Leben mit - Deutsches Down-Syndrom InfoCenter
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ARBEIT<br />
Nach der Ära der Sonderbiographien<br />
zeigt Frau B. <strong>mit</strong> ihren Erfahrungen im<br />
Übergang von der integrativen Schule<br />
zum integrierten Arbeiten, wie viel<br />
„normaler“ neue Biographien von Menschen<br />
<strong>mit</strong> Lernschwierigkeiten aussehen<br />
können, wenn sie entsprechend unterstützt<br />
werden.<br />
Jedoch könnte auch Herr A. <strong>mit</strong> seinem<br />
Umfeld zu klären beginnen, in welchem<br />
Maß seine Zufriedenheit eine resignative<br />
ist und welche Bedeutung das<br />
Wort „draußen“ für ihn hat, um gegebenenfalls<br />
seinen <strong>Leben</strong>sweg dorthin weiterzuentwickeln<br />
– <strong>mit</strong> Hilfe eines arbeitsbegleitenden<br />
Integrationsfachdienstes.<br />
Literatur:<br />
ANDERS, Dietrich (1996): Die Werkstatt für<br />
Behinderte – der andere Weg ins Arbeitsleben.<br />
In: ZWIERLEIN, Eduard (Hrsg.): Handbuch<br />
Integration und Ausgrenzung. Behinderte<br />
Mitmenschen in der Gesellschaft. Neuwied:<br />
Luchterhand, 547-562<br />
BOBAN, Ines & HINZ, Andreas (1999):<br />
Persönliche Zukunftskonferenzen.<br />
Unterstützung für individuelle <strong>Leben</strong>swege.<br />
Behinderte 22, H. 4-5, 13-23<br />
(auch im Internet:<br />
http://bidok.uibk.ac.at/texte/beh4-99konferenz.html)<br />
BOBAN, Ines & HINZ, Andreas (2000):<br />
Emanzipation der Menschen <strong>mit</strong> <strong>Down</strong>-<br />
<strong>Syndrom</strong>. <strong>Leben</strong> <strong>mit</strong> <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong>,<br />
H. 33, 20-27<br />
HAMBURGER ARBEITSASSISTENZ (Hrsg.)<br />
(2001): Übergang von der Schule in den Beruf<br />
für Menschen <strong>mit</strong> Lernschwierigkeiten.<br />
Hamburg: Selbstverlag (Bezug über:<br />
Hamburger Arbeitsassistenz, Schulterblatt 36,<br />
20357 Hamburg; Tel. 040/431339-0,<br />
Fax 040/431339-22, E-Mail:<br />
Hamburger_Arbeitsassistenz@t-online.de)<br />
HINZ, Andreas & BOBAN, Ines (2001):<br />
Integrative Berufsvorbereitung. Unterstütztes<br />
Arbeitstraining für Menschen <strong>mit</strong><br />
Behinderung. Neuwied/Berlin: Luchterhand<br />
KROHN, Johanna (1997): Integratives<br />
Berufsvorbereitungsjahr. In: SCHULZE,<br />
Hartmut u.a. (Hrsg.): Schule, Betriebe und<br />
Integration: Menschen <strong>mit</strong> geistiger<br />
Behinderung auf dem Weg in die Arbeitswelt.<br />
Hamburg: Eigenverlag, 190-194<br />
(auch im Internet:<br />
http://bidok.uibk.ac.at/texte/integ2000-<br />
Integrat-2.html)<br />
MIEHLICH, Anna (1999): Meine Arbeit in der<br />
Spülküche im Krankenhaus Boberg. Impulse<br />
Nr. 11 (auch im Internet:<br />
http://bidok.uibk.ac.at/texte/imp11-99<br />
kueche.html)<br />
16 <strong>Leben</strong> <strong>mit</strong> <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> Nr. 40, Mai 2002<br />
Marco, der Mann <strong>mit</strong> der Krawatte!<br />
Ingeborg Huber und Andreas Reeg<br />
Seit Marcos Geburt hat seine Mutter, die Autorin des<br />
folgenden Artikels, gekämpft – gekämpft dafür, dass ihr<br />
Sohn seine Erfahrungen in einer „normalen“ Welt machen<br />
konnte und nicht in einer „abweichenden“ Welt.<br />
Das ist ihr gelungen.<br />
Marco ist heute 27 Jahre und lebt ein ganz normales<br />
<strong>Leben</strong>, er hat einen Arbeitsplatz in einer ganz normalen<br />
Stadtverwaltung, spielt Fußball im örtlichen Fußballverein,<br />
wie die meisten anderen Männer in seinem<br />
Wohnort, er geht zum Stammtisch und hat ein eigenes<br />
Konto bei der Sparkasse.<br />
Unsere Integrationsbemühungen begannen<br />
vor 27 Jahren, als unser<br />
Sohn als drittes von vier Kindern geboren<br />
wurde. Mit der Vorstellung, dass behinderte<br />
Kinder ihre Erfahrungen in einer<br />
„normalen“, nicht in einer „abweichenden“<br />
Welt machen sollten, suchte<br />
ich seinerzeit nach Wegen, um mein<br />
Kind <strong>mit</strong> <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> in den Regel-<br />
Kindergarten des Dorfes und später in<br />
eine Schule für Lernhilfe zu integrieren.<br />
Aus der heutigen Sicht kann ich sagen,<br />
dass wir wohl <strong>mit</strong> allen Beteiligten und<br />
Betroffenen innerhalb und außerhalb<br />
unserer Familie „Pionierarbeit“ geleistet<br />
haben. Von einem „Normalisierungsprinzip“<br />
hatte ich damals keine Ahnung<br />
und von Integrationsmodellen konnte<br />
ich bestenfalls träumen.<br />
Die heutigen ambulanten und mobilen<br />
Frühförderangebote etablierten sich<br />
zur damaligen Zeit erst sehr langsam in<br />
unserem Bereich. Marco war bereits im<br />
Kindergartenalter, als ihm die ganztägige<br />
Frühförderung in einer Sonder-Kindertagesstätte<br />
angeboten wurde.<br />
Ich sah es aber als eine Herausforderung<br />
an, <strong>mit</strong> unserem Sohn andere<br />
Wege der Förderung und Kindergartenerziehung<br />
einzuschlagen, als es für Kinder<br />
<strong>mit</strong> einer Behinderung dann üblich<br />
wurde.<br />
Ich erfuhr, wie schwierig es war, das<br />
nötige Verständnis und die Unterstützung<br />
amtlicherseits zu bekommen. Man<br />
tat sich u.a. schwer, den Besuch eines<br />
Regel-Kindergartens als Eingliede-<br />
rungshilfe nach dem BSHG anzuerkennen.<br />
Wir wurden oft als Außenseiter angesehen,<br />
auch galt ich als Mutter, die ihr<br />
Kind <strong>mit</strong> „realitätsfernen Vorstellungen<br />
und Wünschen“ überfordert. Dieses fehlende<br />
Verständnis hat mich damals oft<br />
sehr betroffen gemacht! Für mich war es<br />
aber wichtig, Marco alle Möglichkeiten<br />
zu bieten, da<strong>mit</strong> er <strong>mit</strong> seiner Behinderung<br />
ein <strong>Leben</strong> „so normal wie möglich“<br />
führen kann.<br />
Integration bekommt man nicht<br />
geschenkt<br />
Auf Marcos Weg zum Erwachsenwerden<br />
habe ich oft erfahren, dass man Integration<br />
nicht geschenkt bekommt. Vor<br />
allem habe ich das Schubladendenken<br />
der Schulbehörde noch in bester Erinnerung:<br />
„Ihr Kind ist nicht für den von<br />
ihnen gewählten Schultyp geeignet.“ Es<br />
kostete mich damals sehr viel emotionale<br />
Kraft, die begonnenen geglückten<br />
Schritte im Kindergarten für und <strong>mit</strong><br />
Marco nicht vor der Schultür enden zu<br />
lassen.<br />
Irgendwie war es immer ein Kampf!<br />
Wir sind oft „gegen den Wind gelaufen“,<br />
weil es zu unserer Zeit nicht üblich war,<br />
andere Wege in der Behindertenpädagogik<br />
zu gehen. Wir forderten die Gesellschaft<br />
heraus, sich von den alten Bildern<br />
zu lösen, die man vom <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong><br />
hatte. Manchmal sind wir stehen<br />
geblieben, haben uns isoliert gefühlt,<br />
sind aber wieder weitergegangen. Unterwegs<br />
haben wir aber immer Begleiter