mutual exclusivity constraint - Opus - KOBV
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stammen. In Kontrast zu diesen guten sprachlichen Fähigkeiten im jugendlichen und<br />
erwachsenen Alter existieren sichere empirische Belege, dass der Spracherwerb von WBS-<br />
Kindern verzögert verläuft (Thal, Bates & Bellugi 1989; Mervis & Bertrand 1997; Jarrold,<br />
Baddeley & Hewes 1998; Mervis & Robinson 2000, Levy 2004a, 2004b), wie in Abschnitt<br />
1.1.3.4.1 dargestellt wurde.<br />
Es kann somit die These aufgestellt werden, dass das Verhalten von jungen WBS-Kindern im<br />
Spracherwerb nicht die relative Stärke der Sprachverarbeitung prognostiziert, die bei<br />
Jugendlichen und Erwachsenen dieses Syndroms dokumentiert wird.<br />
Gemessen an der Diskrepanz zwischen dem verlangsamten Beginn des Spracherwerbs und<br />
den guten sprachlichen Kompetenzen im Jugend- und Erwachsenenalter müsste eine<br />
grundlegende Veränderung in der Verarbeitungsfähigkeit von sprachlichen Informationen bei<br />
WBS-Kindern angenommen werden, die letztendlich dazu führt, dass die Kinder sich in<br />
dieser Domäne weiter entwickeln können als Kinder mit anderen genetischen Syndromen.<br />
Eine solche „Aufholphase“ würde, bedingt durch das verzögerte Erreichen der ersten<br />
Entwicklungsmeilensteine, zu einem vergleichsweise späten Zeitpunkt stattfinden (vgl. auch<br />
Pinker 1991), d.h. dann, wenn eine derartige Entwicklungsdynamik im ungestörten<br />
Spracherwerb nicht mehr zu erwarten wäre. Diese späte Aufholphase 8 wird von mehreren<br />
Autoren beim WBS vermutet (Mac Donald & Roy 1988; Thal et al. 1989; Rossen, Klima,<br />
Bellugi, Bihrle & Jones 1996). Allgemeiner wird auch von anderen Autoern davon<br />
gesprochen, dass sich das typische WBS-Profil erst bei Jugendlichen mit WBS voll entfaltet<br />
(Karmiloff-Smith et al. 2006: 260). Die direkteste Aussage stammt von Rossen et al. (1996:<br />
379 f.), die von einer starken Verbesserung der sprachproduktiven Leistungen ab elf Jahren<br />
im Rahmen von fluency-Versuchen sprechen.<br />
Es existieren jedoch keine Hypothesen darüber, wodurch ein spätes Aufholen ausgelöst<br />
werden könnte oder was in dieser Phase geschieht. Keine Studie untersucht explizit den<br />
Verlauf der Aufholphase. Bisher wurde sie noch nie direkt dokumentiert. Ebenso wenig wird<br />
der Frage nachgegangen, warum Kinder mit anderen genetischen Syndromen nicht ebenfalls<br />
späte Aufholphasen durchlaufen.<br />
Letztendlich bestehen zwei Möglichkeiten, was in einer solchen Aufholphase passieren<br />
könnte. Einerseits könnten sich hier, im Sinne eines wirklichen Aufholens, Fähigkeiten<br />
einstellen, die den WBS-Kindern vorher noch nicht zu Verfügung standen, d.h. es werden<br />
tatsächlich Sprachfähigkeiten erworben. Andererseits könnten durch Verbesserungen in<br />
außersprachlichen Prozessen bestehende Sprachfähigkeiten besser genutzt werden (Levy<br />
8 In Ermangelung eines neutraleren Begriffs benutze ich im Rahmen dieser Arbeit die Bezeichnung Aufholphase<br />
für die vermuteten späten Veränderungsprozesse im Spracherwerb von WBS-Kindern.<br />
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