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Titelthema: Architekten und Bauingenieure<br />

14<br />

Sommers Zeit<br />

Fast vierzig Jahre ist es her, dass Hans Sommer ein kleines Ingenieurbüro mit aus der Taufe<br />

gehoben hat. Heute ist Drees & Sommer der Branchenprimus im Projektmanagement und zählt<br />

weltweit mehr als 1.000 Mitarbeiter. Von Michael Ohnewald<br />

Sein Haar ist pfeffergrau wie der Nachmittag in <strong>Stuttgart</strong>.<br />

Ein Vorhang aus feinen Regentropfen hängt über der<br />

Stadt. Draußen ist Winter, drinnen ist Sommer, Vorname<br />

Hans, ein fröhlicher Abendländer, 68 Jahre und kein<br />

bisschen müde.<br />

Ein Espresso, bevor er seine Geschichte erzählt. Die<br />

Geschichte eines Mannes, der klein angefangen hat und<br />

jetzt Aufsichtsratsvorsitzender einer weltweit agierenden<br />

Unternehmensgruppe ist, deren Zahlen für sich sprechen.<br />

Betreutes Jahres-Bauvolumen 6,6 Milliarden Euro,<br />

1.050 Mitarbeiter, 137 Millionen Euro Konzernumsatz.<br />

„Ich bin nach wie vor von <strong>Stuttgart</strong> 21 begeistert.<br />

Die Vorteile werden im Ausland ganz anders<br />

gesehen als bei uns. Das ist ein Geniestreich.“<br />

China, Russland, Türkei, Vietnam, Spanien, Italien<br />

Deutschland – das Leben von Hans Sommer ist konserviert<br />

in vielen Mauern und Großbauten. Aqua City<br />

Palace in Moskau, Silver Star Tower in Dubai, Potsdamer<br />

Platz in Berlin, Daimler in Möhringen.<br />

Den Anfang macht <strong>Stuttgart</strong>. Hans Sommer wird 1941<br />

geboren. Sein Vater ist Beamter beim Autobahnamt in<br />

der Jägerstraße. Der Bub treibt sich am Bahnhof auf<br />

ungenutzten Gleisen herum. Dort verhilft er nicht nur<br />

seinen Lederhosen zu speckig glänzender Patina,<br />

sondern sich selbst auch zur Erkenntnis, dass <strong>Stuttgart</strong><br />

ein Tor zur Welt ist, wenn man es bloß richtig anstellt.<br />

Beide Eltern sterben früh, weshalb die Gebrüder Sommer<br />

sechs Jahre auf dem Internat der evangelischen Brüdergemeinde<br />

in Korntal verbringen. Mit 15 Halbwüchsigen<br />

teilen sich die beiden einen Schlafsaal. Hans Sommer,<br />

der ein schlechter Schüler ist, lernt eine wichtige Lektion:<br />

„Gemeinschaft macht stark.“ Die Erzieher in Korntal<br />

sind hart und streng. Bei Verstößen verlangen sie von<br />

der Gruppe, den Übeltäter zu verraten. Ansonsten<br />

werden alle bestraft. Die Burschen im Internat halten<br />

in der Not zusammen.<br />

179 Das Standortmagazin der <strong>Region</strong> <strong>Stuttgart</strong> 1/2010<br />

Nach dem Abitur wird Sommer Bauingenieur und<br />

Architekt. Eher zufällig stößt er 1971 auf ein kleines<br />

Planungsbüro, in dem sich Gerhard Drees mit zwei<br />

Kollegen darauf spezialisiert hat, die Struktur von<br />

Bauabläufen zu entschlüsseln und genaue Terminpläne<br />

für Großprojekte zu erstellen. Netzplantechnik nennt<br />

sich die aus der Raumfahrt stammende Methode.<br />

Bei Polieren und Bauleitern kommt sie anfangs nicht<br />

gut an. Die ständigen Nachfragen kosten Zeit und<br />

überhaupt: Was soll das neumodische Zeugs?<br />

Hans Sommer lernt schnell. Es dauert nicht lang, bis<br />

in ihm der Gedanke an ein anderes Problem aufsteigt,<br />

das einer Lösung harrt: die Kosten. Immer öfter liest<br />

er in der Zeitung von explodierenden Ausgaben bei<br />

Großbauten. Viele Architekten taxieren den Preis ihrer<br />

Gewerke über die Maßeinheit Kubikmeter umbauter<br />

Raum. Zwischen theoretischem Aufmaß und tatsächlichen<br />

Ausgaben liegen Welten.<br />

Der Laden brummt, der Laden wächst. Das <strong>Stuttgart</strong>er<br />

Ingenieurbüro übernimmt Aufgaben von Bauherren<br />

in ganz Deutschland. Termine einhalten, Kosten überwachen.<br />

Projektmanagement wird salonfähig, und<br />

Hans Sommer ist in vielen Salons unterwegs. Als sich<br />

die Wende ankündigt, gerät in Berlin ein Platz in den<br />

Fokus, welcher den Geist der Geschichte atmet.<br />

Was den Londonern in den goldenen Zwanzigern ihr<br />

Piccadilly Circus, war den Berlinern der „Potsdamer“.<br />

Viel ist nicht übrig von ihm. Wer sich im Herbst 1989<br />

auf dem Areal am Rand der Berliner Mauer umsieht,<br />

benötigt reichlich Fantasie, um sich vorzustellen, was<br />

hier früher war und mehr noch, was hier künftig sein<br />

könnte. Hans Sommer hat diese Fantasie.<br />

Die <strong>Stuttgart</strong>er Unternehmensgruppe wird Teil eines<br />

gigantischen Projekts. Es geht um das neue Herz Berlins,<br />

und es geht um zwei Milliarden Euro. Zeitweise überwachen<br />

bis zu 200 Mitarbeiter die Bauleistungen am<br />

Potsdamer Platz. Sommer ist oft sieben Tage pro Woche<br />

unterwegs. Seine Frau, die sich um die beiden Söhne<br />

kümmert, sieht ihren Mann selten. Sie plant zu Hause<br />

die gemeinsamen Urlaube. „Manchmal habe ich erst<br />

am Flughafen erfahren, wohin die Reise geht“, sagt<br />

Hans Sommer und grinst. Einmal schließt sie im Hotel<br />

sein Geschäftshandy in den Safe. Die Zahlenkombination<br />

behält Inge Sommer für sich.

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