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Analgetikanephropathie - nieren-transplantation.com

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14. Jahrestreffen des AK Nieren<strong>transplantation</strong> der DGU<br />

München 7.-9. September 2006<br />

<strong>Analgetikanephropathie</strong><br />

und Vorbereitung zur<br />

Nieren<strong>transplantation</strong><br />

C. Doehn, A. Meyer, H. Groth, O. Walden,<br />

P. Fornara, D. Jocham<br />

Klinik und Poliklinik für Urologie<br />

Direktor: Prof. Dr. D. Jocham<br />

Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UK S-H), Campus Lübeck


Phenazetin<br />

• 1887: Phenazetin von Duisberg (Bayer) erstmals hergestellt<br />

• Metabolisierung erfolgt in bis zu 80% als Hydrolyse zu<br />

PCM und auch zu Phenetidin und p-Äthoxyanilin<br />

• Letztere Metaboliten sind toxisch und reichern sich wie<br />

PCM in den Nierenpapillen an. Folge ist eine Ischämie.<br />

• Phenacetin wurde nur in Kombination (mit ASS und<br />

Koffein und/oder Kodein, aber auch Barbituraten) verkauft<br />

• Handelsnamen z.B. Thomapyrin, Spalt, Togal etc.


Paracetamol (PCM)<br />

• Acetaminophen = Paracetamol = N-acetyl-paraaminophenol<br />

(Phenol- und Anilinderivat)<br />

• 1873 erstmals hergestellt<br />

• Abbau in der Leber<br />

• Bildung toxischer Verbindungen (u.a. MetHb und<br />

hämolytische Anämie) bei Einnahme > 7,5 g


Definitionen der<br />

<strong>Analgetikanephropathie</strong><br />

• Phenazetinniere – Schädigung der Niere durch<br />

chronischen Phenazetinabusus<br />

• Verschiedene Definitionen: histologisch,<br />

radiologisch, klinisch<br />

• Definition National Kidney Foundation 1996:<br />

Regelmäßige Einnahme von mindestens 2<br />

Analgetika, meistens in Verbindung mit Coffein<br />

und/oder Codein<br />

• Phenazetin, PCM, Aspirin in versch. Kombinationen<br />

• Quantifizierung: 1 kg – 5 kg – 10 kg???


Histopathologie<br />

• 1953: Spühler und Zollinger zeigen Zusammenhang<br />

zwischen Phenazetineinnahme und interstittieller<br />

Nephritis (14/44) bei schweizer Uhrmachern<br />

• Es handelt sich um eine interstitielle Nephritis mit<br />

Papillennekrosen und Progredienz zum chronischen<br />

Nierenversagen (Infiltrate durch eosinophile, basophile<br />

Leukozyten, Fibrose, Sklerose)


Radiologische Kennzeichen der<br />

<strong>Analgetikanephropathie</strong><br />

• Nativ-CT des Abdomens (DeBroe, Belgien) !<br />

- Schrumpf<strong>nieren</strong><br />

- Irregulären Konturen<br />

- Papillenverkalkungen (65%)


Symptomatik bei<br />

<strong>Analgetikanephropathie</strong><br />

• Polyurie<br />

• Sterile Leukozyturie<br />

• HWI<br />

• Hypertonus<br />

• Koliken bei Papillennekrosen<br />

• Hämaturie<br />

• Tumoren des OHT<br />

• Hypertonus, Anämie etc.


Epidemiologie<br />

• Die Analgetika werden insbesondere gegen Kopfund<br />

Rückenschmerzen eingenommen<br />

• Frau zu Mann = 5 zu 1<br />

• Alter: 45-75 Jahre<br />

• Bis 30% aller Patienten mit einer term. NI in<br />

Belgien, Schweiz und Australien (D: 5-10%)


Phenazetin vom Markt<br />

• Schweden: 1961 („Hjortons Puder“ Arbeiter in Huskvarna)<br />

• Dänemark: 1963<br />

• Finnland: 1965<br />

• Kanada: 1973<br />

• USA und England: 1975<br />

• Australien: 1978<br />

• Deutschland und Belgien: 1986<br />

• Deutschland im Mittelfeld hinsichtlich jährlichen Pro-Kopf-<br />

Verbrauch von Analgetika (18,2 g)<br />

• Jeweils etwa 10 Jahre später kommt es zu einem Abfall der<br />

Patientenzahl mit AN<br />

Fox et al., Fund Clin Pharmacol 2003


Urothelkarzinom bei<br />

<strong>Analgetikanephropathie</strong><br />

60er Jahre<br />

• Zusammenhang zwischen Papillennekrosen und TCC<br />

erstmals von Hultengren 1965 beschrieben<br />

- 6/103 Patienten mit Papillennekrosen hatten ein TCC,<br />

davon hatten 5 einen Analgetikaabusus<br />

• Bengtson 1968 publizieren über 104 Patienten mit<br />

interstitieller Nephritis infolge Analgetikaabusus<br />

- Def. 1g Phenacetin tgl. über mind. ein Jahr. 11/104<br />

entwickelten innerhalb von 5 Jahren ein TCC


Urothelkarzinom bei AN<br />

80er und 90er Jahre<br />

• Porpazcy (1981) berichtet über 30/300 Patienten mit einem<br />

Analgetikaabusus, die ein TCC entwickelten<br />

• Mihatsch (1982) fand 69 Patienten mit TCC bei AN, 52%<br />

Blasentumoren nach 27 Jahren und 48% HL- (6%) bzw.<br />

NB-TU (42%) nach 20 Jahren<br />

• Bucher (1999) fand ein 8fach erhöhtes Risiko für ein TCC<br />

• Swindle (1999) mit Nachweis höheren T- und G-Stadien<br />

und schlechterer Prognose


Urothelkarzinom: Lokalisation<br />

„Normal“ versus AN-assoziiert<br />

→ AN-assoziiert: 50%<br />

in der Blase, 10% in<br />

HL und 40% im NB<br />

→ „Normal“: 90% in<br />

der Blase und je 5%<br />

in HL und NB


<strong>Analgetikanephropathie</strong>,<br />

Dialyse und Warteliste<br />

Konzept (Lübeck)<br />

• UCy mit ALA und Zytologie<br />

• RPG mit Zytologie OHT bds.<br />

• Laparoskopische Sanierung „eines OHT“ vor NTx<br />

• NTx ipsilateral<br />

• Laparoskopische Sanierung des kontralateralen OHT<br />

nach NTx


Laparoskopie


Laparoskopische NUE bei<br />

<strong>Analgetikanephropathie</strong><br />

Aktuelle Serie (Lübeck)<br />

• 16 Wartelisten-Patienten (13 Frauen, 3 Männer)<br />

• Medianes Alter 62 Jahre (51-71 Jahre)<br />

• Analgetikaabusus durchschnittlich > 10 Jahre (7-40 Jahre)<br />

• Dialyse bis NUE 36 Monate (6-76 Monate)<br />

• 12x lap. unilaterale NUE und 4x lap. bilaterale NUE<br />

• 2x TCC: T3G3 im NB, multifok. TCC HL + CIS NB<br />

• 2x RCC: T1G2<br />

• N.b.: Sonographie, Endoskopie, Zytologie jeweils neg.


Malignome bei Dialyse<br />

• Erhöhtes Risiko für Malignome (RCC und TCC) bei<br />

Dialysepatienten (n=830.000)<br />

• RCC-Risiko abhängig vom Dialysedauer nicht Dialyseart<br />

• N=2.050 mit RCC, SIR für RCC = 3,6 (standardized<br />

Incidence Ratio, SIR)<br />

• SIR* für RCC bei AN = 16,7 (Balkannephritis = 26,2!)<br />

• N=1.650 mit TCC, SIR für TCC = 1,5<br />

• SIR* für TCC bei AN = 13,3 (Balkannephritis = 18,2!)<br />

Stewart et al., J Am Soc Nephrol 2003


Urothelkarzinom bei<br />

<strong>Analgetikanephropathie</strong><br />

Prognose bei NTx (Hannover)<br />

• 2.072 NTx-Patienten<br />

• davon 65 mit AN (> 1,5 kg Analgetika)<br />

• davon 10 (=15,3%) mit TCC (33 Monate<br />

nach NTx)<br />

• Alle mit muskelinvasiven TCC, 6x Tod


<strong>Analgetikanephropathie</strong> und NTx<br />

Fazit I<br />

• Phenazetin (plus Metabolite) Hautpverursacher<br />

der AN<br />

• Kombinationen (auch ASS und PCM) sind<br />

gefährlicher als Monotherapeutika<br />

• AN ist mit erhöhtem Risiko für TCC und RCC<br />

verbunden


<strong>Analgetikanephropathie</strong> und NTx<br />

Fazit II<br />

• Urothelkarzinom zu 50% im OHT (!)<br />

• Keine standardisierte Vorsorge (während Dialyse<br />

+ vor NTx)<br />

• Keine standardisierte Nachsorge (nach NTx)<br />

• Mindestens übliches Monitoring wie bei sonstigen<br />

TCC zu fordern (!)<br />

• Sanierung des gesamten OHT sinnvoll (?) – dann<br />

möglichst „minimal-invasiv“

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