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Die Paulusbriefe in der Holländischen Radikalkritik 1996 pdf

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Hermann Deter<strong>in</strong>g: <strong>Die</strong> <strong>Paulusbriefe</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Holländischen <strong>Radikalkritik</strong> 16<br />

Gleichwohl bzw. gerade deswegen ersche<strong>in</strong>t mir die Warnung angebracht, daß<br />

diejenigen, die sich heute <strong>der</strong> Aufgabe e<strong>in</strong>er Rekonstruktion des marcionitischen<br />

Apostolikon unterziehen, nicht wie<strong>der</strong> denselben Fehler begehen wie ihre<br />

Vorgänger, <strong>in</strong>dem sie die grundlegenden Resultate <strong>der</strong> holländischen<br />

<strong>Radikalkritik</strong> ignorieren.<br />

Zu den unaufgebbaren E<strong>in</strong>sichten <strong>der</strong> holländischen <strong>Radikalkritik</strong>er aber<br />

gehörte die Erkenntnis, daß <strong>der</strong> schon von den Kirchenväter erhobene und dann<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Neuzeit durch HILGENFELD 36 , HARNACK 37 und an<strong>der</strong>e Wissenschaftler<br />

wissenschaftlich festgeschriebene Vorwurf, Marcion habe die <strong>Paulusbriefe</strong> e<strong>in</strong>er<br />

tendenziösen Korrektur unterzogen, nicht als gesichertes Axiom gelten kann und<br />

daher e<strong>in</strong>er kritischen Prüfung bedarf. <strong>Die</strong> Möglichkeit, daß die marcionitische<br />

Ausgabe <strong>der</strong> <strong>Paulusbriefe</strong> älter und ursprünglicher ist als die kanonische, darf bei<br />

e<strong>in</strong>er unvore<strong>in</strong>genommenen Untersuchung (schon aus methodischen Gründen)<br />

nicht ausgeschlossen werden. We<strong>der</strong> HARNACK noch dessen Vorgänger und<br />

Nachfolger haben diese Möglichkeit ernsthaft <strong>in</strong> Betracht gezogen und gründlich<br />

geprüft; ebensowenig CLABEAUX, <strong>der</strong> <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er oben erwähnten Abhandlung den<br />

neuesten Rekonstruktionsversuch <strong>der</strong> marcionitischen Paulusbriefsammlung<br />

bietet. Man sche<strong>in</strong>t immer noch anzunehmen, daß nur Marcion e<strong>in</strong>e „Tendenz“<br />

gehabt haben könne. Man sieht nicht, daß auch die sich konstituierende<br />

katholische Kirche des 2. Jahrhun<strong>der</strong>ts e<strong>in</strong> starkes Interesse an schriftlichen<br />

Dokumenten aus <strong>der</strong> apostolischen Zeit haben mußte, <strong>in</strong> denen sie ihre<br />

theologischen Vorstellungen wie<strong>der</strong>fand. 38 Darum kann die Möglichkeit, daß<br />

die katholische Kirche des 2. Jahrhun<strong>der</strong>ts ihre Tendenz <strong>in</strong> die paul<strong>in</strong>ischen<br />

Briefe e<strong>in</strong>trug, nicht a priori ausgeschlossen werden. Es handelt sich also bei<br />

dem (<strong>in</strong> bezug auf die marcionitischen Lesarten <strong>der</strong> <strong>Paulusbriefe</strong> ausgesprochen)<br />

Urteil: „tendenziöse Än<strong>der</strong>ung“ <strong>in</strong> fast allen Fällen um e<strong>in</strong> Vorurteil <strong>der</strong> Kritiker,<br />

das zumeist ohne nähere Begründung und nähere wissenschaftliche Prüfung<br />

dekretiert wird. 39 E<strong>in</strong>e Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung mit <strong>der</strong> These, daß nicht die<br />

Corpus Attested by Marcion, CBQ.MS 21, 1989.<br />

36 HILGENFELD, A.: Das Apostolikon Marcion’s, ZHTh, 1855, 426-484.<br />

37 HARNACK, A.V.: Marcion. Das Evangelium vom fremden Gott. E<strong>in</strong>e Monographie<br />

zur Geschichte <strong>der</strong> Grundlegung <strong>der</strong> katholischen Kirche. Neue Studien zu<br />

Marcion, 1921, 21 924 =1960.<br />

38 Typische Elemente katholischer Theologie s<strong>in</strong>d z.B.: Monotheismus (statt 2-<br />

Gottglaube); Schöpfungsbejahung (statt Schöpfungsverachtung); Anb<strong>in</strong>dung des<br />

Christentums an das Alte Testament (statt Abkoppelung).<br />

39<br />

Als Beispiel sei auf HARNACK verwiesen, <strong>der</strong> <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em - ansonsten<br />

www.<strong>Radikalkritik</strong>.de —Berl<strong>in</strong> 2000

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