Vom Werden und Vergehen

Nach und nach wurde für jede Produktion eine Anschlussbegegnung mit dem Material
erarbeitet: Möhren in einem Erdklumpen, die gemeinsam gegessen werden können;
Holzstücke, mit denen gebaut und gespielt werden kann; Strohhalme, mit denen Schiffe
angetrieben werden oder ins Wasser geblasen wird; Ton, der geknetet und geformt
werden darf. So bestimmen die Zuschauer selbst, wann das Stück im Theater oder im
Theaterfoyer endet.
Theater für die Allerkleinsten = Elementartheater
Das Theater für die Allerkleinsten des HELIOS Theaters nähert sich mit einem hohen
künstlerischen und konzeptionellen Anspruch seinen Themen. Die eigene Auseinandersetzung
ist die Basis für die inhaltliche Herangehensweise. Das macht dieses Theater
künstlerisch so anspruchsvoll. Das Ensemble gibt sich nicht mit einfachen Spielformen
zufrieden. Es geht den Materialien auf den Grund – findet eine eigene Fragestellung im
Umgang mit dem Material.
Das HELIOS Theater versteht diese Produktionen auch als politisches Theater. Im Zentrum
stehen der respektvolle Umgang mit einem Material und seine Bedeutung für den Menschen.
Auffallend ist, dass die Stücke zu den grundlegenden, den elementaren Dingen
zurückkommen. Da ist zunächst einmal das Material selbst: die Elemente Erde, Wasser
und Luft; dann die Spielweise der Spieler, ganz elementar aus der Situation und der
Begegnung von Mensch zu Mensch; in der Musik sind es die großen Fragen nach Ton,
Klang und Rhythmus; in der Dramaturgie nach dem elementarsten Paar des Dramas
– Leben und Tod; und das Puppenspiel kreist um das Entstehen und Vergehen aus dem
Material. Nicht zuletzt wird der pädagogische Bereich der vorschulischen Förderung,
Bildung und Erziehung als Elementarbildung bezeichnet. Deshalb: Elementartheater.
Das aktuelle Projekt auf europäischer Ebene, an dem von deutscher Seite das HELIOS
Theater beteiligt ist, trägt den Titel „small size – big citizens“ (2009–2014) – frei übersetzt:
„Kleine Größe – große Bürger“. In dieser Dimension ist dieses Theater zu sehen. Das ist
die angemessene künstlerische und politische Ebene.
Auf die Frage, ob es ‚Theater für die Allerkleinsten’ / ‚Elementartheater’ geben muss,
lautet die Antwort: Ja! Es gibt keinen Grund, warum man den Kindern in diesem Alter
künstlerische Impulse vorenthalten sollte.
Erpho Bell (geb. 1973) studierte Germanistik, Kunstgeschichte und
Philosophie in Bochum, Münster und Osnabrück. Nach dem Studium
arbeitete er als Schauspieldramaturg am Stadttheater Bremerhaven
und als leitender Dramaturg am Schlosstheater Moers. Erpho Bell
schreibt Theaterstücke und Kinderbücher, inszeniert Theaterprojekte
und unterrichtet in Seminaren und Workshops.
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