HSV-SCHNACK-Ausgabe2
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42 Einsicht<br />
und der wunderschönen Salatschale,<br />
die wir von unseren Verwandten zur<br />
Vermählung bekommen würden.<br />
Als wir nun bei ihr zu Hause ankamen,<br />
war ich zunächst einmal<br />
überwältigt. Ich hatte im Leben nicht<br />
damit gerechnet, dass Madame so<br />
viele Verehrer hatte. Und dann schien<br />
ihr das sogar noch bewusst zu sein,<br />
bei den ganzen Parkplätzen, die da<br />
so um ihr, gelinde gesagt, nicht gerade<br />
sehr ansehnliches Anwesen<br />
herum gepflastert waren.<br />
Egal, als gut erzogenem, jungem<br />
Bengel zählen für einen ja die inneren<br />
Werte. Also, raus aus dem Auto, nochmal<br />
geschaut, ob die Schuhe auch<br />
richtig zu sind und ab Richtung Eingangstür.<br />
Während unseres etwa<br />
20minütigen Marsches, berichtete<br />
mein Vater mir von so einigen Dingen,<br />
die für mich neu waren, die man<br />
als frisch gebackener Womanizer<br />
aber wissen sollte. So gab es unter<br />
den Verehrern diverse unterschiedliche<br />
Gruppen. Da waren die Männer<br />
mit ihren lustigen Westen, auf denen<br />
Sie sogar mit ganzem Stolz ihre Plätze<br />
im Haus der Angebeteten auf dem<br />
Rücken trugen.<br />
Soweit ich weiSS, war es<br />
der Westflügel, Zimmer E,<br />
dort wo die ganz treuen<br />
Verehrer untergebracht<br />
werden. Natürlich wollte<br />
ich ab diesem Zeitpunkt eigentlich<br />
viel lieber dort<br />
hin, als auf einen schnöden<br />
Hocker im Wohnzimmer,<br />
aber das, so wurde mir mitgeteilt,<br />
wäre das Verweilen<br />
dort, meinem Alter noch<br />
nicht angemessen.<br />
Des Weiteren gab es dort Männer<br />
mit Anzügen und sogar Krawatte, die<br />
wohl trotz Hochsommer Angst um<br />
ihre Kleidung hatten, und deshalb<br />
lieber ein Dach über dem Kopf haben<br />
wollten, anstatt im Garten im Freien<br />
zu sitzen. Zusammen mit diesen Männern<br />
wurden wir, so wie andere Familien<br />
auch, entweder im Nord- oder<br />
1:0 Tor durch<br />
Andre Breitenreiter<br />
(<strong>HSV</strong>)<br />
im Südflügel des Anwesens untergebracht.<br />
Und zu guter Letzt gab es da sogar<br />
noch Menschen, die extra aus einem<br />
ganz anderen Teil Deutschlands angereist<br />
waren, nur, um die Traumfrau<br />
bei einem entspannten und sonnigen<br />
Nachmittagsspaziergang begleiten<br />
zu dürfen. Zum damaligen Zeitpunkt<br />
dachte ich, dass diese jungen Männer<br />
aus den erst kürzlich hinzugekommenen<br />
Bundesländern stammen<br />
müssten, riefen sie doch die ganze<br />
Zeit “Eintracht, Eintracht”. – Leider<br />
konnten sich diese jungen Männer<br />
auch nicht benehmen und fingen an,<br />
vor dem Westflügel eine Reihe zu<br />
bilden und dann geschlossen in eine<br />
Gruppe von Männern aus Zimmer E<br />
zu rennen, die die Gefahr wohl gerochen<br />
hatten und sich entsprechend<br />
ebenfalls in einer Reihe aufgestellt<br />
hatten. Was diese Rempelei zu bedeuten<br />
hatte, war mir zu diesem<br />
Zeitpunkt nicht bewusst, wahrscheinlich<br />
hatte man sich nicht einigen<br />
können, wer denn jetzt zuerst mit<br />
der Angebeteten sprechen darf. In<br />
jedem Fall gewannen die junge Männer<br />
aus Zimmer E und die netten<br />
Männer von wo anders her, liefen so<br />
schnell es ging in Richtung ihres eigenen<br />
Zimmers, um ihre Audienz<br />
nicht zu verpassen.<br />
Zu meinem eigentlichen Treffen<br />
mit meiner großen Liebe kann ich<br />
leider nicht mehr so viel sagen.<br />
Zu stark waren die Eindrücke des<br />
gesamten Tages. Ich erinnere mich<br />
nur noch, dass es ein sehr erfolgreicher<br />
Tag war, und ich strahlend,<br />
wenn auch völlig KO, auf meinem<br />
Kindersitz, mit Papa nach Hause fuhr.<br />
Oh, und natürlich weiß ich noch, dass<br />
mein Objekt der Begierde an diesem<br />
Tag mit Adlern Ball spielte und dabei<br />
3:1 gewann. Nicht nur für mich war<br />
sie eine Königin, sondern schien sie<br />
auch einen eigenen Hofstaat zu haben.<br />
So spielten und trafen für sie<br />
der heutige FC Paderborn Trainer<br />
(man trifft sich eben immer zweimal<br />
in Leben), ich glaube ein Mann vom<br />
Bosporus (alle nannten ihn Ali, aber<br />
irgendwie sahen die roten Haare gar<br />
nicht so nach Mittelmeer aus) und<br />
ein Mann namens Michael Mason,<br />
der erst kurz zuvor gegen einen Mann<br />
namens Ivan eingesprungen war.<br />
Dazu hatte sie einen Mann im Team,<br />
der wenn immer er mal den Ball bekam,<br />
von allen anderen Menschen<br />
um mich herum mit „Lumpi, Lumpi“<br />
Rufen bedacht wurde.<br />
Retrospektiv betrachtet<br />
muss ich sagen, dass die<br />
Dame und ich mittlerweile<br />
diverse Hochs und Tiefs<br />
durchlaufen haben, und<br />
dass speziell die Periode<br />
zwischen 2000 und 2010 eine<br />
sehr schöne Zeit gewesen<br />
ist. Auch wenn sie manchmal<br />
bockig wie ein Terrierwelpe<br />
ist, so verzaubert<br />
ihre Aura mich noch immer.<br />
Denn so ist das nun<br />
mal in einer guten Ehe: In<br />
guten wie in schlechten<br />
Zeiten.<br />
Statistik<br />
Hamburger SV – Eintracht Frankfurt<br />
Bundesliga 1994/1995<br />
33. Spieltag<br />
10.06.1995, 15:30 Uhr<br />
10.06.1995, 15:30 Uhr<br />
18.636 Zuschauer<br />
Schiedsrichter: Rainer Werthmann (Bochum)<br />
1:0. 62. Min, AndrE Breitenreiter<br />
1:1, 68. Min, Michael Anicic<br />
2:1, 78. Min, Jorg Albertz<br />
3:1, 85. Min, Michael Mason<br />
Trainer Hamburg<br />
Benno Mohlmann<br />
Richard Golz, Stefan Schnoor<br />
Carsten Kober, Petar Hubtchev<br />
Harald Spörl, Jürgen Hartmann<br />
Jörg Albertz, Marco Weißhaupt<br />
Valdas Ivanauskas, Niclas Kindvall<br />
André Breitenreiter<br />
Trainer Frankfurt<br />
Charly Korbel<br />
Aufstellung<br />
Hamburg – Frankfurt<br />
Andreas Köpke, Thorsten Legat<br />
Dietmar Roth, Manfred Binz<br />
Uwe Bindewald, Slobodan Komljenovic<br />
Michael Anicic, Ralf Falkenmayer<br />
Mirko Dickhaut, Matthias Becker<br />
Ralf Weber<br />
Wechsel Wechsel<br />
Michael Mason für<br />
Valdas Ivanauskas (69.)<br />
Andreas Fischer für<br />
Marco Weißhaupt (77.)<br />
Jan Furtok für<br />
Dietmar Roth (82.)