Kreisverbandszeitung, März 2001 - Blasmusik-Kreisverband ...
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Interview<br />
Crash-Situationen nicht so sehr von<br />
seiner eigentlichen Aufgabe abbringen<br />
lassen. Technisch haben wir die neueste<br />
Ausrüstung zur Verfügung, so<br />
dass man an sich keine Zugeständnisse<br />
machen und besondere Tricks<br />
anwenden muss.<br />
Besondere Kunstgriffe gibt es ohnehin<br />
nicht. Die Schwierigkeit besteht<br />
im-mer darin, die einzelnen Bauteile,<br />
die ich für eine Aufnahme brauche, zusammenzustellen.<br />
Zu jedem Orchester<br />
brauche ich das jeweils passsende<br />
Equipment, eine gründliche<br />
Vorbereitung gepaart mit einem fundierten<br />
Erfahrungsschatz. So kann ich<br />
für einen hellen Raum nicht etwa ein<br />
Mikro nehmen, das diesen Effekt<br />
überbetont. Das sind keine außergewöhnliche<br />
Tricks oder Geheimnisse.<br />
Anders ist es, wenn man sich mit<br />
Musikern über unterschiedliche Meinungen<br />
verständigen muss. Wenn mal<br />
eine Passage nicht so gelingt, kann ich<br />
in der Praxis hilfreich eingreifen, auch<br />
wenn es manchmal nur mit Allgemeinplätzen<br />
ist, wie «bleib locker»,<br />
«hol mehr Luft» oder «versuch mal<br />
andere Griffe».<br />
Spezielle Motivationskniffe sind<br />
Gruppen- oder Instrumenten übergreifend,<br />
für die man im Lauf der<br />
Jahre ein gewisses Talent entwickelt.<br />
Man muss eben kontaktfreudig sein<br />
und auf die Leute zugehen können.<br />
Ganz wichtig ist es, für ein gutes Klima<br />
und eine gute Stimmung zu sorgen,<br />
um so ein vertrauensvolles Miteinander<br />
herzustellen.<br />
Ich muss ein Gespür dafür entwikkeln,<br />
wie unterschiedlich z. B. das<br />
Durchhaltevermögen ist. Bei einem<br />
Trompeter, der in hohen Lagen zu<br />
spielen hat, muss ich aufpassen, dass<br />
ich ihm mit mehrmaligem Wiederholen<br />
nicht zuviel zumute und ich die<br />
Stelle mit 3 Mal spielen kriege. Da<br />
kann man einem Pianisten schon<br />
mehr zumuten.<br />
Deshalb komme ich mir manchmal<br />
auch wie ein Angler vor, der die guten<br />
«takes» rausfischen muss und genau<br />
weiß, wo er nochmals nachhaken<br />
kann, damit eventuell eine Steigerung<br />
zu erreichen ist.<br />
Beschreiben Sie doch bitte abschließend<br />
noch ein wenig folgende Punkte:<br />
- Ihre Lieblingsorchester oder -<br />
gruppen<br />
- Ihre eigene Motivation zum Beruf<br />
- frustrierende Momente<br />
- Zusammenarbeit mit Dirigenten<br />
und Orchestern<br />
- Zeit für Hobbys o.ä.<br />
Die großen sinfonischen <strong>Blasmusik</strong>besetzungen<br />
habe ich hier kennen und<br />
lieben gelernt. Es ist erstaunlich, wie<br />
vielfältig eine Bläserbesetzung sein<br />
kann und was sie zu leisten im Stande<br />
ist, wenn sie groß genug ist. Und welchen<br />
Klang sie verbreiten kann, ist<br />
eine der schönsten Sachen, die mir am<br />
meisten Spaß machen. Insbesondere,<br />
wenn es nicht nur laut ist und ein<br />
schönes Blech gibt, sondern auch<br />
einen sehr kultivierten Holzton.<br />
Als Kontrast dazu mache ich auch<br />
sehr gerne U-Musik. Mit einem Salonorchester<br />
etwa, mit Streichern und<br />
Bläsern, die nicht so sehr den ernsten<br />
Anspruch an die hehre Kunst stellen,<br />
sondern einfach Spaß an einer rhythmisch<br />
betonten Musik haben.<br />
Was für mich den Beruf so interesssant<br />
macht, ist die große Gestaltungsmöglichkeit,<br />
die ich am Mischpult<br />
habe. Zu wissen, dass ein Produkt<br />
nicht so oder anders geworden wäre,<br />
wenn man nicht selbst dagesessen<br />
hätte, gibt einem schon eine gewisse<br />
Befriedigung. Für mich ist es auch<br />
äußerst interessant, mit Laien und<br />
Amateuren zu arbeiten. Man empfindet<br />
oft ein dankbares Gefühl, wenn<br />
man helfen konnte und den Stolz der<br />
Musiker über das Zustandekommen<br />
auch als einen Teil seiner Leistung<br />
betrachten darf.<br />
Frustrierende Augenblicke bleiben<br />
natürlich nicht aus, sind aber Gott sei<br />
dank sehr selten. Man bedenke, ein<br />
Arbeitstag von manchmal 12-14 Stunden<br />
wird schon mal sehr anstrengend,<br />
wenn man dauernd gefordert ist, von<br />
sich aus viel zum<br />
Gelingen beitragen,<br />
ständig zu<br />
Höchstleistungen<br />
motivieren und<br />
antreiben muss<br />
und dann allmählich<br />
das Gefühl<br />
hat, das musst du<br />
jetzt bald selbst<br />
spielen, damit es<br />
zu einem passablen<br />
Ergebnis<br />
führt.<br />
6<br />
Von der Zusammenarbeit mit einem<br />
Dirigenten hängt es häufig ab, wie<br />
man die Aufnahmen schafft. Es für<br />
mich wichtig, Spaß an der Sache zu<br />
vermitteln, um etwaige ängstliche<br />
Haltungen bei Musikern abzubauen,<br />
ihnen ein Gefühl der Zufriedenheit zu<br />
geben und sie gewissermaßen erst mal<br />
mit sich selbst ins Reine kommen zu<br />
lassen. Eine erfolgreiche Erziehungsarbeit<br />
der Dirigenten mit ihren Orchestern<br />
erleichtert das Verhältnis zu<br />
den Orchestern. Wenn man beim<br />
Dirigenten die fachliche Kompetenz<br />
spürt, in schwierigen Lagen mit einzugreifen,<br />
lässt sich alles viel schneller<br />
abwickeln. Denn oftmals höre ich eine<br />
falsche Stelle, muss aber zunächst<br />
alles aufsplitten, um hinter die Ursachen<br />
zu kommen.<br />
Für Hobbys bleibt eigentlich neben<br />
Beruf und Familie nicht mehr viel Zeit.<br />
Ich bin ein leidenschaftlicher Wassersportler,<br />
habe aber in der näheren<br />
Umgebung keine Möglichkeit zur<br />
Ausübung. Wichtig ist für mich, dass<br />
ich mich auf dem Klavier halbwegs fit<br />
halte. Zu Studienzeiten habe ich sehr<br />
gerne Kaffeehaus-Musik gemacht,<br />
Klavier und Geige, und wenn die Zeit<br />
da ist, kommt so etwas in der Art wieder.<br />
Mehr geht zur Zeit nicht, denn<br />
sonst frisst einen der Job.<br />
Herr Puchelt, vielen Dank für das<br />
Gespräch.<br />
Das Interview führte Roland Greiner