ïºÙï»ïºÙ ﺧïºØ±Ù - Vereins Iranischer Naturwissenschaftler und Ingenieure
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Persien Land der Spiele. Die neuen F<strong>und</strong>e aus Jiroft<br />
Dr. Ulrich Schädler, Schweizerisches Spielmuseum La Tour-de-Peilz<br />
Vortrag am 8.6.2006, TU Berlin<br />
Spielen ist keine Erfindung des Menschen, sondern eine der Natur. Über die<br />
natürlichen Bewegungs- <strong>und</strong> Rollenspiele hinaus hat der Mensch aber noch eine<br />
andere Art von Spiel erf<strong>und</strong>en, die nicht in der Natur vorkommt: Es sind die<br />
geregelten Spiele des Geistes, die Brettspiele <strong>und</strong> die Würfelspiele. Gemeinsam ist<br />
ihnen, dass sie strenge Spielregeln aufweisen <strong>und</strong> eine mathematische Struktur<br />
haben. Ohne Mathematik noch nicht einmal ein Schachbrett. Ohne Mathematik keine<br />
Würfel. Ohne Würfel kein Backgammon <strong>und</strong> kein Mensch-ärgere-dich-nicht.<br />
Es ist daher kein Zufall, dass die ältesten Brett- <strong>und</strong> Würfelspiele überhaupt etwa um<br />
3000 v. Chr. auftreten, es ist die gleiche Zeit, in der in den Hochkulturen<br />
Mesopotamiens <strong>und</strong> Ägyptens die Schrift <strong>und</strong> die Mathematik <strong>und</strong> Geometrie<br />
entwickelt werden.<br />
Jüngste F<strong>und</strong>e aus der Gegend von Jiroft (Iran, Provinz Kerman) liefern uns neue<br />
Einblicke in die frühe Geschichte der Brettspiele. Unter den zahlreichen<br />
Steinartefakten, die vor wenigen Jahren aus den antiken Nekropolen am Fluss Halil<br />
ans Licht gekommen sind, befinden sich auch einige Spielbretter. Die Spielbretter<br />
gehören prinzipiell zwei verschiedenen Spielen an. Das eine Spiel ist durch F<strong>und</strong>e<br />
aus den Königsgräbern von Ur <strong>und</strong> aus Ägypten bekannt, wo es „20er-Spiel“ genannt<br />
wurde. Die Bezeichnung spielt auf die Anzahl der Felder des Spielbretts an. In Jiroft<br />
wurden ausser einem solchen Spielbrett ägyptischer Form auch Spielbretter in Form<br />
von Greifvögeln, Skorpionen <strong>und</strong> eines Skorpionenmenschen gef<strong>und</strong>en – solche<br />
figürlichen Formen waren bisher völlig unbekannt.<br />
Geradezu sensationell ist freilich der F<strong>und</strong> eines anderen Spielbretts, das aus 3<br />
Reihen mit je zwei Gruppen von 6 Feldern besteht, die durch sich windende<br />
Schlangen gebildet werden. Während ein Schlangenspielbrett bereits vor längerer<br />
Zeit in Shar-i-Sokhta (Iran) zutage kam, <strong>und</strong> zwar eines für das gerade genannte<br />
20er-Spiel, ist dieser Spielbretttypus erst aus viel späterer Zeit bekannt: Die Struktur<br />
ist nämlich erstaunlicherweise identisch mit etwa 2000 Jahre jüngeren römischen<br />
Spielbrettern des „Ludus duodecim scriptorum“ („12-Augen-Spiel“), eines Vorläufers<br />
des noch heute populären Backgammon-Spiels. Die neuen Spielbretter aus Jiroft<br />
werfen also Fragen zur Herkunft <strong>und</strong> zum Alter dieser weltweit populären<br />
Brettspielfamilie auf. Interessant ist diesbezüglich vor allem, dass in persischen<br />
Legenden als Ursprungsland des Spiels Persien zugeschrieben wird. Entweder wird<br />
es als Erfindung des Bozorgmehr, des Beraters des Grosskönigs Khosrau I<br />
Anuschirwan (531-578 oder 579 n. Chr.), dargestellt oder aber als Erfindung des<br />
Ardaschir (224-241 n. Chr.), des Begründers der Sasaniden-Dynastie. In beiden<br />
Überlieferungen wird dem Spiel eine zoroastrische kosmologische Symbolik<br />
beigelegt, in der es auch um die Doppelnatur des Menschen geht, der einerseits der<br />
stofflichen, andererseits der himmlischen Welt angehöre, sowie um dessen<br />
Vergänglichkeit <strong>und</strong> Wiederauferstehung.<br />
In diesem Zusammenhang sind nun die Tiere interessant, die in Verbindung mit den<br />
Spielen aus Jiroft auftauchen. Es kommen nämlich nicht etwa Antilopen, Böcke <strong>und</strong><br />
Büffel vor, die auf anderen Objekten aus den Nekropolen Jirofts erscheinen, doch nie