>ser Literaturstu<strong>die</strong> können<br />
folgende Punkte festgehalten werden: <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>gewalt<br />
kann nicht gr<strong>und</strong>sätzlich als ungefährlich betrachtet<br />
werden. Es gilt jedoch <strong>die</strong> Auswirkungen von<br />
<strong>Me<strong>die</strong>n</strong>gewalt einer differenzierten Betrachtung zu<br />
unterziehen. <strong>Ein</strong>fache Ursache-Wirkungszusammenhänge,<br />
sind empirisch nicht haltbar, obwohl <strong>die</strong>se in<br />
der Regel dem verbreiteten Bedürfnis nach eindeutigen<br />
Antworten auf <strong>die</strong> Frage nach der Gefährlichkeit<br />
von <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>gewalt entsprechen. Vielmehr stellt<br />
<strong>Me<strong>die</strong>n</strong>gewalt nur einen Faktor innerhalb eines komplexen<br />
Bündels von Ursachen für <strong>die</strong> Entstehung gewalttätigen<br />
Verhaltens dar. Dabei ist davon auszugehen,<br />
dass nicht alle <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>inhalte gleich wirken <strong>und</strong><br />
nicht jeder <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>konsument von den potentiellen<br />
Gefahren der <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>gewalt betroffen ist: „manche<br />
Formen von <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>gewalt [können] für manche Individuen<br />
unter manchen Bedingungen negative Folgen<br />
nach sich ziehen“ (Kunczik / Zipfel 2006: 12). Den<br />
bisherigen Bef<strong>und</strong>en zufolge könne unter Vorbehalt<br />
– vor allem aufgr<strong>und</strong> methodischer Probleme – angenommen<br />
werden, dass <strong>die</strong> Auswirkungen von <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>gewalt<br />
auf Aggressionsverhalten „am ehesten bei<br />
jüngeren, männlichen Vielsehern zu erwarten [sind],<br />
<strong>die</strong> in Familien mit hohem Fernseh(gewalt)konsum<br />
aufwachsen <strong>und</strong> in ihrem unmittelbaren sozialen<br />
Umfeld (d. h. Familie, Schule <strong>und</strong> Peer-Groups) viel<br />
<strong>Gewalt</strong> erleben (sodass sie in <strong>Gewalt</strong> einen ‚normalen‘<br />
Problemlösungsmechanismus sehen), bereits<br />
eine violente Persönlichkeit besitzen <strong>und</strong> <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>inhalte<br />
konsumieren, in denen <strong>Gewalt</strong> auf realistische<br />
Weise <strong>und</strong> / oder in humorvollem Kontext gezeigt<br />
wird, gerechtfertigt erscheint <strong>und</strong> von attraktiven,<br />
dem Rezipienten möglicherweise ähnlichen Protagonisten<br />
mit hohem Identifikationspotential ausgeht,<br />
<strong>die</strong> erfolgreich sind <strong>und</strong> für ihr Handeln belohnt bzw.<br />
zumindest nicht bestraft werden <strong>und</strong> dem Opfer keinen<br />
sichtbaren Schaden zufügen (‚saubere <strong>Gewalt</strong>‘)“<br />
(Kunczik / Zipfel 2006: 11). Zu unterscheiden ist hier<br />
zwischen personenbezogenen Variablen, dem sozialen<br />
Umfeld sowie Inhaltsvariablen, welche nicht unabhängig<br />
voneinander zu betrachten sind. Vielmehr<br />
sei von einer Interaktion der einzelnen Variablen auszugehen.<br />
Des Weiteren kann angenommen werden,<br />
dass auch der soziale oder sozioökonomische Status<br />
als <strong>Ein</strong>flussfaktor wirkt. Doch konnte <strong>die</strong>ser Zusam-
menhang bislang empirisch nicht nachgewiesen<br />
werden (Kunczik / Zipfel 2005: 157ff.). Sozioökonomischer<br />
Status <strong>und</strong> soziales Umfeld scheinen jedoch<br />
zu interagieren: Wachsende soziale Gegensätze <strong>und</strong><br />
<strong>Ein</strong>kommensunterschiede erhöhen das <strong>Gewalt</strong>potential<br />
in allen Gesellschaften (UN 2006: 4).<br />
Dem sozialen Kontext als <strong>Ein</strong>flussfaktor auf <strong>die</strong><br />
Wirkung von <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>gewalt gilt es im Rahmen<br />
der Entwicklungszusammenarbeit besondere Aufmerksamkeit<br />
zu schenken. Den Untersuchungen<br />
der Weltges<strong>und</strong>heitsorganisation (WHO) zufolge,<br />
ist beispielsweise das Risiko ermordet zu werden,<br />
für <strong>Kinder</strong> in Entwicklungs- <strong>und</strong> Schwellenländern<br />
doppelt so hoch wie in den Industrieländern. Verweisend<br />
auf <strong>die</strong> aktuelle UN-Stu<strong>die</strong> Violence against<br />
Children ist außerdem darauf festzuhalten, dass in<br />
vielen <strong>die</strong>ser Länder das Recht auf eine gewaltfreie<br />
Erziehung nicht gesetzlich verankert ist, <strong>die</strong> Prügelstrafe<br />
an Schulen nicht abgeschafft wurde, verschiedene<br />
Formen von auf Traditionen beruhender<br />
<strong>Gewalt</strong> – etwa <strong>die</strong> Beschneidung von Mädchen<br />
– Millionen von <strong>Kinder</strong>n zu Opfern werden lassen.<br />
Darüber hinaus sind vor allem <strong>die</strong> ärmeren Regionen<br />
der Welt von Kriegen <strong>und</strong> Konflikten betroffen.<br />
Für <strong>Kinder</strong>, <strong>die</strong> im realen Leben <strong>Gewalt</strong> beobachten<br />
(zur Auswirkung beobachteter <strong>Gewalt</strong> vgl. UN 2006:<br />
290) oder ihr ausgesetzt sind, besitzen laut Kunczik<br />
<strong>und</strong> Zipfel, violente <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>inhalte eine besondere<br />
Anziehungskraft, da <strong>die</strong>se „durch <strong>die</strong> erlebte Realität<br />
als ‚normal‘ <strong>und</strong> angemessen eingeschätzt“<br />
werden (Kunczik / Zipfel 2006: 162). Der UNESCO-<br />
<strong>Me<strong>die</strong>n</strong>stu<strong>die</strong> zufolge sind 16 Prozent der befragten<br />
<strong>Kinder</strong> aus Regionen, <strong>die</strong> im besonderen Maße<br />
durch <strong>Gewalt</strong> geprägt sind, der Ansicht, dass <strong>die</strong><br />
meisten Personen durch <strong>die</strong> <strong>Gewalt</strong> anderer sterben,<br />
während in gewaltarmen Regionen lediglich sieben<br />
Prozent <strong>die</strong>se Ansicht teilen (Groebel 1998: 14). In<br />
derselben Stu<strong>die</strong> geben 51 Prozent der <strong>Kinder</strong> aus<br />
<strong>die</strong>sen Regionen an, sie würden gerne wie Arnold<br />
Schwarzenegger in seiner Rolle als „Terminator“<br />
sein (Groebel 1998: 12).<br />
Gefährdungen durch das Internet<br />
Die mit der Nutzung des Internets verb<strong>und</strong>enen<br />
Gefahren sind vielfältig <strong>und</strong> lassen sich nicht auf<br />
Auswirkungen von <strong>Gewalt</strong>darstellungen reduzieren.<br />
Anhand der öffentlichen Diskussion identifizieren<br />
Kunczik <strong>und</strong> Zipfel sechs potentielle Risikofaktoren<br />
(Kunczik / Zipfel 2005: 241f.), <strong>die</strong> im Folgenden benannt<br />
<strong>und</strong> um einige zusätzliche Aspekte erweitert<br />
werden sollen.<br />
<strong>Gewalt</strong>darstellungen im Internet<br />
Die beschriebenen Erkenntnisse über <strong>die</strong> Auswirkungen<br />
von <strong>Gewalt</strong>darstellungen sind auch für das<br />
Internet von Relevanz. Es gilt jedoch darauf hinzuweisen,<br />
dass <strong>die</strong> <strong>Gewalt</strong>darstellungen im Internet<br />
häufig besonders grausam <strong>und</strong> detailliert sind. So<br />
werden Bilder von realen Ereignissen gezeigt, von<br />
deren Veröffentlichung sowohl in den Printme<strong>die</strong>n<br />
als auch im Fernsehen abgesehen wird. Besonders<br />
grausame Ausschnitte aus Horrorfilmen sind ebenso<br />
zu finden, wie gewalthaltige pornographische<br />
Darstellungen. <strong>Gewalt</strong>taten werden auch eigens<br />
für <strong>die</strong> Verfilmung <strong>und</strong> <strong>die</strong> Veröffentlichung im<br />
Internet durchgeführt. Die Spitze der Grausamkeit<br />
wäre hier mit den so genannten „Snuff-Movies“<br />
erreicht. <strong>Ein</strong> Snuff-Movie bezeichnet dabei<br />
<strong>die</strong> Aufzeichnung eines Mordes, der zum Zweck<br />
der Aufzeichnung <strong>und</strong> letztlich mit kommerzieller<br />
Absicht begangen wird. Über <strong>die</strong> Existenz solcher<br />
Filme wird jedoch gestritten.<br />
<strong>Gewalt</strong>ausübung im Internet<br />
Das Internet eignet sich aufgr<strong>und</strong> seines interaktiven<br />
Charakters nicht nur zur Darstellung von <strong>Gewalt</strong>. Im<br />
Rahmen von Onlinespielen <strong>die</strong>nt es ebenso zur „fiktiven“<br />
Ausübung direkter physischer <strong>Gewalt</strong>.<br />
Gefahren durch <strong>die</strong> Beschaffung anderer<br />
violenter <strong>Me<strong>die</strong>n</strong> via Internet<br />
Über das Internet können <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> Jugendliche<br />
gewalthaltige <strong>Me<strong>die</strong>n</strong> – z. B. Filme <strong>und</strong> Computerspiele<br />
– beziehen, <strong>die</strong> ihnen ansonsten nicht
10<br />
zugänglich sind. <strong>Ein</strong>erseits durch <strong>die</strong> Bestellung<br />
bei Versendern, andererseits aber auch durch das<br />
Herunterladen auf den Computer. <strong>Gewalt</strong>haltige<br />
Computerspiele zum kostenlosen <strong>und</strong> anonymen<br />
Download werden vielfach angeboten.<br />
Gefahren, via Internet Opfer von <strong>Gewalt</strong> zu<br />
werden<br />
<strong>Ein</strong>e Stu<strong>die</strong> in Großbritannien kommt zu dem Ergebnis,<br />
dass über zehn Prozent der <strong>Kinder</strong> zwischen<br />
11 <strong>und</strong> 15 Jahren Opfer von „Cyber-Bullying“, aber<br />
auch von <strong>Gewalt</strong>androhungen oder von der Veröffentlichung<br />
falscher Informationen im Internet sind<br />
(Microsoft 2006). <strong>Gewalt</strong>androhungen, Verleumdung<br />
sowie Cyber-Bullying sind erst aufgr<strong>und</strong> der<br />
hohen Anonymität des Internets in <strong>die</strong>ser Ausprägung<br />
möglich. Das Phänomen des Cyber-Bullyings<br />
geht dabei beispielsweise Hand in Hand mit der<br />
Verbreitung von Mobiltelefonen.<br />
Des Weiteren besteht <strong>die</strong> Gefahr Opfer sexueller<br />
<strong>Gewalt</strong> zu werden. Die zahlreichen Chat-Rooms für<br />
<strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> Jugendliche, in denen <strong>die</strong>se sich unter<br />
Gleichgesinnten glauben, werden bewusst von Pädophilen<br />
aufgesucht, <strong>die</strong> <strong>die</strong> <strong>Kinder</strong> sexuell belästigen,<br />
auch mit dem Ziel ein reales Treffen zu provozieren.<br />
Aufrufe zur <strong>Gewalt</strong><br />
Das Internet wird auch von rassistischen, rechtsextremen<br />
oder terroristischen Gruppierungen als<br />
Plattform für <strong>die</strong> Veröffentlichung ihrer Ideologien<br />
sowie den gezielten Aufruf zur <strong>Gewalt</strong> genutzt. Allgemein<br />
ist <strong>die</strong> Politisierung des Internets, besonders<br />
<strong>die</strong> Nutzung jenseits völkerrechtlich-demokratischer<br />
Prämissen, als zentrale Gefahrenquelle zu<br />
betrachten.<br />
Anleitung zur Ausführung violenter Handlungen<br />
Wie Kochrezepte finden sich im Internet auch Anleitungen<br />
zum Bau von Bomben, zum Mixen von<br />
Schießpulver, aber auch Anleitungen zum Mord <strong>und</strong><br />
Selbstmord.<br />
Neben den Risiken von <strong>Gewalt</strong>darstellungen <strong>und</strong><br />
den von Kunczik <strong>und</strong> Zipfel identifizierten vielfältigen<br />
Gefahren im Hinblick auf das Internet, gilt<br />
es auf einige weitere Aspekte zu verweisen, <strong>die</strong> ein<br />
Gefahrenpotential in sich bergen.<br />
Realitätsverlust <strong>und</strong> Suchtverhalten<br />
Verbreitet ist <strong>die</strong> Annahme, dass mit einem übermäßigen<br />
Konsum von <strong>Me<strong>die</strong>n</strong> ein zunehmender Realitätsverlust<br />
bzw. der Verlust einer „primären Welterfahrung“<br />
einhergeht. Diskutiert wird <strong>die</strong>ser Aspekt<br />
vor allem im Zusammenhang von Computerspielen<br />
<strong>und</strong> dem <strong>Ein</strong>tauchen in <strong>die</strong> virtuellen Welten des<br />
Internets, wie etwa dem Internet-Spiel Second Life.<br />
Empirisch ließen sich <strong>die</strong>se Annahmen jedoch noch<br />
nicht bestätigen.<br />
Wissenschaftlich kontrovers diskutiert wird auch<br />
<strong>die</strong> These, dass eine exzessive Nutzung von Internet<br />
<strong>und</strong> Computerspielen (online / offline) zu Suchtverhalten<br />
führen kann. Auf Untersuchungen der<br />
Berliner Humboldt-Universität beruhenden Schätzungen<br />
zufolge, sind ca. drei Prozent der deutschen<br />
Internetnutzer süchtig. Diese äußere sich in einer<br />
Verengung des Verhaltensraums, Kontrollverlust,<br />
Toleranzentwicklung (d. h. Nutzung wird gesteigert,<br />
damit ein konstantes positives Gefühl erhalten<br />
bleibt) <strong>und</strong> Entzugserscheinungen.<br />
Vermittlung problematischer Weltbilder<br />
Richtet man sein Interesse auf potentielle Gefahren<br />
von <strong>Me<strong>die</strong>n</strong> im Entwicklungskontext, gilt es zu<br />
beachten, dass sowohl das Internet als auch das<br />
Fernsehprogramm oder Kino bislang weitestgehend<br />
westlich geprägt sind. Bei Film <strong>und</strong> Fernsehen handelt<br />
es sich zumeist um US-amerikanische Produktionen,<br />
<strong>die</strong> weltweit Verbreitung finden. Auf Gr<strong>und</strong><br />
mangelnder Ressourcen für eigene Produktionen<br />
wird in Entwicklungsländern verstärkt auch <strong>die</strong><br />
Mehrzahl der Programme für <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> Jugendliche<br />
importiert: „Unfortunately much of the content<br />
contains characters and messages that, at best, are<br />
simply not relevant to local cultures, and at worst
11<br />
convey violent images and mass marketing messages“<br />
(Gigli 2004). Darüber hinaus wird im Rahmen<br />
der UN-Stu<strong>die</strong> Violence Against Children darauf hingewiesen,<br />
dass durch den Konsum solcher Produktionen<br />
<strong>die</strong> Kluft zwischen dem Lebensstil der „haves“<br />
<strong>und</strong> dem Lebensstil der „have-nots“ unterstrichen<br />
wird, was sowohl zu geringfügigen aber auch zu<br />
gewaltsamen kriminellen Handlungen führen kann<br />
(UN 2006: 313). Die Herausforderung der Entwicklungszusammenarbeit<br />
besteht hier nicht zuletzt in<br />
der Förderung einheimischer Produktionen.<br />
Neue Informations- <strong>und</strong> Kommunikationstechnologien<br />
<strong>und</strong> Krieg<br />
Abschließend gilt es zumindest flankierend darauf<br />
hinzuweisen, dass „moderne“ Kriege, ohne <strong>die</strong> neuen<br />
Informations- <strong>und</strong> Kommunikationstechnologien<br />
gar nicht führbar wären. Auch der internationale<br />
Terrorismus, wie man ihn seit spätestens dem 11.<br />
September 2001 kennt, wäre nicht denkbar, gäbe<br />
es nicht <strong>die</strong> Möglichkeit einer globalen Vernetzung<br />
über das Internet.<br />
CHANCEN<br />
UND HERAUSFORDERUNGEN<br />
Vor allem mit der Verbreitung der neuen Informations-<br />
<strong>und</strong> Kommunikationstechnologien sind<br />
auch vielfältige Chancen verb<strong>und</strong>en. Im Folgenden<br />
werden <strong>die</strong> für den Bereich „Bildung <strong>und</strong> Konflikt“<br />
relevanten benannt.<br />
Verbesserung der Bildungschancen<br />
„Might we now have the means to achieve equal<br />
and universal access to knowledge, and genuine<br />
sharing?“ (UNESCO 2005: 17).<br />
Verbesserungen im Hinblick auf Bildungschancen<br />
ergeben sich mit der Verbreitung der neuen Informations-<br />
<strong>und</strong> Kommunikationstechnologien im<br />
Hinblick auf zumindest dreierlei Nutzungsmöglichkeiten:<br />
<strong>Me<strong>die</strong>n</strong> als Informationsquelle zur Generierung<br />
individuellen Wissens<br />
Durch <strong>die</strong> Verbreitung des Internets ergeben sich<br />
vielfältige Möglichkeiten der individuellen Wissensgenerierung.<br />
Es erscheint als unerschöpfliche Quelle<br />
von Informationen <strong>und</strong> bietet nahezu unendliche<br />
Möglichkeiten der Recherche. Den Schätzungen<br />
eines Forschungsprojektes an der Universität in Berkeley<br />
(Kalifornien) zufolge, entsprechen <strong>die</strong> jährlich<br />
geschaffenen neuen Informationen 37 000 Bibliotheken<br />
der Größe der US Libary of Congress. Über<br />
90 Prozent <strong>die</strong>ser Informationen werden digital gespeichert<br />
(Lyman / Varian 2003). Dabei gilt es jedoch<br />
darauf hinzuweisen, dass Information allein nicht<br />
notwendigerweise zu Wissen führt.<br />
E-Learning<br />
Darüber hinaus ist an <strong>die</strong> vielfältigen Formen eines<br />
gezielten Lernens mit Hilfe neuer Informations- <strong>und</strong><br />
Kommunikationstechnologien, dem so genannten<br />
E-Learning, zu denken, einerseits im Rahmen des<br />
formalen aber auch des informellen Bildungsbereichs.<br />
Im formalen Bildungsbereich handelt es<br />
sich typischerweise um Formen des so genannten<br />
Blended Learning, d.h. traditionelles <strong>und</strong> virtuelles<br />
Lernen auf der Basis neuer Informations- <strong>und</strong><br />
Kommunikationstechnologien, <strong>die</strong> im Rahmen konkreter<br />
Lehr- <strong>und</strong> Lernkonzepte didaktisch sinnvoll<br />
verknüpft werden (Kerres 2001a). Dieses integrierte<br />
Lernen hat sich in der Regel als effizienter erwiesen<br />
als reine E-Learning Arrangements.<br />
Im Hinblick auf <strong>die</strong> Frage nach den Potentialen <strong>und</strong><br />
dem Mehrwert gegenüber traditionellen Formen, lassen<br />
sich vor allem folgende Aspekte benennen, <strong>die</strong> für<br />
<strong>die</strong> Förderung solcher Lehr- <strong>und</strong> Lernformen im Rahmen<br />
der Entwicklungszusammenarbeit sprechen:<br />
<strong>Ein</strong> zentraler Vorteil besteht in der flexiblen Lernorganisation:<br />
Lehrende <strong>und</strong> Lernende sind im Hin-
12<br />
blick auf Raum <strong>und</strong> Zeit unabhängig voneinander.<br />
Hierbei ist beispielsweise an verschiedene Formen<br />
des „teleteaching“ oder der „distance education“<br />
zu denken. <strong>Ein</strong>e individuellere Ausrichtung des<br />
Lehrmaterials sowie eine Individualisierung der<br />
Qualifizierung wird möglich. Darüber hinaus ist<br />
digitalisiertes Lehrmaterial flexibler zu handhaben<br />
im Hinblick auf <strong>die</strong> Aktualisierung: Selbst in Industrieländern<br />
sind <strong>die</strong> Schulbücher häufig veraltet <strong>und</strong><br />
bieten damit keine idealen Lernbedingungen. <strong>Ein</strong>e<br />
Digitalisierung des Lehrmaterials bietet sich auch<br />
aus Kostengründen an.<br />
Da im Rahmen des E-Learnings selbstorganisiertes<br />
Lernen von zentraler Bedeutung ist, sind damit<br />
hohe Anforderungen an <strong>die</strong> individuellen Lernkompetenzen<br />
verknüpft, <strong>die</strong> auch eine Überforderung<br />
des Lernenden mit sich bringen können. Auf dem<br />
E-Learning beruhende Lernarrangements können<br />
aufgr<strong>und</strong> dessen nur dann wirksam sein, wenn sie<br />
mit einer durchdachten didaktischen Konzeption<br />
einhergehen.<br />
Neue Informations- <strong>und</strong> Kommunikationstechnologien<br />
als Hilfsmittel traditioneller Bildung<br />
Auch im Hinblick auf traditionelle Lehr- <strong>und</strong> Lernformen<br />
bieten <strong>die</strong> neuen Informations- <strong>und</strong> Kommunikationstechnologien<br />
bislang nicht da gewesene<br />
Möglichkeiten. So etwa <strong>die</strong> digitale Bereitstellung<br />
von Lehrbüchern. Diesbezügliche Pionierarbeit<br />
leistet etwa das US-Unternehmen Freeload Press,<br />
welches über kommerzielle Werbung finanzierte<br />
kostenlose Lehrbücher im Netz bereitstellt.<br />
Globales Lernen<br />
Durch das Internet ergeben sich für den Bereich des<br />
Globalen Lernens neue Möglichkeiten, bezüglich Information<br />
<strong>und</strong> Kommunikation sowie Kreativität in<br />
Form international angelegter Projekte.<br />
In seinem nahezu unerschöpflichen Pool lassen sich<br />
beispielsweise Informationen über andere Länder,<br />
Kulturen, Weltsichten sowie über globale Themen<br />
recherchieren. In ihrer Aktualität sind <strong>die</strong>se Informationen<br />
in der Regel denjenigen aus anderen<br />
<strong>Me<strong>die</strong>n</strong> weit voraus. Schüler können kostengünstig<br />
– über E-Mail, Chats oder Weblogs – mit anderen<br />
Schülern weltweit in einen direkten Dialog treten<br />
<strong>und</strong> auf <strong>die</strong>sem Wege unmittelbar mehr über das<br />
alltägliche Leben der jeweils anderen erfahren, aber<br />
auch über ihre Perspektiven zu globalen Fragen.<br />
Über <strong>die</strong>se neuen Kommunikationsmöglichkeiten<br />
entstehen auch neue Chancen für <strong>die</strong> Umsetzung<br />
international angelegter Projekte im Bereich des<br />
Globalen Lernens, ob nun virtuell, zum Beispiel in<br />
Form gemeinsam gestalteter Webseiten oder real,<br />
wie etwa ein Schüleraustausch.<br />
In <strong>die</strong>sem Zusammenhang gilt es anzumerken, dass<br />
sich der Fokus im Hinblick auf <strong>die</strong> Nutzung des Internets<br />
im Rahmen der Bildung auf E-Learning sowie<br />
<strong>die</strong> individuelle Informationsbeschaffung, d. h.<br />
Recherche, richtet. Das Potential der neuen Kommunikationsmöglichkeiten<br />
für den Bildungsbereich,<br />
besonders in Form von Chats, Weblogs <strong>und</strong> zukünftig<br />
auch online-Videokonferenzen, wird bislang<br />
unterschätzt. Häufig werden sie gar als <strong>die</strong> dunkle<br />
Seite des Internets betrachtet <strong>und</strong> der Zugang zu<br />
<strong>die</strong>sen Werkzeugen an Schulen gesperrt (Cawson<br />
2006: 20).<br />
<strong>Me<strong>die</strong>n</strong> als wichtiges Instrument <strong>und</strong><br />
Hilfsmittel im Bereich der Konflikttransformation<br />
Die neuen Informations- <strong>und</strong> Kommunikationstechnologien<br />
haben viele Bemühungen im Bereich<br />
der Konflikttransformation erleichtert oder gar erst<br />
ermöglicht.<br />
So ist etwa der Kontakt zwischen Angehörigen verschiedener<br />
Konfliktparteien häufig nur über E-Mails<br />
realisierbar. Diskussionsforen oder eigens zu <strong>die</strong>sem<br />
Zweck eingerichtete Chatrooms oder Internetforen<br />
(vgl. Bonsi@Kids Online) bieten darüber hinaus eine<br />
spezifische Möglichkeit des Austauschs von Meinungen<br />
<strong>und</strong> Perspektiven.<br />
Des Weiteren ergibt sich für Menschen in Kriegsoder<br />
Krisengebieten vor allem durch das Internet
13<br />
<strong>die</strong> Chance auf zahlreiche Informationsquellen zuzugreifen.<br />
So wird eine „neutrale“ Information jenseits<br />
von Kriegspropaganda vielfach erst denkbar.<br />
Diesbezüglich ist auch auf Friedensforschungsinstitute,<br />
wie etwa das Stockholm International Peace<br />
Research Institute (SIPRI) zu verweisen, <strong>die</strong> ihre Ergebnisse<br />
– auch im Hinblick auf Frühwarnung – im<br />
Internet dem interessierten Publikum weltweit zur<br />
Verfügung stellen.<br />
Auch im Hinblick auf <strong>die</strong> Planung, Koordination<br />
<strong>und</strong> Nachhaltigkeit von Projekten im Bereich der<br />
Konflikttransformation haben neue Informations<strong>und</strong><br />
Kommunikationstechnologien einen zentralen<br />
Stellenwert: Vielfach wäre <strong>die</strong> Durchführung <strong>und</strong><br />
<strong>die</strong> Vernetzung solcher Projekte auf Gr<strong>und</strong> einer<br />
zu großen Zeit- <strong>und</strong> Kostenintensität ohne digitale<br />
Kommunikation gar nicht zu realisieren.<br />
<strong>Me<strong>die</strong>n</strong> als Mittel der <strong>Gewalt</strong>prävention<br />
Im Rahmen der UN-Stu<strong>die</strong> Violence Against Children<br />
wird den <strong>Me<strong>die</strong>n</strong> eine zentrale Rolle im Bereich der<br />
<strong>Gewalt</strong>prävention zugesprochen. Die Stu<strong>die</strong> bezieht<br />
sich dabei vor allem auf einen Aspekt: <strong>Me<strong>die</strong>n</strong><br />
werden dazu aufgefordert, <strong>die</strong> <strong>Thema</strong>tisierung von<br />
<strong>Gewalt</strong> in Familie, Schule, der Gesellschaft zu enttabuisieren,<br />
mit dem Ziel <strong>die</strong> <strong>Ein</strong>stellung der Gesellschaft<br />
gegenüber <strong>Gewalt</strong> zu verändern, d. h. Menschen<br />
für <strong>die</strong> unterschiedlichen Formen von <strong>Gewalt</strong><br />
zu sensibilisieren. Während Morde an <strong>Kinder</strong>n <strong>und</strong><br />
andere extreme Formen der <strong>Gewalt</strong> in den <strong>Me<strong>die</strong>n</strong><br />
große Beachtung finden, bleiben <strong>die</strong> täglichen, immer<br />
wiederkehrenden <strong>Gewalt</strong>akte, <strong>die</strong> <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong><br />
Jugendliche in Familien, Schulen, <strong>Kinder</strong>heimen,<br />
Internaten, Gefängnissen oder am Arbeitsplatz erleiden,<br />
meist unbeachtet, so <strong>die</strong> Stu<strong>die</strong>. <strong>Gewalt</strong> ist<br />
vielfach auch unsichtbar, weil <strong>die</strong> Opfer niemanden<br />
haben, dem sie sich anvertrauen können. Speziell<br />
hierfür eingerichtete Internetforen mit professioneller<br />
Betreuung eröffnen auch in <strong>die</strong>sem Bereich<br />
neue Chancen.<br />
Demokratisches Potential der Informations-<br />
<strong>und</strong> Kommunikationstechnologien<br />
Die Informations- <strong>und</strong> Kommunikationstechnologien<br />
tragen in mehrfacher Hinsicht zu einer Erhöhung<br />
des demokratischen Potentials in Gesellschaften<br />
bei.<br />
Informationsfreiheit <strong>und</strong> freie Meinungsäußerung<br />
<strong>Ein</strong>erseits spielt auch im Hinblick auf <strong>die</strong>sen Aspekt,<br />
der schnelle Zugriff auf eine Vielzahl von Informationen<br />
eine entscheidende Rolle. Darüber hinaus<br />
kann man sich mit einem sehr geringen finanziellen,<br />
organisatorischen <strong>und</strong> technischen Aufwand im<br />
Internet auf verschiedenste Weise Gehör verschaffen.<br />
Seit einigen Jahren nehmen Weblogs vor allem<br />
aufgr<strong>und</strong> der einfachen Publikationsmethode <strong>und</strong><br />
schnellen Verbreitungsmöglichkeit (Verlinkung),<br />
in <strong>die</strong>sem Zusammenhang eine zentrale Stellung<br />
ein. Sie stehen „als postmodernes Medium für <strong>die</strong><br />
Pluralität von Wahrheit <strong>und</strong> Informationen“ (Franz<br />
2006: 23). Von besonders großer Bedeutung ist<br />
<strong>die</strong>ses Medium vor allem in Kriegs- <strong>und</strong> Krisenregionen,<br />
sowie in Ländern mit eingeschränkter Informations-,<br />
Meinungs- <strong>und</strong> Pressefreiheit. Die so<br />
genannten Warblogs tauchten verstärkt während<br />
des Irak-Krieges 2003 auf. Die Vorteile gegenüber<br />
der Berichterstattung liegen in erster Linie in ihrer<br />
Vielfältigkeit <strong>und</strong> Interaktivität. Es handelt sich dabei<br />
in der Regel um Augenzeugenberichte, <strong>die</strong> gekennzeichnet<br />
sind durch das Niederschreiben von<br />
persönlichen <strong>Ein</strong>drücken <strong>und</strong> Meinungen. So wurden<br />
täglich (subjektive) Berichte über <strong>die</strong> Kriegsgeschehnisse<br />
ins Netz gestellt, auch mit dem Ziel <strong>die</strong><br />
reguläre Kriegsberichterstattung zu kommentieren<br />
oder gar zu revi<strong>die</strong>ren. Die Warblogs werden auch<br />
als Gegengewicht zu den Berichten der embedded<br />
journalists betrachtet: Während <strong>die</strong>se einer nahezu<br />
vollständigen militärischen Zensur unterliegen,<br />
seien <strong>die</strong> Blogger nur ihren Lesern verpflichtet. Anzumerken<br />
gilt jedoch, dass <strong>die</strong> Blogger im Gegensatz<br />
der traditionellen Berichterstattung aus einer
14<br />
Froschperspektive berichten. Bestimmte Ereignisse<br />
werden typischerweise nicht in größeren Zusammenhängen<br />
betrachtet.<br />
Organisation <strong>und</strong> Vernetzung von unten<br />
Die Informations- <strong>und</strong> Kommunikationstechnologien<br />
bringen auch im Hinblick auf <strong>die</strong> Organisation<br />
von Interessengruppen zentrale Vorteile mit sich.<br />
Sie vereinfachen <strong>die</strong> nationale <strong>und</strong> internationale<br />
Vernetzung sozialer Bewegungen, wie etwa der<br />
Menschenrechtsbewegung, <strong>und</strong> können damit zu<br />
einer wesentlichen Verbesserung zivilgesellschaftlicher<br />
Partizipation beitragen.<br />
E-Government<br />
Auch in der Politik werden Informations- <strong>und</strong> Kommunikationstechnologien<br />
immer bedeutender: von<br />
der Internetpräsentation politischer Parteien über<br />
<strong>die</strong> Ausweitung des Wahlkampfes auf virtuelle<br />
Welten – wie es beispielsweise im französischen<br />
Präsidentschaftswahlkampf 2007 der Fall war,<br />
dessen Spitzenkandidaten Wahlkampfbüros in der<br />
virtuellen Welt von Second Life eröffneten – bis hin<br />
zum so genannten E-Government. Darunter ist <strong>die</strong><br />
Nutzung von Informations- <strong>und</strong> Kommunikationstechnologien<br />
für Verwaltungs- <strong>und</strong> Regierungsprozesse<br />
zu verstehen. Durch das E-Government sollen<br />
<strong>die</strong> Kommunikation <strong>und</strong> Transaktionen zwischen<br />
<strong>und</strong> innerhalb staatlicher Institutionen einerseits<br />
<strong>und</strong> zwischen den staatlichen Institutionen <strong>und</strong> den<br />
Bürgern andererseits erleichtert <strong>und</strong> durchgeführt<br />
werden. Damit verknüpft sind jedoch verschiedene<br />
rechtliche, organisatorische sowie technische Voraussetzungen.<br />
Festzuhalten ist, dass <strong>die</strong> Informations- <strong>und</strong> Kommunikationstechnologien<br />
ein enormes demokratisches<br />
Potential in sich bergen. Dieses kann jedoch<br />
nicht per se als realisierbar betrachtet werden. Der<br />
Mehrwert im Hinblick auf <strong>die</strong> Demokratisierung<br />
wird durch verschiedene Faktoren geschmälert:<br />
<strong>Ein</strong>erseits gilt es auf <strong>die</strong> zunehmende Unternehmenskonzentration<br />
<strong>und</strong> Monopolitisierung des<br />
Internets hinzuweisen. Nur wenige Unternehmen<br />
bestimmen einen Großteil der Webaktivitäten (v. a.<br />
Google). Außerdem wird eine zunehmende Kommerzialisierung<br />
des Internets <strong>und</strong> damit von Wissen<br />
<strong>und</strong> Information beklagt. Darüber hinaus ist das<br />
Internet in vielen Ländern der Welt nicht als freies<br />
Medium zu betrachten: Laut Reporter ohne Grenzen<br />
befinden sich aktuell 60 Online-Aktivisten in Haft<br />
– 50 davon allein in China.<br />
Neue Erwerbsmöglichkeiten<br />
Schließlich ist zumindest flankierend darauf hinzuweisen,<br />
dass das auf das Internet zurückführbare<br />
Auflösen räumlicher Strukturen neue Erwerbsmöglichkeiten<br />
– auch in Entwicklungs- <strong>und</strong> Schwellenländern<br />
– mit sich bringt. Menschen <strong>und</strong> Firmen<br />
haben <strong>die</strong> Möglichkeit in direkte Konkurrenz mit<br />
den Beschäftigten in den Industrieländern zu treten.<br />
Unter dem Schlagwort E-Business ist heute<br />
vermehrt von einer „Dematerialisierung der Warenströme“<br />
<strong>die</strong> Rede.<br />
Angesichts der zahlreichen <strong>und</strong> aktuell vielfach<br />
diskutierten so genannten „Goldfarmen“ vor allem<br />
in China, sind <strong>die</strong> durch das Internet geschaffenen<br />
neuen Erwerbsmöglichkeiten jedoch auch nicht<br />
gänzlich unkritisch zu betrachten. <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> Jugendliche<br />
werden hier zum Computerspielen rekrutiert,<br />
um für andere Computerspieler vor allem<br />
im Westen, <strong>die</strong> zwar Geld aber keine Zeit haben,<br />
bestimmte Charakteren oder Level in so genannten<br />
„Massively Multiplayer Online Role-Playing Games“<br />
zu erspielen. Verkauft werden <strong>die</strong> erspielten „Charakteren“<br />
meist über Internetauktionshäuser wie<br />
etwa Ebay.<br />
Hierbei handelt es sich um eine mit der Verbreitung<br />
der <strong>Me<strong>die</strong>n</strong> verb<strong>und</strong>ene Ambivalenz, welche<br />
auch unter anderen Gesichtspunkten zum Ausdruck<br />
kommt. Auf <strong>die</strong>se Aspekte wird im Folgenden eingegangen.
15<br />
Zensur, Unterdrückung <strong>und</strong> Inszenierung<br />
„When the free flow of information is impeded, or<br />
when information itself is censored or manipulated,<br />
how can we speak of a global information society?“<br />
(UNESCO 2005)<br />
Mit der Verbreitung von <strong>Me<strong>die</strong>n</strong> ist <strong>die</strong> Möglichkeit<br />
der freien Meinungsäußerung, das Voranschreiten<br />
von Demokratisierungsprozessen sowie <strong>die</strong> Gewährleistung<br />
der Informationsfreiheit verb<strong>und</strong>en<br />
<strong>und</strong> damit zentrale Chancen für <strong>die</strong> Entwicklung<br />
von Gesellschaften. Als gegeben hingenommen<br />
verbirgt sich hinter <strong>die</strong>ser Annahme eine zentrale<br />
Gefahr: <strong>Ein</strong>erseits wird <strong>die</strong> angenommene Freiheit,<br />
auch des Internets in verschiedenen Ländern staatlich<br />
reglementiert. Und auch wenn keine staatliche<br />
Zensur besteht, ist es andererseits zwischenzeitlich<br />
unumstritten, dass beispielsweise Nachrichten, etwa<br />
über Krieg <strong>und</strong> Krisen, kein Abbild der Wirklichkeit<br />
liefern, sondern einer „Inszenierung“ unterliegen.<br />
Zensur des Internets<br />
Vor allem das Internet wird als ein Medium betrachtet,<br />
das – nicht zuletzt aufgr<strong>und</strong> seines dezentralen<br />
Charakters – nur schwer zu kontrollieren ist. Doch<br />
in verschiedenen Staaten, etwa in China, dem Iran<br />
oder Tunesien, unterliegt der OpenNet Initiative<br />
zufolge zwischenzeitlich auch das Web einer systematischen<br />
Zensur. Auch in demokratischen Staaten<br />
besteht eine staatliche Kontrolle des Internets,<br />
<strong>die</strong> meist nur partiell <strong>und</strong> gezielt greift. So werden<br />
in Deutschland beispielsweise mit Hilfe von Filterprogrammen<br />
pornographische Seiten gesperrt. In<br />
Ländern mit eingeschränkter Meinungs- <strong>und</strong> Informationsfreiheit<br />
greift <strong>die</strong> Sperrung von Seiten<br />
jedoch viel weiter. Zensiert werden auch Seiten von<br />
religiösen Abweichlern oder der politischen Opposition.<br />
Darüber hinaus kommt es regelmäßig zur Blockierung<br />
ganzer Angebote: so wurde etwa in China<br />
der Bloganbieter LiveJournal gesperrt, in der Türkei<br />
kam es aufgr<strong>und</strong> eines „virtuellen Krieges“ zwischen<br />
türkischen <strong>und</strong> griechischen Usern zur vorübergehenden<br />
Vollsperrung von YouTube. Während früher<br />
vor allem Internetpräsenzen internationaler Nachrichtensender,<br />
wie etwa CNN, kritisch betrachtet<br />
<strong>und</strong> blockiert wurden, sind es heute – laut OpenNet<br />
– vorwiegend lokale Seiten in den jeweiligen Landessprachen.<br />
Dabei läuft <strong>die</strong> Zensur nicht immer direkt.<br />
Unerwünschte Websites können durch gezielte<br />
Angriffe lahm gelegt werden – so etwa <strong>die</strong> Seiten<br />
verschiedener Zeitungen in Kirgistan. <strong>Ein</strong> anderes<br />
Beispiel für indirekte Zensur findet sich im Iran,<br />
wo <strong>die</strong> Verbindungsgeschwindigkeit aller Netzanschlüsse<br />
auf 128 KBit/s beschränkt wurde. Damit<br />
sollte vor allem den unbeliebten Bloggern <strong>die</strong> Freude<br />
an der Internetnutzung verdorben werden.<br />
Trotz staatlicher Reglementierung gelingt es den<br />
Menschen in solchen Staaten – nicht zuletzt mit<br />
Hilfe der neuen Informations- <strong>und</strong> Kommunikationstechnologien<br />
– immer wieder ihre Meinungen<br />
zu äußern. <strong>Ein</strong> Beispiel hierfür sind <strong>die</strong> ausgeprägten<br />
Bloggerszenen in China <strong>und</strong> dem Iran. Die<br />
Internetnutzer sind ständig in Gefahr, gefasst zu<br />
werden, da eine wirkliche Anonymität im Internet<br />
nicht gegeben ist. Über <strong>die</strong> IP-Adresse oder andere<br />
Identifizierungsnummern kann <strong>die</strong> Identität der<br />
Nutzer festgestellt werden.<br />
Festzuhalten ist, dass <strong>die</strong> neuen Technologien eben<br />
auch von staatlicher Seite eingesetzt werden, um<br />
ihre Kontrolle <strong>und</strong> Macht zu stärken. Unterstützt<br />
werden <strong>die</strong> staatlichen Institutionen häufig von<br />
(westlichen) Unternehmen, <strong>die</strong> in aller Regel <strong>die</strong><br />
Filterprogramme bereitstellen aber auch Daten von<br />
regimekritischen Usern an staatliche Stellen weitergeben.<br />
Für letzteres ist beispielsweise Yahoo!<br />
verstärkt in <strong>die</strong> Kritik geraten.<br />
Die Herausforderung an <strong>die</strong> EZ besteht in <strong>die</strong>sem<br />
Zusammenhang darin sich für ein freies Internet<br />
einzusetzen. Andererseits geht es aber auch darum,<br />
<strong>die</strong> Nutzer über <strong>die</strong> Vorgehensweisen der staatlichen<br />
Stellen zu informieren.
16<br />
Kriegsberichterstattung – „Zwischen Information,<br />
Inszenierung <strong>und</strong> Zensur“<br />
In verschiedenen Arbeiten widmen sich Christian<br />
Büttner <strong>und</strong> Magdalena Kladzinski dem „Krieg in den<br />
Bildschirmme<strong>die</strong>n“ <strong>und</strong> stellen fest, dass sich auch<br />
<strong>die</strong> Kriegsberichterstattung „Zwischen Information,<br />
Inszenierung <strong>und</strong> Zensur“ bewegt. Sie arbeiten heraus,<br />
dass verschiedene Akteure Interesse haben an<br />
der Konstruktion einer bestimmten Kriegswirklichkeit.<br />
Immer wieder stehen dabei Militär <strong>und</strong> Politik<br />
unter Verdacht <strong>die</strong> Kriegsberichterstattung zu<br />
kontrollieren sowie <strong>die</strong> <strong>Me<strong>die</strong>n</strong> für ihre Zwecke zu<br />
instrumentalisieren. Von einer solchen Instrumentalisierung<br />
der <strong>Me<strong>die</strong>n</strong> ist vor allem dann auszugehen,<br />
wenn das eigene Land an einem Krieg beteiligt<br />
ist. Dabei geht es unter anderem um eine gezielte<br />
Desinformation der eigenen Bevölkerung: <strong>Ein</strong> geführter<br />
Krieg, muss als legitim gelten <strong>und</strong> von der<br />
Bevölkerung unterstützt werden. Und das ist in der<br />
Regel der Fall, wenn man ihn als Verteidigungskrieg<br />
verkaufen kann. Heute geht es dabei nicht immer<br />
nur um <strong>die</strong> „Verteidigung“ der eigenen Bevölkerung<br />
<strong>und</strong> des eigenen Landes, sondern mitunter auch<br />
um „menschliche Sicherheit“. Doch auch solche<br />
Kriege – wie z. B. der „Krieg gegen den Terrorismus“<br />
– bedürfen einer Legitimierung, <strong>die</strong> durch Kriegsdarstellungen,<br />
<strong>die</strong> noch immer auf den üblichen<br />
Propagandaprinzipien beruhen (Büttner / Kladzinski<br />
2005: 33), zu erreichen versucht wird: Es sind immer<br />
<strong>die</strong> Guten, <strong>die</strong> gegen das Böse kämpfen. Darüber<br />
hinaus werden dem Publikum typischerweise<br />
„ungeschminkte Kriegsbilder“ sowie <strong>die</strong> Perspektive<br />
der Soldaten aber auch <strong>die</strong> Perspektive der „Bösen“<br />
vorenthalten. Diesbezüglich wird heute weniger<br />
von Propaganda im Sinne einer „negativen Zensur<br />
der Nachrichtenunterdrückung“ vielmehr von<br />
einer „positive[n] Zensur der Nachrichtenlenkung“<br />
gesprochen (vgl. Weischenberg 1993: 13; Büttner/<br />
Kladzinski 2005: 33).<br />
Neben der „gezielten Desinformation“ der eigenen<br />
Bevölkerung, um sich deren Unterstützung zu sichern,<br />
ist eine „überlegene Informationspolitik“ in<br />
Krisen- <strong>und</strong> Kriegszeiten vor allem für das Militär<br />
von besonderer Bedeutung, weil man den Gegner<br />
so lange wie möglich im Unklaren lassen möchte<br />
(Büttner/Kladzinski 2005: 24f.). „Die <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>kampagne<br />
zu gewinnen, ist genauso wichtig, wie <strong>die</strong><br />
militärische Kampagne für sich zu entscheiden“, so<br />
der ehemalige NATO-Sprecher Jamie Shea (Shea<br />
2000: 214; zitiert nach Bläsi 2005: 272). „Informationskrieg“<br />
<strong>und</strong> „Informationsoperationen“ sind Begriffe,<br />
<strong>die</strong> heutzutage sowohl in Kriegs- als auch in<br />
Friedenszeiten fest im militärischen Sprachgebrauch<br />
verankert sind (Büttner/Kladzinski 2005: 25).<br />
Militär <strong>und</strong> Politik setzten ihre Interessen auf Kosten<br />
einer wahrheitsgetreuen Kriegsberichterstattung<br />
durch, <strong>die</strong> sich für sie nicht als „nützlich“ erweisen<br />
würde (Büttner / Kladzinski 2005: 33). Es kann zwar<br />
davon ausgegangen werden, dass <strong>die</strong> <strong>Me<strong>die</strong>n</strong> sich<br />
ihrer Instrumentalisierung bewusst sind. Es kann<br />
sich jedoch als äußerst schwierig erweisen etwas<br />
dagegen auszurichten (Müller 2002: 37). Zu beachten<br />
ist einerseits, dass <strong>die</strong> Regierungen <strong>und</strong> das<br />
Militär sowohl im Vorfeld als auch während eines<br />
Krieges über einen beträchtlichen Informationsvorteil<br />
verfügen. Aufgr<strong>und</strong> des öffentlichen Interesses<br />
sind <strong>die</strong> <strong>Me<strong>die</strong>n</strong> jedoch von der Berichterstattung<br />
über politische <strong>und</strong> militärische Ereignisse abhängig<br />
<strong>und</strong> daher auf <strong>die</strong> Kooperation mit Regierung <strong>und</strong><br />
Militär angewiesen (Müller 2002: 37). Im Übrigen<br />
zeige <strong>die</strong> Geschichte auch, so Müller, „dass <strong>die</strong> patriotische<br />
Aufwallung, <strong>die</strong> für <strong>die</strong> Bevölkerung festgestellt<br />
wurde, auch <strong>die</strong> <strong>Me<strong>die</strong>n</strong> in ihrer Mehrheit<br />
mit einbezieht. Wenn <strong>die</strong> Demokratie im Krieg steht,<br />
fällt <strong>die</strong> kritische Distanz auch <strong>und</strong> gerade den demokratisch<br />
Gesinnten schwer“ (Müller 2002: 37).<br />
Die zentrale Herausforderung für <strong>die</strong> Entwicklungszusammenarbeit<br />
besteht hier einerseits in der Förderung<br />
eines „guten Journalismus“, d. h. letztlich<br />
in der Ausbildung von Journalisten. Darüber hinaus<br />
gilt es eine kritische Betrachtung der <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>berichterstattung<br />
zu vermitteln sowie <strong>die</strong> Fähigkeit<br />
mit Informationen umzugehen.
17<br />
Wahrheitsgehalt von <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>inhalten<br />
Die Problematik bezüglich des Wahrheitsgehaltes<br />
der <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>inhalte besteht nicht nur im Hinblick<br />
auf Nachrichtensendungen. Sie trifft sämtliche<br />
Inhalte des Internets <strong>und</strong> erweist sich hier als viel<br />
relevanter als bei allen anderen Quellen. Für <strong>die</strong><br />
sachliche Richtigkeit sowie Vollständigkeit der Informationen<br />
gibt es keine Garanten.<br />
<strong>Ein</strong>e zentrale Herausforderung besteht darin, auf<br />
<strong>die</strong>se Problematik aufmerksam zu machen sowie<br />
<strong>Kinder</strong>n <strong>und</strong> Jugendlichen Wege zu zeigen, wie sie<br />
<strong>die</strong>se Gefahr zumindest verkleinern können, indem<br />
etwa auf seriöse Seiten oder das Impressum verwiesen<br />
wird.<br />
Sicherheit von Daten <strong>und</strong> Transaktionen<br />
Transaktionen im Internet – auch verschlüsselte<br />
– sind trotz vielfältigen Fortschritten im Hinblick<br />
auf Sicherheitssysteme anfällig für Manipulationen.<br />
Opfer von Angriffen verschiedenster Art können sowohl<br />
Privatpersonen als auch Unternehmen oder<br />
Behörden sein. Hacker <strong>und</strong> <strong>die</strong> so genannte Malware,<br />
wozu Trojaner, Viren, Würmer <strong>und</strong> Spyware<br />
zählen, sind als eine der größten Gefahren des<br />
Internets anzusehen. Hinter der Entwicklung <strong>und</strong><br />
Verbreitung von Malware sowie Hackerangriffen<br />
verbirgt sich häufig Informations<strong>die</strong>bstal, Spionage<br />
oder gezielte Sabotage, <strong>die</strong> bis zu einem Denial<br />
of Service führen kann. In <strong>die</strong>sem Falle wird etwa<br />
ein Server durch einen Angriff – in der Regel durch<br />
Überlastung – arbeitsunfähig gemacht. Dahinter<br />
verbirgt sich in vielen Fällen Erpressung.<br />
Umgang mit Datenmüll<br />
So genannte Spam-Mails (auch Junk- oder Bulk-<br />
Mails) haben sich zu einer der größten Plagen im<br />
Internet entwickelt. Schätzungen zufolge ist bereits<br />
jede zweite E-Mail eine unerwünschte Werbemail.<br />
Datenmüll in Form von Spam kann einen erheblichen<br />
Schaden verursachen. Um nur zwei Beispiele<br />
zu benennen: Das Aussortieren der unerwünschten<br />
Post kostet Zeit, des Weiteren können Posteingänge<br />
(bzw. Mailboxen) aufgr<strong>und</strong> ihrer meist beschränkten<br />
Kapazität durch Spam-Mails blockiert werden, was<br />
den <strong>Ein</strong>gang anderer E-Mails verhindert. Die weltweit<br />
durch Spams verursachten zusätzlichen Kosten<br />
wurden im Jahre 2003 auf 12 Milliarden Dollar<br />
geschätzt.<br />
MEDIEN ALS SOZIALISATIONSINSTANZ<br />
UND<br />
WIRKLICHKEITSKONSTRUKTEUR<br />
Ungeachtet der mit der Verbreitung der <strong>Me<strong>die</strong>n</strong> verb<strong>und</strong>enen<br />
potentiellen Chancen <strong>und</strong> Gefahren ist<br />
zwischenzeitlich unumstritten, dass <strong>die</strong> Bedeutung<br />
der <strong>Me<strong>die</strong>n</strong> zunimmt: „Was wir über unsere Gesellschaft,<br />
ja über <strong>die</strong> Welt, in der wir leben, wissen,<br />
wissen wir durch <strong>die</strong> Massenme<strong>die</strong>n“ (Luhmann<br />
1996: 9). Hierbei handelt es sich um <strong>die</strong> im Kontext<br />
der Kommunikationswissenschaften weitestgehend<br />
unumstrittene Annahme der „medialen Konstruktion<br />
der Wirklichkeit“, d. h., dass <strong>die</strong> <strong>Me<strong>die</strong>n</strong> <strong>die</strong> Realität<br />
nicht nur abbilden, sondern sie auch selbst<br />
(mit) konstruieren. Hiermit hängt auch <strong>die</strong> Annahme<br />
zusammen, dass <strong>Me<strong>die</strong>n</strong> heute als eine der<br />
wesentlichen Sozialisationsinstanz anzusehen sind,<br />
wobei davon auszugehen ist, dass <strong>die</strong> Menschen den<br />
<strong>Me<strong>die</strong>n</strong> nicht „ausgeliefert“ sind, sondern bewusst<br />
bestimmte mediale Angebote annehmen <strong>und</strong> andere<br />
ablehnen. Der Sozialisationsprozess läuft damit<br />
letztlich in zwei Richtungen: „einmal als Beeinflussung<br />
der Subjekte durch <strong>die</strong> <strong>Me<strong>die</strong>n</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> von<br />
ihnen transportierten Inhalte <strong>und</strong> zum anderen als<br />
Wahl oder Ablehnung der <strong>Me<strong>die</strong>n</strong> <strong>und</strong> ihrer Inhalte<br />
durch <strong>die</strong> Subjekte“ (Schorb 2007: 30).<br />
Neben <strong>die</strong> sozial konstruierte Wirklichkeit im Sinne<br />
primärer Welterfahrung <strong>und</strong> <strong>die</strong> medial konstruierte<br />
Wirklichkeit tritt <strong>die</strong> mediale Wirklichkeit. Welche<br />
Rolle <strong>die</strong>se mediale bzw. virtuelle Wirklichkeit für<br />
den Sozialisationsprozess bzw. <strong>die</strong> Identitätsbildung<br />
spielt, ist bislang wenig erforscht. Es ist jedoch
18<br />
davon auszugehen, dass basale Verhaltensmuster<br />
der Subjekte auch in der virtuellen Welt bestand<br />
haben.<br />
Geht man von einer Wechselbeziehung zwischen<br />
<strong>Me<strong>die</strong>n</strong>, Gesellschaft <strong>und</strong> Individuum aus, so gilt<br />
es den medialen Sozialisationsprozess im Hinblick<br />
auf Bildung <strong>und</strong> <strong>Gewalt</strong>prävention produktiv zu<br />
gestalten sowie durch me<strong>die</strong>npädagogische <strong>und</strong><br />
friedenspädagogische Maßnahmen normativ zu<br />
beeinflussen.<br />
MEDIENPÄDAGOGISCHE<br />
INTERVENTIONSSTRATEGIEN ZUR<br />
MINIMIERUNG DER GEFAHREN<br />
UND MAXIMIERUNG DER CHANCEN<br />
Es gibt sowohl im politischen als auch im gesellschaftlichen<br />
Bereich vielfältige <strong>Ein</strong>flussfaktoren<br />
<strong>und</strong> Steuerungsmöglichkeiten zur Minimierung<br />
der Gefahren <strong>und</strong> Maximierung der Chancen, <strong>die</strong><br />
mit der Verbreitung von <strong>Me<strong>die</strong>n</strong> einhergehen. Hier<br />
können nur ausgewählte Strategien im Kontext der<br />
<strong>Me<strong>die</strong>n</strong>pädagogik diskutiert werden.<br />
Jugendme<strong>die</strong>nschutz<br />
Allgemein zielen jugendschützerische Zugänge<br />
darauf ab, negative <strong>Ein</strong>flüsse zu verhindern <strong>und</strong> zu<br />
unterbinden. Kindheit <strong>und</strong> Jugend werden dabei als<br />
schützenswerte Lebensphasen verstanden.<br />
Jugendme<strong>die</strong>nschutz als Teil des Jugendschutzes<br />
kann auf verschiedenen Ebenen angesiedelt sein:<br />
Deutschland zählt zu den wenigen Ländern, welche<br />
<strong>die</strong> Verbreitung bestimmter <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>inhalte<br />
im Strafgesetzbuch allgemein verbietet. Darüber<br />
hinaus ist der Jugendme<strong>die</strong>nschutz festgehalten in<br />
verschiedenen gesetzlichen Regelungen, <strong>die</strong> sicherstellen<br />
sollen, dass potentiell gefährdende <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>inhalte<br />
<strong>Kinder</strong>n <strong>und</strong> Jugendlichen gar nicht oder<br />
erst ab einem bestimmten Alter zugänglich sind.<br />
Die gesetzliche Gr<strong>und</strong>lage bilden zwei Regelwerke:<br />
Zum einen das Jugendschutzgesetz sowie der<br />
Staatsvertrag über den Schutz der Menschenwürde<br />
<strong>und</strong> den Jugendschutz in R<strong>und</strong>funk <strong>und</strong> Teleme<strong>die</strong>n<br />
der Länder. Verschiedene <strong>Ein</strong>richtungen (<strong>die</strong> B<strong>und</strong>esprüfstelle<br />
für jugendgefährdende <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>, <strong>die</strong><br />
Kommission für Jugendme<strong>die</strong>nschutz, aber auch<br />
<strong>Ein</strong>richtungen der freiwilligen Selbstkontrolle <strong>und</strong><br />
<strong>die</strong> gemeinsame Stelle Jugendschutz aller Länder<br />
„jugendschutz.net“) sind mit der Umsetzung befasst.<br />
Herausforderungen für <strong>die</strong> notwendige Internationalisierung<br />
des Jugendme<strong>die</strong>nschutzes<br />
Es ist davon auszugehen, dass nationale Regelungen<br />
aufgr<strong>und</strong> der zunehmenden medialen Globalisierung<br />
alleine zu kurz greifen. Notwendig ist eine<br />
Internationalisierung des Jugendme<strong>die</strong>nschutzes<br />
(Groebel 2004: 37). Diese dürfte aber nur schwer<br />
umzusetzen sein, weil international betrachtet verschiedene<br />
Ansichten darüber bestehen, welches Risikopotential<br />
von <strong>Me<strong>die</strong>n</strong> ausgeht, inwieweit <strong>Kinder</strong><br />
<strong>und</strong> Jugendliche eigenverantwortlich mit <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>inhalten<br />
umgehen können, welche Rolle den Eltern<br />
zugesprochen wird <strong>und</strong> wie weit rechtliche Regelungen<br />
reichen sollten.<br />
Diesbezüglich lassen sich bereits im EU-Vergleich<br />
eklatante Unterschiede feststellen (Büttner 2006;<br />
Büttner / Raschke 2002a, 2002b), obwohl hier noch<br />
von einer gewissen kulturellen Nähe der einzelnen<br />
Länder ausgegangen werden kann. Im weltweiten<br />
Vergleich stellt sich <strong>die</strong> Situation ungleich ambivalenter<br />
dar, besonders dort, „wo Vorstellungen<br />
von Kindheit <strong>und</strong> Jugend nach westlichem Muster<br />
vollständig zu fehlen scheinen“ (Büttner 2006: 12).<br />
Auch gibt es im weltweiten Vergleich zahlreiche<br />
Unterschiede bezüglich der Frage, was unter <strong>Gewalt</strong><br />
zu verstehen ist. Der UNESCO-<strong>Me<strong>die</strong>n</strong>stu<strong>die</strong> zufolge<br />
ist <strong>die</strong> unterschiedliche Bewertung physischer <strong>und</strong><br />
psychologischer Angriffe am eklatantesten: Während<br />
körperliche <strong>Gewalt</strong> in den westlichen Ländern<br />
als am schlimmsten eingestuft wird, werden<br />
Beleidigungen <strong>und</strong> Gesichtsverlust in vielen afri-
19<br />
kanischen <strong>und</strong> asiatischen Staaten als wesentlich<br />
negativer empf<strong>und</strong>en.<br />
Zwischenzeitlich gibt es verschiedene internationale<br />
Richtlinien, welche zumeist auf der UN-<strong>Kinder</strong>rechtskonvention<br />
beruhen <strong>und</strong> <strong>die</strong> Gratwanderung<br />
zwischen <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>freiheit <strong>und</strong> Informationsfreiheit<br />
(vgl. vor allem Artikel 13 <strong>und</strong> Artikel 17 der UN-<strong>Kinder</strong>rechtskonvention)<br />
sowie Jugendme<strong>die</strong>nschutz<br />
zu bestehen versuchen. Dabei erweist sich im internationalen<br />
Kontext als eine besondere Herausforderung<br />
den Jugendme<strong>die</strong>nschutz so zu gestalten,<br />
dass er nicht zur Legitimierung jeder Art der <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>kontrolle<br />
herangezogen werden kann, wie es in<br />
autoritären Regimes häufig der Fall ist.<br />
Begrenzte Reichweite des Jugendme<strong>die</strong>nschutzes<br />
Die dem gesetzlich geregelten Jugendme<strong>die</strong>nschutz<br />
zugesprochene Relevanz bewegt sich zwischen der<br />
Ansicht, dass solche Regelungen keinerlei Wirkung<br />
zeigen <strong>und</strong> darüber hinaus <strong>die</strong> Gefahr in sich bergen<br />
<strong>die</strong> Meinungs- <strong>und</strong> Informationsfreiheit einzuschränken,<br />
bis hin zu der Annahme, dass darin <strong>die</strong><br />
einzige Möglichkeit besteht, <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> Jugendliche<br />
vor den vermeintlichen negativen Effekten<br />
bestimmter medialer Inhalte <strong>und</strong> v. a. deren Wirkungen<br />
zu bewahren (Anderson et al. 2003; Spitzer<br />
2006: 276f.).<br />
Notwendig erscheint eine differenzierte Betrachtungsweise.<br />
Ausgewogene gesetzliche Regelungen<br />
sind vor allem auf Gr<strong>und</strong> der von ihnen ausgehenden<br />
Signalwirkung als notwendig anzusehen. <strong>Ein</strong>e deutliche<br />
Positionierung des Staates <strong>die</strong>nt als hilfreiches<br />
Signal für Erzieher <strong>und</strong> <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>produzenten, nicht<br />
zuletzt dadurch, dass sich in ihnen idealerweise <strong>die</strong><br />
Moralvorstellungen einer Gesellschaft widerspiegeln.<br />
Die Balance zwischen Jugendme<strong>die</strong>nschutz<br />
sowie Meinungs- <strong>und</strong> Informationsfreiheit ist dabei<br />
als zentrale Herausforderung für <strong>die</strong> Politik zu<br />
betrachten. Dokumente <strong>und</strong> Stellungnahmen internationaler<br />
oder regionaler Organisationen können<br />
dabei als Referenzrahmen <strong>die</strong>nen.<br />
Zwischenzeitlich am weitesten verbreitet <strong>und</strong> am<br />
evidentesten ist <strong>die</strong> Ansicht, dass es neben dem<br />
gesetzlich festgelegten Jugendme<strong>die</strong>nschutz einer<br />
gezielten Förderung individueller <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>kompetenz<br />
bedarf. Der Jugendme<strong>die</strong>nschutz gewährleistet<br />
nicht den Schutz vor allen potentiellen Gefahren<br />
<strong>und</strong> darüber hinaus kann er nicht allein zur Maximierung<br />
der mit der Verbreitung der Informations<strong>und</strong><br />
Kommunikationstechnologien verb<strong>und</strong>enen<br />
Chancen beitragen.<br />
Förderung von <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>kompetenz<br />
<strong>Me<strong>die</strong>n</strong>kompetenz wird verstanden als Ziel me<strong>die</strong>npädagogischer<br />
Interventionen. Der Begriff wurde<br />
Mitte der 1990er Jahre von Dieter Baacke in <strong>die</strong><br />
deutschsprachige wissenschaftliche Diskussion<br />
eingeführt. Sein Ursprung liegt in dem Konzept der<br />
Kommunikativen Kompetenz nach Jürgen Habermas<br />
(1971), den Baacke bereits in den 1970er Jahren für<br />
<strong>die</strong> <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>pädagogik aufbereitete (1973).<br />
Die vier Dimensionen der <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>kompetenz<br />
nach Dieter Baacke<br />
Nach Dieter Baacke umfasst <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>kompetenz vier<br />
Dimensionen: <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>kritik, <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>k<strong>und</strong>e, <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>nutzung<br />
sowie <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>gestaltung (vgl. Baacke<br />
2004: 24; Baake 1998: 26f.):<br />
<strong>Me<strong>die</strong>n</strong>kompetenz umfasst <strong>die</strong> Fähigkeit zu <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>kritik.<br />
Sie kann unter dreierlei Gesichtspunkten<br />
betrachtet werden: Analytisch sollten problematische<br />
gesellschaftliche Prozesse angemessen erfasst<br />
werden können. Reflexiv sollte jeder Mensch in<br />
der Lage sein, das analytische Wissen auf sich selbst<br />
<strong>und</strong> sein Handeln anwenden zu können. Ethisch ist<br />
<strong>die</strong> Dimension, <strong>die</strong> analytisches Denken <strong>und</strong> reflexiven<br />
Rückbezug als sozial verantwortet abstimmt<br />
<strong>und</strong> definiert.<br />
Neben <strong>die</strong> <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>kritik tritt <strong>die</strong> <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>k<strong>und</strong>e, <strong>die</strong><br />
das Wissen über heutige <strong>Me<strong>die</strong>n</strong> <strong>und</strong> <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>systeme<br />
umfasst. Diese kann in zweierlei Hinsicht
20<br />
ausdifferenziert werden. Die informative Dimension<br />
umfasst Wissensbestände über <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>. Im Zentrum<br />
stehen hier beispielsweise folgende Fragen: Wie arbeiten<br />
Journalisten? Wie kann ich einen Computer<br />
für meine Zwecke effektiv nutzen? Die instrumentell-qualifikatorische<br />
Dimension meint <strong>die</strong> Fähigkeit,<br />
mit den technischen Mitteln umgehen zu können.<br />
<strong>Me<strong>die</strong>n</strong>kritik <strong>und</strong> <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>k<strong>und</strong>e umfassen <strong>die</strong> Dimension<br />
der Vermittlung. Die Dimension der Zielorientierung<br />
liegt im Handeln der Menschen:<br />
<strong>Me<strong>die</strong>n</strong>handlung ist einerseits <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>nutzung, <strong>die</strong><br />
in doppelter Weise gelernt werden muss: <strong>Ein</strong>erseits<br />
rezeptiv, anwendend (Programm-Nutzungskompetenz),<br />
anderseits interaktiv, anbietend.<br />
<strong>Me<strong>die</strong>n</strong>handlung ist aber auch <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>gestaltung,<br />
welche einerseits als innovativ zu verstehen ist<br />
(Veränderungen, Weiterentwicklungen des <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>systems<br />
innerhalb der angelegten Logik) <strong>und</strong><br />
andererseits als kreativ <strong>und</strong> damit über <strong>die</strong> Kommunikationsroutine<br />
hinausgehend begriffen werden<br />
kann.<br />
Die vier Dimensionen der <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>kompetenz nach<br />
Baacke finden sich in zahlreichen weiteren <strong>und</strong> weiterentwickelten<br />
Definitionen wieder (vgl. Buckingham<br />
2005: 4; Schorb 2005: 259). Auch im Rahmen<br />
der politischen Diskussion wird einem differenzierten<br />
Begriff der <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>pädagogik <strong>und</strong> der <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>kompetenz<br />
als zentrales Ziel me<strong>die</strong>npädagogischer<br />
Interventionen vermehrt Platz eingeräumt (vgl. z. B.<br />
Die Empfehlungen an <strong>die</strong> UNESCO, verabschiedet<br />
von der Wiener Konferenz Educating for the Media<br />
and the Digital Age 1999; Europäische Charta für<br />
<strong>Me<strong>die</strong>n</strong>kompetenz).<br />
<strong>Me<strong>die</strong>n</strong>pädagogische Anforderungen<br />
Aus <strong>die</strong>ser Definition der <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>kompetenz sowie<br />
den thematisierten Gefahren <strong>und</strong> Chancen ergeben<br />
sich bestimmte Anforderungen an me<strong>die</strong>npädagogische<br />
Bemühungen im Kontext der Entwicklungszusammenarbeit.<br />
Die Bemühungen der Verbreitung<br />
von Informations- <strong>und</strong> Kommunikationstechnologien<br />
mit dem Ziel einer Überwindung der digitalen<br />
bzw. informationellen Kluft, müssen ergänzt werden<br />
durch: (1) <strong>die</strong> Förderung von <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>wissen, (2)<br />
<strong>die</strong> Förderung der Fähigkeit zur <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>kritik <strong>und</strong><br />
(3) <strong>die</strong> Unterstützung bei der Herausbildung der Fähigkeit<br />
zum <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>handeln, damit <strong>die</strong> Chancen der<br />
Verbreitung genutzt <strong>und</strong> <strong>die</strong> damit einhergehenden<br />
Gefahren eingedämmt werden können.<br />
Diese drei Aspekte sind als Dimensionen zu betrachten,<br />
<strong>die</strong> aufeinander aufbauen <strong>und</strong> miteinander<br />
interagieren. <strong>Ein</strong>er aktiven <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>pädagogik, verstanden<br />
als „wesentliche Methode handlungsorientierter<br />
<strong>Me<strong>die</strong>n</strong>pädagogik, <strong>die</strong> auf Erkenntnis <strong>und</strong><br />
Reflexion gesellschaftlichen Seins <strong>und</strong> auf Kommunikation-<br />
<strong>und</strong> Handlungsfähigkeit der Subjekte<br />
zielt“ (Schell 2005: 10), wird dabei vermehrt ein<br />
zentraler Stellenwert zugesprochen.<br />
<strong>Me<strong>die</strong>n</strong>ethik – Verantwortung<br />
der <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>produzierenden<br />
Gesetzlicher Jugendschutz <strong>und</strong> <strong>die</strong> Förderung von<br />
<strong>Me<strong>die</strong>n</strong>kompetenz sollten idealerweise durch eine<br />
ethische Orientierung der am <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>prozess beteiligten<br />
Berufsgruppen ergänzt werden.<br />
In Baackes Definition von <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>kritik wird auch<br />
der Bereich der <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>ethik als Verantwortung der<br />
<strong>Me<strong>die</strong>n</strong>nutzer thematisiert. Diese tragen einerseits<br />
<strong>die</strong> Verantwortung für sich selbst <strong>und</strong> ihre <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>nutzung,<br />
aber auch <strong>die</strong> Verantwortung für <strong>die</strong><br />
<strong>Me<strong>die</strong>n</strong>nutzung von ihnen anvertrauten Personen –<br />
d. h. im Besonderen von <strong>Kinder</strong>n <strong>und</strong> Jugendlichen.<br />
Die Rezipienten können jedoch nicht <strong>die</strong> alleinige<br />
Verantwortung übernehmen. Diese liegt darüber<br />
hinaus einerseits bei den <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>schaffenden, d. h.<br />
z. B. bei den Journalisten, Autoren, Redakteuren,<br />
andererseits bei den Besitzern <strong>und</strong> Betreibern von<br />
Massenme<strong>die</strong>n (Debatin 1998: 121–124; Funiok<br />
2005).<br />
So haben sich etwa Journalisten an allgemeine<br />
Prinzipien zu halten, <strong>die</strong> zum Teil in nationalen
21<br />
oder regionalen Vereinbarungen festgehalten sind<br />
(z. B. deutscher Pressekodex, Allgemeine Erklärung<br />
der Menschenrechte, UNESCO-<strong>Me<strong>die</strong>n</strong>deklaration).<br />
Darüber hinaus wären sie in der Lage mit deeskalierender<br />
Konfliktberichterstattung oder friedensjournalistischen<br />
Gr<strong>und</strong>sätzen Gegengewichte<br />
zu schaffen zur heute dominierenden Form der<br />
Konflikt- <strong>und</strong> Kriegsberichterstattung. Um solche<br />
Ziele zu verwirklichen sind <strong>die</strong> <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>schaffenden<br />
jedoch sowohl von wirtschaftlichen als auch von<br />
politischen <strong>und</strong> gesellschaftlichen <strong>Ein</strong>flussfaktoren<br />
abhängig.<br />
Zu beachten ist, dass es bei der Differenzierung<br />
zwischen <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>besitzern, <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>schaffenden <strong>und</strong><br />
<strong>Me<strong>die</strong>n</strong>rezipienten im Zeitalter des Internets um<br />
eine idealtypische Unterscheidung handelt. In der<br />
Realität verschwimmen <strong>die</strong> Grenzen kontinuierlich.<br />
BEDEUTUNG DER MEDIEN<br />
FÜR DIE FRIEDENSPÄDAGOGISCHE<br />
ARBEIT<br />
Die Vermittlung von Friedenskompetenz, <strong>die</strong> Hinführung<br />
zur Friedensfähigkeit <strong>und</strong> <strong>die</strong> Befähigung<br />
zum Friedenshandeln können als drei Kernelemente<br />
der Friedenserziehung angesehen werden, <strong>die</strong> aufeinander<br />
aufbauen <strong>und</strong> miteinander verb<strong>und</strong>en sind<br />
(Gugel / Jäger 1997: 16–42). Bei der Umsetzung <strong>die</strong>ser<br />
drei Kernelemente kann den <strong>Me<strong>die</strong>n</strong> eine wichtige<br />
Rolle zugesprochen werden. Hierbei geht es um<br />
<strong>die</strong> Frage, von welcher Relevanz <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>kompetenz<br />
im Sinne einer Förderung von <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>wissen, der<br />
Förderung der Fähigkeit zur <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>kritik <strong>und</strong> der<br />
Unterstützung der Fähigkeit zum <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>handeln<br />
für friedenspädagogische Bemühungen ist.<br />
Analysen <strong>und</strong> Strategien zur Auseinandersetzung<br />
mit Krieg <strong>und</strong> <strong>Gewalt</strong> zu entwickeln. Es geht um das<br />
Wissen über <strong>die</strong> Ursachen, Dynamiken <strong>und</strong> Folgen<br />
von Krieg <strong>und</strong> <strong>Gewalt</strong>, um das Wissen über <strong>die</strong> individuellen<br />
Voraussetzungen von Friedensfähigkeit<br />
sowie deren gesellschaftliche <strong>und</strong> internationale<br />
Rahmenbedingungen, aber auch um <strong>die</strong> <strong>Ein</strong>sicht in<br />
<strong>die</strong> eigenen Möglichkeiten <strong>und</strong> Fähigkeiten.<br />
Das Heranziehen verschiedener Quellen zur Information<br />
<strong>und</strong> deren kritische Betrachtung muss als<br />
Voraussetzung zur Erlangung von Friedenskompetenz<br />
betrachtet werden. Von großer Bedeutung für<br />
<strong>Kinder</strong> sind dabei vor allem <strong>Kinder</strong>nachrichtensendungen,<br />
welche ihnen altersgerecht aufgearbeitete<br />
Informationen liefern (Götz 2003; Lemish 2003;<br />
Seiter / Picus 2003). Es hat sich gezeigt, dass <strong>Kinder</strong>nachrichtensendungen<br />
im Vergleich zu regulären<br />
Nachrichtensendungen dabei in einem größeren<br />
Maße den Kriterien einer deeskalierenden<br />
Konfliktberichterstattung (Kempf 2005; Bläsi 2005,<br />
2006) oder den Kriterien des Friedensjournalismus<br />
entsprechen.<br />
Spezifische Online-Angebote der Friedenspädagogik<br />
sind bereits verfügbar. Diese können vor allem<br />
für <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> Jugendliche von besonderer Relevanz<br />
sein, da sie in den Angeboten für Erwachsene<br />
häufig keine adäquaten Antworten auf ihre spezifischen<br />
Fragen finden. <strong>Ein</strong> Beispiel für eine altersgerechte<br />
didaktische Aufarbeitung von Erkenntnissen<br />
der Friedens- <strong>und</strong> Konfliktforschung findet sich<br />
beispielsweise auf der Internetseite www.friedenfragen.de.<br />
Vermittlung von Friedenskompetenz<br />
Friedenskompetenz ist in erster Linie Sachkompetenz.<br />
Sie ist wichtig, um Zusammenhänge zu begreifen,<br />
Entwicklungen einzuordnen <strong>und</strong> selbständig
22<br />
Frieden-fragen.de<br />
Infos <strong>und</strong> Hintergründe zu Krieg <strong>und</strong> Frieden<br />
Frieden-fragen.de ist ein Internet-Angebot des<br />
Instituts für Friedenspädagogik Tübingen e. V.<br />
<strong>und</strong> wendet sich an <strong>Kinder</strong>, Eltern <strong>und</strong> ErzieherInnen.<br />
Es informiert zu Fragen über Krieg<br />
<strong>und</strong> Frieden <strong>und</strong> ermöglicht einen Austausch<br />
zu <strong>die</strong>sem Themenbereich.<br />
Betroffenheit von <strong>Kinder</strong>n<br />
Motivation für <strong>die</strong>ses Online-Angebot für <strong>Kinder</strong><br />
ist <strong>die</strong> Erfahrung, dass <strong>Kinder</strong> ihre soziale<br />
<strong>und</strong> politische Umwelt sehr bewusst wahrnehmen.<br />
Damit verb<strong>und</strong>en sind viele Fragen <strong>und</strong><br />
der Wunsch nach Antworten <strong>und</strong> Orientierung.<br />
Die Konfrontation mit Krieg <strong>und</strong> <strong>Gewalt</strong>, Hass<br />
<strong>und</strong> Ungerechtigkeit berührt zentrale Lebens<strong>und</strong><br />
Zukunftsbereiche gerade auch von <strong>Kinder</strong>n.<br />
Sie sind in vielfältiger Weise betroffen:<br />
als unmittelbare Opfer durch <strong>die</strong> Zerstörung<br />
ihrer Lebensgr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Perspektiven, durch<br />
Traumatisierung <strong>und</strong> Angst vor erneuter <strong>Gewalt</strong><br />
oder auch durch Missbrauch. Zusätzlich lösen –<br />
vermittelt über <strong>die</strong> <strong>Me<strong>die</strong>n</strong> – schwerwiegende<br />
weltpolitische Ereignisse, wie <strong>die</strong> Terroranschläge<br />
vom 11. September 2001, tief greifende Unsicherheiten<br />
<strong>und</strong> Ängste aus. Dabei entwickeln<br />
<strong>Kinder</strong> mit ihrem stark ausgeprägten Gerechtigkeitssinn<br />
häufig mehr <strong>und</strong> stärkere Empathie<br />
für <strong>die</strong> Opfer als Erwachsene <strong>und</strong> suchen nach<br />
konkreten Handlungsansätzen <strong>und</strong> Handlungsmöglichkeiten.<br />
<strong>Kinder</strong>fragen<br />
In <strong>die</strong>sen Situationen wenden sich <strong>Kinder</strong> immer<br />
häufiger an <strong>die</strong> <strong>Me<strong>die</strong>n</strong> selbst <strong>und</strong> kontaktieren<br />
<strong>die</strong> Chat-Angebote im Internet mit<br />
ihren Fragen <strong>und</strong> Sorgen, Kommentaren <strong>und</strong><br />
Vorschlägen.<br />
Zigtausendfach wurden nach dem 11. September<br />
2001 oder dem Krieg im Irak auf <strong>die</strong>se Art<br />
scheinbar „kindlich-banale“ Fragen formuliert:<br />
„Warum schießen <strong>die</strong> jetzt aufeinander?“; „Wer<br />
ist der Gute <strong>und</strong> wer ist der Böse?“; „Können <strong>die</strong><br />
Bomben auch uns treffen?“ ; „Was kann ich für<br />
den Frieden tun?“.<br />
Die Antworten von „frieden-fragen.de“<br />
An <strong>die</strong>sem Punkt knüpft das Angebot für <strong>Kinder</strong><br />
„frieden-fragen.de“ an. Es möchte kontinuierlich<br />
– <strong>und</strong> nicht nur reaktiv bei Terroranschlägen<br />
oder Kriegsereignissen – ehrliche, kindgemäße<br />
<strong>und</strong> wissenschaftlich f<strong>und</strong>ierte Antworten<br />
auf zentrale Lebens-Fragen geben, <strong>die</strong> Ängste<br />
von <strong>Kinder</strong>n aufgreifen <strong>und</strong> Orientierungen<br />
anbieten. Denn an <strong>die</strong> genannten „ersten Fragen“<br />
schließen sich „Dilemmata-Fragen“ <strong>und</strong><br />
„Überlebens-Fragen“ an, wie z. B. <strong>die</strong> nach dem<br />
Töten im Krieg, nach Kriegsgründen <strong>und</strong> Rechtfertigungen<br />
für <strong>Gewalt</strong>. <strong>Ein</strong>e dritte Kategorie<br />
von Themen betrifft friedens- <strong>und</strong> sicherheitspolitische<br />
Fragen im engeren Sinne, wie z. B.<br />
der Umgang mit diktatorischen Regimes.<br />
Die Antworten orientieren sich am Stand der<br />
wissenschaftlichen Diskussion verb<strong>und</strong>en mit<br />
einer ethischen Ausrichtung an den Menschenrechten<br />
<strong>und</strong> dem Prinzip der <strong>Gewalt</strong>freiheit, an<br />
ziviler Konfliktbearbeitung <strong>und</strong> der Etablierung<br />
einer Friedenskultur. Dabei sollen <strong>und</strong> müssen<br />
durchaus unterschiedliche Meinungen <strong>und</strong> Erklärungsansätze<br />
Berücksichtigung finden.<br />
Elternbereich<br />
Neben dem <strong>Kinder</strong>bereich gibt es einen Bereich<br />
für Eltern, ErzieherInnen <strong>und</strong> LehrerInnen, der<br />
pädagogische Fragen sowie Reaktions- <strong>und</strong><br />
Handlungsmöglichkeiten mit <strong>die</strong>sem Themenbereich<br />
zum Inhalt hat.<br />
www.frieden-fragen.de
23<br />
Das Internet kann des Weiteren auch genutzt werden,<br />
um Multiplikatoren im Bildungsbereich Sachinformationen<br />
<strong>und</strong> Lernmodelle zur Verfügung zu<br />
stellen. <strong>Ein</strong> Beispiel hierfür ist der internationale<br />
UNESCO Bildungsserver Dadalos, der 11 Online-<br />
Lehrbücher zu wichtigen Themen politischer Bildung<br />
wie etwa Demokratie, Europäische Union,<br />
Menschenrechte sowie einen Baustein zum <strong>Thema</strong><br />
Friedenspädagogik anbietet. Dieser UNESCO-Bildungsserver<br />
ist im Nachkriegsbosnien vor dem Hintergr<strong>und</strong><br />
der Idee eine kostengünstige Möglichkeit<br />
zur Förderung der politischen Bildung entstanden<br />
<strong>und</strong> ist zwischenzeitlich in neun Sprachen verfügbar.<br />
Der Server wird international mit durchschnittlich<br />
200 000 Besuchern pro Monat genutzt. Darüber<br />
hinaus wird jedes Jahr eine erweiterte Auflage von<br />
6000–8000 CD-ROMs mit dem gesamten Inhalt des<br />
Bildungsservers produziert <strong>und</strong> kostenlos an Bildungseinrichtungen<br />
<strong>und</strong> Multiplikatoren vor allem<br />
in Südosteuropa verteilt.<br />
Die zahlreichen Möglichkeiten des Internets sind<br />
noch lange nicht ausgeschöpft: So wäre es beispielsweise<br />
vorstellbar, in der virtuellen Welt von<br />
„Second Life“ Vorlesungen zur Friedens- <strong>und</strong> Konfliktforschung<br />
anzubieten.<br />
Anleitung zur Erlangung von Friedensfähigkeit<br />
Es geht hierbei um <strong>die</strong> Frage, wie <strong>die</strong> Fähigkeit<br />
erworben werden kann, mit individuellen, gesellschaftlichen<br />
<strong>und</strong> internationalen Konflikten umzugehen,<br />
<strong>die</strong> dahinter stehenden Interessen zu erkennen<br />
<strong>und</strong> Lösungswege zu suchen.<br />
Friedensfähigkeit – nicht gleichzusetzen mit einer<br />
passiven Friedfertigkeit – bedeutet beispielsweise<br />
<strong>die</strong> Entwicklung von Ichstärke <strong>und</strong> Selbstbewusstsein,<br />
um kompetent kommunizieren zu können, um<br />
eigene Vorurteile zu erkennen <strong>und</strong> zu bearbeiten,<br />
aber auch um am politischen Geschehen so teilhaben<br />
zu können, dass ein Engagement in Richtung<br />
<strong>Gewalt</strong>minimierung <strong>und</strong> Partizipation möglich wird.<br />
<strong>Me<strong>die</strong>n</strong> können <strong>die</strong>sen Lernprozess vielfach unterstützen.<br />
Kontakte zwischen Konfliktparteien<br />
Das Internet bietet Möglichkeiten der Kontaktaufnahme<br />
zwischen Menschen verschiedener Konfliktparteien<br />
(Chats, E-Mails oder Internetforen), wenn<br />
reale Begegnungen nur eingeschränkt möglich sind.<br />
<strong>Ein</strong>e (wenn auch lediglich über <strong>Me<strong>die</strong>n</strong> vermittelte)<br />
Kontaktaufnahme kann bei <strong>Kinder</strong>n, Jugendlichen<br />
<strong>und</strong> Erwachsenen dazu führen, <strong>die</strong> eigenen Ansichten<br />
<strong>und</strong> Vorurteile zu überprüfen <strong>und</strong> <strong>die</strong> Perspektive<br />
bzw. <strong>die</strong> Geschichte der „Anderen“ kennen<br />
zu lernen.<br />
Möglichkeit der Partizipation<br />
Die durch <strong>die</strong> neuen Informations- <strong>und</strong> Kommunikationstechnologien<br />
entstandene Möglichkeit sich<br />
nicht nur <strong>Ein</strong>zelnen, sondern auch Massen mitzuteilen<br />
kann dazu beitragen <strong>die</strong> Selbstwahrnehmung<br />
als Opfer zu durchbrechen <strong>und</strong> <strong>die</strong> Selbstachtung<br />
als politisches Subjekt zu gewinnen. Dies muss als<br />
notwendige Voraussetzung für Friedenshandeln betrachtet<br />
werden.<br />
Anleitung zum Friedenshandeln<br />
Friedenshandeln zielt in erster Linie auf <strong>die</strong> Beeinflussung<br />
politischer Entscheidungen <strong>und</strong> Entwicklungen<br />
auf kommunaler, staatlicher <strong>und</strong> internationaler<br />
Ebene. Handlungsansätze transnationalen<br />
Friedenshandelns sind heute besonders bedeutsam.<br />
Diese erstrecken sich von Projekten internationalen<br />
Lernens bis hin zu gewaltfreien Interventionen in<br />
Krisenregionen. Der Friedenserziehung kommt <strong>die</strong><br />
Aufgabe zu, zum politischen Engagement zu ermutigen<br />
<strong>und</strong> zu befähigen, gerade auch dadurch, dass<br />
<strong>die</strong> Grenzen <strong>die</strong>ses Friedenshandelns sichtbar gemacht<br />
werden <strong>und</strong> der Handlungsspielraum greifbar<br />
ist. Auch in <strong>die</strong>sem Zusammenhang kann <strong>Me<strong>die</strong>n</strong><br />
eine bedeutende Rolle zugesprochen werden.
24<br />
<strong>Me<strong>die</strong>n</strong> als Hilfsmittel<br />
Die Hürden sich zu engagieren werden durch neue<br />
Kommunikationsmöglichkeiten herabgesetzt. Die<br />
Organisation <strong>und</strong> Koordination von Projekten sowie<br />
Vernetzung <strong>und</strong> Erfahrungsaustausch werden<br />
vereinfacht.<br />
Friedenshandeln durch <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>handeln<br />
Gelingt es aus der weitestgehend passiven Rolle des<br />
<strong>Me<strong>die</strong>n</strong>konsumenten in <strong>die</strong> Rolle des <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>produzenten<br />
zu schlüpfen, entstehen ganz neue Möglichkeiten<br />
von Friedenshandeln. Diese Möglichkeiten<br />
beschränken sich nicht auf <strong>die</strong> neuen <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>. Aktive<br />
<strong>Me<strong>die</strong>n</strong>arbeit, auch mit „alten“ <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>, kann<br />
gezielt genutzt werden, um sich politisch zu engagieren.<br />
<strong>Ein</strong> herausragendes Beispiel für politisch engagierte<br />
aktive <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>arbeit findet sich im Rahmen<br />
des <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>projektes Wuppertal.<br />
Motivation zum Friedenshandeln durch <strong>Me<strong>die</strong>n</strong><br />
Idealerweise können <strong>Me<strong>die</strong>n</strong> selbst Anregungen<br />
<strong>und</strong> Aufforderungen zum Friedenshandeln liefern.<br />
Als Beispiel kann hier das Peace Counts project<br />
angeführt werden. Mit Reportagen <strong>und</strong> Portraits<br />
von Friedensmachern weltweit liefert es gelungene<br />
Beispiele für „Frieden machen“. <strong>Ein</strong>e Teilnehmerin<br />
an einem vom Peace Counts project <strong>und</strong><br />
dem Institut für Friedenspädagogik durchgeführten<br />
Hallo Krieg<br />
<strong>Me<strong>die</strong>n</strong>projekt Wuppertal<br />
Das <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>projekt Wuppertal e. V. führt seit<br />
1992 Projekte im Bereich der Jugendvideoproduktion<br />
durch. Jugendliche erhalten innerhalb<br />
<strong>die</strong>ser Projekte, welche der „aktiven <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>erziehung<br />
<strong>und</strong> dem kreativen Ausdruck jugendlicher<br />
Ästhetiken, Meinungen <strong>und</strong> Lebensinhalten<br />
<strong>die</strong>nen“, professionelle Unterstützung<br />
bei ihren eigenen Videoproduktionen. Dabei<br />
werden nicht abstrakte oder recherchierte<br />
Themen bearbeitet. Der Schwerpunkt liegt<br />
auf Bereichen, in denen Jugendliche selbst<br />
involviert sind. „Deswegen sind ihre Filme oft<br />
dynamischer, authentischer, direkter <strong>und</strong> kompromissloser<br />
als Fernsehproduktionen“. „Hallo<br />
Krieg“ ist der Titel einer solchen Videoproduktion.<br />
Es handelt sich hierbei um eine fünfteilige<br />
Dokumentationsserie zum Irakkrieg. „Deutsche,<br />
irakische <strong>und</strong> amerikanische Jugendliche dokumentierten<br />
in <strong>die</strong>sem weltweit einzigartigen<br />
Projekt mit der Videokamera ihr Leben <strong>und</strong> ihre<br />
Gedanken über mehrere Monate vor, während<br />
<strong>und</strong> nach dem Krieg“. Die Dreharbeiten fanden<br />
in Bagdad, Wuppertal, Iowa <strong>und</strong> Oklahoma<br />
statt. Den Kern der Gruppe bildeten im Wesentlichen<br />
acht Jugendliche aus Wuppertal<br />
(sieben Mädchen, ein Junge) im Alter von 18<br />
<strong>und</strong> 19 Jahren. Unter Anleitung von <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>pädagogen<br />
<strong>und</strong> Filmemachern wurden sie in<br />
unterschiedlichsten Bereichen von weiteren<br />
Jugendlichen, so zum Beispiel von zwei Austauschschülern<br />
in den USA, von irakischen<br />
Jugendlichen in Bagdad <strong>und</strong> von in Wuppertal<br />
lebenden Irakis unterstützt. Mit der Serie richten<br />
sich <strong>die</strong> Jugendlichen an eine breite Öffentlichkeit.<br />
Die einzelnen 30minütigen Videos,<br />
wie auch ein 60minütiger Zusammenschnitt<br />
werden als Bildungsmaterial für Antikriegserziehung<br />
in Schulen, Jugendeinrichtungen <strong>und</strong><br />
vielem mehr vertrieben. Daneben wurden Kurzfassungen<br />
als Vorfilm in Wuppertaler Kinos gezeigt<br />
<strong>und</strong> Ausschnitte der Filme <strong>und</strong> Makingof-Reportagen<br />
im Fernseher ausgestrahlt.<br />
www.me<strong>die</strong>nprojekt-wuppertal.de
25<br />
Peace Counts project<br />
Die Erfolge der Friedensmacher<br />
Ziel von Peace Counts project ist es, weltweit<br />
Vorbilder für Frieden zu recherchieren, zu dokumentieren<br />
<strong>und</strong> für ein breites Publikum aufzubereiten.<br />
Die Best Practice-Beispiele umfassen:<br />
charismatische Friedensstifter; gewaltfreies<br />
Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher<br />
Hautfarbe, Herkunft, Kultur; Friedensschlüsse<br />
in Bürgerkriegsregionen; Integration<br />
Jugendlicher durch Sport; professionelle Konfliktschlichter.<br />
Die gr<strong>und</strong>legende These lautet:<br />
Peace is possible! Gerade weil der Mainstream<br />
öffentlicher Meinungen von Kriegsgedanken<br />
beherrscht wird, lohnt es, eine „Kultur des<br />
Friedens“ weiter zu entwickeln. Peace Counts<br />
bedeutet auch: Frieden zahlt sich aus! Peace<br />
Counts project zeigt den engen Zusammenhang<br />
zwischen Stabilität einerseits <strong>und</strong> nachhaltiger<br />
wirtschaftlicher Entwicklung andererseits auf,<br />
<strong>die</strong> so genannte Friedensdividende. Um möglichst<br />
viele Menschen zu erreichen, setzt das<br />
Projekt auf Multimedia. Die Inhalte werden<br />
über <strong>die</strong> <strong>Me<strong>die</strong>n</strong> Buch, Magazin, Hörfunk, Fernsehen<br />
<strong>und</strong> Internet verbreitet sowie als Lehrmaterialien<br />
für Schulen <strong>und</strong> auf Peace Counts<br />
Foren angeboten. 2005 wurde vom Institut für<br />
Friedenspädagogik eine erweiterte Fassung der<br />
CD-ROM „Peace Counts“ entwickelt <strong>und</strong> fertig<br />
gestellt. Die CD-ROM „Peace Counts 2005<br />
– <strong>die</strong> besten Reportagen“ stellt zehn Projekte<br />
aus den Regionen Nordirland, Naher Osten, Sri<br />
Lanka, Mazedonien, Afghanistan, Kolumbien,<br />
Japan, Philippinen, Südafrika <strong>und</strong> Mali vor.<br />
Des Weiteren werden in eigenen Sequenzen<br />
<strong>die</strong> Gr<strong>und</strong>sätze des Friedensjournalismus <strong>und</strong><br />
der Friedensfotografie aufgezeigt sowie Hintergründe,<br />
Ziele <strong>und</strong> Arbeitsweise von Peace<br />
Counts project dargestellt. Finanziert durch das<br />
Sektorvorhaben „Bildung <strong>und</strong> Konflikt“, welches<br />
von der GTZ im Auftrag des BMZ durchgeführt<br />
wird, wurde <strong>die</strong> CD-ROM ins Englische<br />
übersetzt.<br />
www.peace-counts.org<br />
www.peace-counts-school.org<br />
Multiplikatorenprogramm in Sri Lanka bringt <strong>die</strong>s<br />
folgendermaßen auf den Punkt: „We are working<br />
and working and don‘t see the changes and we feel<br />
it is quite hopeless. And this really shows that you<br />
don‘t need no fancy ideas and you don‘t need to<br />
have power behind. You have to have the commitment<br />
and the interest that you really can contribute<br />
in a way“.<br />
ZUSAMMENFASSUNG<br />
UND EMPFEHLUNGEN AN DIE<br />
ENTWICKLUNGSZUSAMMENARBEIT<br />
1. Differenziertes <strong>Gewalt</strong>verständnis<br />
Der Beschäftigung mit der <strong>Thema</strong>tik <strong>Me<strong>die</strong>n</strong> <strong>und</strong><br />
<strong>Gewalt</strong> im Kontext der Entwicklungszusammenarbeit<br />
gilt es ein differenziertes <strong>Gewalt</strong>verständnis<br />
zugr<strong>und</strong>e zu legen. Damit wird deutlich, dass hier<br />
nicht nur <strong>Gewalt</strong>darstellungen in den <strong>Me<strong>die</strong>n</strong> thematisch<br />
werden. Auch <strong>die</strong> strukturelle <strong>Gewalt</strong>, einerseits<br />
im Hinblick auf <strong>die</strong> Zugangsmöglichkeiten,<br />
andererseits im Hinblick auf <strong>die</strong> „kompetente“ Nutzungsmöglichkeiten<br />
ist von zentraler Bedeutung.
26<br />
2. Verständnis für <strong>die</strong> Veränderungen der<br />
<strong>Me<strong>die</strong>n</strong>landschaft<br />
Es zeichnet sich ab, dass <strong>die</strong> traditionelle Aufgliederung<br />
der <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>landschaft nicht mehr lange erhalten<br />
bleibt. Im Besonderen das Hybridmedium Internet<br />
wird mehr <strong>und</strong> mehr an Bedeutung gewinnen<br />
<strong>und</strong> sich <strong>die</strong> anderen <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>formen einverleiben.<br />
Diesem Medium gilt es in Zukunft verstärkt Aufmerksamkeit<br />
zu schenken.<br />
3. Die zunehmende Verbreitung der neuen<br />
Informations- <strong>und</strong> Kommunikationstechnologien<br />
erkennen<br />
Trotz noch immer bestehender Ungleichheiten im<br />
Hinblick auf <strong>die</strong> Zugangsmöglichkeiten zu den<br />
Informations- <strong>und</strong> Kommunikationstechnologien,<br />
ist <strong>die</strong> Entwicklung hin zu einer vernetzten Welt<br />
nicht mehr aufzuhalten. Diese gilt es im Rahmen<br />
der Entwicklungszusammenarbeit einerseits zu unterstützen<br />
<strong>und</strong> zu fördern. Andererseits muss man<br />
auf <strong>die</strong>se Entwicklungen gleichzeitig in adäquater<br />
Weise vorbereitet sein, um <strong>die</strong> damit verb<strong>und</strong>enen<br />
Chancen auch wirklich nutzen zu können.<br />
4. Kulturspezifische <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>konferenzen<br />
berücksichtigen<br />
Obwohl <strong>die</strong> neuen Informations- <strong>und</strong> Kommunikationstechnologien<br />
auf dem Vormarsch sind, dürfen<br />
<strong>die</strong> „alten“ <strong>Me<strong>die</strong>n</strong> nicht außer Acht gelassen<br />
werden. Weltweit betrachtet ist der Fernseher das<br />
dominante Medium <strong>und</strong> das Radio erweist sich<br />
vor allem in Kulturkreisen mit einer ausgeprägten<br />
oralen Tradition als zentral.<br />
5. Differenzierte Betrachtung der Wirkung<br />
von <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>gewalt<br />
Es gilt zu beachten, dass es keine eindeutige Antwort<br />
auf <strong>die</strong> Frage nach der Wirkung von <strong>Gewalt</strong>darstellungen<br />
in den <strong>Me<strong>die</strong>n</strong> gibt. Als relevant erweist<br />
sich in <strong>die</strong>sem Zusammenhang, dass reales<br />
<strong>Gewalt</strong>verhalten vielfältige Ursachen hat <strong>und</strong> dass<br />
mediale <strong>Gewalt</strong>darstellungen nur ein Faktor innerhalb<br />
eines komplexen Bündels von Ursachen für <strong>die</strong><br />
Entstehung gewalttätigen Verhaltens ist. Dem sozialen<br />
Kontext als <strong>Ein</strong>flussfaktor ist im Rahmen der<br />
Entwicklungszusammenarbeit ein besonderer Stellenwert<br />
einzuräumen, da <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> Jugendliche in<br />
Entwicklungs- <strong>und</strong> Schwellenländern vermehrt Opfer<br />
oder Beobachter von <strong>Gewalt</strong> sind, wodurch <strong>die</strong><br />
Gefahr vergrößert wird, dass sie <strong>Gewalt</strong> als normale<br />
<strong>und</strong> legitime Verhaltensweise betrachten.<br />
6. Die vielfältigen Gefahren des Internets<br />
erkennen<br />
Die mit dem Internet verb<strong>und</strong>enen Gefahren lassen<br />
sich nicht auf <strong>Gewalt</strong>darstellungen reduzieren. Für<br />
Kriegs- <strong>und</strong> Krisenregionen könnten sich im Internet<br />
veröffentlichte Aufrufe zur <strong>Gewalt</strong> <strong>und</strong> Anleitung<br />
zur Ausführung gewalttätiger Handlungen als<br />
relevant erweisen.<br />
7. Meinungs- <strong>und</strong> Informationsfreiheit<br />
nicht per se als gegeben betrachten<br />
Mit der Verbreitung vor allem der neuen Informations-<br />
<strong>und</strong> Kommunikationstechnologien können<br />
enorme Fortschritte bezüglich der Meinungs- <strong>und</strong><br />
Informationsfreiheit verzeichnet werden. Doch <strong>die</strong>se<br />
als gegeben zu betrachten birgt <strong>die</strong> Gefahr, nicht<br />
zu erkennen, dass vielfältige Formen der Zensur <strong>und</strong><br />
Inszenierung von <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>inhalten auf <strong>die</strong> <strong>Me<strong>die</strong>n</strong><br />
wirken.<br />
8. <strong>Me<strong>die</strong>n</strong> als Sozialisationsinstanz anerkennen<br />
Mit einer zunehmenden Verbreitung von <strong>Me<strong>die</strong>n</strong><br />
nimmt auch ihre Bedeutung für <strong>die</strong> alltägliche<br />
Lebensgestaltung zu. Die <strong>Me<strong>die</strong>n</strong> sind neben <strong>die</strong><br />
traditionellen Sozialisationsinstanzen getreten <strong>und</strong><br />
ihre Inhalte prägen immer stärker unser Bild der<br />
Wirklichkeit.<br />
Negativ gewendet bedeutet <strong>die</strong>s, dass beispielsweise<br />
ein übermäßiger Konsum gewalthaltiger<br />
<strong>Me<strong>die</strong>n</strong>inhalte, das Realitätsbild dahingehend beeinflussen<br />
kann, <strong>Gewalt</strong> als adäquates Mittel zur
27<br />
Konfliktlösung zu betrachten (v. a. dann, wenn <strong>die</strong><br />
primäre Wirklichkeitserfahrung <strong>die</strong>sem Bild entspricht).<br />
Andererseits können <strong>Me<strong>die</strong>n</strong> auch gezielt<br />
eingesetzt werden, um – friedenspädagogisch bzw.<br />
gewaltpräventiv – in <strong>die</strong>sen Sozialisationsprozess<br />
einzugreifen. Darüber hinaus gilt es in <strong>die</strong>sem Zusammenhang<br />
<strong>die</strong> weltweite Verbreitung westlicher<br />
Produktionen kritisch zu betrachten. Vor <strong>die</strong>sem<br />
Hintergr<strong>und</strong> muss <strong>die</strong> Förderung einheimischer Produktionen<br />
als eine zentrale Herausforderung für <strong>die</strong><br />
Entwicklungszusammenarbeit gesehen werden.<br />
9. Die Vorteile der <strong>Me<strong>die</strong>n</strong> für den<br />
Bildungsbereich nutzen<br />
Die neuen Informations- <strong>und</strong> Kommunikationstechnologien<br />
bringen viele Vorteile für den Bildungsbereich<br />
mit sich. Traditionelle Bildung kann durch <strong>die</strong><br />
kostenlose Bereitstellung von Schul- <strong>und</strong> Stu<strong>die</strong>nbüchern<br />
unterstützt werden. Die durch <strong>die</strong> neuen<br />
Technologien verstärkt ermöglichte Unabhängigkeit<br />
von Lehrenden <strong>und</strong> Lernenden im Hinblick auf Raum<br />
<strong>und</strong> Zeit, kann Menschen in abgelegenen Gebieten<br />
neue Bildungschancen eröffnen. Schließlich können<br />
ganz neue Dimensionen des Lernens entstehen (z. B.<br />
im Hinblick auf das Globale Lernen). Es ist jedoch<br />
zu beachten, dass es eines geschulten Lehrpersonals<br />
bedarf, um <strong>die</strong>se neuen Bildungschancen auch<br />
adäquat umsetzen zu können.<br />
10. Unterstützung bei der Ausarbeitung<br />
gesetzlicher Regelungen zum Jugendme<strong>die</strong>nschutz<br />
Vor allem auf Gr<strong>und</strong> der von ihnen ausgehenden<br />
Signalwirkung sind gesetzliche Regelungen zum<br />
Jugendme<strong>die</strong>nschutz als notwendig zu betrachten.<br />
<strong>Ein</strong>e aufgr<strong>und</strong> der zunehmenden Globalisierung<br />
der <strong>Me<strong>die</strong>n</strong> notwendig erscheinende Internationalisierung<br />
erweist sich aus verschiedenen Gründen<br />
als schwierig. Dennoch sollte es als eine Herausforderung<br />
angesehen werden, einen angebrachten,<br />
an internationalen Dokumenten (als Referenzdokumente)<br />
orientierten Jugendme<strong>die</strong>nschutz zu fördern<br />
<strong>und</strong> dessen Instrumentalisierung zu Zwecken<br />
der Beschneidung von Meinungs- <strong>und</strong> Informationsfreiheit<br />
entgegenzuwirken.<br />
11. Förderung von <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>kompetenz<br />
Die Reichweite jugendschützerischer Zugänge ist<br />
begrenzt. Um <strong>die</strong> mit der Verbreitung der <strong>Me<strong>die</strong>n</strong><br />
verb<strong>und</strong>enen Gefahren zu minimieren <strong>und</strong> <strong>die</strong><br />
Chancen zu maximieren, gilt es <strong>die</strong> <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>kompetenz<br />
zu fördern. Ansetzen sollte man dabei sowohl<br />
im formalen wie auch im non-formalen Bildungsbereich<br />
<strong>und</strong> im Rahmen umfassender Programme<br />
auch <strong>die</strong> Lehrer <strong>und</strong> Erziehenden mit einbeziehen.<br />
<strong>Me<strong>die</strong>n</strong> sind zwar als eine Sozialisationsinstanz anzusehen.<br />
Sie treten jedoch neben <strong>die</strong> traditionellen,<br />
<strong>die</strong> es auch weiterhin zu berücksichtigen gilt.<br />
12. Nutzung der <strong>Me<strong>die</strong>n</strong> für friedenspädagogische<br />
Ansätze<br />
<strong>Me<strong>die</strong>n</strong> können im Kontext friedenspädagogischer<br />
Bemühungen auf verschiedenste Weise zum <strong>Ein</strong>satz<br />
kommen <strong>und</strong> <strong>die</strong>se unterstützen. Dabei gehen Friedenspädagogik<br />
mit dem Ziel der Vermittlung von<br />
Friedenskompetenz, der Förderung von Friedensfähigkeit<br />
<strong>und</strong> Friedenshandeln <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>pädagogik<br />
mit dem Ziel der Vermittlung von <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>kompetenz<br />
Hand in Hand.<br />
13. Nutzung des Internet zum Erfahrungsaustausch<br />
Die Entwicklungszusammenarbeit kann <strong>die</strong> modernen<br />
Technologien gezielt zur Erleichterung der<br />
Arbeit <strong>und</strong> Steigerung ihrer eigenen Effizienz nutzen.<br />
Schnellere Kommunikationswege erleichtern<br />
<strong>die</strong> Organisation. Blogs, Internetforen <strong>und</strong> Chats<br />
können zum Erfahrungsaustausch genutzt werden:<br />
zur Weitergabe von „Lessons Learned“ <strong>und</strong> „Best-<br />
Practice“, zur Diskussion <strong>und</strong> damit zu einer gesteigerten<br />
Reflexion.
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http://www.riosummit2004.com.br Titelbild
32<br />
Diese Stu<strong>die</strong> zeigt, was <strong>Gewalt</strong>prävention bedeutet<br />
<strong>und</strong> welche Ansätze Wirkung haben. Neben der Klärung<br />
der Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> des Gr<strong>und</strong>verständnisses<br />
von <strong>Gewalt</strong>prävention werden <strong>die</strong> Bereiche Familie,<br />
Schule <strong>und</strong> das kommunale Umfeld mit ihren jeweils<br />
spezifischen Problemlagen <strong>und</strong> Erfordernissen<br />
sowie vorhandenen Ansätzen systematisch dargestellt<br />
<strong>und</strong> mit Evaluationsergebnissen konfrontiert.<br />
Handlungsmöglichkeiten in Problem- <strong>und</strong> <strong>Gewalt</strong>situationen<br />
werden in einem eigenen Kapitel aufgegriffen.<br />
Günther Gugel:<br />
<strong>Gewalt</strong> <strong>und</strong> <strong>Gewalt</strong>prävention<br />
Gr<strong>und</strong>fragen, Gr<strong>und</strong>lagen, Ansätze <strong>und</strong> Handlungsfelder<br />
von <strong>Gewalt</strong>prävention <strong>und</strong> ihre Bedeutung<br />
für Entwicklungszusammenarbeit.<br />
Unter Mitarbeit von Ana Mijic<br />
Institut für Friedenspädagogik Tübingen e. V.,<br />
Sektorvorhaben Bildung <strong>und</strong> Konfliktbearbeitung,<br />
Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit<br />
(GTZ) GmbH, B<strong>und</strong>esministerium für<br />
wirtschafliche Zusammenarbeit <strong>und</strong> Entwicklung,<br />
Referat 311<br />
Tübingen 2006, 371 Seiten, Format: 21 x 13,3 cm,<br />
20,00 Euro<br />
ISBN 3-932444-15-9<br />
ISBN 978-3-932444-15-9
In den letzten Jahren hat <strong>die</strong> Verbreitung der neuen Informations<strong>und</strong><br />
Kommunikationstechnologien weltweit zu tief greifenden<br />
Veränderungen in Gesellschaft, Wirtschaft <strong>und</strong> Politik geführt, <strong>die</strong><br />
inzwischen auch den Bereich der Entwicklungszusammenarbeit erreicht<br />
haben.<br />
Welche Chancen <strong>und</strong> Gefahren vor allem aber welche Herausforderungen<br />
sind mit <strong>die</strong>sen neuen Kulturtechniken verb<strong>und</strong>en?<br />
Was bedeuten <strong>die</strong>se, insbesondere für <strong>die</strong> Sozialisation von <strong>Kinder</strong>n,<br />
auch <strong>und</strong> gerade in den Ländern des Südens?<br />
Wie ist das Problem der Gefährdung durch <strong>Gewalt</strong>darstellungen in<br />
Neuen <strong>Me<strong>die</strong>n</strong> <strong>und</strong> deren zunehmende <strong>Ein</strong>beziehung in <strong>Gewalt</strong>handlungen<br />
<strong>und</strong> Kriegsstrategienzu bewerten?<br />
In <strong>die</strong>ser Broschüre werden – vor dem Hintergr<strong>und</strong> der Entwicklungszusammenarbeit<br />
– neben zentralen Entwicklungen der Neuen<br />
<strong>Me<strong>die</strong>n</strong> <strong>und</strong> deren Herausforderungen wichtige Strategien des Umgangs<br />
im Kontext der <strong>Me<strong>die</strong>n</strong>pädagogik diskutiert.<br />
www.friedenspaedagogik.de