Deutsche Meister

Rock
The Smashing Pumpkins Monuments To An Elegy
Martha‘s Music / BMG / Rough Trade (CD, LP)
„Rock ist tot“, verkündete Bandboss Billy
Corgan 1998 zu „Adore“, dem letzten
großen Werk der Chicagoer Alternative
Rocker. Die folgenden kompositorisch eher
eckigen Experimente blieben von den Fans
eher ungeliebt. Jetzt kehrt Corgan zum epischen
Post-Grunge-Rock und zu großformatigen
Hymnen zurück, voller Dramatik,
Pathos und vor allem zur detailverliebten
Produktion. Die High-Gain-Gitarrensounds
haben ausgedient, die Rückkehr zu
Vintage-Gitarrenverstärkern bringt Wucht,
Fülle und Transparenz. Der Gastauftritt von
Mötley-Crüe-Trommler Tommy Lee sorgt
für kraftvolles Rock-Drumming. So klingt
bereits der Opener „Tiberius“ im 9/8-Takt
wie aus einer der Zeitmaschine entsprungen
und zeigt die Kardinalstugenden der
Krachkürbisse: Verspielte Keyboard-Lines
kontrastieren brachiale Gitarrengewitter,
obendrauf thront Corgans ambivalenter
Gesang zwischen Zärtlichkeit und Wut
mit ungemein eingängigen Melodien.
Produzentenlegende Howard Willing und
Mix-Genius David Botrill zeichnen für
einen kompakten, luftigen und transparenten
Sound verantwortlich und schaffen
ein Klangwerk, das an den Meilenstein
„Mellon Collie And The Infinite Sadness“
erinnert. Rock ist tot Kein bisschen:
Corgan & Co. beweisen eindrucksvollst
das Gegenteil.
Stefan Woldach
Zwan, Soundgarden, Jane‘s Addiction, Stone Temple Pilots, Melvins, Mudhoney, The Pixies
Musik:
Klang:
AUDIO MUSIK:
SO TESTEN WIR JEDEN
MONAT DIE NEUEN CDS
● AUDIO Musik stellt jeden Monat die
wichtigsten neuen Tonträger vor.
Erfahrene Rezensenten bewerten nach
den folgenden Kriterien:
● Musik (Pop, Oldies, Jazz) bzw. Interpretation
(Klassik): für die künstlerische Leistung
● Klang für die Aufnahmequalität
● Bei DVDs nach Bild, Inhalt und Klang
● AUDIO-Musik-Tipp: stilistisch verwandtes
Album von hoher Qualität oder Interpret mit
ähnlichem Musikstil
● In allen Sparten vergibt AUDIO Musik
null bis fünf Ohren.
Das Raster:
... und läuft!
überragend
sehr gut
gut
befriedigend
ausreichend
AUDIO-Musik-Tipp: stilistisch verwandtes
Album von hoher Qualität oder Interpret
mit ähnlichem Musikstil.
Eine Kostprobe aus diesem Album finden
Sie auf der AUDIOphile Pearls-CD
zu diesem Heft
Musik › POP & ROCK
Pop, R & B
Kunst-Pop
Was zu Hause so rauf- und runterläuft:
AUDIO-Redakteur Christof Hammer
erinnert an vergessene Perlen und verrät
Dauerbrenner sowie Platten für die Insel.
Jessie Ware
Tough Love
Island/Universal (CD, LP)
Brit und MOBO Awards, Mercury Prize: Jessie
Ware wurde mit ihrem Debüt „Devotion“
gleich für die stattlichstem aller verfügbaren
Awards nominiert – gewann indes keinen. Für
eine langfristige Karriereplanung sicher ein
Vorteil, wenn Ziele noch unerfüllt bleiben. Und
so ist „Tough Love“ mit seinem reduzierten,
in Schwarz-Weiß gehaltenen Artwork kein
kühl kalkuliertes Charts-Futter, sondern darf
als melancholisches Pop-Album mit vielen
Graustufen nachdenklich dreinschauen. Außer
der von Ed Sheeran mitverantworteten, leicht
kitschigen Ballade „Say You Love Me“, (inklusive
Gospel-Crescendo) regieren hier lässige
Coolness, soulige Sadness oder gar ein Minimalismus,
der an The xx erinnert. Michael Sohn
Lorde, Annie Lennox, The xx
Musik:
Klang:
alt_j
This Is All Yours
PIAS / Rough Trade (CD, LP)
Mit seinem Debüt „An Awesome Wave“
avcancierte dieses Trio aus Leeds aus dem
Nichts zur britischen Hipster-Band des Jahres
2012. Das Geheimnis Kunst-Pop zwischen
Elektronik, Folk und Indie-Rock, abstrakt und
durchstilisiert zugleich. Auch die zweite Disc
„This Is All Yours“ bleibt in Sachen Sounds
und Strukturen extrem vielschichtig: Rockgitarren
und vereinzelte Dub-Grooves treffen vor
der Kulisse von Ambient-Sounds auf keltische
Flöten, reichlich Glockengebimmel, ein fahles
Saxofon oder gar auf ein Miley-Cyrus-Sample
(in „Hunger Of The Pine“). Das klingt oft
gekonnt reduziert und soundtechnisch reizvoll,
strapaziert das Prinzip des „sich-nicht-rechtfestlegens“
aber doch reichlich. Christof Hammer
The xx, Radiohead, Talk Talk, Massive Attack
Musik:
Klang:
Pops Staples: Father Father
(Pointblank) Die Soul-Newcomer
sind schwer im Kommen (siehe
nächste Seite) – aber das Erbe der
Vorvorgänger-Generationen ist immer
eine Erinnerung wert. Pops Staples,
der Patriarch des Staples-Clans (Staple
Singers, Mavis Staples) starb
2000. Sein Vermächtnis:
dieses Grammy-dekorierte
1994er-Album, das Soul, Gospel
und R&B in souveränen,
altersweisen Songs bündelte.
The Solution: Communicate!
(Psychout) Eher „retrojung“,
aber auch schon wieder zehn Jahre alt:
diese Disc einer Schweden-Combo mit
dem Amerikaner Scott Morgan.
Thema: klassischer Stax-/
Motown-Soul – aber so rassig
gespielt, als hätten die Blues
Brothers plötzlich Kerosin im
Tank ihres Dodge Monaco.
www.audio.de ›01/2015 59