Garagen · Tore · Antriebe - Gemeinde Merzenich
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Geschichte und Geschichten aus <strong>Merzenich</strong><br />
SPUREN DER VERGANGENHEIT<br />
Folge 47 – von Hubert Böhr<br />
Prozessionen und Wallfahrten (Teil 2 und Schluss)<br />
Das Wort Wallfahrt – lateinisch „peregrinatio religiosa“ – kommt<br />
von „wallen“, in eine bestimmte Richtung ziehen, fahren, unterwegs<br />
sein. Sie ist eine traditionelle Reise, um ein heiliges Gebot zu erfüllen<br />
oder zum Zweck des Besuches einer bestimmten Pilgerstätte mit<br />
religiöser Bedeutung. Der Anlass ist häufig ein Bußgelöbnis als Dank<br />
für eine erwiesene Wohltat oder Errettung aus Not und Gefahr. Sie<br />
wird auch als „Pilgerreise“, „Pilgerfahrt“ und im Islam als „Haddsch“<br />
bezeichnet. Wallfahrten gab es auch bei den antiken Griechen und<br />
Römern, die aus religiösen Gründen ferne Tempel bereist haben.<br />
Auch die Germanen veranstalteten „Waldfahrten“ zu heiligen<br />
Hainen. Schon seit alters her ist bei uns am bekanntesten die<br />
Wallfahrt nach Kevelaer<br />
Kevelaer ist einer der größten Wallfahrtsorte Europas. Seine<br />
Geschichte beginnt in der Weihnachtszeit des Jahres 1641, während<br />
des dreißigjährigen Krieges. Der holländische Krämer Hendrick<br />
Busman kam über die Kevelaerer Heide und betete an einem Wegkreuz.<br />
Dabei hörte er, wie es heißt, die Stimme der Gottesmutter<br />
Maria. Sie befahl ihm:„An dieser Stelle sollst du mir ein Kapellchen<br />
bauen!“ Busmann hörte auf seinen Verkaufsreisen zwischen Weeze<br />
und Geldern noch zwei weitere Male die Stimme der Maria. Jedesmal<br />
wiederholte sie die Aufforderung. Schließlich war er von dem wunderbaren<br />
Erlebnis so beeindruckt, dass er tatsächlich an der Stelle<br />
eine kleine Kapelle bauen ließ.<br />
Vor Pfingsten des folgenden Jahres kaufte seine Frau von zwei Soldaten<br />
ein kleines Bild der Gottesmutter als „Trösterin der Betrübten“.<br />
Im Traum hatte sie dieses Bild in der Kapelle, die ihr Mann hatte<br />
erbauen lassen, gesehen. Als es im Juni 1642 in die kleine Kapelle eingesetzt<br />
wurde, sprach sich schnell herum, dass es etwas besonderes<br />
damit auf sich haben soll. Bald schon pilgerten viele Menschen aus<br />
Geldern und der Umgebung nach Kevelaer zur Kapelle. Im weiteren<br />
Verlauf der Jahrhunderte ereigneten<br />
sich Wunderheilungen,<br />
die von der katholischen Kirche<br />
anerkannt wurden. –<br />
An den jährlich von von der<br />
Pfarrgemeinde für die Orte<br />
<strong>Merzenich</strong>, Girbelsrath, Golzheim<br />
und Morschenich veranstalteten<br />
Busfahrten nehmen<br />
viele Gläubige teil. Im Jahr<br />
1790 kamen die ersten <strong>Merzenich</strong>er<br />
Pilger nach Kevelaer.<br />
Zum zweihundertjährigen Jubiläum<br />
am 22. September 1990<br />
fuhren 250 Wallfahrer in fünf<br />
Bussen nach Kevelaer. Begleitet<br />
wurden sie von den „Freunden<br />
der Musik“. –<br />
Gnadenbild von Kevelaer<br />
BAGGER PÜTZ GmbH & Co.<br />
Kellerausschachtung<br />
sonstige Erdarbeiten<br />
Abbrucharbeiten<br />
Kies, Sand<br />
Mutterboden<br />
Im Lintes 40 <strong>·</strong> 52355 Düren<br />
Telefon (0 24 21) 6 49 29<br />
Die ersten <strong>Merzenich</strong>er Pilger zogen zu fuß<br />
Dass in den Anfängen Pilger von <strong>Merzenich</strong> zu fuß nach Kevelaer<br />
gepilgert sind, ist wohl den meisten von uns unbekannt. Man zog in<br />
der Regel am 6. September von <strong>Merzenich</strong> los und kehrte am<br />
11. September zurück.<br />
Bereits im Jahr 1698 ging die erste Kevelaer-Wallfahrt von Düren,<br />
geführt von Franziskanern des Klosters Bethanien (heute Marien -<br />
kirche). Ein altes „Wallfahrtsbuch“ beschreibt den genauen Weg. Für<br />
jede Wegstunde enthält es eine besondere Andacht mit Gebeten und<br />
Liedern. Ebenso ist darin vermerkt, dass sich auf dem Weg über<br />
Oberzier und Niederzier Pilger aus den umliegenden Dörfern dazugesellten.<br />
Namentlich erwähnt sind Arnoldsweiler und Ellen. Ich<br />
könnte mir gut vorstellen, dass in manchen Jahren auch <strong>Merzenich</strong>er<br />
dabei gewesen sind. So werden die <strong>Merzenich</strong>er auf jeden Fall ihren<br />
Weg nach der Beschreibung im Wallfahrtsbuch genommen haben,<br />
als sie 1790 selbständig gezogen sind. Aufgrund der traditionell guten<br />
Beziehungen der <strong>Merzenich</strong>er zu den Franziskanern, könnte auch<br />
einer dieser Patres die Wallfahrt angeführt haben (siehe Folge 46<br />
„Rochusprozession“). Der Be schreibung folgend, zog man Montagsmorgens<br />
gegen 6 Uhr los in Richtung Oberzier und Niederzier. Mittagsrast<br />
wurde in Steinstraß gehalten.<br />
Je nach Anzahl der Pilger fuhren ein oder mehrere Pilgerwagen mit,<br />
in denen das Gepäck geladen war. Proviant, Decken sowie zusätzliche<br />
Kleidung und Wäsche wurden ebenfalls mitgeführt. Sie nahmen<br />
auch unterwegs die Pilger auf, die zeitweise nicht so gut folgen konnten<br />
oder Blessuren davontrugen. Es gab noch keine leichte Wanderkleidung<br />
wie heute und das Schuhwerk war derb: Schwere Lederschuhe<br />
mit Kopfnägeln unter den Sohlen („de jenälde“) für<br />
Männlein und Weiblein. Ein selbstgeschnittener Stock der manchmal<br />
schon vererbt war, diente als Stütze unterwegs.<br />
Weiter ging es über Bettenhoven, Kalrath, Titz nach Holzweiler. Man<br />
wird ähnlich, wie beschrieben wurde, jede Stunde eine kurze<br />
Andacht gehalten haben. Sieben Stunden waren es pro Tag, jeweils<br />
mit anderer Intention. In Holzweiler hatte man schon Nachtquartiere<br />
bestellt. Geschlafen wurde auf Heuböden. Man wusch sich<br />
abends und morgens an der Pumpe. Ein frischbezogenes Bett stand,<br />
wenn überhaupt, nur für die begleitende Geistlichkeit, zur Verfügung.<br />
Täglich legte man etwa 35 km zurück. Am zweiten Tag ging<br />
man über Herrath nach Rheindahlen, Hardt, Dülken.<br />
– Ich weiß nicht, ob das auch damals schon so war: Heute haben<br />
Wallfahrten auch etwas mit Geselligkeit des gemeinsamen Marsches<br />
zu tun. „Rheinische Wallfahrt“ heißt das: geplaudert, gelacht und<br />
Spaß gemacht; „beten mit den Füßen“ nennt man das. –<br />
Junge Frauen beteten um einen guten Mann<br />
Ein anderer Aspekt einer Wallfahrt soll nicht verschwiegen werden:<br />
Viele Frauen und Jungfrauen zogen mit jeder Wallfahrt. Letztere<br />
hofften – wohl auch mit jenseitiger Hilfe – einen guten Mann bei den<br />
Mitpilgern oder durch Gebetserhörung – bei anderer Gelegenheit –<br />
kennen zu lernen. Kevelaer und Neviges waren für katholische Jungfrauen<br />
die meist besuchten Wallfahrtsorte. – Bis 1940 hieß es in den<br />
Gebeten auch „um einen guten Partner“. In der St. Antoniuskirche<br />
in Kevelaer betete man besonders darum und steckte eine Kerze für<br />
dieses Anliegen an. –<br />
AMTSBLATT FÜR DIE GEMEINDE MERZENICH NUMMER 5 <strong>·</strong> 30. April 2010 <strong>·</strong> 12. JAHRGANG<br />
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