09.11.2012 Aufrufe

Musterbeispiel Gedichtinterpretation - Praktikum macht Schule

Musterbeispiel Gedichtinterpretation - Praktikum macht Schule

Musterbeispiel Gedichtinterpretation - Praktikum macht Schule

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

Unterrichtsstunde zu früh ihre Reibung verliert und eine didaktische Reserve zwingend wird, ließen<br />

sich weitere Punkte thematisieren: So wäre zu erfragen, wer über die Richtigkeit einer Leerstellenfüllung<br />

entscheidet? Der Autor? Der Lehrer? Der Schüler? Die Schüler? Die Zeit? Im Anschluss könnten<br />

die Folgen einer offenen Leerstelle für den Leser diskutiert werden.<br />

5. Lernziele<br />

Die Schülerinnen und Schüler sollen sich mit der Ballade „Meeresstille“ von H. Heine auseinandersetzen,<br />

verschiedene Lesarten entwickeln und prüfen, sowie als Ursache für die Vielzahl von Interpretationsansätzen<br />

die mehrdeutige Leerstelle erarbeiten.<br />

� Sie sollen den Handlungsverlauf des Gedichtes nach einer ersten Rezeption mit eigenen Worten wie-<br />

dergeben.<br />

� Sie sollen aus den gegensätzlichen Wahrnehmungsweisen eine Problemfrage für den weiteren Unterricht<br />

entwickeln, die auf eine intensive Textarbeit zielt.<br />

� Sie sollen den Text konzentriert lesen und sich mit seinem Inhalt kritisch auseinandersetzen.<br />

� Sie sollen in Gruppen mögliche Varianten des Handlungsverlaufes entwickeln, diskutieren und am<br />

Text prüfen.<br />

� Sie sollen ihre Befunde in kurzen Referaten der Klasse präsentieren. (Minimalziel)<br />

� Sie sollen die erarbeiteten Plotmuster theoretisch erklären und auf das Strukturmodell einer mehrdeutigen<br />

Leerstelle zurückführen. (Maximalziel)<br />

6. Methodik<br />

Wenigstens zwei (unterrichts-)methodische Schwerpunkte sind für die Lehrprobenstunde wesentlich:<br />

Dazu gehört zum einen die Offenheit des Unterrichts. Nicht nur die thematische Ausrichtung, der Versuch<br />

eine mehrdeutige Leerstelle als solche zu fassen, muss dazu gezählt werden. Es kann beispiels-<br />

weise auch nicht mit letzter Sicherheit vorausgesagt werden, ob sich eine Schülerin oder ein Schüler<br />

zur freien Rezitation der Ballade „Meeresstille“ melden wird. Auch die nachfolgende Wiedergabe des<br />

Plots kann nur bedingt prognostiziert werden. Assoziationen aufgrund persönlicher Erfahrungen, aber<br />

auch Konkretisationen anderer Unbestimmtheiten sind nicht völlig auszuschließen. Hier ist die behutsame<br />

Lenkung durch den Lehrer gefragt. Der Vorteil eines solchen offenen Stundenkonzeptes liegt im<br />

Bereich der Motivation: Die Schülerinnen und Schüler können vor dem Hintergrund ihrer eigenen<br />

Wahrnehmungen und Irritationen Problemstellungen formulieren, eine bewusste Arbeit am Text fordern<br />

und selbst praktizieren.<br />

An diese Prämisse schließt sich die Entscheidung für einen induktiven Lernweg an: Der Unterrichtsprozess,<br />

der sich in fünf Phasen gliedert, beginnt mit dem Zuhören und stillen Lesen und wird fortge-<br />

setzt (im Sinne einer spontanen Konkretisation) mit der Wiedergabe des Plots durch die Klasse. Die zu<br />

erwartenden widersprüchlichen Aussagen - sie werden an der Tafel zur Unterstützung auch graphisch<br />

als Gegensätze festgehalten - implizieren eine unklare Textlage. Sie muss durch die Schülerinnen und<br />

Schüler bemerkt werden und konditioniert das Begehren nach einer Auflösung. Dieses Begehren sollte<br />

in einer Frage seinen Ausdruck finden, z.B.: Wie ist der Widerspruch zu klären? Was kann mit dem<br />

fehlenden Fisch passiert sein? Welche Deutung stimmt? Warum kommen wir zu so unterschiedlichen<br />

Wahrnehmungen? In der zweiten Phase des Unterrichts sollen die Schülerinnen und Schüler in Gruppen<br />

ihre bisherigen Lesarten überdenken und in einem kurzen Referat zusammenfassen. Damit wird<br />

der Schritt zu einer kritischen Textarbeit (im Sinne einer Interpretation) vollzogen. Nachdem die Arbeitsergebnisse<br />

in der dritten Phase vorgestellt und festgehalten wurden, gilt es in der vierten Phase die<br />

vorliegenden Ergebnisse auf einer abstrakteren Ebene zu erklären. Die bereits bekannten Fachbegriffe<br />

- sie können mit einer Overheadprojektion in Erinnerung gerufen werden - bieten schließlich die Möglichkeit,<br />

die Beobachtungen der Lerngruppe theoretisch zu beschreiben.<br />

Bei der Umsetzung dieses Stundenkonzeptes ist auf verschiedene methodische Einzelentscheidungen<br />

und organisatorische Probleme zu achten:<br />

Dazu gehört zum Ersten die Form, in der das Textmaterial ausgegeben wird. Es ist vollständig - um<br />

Zeit zu sparen, um den Schülerinnen und Schülern eine vorbereitende Mappenführung zu ermöglichen<br />

und um ihnen eine freiwillige Rezitation zu eröffnen - zu Beginn der Unterrichtseinheit ausgeteilt<br />

worden. Dabei wurde darauf Wert gelegt, dass die Texte mit Zeilenangaben und, wo es notwendig<br />

erschien, mit begrifflichen Erläuterungen versehen wurden. Zur Sicherheit und zentralen Orientierung<br />

soll der Text „Meeresstille“ überdies als Folie an die Wand projiziert werden.<br />

7

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!