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HSV-SCHNACK-Ausgabe2

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<strong>HSV</strong><br />

#2<br />

von Fans für Fans<br />

Jetzt online:<br />

<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong><br />

#2<br />

<strong>SCHNACK</strong><br />

das alternative Supporters Magazin<br />

von Fans für Fans<br />

„Mut zur Veränderung“<br />

Bernhard Peters im Interview


3 Vorsicht<br />

04<br />

06<br />

09<br />

11<br />

14<br />

16<br />

17<br />

19<br />

20<br />

Aussicht<br />

Mut zur Veränderung<br />

Bernhardt Peters im Interview<br />

<strong>HSV</strong>- Campus<br />

Die Zukunft ist ... was<br />

Unter 23 – über den Erwartungen<br />

Ein Rückblick auf die Hinrunde<br />

„Die Wäsche wartet ...“<br />

Daniel Petrowsky im Interview<br />

Kleine <strong>HSV</strong>er ganz groß<br />

Der <strong>HSV</strong> Kids-Club<br />

Ansicht<br />

25.01.2015<br />

Präsidiumswahl beim <strong>HSV</strong><br />

Die Qual der Wahl<br />

Präsidiumswahl beim <strong>HSV</strong><br />

Die gedanken sind frei<br />

Präsidiumswahl beim <strong>HSV</strong><br />

Sich einfach mal trauen ...<br />

Präsidiumswahl beim <strong>HSV</strong><br />

21<br />

22<br />

23<br />

27<br />

30<br />

Gehorsam oder Eigenverantwortung<br />

Fest der 1000 Zwerge<br />

Die Beerdigungsgesellschaft<br />

Gespräch mit der neuen AL<br />

Eine schrecklich nette Familie<br />

3 Generationen, 2 Halbzeiten, 1 Verein<br />

RaD an RaD<br />

Ein Heimspiel aus der Sicht eines Rollstuhlfahrers<br />

34<br />

Fanbetreuung<br />

58<br />

Menschen mit Behinderung beim <strong>HSV</strong><br />

36<br />

Liebeserklärungen, die Erste<br />

„Herr Rebbe, kennen Sie ...“<br />

Einsicht<br />

<strong>HSV</strong>-Volksparkett<br />

Die offene Bühne rund um den <strong>HSV</strong><br />

38<br />

41<br />

43<br />

45<br />

52<br />

48<br />

50<br />

55<br />

Kräne und Perlen<br />

Lotto und Dirk Böge im Interview<br />

Beim Ersten Mal ...<br />

... es war 1995<br />

Meine <strong>HSV</strong>-Genesis<br />

Am Anfang war Micky Maus<br />

Rautenträger mit erfolg<br />

Sebastian Bayer im Interview<br />

OFCs<br />

OFCs stellen sich vor<br />

Umsicht<br />

Ein sonniger Dienstag<br />

Marcus Wiebusch im Interview<br />

Das Missverständnis<br />

Schwul, na und<br />

Fernsicht<br />

Fans abroad<br />

Burkina Faso und Griechenland<br />

60<br />

61<br />

61<br />

Nachsicht<br />

Hinrundenfazit<br />

Demut vs. Unmut<br />

Schlusspfiff<br />

Impressum


aussicht<br />

Foto: Witters<br />

MUT<br />

ZUR<br />

VERÄN-<br />

DERUNG<br />

BERNHARD PETERS<br />

Eine der offensichtlichen Baustellen beim <strong>HSV</strong> ist<br />

ganz sicher die Nachwuchsarbeit unseres Vereins, aus<br />

der in der Vergangenheit viel zu wenige Talente hervorgingen.<br />

Gemessen an den Möglichkeiten eines Vereins<br />

von der Größe und Ausstrahlung des <strong>HSV</strong> ist das<br />

bisher Erreichte im Bereich des Nachwuchses nicht<br />

immer überzeugend gewesen. Eine der wesentlichen<br />

Aufgaben von Bernhard Peters als „Direktor Sport“<br />

ist es deshalb, ein umfassendes Förderkonzept vom<br />

Jugendbereich bis hin zum Profikader zu entwickeln.<br />

Wir hatten die Gelegenheit, ihn zum Gespräch zu treffen<br />

und uns einmal erklären zu lassen, was ihn nach<br />

Hamburg gezogen hat und was er hier bewegen will.<br />

Text: Kai Bojens und Ansgar Tasche<br />

Text: Kai Bojens und Ansgar Tasche<br />

04


Wer verstehen will, wie wertvoll Peters<br />

für den <strong>HSV</strong> ist, muss sich als<br />

erstes einmal seine sportliche Entwicklung<br />

anschauen. Nachdem er in<br />

jungen Jahren als Hockeyspieler seine<br />

spielerischen Grenzen in höheren<br />

Ligen fand, wechselte er die Seiten<br />

und begann eine Ausbildung zum<br />

professionellen Hockeytrainer.<br />

Dies führte ihn schließlich 1985 als<br />

Trainer zum Deutschen Hockey Bund,<br />

wo er die Juniorenteams trainierte<br />

und diese bis zum Jahr 2000 zu mehreren<br />

internationalen Titeln führte.<br />

Vor allem aber hat er in dieser Zeit<br />

ein umfassendes System der Jugendausbildung<br />

etabliert, in dem es feste<br />

Konzepte, Pläne und Ziele für alle<br />

Stufen der spielerischen Ausbildung<br />

gab. Im Jahr 2000 übernahm er dann<br />

die Herrennationalmannschaft und<br />

wurde mit der Mannschaft 2002 und<br />

2006 jeweils Weltmeister, was letztlich<br />

auch Ergebnis seiner konsequenten<br />

Arbeit mit den Juniorenmannschaften<br />

war.<br />

Einer breiten Öffentlichkeit wurde<br />

der Name Bernhard Peters bekannt,<br />

als Jürgen Klinsmann ihn 2006 als<br />

DFB-Sportdirektor haben wollte. Die<br />

Wahl fiel damals bekanntlich auf<br />

Matthias Sammer und Bernhard Peters<br />

hat im Anschluss einen anderen<br />

Weg gewählt. Im gleichen Jahr nahmen<br />

Ralf Rangnick und Dietmar Hopp<br />

Kontakt auf, um ihn für das Projekt<br />

Hoffenheim zu gewinnen, wo er dann<br />

schließlich den Nachwuchsbereich<br />

viele Jahre entscheidend geprägt hat.<br />

„Jetzt wollte ich einfach einen Verein<br />

auch kennenlernen und mich da beweisen,<br />

der ganz andere Koordinaten hat.<br />

Und dieser Verein ist ja komplett anders<br />

als Hoffenheim und das ist ja genau<br />

das, was mich gereizt hat. Mut zur Veränderung.“<br />

„MIR GEFÄLLT DIE<br />

IDEE VON DIETMAR<br />

BEIERSDORFER“<br />

Doch warum wechselt man dann von<br />

einem – von außen betrachtet – klar<br />

strukturierten Verein ohne größere<br />

Einflüsse von außen zum <strong>HSV</strong> Peters<br />

gibt hier eine klare Antwort: er habe<br />

schon immer privat wie beruflich<br />

großen Mut zur Veränderung gehabt<br />

und vor allem gefalle ihm das Konzept,<br />

das Dietmar Beiersdorfer beim<br />

<strong>HSV</strong> umsetzen will.<br />

Fotos: Witters<br />

„Dietmar Beiersdorfer geht es um den<br />

Kern des Fußballs, die Leistungsentwicklung,<br />

ein Zurück von dem großen Eventund<br />

Marketingcharakter, der mir auch<br />

nicht so liegt. Und die Ausrichtung von<br />

Dietmar Beiersdorfer, Peter Knäbel und<br />

mir – die gefällt mir einfach. Da habe<br />

ich gedacht, das ist eine klasse Ausgangsposition<br />

wo man beim <strong>HSV</strong> etwas bewegen<br />

kann. Im Übrigen verstehen die<br />

Leute mich in Hamburg besser, während<br />

man mich in Hoffenheim beim Sprechen<br />

immer gefragt hat: ‚Sind Sie eigentlich<br />

Hamburger’“<br />

Die Jobbeschreibung von Bernhard<br />

Peters ist dabei ähnlich wie in Hoffenheim.<br />

Er entwickelt eine Konzeption,<br />

um vom Jugend- bis zum Profibereich<br />

ein einheitliches System von<br />

Methoden, Inhalten und Zielen zu<br />

prägen, welche die Nachwuchsarbeit<br />

des <strong>HSV</strong> verbessern sollen. Dabei geht<br />

es nicht nur darum, bestimmte Konzepte<br />

schematisch vorzugeben, sondern<br />

in Zusammenarbeit Dinge zu<br />

entwickeln und dabei auch Lern- und<br />

Veränderungsbereitschaft auf allen<br />

Ebenen zu zeigen.<br />

Zwar beginnt er beim <strong>HSV</strong> auf einem<br />

ganz anderen Niveau als seinerzeit<br />

in Hoffenheim, sieht sich dafür aber<br />

auch einem „Riesentanker“ gegenüber,<br />

dessen Kurs sich eben nicht so<br />

schnell ändern lässt. Dabei unterscheidet<br />

sich seine Arbeit naturgemäß<br />

von dem eher kurzfristigen Handeln<br />

eines Managers, der im Profibereich<br />

viel mehr auf tagesaktuelle Veränderungen<br />

eingehen muss.<br />

„FUSSBALL IST<br />

TOTAL KOMPLEXES<br />

FELD VON VIELEN<br />

FAKTOREN, DIE MAN<br />

OPTIMIEREN MUSS“<br />

Ein erstes Beispiel seiner Arbeit kann<br />

man sich auf <strong>HSV</strong>-Total anschauen .<br />

Dort stellen der <strong>HSV</strong> und Bernhard<br />

Peters ein Konzept vor, mit dem Kinder<br />

und Jugendliche aus norddeutschen<br />

Vereinen an den <strong>HSV</strong> herangeführt<br />

werden sollen. Der <strong>HSV</strong><br />

bietet hier eine Zusammenarbeit an,<br />

um junge Talente gezielt zu fördern,<br />

die in ihren Vereinen durch besonderes<br />

Potential aufgefallen sind und<br />

die beim <strong>HSV</strong> mit anderen Talenten<br />

andere Anreize bekommen.<br />

Das Ziel ist hier eine wertschätzende<br />

Zusammenarbeit mit allen Amateurvereinen.<br />

Ein weiterer Baustein des<br />

Nachwuchskonzepts ist der Campus,<br />

der direkt am Stadion entstehen soll.<br />

Dadurch soll es auch eine direkte<br />

Nähe zu den Profis geben und somit<br />

eine weitere Motivation der Jugendspieler,<br />

die nun ganz bildlich vor<br />

Augen haben, welches Ziel vor ihnen<br />

liegt und wofür sie arbeiten. Insgesamt<br />

soll es ein System geben, das<br />

sich zum einen durch ein Netzwerk<br />

von Trainern und Experten auszeichnet,<br />

die gemeinsam die Inhalte entwickeln<br />

und umsetzen und so eine<br />

sehr gute Infrastruktur für die Ausbildung<br />

schaffen. Zum anderen soll<br />

hierdurch eine mehrjährige Ausbildung<br />

von Talenten erfolgen, die im<br />

besten Fall über viele Jahre betreut<br />

werden und hierüber auch eine Identifikation<br />

entwickeln, die bis in den<br />

Profibereich wirkt.<br />

„Wir wollen eine Durchlässigkeit hinkriegen,<br />

die emotional unbedingt wichtig<br />

ist. Dass die jüngeren Spieler sehen:<br />

da ist die Arena, da spielen die Profis,<br />

da will ich mal hin, jetzt bin ich noch<br />

drei Plätze entfernt, ich bin aber mit<br />

dem Zentrum schon hier. Und dann<br />

kriegst Du in allen Bereichen, in allen<br />

Aspekten die Durchlässigkeit und das<br />

Zusammenspiel der Kräfte besser hin.<br />

Und deswegen müssen wir das mit Hochdruck<br />

versuchen umzusetzen.“<br />

Dabei wird auch deutlich, dass Peters’<br />

Arbeit nicht auf kurzfristige Effekte<br />

und Ziele ausgelegt ist. Vielmehr ist<br />

er derjenige, der die ganz grundlegenden<br />

Weichen stellen soll, um in der<br />

Zukunft wieder mehr Erfolg haben<br />

zu können. Zusammen mit Beiersdorfer<br />

will er einen Verein schaffen, der<br />

von der Struktur her stabiler ist und<br />

unabhängiger von irgendwelchen<br />

Trainerwechseln im Profibereich.<br />

Auf diesem Weg kann er natürlich<br />

keinen Erfolg versprechen – er will<br />

aber Mannschaften schaffen, die mit<br />

voller Leidenschaft, Lernbereitschaft<br />

und hoher Identifikation auf dem Feld<br />

stehen. Und das kann dann nicht nur<br />

ein Ausgangspunkt für sportlichen<br />

Erfolg sein, sondern vor allem auch<br />

für Mannschaften, die eine starke<br />

Begeisterung auslösen können.<br />

05 aussicht


Fotos: Witters<br />

<strong>HSV</strong><br />

CAMPUS<br />

DIE ZUKUNFT IST<br />

Autoren:<br />

Jens Kochte & Jan David Talleur<br />

unter Mitarbeit von Rolf Westphal<br />

06 aussicht


Am 12. Juli 2012 trat der damalige Vorstand des <strong>HSV</strong><br />

mit Carl-Edgar Jarchow, Frank Arnesen, Joachim Hilke<br />

und Oliver Scheel vor die Presse, um seine Vision<br />

von der Einbindung des Nachwuchsleistungszentrums<br />

in den Volkspark vorzustellen.<br />

Ein Zentrum, das nun eine enge Verzahnung<br />

des Nachwuchses mit den<br />

Profis herstellen und somit die Durchlässigkeit<br />

in den Profibereich deutlich<br />

erhöhen sollte.<br />

Die Ausbildung eigener Nachwuchskräfte<br />

sollte in den Focus rücken und<br />

somit ein Bereich neu aufgestellt<br />

werden, der beim <strong>HSV</strong> seit Jahren im<br />

Argen lag. Sportchef Frank Arnesen,<br />

der als „Vater“ und wichtigster Fürsprecher<br />

des sportlichen Teils dieses<br />

Konzeptes galt, sagte bei der Vorstellung:<br />

„Der neue <strong>HSV</strong>-Campus bietet<br />

uns die Chance, uns in optimaler<br />

Umgebung hundertprozentig auf<br />

unsere sportlichen Ziele konzentrieren<br />

zu können.“<br />

Fotos: Witters<br />

Ein Gebäude in mit rund 4.000 qm<br />

Geschossfläche und einem Forum in<br />

Rautenform zur Begegnung für Besucher,<br />

Mitglieder, Nachwuchs und<br />

Spieler stellte das Herzstück der vorgestellten<br />

Anlage dar. Ein Vereinszentrum<br />

rund um den Profisport.<br />

Das <strong>HSV</strong>-Internat, Ausbildung von<br />

Spielern und Trainern aber auch<br />

‚Aufenthaltsqualität‘ (Joachim Hilke)<br />

für Besucher der Anlage wie Trainingskiebitze<br />

in Form von Fanshop,<br />

Gastronomie, Tagungsräumen sollte<br />

mit diesem Projekt nun endlich im<br />

engen Verbund mit Stadion und Trainingsplätzen<br />

der Profis gebracht<br />

werden. Die Anlage des <strong>HSV</strong> in Ochsenzoll<br />

platze ohnehin aus allen Nähten<br />

und sollte nach Aussage der Vorstände<br />

zukünftig vermehrt für den<br />

Breitensport genutzt werden.<br />

FINANZIERUNG<br />

Joachim Hilke führte aus, dass „…das<br />

Projekt irgendwo zwischen 10,5 und<br />

12 Mio. € liegen [wird]…“, und stellte<br />

der Öffentlichkeit die Pläne eine zur<br />

Finanzierung des Campus verwendete<br />

„Jubiläumsanleihe“ vor.<br />

Diese mit 6% verzinste Anleihe in<br />

Höhe von 12,5 Mio. € wurde Ende<br />

September 2012 begeben. Es dauerte<br />

keine drei Wochen bis zur vollständigen<br />

Zeichnung. Der Erfolg ermutigte<br />

zur Auflage einer zweiten Tranche<br />

von 5 Mio. €, die dem Verein ab<br />

dem 15. November 2012 in gerade<br />

einmal zwei Tagen aus den Händen<br />

gerissen wurde.<br />

Die zusätzlichen Mittel sollten laut<br />

Carl-Edgar Jarchow der „…weiteren<br />

Qualitätsverbesserung des Campus…“<br />

(MoPo vom 17.11.2012) sowie Renovierungsarbeiten<br />

an der Arena dienen.<br />

Nach Abzug der Emissionskosten<br />

(rund 800.000 €) verblieb somit ein<br />

Mittelzufluss aus Fremdkapital in<br />

Höhe von rd. 16,7 Mio. €.<br />

Der damalige Aufsichtsratsvorsitzende<br />

Alexander Otto hatte dem Verein<br />

mit seinem Unternehmen ECE die<br />

Planungsleistungen im Wert von ca.<br />

500.000 € kostenlos zur Verfügung<br />

gestellt.<br />

PLANUNG, UMSETZUNG,<br />

VERANTWORTUNG<br />

Die Pressekonferenz am 12. Juli 2012<br />

vermittelte den Eindruck, als ob die<br />

Planungs- und Genehmigungsphase<br />

in vollem Gange sei. Marketingvorstand<br />

Joachim Hilke drückte den Wunsch<br />

aus, dass mit dem Bau des Gebäudes<br />

bereits im Frühling/ Sommer 2013 begonnen<br />

werden würde. Die Bauzeit<br />

wurde mit 18 Monaten veranschlagt,<br />

während die 5 neuen Trainingsplätze<br />

innerhalb von 8-10 Wochen errichtet<br />

werden könnten.<br />

Auf der außerordentlichen Mitgliederversammlung<br />

am 15. Oktober 2012<br />

wurde der Zeitrahmen von Carl-Edgar<br />

Jarchow nochmals bestätigt. Dieser<br />

führte aus, dass die Bauprüfungsanträge<br />

an den Bezirk Altona gesendet<br />

worden seien und im Juni 2013 - falls<br />

denn alles planmäßig verliefe - der<br />

erste Spatenstich erfolgen solle.<br />

Die Detailplanung benötigte dann doch<br />

mehr Zeit. Am 30. Mai 2013 übergab<br />

Jarchow in einem symbolischen Akt<br />

den Bauantrag an Sportsenator Michael<br />

Naumann und den stellvertretenden<br />

Leiter des Bezirksamts Altona, Kersten<br />

Albers. In der Woche zuvor hatte man<br />

sich von Sportdirektor Frank Arnesen<br />

getrennt, eine Einigung mit Oliver<br />

Kreuzer als seinem Nachfolger – und<br />

damit neuem inhaltlich Verantwortlichen<br />

- stand unmittelbar bevor. Der<br />

Baubeginn wurde nun für den Anfang<br />

2014, die Fertigstellung für den Sommer<br />

2015 angekündigt.<br />

Die zweite Hälfte des Jahres 2013 war<br />

geprägt von der Debatte um die zukünftige<br />

Ausrichtung des <strong>HSV</strong>, nachdem<br />

Ernst-Otto Rieckhoff in seiner<br />

„-Rede auf der Mitgliederversammlung<br />

vom 2. Juni 2013 die Diskussion um<br />

eine Ausgliederung des Profibereiches<br />

ins Rollen gebracht hatte. Die intensive<br />

Auseinandersetzung mit diesem<br />

Thema sowie die angespannte sportliche<br />

Situation ließen die Zukunft des<br />

<strong>HSV</strong>-Campus und dessen Stand der<br />

Umsetzung aus dem Fokus der öffentlichen<br />

Wahrnehmung rücken.<br />

Allerdings meldete sich der Vorstandvorsitzende<br />

Carl-Edgar Jarchow noch<br />

einmal zu Wort. In einem Artikel der<br />

„Welt“ am 9. Oktober 2013 revidierte<br />

er den Zeitplan erneut. „Nach derzeitigem<br />

Planungsstand wird der Spatenstich<br />

im Februar [2014] erfolgen.“ Der<br />

überreichte Bauantrag unterliege – bis<br />

dato mängelfrei – der Prüfung, somit<br />

könne mit einer Fertigstellung des Projektes<br />

im September 2015 gerechnet<br />

werden.<br />

Am 19. Januar 2014 beauftragte die<br />

Mitgliedschaft den Vorstand mit der<br />

Vorbereitung der Ausgliederung; ein<br />

umfangreiches Strukturprojekt, das<br />

07 aussicht


wesentliche Kapazitäten des Vorstandes<br />

binden sollte. Am Bauplatz im<br />

Volkspark wurde der Spaten für den<br />

ersten Stich immer noch gesucht. Der<br />

Bauherr hatte allerdings noch keinen<br />

Zugriff auf die zu bebauenden Grundflächen.<br />

Die Verhandlungen mit dem<br />

Bezirk Altona über einen Flächentausch<br />

und einen vorgesehenen Pachtvertrag<br />

waren noch nicht abgeschlossen. Nach<br />

Informationen der digitalen Zeitung<br />

ALTONA.INFO konnten nach einer<br />

nicht-öffentlichen Sitzung der Bezirksversammlung<br />

Altona am 28. März 2014<br />

jedoch wesentliche Problempunkte<br />

gelöst werden.<br />

Der <strong>HSV</strong> rettete sich letztlich in der<br />

Relegation, die Mitgliedschaft beschloss<br />

am 25. Mai. 2014 die Ausgliederung des<br />

Profibereiches und die Verantwortlichen<br />

wechselten somit erneut. Die <strong>HSV</strong><br />

Fußball AG wurde nunmehr Schuldner<br />

der Anleihen und rechtlicher Träger<br />

des Campus-Projektes. Jarchow übergab<br />

das Staffelholz an den neuen Vorstandsvorsitzenden<br />

Dietmar Beiersdorfer,<br />

Vorstandsmitglied und<br />

Sportchef Oliver Kreuzer wurde in der<br />

Folge durch Peter Knäbel (Direktor<br />

Profifußball) ersetzt und die Position<br />

„Direktor Sport“ in Person von Bernhard<br />

Peters neu geschaffen. Ein Lenkungsausschuss,<br />

bestehend aus den<br />

Vorständen Beiersdorfer und Hilke<br />

sowie Direktor Peters, zeichnet nun<br />

für die Umsetzung verantwortlich.<br />

Bernhard Peters‘ Anforderungen an<br />

das Projekt als Ergebnis seiner Erfahrungen<br />

aus seiner Funktion bei der<br />

TSG Hoffenheim dürften dazu beigetragen<br />

haben, dass Dietmar Beiersdorfer<br />

in einer Mitgliederinformation vom<br />

27. August 2014 auf <strong>HSV</strong>.de ausführte:<br />

„Bei der Konzentration auf unsere Kernkompetenz<br />

Leistungsfußball, haben wir<br />

den geplanten Bau des Campus einer<br />

Prüfung unterzogen“. Es sei daher eine<br />

konzeptionelle Neuausrichtung notwendig,<br />

um diese Fokussierung auch im<br />

wichtigsten strategischen Projekt des<br />

<strong>HSV</strong> glaubhaft und konsequent umzusetzen.<br />

So sollen Flächen, die zunächst<br />

für die öffentliche Ausrichtung gedacht<br />

waren (u.a. Gastronomie und Erlebnisflächen),<br />

weiteren sportlichen Bereichen<br />

weichen bzw. diese erweitern.“<br />

Diese offenbar weitreichenden Änderungen<br />

stellte Dietmar Beiersdorfer<br />

schließlich dem Hauptausschuss<br />

der Bezirksversammlung Altona in<br />

einer nicht-öffentlichen Sitzung am<br />

9. Oktober 2014 vor. Ein größeres<br />

Gebäude, bis zu sieben Trainingsplätze<br />

und somit deutlich größeren Geländebedarf<br />

mit allen einhergehenden<br />

bau- und vertragsrechtlichen<br />

Änderungen sind nach einem Bericht<br />

vom 20. Oktober 2014 auf ALTONA.<br />

INFO die Kernstücke des geänderten<br />

Konzeptes. Nach diesen Informationen<br />

soll das revidierte Konzept in<br />

mindestens zwei Schritten umgesetzt<br />

werden, wobei die Genehmigungsplanung<br />

nun bis 2015 dauere. Konkrete<br />

Termine für den schrittweisen<br />

Teilbezug wurden nicht öffentlich.<br />

Die Baugenehmigung für die ehemalige<br />

Campusplanung wurde im Übrigen<br />

am 28. Mai 2014 bewilligt, zudem<br />

wurde am 14. November 2014 eine<br />

Genehmigung für den Bau einer weiteren<br />

Trainingsfläche - zwischen<br />

vorhandenen Trainingsplätzen und<br />

Friedhof - erteilt.<br />

Nichtsdestotrotz scheinen die Verträge<br />

für das vorgesehene Areal des<br />

Campus – Neubaus bislang nicht unterzeichnet<br />

worden zu sein. Zwar<br />

wurde erst kürzlich, genau am 11.<br />

Dezember, öffentlichkeitswirksam<br />

die Unterzeichnung von Pachtverträgen<br />

bekannt gegeben. Der auf <strong>HSV</strong>.<br />

de veröffentlichte Text scheint den<br />

Leser aber eher etwas in die Irre zu<br />

leiten.<br />

Fotos: Witters<br />

Hier wird ausgeführt, dass „Dank des<br />

unterzeichneten Vertrags mit der<br />

Freien und Hansestadt Hamburg und<br />

der vorliegenden Baugenehmigung<br />

kann der <strong>HSV</strong> die ersten baulichen<br />

Maßnahmen für die Erweiterung der<br />

Trainingsflächen im Jahr 2015 beginnen.“<br />

Dieser vorgestellte Pachtvertrag,<br />

der eine Laufzeit bis 2073 haben<br />

soll, scheint nur die Flächen für den<br />

Bau der am 14.11. genehmigten Trainingsfläche<br />

zu beinhalten. Dafür<br />

spricht auch, dass seitens des <strong>HSV</strong><br />

bislang immer von einem 99-jährigen<br />

Pachtvertrag im Rahmen des Campus<br />

– Projektes gesprochen wurde.<br />

WAS BLEIBT, WO GEHT’S HIN,<br />

UND WAS WIRD DER INHALT<br />

So, die Historie und der – doch recht<br />

oberflächliche – aktuelle Status sind<br />

nun aufgearbeitet. Der aufmerksame<br />

Leser fragt sich nun bestimmt: „Was<br />

will uns der Autor damit sagen“<br />

Bei mir bleibt Verwunderung darüber,<br />

dass dieses mit Abstand größte Infrastrukturprojekt<br />

des <strong>HSV</strong> seit dem Bau<br />

der Arena kaum noch einen Widerhall<br />

in den führenden Medien findet. Der<br />

Dank geht daher an Christoph Zeuch<br />

von ALTONA.INFO, die - bis zur Veröffentlichung<br />

über die Zeichnung der<br />

Erbbauverträge Mitte dieses Monats<br />

durch den <strong>HSV</strong> - als einziges Hamburger<br />

Medium überhaupt konkretere<br />

Details zu der baurechtlichen Situation<br />

im März sowie der veränderten Bebauungsplanung<br />

im Oktober veröffentlichte.<br />

Eine inhaltliche Auseinandersetzung<br />

zum Projekt findet nicht statt, die Diskussion<br />

wird fast ausnahmslos im Zusammenhang<br />

mit seiner Finanzierung<br />

durch die Anleihe oder – publikumswirksam<br />

– mit reinen Spekulationen<br />

über eine Kostenübernahme durch<br />

Alexander Otto geführt.<br />

Es ist kein Geheimnis, dass der <strong>HSV</strong><br />

finanziell in der jüngsten Vergangenheit<br />

stark geblutet hat. Die Finanzsituation<br />

ist in Hinblick auf die zur Verfügung<br />

stehende Liquidität angespannt, die<br />

Umsetzung wird sich sowohl inhaltlich,<br />

als auch zeitlich an diesen knappen<br />

Mitteln orientieren müssen. Die in der<br />

Ausgliederungsdokumentation enthaltene<br />

e.V.-Bilanz zeigte zum 31. Dezember<br />

2013 einen liquiden Mittelbestand von<br />

lediglich rd. 1 Mio. € auf, ohne dass<br />

schon wesentliche Mittel für den Campusbau<br />

überhaupt in die Hand genommen<br />

wurden.<br />

Auf einer Informationsveranstaltung<br />

zur bevorstehenden Mitgliederversammlung<br />

am 16. April 2014 konnte<br />

Carl-Edgar Jarchow berichten, dass „…<br />

schon einige Bäume gefällt…“ seien.<br />

Ein Gebäude ist ein Gebäude, ist ein<br />

Gebäude… mindestens ebenso interessant<br />

wie die bauliche Umsetzung<br />

ist u.E., mit welchen Konzepten/ Instrumenten<br />

(Jugendscouting, Persönlichkeitsförderung,<br />

Kooperationen<br />

mit Amateurvereinen, Schulen etc.)<br />

und welchen Personen (Trainer- und<br />

Betreuerstab) der Campus mit Leben<br />

gefüllt werden soll.<br />

Von den Medien, die sonst jedes noch<br />

so nebensächliche Detail der Profimannschaft<br />

gern in die Berichterstattung<br />

aufnehmen, wünschen wir uns<br />

mehr Engagement und Durchdringung<br />

dieser Fragen zur Heimat der Zukunft<br />

des <strong>HSV</strong>: unserem Campus.<br />

Der <strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong> ist ein Magazin<br />

von Fans für Fans, das stets versuchen<br />

wird, über den Tellerrand zu schauen,<br />

hat aber letztlich nicht die Expertise<br />

und Kapazität, diese Fragen selbst zu<br />

klären und dauerhaft zu verfolgen.<br />

Daher ist auch unser Gespräch mit<br />

Bernhard Peters, das wir Euch ans Herz<br />

legen möchten, deutlich genereller<br />

angelegt, um Euch über die Person und<br />

seine grundsätzlichen Gedanken und<br />

Motivationen zu informieren.<br />

Der <strong>HSV</strong> hat, wie Dietmar Beiersdorfer<br />

auch im <strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong> #1 vom August,<br />

betonte, in vielen Bereichen gegenüber<br />

seiner Konkurrenz an Boden verloren.<br />

Hierzu muss trotz der jüngsten Erfolge<br />

der neuformierten U23 auch der<br />

Nachwuchsbereich gezählt werden. Es<br />

bleibt zu hoffen, dass die neu hinzugewonnene<br />

Expertise, insbesondere<br />

in Person von Bernhard Peters, diese<br />

Schwachstellen zügig angehen kann.<br />

Jede weitere Verzögerung zementiert<br />

diesen Wettbewerbsnachteil weiter.<br />

Es bleibt zu hoffen, dass die neuen<br />

Verantwortlichen diese Mammutaufgabe,<br />

die angesichts der finanziellen<br />

Situation fast eine Quadratur des Kreises<br />

darstellt, meistern werden.<br />

Nur der <strong>HSV</strong>!<br />

Fragen, die man stellen, aber<br />

keinesfalls zu diesem Zeitpunkt<br />

beantworten kann, wären z.B.:<br />

Wie weit hat die finanzielle Lage zu<br />

der inhaltlichen Veränderung der Konzeptes<br />

geführt, und welche konzeptionellen<br />

Kompromisse sind dafür einzugehen<br />

Inwieweit haben die unterschiedlichen<br />

Verantwortungen insbesondere in der<br />

sportlichen Leitung (Frank Arnesen<br />

– Oliver Kreuzer – Bernhard Peters) zu<br />

diesen Veränderungen geführt<br />

Wie weit unterstützt der neudefinierte<br />

Bau die inhaltlichen, konzeptionellen<br />

Fragen, wie z.B. Pro/Contra<br />

von Fannähe zu diesem „Arbeitsplatz“<br />

Campus<br />

Welche Kapazitäten sollte das integrierte<br />

Internat haben, ab welcher Altersstufe<br />

scheint so eine intensive Art<br />

der Ausbildung sinnvoll und zielführend<br />

Inwieweit tangiert das Ziel, die U23 mit<br />

einem höheren Mitteleinsatz dauerhaft<br />

in der 3. Liga zu etablieren, das Campus-Konzept<br />

Was sind konkret die flankierenden<br />

Maßnahmen zur Persönlichkeitsentwicklung<br />

des Nachwuchses und wie<br />

kann der Campus diese im Konzept<br />

mit abbilden/unterstützen<br />

08 aussicht


UNTER<br />

DREIUND<br />

ZWANZIG<br />

ÜBER DEN<br />

ERWARTUNGEN<br />

Ein Rückblick auf die<br />

Hinrunde der Reserve.<br />

Text: Johannes Arbter<br />

09 aussicht<br />

Foto: Witters


Foto: Witters<br />

Am 20. Februar informierte der <strong>HSV</strong><br />

über den Trainerwechsel in der U23.<br />

Der damalige Sportchef Oliver Kreuzer<br />

hatte Joe Zinnbauer von den Amateuren<br />

des KSC nach Hamburg<br />

gelotst. Zinnbauer sollte Rodolfo Cardoso<br />

zur neuen Saison als Trainer<br />

ablösen.<br />

Wirklich wahrgenommen wurde wohl<br />

lediglich, dass die <strong>HSV</strong>-Legende Cardoso<br />

abtritt - Zinnbauer war eher die<br />

Randnotiz. Interessanterweise haben<br />

beide Trainer im April 2014 den Fußballlehrer-Lehrgang<br />

des Deutschen<br />

Fußball-Bundes (DFB) erfolgreich<br />

absolviert – Joe Zinnbauer und Rudolfo<br />

Cardoso gemeinsam in einem<br />

Klassenzimmer.<br />

Neben Rodolfo Cardoso musste der<br />

halbe Kader seine sieben Fußballsachen<br />

packen - der Umbruch wurde<br />

eingeläutet. 13 Spieler verließen den<br />

Verein, der in der vergangenen Saison<br />

bis kurz vor Schluss um den Klassenerhalt<br />

kämpfte. Aus der Startelf, die<br />

das letzte Spiel der Saison 2013/14<br />

bestritt (2:3 gegen Wolfsburg II), stehen<br />

heute noch Ronny Marcos, Ashton<br />

Götz, Francis Adomah und Nils<br />

Brüning im Kader. Mit neuem Trainer<br />

und neuer Mannschaft ging es in Saisonvorbereitung.<br />

Joe impfte seinem Team das ein, was<br />

er im Laufe der Vorbereitung ankündigte:<br />

”Wir wollen gerne einen offensiven<br />

Fußball spielen. Meine Mannschaft<br />

ist motiviert und wir werden<br />

in den nächsten Wochen hart arbeiten.”<br />

Und die harte Arbeit in den sechs<br />

Wochen Saisonvorbereitung schien<br />

sich auszuzahlen. 4:0 hieß es nach<br />

den ersten 90 Minuten der Saison<br />

beim Goslarer SC. Sieben neue Spieler<br />

kamen zum Einsatz und erzielten drei<br />

der vier Tore.<br />

Sieben Spiele und sieben Siege später<br />

thronte das Team mit der maximalen<br />

Ausbeute von 24 Punkten unangefochten<br />

an der Tabellenspitze – und<br />

verlor seinen Trainer. Am 16.09.14,<br />

fast sieben Monate nach Bekanntgabe<br />

der Zinnbauer-Verpflichtung, wurde<br />

eben jener zu vermeintlich Höherem<br />

berufen: der Betreuung der<br />

Bundesliga-Mannschaft. Der neue<br />

Trainer des Bundesliga-Teams zeigte<br />

sich zum Dienstantritt vor allem<br />

dankbar seiner ehemaligen Mannschaft<br />

gegenüber und sprach davon,<br />

dass seine U23 ihn dorthin gebracht<br />

habe, er selbst habe schließlich keine<br />

Tore erzielt. Nach einigen netten Worten<br />

holt Joe dann aus: ”Wenn es oben<br />

nicht funktioniert, hol ich mir Spieler<br />

von der U23 - das ist mir vollkommen<br />

egal!”<br />

Gesagt, getan. Schon beim ersten<br />

Bundesligaspiel des Trainer Joe Zinnbauer<br />

konnte ein Spieler aus dem<br />

Nachwuchs sein Bundesligadebüt<br />

feiern. Matti Steinmann sicherte beim<br />

0:0 gegen die Bayern in den letzten<br />

Spielminuten den erkämpften Punkt.<br />

Mit Ashton Götz, Tolcay Cigerci, Mohamed<br />

Gouaida und Ronny Marcos<br />

durften vier weitere Spieler aus der<br />

U23 ebenfalls Bundesligaluft schnuppern<br />

– und wurden teilweise mit<br />

Startelfeinsätzen belohnt.<br />

Plötzlich schien eine Nachwuchsmannschaft<br />

beim <strong>HSV</strong> wieder Sinn<br />

zu machen. Die vielbeschworene<br />

Durchlässigkeit von unten nach oben<br />

funktionierte, die U23 wurde im Bewusstsein<br />

wieder als Sprungbrett zu<br />

den Profis wahrgenommen, nachdem<br />

sie im Jahr zuvor nur als Straflager<br />

für aussortierte Profispieler gesehen<br />

wurde. Wurde nicht einmal ein halbes<br />

Jahr vorher laut über die Sinnhaftigkeit<br />

einer U23 nachgedacht, sehen<br />

nun viele Fans die Spieler der „Zweiten“<br />

mit anderen Augen.<br />

Nachfolger von Joe Zinnbauer wurde<br />

Daniel Petrowsky, bis dahin Trainer<br />

der U16, und die Mannschaft macht<br />

da weiter, wo sie aufgehört hat: 4:1<br />

heißt es am Ende gegen die zweite<br />

Vertretung von Eintracht Braunschweig.<br />

Petrowsky selbst spricht vom<br />

Vertrauensbeweis des Vereins und<br />

einer großen Herausforderung, Joe<br />

habe ihm eine qualitativ tolle Mannschaft<br />

hinterlassen. Weitere Siege und<br />

gute Auftritte sprechen für die Richtigkeit<br />

seiner Worte.<br />

Erst am 10. Spieltag wird die Siegesserie<br />

mit dem 1:1 gegen Rehden<br />

schließlich gestoppt. Ein Riss ist dennoch<br />

nicht zu erkennen, St. Paulis<br />

U23 wird bezwungen, es folgen drei<br />

weitere Siege am Stück gegen Hannover<br />

II (4:1), VfR Neumünster (2:1)<br />

und das wahnwitzige 10:0 gegen die<br />

Freien Turner aus Braunschweig.<br />

Eine bis dato unglaubliche Hinrunde<br />

hat ihren Höhepunkt erreicht. Nach<br />

dem 14. Spieltag steht man mit 40<br />

Punkten und 50 erzielten Treffern<br />

satte 12 Punkte vor Werder Bremen<br />

II. Diese Zahlen lesen sich noch beeindruckender,<br />

wenn man sie mit<br />

denen der Vorsaison vergleicht. Damals<br />

stand Platz 15 bei 15 Punkten zu<br />

Buche, mit einem Pünktchen Vorsprung<br />

auf den ersten Abstiegsplatz.<br />

Allerdings machte sich zum Ende des<br />

Jahres der Aderlass in der U23 langsam<br />

bemerkbar. Die brisante Lage<br />

und Verletzungen in der Bundesliga-Mannschaft<br />

sorgten dafür, dass<br />

einige ehemalige Stammspieler der<br />

U23 dauerhaft bei den Profis verblieben,<br />

und damit der U23 fehlten. Mit<br />

Torhüter Alexander Brunst, Ashton<br />

Götz, Ronny Marcos und Mohamed<br />

Gouaida haben vier Spieler vorerst<br />

offenbar ihre Dauerkarte bei den<br />

Profis gebucht.<br />

Zwar konnte die Hinrunde nach zwei<br />

Unentschieden gegen den SV Meppen<br />

(0:0) und dem VfB Lübeck (2:2) ohne<br />

Niederlage beendet werden. Allerdings<br />

wurde die Rückrunde, die mit<br />

3 Spieltagen noch in diesem Jahr startete,<br />

mit drei Niederlagen in Norderstedt<br />

(1:4), Oldenburg (1:2) und<br />

Flensburg (1:2) eingeleitet.<br />

Der einstige Vorsprung von 12 Punkten<br />

schmolz damit auf 5 Punkte. Aber das<br />

lädt nun wirklich nicht dazu ein, den<br />

Kopf hängen zu lassen, im Gegenteil.<br />

Eine fast komplett neue Mannschaft,<br />

ein neuer Trainer und ein weiterer<br />

Trainerwechsel inmitten der Hinrunde,<br />

zahlreiche Spieler die zu den Profis<br />

berufen wurden - all das hat die<br />

Mannschaft nur bedingt tangiert.<br />

Es bleibt ein erster Platz und größtenteils<br />

hervorragende Leistungen,<br />

14 Siege in 20 Spielen, dabei im<br />

Schnitt 2,85 pro Partie erzielte Tore<br />

bei 1,05 Tore kassierten Treffern. Die<br />

Zuschauer konnten schnelle Spielzüge<br />

und fast immer offensiv geführte<br />

Partien bewundern. Aus dem Fast–<br />

Absteiger ist ein Kandidat für den<br />

Aufstieg in die 3. Liga geworden, aus<br />

einem Mauerblümchen eine Mannschaft,<br />

die eben ein wichtiger Baustein<br />

für das Gesamtkonstrukt Hamburger<br />

SV ist.<br />

Auf Sportdirektor Peter Knäbel warten<br />

derweil auch beim Nachwuchs<br />

viele Aufgaben. Ein neuer Trainer<br />

muss gefunden werden, da Daniel<br />

Petrowsky in der nächsten Saison<br />

Trainer der U19 wird. Wer die U23<br />

zur neuen Saison trainiert, und wen<br />

derjenige dann vom aktuellen Kader<br />

begrüßen darf (es laufen 15 Verträge<br />

aus), steht aktuell noch in den Sternen.<br />

Aber im Gegensatz zu den vergangenen<br />

Jahren scheint es endlich<br />

ernsthafte Bestrebungen zu geben,<br />

die Nachwuchsarbeit auf stabile Beine<br />

zu stellen.<br />

Peter Knäbel am 19.11. in einem Interview<br />

auf <strong>HSV</strong>.de: ”Unser Ziel für<br />

unsere U23 ist die Dritte Liga. Wir<br />

sind derzeit dabei, die Rahmenbedingungen<br />

zu prüfen, denn es ist ein<br />

Unterschied zwischen der Regionalliga<br />

und der Dritten Liga, auch, weil<br />

das dafür nötige Geld dann nicht für<br />

Transfers zur Verfügung steht.<br />

Allerdings ist es eine Grundsatzentscheidung,<br />

ob man einen Unterbau<br />

für die Profis haben will, von dem<br />

man zehren kann, oder ob man Spieler<br />

verleiht und diese dann währenddessen<br />

intensiv betreut. Fakt ist, dass<br />

bis zur U17 runter in diesem Jahr über<br />

60 Verträge auslaufen. Das ist ein Berg<br />

von Arbeit, der uns da erwartet. Aber<br />

wenn man sieht, wie viele Spieler sich<br />

derzeit aus dem Bereich aufdrängen,<br />

erscheint dieser Aufwand nur lohnenswert.”<br />

Ein Halbjahr mit der Zweiten. Jungs,<br />

genießt die Feiertage, den Jahreswechsel<br />

und verteidigt im neuen Jahr das,<br />

was ihr euch verdient habt - die Spitze!<br />

Ich ziehe meinen Hut vor Euch.<br />

10 aussicht


U23-TRAINER DANIEL PETROWSKY ÜBER<br />

SICH, SEINE JUNGEN HÖHENFLIEGER UND DIE<br />

PERSPEKTIVEN DES <strong>HSV</strong>-NACHWUCHS.<br />

aussicht<br />

„Die Wäsche<br />

wartet ...“<br />

Interview und Text:<br />

Lenhart Freiesleben und Horst Schröder<br />

Foto: Witters<br />

11


aussicht<br />

<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong> traf U23-Trainer Daniel Petrowsky in<br />

seiner Wahlheimat Ottensen zu einem Interview-<br />

Termin in der „Cafe Centrale“. Bei Wasser, Brot und<br />

Käse war viel über den Menschen Daniel Petrowsky<br />

und die sensationelle U23 zu erfahren. Wer also ist<br />

dieser 37jährige aus Berlin stammende Übungsleiter,<br />

was bewegt ihn, wie sieht seine Taktik aus, auf<br />

welche Ideale setzt er<br />

Die Vorgeschichte: Die<br />

U23 des <strong>HSV</strong> hat bereits<br />

in der Hinrunde<br />

eine tolle Rekordserie<br />

hingelegt: 17<br />

Spieltage ungeschlagen, 45 Punkte,<br />

+41 Tore, vom ersten Tag der<br />

Saison an auf Platz 1 der Tabelle<br />

der Regionalliga Nord. Ging’s in<br />

der vergangenen Saison allein<br />

gegen den Abstieg, so ist die Performance<br />

schon ziemlich unwirklich.<br />

<strong>HSV</strong>-Profi-Coach Joe Zinnbauer<br />

hatte, als Ex-Sportchef<br />

Kreuzer ihn dieses Jahr von Karlsruhe<br />

zur U23 des <strong>HSV</strong> nach Hamburg<br />

holte, einen Plan im Gepäck.<br />

Diesen verwirklichte er so konsequent,<br />

dass die Zusammensetzung<br />

des 2014/2015-Teams einem Casting<br />

gleichkam. Zinnbauer wählte<br />

seine Spieler systembezogen<br />

aus, überzeugte diese vom <strong>HSV</strong><br />

und Hamburg. Alles passte von<br />

Anfang an perfekt zusammen, die<br />

U23 entwickelte sich so erfolgreich,<br />

dass Zinnbauer nach dem<br />

8. Spieltag zu den Profis berufen<br />

und die vakante Position mit dem<br />

U16-Coach Daniel Petrowsky neu<br />

besetzt wurde.<br />

<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>: Daniel, ziehst du<br />

dir jeden morgen zuerst deine<br />

Schuhe an und dann die Hose und<br />

betest außerdem jeden Abend vor<br />

einem <strong>HSV</strong>-Schrein<br />

Daniel Petrowsky: Nein, von solchen<br />

Dingen kann ich mich gut distanzieren.<br />

Ich glaube, die Befürchtung ist<br />

zu groß, dass die sogenannten Glücksbringer<br />

versagen und man hilflos<br />

ganz ohne da steht (lacht).<br />

<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>: Du wirst jetzt aber<br />

schon mit Interviewanfragen<br />

überhäuft<br />

Daniel Petrowsky: Es hält sich in<br />

Grenzen! Die regionalen Zeitungen<br />

fragen nach den Spielen an, aber<br />

größere Interviews gab es nur in einem<br />

überschaubaren Umfang. Ihr<br />

seid übrigens das erste <strong>HSV</strong>-Fanmagazin,<br />

das mich interviewt.<br />

<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>: Man wird ja nicht<br />

zum Trainer geboren und selbst<br />

wenn man dies für die eigene<br />

Berufung hält, bedeutet es doch,<br />

viele Hürden zu nehmen –<br />

verbunden mit Glück und Geschick.<br />

Wie ist Deine Karriere<br />

verlaufen<br />

Daniel Petrowsky: In meiner aktiven<br />

Zeit bin ich viel rumgekommen und<br />

habe z.B. für Union Berlin, Carl Zeiss<br />

Jenaund Dynamo Dresden bis hoch<br />

zur dritten Liga gespielt. Mit 27 Jahren<br />

habe ich mir<br />

Gedanken gemacht,<br />

wie es mit mir nach<br />

der aktiven Zeit<br />

weitergehen kann.<br />

Ich habe dann in<br />

Potsdam angefangen,<br />

Sportwissenschaften<br />

auf Diplom<br />

zu studieren, nebenbei habe ich<br />

aber noch gespielt und die verschiedenen<br />

Trainerlizenzen an der Uni<br />

und beim DFB erworben. Das Angebot<br />

vom <strong>HSV</strong> kam quasi aus dem<br />

Nichts und war für mich das Beste,<br />

das passieren konnte.<br />

<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>: Eine große Verantwortung,<br />

wenn man über<br />

Nacht an so eine exponierte Stelle<br />

kommt<br />

Daniel Petrowsky: Zuerst dachte ich,<br />

„Hoppla, das ist ein ganz schön großer<br />

Sprung!“, aber ich wollte die Herausforderung<br />

gleich annehmen.<br />

<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>: Für den ganzen<br />

Verein hat ein neues Zeitalter<br />

„DAS ZIEL IST, DASS DER <strong>HSV</strong> EINE<br />

KLARE PHILOSOPHIE HAT UND<br />

DABEI EIN DEUTLICHES PROFIL IM<br />

SPIELSYSTEM ERHÄLT.“<br />

begonnen. Nach der Ausgliederung<br />

der <strong>HSV</strong>-Fußball-AG werden<br />

interne Abläufe und Strukturen<br />

neu geordnet und angepasst.<br />

Bernhard Peters und Peter Knäbel<br />

nehmen dabei unmittelbar Einfluss<br />

auf die tägliche Arbeit mit<br />

der U23.<br />

Daniel Petrowsky: Die beiden sind<br />

schon sehr präsent. Bernhard Peters<br />

ist für den Nachwuchsbereich, Peter<br />

Knäbel für die Profis zuständig. Da<br />

finden sie bei der U23 natürlich Überschneidungen.<br />

Bernhard Peters merkt<br />

man seinen Veränderungswillen an.<br />

Er möchte neue und klar definierte<br />

Strukturen reinbringen. Das Ziel ist,<br />

dass der <strong>HSV</strong> eine klare Philosophie<br />

hat und dabei ein deutliches Profil<br />

im Spielsystem erhält.<br />

<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>: Gibt es dabei inhaltliche<br />

Vorgaben für das Training<br />

Daniel Petrowsky: Oft sitzen wir Trainer<br />

mit Bernhard Peters zusammen.<br />

Dabei geht es meist um Grundprinzipien:<br />

wie wollen wir bei Ballbesitz<br />

spielen, wie spielen wir, wenn der<br />

Gegner den Ball hat Wie agieren<br />

wir in den Umschaltmomenten Diese<br />

Inhalte fließen in die tägliche<br />

Trainingsarbeit mit ein und sollen<br />

natürlich in den Punktspielen umgesetzt<br />

werden.<br />

<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>: In den vergangenen<br />

Jahren hieß es immer wieder,<br />

dass der <strong>HSV</strong> seine Nachwuchsarbeit<br />

stiefmütterlich behandeln<br />

würde. Durch das Engagement<br />

von Bernhard Peters soll nun der<br />

Turnaround geschafft werden<br />

Daniel Petrowsky: Hier setzt der <strong>HSV</strong><br />

gerade neu an. Es geht dabei immer<br />

um Perspektiven und Förderstrukturen<br />

und zwar nicht nur sportlich,<br />

sondern auch schulisch und beruflich.<br />

Wir haben hier prima Möglichkeiten<br />

beim <strong>HSV</strong> und müssen diese<br />

jetzt sichtbar werden lassen. Und<br />

dabei ist ein häufiger Wechsel der<br />

Ansprechpartner natürlich nicht gut.<br />

Das Engagement von Dietmar Bei-<br />

Foto: Michael Schwarz<br />

ersdorfer, Bernhard Peters und Peter<br />

Knäbel wird auf jeden Fall beim Werben<br />

um Nachwuchsspieler aus Norddeutschland<br />

von vielen Seiten positiv<br />

gesehen.<br />

<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>: Spieler auszubilden<br />

ist der eine Schritt, sie an den<br />

Verein zu binden muss der Nächste<br />

sein. Vereinstreue und Identitätsgefühl.<br />

Spielen auch diese<br />

Aspekte in den neuen Ansätzen<br />

zur Nachwuchsleistungsförderung<br />

eine Rolle<br />

Daniel Petrowsky: Die Grundprinzipien<br />

beziehen sich nicht nur auf den<br />

sportlichen Bereich, sondern auch<br />

auf die Persönlichkeitsentwicklung.<br />

Es geht dabei um Werte, um eine bestimmte<br />

Haltung der Spieler.<br />

<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>: Für gewöhnlich<br />

sucht man sich Vorbilder. Je stärker<br />

die Persönlichkeiten wirken,<br />

desto eher werden sie kopiert und<br />

die vorgelebten Muster übernom-<br />

12


aussicht<br />

Foto: Michael Schwarz<br />

men. Haben Trainerpersönlichkeiten<br />

dein Rollenprofil nachhaltig<br />

geprägt<br />

Daniel Petrowsky: Ich kann nicht<br />

sagen, dass mich ein Trainer komplett<br />

geprägt hat. Jeder Trainer hat seinen<br />

eigenen Stil. Dies beobachte und reflektiere<br />

ich, ohne dass ich versuche<br />

einem bestimmten Trainer nachzueifern.<br />

<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>: Über welche Stärken<br />

verfügst du<br />

Daniel Petrowsky: Als Trainer befinde<br />

ich mich nach meinem Verständnis<br />

in einem Ausbildungsberuf, wobei<br />

es in erster Linie darum geht methodisches<br />

Know-How und Erfahrungen<br />

zu sammeln. Der Sprung von der U16<br />

zur U23 erforderte von mir eine erhebliche<br />

Anpassung. Ich arbeite weniger<br />

aus der Hüfte heraus, vielmehr<br />

durchdacht und aufeinander abgestimmt.<br />

Das Arbeiten mit langfristiger<br />

Perspektive liegt mir.<br />

<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>: Und dabei bist du<br />

der ‚lockere Typ zum Anfassen’<br />

Daniel Petrowsky: Die Spieler sprechen<br />

mich mit „Trainer“ oder auch<br />

„Coach“ an, aber nicht mit „Herr Petrowsky“.<br />

Und dann bin ich eher „Sie“<br />

„Der Weg von der U23 zum<br />

als „Du“. Das ist auch gut so. Als „Trainer“<br />

kann ich die Rolle anders interpretieren,<br />

als ein Herr Petrowsky. Als<br />

Trainer musst du in gewissen Situationen<br />

laut und durchsetzungsstark<br />

sein, in anderen Situationen muss<br />

man sich eher zurückhalten, den<br />

richtigen Ton zu treffen, was bedeutet,<br />

das Gefühl für den richtigen Moment<br />

zu entwickeln. Auch das hat<br />

was mit Erfahrung zu tun.<br />

<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>: Welchen Stempel<br />

drückst du der U23 auf<br />

Daniel Petrowsky: Ich habe meine<br />

Mannschaften immer schon dominant<br />

spielen lassen. Viel Ballbesitz,<br />

viele Chancen kreieren und Offensivpressing.<br />

Und wenn Du ein erfolgreiches<br />

System übernimmst, änderst<br />

Du es ja nicht, nur um deinen Stempel<br />

aufzudrücken. Die Jungs sind<br />

inzwischen sehr eingespielt und haben<br />

die Abläufe verinnerlicht, es sind<br />

nur kleine Korrekturen nötig.<br />

<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>: Was denkst du<br />

über den Umgang mit U16-Spielern<br />

Und was im Vergleich über<br />

den Umgang mit den U23-Spielern<br />

Daniel Petrowsky: Die U16-Jungs haben<br />

allerhand im Kopf und das muss<br />

geordnet werden. Ich kann dabei ein<br />

Ansprechpartner sein. Aber es gibt<br />

ja auch die Eltern, Freunde und auch<br />

Profikader war noch nie so kurz ...“<br />

die Spielerberater, die den Jungs bereits<br />

zur Seite stehen. Die U23-Spieler<br />

sind Erwachsene und haben ein viel<br />

größeres Maß an Selbständigkeit und<br />

Eigenverantwortung. Die hinterfragen<br />

mehr, haben natürlich schon eine<br />

Menge Erfahrung und allein deshalb<br />

muss ich viel überzeugender sein in<br />

meinem Handeln.<br />

<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>: U23 intern: Wo<br />

wohnen die Spieler Wie wohnen<br />

die Spieler Wie sieht ihr Tag aus<br />

Daniel Petrowsky: Die sind hier alle<br />

in Hamburg verstreut, leben in WGs,<br />

alleine oder auch noch zu Hause. Sie<br />

müssen aber rechtzeitig alle morgens<br />

beim gemeinsamen Frühstück in der<br />

Arena ankommen. Dann ist der Tag<br />

dadurch strukturiert, ob wir eine<br />

oder zwei Trainingseinheiten haben.<br />

Wir trainieren dann häufig parallel<br />

zu den Profis auf den Plätzen der<br />

Arena. Abends gehen die Jungs dann<br />

nach Hause und müssen ihren Alltag<br />

allein regeln. (lacht) Die Wäsche wartet<br />

...!<br />

<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>: Wird die jetzige<br />

Mannschaft überhaupt zusammen<br />

bleiben<br />

Daniel Petrowsky: Ich bin mir sicher,<br />

dass bei jedem unserer Spiele genug<br />

Scouts auf der Tribüne sitzen, die<br />

ihre Stifte bereit halten. Zurzeit ist<br />

die Chance für die U23-Spieler beim<br />

13


aussicht<br />

<strong>HSV</strong> aber enorm groß. Joe Zinnbauer<br />

kennt die U23-Spieler, ist auch<br />

bereit denen eine Chance zu geben<br />

und der Verein hat erklärt, konsequenter<br />

als bislang auf den eigenen<br />

Nachwuchs zu setzen. Nicht umsonst,<br />

trainieren die Jungs bei den Profis<br />

mit und es werden eine Reihe von<br />

Testspielen mit einer durchmischten<br />

Mannschaft gespielt. Der Weg von<br />

der U23 zum Profikader war noch<br />

nie so kurz!<br />

<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>: Würden sich die<br />

Spieler im Falle eines Aufstiegs in<br />

die dritte Liga noch mal deutlich<br />

verbessern<br />

Daniel Petrowsky: Es ist ja unsere<br />

Aufgabe, die U23 Spieler für den Profibereich<br />

zu entwickeln, sie da ran<br />

zu führen. Sollten es einige Spieler<br />

schaffen, dass wäre absolut super!<br />

Die U23 gibt vielen jungen Spielern<br />

die Möglichkeit sich auf einem professionellen<br />

Niveau zu akklimatisieren<br />

und die Distanz zu verringern.<br />

Insofern ist die dritte Liga interessanter,<br />

da man dort gegen Profimannschaften<br />

spielt.<br />

<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>: Welcher Spielort<br />

böte sich für die Aufstiegsspiele<br />

an<br />

Daniel Petrowsky: Bis dahin ist es<br />

noch ein langer Weg, aber sollten wir<br />

es tatsächlich schaffen, dann wäre<br />

das natürlich eine feine Sache. Zumal<br />

die Gegner in den Aufstiegsspielen<br />

sicherlich auch ein paar Fans mitbringen.<br />

Für die Jungs wäre ein Spiel<br />

in der Arena bestimmt ein großartiges<br />

Erlebnis.<br />

Das Interview wurde vor Beginn<br />

der Rückrunde geführt. Wie wir<br />

von Herrn Petrowsky erfahren<br />

haben, wird in der kommenden<br />

Saison eine Veränderung stattfinden.<br />

Mit der Vereinsführung wurde<br />

vereinbart, dass er die U19 des<br />

<strong>HSV</strong> übernehmen und sich parallel<br />

intensiv um die höchste Trainerqualifikation,<br />

den “Fußballlehrer“,<br />

kümmern soll.<br />

Leider ist es zum Rückrundenauftakt<br />

gleich zu Niederlagen gekommen,<br />

was wohl vor allem damit<br />

zusammenhängt, dass einige Spieler<br />

Kartensperren absitzen müssen<br />

und andere zurzeit die Profis unterstützen.<br />

„U23-Spieler stehen<br />

jetzt den Profis zur Verfügung“:<br />

so bitter das im ersten Moment<br />

für die U23 erscheinen mag, es<br />

ist letztlich genau das Ziel, das<br />

der Coach Daniel Petrowsky zu<br />

verfolgen hat!<br />

MITTE Daniel Petrowsky mit unseren<br />

beiden <strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong> Redakteuren<br />

kleine hsv er<br />

ganz groß<br />

7.000 Nachwuchsfans im <strong>HSV</strong> KIDS-CLUB<br />

14<br />

<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>: Daniel Petrowsky,<br />

wir danken für dieses interessante<br />

Interview!<br />

Daniel Petrowsky: Ich danke auch<br />

– es war sehr lecker!<br />

Autor: Ansgar Tasche<br />

Foto: <strong>HSV</strong>


Da kann man als gestandener <strong>HSV</strong>-Fan<br />

neidisch werden und möchte direkt noch<br />

einmal wieder „klein“ sein.<br />

Neben den vielen Angeboten, wie z.B. Übernachtungspartys, Auswärtsfahrten,<br />

DFL-Sommercamp und Kids-Club Meisterschaften, können die <strong>HSV</strong> Kids-Club<br />

Mitglieder ihre Stars sogar hautnah erleben.<br />

Wann und Wo<br />

Beispielsweise bei den speziellen Pressenkonferenzen; wie sie zuletzt im<br />

Oktober beim <strong>HSV</strong>-Ferienprogramm mit Dennis Diekmeier durchgeführt<br />

wurde. Einen durchaus interessanten Bericht findet Ihr hier:<br />

http://www.hsv.de/kids/meldungen/kids-club/saison-20142015/nachwuchsreporter-in-der-imtech-arena/<br />

Hier werden endlich mal die wichtigen Themen (Pizza, Tattoos und Autos)<br />

angesprochen. Oder bei den Spielen des großen <strong>HSV</strong> im heimischen Stadion:<br />

Das Aulaufen mit den Profis<br />

… ist exklusiv den Mitgliedern des <strong>HSV</strong> Kids-Club vorbehalten.<br />

Vor einer jeden Saison haben alle Kinder und Jugendliche zwischen<br />

6 und 14 Jahren die Möglichkeit, sich für das Auflaufen zu bewerben.<br />

Die Teilnehmer werden dann aus einem großen Lostopf rechtzeitig<br />

vor jedem Heimspiel ausgelost. So etwas hat es früher nicht gegeben, und<br />

da kann ich mich leider nur wiederholen: Man müsste noch mal<br />

„klein“ sein. Denn JUNG geblieben sind wir ja alle.<br />

Seit der Gründung des<br />

<strong>HSV</strong> Kids-Club am 24.08.2003<br />

gibt es hier immer wieder<br />

etwas NEUES zu entdecken<br />

und zu erleben.<br />

Der <strong>HSV</strong> Kids-Club ist<br />

mit ca. 7.000 Mitgliedern, Kindern<br />

und Jugendlichen im Alter von<br />

0 - 14 Jahren, eine tolle Sache und mit 4<br />

Mitarbeitern wird dieser exzellent organisiert.<br />

Erwähnt werden müssen an dieser<br />

Stelle natürlich auch die vielen studentischen<br />

Aushilfen und <strong>HSV</strong>-Helfer, die die<br />

hauptamtlichen Mitarbeiter bei den<br />

zahlreichen Aktionen und Aktivitäten<br />

unterstützen.<br />

<strong>HSV</strong>-Kids-Club<br />

Ganz eindeutig: Bei dieser Mitgliedschaft geht es längst nicht mehr<br />

nur darum, ein Vorkaufsrecht auf Tickets zu haben. Das zeigen auch die vielen<br />

positiven Rückmeldungen der Kinder und Eltern zu den verschiedensten<br />

Aktionen. Im <strong>HSV</strong> Kids-Club wird den Kindern zum einen die Möglichkeit<br />

gegeben, den <strong>HSV</strong> hautnah zu erleben. Zum anderen geht es bei den<br />

gemeinsamen Aktionen mit z.B. anderen Institutionen und Bundesliga-Vereinen<br />

insbesondere aber auch darum, ein Verständnis für Fair Play und<br />

eine positive Fankultur zu schaffen. Hier können wir sicherlich noch etwas von<br />

unseren Kindern lernen. Zum Beispiel von den Kids, die beim diesjährigen<br />

DFL-Sommercamp in Köln vier aufregende Tage gemeinsam mit den Kids-<br />

Clubs von Werder Bremen, St. Pauli, Hertha BSC, Arminia Bielefeld oder dem<br />

BVB aus Dortmund u.a. verbracht haben.<br />

Unsere <strong>HSV</strong>-Kids gehen mit tollem Beispiel voran. Klasse!<br />

In diesem Sinne:<br />

„Nur der <strong>HSV</strong> (-Kids-Club)“<br />

Weitere Informationen und aktuellen Berichte gibt es auch auf der<br />

Homepage unseres <strong>HSV</strong> unter http://www.hsv.de/kids/kids-club<br />

15<br />

aussicht<br />

Foto: Witters


Foto: Witters<br />

PRÄSIDIUMS<br />

WAHL<br />

BEIM <strong>HSV</strong><br />

25.01.2015<br />

16 aNsicht


PRÄSIDIUMSWAHL BEIM <strong>HSV</strong><br />

DIE QUAL<br />

DER WAHL<br />

Winterpause – jedenfalls in der Fußballbundesliga.<br />

Für die interessierten Mitglieder naht die Mitgliederversammlung,<br />

in diesem Fall die erste Versammlung nach der<br />

Strukturreform. Terminiert ist die Veranstaltung auf den<br />

letzten Sonntag im Januar, sprich dem 25.01.2015, im CCH.<br />

Auch diese Veranstaltung verspricht spannend und richtungsweisend<br />

zu werden, gilt es doch auch, die veränderten<br />

Strukturen im Verein umzusetzen oder den Versuch<br />

zu starten, diese Strukturen zu torpedieren.<br />

AUTOR: Jan David Talleur<br />

Unter anderem wird eine neue Führungsmannschaft<br />

gewählt werden.<br />

Während nach der alten Satzung nur<br />

der Vorstand für Mitgliederbelange<br />

von den Mitgliedern direkt gewählt<br />

und die anderen Vorstände vom Aufsichtsrat<br />

bestellt wurden, werden jetzt<br />

alle Präsidiumsmitglieder auf der<br />

Mitgliederversammlung gewählt.<br />

So werden im Januar die übergangsmäßig<br />

agierenden Carl-Edgar Jarchow<br />

als Präsident, Joachim Hilke als Vizepräsident<br />

und Oliver Scheel als<br />

Schatzmeister ersetzt und für drei<br />

Jahre ein neues Führungstriumvirat<br />

gewählt.<br />

Neben der Wahl des neuen Präsidiums<br />

werden auch die beiden von der<br />

Mitgliederversammlung bestimmten<br />

Mitglieder des Beirates neu gewählt.<br />

Hier finden getrennte Wahlen statt.<br />

Mitglieder in den Amateurabteilungen<br />

wählen auf der Mitgliederversammlung<br />

ihren Kandidaten aus, die<br />

Mitglieder der Abteilung Fördernde<br />

bestimmen einen eigenen Delegierten.<br />

Bislang wurden die Delegierten<br />

(für den ehemaligen Aufsichtsrat) auf<br />

der Amateurversammlung bzw. auf<br />

der Versammlung der Fördernden von<br />

teilweise nicht einmal 100 Mitgliedern<br />

bestimmt. Kandidaten für diese<br />

ehrenamtlichen Posten konnten sich<br />

bis zum 21.12.2014 beim <strong>HSV</strong> melden.<br />

Bei den Mitgliedern des Beirates beträgt<br />

die Amtszeit 4 Jahre.<br />

Aktuell besteht der Beirat aus den<br />

beiden Delegierten E. Westphalen für<br />

die Amateure und Sven Winkelmann<br />

für die Abteilung der Fördernden.<br />

Ergänzt werden die beiden durch 3<br />

Mitglieder des Ehrenrates, Andreas<br />

Peters als Vorsitzender sowie die beiden<br />

Stellvertreter Engelbert Wichelhausen<br />

und Walter Koninski. Diese<br />

Besetzung ergibt sich, wie auch die<br />

aktuelle Besetzung des Präsidiums,<br />

aus den Übergangsregelungen der<br />

neuen Satzung. Mit den Wahlen im<br />

Januar werden die beiden stellvertretenden<br />

Ehrenräte durch zwei Träger<br />

der goldenen Nadel (Vereins- und<br />

sportliche Verdienste) ersetzt werden.<br />

Diese beiden Organe - Präsidium und<br />

Beirat - sind also das neue Machtzentrum<br />

des Vereins.<br />

Die Aufgaben des Beirates werden in<br />

§19 der neuen Satzung geregelt. Unter<br />

anderem ist es die Aufgabe des Beirats,<br />

ein Anforderungsprofil für das Präsidium<br />

zu erstellen, Kandidaten zu<br />

suchen, zu prüfen und vor allem dann<br />

der Mitgliedschaft vorzuschlagen.<br />

LISTE 1 - They never come back<br />

Jürgen Hinkel, Manfred Sietl, Ronald Wuff<br />

LISTE 2 - Die Substantiellen<br />

K. Profalla, Hein Tomkel, Reinhard Tupfer<br />

LISTE 3 - Internethools<br />

Jan Malheur, Tommy Astro, Uli Björnmose, Jens Backte<br />

LISTE 4 - Kiebitze<br />

Sven Dröge, Hannes Huh, Jochen Erler<br />

LISTE 5 - Happels Erben<br />

Wolfgang Groß, Porsche-Günni, Pedder Krone<br />

LISTE 6 - EhVau<br />

Christian Teichert, Johannes Liebling, Axel Formaldehyd<br />

Das heißt konkret: ohne Zustimmung<br />

des Beirats, in der Satzung auch<br />

Wahlausschuss genannt, geht nichts.<br />

Er allein entscheidet auch darüber,<br />

wie viele Kandidaten zugelassen werden,<br />

und ob die Amtsträger hauptoder<br />

ehrenamtlich tätig sein sollen.<br />

Daneben erteilt der Beirat die Zustimmung<br />

über die vom Präsidium zu<br />

berufenden Aufsichtsratsmitglieder<br />

der <strong>HSV</strong> Fußball AG und genehmigt<br />

den Etat des Vereins.<br />

Gerade die Aufgaben des Beirates im<br />

Vorfeld der Präsidiumswahlen zeigen,<br />

wie wesentlich dieses Gremium für<br />

die Ausrichtung des Vereins ist. Von<br />

der Aufgabenbeschreibung zwar mit<br />

weniger Einfluss auf das „Tagesgeschäft“<br />

versehen als es der alte Aufsichtsrat<br />

war, ist der Beirat trotzdem<br />

ein wesentliches Steuerungselement<br />

für die Ausrichtung des Vereins.<br />

So haben die Herren bereits entschieden,<br />

dass das neue Präsidium ehrenamtlich<br />

tätig sein soll. Diese Entscheidung<br />

hat bereits einen wesentlichen<br />

Einfluss auf die Findung von Kandidaten,<br />

da in Vollzeit Berufstätige auf<br />

Grund der Aufgabenfülle kaum Möglichkeit<br />

haben, den Posten auszufüllen.<br />

Auch legt der Beirat durch diese<br />

Entscheidung schon den Grundstein<br />

für einen hauptamtlichen Geschäftsführer<br />

im Verein, ein Konstrukt, wie<br />

wir es ja schon aus der Abteilung<br />

Fördernde Mitglieder kennen.<br />

Eine andere Entscheidung des Beirates<br />

hat eine maßgebliche Auswirkung<br />

auf die weitere Ausrichtung des Vereins<br />

und birgt auch die Gefahr eines<br />

möglichen Disputs auf der Mitgliederversammlung:<br />

MITGLIEDER-<br />

VERSAMMLUNG<br />

25.01.2015<br />

Beginn 11.00 Uhr,<br />

Einlass ab 9.00 Uhr,<br />

Congress Centrum Hamburg,<br />

Saal 2<br />

Der Beirat hat entschieden, auf der<br />

Mitgliederversammlung für jedes der<br />

Präsidiumsämter nur einen Wahlvorschlag<br />

zu unterbreiten. Der Beirat /<br />

Ehrenrat bezieht sich in dieser Entscheidung<br />

auf §17 Ziffer 3 unserer<br />

Satzung. Wir Mitglieder können den<br />

Wahlvorschlag des Beirates also nur<br />

mit „Ja“ oder „Nein“ bewerten, haben<br />

keine Auswahl unter mehreren Kandidaten.<br />

Diese Satzungsauslegung wurde in<br />

Rücksprache beim Ehrenrat beschlossen,<br />

wobei man beachten muss, dass<br />

der Beirat sich zu diesem Zeitpunkt<br />

mehrheitlich aus Ehrenratsmitgliedern<br />

zusammensetzt. Diese Entscheidungen<br />

des Ehren- und Beirates mögen<br />

durchaus legitim sein. Gelinde<br />

gesagt unglücklich mutet es allerdings<br />

an, dass diese wegweisende<br />

Entscheidungen durch einen Beirat<br />

17 aNsicht


18 aNsicht<br />

getroffen wurden, der nicht durch<br />

die Mitglieder - auch die Besonderheiten<br />

dieses Amts berücksichtigend<br />

- gewählt wurde, sondern diesen Posten<br />

in der Übergangsphase seit der<br />

Eintragung der „neuen“ Satzung geerbt<br />

hat. Allerdings muss man auch<br />

feststellen, dass alle Mitglieder dieses<br />

ersten Beirates durchaus auch die<br />

Vereinskompetenz haben müssten,<br />

die Tragweite dieser Entscheidungen<br />

zu berücksichtigen.<br />

Dem Beirat / Ehrenrat ist die Diskrepanz<br />

zwischen der Satzungsauslegung<br />

und der bekanntlich anderslautenden<br />

Darstellung von der Initiative<br />

von <strong>HSV</strong>Plus durchaus bekannt. Für<br />

uns Mitglieder bleibt nur das schale<br />

Gefühl eines möglichen Ausgeliefertseins.<br />

Wir können den handwerklichen<br />

Fehler bei der satzungsgemäßen<br />

Umsetzung von <strong>HSV</strong>Plus zwar in<br />

Zukunft korrigieren, aber für diese<br />

erste Wahl zum neuen Präsidium<br />

werden wir uns darauf verlassen<br />

müssen, dass der Beirat ein glückliches<br />

Händchen bei der Auswahl der<br />

Kandidaten hatte.<br />

So sind die vom Beirat erkorenen<br />

Kandidaten allesamt keine Unbekannten<br />

– und bergen trotzdem oder<br />

gerade deshalb eine gewisse Brisanz.<br />

Der ehemalige Aufsichtsratsvorsitzende<br />

Jens Meier wird den Mitgliedern<br />

für den Posten des Präsidenten<br />

zur Abstimmung vorgeschlagen. In<br />

der Hamburger Morgenpost verspricht<br />

Meier: „Es geht auch darum,<br />

die AG krass zu kontrollieren.“ Spötter<br />

behaupten, das er dieses auch als<br />

Aufsichtsrat im Verein hätte tun können.<br />

Als Vizepräsident wird Henning<br />

Kinkhorst, aktuell der Vorstand der<br />

Amateure, vorgeschlagen. Kassenwart<br />

soll Dr. Ralph Hartmann werden, der<br />

den Mitgliedern von zwei gescheiterten<br />

Bewerbungen zum Aufsichtsrat<br />

bekannt sein dürfte.<br />

Eine besondere Note erhält die Wahl<br />

des Präsidenten auch durch einen Antrag<br />

vom ehemaligen Aufsichtsrat<br />

Manfred Ertel. Dieser möchte, dass der<br />

Vereinspräsident gleichzeitig auch<br />

Aufsichtsratsvorsitzender der <strong>HSV</strong> AG<br />

wird. Ob dieses nun grundsätzlich gut<br />

oder schlecht sei, mag jedes Mitglied<br />

für sich selber entscheiden. Allerdings<br />

ging es vielen für <strong>HSV</strong>Plus stimmenden<br />

Mitgliedern m.E. auch darum, den Einfluss<br />

von Vereinsmitgliedern auf die<br />

wirtschaftlichen und sportlichen Entscheidungen<br />

der Profifußballer zurückzudrängen.<br />

Damit dieser Antrag angenommen<br />

wird, bedarf es lediglich der<br />

einfachen Mehrheit der anwesenden<br />

Mitglieder, da der Antrag lediglich eine<br />

Handlungsempfehlung darstellt.<br />

Keine richtige Auswahl haben wir im<br />

Übrigen bei den Wahlen der beiden<br />

delegierten Beiratsmitglieder, und in<br />

diesem Fall ist nicht der Beirat<br />

„schuld“. Für die Abteilung Supporters<br />

hat sich nur ein einziger Kandidat<br />

gefunden, bei den Amateuren sind<br />

es immerhin zwei.<br />

Und so sind am 25.01.2015 wieder wir<br />

Mitglieder gefordert und müssen<br />

versuchen, bei den Wahlen unseren<br />

Verstand einzuschalten und Emotionen<br />

oder Freundschaften, ja auch<br />

die ehemaligen Lagerzugehörigkeiten<br />

auszublenden.<br />

Ob jemand Anhänger der Bundesligaspieler<br />

ist oder ein ehemaliger<br />

Leichtathlet – völlig egal. Ob er in<br />

Athen war, in <strong>HSV</strong> Bettwäsche geschlafen<br />

hat oder sogar noch schläft<br />

– völlig egal. Ob er ein Plussi war oder<br />

andere Lösungen gesucht hat – völlig<br />

egal.<br />

Es kann sich einzig um die Frage drehen:<br />

Ist der Kandidat geeignet, dieses<br />

Amt zum Wohle des <strong>HSV</strong> auszuführen,<br />

hat er die Weitsicht und die Demut,<br />

sich hinter die Aufgabe des<br />

Amtes zu stellen und diese zum Wohle<br />

des Vereins auszuführen<br />

Ein guter Demagoge ist noch lange<br />

kein guter Mandatsträger, wie wir in<br />

den letzten Jahren auch bei einigen<br />

Mitgliedern des Aufsichtsrates feststellen<br />

durften. Zur Not müssen wir<br />

eben einen Posten unbesetzt lassen,<br />

bis sich ein geeigneter Kandidat zur<br />

Verfügung stellt.<br />

Der Beirat hat sich im<br />

Rahmen der Kandidatensuche<br />

Gedanken<br />

über die Aufgabenverteilung<br />

im Präsidium<br />

gemacht und diese in<br />

der auf <strong>HSV</strong>.de veröffentlichten<br />

Mitgliederinformation<br />

vom<br />

06.11.14 vorgestellt:<br />

VIZEPRÄSIDENT<br />

Vertretung des Präsidenten bei dessen<br />

Verhinderung<br />

Repräsentation des <strong>HSV</strong> in den Fachverbänden<br />

seiner einzelnen Sportabteilungen<br />

(zusammen mit dem 1. Vorsitzenden<br />

oder einem anderen Mitglied des Amateurvorstands<br />

und ggf. einem dafür<br />

benannten hauptamtlichen Mitarbeiter<br />

der Geschäftsstelle)<br />

Meldungen des Mitgliederbestandes an<br />

den Hamburger Sport-Bund und die<br />

Fachverbände sowie ggf. an weitere Institutionen<br />

und Behörden in Abstimmung<br />

mit dem Schatzmeister<br />

Zuständigkeit für alle Fragen der Mitgliedergewinnung<br />

und -bindung<br />

Erster Ansprechpartner für Amateurvorstand,<br />

Seniorenrat und Abteilungsleitung<br />

Fördernde Mitglieder<br />

Enger Kontakt zu allen Sportabteilungen<br />

und zur Abteilung Fördernde Mitglieder<br />

(„Präsidiumsmitglied für die Belange der<br />

Mitglieder“)<br />

Gast im ständigen Verwaltungsausschuss<br />

für die Sportanlage Ochsenzoll<br />

Personalverantwortung für die bezahlten<br />

Mitarbeiter in den einzelnen Sportabteilungen<br />

(zusammen mit dem 1. Vorsitzenden<br />

oder einem anderen Mitglied des<br />

Amateurvorstands und ggf. einem dafür<br />

benannten hauptamtlichen Mitarbeiter<br />

der Geschäftsstelle)<br />

Vertreter des Aktionärs <strong>HSV</strong> e. V. in der<br />

Hauptversammlung der <strong>HSV</strong> Fußball<br />

AG<br />

Verhandlungsführer gegenüber dem<br />

Vorstand der <strong>HSV</strong> Fußball AG bezüglich<br />

aller Angelegenheiten im Zusammenhang<br />

mit Vermarktung und Marketing<br />

(ggf. im Zusammenhang mit dem Schatzmeister)<br />

PRÄSIDENT<br />

Repräsentation des <strong>HSV</strong> nach innen und<br />

außen, insbesondere auch gegenüber<br />

den Medien und im Hamburger Sport-<br />

Bund und - in Abstimmung mit dem<br />

Vorstand der <strong>HSV</strong> Fußball AG - im Deutschen<br />

Fußball-Bund und dessen zuständigem<br />

Regional- und Landesverband<br />

Federführung bei der Vorbereitung und<br />

Einberufung der Mitgliederversammlung,<br />

Leitung der Mitgliederversammlung<br />

mit Ausnahme der in § 17 Ziffer 1<br />

der Satzung genannten Tagesordnungspunkte<br />

Leitung der Sitzungen des Präsidiums<br />

Erster Ansprechpartner für Beirat/<br />

Wahlausschuss und Ehrenrat<br />

Weisungsrecht gegenüber der hauptamtlichen<br />

Geschäftsführung und Überwachung<br />

von deren Arbeit<br />

Personalverantwortung für die<br />

hauptamtlichen Mitarbeiter des Vereins<br />

Geborenes Mitglied im Aufsichtsrat der<br />

<strong>HSV</strong> Fußball AG<br />

Vertreter des Aktionärs <strong>HSV</strong> e.V. in der<br />

Hauptversammlung der <strong>HSV</strong> Fußball<br />

AG<br />

Verhandlungsführer gegenüber dem<br />

Vorstand der <strong>HSV</strong> Fußball AG bezüglich<br />

der mit dieser geschlossenen Dienstleistungsverträge<br />

und für den Bereich Kommunikation<br />

Mitglied im Ehrenausschuss<br />

Mitglied im ständigen Verwaltungsausschuss<br />

für die Sportanlage Ochsenzoll<br />

Ansprechpartner bei der Einschaltung<br />

von rechtlichen Beratern<br />

Berechtigung, zur Erledigung der vorgenannten<br />

Aufgaben diese auch auf die<br />

anderen Mitglieder des Präsidiums oder<br />

Mitglieder der hauptamtlichen Geschäftsführung<br />

zu delegieren (ausgenommen<br />

die Tätigkeit im Aufsichtsrat der<br />

<strong>HSV</strong> Fußball AG)<br />

SCHATZMEISTER<br />

Verwaltung des Vereinsvermögens<br />

Federführung bei der Erstellung des<br />

Vereinshaushaltsplans<br />

Federführung bei der Erstellung des<br />

Jahresabschlusses in Vorbereitung für<br />

den Wirtschaftsprüfer<br />

Überwachung der Haushaltspläne der<br />

einzelnen (Sport-)Abteilungen in Zusammenarbeit<br />

mit dem Amateurvorstand,<br />

insbesondere dessen Kassenwart, und<br />

mit der Abteilungsleitung Fördernde<br />

Mitglieder<br />

Überwachung des Mitgliederwesens,<br />

insbesondere Beitragseinzug und Mahnwesen<br />

Federführung bei der Erstellung der<br />

Beitragsordnung<br />

Prüfung und Begleichung der Beiträge<br />

an den Hamburger Sport-Bund und die<br />

Fachverbände in Abstimmung mit dem<br />

Vizepräsidenten<br />

Beantragung von Fördermitteln und<br />

Zuschüssen bei staatlichen Institutionen,<br />

dem Hamburger Sport-Bund und den<br />

Fachverbänden, und Überwachung und<br />

Abrechnung der Mittelverwendung<br />

Einwerben von Spenden<br />

Erster Ansprechpartner für die Rechnungsprüfer<br />

Mitglied im ständigen Verwaltungsausschuss<br />

für die Sportanlage Ochsenzoll<br />

Ansprechpartner bei der Einschaltung<br />

von steuerlichen Beratern<br />

Vertreter des Aktionärs <strong>HSV</strong> e.V. in der<br />

Hauptversammlung der <strong>HSV</strong> Fußball AG<br />

Unterstützung des Vizepräsidenten bei<br />

den Verhandlungen mit dem Vorstand<br />

der <strong>HSV</strong> Fußball AG bezüglich aller Angelegenheiten<br />

im Zusammenhang mit<br />

Vermarktung und Marketing“


PRÄSIDIUMSWAHL BEIM <strong>HSV</strong><br />

DIE<br />

GEDANKEN<br />

SIND FREI<br />

Auch wenn seitens der Ausgliederungsgegner gebetsmühlenartig<br />

betont wurde, dass im neuen Gesellschaftskonstrukt<br />

die Mitgliederrechte nicht mehr vorhanden seien,<br />

werden auf der nächsten Mitgliederversammlung neben<br />

den Personenwahlen auch einige Anträge behandelt, die<br />

einen direkten Einfluss sowohl auf den Verein, als auch<br />

auf die AG haben.<br />

AUTOR: Jan David Talleur<br />

Der obligatorische Fernwahlantrag<br />

fehlt dieses Mal in der Sammlung,<br />

dafür sind - wie üblich - einige Anträge<br />

zur Mitgliederversammlung<br />

weder durchdacht, noch ausgereift.<br />

Hier stellt sich die Frage, ob es nicht<br />

möglicherweise Sinn machen würde,<br />

dass der Verein noch im Antragsstatus<br />

Hilfestellung bei der Formulierung<br />

von Anträgen gibt und/oder<br />

diese auf Durchführbarkeit prüft.<br />

Trotzdem gibt es natürlich auch Anträge,<br />

die für Diskussionen sorgen<br />

werden, bzw. bei denen es sich lohnt,<br />

auch im Vorfeld ein paar Gedanken<br />

zu verschwenden.<br />

Zwei identisch lautende Satzungsänderungsanträge<br />

von Thomas Krüger<br />

und Heiko Frank wollen die Paragraphen<br />

17 und 19 der e.V.-Satzung verändern,<br />

bzw. konkretisieren. Zudem<br />

steht ein Antrag von Thorsten Runge<br />

auf der Tagesordnung, der die fehlenden<br />

Vorgaben bzgl. Fristen und<br />

Wahlen in die Satzung einfügen<br />

möchte. Grundsätzlich sind diese<br />

Konkretisierungen wünschenswert.<br />

Ob es allerdings sinnvoll ist, immer<br />

wieder in kleinen Schritten an die<br />

Satzung heranzugehen und vor allem,<br />

ob es Sinn macht, Satzungsänderungen<br />

erstmalig auf einer MV zu diskutieren,<br />

möchte ich in Abrede stellen.<br />

Ähnlich sieht es auch der Seniorenrat,<br />

der den Antrag stellt, alle Satzungsänderungsanträge<br />

zunächst zurückzustellen,<br />

und die Schwächen der<br />

Satzung stattdessen in einem Rutsch<br />

anzugehen.<br />

Wenn die Wahlen auf der Mitgliederversammlung<br />

am 25. Januar erfolgreich<br />

absolviert werden, gäbe es auch<br />

keinen Grund, die Satzungsänderungen<br />

sofort zu beschließen. Das Zeitfenster<br />

bis zu den nächsten Wahlen<br />

wäre groß genug, um in Ruhe über<br />

die Änderungen nachzudenken und<br />

zu beraten – möglicherweise auch<br />

mit dem Gedanken im Hinterkopf,<br />

die Vorgaben so zu gestalten, das auch<br />

eine spätere Fernwahlmöglichkeit<br />

nicht durch das Procedere blockiert<br />

werden würde.<br />

Etwas anderes wäre es allerdings,<br />

wenn wir uns nicht auf einen neuen<br />

Präsidenten und / oder Beirat einigen<br />

können. Dann sollten im Zeitraum bis<br />

zum nächsten Wahltermin, der dann<br />

in zwei Monaten stattfinden würde,<br />

unbedingt die notwendigen Ergänzungen<br />

und Konkretisierungen in die<br />

Satzung mit aufgenommen werden.<br />

Der Antrag des Seniorenrates auf<br />

Verschiebung der Satzungsänderungsanträge<br />

benötigt im Übrigen<br />

die einfache 50%-Mehrheit, die oben<br />

genannten Satzungsänderungs-<br />

Foto: Witters<br />

anträge 75% der abgegebenen Stimmen,<br />

um angenommen zu werden.<br />

Eine solche 50%-Mehrheit benötigen<br />

auch die weiteren Anträge, die fristgerecht<br />

zum 21.12.2014 eingereicht<br />

wurden. Besonders brisant dabei ein<br />

Antrag von Manfred Ertel.<br />

„Das Präsidium des <strong>HSV</strong> e.V. wird aufgefordert,<br />

alle erdenklichen Schritte zu<br />

ergreifen, dass der Vorsitz im Aufsichtsrat<br />

der <strong>HSV</strong> Fußball AG vom Präsidenten<br />

des <strong>HSV</strong> e.V. bekleidet wird. Dazu<br />

gehört insbesondere, einen entsprechenden<br />

Beschluss in der Hauptversammlung<br />

der Fußball AG herbeizuführen.“<br />

Dieser Antrag von Manfred Ertel mag<br />

zwar einen gewissen Sinn haben, aber<br />

er berücksichtigt weder die unterschiedlichen<br />

Ausrichtungen der beiden<br />

Gesellschaften (e.V. und AG), noch<br />

die Anforderungen, die an die jeweiligen<br />

Positionen gestellt werden.<br />

Ein Vereinspräsident benötigt andere<br />

Fähigkeiten als derjenige, der an der<br />

Spitze des Kontrollgremiums sitzt. Der<br />

beste Vereinspräsident mag für den<br />

Aufsichtsratsvorsitz ungeeignet sein.<br />

Und der Antrag von Manfred macht<br />

leider auch deutlich, was eines der<br />

Probleme war, die letztendlich zur<br />

Ausgliederung geführt haben. Wir<br />

mögen gute und fähige Kandidaten<br />

gehabt haben, aber haben wir in der<br />

Masse der Mitglieder auch die Kompetenz,<br />

diese Leute auf die Positionen<br />

zu wählen, für die die Kandidaten am<br />

Besten geeignet wären Ein launiger<br />

Redner hatte bei uns immer bessere<br />

Chance als ein stiller, ruhiger Arbeiter.<br />

Manfred Ertel weist in seinem Antrag<br />

nicht darauf hin, was „alle erdenklichen<br />

Mittel“ sein können, führt aber<br />

die Hauptversammlung der <strong>HSV</strong> Fußball<br />

AG an, in der der Verein als Mehrheitsgesellschafter<br />

die Stimmenmajorität<br />

hat. Auf dieser Hauptversammlung<br />

könnte eine dementsprechende Änderung<br />

der AG-Satzung herbeigeführt<br />

werden und de Präsidenten des <strong>HSV</strong><br />

generell als Vorsitzenden des AG Aufsichtsrates<br />

bestimmen.<br />

In der bisherigen AG-Satzung wird dem<br />

Vorsitzenden des Aufsichtsrates erst<br />

einmal keine besondere Stellung zugebilligt.<br />

Er wird bislang von den Aufsichtsratsvertretern<br />

aus den eigenen<br />

Reihen gewählt, ist also mehr oder<br />

weniger ein primus inter pares. Nach<br />

dem Aktiengesetz hat der Vorsitzende<br />

des Aufsichtsrates bei Stimmengleichheit<br />

im Rat eine zusätzliche Stimme,<br />

um eine Entscheidung herbeizuführen.<br />

Liest man die Begründung von Manfred<br />

Ertel, dann scheint es diesem bei<br />

dem Antrag weniger um die Stärkung<br />

der Position des Präsidenten zu gehen,<br />

sondern eher darum, direkten Einfluss<br />

auf die personelle Besetzung des<br />

Aufsichtsrates der <strong>HSV</strong> Fußball AG<br />

zu nehmen. Und so ist anscheinend<br />

das primäre Ziel dieses Antrages, den<br />

„ehrenwerten Geschäftsmann“ Karl<br />

Gernandt von seinem Posten zu entfernen.<br />

Dazu mag jeder seine eigene<br />

Meinung haben, aber die Sorge um<br />

den Verein und die Stärkung von<br />

diesem hatten in den letzten Jahren<br />

bei Angriffen auf Vereinsvertreter<br />

schon des Öfteren als Begründungen<br />

herhalten müssen.<br />

Manfred Ertel führt in seiner Begründung<br />

weiterhin an, dass auch bei<br />

Bayern München und Borussia Dortmund<br />

die Vereinspräsidenten Vorsitzende<br />

des Aufsichtsrates in der jeweiligen<br />

ausgegliederten Kapitalgesellschaft<br />

sind. Ob er uns Mitgliedern<br />

damit suggerieren möchte, dass<br />

in diesen Fällen ein Automatismus<br />

in den jeweiligen Vereinssatzungen<br />

greift, möchte ich unserem ehemaligen<br />

Aufsichtsratsvorsitzenden nicht<br />

unterstellen.<br />

Fakt ist jedoch, dass diese angeführten<br />

Beispiele wenig mit seinem Antrag<br />

zu tun haben. Ertels Hinweis auf<br />

Borussia Dortmund ist für die Antragsbegründung<br />

wenig hilfreich, weil<br />

der Klub in einer anderen Rechtsform<br />

(GmbH & Co. KG) organisiert ist. Bei<br />

Bayern München wählen die Mitglieder<br />

des Aufsichtsrates ihren Vorsitzenden<br />

selber, genauso wie es zur<br />

Zeit bei uns vorgesehen ist.<br />

Möglicherweise liegt es an der Qualität<br />

des jeweiligen Vereinspräsidenten<br />

(erst Uli Hoeness, dann Karl Hopfner),<br />

dass die Mitglieder des<br />

Bayern-Aufsichtsrates sich für diese<br />

Personen entschieden haben. Das<br />

Beispiel Eintracht Frankfurt, die ebenfalls<br />

in eine AG ausgegliedert haben,<br />

erwähnt Manfred Ertel nicht. Hier<br />

ist der Vereinspräsident Peter Fischer<br />

nicht zum Vorsitzenden des Aufsichtsrates<br />

gewählt worden.<br />

19 aNsicht


PRÄSIDIUMSWAHL BEIM <strong>HSV</strong><br />

SICH EINFACH<br />

MAL TRAUEN<br />

VERTRAUEN<br />

ZU HABEN.<br />

Man glaubt es kaum, es wird wieder gewählt beim <strong>HSV</strong>.<br />

Nun beim sogenannten „e.V.“, also fern ab von dem, was in<br />

den dunklen und überwunden geglaubten Zeiten, das Drama<br />

und den Unbill rund um den Bundesligisten ausmachte.<br />

AUTOR: Thomas Pundrich<br />

Sorry, ich bin immer noch kein Universalsportvereinversteher<br />

und muss<br />

mir auch jetzt kein Bekenntnis dazu<br />

abheucheln, weil ich glücklicherweise<br />

kein Amt anstrebe und mich der<br />

Universalsport im <strong>HSV</strong> e.V. im Regelfall<br />

nicht interessiert.<br />

Ich möchte nicht missverstanden<br />

werden: natürlich stelle ich nicht den<br />

Universalsport im <strong>HSV</strong> e.V. an sich<br />

in Frage, dazu habe ich kein Recht<br />

und meine klitzekleine Meinung ist<br />

nicht nur diesbezüglich völlig unbedeutend.<br />

Nur, ich bin wegen Fußball<br />

da, die meisten anderen Mitglieder<br />

sind es auch und mit Sicherheit auch<br />

einige der aktiven Sportler.<br />

Mit Ausgliederung im Mai ist das<br />

Gesamtkonstrukt <strong>HSV</strong> e.V. / <strong>HSV</strong> AG<br />

auf neue, aber verwobene Satzungsbeine<br />

gestellt worden. Man kann nun<br />

gerne darüber diskutieren, ob das<br />

handwerklich geschickt gemacht<br />

worden ist, aber, wie das echte Leben<br />

nun mal so spielt, gilt auch hier der<br />

Grundsatz: drei Juristen, vier Einlassungen<br />

(ein Jurist teilt sich ja nicht<br />

mit, wie ein normaler Mensch…), fünf<br />

Meinungen, rote Köpfe und mal wieder<br />

ein großer Kreis erregter, weißer,<br />

alter Männer.<br />

Hauptkritikpunkt ist das Wirken des<br />

sog. „Beirat/Wahlausschuss“. Vornehmlich<br />

wird die Satzungsauslegung<br />

zur Wahl des Präsidiums kritisiert,<br />

nämlich, dass der Beirat/Wahlausschuss<br />

der Mitgliederversammlung<br />

nur jeweils einen Aspiranten für drei<br />

zu vergebene Posten anbietet.<br />

Klingt per se erst einmal nicht wirklich<br />

nach „Wahl“ und eventuell auch<br />

nicht „demokratisch“. Aber, wenn<br />

man sich als genervtes Mitglied die<br />

zum Teil grotesken Vorstellungen der<br />

Kandidaten der Vergangenheit vor<br />

Augen hält, ist diese Vorauswahl, gerade<br />

in der Transitions-Phase, begrüßenswert<br />

und nachvollziehbar. Es ist<br />

in dieser für den e.V. und die AG<br />

schwierigen Zeit vernünftiger, um<br />

die geeignetsten Kandidaten reibungslos<br />

aufs Gleis zu stellen.<br />

Man sollte einfach mal in die Satzung<br />

schauen und den aktuellen Status in<br />

den Gremien abprüfen. Aktuell besteht<br />

dieser „Beirat/Wahlausschuss“<br />

aus den beiden Delegierten der Amateure<br />

und der Fördernden Mitglieder,<br />

sowie drei führenden Mitgliedern des<br />

Foto: Witters<br />

Ehrenrates. Zukünftig werden in diesem<br />

Gremium zwei Köpfe des Ehrenrates<br />

durch verdienstvolle Ehrenmitglieder<br />

des e.V. (Goldene Ehrennadel<br />

sportlich/ehrenamtlich) besetzt.<br />

Gegenwärtig und zukünftig also nur<br />

demokratisch legitimierte Personen<br />

und honorige Mitglieder. Wieso kann<br />

oder mag man diesen Menschen nicht<br />

das Vertrauen entgegen bringen, dass<br />

sie für das Wohl des gesamten Vereins<br />

und schlussendlich auch für das Vereinsvermögen<br />

(die AG!) die besten<br />

Leute einfängt und das Präsidium<br />

sinnstiftend und erfolgreich komponiert.<br />

Machen wir uns nichts vor – leicht<br />

kann sich der Beirat diese Entscheidung<br />

nicht gemacht haben. Für den<br />

Beirat wäre es auf alle Fälle bequemer<br />

gewesen, alle Bewerber für die drei<br />

zu wählenden Präsidiumsposten anzunehmen.<br />

Dann hätten sie die Verantwortung<br />

auf die Mitglieder abwälzen<br />

können und müssten sich nicht<br />

der Kritik auf der Mitgliederversammlung<br />

stellen.<br />

Auf alle Fälle ist der Beirat jetzt in<br />

der Pflicht. Sie müssen die Kandidaten<br />

für das Präsidium auswählen, und<br />

diese Kandidaten müssen so gut sein,<br />

dass sie auch die Hürde Mitgliederversammlung<br />

passieren. Denn auch<br />

wenn wir Mitglieder nur mit „Ja“ oder<br />

„Nein“ abstimmen können, die Wahl<br />

haben wir trotzdem.<br />

Glücklicherweise hat sich der Beirat/<br />

Wahlausschuss auch dahingehend<br />

positioniert, dass das präsidiale Wirken<br />

im e.V. als reines Ehrenamt zu<br />

funktionieren hat. So darf man annehmen,<br />

dass es nur Kandidaten gibt,<br />

die mit echtem, gelebtem Herzblut<br />

für dieses Amt brennen wollen.<br />

Gut, es gibt im Umfeld des <strong>HSV</strong> ausreichend<br />

blendenden Durchschnitt<br />

mit viel Zeit und Geld, aber, herrjeh,<br />

auch da bietet eine Vorauswahl mit<br />

einem entsprechenden Assessment<br />

ggf. eine wirksame Abwehr.<br />

Die Kritiker des „Beirat/Wahlausschuss“<br />

mögen sich bitte eine Frage<br />

stellen und diese auch bitteschön<br />

halbwegs ehrlich beantworten: wieviel<br />

Auswahl hatten wir in der Vergangenheit,<br />

wie oft hatten wir ein<br />

„glückliches Händchen“ und wie oft<br />

war der Akt der demokratischen Tradition<br />

im <strong>HSV</strong> e.V. schlichtweg ein<br />

Griff ins Klo Es ist wie bei der internationalen<br />

Coffee-Shop-Kette. Lange<br />

Tafeln mit Getränken, aber im Ergebnis<br />

nichts anderes als immer das<br />

gleiche Gebräu, oberflächlich aufgepeppt<br />

durch Zuckersirup unterschiedlicher<br />

Couleur.<br />

Fazit: Im sportlichen Bereich<br />

müssen wir Geduld beweisen,<br />

wenn nötig bis zum bitteren<br />

letzten Spieltag. Im<br />

vereinspolitischen Bereich<br />

müssen wir einfach lernen,<br />

Vertrauen zu geben und<br />

auch einfach mal loslassen<br />

können (und wollen). Es geht<br />

glücklicherweise um nichts<br />

mehr, außer, um den Universalsportverein.<br />

20 aNsicht


PRÄSIDIUMSWAHL BEIM <strong>HSV</strong><br />

GEHORSAM<br />

ODER EIGEN-<br />

VERANTWOR-<br />

TUNG<br />

Ein Plädoyer für eine demokratische (Aus-) Wahl<br />

Die Diskussions-Wellen schlagen hoch bei den <strong>HSV</strong>-Mitgliedern.<br />

Der übergangsweise amtierende Beirat hat beschlossen,<br />

nur jeweils einen Kandidaten für jedes Präsidiumsamt<br />

(Präsident, Vizepräsident, Schatzmeister) den<br />

Mitgliedern zur „Wahl“ vorzuschlagen. Der Widerstand<br />

gegen dieses Vorgehen ist praktisch <strong>HSV</strong>-flächendeckend.<br />

AUTOREN: Reinhard Hupfer &Sven Kröger<br />

Wahl bedeutet Auswahl<br />

„Möglichkeit der Entscheidung; das<br />

Sich-Entscheiden zwischen zwei oder<br />

mehreren Möglichkeiten“ (Duden)<br />

Demokratische Traditionen beruhen<br />

– nicht nur, aber ganz entscheidend<br />

– darauf, dass Wähler die Möglichkeit<br />

haben, sich zwischen verschiedenen<br />

sachlichen oder personellen Angeboten<br />

zu entscheiden.<br />

Wer nur entscheiden darf, ob eine<br />

vorgeschlagene Person gewählt wird<br />

oder nicht, der wählt nicht, sondern<br />

bestätigt. Aus dem politischen Raum<br />

gibt es unzählige Erfahrungen mit<br />

diktatorischen Systemen, in denen<br />

Bürger nicht wählen durften, sondern<br />

eben nur bestätigen. Wer keine Auswahl<br />

anbietet oder zulässt, reduziert<br />

die Wahlmöglichkeit der Entscheider<br />

– der Wähler. Dafür gibt es weder<br />

eine nachvollziehbare, überzeugende<br />

Begründung, noch eine Legitimation.<br />

Die Satzung legt die Entscheidung<br />

in die Hände der Mitglieder<br />

– nicht des Beirats<br />

Beim <strong>HSV</strong> sollen die Präsidiumsmitglieder,<br />

anders als der Vorstand des<br />

<strong>HSV</strong> e.V. bisher, vom „<strong>HSV</strong>-Volk“, also<br />

den Mitgliedern direkt gewählt werden.<br />

Früher wurde der Vorstand vom<br />

Aufsichtsrat ernannt. Mit der neuen<br />

Regelung sollte bewusst die Entscheidung<br />

in die Hände der Mitglieder<br />

gelegt werden.<br />

Die Kompetenz der Kandidaten soll<br />

vom Beirat geprüft werden; er soll<br />

nur geeignete Kandidaten vorschlagen.<br />

Keineswegs soll der Beirat eine<br />

Wahl-Vorentscheidung treffen. Nur<br />

einen einzigen Kandidaten vorzuschlagen,<br />

geht nur dann, wenn man<br />

(der Beirat) nicht mehr geeignete<br />

Kandidaten findet.<br />

Wir sind stolz auf<br />

demokratische Traditionen<br />

Beim <strong>HSV</strong> haben (basis-) demokratische<br />

Verfahren zur Mitbestimmung<br />

der Geschicke des Vereins eine lange<br />

Tradition. Darauf sind viele Mitglieder<br />

stolz, auch wenn nicht alle (Wahl-)<br />

Entscheidungen glücklich gewesen<br />

sein mögen.<br />

Der mangelnde Erfolg des Vereins<br />

über einen langen Zeitraum lässt sich<br />

jedoch nicht an den demokratischen<br />

Verfahren festmachen. Vielmehr haben<br />

die alten Strukturen Wahlentscheidungen<br />

zugelassen, die die Kompetenz<br />

der Kandidaten zu wenig<br />

berücksichtigt haben. Genau das soll<br />

durch das Prüfungs- und Vorschlagsrecht<br />

des Beirats geändert werden.<br />

Was wollten die Antragsteller<br />

vom 19.1.14<br />

Das lässt sich nachlesen:<br />

„… Der Wahlausschuss sucht und prüft<br />

daraufhin die Kandidaten für das Präsidium.<br />

Die Anzahl der geeigneten Kandidaten<br />

wird vom Wahlausschuss festgelegt<br />

und in einer Vorschlagsliste<br />

erfasst, aus der die Mitgliederversammlung<br />

dann die Kandidaten nach einer<br />

Vorstellungsrunde wählt.“<br />

So stand es in der Antragsbegründung<br />

für die Mitliederversammlung am<br />

19.1.14. Das ist eindeutig und wird<br />

durch die Antragsteller nach wie vor<br />

bestätigt. Leider finden sie kein Gehör<br />

beim Beirat.<br />

Warum versteckt sich der Beirat<br />

hinter umstrittenen juristischen<br />

Argumenten<br />

Ein, wenn nicht das entscheidende Argument<br />

für die Haltung des Beirats ist<br />

die juristische Auslegung der Satzungsvorschriften<br />

(§§ 17 Ziff. 3, 19 Ziff. 3 b).<br />

Dazu hat er nach eigener Aussage Meinungen<br />

von Anwälten eingeholt, die<br />

nach Ansicht des Beirats keine andere<br />

Entscheidung zulassen, als nur jeweils<br />

einen Kandidaten vorzuschlagen.<br />

Diese juristischen Meinungsäußerungen<br />

sind nicht veröffentlicht; die Behauptung<br />

des Beirats lässt sich also<br />

nicht überprüfen. Wie immer, gibt es<br />

dazu andere Ansichten – auch von<br />

namhaften Juristen, insbesondere<br />

auch von denen, die aktiv an der neuen<br />

Satzung mitgewirkt haben und dem<br />

Beirat eine eigene Entscheidungskompetenz<br />

einräumen.<br />

Meist verbergen sich hinter den juristischen<br />

Feinheiten andere Interessen.<br />

Was also treibt den Beirat zu seiner<br />

Entscheidung, die die meisten<br />

<strong>HSV</strong>-Mitglieder gegen ihn aufbringt<br />

Warum schafft der Beirat nicht mehr<br />

Transparenz Wenn man nicht Bescheid<br />

weiß, blüht die Spekulation,<br />

meist eine negative. Daran wollen wir<br />

uns nicht beteiligen.<br />

Aber eine Aussage des Beirats lässt<br />

sich zitieren:<br />

„Schließlich kann in diesem Zusammenhang<br />

unser Eindruck als Beiratsmitglieder<br />

nicht ausgespart bleiben, dass zumindest<br />

bei einigen Mitgliedern<br />

tragender Beweggrund für die Forderung<br />

nach Zulassung mehrerer Kandidaten<br />

weniger der Wunsch nach Demokratie<br />

zu sein scheint, als vielmehr das Bestreben,<br />

jeweils den bzw. die eigenen Kandidaten<br />

(oder gar sich selbst) ins Amt zu<br />

bringen.<br />

Mit diesem Verhalten würden Interessengruppen<br />

auch bei Einbringung mehrerer<br />

Vorschläge versuchen, Kandidaten<br />

in den Prozess zu drücken, die der Beirat<br />

mangels Eignung nicht auswählt; dem<br />

ist rechtzeitig Einhalt zu gebieten.“<br />

Zitiert aus einem Schreiben des Beirats<br />

an einen der Autoren vom 14.11.2014,<br />

unterzeichnet von den Vorsitzenden<br />

Eckart Westphalen und Dr. Andreas<br />

Peters.<br />

Diese Aussage macht uns sprachlos.<br />

Dem Beirat steht jedes Mittel zur Verfügung,<br />

diesen Befürchtungen eigenständig<br />

entgegenzutreten und sie<br />

gegenstandslos zu machen. Diese Sicht<br />

auf die Mitglieder des <strong>HSV</strong> und deren<br />

Wahrnehmung berechtigter Interessen<br />

kann man nur mit Sorge zur Kenntnis<br />

nehmen – und die Frage stellen: Haben<br />

wir die richtigen Mitglieder im Beirat<br />

Fazit: Wir erwarten, dass die<br />

Vorschriften der Satzung so<br />

ausgelegt werden, wie es die<br />

Mitglieder wollen und mit<br />

ihrer Entscheidung vom 25.<br />

Mai 2014 mit überwältigender<br />

Mehrheit zum Ausdruck<br />

gebracht haben!<br />

21 aNsicht<br />

Foto: Witters


Die Raute – überall präsent.<br />

Dino Hermann ist auch hier der Star<br />

der Kinder.<br />

Fest der 1000 Zwerge!<br />

„Kenne ich auch<br />

nicht!“ – war der meist<br />

ausgesprochene Satz<br />

am Getränkestand,<br />

begleitet mit Achselzucken. Ein Fest,<br />

Autor: Sven DabelsteinDas<br />

welches durch diese Frage große Berühmtheit<br />

erfahren hat, dabei aber<br />

vermutlich immer noch relativ unbekannt<br />

geblieben ist.<br />

<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong> hat dieses Fest<br />

einmal besucht, und bringt es euch<br />

ein wenig näher.<br />

Beschäftigt man sich mit der Historie<br />

dieses Festes, wird man erfahren,<br />

dass man den Namen der BILD<br />

zu verdanken hat, denn ursprünglich<br />

fand diese Veranstaltung als „Schü-<br />

„Herr Rebbe,<br />

kennen Sie das Fest der 1000 Zwerge“<br />

Mit dieser simplen Frage ließ<br />

Peter Gottschalk seinerzeit uns und den<br />

hoffnungsvollen Kandidaten bei der Wahl<br />

des Aufsichtsrates 2011 fragend zurück.<br />

ler-Saisonabschlusssportfest des<br />

<strong>HSV</strong>“ statt.<br />

Schauen wir zunächst, ob die<br />

Veranstaltung hält, was der Name<br />

verspricht:<br />

Fest! Definitiv ja! Zwar laufen<br />

immer mal Sportler mit enttäuschten<br />

Mienen herum, was bei sportlichen<br />

Wettkämpfen zwangsläufig der Fall<br />

ist, diese werden aber schnell durch<br />

die freudige Atmosphäre wieder aufgefangen.<br />

1.000! Mit 935 gemeldeten Startern<br />

wurde die Marke in diesem Jahr<br />

zwar knapp verpasst, wird jedoch<br />

sonst jedes Jahr erreicht oder gar<br />

Fest der<br />

1000 Zwerge<br />

deutlich übertroffen. Die Sportler<br />

kommen aus über 100 Vereinen, auch<br />

aus den skandinavischen Ländern.<br />

Zwerge! Nun ja, wer sich bei<br />

dem Begriff „Zwerge“ vorstellt, dass<br />

– vergleichbar wie beim Fußball eine<br />

G-Jugend – kleine Kinder süß und<br />

unbedarft über die Tartanbahn flitzen<br />

oder in die Sandkiste hüpfen,<br />

wird enttäuscht sein. Vielmehr sind<br />

es Kinder bzw. Jugendliche im Alter<br />

von 8 bis 15 Jahren, die schon beachtliche<br />

Leistungen in Ihren Disziplinen<br />

erreichen.<br />

Ja, man tat gut daran, diesen Namen<br />

aufzugreifen und ihn für das<br />

größte deutsche Schülersportfest zu<br />

etablieren.<br />

So zeigt sich die Jahnkampfbahn<br />

zwei Tage lang mit gefüllten Tribünen<br />

ganz in den Farben unserer Raute<br />

geschmückt. Streift man durch die<br />

Reihen, erblickt man Trainingsanzüge<br />

u.a. aus Cottbus, aus Münster und<br />

von Tampereen Pyrintö aus Finnland.<br />

Vom <strong>HSV</strong> sind über 80 Leichtathleten/Innen<br />

am Start.<br />

Die weiter angereisten Sportler<br />

wohnen in Schulhallen bzw. kommen<br />

privat unter.<br />

Man wundert sich, wie bei diesem<br />

bunten Treiben überhaupt jemand<br />

den Überblick behalten kann, doch<br />

Organisator Oliver Voigt behält zu<br />

jeder Zeit den Durchblick. Über den<br />

Tag sind 4 Organisationsblöcke á 40<br />

Helfer eingeteilt, die ihn dabei unterstützen,<br />

jede aufkommende Frage<br />

zu beantworten, den Sportlern den<br />

Weg zu weisen, oder aber als Kampfgericht<br />

zu fungieren. Auf die zwei<br />

Tage verteilt finden 112 Siegerehrungen<br />

statt, denn exakt diese Anzahl<br />

an Wettbewerben wird ausgetragen.<br />

Fragt man Oliver nach herausragenden<br />

Athleten aus der Vergangenheit,<br />

so weiß er sofort zu berichten, dass<br />

bei jeder großen Leichtathletikveranstaltung<br />

wie Europameisterschaft,<br />

Weltmeisterschaft oder gar Olympischen<br />

Spielen immer auch Athleten<br />

dabei sind, die schon am „Fest der<br />

1.000 Zwerge“ teilgenommen haben.<br />

Zu nennen sind z. B. der bisher einzige<br />

deutsche Hochsprung-Weltmeister<br />

Martin Buß oder die Vize-Weltmeisterin<br />

im Siebenkampf Jennifer<br />

Oeser.<br />

Überhaupt stellt Oliver Voigt in<br />

Aussicht, dass eines der heute anwesenden<br />

Talente irgendwann ein<br />

Champion sein wird, man wisse nur<br />

nicht welches!<br />

Eventuell wird es ja sogar ein Eigengewächs,<br />

wie z. B. Frederik Denis,<br />

der in der Altersklasse M10 den 50m<br />

Sprint in 7,58 Sekunden, die 800m<br />

in 2:36,09, den Weit- und Hochsprung<br />

(4,14m / 1,33m) gewann und mit der<br />

Staffel Bronze holte!<br />

Ja, Herr Rebbe: Das Fest ist<br />

es wert, bekannt zu sein!<br />

Bei allem Spaß und Wettstreiten<br />

bot man auch Luisa Natiwi die Bühne,<br />

„zebracrossing e.V.“ vorzustellen.<br />

Ein Verein, der nach dem Motto: „Gib<br />

uns eine Angel statt 1.000 Fische,<br />

damit wir selber für uns sorgen können!“<br />

Lebensverbesserungen in Uganda<br />

anstrebt.<br />

Interessierte lege ich den Internetauftritt<br />

www.zebracrossing.info<br />

nahe!<br />

Luisa Natiwis Projekt ‚Mata-Mata‘<br />

von „zebracrossing“ will Perspektiven<br />

für die Einwohner der Provinz Karamoja<br />

in Uganda schaffen.<br />

22<br />

ANSICHT


ansicht<br />

Die<br />

BEERDIGUNGS-<br />

GESELLSCHAFT<br />

ist raus<br />

– Ein Gespräch mit der neuen Abteilungsleitung.<br />

Text: Thomas Pundrich und Tommy Cosmo<br />

Fotos: Miroslav Menschenkind<br />

23


ansicht<br />

Interview mit der neuen AL: Timo Horn, Carsten Bünger,<br />

Martin Oetjens, Mathias Helbing und Thomas Kerfin<br />

Ich (Thomas Pundrich) war spät dran<br />

für den Termin mit der Abteilungsleitung.<br />

Es nützte einfach nichts, dass man<br />

für sein ungefragtes, ehrenamtliches<br />

Engagement für den <strong>HSV</strong><strong>SCHNACK</strong>, das<br />

dienstliche Gleitzeitkonto malträtiert,<br />

nein, die Stadt ist eine Baustelle und<br />

der 45-minütige Rundblick von der<br />

Köhlbrandbrücke hatte ja auch etwas<br />

Meditatives. Man sinniert in sich hinein,<br />

denkt nach über die anderen Baustellen<br />

dieser Stadt, die beim <strong>HSV</strong> im Allgemeinen<br />

und den ganz speziellen beim<br />

Supporters Club.<br />

Die neue Abteilungsleitung (AL)<br />

hatte sich bereit erklärt, uns Redaktionsmitgliedern<br />

des <strong>HSV</strong><strong>SCHNACK</strong><br />

(Tommy Cosmo und Thomas Pundrich),<br />

die Möglichkeit zu einem Gespräch zu<br />

bieten. Da die Jungs natürlich einen<br />

proppevollen Terminkalender in<br />

<strong>HSV</strong>-Fragen haben, fand unser Gespräch<br />

als sog. „joint interview“ mit Axel Formeseyn<br />

statt, der ein großes Vorstellungsinterview<br />

mit der AL für die kommende<br />

SC News machen will. Ort dieser<br />

Begegnung war die altehrwürdige<br />

Gaststätte „Stadioneck“, wo wir dann<br />

aufgrund der Zahl der Anwesenden<br />

flugs in das Hinterzimmer umziehen<br />

konnten, weil eine Beerdigungsgesellschaft<br />

vom nahen Friedhof im Volkspark<br />

bereits gegangen war.<br />

Der erste Teil des Gesprächs<br />

war geprägt von der durchaus<br />

emotionalen Gesprächsführung<br />

Axel Formeseyns. Der nunmehr<br />

wieder geneigte Leser der kommenden<br />

SC News darf gespannt<br />

sein, was der Altmeister des verbalen<br />

Seelenstriptease in <strong>HSV</strong><br />

Angelegenheiten gutes verfassen<br />

wird, natürlich immer unter der<br />

Bedingung, dass Axel den Soundfile<br />

im Telefon wiederfindet.<br />

Für den zweiten Teil des Gespräches<br />

standen uns dann exklusiv<br />

Timo Horn, Mathias Helbing<br />

und Thomas Kerfin zur Verfügung.<br />

Unser Fokus lag dabei auf dem<br />

Kernkomplex „Kommunikation“.<br />

Jedem Mitglied des Supporters<br />

Club, ob nun inhaltlich, wie räumlich,<br />

nah und fern, durfte nicht<br />

entgangen sein, dass die Kommunikationskompetenzen<br />

der ehemaligen<br />

Abteilungsleitungen in<br />

der Nachbetrachtung als „optimierungswürdig“<br />

bewertet werden<br />

müssen. Der ewig unterschwellige<br />

Duktus der „Holschuld“ für die<br />

Mitglieder schwang immer mit,<br />

wer sich nicht mit den vorgegeben<br />

und bewährten Maßnahmen und<br />

Strukturen anfreunden mochte,<br />

ja, der sollte bitteschön ein Ehrenamt<br />

bekleiden und alles besser<br />

machen. Ansonsten war genug<br />

Lametta. Zumindest aus der Sicht<br />

der damaligen Abteilungsleitungen.<br />

Ein Umstand, der nicht wenige<br />

Mitglieder zum Rückzug<br />

PLAUDERTEN mit uns in angenehmer<br />

Atmosphäre und hinterließen<br />

einen prima Eindruck.<br />

Oben: Matthias Helbing,<br />

Mitte links: Carsten Bünger,<br />

rechts: Thomas Kerfin , unten:<br />

Martin Oetjens.<br />

bewegt hatte, es gab auch genug<br />

Leute, die sich der Thematik komplett<br />

entzogen haben und in Ihrer<br />

Frustration eine schweigende und<br />

kritische Masse darstellten, welche<br />

sich dann auch im Mai dieses Jahres<br />

entlud und zur Ausgliederung<br />

des Lizenzspielbetriebes aus dem<br />

e.V. beitrug.<br />

Die neue Abteilungsleitung ist<br />

unseres Wissens die erste AL, die<br />

vollständig aus Mitgliedern besetzt<br />

ist, die nicht unmittelbar in<br />

Hamburg ansässig sind. Schon<br />

dieser Umstand erfordert ein hohes<br />

Maß an Kommunikationsbewusstsein<br />

untereinander, was eine<br />

hervorragende Voraussetzung zur<br />

besseren Nutzung der gebotenen<br />

Kommunikationsmittel in Richtung<br />

der Mitgliedschaft darstellt.<br />

Dass dieses Kommunikationsbewusstsein<br />

bei der neuen Abteilungsleitung<br />

vorhanden ist, wurde uns dann<br />

allerdings schnell klar. Timo Horn:<br />

„Das Kommunikationsthema ist<br />

eben auch eines der wichtigsten<br />

bei uns! Weil einfach unheimlich<br />

unzureichend in der Vergangenheit<br />

kommuniziert wurde. Es<br />

wurden immer Entscheidungen<br />

getroffen, aber es wurden keine<br />

Gründe genannt.“<br />

Wir wollten natürlich wissen,<br />

wie dieser Missstand behoben<br />

werden kann und es entwickelte<br />

sich eine sehr interessante Diskussion.<br />

Martin Oetjens: „Ich denke<br />

mal, den ersten Schritt haben<br />

wir schon gemacht in unserer<br />

doch so kurzen Amtszeit. Das ist<br />

auch unser Ansatz. Wir müssen<br />

versuchen, alle mitzunehmen. Das<br />

Gefühl entwickeln, alles <strong>HSV</strong>er zu<br />

sein. Dieses Wir-Gefühl entwickeln.“<br />

Ergänzt durch Carsten Bürgers<br />

Aussage:<br />

„Man muss nur überlegen wie<br />

man die Vereinspolitik macht.<br />

Ob man die anderen miteinbezieht<br />

oder im stillen Kämmerlein<br />

mit 5 Leuten vorgibt, wie der<br />

Hase zu Laufen hat“,<br />

ist die neue Abteilungsleitung mit<br />

einigen Pluspunkten in die Interviewrunde<br />

gestartet.<br />

Eine der wichtigsten und teuersten<br />

Kommunikationsmöglichkeiten<br />

stellen die „Supporters<br />

News“ dar. Im Budget mit circa<br />

250.000 Euro veranschlagt und<br />

von großen Teilen der Mitgliedschaft<br />

in der Vergangenheit als<br />

Propagandablatt verschrien, setzt<br />

die neue AL hier als erstes ein Zeichen<br />

und hat sich dafür entschieden,<br />

die SC News zu reformieren.<br />

Timo Horn: „Es wird ein modernes<br />

Layout geben. Es werden<br />

schönere Fotos gemacht. Das<br />

Ganze soll einfach ein bisschen<br />

professioneller sein. Netter aufbereitet!“<br />

24


ansicht<br />

hätte. Gerade aus der Historie<br />

raus. Wenn wir diese Offenheit<br />

weiter tragen, dann bin ich davon<br />

überzeugt, dass auch wieder<br />

mehr Identifikation mit dem SC<br />

vorhanden sein wird.“<br />

LINKS: Die alte in die Jahre<br />

gekommene Supporters News.<br />

Rechts: Nach der SN Reform!<br />

Neuer Look, breiterer Themenmix.<br />

Etwas für jedermann.<br />

Aussagen, die wir gern zur Kenntnis<br />

genommen haben, selbstverständlich<br />

haben uns die tieferen Beweggründe<br />

dazu interessiert. Timo:<br />

„Wir wollten einfach etwas machen!<br />

Ein Heft raus bringen, wo<br />

die Leute wieder Spaß haben, es<br />

zu lesen. Ich möchte interessante<br />

Geschichten rund um den <strong>HSV</strong><br />

lesen, die fern ab von Kleinkriegen<br />

und großer Harmonie liegen.<br />

Ich möchte z.B. die Beweggründe<br />

wissen, warum sich so<br />

viele <strong>HSV</strong>er mit den Fans in<br />

Glasgow verstehen. Die Leute<br />

sollen wieder Spaß daran haben,<br />

etwas über den <strong>HSV</strong> zu lesen.<br />

Die SC News soll wieder positiv<br />

sein, und für jeden Fan muss<br />

wieder etwas dabei sein. Das ist<br />

unser Anspruch, und das haben<br />

wir in der Vergangenheit vermisst!“<br />

Sollten sich nun die ersten Leser fragen,<br />

ob es tatsächlich ein Gespräch mit der<br />

neuen Abteilungsleitung war, oder<br />

eventuell doch eher in die Richtung<br />

eines satirischen Beitrages des<br />

<strong>SCHNACK</strong> geht: es handelt sich hierbei<br />

um Aussagen der neuen AL, die wir 1:1<br />

wiedergegeben haben. Es scheint sich<br />

endlich etwas in der Wahrnehmung der<br />

Mitgliedervertretung zu ändern.<br />

Die Produktionskosten der SC News<br />

von ca. 250.000 Euro pro Jahr (4 Ausgaben<br />

in der Regel), repräsentieren<br />

einen nicht unbedeutenden Teil des<br />

Jahresbudgets des Supporters Club,<br />

und wir wollten wissen, ob diese Investition<br />

in ein Printmedium in der heutigen<br />

Zeit noch angemessen ist. Timo:<br />

„250.000 Euro Budget für die SC News<br />

hört sich zwar viel an. Wenn man aber<br />

bedenkt, dass es sich um circa 1,20 Euro<br />

je Exemplar handelt, dann relativiert<br />

sich das.“<br />

Uns war es natürlich wichtig zu<br />

hinterfragen, ob eine Mitarbeit von den<br />

Mitgliedern gewünscht ist, und wir<br />

haben mit dieser Frage offene Türen<br />

eingerannt. Ob mit Leserbriefen, Teilnahme<br />

an den Redaktionssitzungen<br />

oder redaktioneller Arbeit, die Mitarbeit<br />

ist zukünftig ausdrücklich erwünscht!<br />

Auch für unsere auswärtigen Fans<br />

wird sich einiges ändern, bzw. hat sich<br />

da schon einiges geändert. Laut Matthias<br />

Helbing: „…erfreuen sich die<br />

Stammtische der Regionalbetreuer<br />

immer größer werdenden Zulaufs“. Ein<br />

Grund hierfür ist sicherlich auch die<br />

neue Devise der neuen AL: Fordern und<br />

fördern.<br />

Thomas Kerfin: „Es müssen jetzt<br />

Leute sein, die wollen und auch bereit<br />

sind, ein Netzwerk aufzubauen und<br />

proaktiv sind. Und dieses Proaktive hat<br />

uns einfach gefehlt, und deshalb haben<br />

wir einfach ein paar Personen raus genommen,<br />

wo wir wussten, es bringt<br />

nichts. Und was uns massiv gestört hat,<br />

dass wir wissen: Die Fans sind keine<br />

Masse, die man bewegen darf, die man<br />

korrumpieren darf mit Informationen,<br />

sondern die Regionalbetreuer haben<br />

sich aus diesen Sachen raus zu halten.<br />

Sie haben für alle Fans da zu sein und<br />

nicht einfach einseitige Informationen<br />

oder Berichte zu planen bzw. zu verbreiten,<br />

sondern müssen für jeden da<br />

sein….“<br />

Des Weiteren erläuterte Thomas<br />

Kerfin, dass die AL von den Regionalbetreuern/-botschaftern<br />

im Amt Neutralität erwarten<br />

würde, das gelte in Fragen der<br />

Vereinspolitik, aber auch in (fan)<br />

politischen Angelegenheiten.<br />

Spätestens jetzt hat sich der Eindruck<br />

manifestiert, dass unsere Abteilungsleitung<br />

auf einen richtig guten<br />

Weg ist und einige Missstände nicht<br />

nur erkannt hat, sondern sie auch bereit<br />

ist, diese zu beheben.<br />

Wir wollten natürlich wissen, wie<br />

allen Fans das Gefühl gegeben werden<br />

kann, mit- und ernstgenommen zu<br />

werden. Martin Oetjens:<br />

„Ich glaube ganz einfach, die<br />

kleine, aber feine Umfrage, ist<br />

der erste Schritt dahin und ganz<br />

spannend ist der Einblick in die<br />

Ergebnisse. Da sind viele Resultate<br />

bei raus gekommen, die ich<br />

vorher ganz anders eingeschätzt<br />

Obwohl ich (Tommy Cosmo) Mitglied<br />

einer Arbeitsgruppe für die Umfrage<br />

im Mai gewesen bin und da schon<br />

direkten Kontakt zur alten AL gehabt<br />

habe, hatte ich bei diesem Interview<br />

erstmalig das Gefühl, dass wirklich ein<br />

Interesse für die Ergebnisse vorhanden<br />

ist. Die Freude über die Ergebnisse und<br />

den Vertrauensvorschuss war bei Martin<br />

Oetjens nicht zu übersehen.<br />

„90% der Umfrageteilnehmer möchten<br />

auch in Zukunft zu wichtigen Themen<br />

per Umfrage befragt werden.“<br />

Die neue AL hat gerade hinsichtlich<br />

Kommunikation einen Scherbenhaufen<br />

übernommen. Als bestes Beispiel hierfür<br />

dient das SC Forum. Im Mai noch<br />

von den Teilnehmern der Umfrage zum<br />

beliebtesten Kommunikationsmedium<br />

gewählt, wurde es wenige Tage später<br />

wortlos abgeschaltet. Carsten Bürger:<br />

„Die radikale Abschaltung war<br />

ehrlich gesagt ein wenig unglücklich.<br />

Ich sehe schon, dass<br />

unser Forum ruhiger geworden<br />

ist als vorher. Ich war ja damals<br />

auch schon im alten aktiv und<br />

habe mich dann in der heißen<br />

Phase nicht mehr blicken lassen,<br />

da es mir zu dieser Zeit teilweise<br />

zu derb war.“<br />

Um diese Aussage einschätzen zu<br />

können, muss man selbst im Forum<br />

aktiv gewesen sein. Der Umgangston<br />

war gerade in der Ausgliederungsdebatte<br />

stark verbesserungsfähig, was<br />

25


ansicht<br />

allerdings auch an der von uns angesprochenen<br />

unzureichenden Moderation<br />

lag.<br />

Carsten Bürger: „Kritik an der Moderation<br />

kann ich verstehen. Die Moderation<br />

wurde hauptsächlich von den<br />

SC Mitarbeitern erledigt und wenn man<br />

Abends Feierabend macht und am<br />

nächsten Morgen 1.000 neue Beiträge<br />

im Forum sind, dann kommt man nicht<br />

mehr hinterher. Jedenfalls nicht ohne<br />

seine hauptamtliche Arbeit zu vernachlässigen“.<br />

Seit Wiedereröffnung des Forums<br />

gab es in den ersten 10 Wochen circa<br />

1.000 Beiträge. Ein Grund für den fehlenden<br />

Traffic ist sicherlich die schlechte<br />

Kommunikation während der Wartungsarbeiten.<br />

Ein anderer Grund ist<br />

ganz bestimmt die Einführung der<br />

Klarnamenpflicht im Forum, eingeführt<br />

von der alten AL.<br />

Carsten: „Jetzt wurde das Forum eh<br />

schon online gestellt, bevor wir gewählt<br />

wurden. Deshalb werden wir das Forum<br />

jetzt auch nicht wieder umstellen. Das<br />

macht keinen Sinn.“<br />

Man merkt allerdings im Gespräch,<br />

dass Carsten das Forum sehr am Herzen<br />

liegt, und dass er es als wichtige Kommunikationsplattform<br />

sieht.<br />

„Das Forum war seit vielen Jahren<br />

der zentrale Punkt des Austausches.<br />

Was mir eigentlich in<br />

all den Jahren gefehlt hat, ist,<br />

dass sich die AL dort blicken ließ<br />

und mal ein wenig berichtet hat<br />

oder auf Anfragen selbst geantwortet<br />

hat. So wurde alles von<br />

der Geschäftsstelle abgearbeitet.<br />

Das ist für mich ein Grund, warum<br />

ich selbst regelmäßig ins<br />

Forum gehe und schaue, ob es<br />

Fragen direkt an die Abteilungsleitung<br />

gibt.“<br />

„Das Forum muss sich neu finden,<br />

muss sich auch neu beweisen. Es ist<br />

jetzt ein internes, geschlossenes Forum.<br />

Das habe ich vorher auch schon befürwortet.<br />

Es ist meiner Meinung nach von<br />

Vorteil, dass man jetzt nur noch als<br />

Mitglied die Beiträge lesen kann. Dadurch<br />

hat das Forum jetzt eine gewisse<br />

Privatsphäre, und ich hoffe einfach<br />

mal, dass die Klarnamenpflicht angenommen<br />

wird.“<br />

Im Gegensatz zu den Vorgängern<br />

haben die neuen Medien bei der neugewählten<br />

AL einen deutlich höheren<br />

Stellenwert. Ob Facebook, Twitter, Forum<br />

oder Homepage, es gab keinen<br />

Bereich, bei dem wir das Gefühl hatten,<br />

dass sich damit noch nicht auseinander<br />

gesetzt wurde. Im Gegenteil, durch<br />

regelmäßige Besuche dieser Kommunikationsplattformen<br />

wissen wir, dass<br />

unsere AL diese Medien selbst zur Kommunikation<br />

nutzt. Es ist eben das erklärte<br />

Ziel, die Kommunikation mit den<br />

Mitgliedern zu verbessern!<br />

Als Kommunikationsmöglichkeit für<br />

die Hamburger dient die öffentliche AL<br />

Sitzung, die es ab 2015 wieder regelmäßig<br />

geben soll. Ziel ist es, auch diese<br />

Treffen offener zu gestalten.<br />

Timo: „Wenn wir eine öffentliche AL<br />

Sitzung machen, dann darf man darüber<br />

auch reden, und es wird auch von<br />

uns darüber berichtet.“<br />

Das Image des elitären Kreises bei<br />

diesen Treffen möchte unsere AL mit<br />

der bisher gezeigten Offenheit und<br />

einer ehrlichen Kommunikation ändern.<br />

Wir durften eine Abteilungsleitung<br />

kennenlernen, die einen homogenen<br />

Eindruck macht, ohne dabei aber zu<br />

sehr geschlossen zu wirken. Grundsätzlich<br />

muss man die Herkulesaufgabe<br />

anerkennen, die die AL zu bewältigen<br />

hat. Die dazu vorgebrachten Maßnahmen<br />

in Kommunikationsfragen erscheinen<br />

klar und strukturiert und ebenso<br />

zielführend. Ebenso klar sollte sein, dass<br />

die Bewältigung aller anstehenden<br />

Aufgaben der AL, die Unterstützung<br />

aller Mitglieder des SC erfordert, die<br />

sich den Fortbestand des Supporters<br />

Club wünschen. Wir können nur weiterhin<br />

dazu aufrufen, diese neue AL<br />

inhaltlich und ggf. auch tatkräftig zu<br />

unterstützen. Neben dem gebotenen<br />

Maße an Geduld verdient sie auch Mitwirkung<br />

und Teilhabe, und darum beenden<br />

wir diesen Artikel mit einem<br />

Zitat von Timo Horn:<br />

„Es ist natürlich ein wenig schade,<br />

da machst du so eine Umfrage<br />

und die Mitglieder nehmen<br />

kaum teil.“<br />

OBEN: Timo Horn (links) wurde<br />

am 20.09.2014 zum neuen Abteilungsleiter<br />

gewählt. Unten: Das<br />

Forum braucht wieder Besucher<br />

und wartet auf Deine Anmeldung!<br />

26


Fotos: Privat, Dominic Demenat<br />

3 Genera<br />

tionEN<br />

Halb<br />

zeiten<br />

1<br />

2<br />

VEREIN<br />

Fußball ist NICHT die schönste Nebensache der<br />

Welt – schon gar nicht an Bundesliga-Spieltagen.<br />

Dann gibt es aber nichts Wichtigeres – jedenfalls<br />

nicht, solange der Ball rollt. Ein Blick hinter die<br />

Kulissen einer schrecklich netten Familie.<br />

Text: Elke Opitz<br />

Samstag, 15:00 Uhr. Jetzt ist<br />

Konzentration angesagt.<br />

Es gibt einen Plan und<br />

der wird – BITTE! – konsequent<br />

eingehalten. Und zwar<br />

von allen Beteiligten. Alle, das sind:<br />

meine Mutter, mein Sohn und ich.<br />

Wir leben in einem Mehrgenerationenhaus<br />

und neben bedingungsloser<br />

Liebe, der familiären Verbundenheit,<br />

sowie ein paar größeren und kleineren<br />

Ähnlichkeiten, eint uns vor allem<br />

eines: die Leidenschaft zum Fußball.<br />

Das klingt erst einmal einfach.<br />

Ist es aber nicht. Die genannte Einigkeit<br />

ist nämlich jäh zu Ende, sobald<br />

die Vorbereitungsphase auf das samstägliche<br />

Fußfallgeschehen abgeschlossen<br />

ist.<br />

Konkret bedeutet das: Wir gehen<br />

uns aus dem Weg - und zwar gezielt.<br />

Meine Mutter verfolgt die Spiele im<br />

Radio in ihrer Wohnung. Ich sitze -<br />

mit Unterbrechungen - in meinem<br />

Büro vor dem Live-Ticker und stehe<br />

in direkter Verbindung zu meiner<br />

<strong>HSV</strong>-XING-Gruppe. Mein Sohn besteht<br />

auf die Konferenz bei Sky und<br />

liegt meist sehr entspannt auf dem<br />

Sofa im Wohnzimmer.<br />

Je nach Spielpaarungen begegnen<br />

wir uns früher oder später, am besten<br />

auch mal gar nicht. Aber sobald wir<br />

uns treffen, ist immer - ja, einfach<br />

immer - der <strong>HSV</strong> Thema - früher oder<br />

später oder besser auch mal gar nicht.<br />

Das alles hat gute Gründe und<br />

dazu muss man wissen:<br />

Meine Mutter ist Hertha-Fan (mit<br />

Mitgliedsausweis). Seit der Saison<br />

2011/2012 hasst sie Düsseldorf und<br />

wünscht sich nichts mehr, als dass<br />

die Fortuna verliert. Am liebsten an<br />

jedem Wochenende und am liebsten<br />

zweistellig. Sie leidet mit dem <strong>HSV</strong>,<br />

weil ich leide und zudem versteht<br />

meine Mutter nicht, warum der große<br />

<strong>HSV</strong> nicht immer gewinnt - anstelle<br />

der Bayern gegen die sie eine<br />

tiefe Abneigung hat. Deren Millionen-Kicker<br />

und dieses „Mia san mia“<br />

findet meine Mutter „einfach unerträglich“.<br />

Mein Sohn ist Bayern-Fan. Nicht<br />

nur, weil er in München geboren ist,<br />

sondern auch, weil er den Fußball,<br />

den die Millionen-Kicker von der Isar<br />

spielen, einfach genial findet. Außerdem<br />

will er (meistens), dass der <strong>HSV</strong><br />

gewinnt, weil er der festen Überzeugung<br />

ist, dass der Bundesliga-Dino<br />

nicht absteigen darf. (Wenn er mich<br />

ärgern will, behauptet er, dass der<br />

<strong>HSV</strong> nicht einmal absteigen kann. )<br />

Er ist leidenschaftlicher Hertha-Sympathisant<br />

(mit Mitgliedsausweis), weil<br />

seine Oma ihn, als er noch ein Zwerg<br />

war, ins Berliner Olympia-Stadion<br />

geschleppt hat. Ein für ihn offenkundig<br />

prägendes Erlebnis.<br />

Ich bin <strong>HSV</strong>-Fan (mit Mitgliedsausweis),<br />

trage die Raute seit Ewigkeiten<br />

im Herzen und bei wichtigen<br />

Spielen mein heißgeliebtes Trikot mit<br />

der Nummer 22. Ich verfolge den Live-Ticker<br />

zusammen mit meiner <strong>HSV</strong>-<br />

Badeente, gebe zähneknirschend zu,<br />

dass die Bayern überaus professionell<br />

ihren Verein führen und einen coolen<br />

Ball spielen. Ferner bin ich Sympathisantin<br />

der „Alten Dame“ und der<br />

festen Überzeugung, dass die Hertha<br />

in der ersten Liga spielen muss.<br />

Alles Klar<br />

Zudem haben meine Mutter, mein<br />

Sohn und ich zu jedem der noch nicht<br />

genannten Bundesligavereine eine<br />

Meinung. Besser gesagt, jeder hat<br />

seine Meinung, was die Unterhaltungen<br />

nach dem Abpfiff nicht einfacher<br />

macht.<br />

Kurzum: Samstags<br />

brennt bei uns der Baum<br />

Ab 15.30 Uhr konzentrieren wir<br />

uns auf die Spiele und jedes Haustürund<br />

Telefonklingeln wird ignoriert.<br />

Genau hingehört wird hingegen,<br />

wenn mein Sohn brüllt. Er macht das<br />

wirklich gut, denn seine Stimmgewalt<br />

reicht über zwei Etagen hinweg, sodass<br />

wir stets auf dem Laufenden<br />

sind und genau wissen, wann es sich<br />

lohnt, zu ihm ins Wohnzimmer zu<br />

sprinten. Aber: Nicht der Brüller al-<br />

27<br />

Ansicht


lein entscheidet, ob man sich auf den<br />

Weg machen muss, sondern auch die<br />

Wortwahl und die Feinheiten gilt es<br />

zu beachten.<br />

„Tor in Hamburg“ beispielsweise<br />

bedeutet nichts Gutes, denn konkret<br />

heißt das: Der jeweilige Gegner des<br />

<strong>HSV</strong> hat getroffen.<br />

„Tor für Hamburg“ hingegen bedeutet,<br />

dass ich mit einem Antritt à<br />

la Usain Bolt losrennen muss, um die<br />

Wiederholung des wunderbaren <strong>HSV</strong>-<br />

Treffers zu sehen.<br />

Bei Strafstößen gibt es kein „für“,<br />

sondern immer nur ein „in“, denn<br />

mein Sohn liebt es, mich bei Elfern<br />

zu beobachten. Aber das ist ein anderes<br />

Thema.<br />

Wenn ein Verein, der in unmittelbarer<br />

Tabellennähe zum <strong>HSV</strong> steht,<br />

in Führung geht, brüllt mein Sohn<br />

nicht. Er will mich nicht unnötig<br />

aufregen und fürchtet zudem in kritischen<br />

Phasen meine dann „programmierte<br />

schlechte Laune“. Wenn<br />

sich Stuttgart oder Leverkusen ein<br />

Tor einfängt, brüllt er grundsätzlich,<br />

denn dann kann er sicher sein, dass<br />

ich schadenfroh ins Wohnzimmer<br />

spaziere. Ich mag die Schwaben nicht<br />

und die Pillendreher schon gar nicht.<br />

Wenn der <strong>HSV</strong> gut oder zumindest<br />

solide spielt, brüllt er „MAMA!“. Ich<br />

falle jedes Mal wieder darauf rein,<br />

renne ins Wohnzimmer, in der Hoffnung,<br />

dass die Jungs ein Tor geschossen<br />

haben, um dann aber festzustellen:<br />

Es ist nichts passiert – außer, dass<br />

mein Sohn möchte, dass ich mich zu<br />

ihm geselle. Mit einem Lächeln und<br />

den Schmusesätzen „Nun lass’ uns<br />

doch zusammen schauen“ und „Deine<br />

Truppe spielt wirklich nicht schlecht“,<br />

lullt er mich seit Jahren ein.<br />

Je nach Spielentwicklung schauen<br />

wir dann 3, 13 oder 23 Minuten gemeinsam.<br />

Spätestens nach dem fünften<br />

Fehlpass in der eigenen Hälfte, erkläre<br />

ich in aller Deutlichkeit, dass das<br />

nicht gut gehen kann und dass das<br />

nicht gut gehen wird. Ich stehe auf,<br />

trabe umher, brülle den Fernseher an,<br />

um im nächsten Moment einsichtig<br />

festzustellen, dass die da auf dem Rasen<br />

mich sowieso nicht hören. Fällt<br />

gar ein Tor gegen uns, habe ich es nicht<br />

nur kommen sehen, sondern auch die<br />

Schnauze gestrichen voll. Jawoll! „Hab’<br />

ich’s gesagt oder hab’ ich’s gesagt“<br />

motze ich dann. Mein Sohn antwortet<br />

„Hast du, Mama“ und ich stampfe<br />

wutschnaufend wieder in mein Büro.<br />

Dort wird erst die Badeente in ihre<br />

Ecke verbannt und sich anschließend<br />

in der <strong>HSV</strong>-XING-Gruppe ausgeheult.<br />

Halbzeit<br />

Führt Hertha, geht mein Sohn zu<br />

seiner Oma. Steht’s beim <strong>HSV</strong> unentschieden<br />

oder besser, gehe ich mit. Wir<br />

plaudern dann, trinken Kaffee und<br />

meine Mutter spendiert Kuchen. Liegt<br />

Hamburg zurück, bleibe ich in meiner<br />

Wohnung, denn ich will nicht erklären<br />

müssen, warum und wieso – soll’n sie<br />

doch ihren Kuchen alleine essen!<br />

Wiederanstoss<br />

schirm (wieder schräg,<br />

praktisch auf Höhe der<br />

Torauslinie) – Kaffee holen<br />

– zurück ins Wohnzimmer<br />

- Blick auf den Bildschirm<br />

– Terrasse – Blick auf den<br />

Bildschirm– schnurstracks<br />

zurück ins Büro und erst<br />

mal schauen, was die Männer<br />

in der <strong>HSV</strong>-Gruppe<br />

posten.<br />

Besteht die Wahrscheinlichkeit,<br />

dass uns der<br />

Siegtreffer gelingt, werde<br />

ich zum Langstreckenläufer:<br />

Büro – Flur – Küche –<br />

Wohnzimmer – zurück –<br />

Bad<br />

– Flur (auf und ab) – Wohnzimmer<br />

– Blick auf den<br />

Bildschirm – Terrasse –<br />

Wohnzimmer – Blick auf<br />

den Bildschirm – Terrasse<br />

– Blick auf den Bildschirm<br />

–TOOOOOOOOOOR! – TOR<br />

für den <strong>HSV</strong>!<br />

Wer meint, dass nun<br />

meine Situation einfacher<br />

wird, irrt. Und zwar gewaltig. Denn<br />

jetzt folgt in schöner Regelmäßigkeit<br />

meine Drohung, den <strong>HSV</strong> wegen Körperverletzung<br />

zu verklagen, denn nur<br />

selten führen wir souverän mit zwei,<br />

drei Toren. Nee, nee. Warum auch<br />

Uns <strong>HSV</strong>-Fans kann man ja quälen.<br />

Wir haben ja Nehmer-Qualitäten. Von<br />

wegen. Ich jedenfalls habe keine Nerven<br />

wie Drahtseile. Ich bekomme<br />

grundsätzlich Schweißausbrüche,<br />

Atemnot und Herzrhythmusstörungen.<br />

Ich drohe zu kollabieren und<br />

dann bedroht mich auch noch mein<br />

eigenes Kind, und das nur, weil ich<br />

ihm permanent ins Fernsehbild renne<br />

oder mich vor dem Kasten aufbaue<br />

und zwar in Drohgebärde. Kurzum:<br />

Alles ist bedrohlich.<br />

Um zu verhindern, dass wir am<br />

Montag unter der Titelzeile „Familien-Drama<br />

nach <strong>HSV</strong>-Spiel“ in der<br />

Zeitung stehen, verziehe ich mich<br />

vorsorglich wieder ins Büro und suche<br />

in meiner <strong>HSV</strong>-Gruppe Trost. Doch<br />

kaum habe ich „Hallo, Männer“ und<br />

einen flotten Zweizeiler gepostet,<br />

kracht mir ein „Elke, Du hier dabei<br />

oh, oh ...“ (O-Ton vom 01.11.14, 16.31<br />

Uhr) auf den Rechner. Meine Antwort:<br />

„Wenn es der Sache dienlich ist - also<br />

gut für unsere Jungs – schaue ich SO-<br />

FORT weg, okay“ (O-Ton vom mir um<br />

16.37 Uhr) wird kommentarlos hingenommen<br />

und signalisiert mir lediglich:<br />

„Elke, Du musst mehr bieten.“<br />

Stimmt ja auch, zumal ein kurzfristiges<br />

Wegschauen nichts bringt. Also<br />

poste ich um 16.46 Uhr: „Ich verlasse<br />

Euch jetzt. Schließlich sollen unsere<br />

Jungs gewinnen. Und ICH will nicht<br />

Schuld sein, wenn das nicht klappt.“<br />

Zur Erklärung: Ich habe in der<br />

vergangenen Saison erleben müssen,<br />

dass (fast) immer, wenn ich das Spiel<br />

komplett angeschaut habe, unser<br />

Mannschaft verloren hat. Irgendwann<br />

habe ich dann festgestellt, dass<br />

der <strong>HSV</strong> gewinnen oder unentschieden<br />

spielen kann, wenn ich Opfer<br />

bringe und erst nach Beendigung der<br />

Partie wieder auftauche. Da ich, wie<br />

die meisten Fußballfans, wahnsinnig<br />

abergläubisch bin, verzupfe ich mich<br />

Zweite Halbzeiten sind in aller<br />

Regel das Grauen. Lag der <strong>HSV</strong> bereits<br />

zur Pause zurück, bin ich nur<br />

genervt und stöhne bei jedem halbwegs<br />

gefährlichen Schuss, als hätte<br />

ich Geburtswehen. Steht es unentschieden,<br />

bestimmt der jeweilige<br />

Gegner, ob ich mehrere Kilometer<br />

durchs Haus renne und mich irgendwann<br />

erleichtert oder verzweifelt<br />

aufs Bett schmeiße.<br />

Muss ich befürchten, dass wir<br />

ein Tor kassieren und möglicher Weise<br />

das Spiel verlieren, werde ich zum<br />

Querfeldeinläufer. Meine Strecke:<br />

Büro – Flur – Küche – Wohnzimmer<br />

– zwei Drehungen - Stehplatz, schräg<br />

zum Fernseher (ich will das Gegentor<br />

gar nicht genau sehen) – zurück – Bad<br />

– Wohnzimmer – Blick auf den Bildseither<br />

immer, wenn es für unseren<br />

<strong>HSV</strong> eng wird.<br />

Das bedeutet: Ticker aus, kein<br />

noch so kurzer Blick auf den TV-Bildschirm,<br />

kein heimliches Mitlesen in<br />

der <strong>HSV</strong>-Gruppe. Um die Zeit bis zum<br />

Abpfiff zu überbrücken und nicht<br />

gleichzeitig dem Wahnsinn zu verfallen,<br />

nutze ich die Leidenszeit und<br />

räume mein Büro auf, sortiere Manuskripte,<br />

ordne Textmarker nach<br />

Farben, packe Reisetaschen aus und<br />

Sporttaschen ein. Zwischenzeitlich<br />

renne ich wieder hin und her und<br />

mache mich und meinen Sohn verrückt.<br />

Aber kann ich etwas dafür<br />

Eben nicht.<br />

Dass ich ab der 85. Minute im<br />

30-Sekunden-Takt Richtung Wohnzimmer<br />

brülle „Wie lange noch“ will<br />

ich nur der Vollständigkeit halber hier<br />

erwähnen aber nicht kommentieren.<br />

Es ist ja auch irgendwie peinlich.<br />

Abpfiff<br />

Je nachdem, wie unsere Vereine<br />

gespielt haben, endet der Samstag. Haben<br />

sie verloren, bleibt erst einmal<br />

jeder wo er ist. Gekonntes „Sich-ausdem-Weg-gehen“<br />

ist dann die Devise.<br />

Gegen 18.00 Uhr haben wir uns meist<br />

wieder halbwegs im Griff und treffen<br />

uns bei meiner Mutter am Küchentisch.<br />

Es wird laut und kollektiv gejammert,<br />

gemeckert, wüst geschimpft und bisweilen<br />

fies gepöbelt. Auf die Wiedergabe<br />

des genauen Wortlauts verzichte<br />

ich - was sollen die Leser sonst von uns<br />

denken.<br />

Meine Mutter, die uns ansonsten<br />

vorzüglich bekocht, serviert Stullen<br />

– mehr ist nach einem verschissenen<br />

Bundesliga-Spieltag nicht zu erwarten.<br />

Das Abendspiel schaut man mit einem<br />

„Jetzt-ist-auch-alles-egal-Blick“ an. Es<br />

sei denn, der erklärte Hass-Verein spielt<br />

und bekommt richtig was auf den Sack.<br />

Das könnte ein wenig den Schmerz<br />

lindern.<br />

Grundsätzlich angespannt ist die<br />

Situation, wenn Bayern gewonnen,<br />

Hertha unentschieden und der <strong>HSV</strong><br />

verloren hat. Dann heißt es: Vorsicht<br />

bei jedem Wort. Genau aufpassen, wann<br />

man was, über welches Spiel sagt. Am<br />

besten ist es sowieso, über etwas ganz,<br />

ganz anderes zu reden. Politik ist klasse!<br />

Da findet man schnell einen Bereich,<br />

über den man sich trefflich streiten<br />

und seinen Fußballfrust abbauen kann,<br />

ohne dass es die anderen merken.<br />

Äußerst kritisch sind Hertha-Ergebnisse.<br />

Besonders jene gegen Hamburg.<br />

Ich möchte an dieser Stelle darüber<br />

nicht berichten. Die Wunden sind<br />

noch zu frisch.<br />

Richtig gut hingegen sind Abende,<br />

wenn der <strong>HSV</strong> gewonnen hat. Meine<br />

Mutter pflegt einen Sieg unserer Mannschaft<br />

mit „Na, also! Es geht doch“ zu<br />

kommentieren, während mein Sohn<br />

entspannt und wissend in die Runde<br />

schaut und zum x-ten Mal erklärt „dass<br />

Hamburg im Grunde eine gute Mannschaft<br />

hat“. Ich ergehe mich entgegen<br />

meiner sonstigen Gewohnheit bei <strong>HSV</strong>-<br />

Siegen in Zweiwort-Sätzen. Je nach<br />

Gegner ist ein 3-Punkte-Gewinn entweder<br />

„Einfach cool“, „Absolut genial“,<br />

„Voll verdient“, „Na, endlich“ oder<br />

„ausgleichende Gerechtigkeit“.<br />

Perfekt wären unsere Samstage,<br />

wenn wir am Ende eines Spieltags<br />

wüssten, dass Bayern nicht wieder<br />

Meister wird, dafür aber die Champions<br />

League gewinnt (Wir können ja<br />

gönnen!). Hertha Vizekusen souverän<br />

mit 3:1 aus dem Olympia-Stadion gekegelt<br />

hätte und DFB-Pokal-Sieger<br />

wäre. Und schließlich der <strong>HSV</strong> lässig<br />

4:0 gegen Hoppelheim gewonnen hätte<br />

und drei Tage vor Saisonende als<br />

Deutscher Meister feststünde.<br />

Aber was ist im Leben schon perfekt<br />

Höchstens <strong>HSV</strong>-Fan zu sein.<br />

Persönlichkeitsrechte werden mit<br />

diesem Beitrag nicht verletzt, zumal<br />

es in der Realität oftmals noch viel<br />

schlimmer zugeht. Daher wurde der<br />

Text von den genannten Familienmitgliedern<br />

auch relativ schnell und entspannt<br />

zur Veröffentlichung freigegeben<br />

und von Elke Opitz im Beisein<br />

unseres Teddys geschrieben, der dem<br />

Ganzen nichts hinzufügen möchte,<br />

außer eines donnerndes:<br />

NUR DER <strong>HSV</strong>!<br />

28 Ansicht


Am Tag dies des HEIMSPIELS gleicht die Arena einem geschäfigen geschäfigen geschäfigen geschäfigen geschäfigen Bienenkorb.<br />

Die Fans kommen aus nah und fern angereist und suchen ihre Plätze auf, es lassen<br />

sich Freunde trefen trefen trefen trefen trefen und die Stadionshow oder das VOLKSPARKETT erleben.<br />

Während LOTTO für jeden gut sichtbar seinen Auftritt zelebriert, arbeitet der BE-<br />

HINDERTENBEAUFTRAGTE im Hintergrund. So mancher Besucher wird an<br />

diesem Tag mit großen Augen seine Stadionpremiere feiern, während andere vor lauter<br />

Gewöhnung das weite Rund wie ihr eigenes Wohnzimmer erleben. Ein ganz<br />

normaler Heimspieltag eben ...<br />

Heimspiel<br />

Foto: Melanie Freiesleben


EINSICHT<br />

Rad an Rad<br />

EIN HEIMSPIEL AUS DER SICHT EINES<br />

ROLLSTUHLFAHRERS<br />

Text: Lenhart Freiesleben<br />

Kim Daniel Zierold (27) ist<br />

voller Vorfreude und Hoffnung,<br />

dass es beim Heimspiel<br />

seines <strong>HSV</strong> zu drei<br />

Punkten reicht.<br />

Tross aus Rosengarten in Bewegung,<br />

um gut eine Stunde danach auf dem<br />

Parkplatz „orange“ einzutreffen. Dort<br />

stehen stets die gleichen Ordner wie<br />

bei jedem Heimspiel, man kennt sich<br />

schon.<br />

Foto: Melanie Freiesleben<br />

Der 1. Vorsitzende des „<strong>HSV</strong> Fanclub<br />

Emsen“ besucht nicht nur die Heimspiele,<br />

auch die Auswärtsspiele in Hannover<br />

und Bremen sind ein Muss. Seinen<br />

Fanclub hat er 2006 mit 8 Mitgliedern<br />

gegründet – inzwischen ist die Gruppe<br />

auf 43 Mitgliedern angewachsen. Neben<br />

den gemeinsamen Besuchen der Spiele<br />

im Volkspark ist der Fanclub auch bei<br />

regelmäßigen Treffen im Dorfgemeinschaftshaus<br />

aktiv. 2010 kam sogar Collin<br />

Benjamin zu Besuch. Ein Highlight für<br />

Kim!<br />

Kim ist mit Fandevotionalien und einer<br />

großen Schwenkfahne ausgerüstet und<br />

wartet auf die Abfahrt. Er wartet darauf,<br />

die Klapprampe hoch in den Mercedesbus<br />

geschoben zu werden. Aufgrund<br />

einer Muskelerkrankung sitzt Kim im<br />

Rollstuhl. Dieses Handicap hindert ihn<br />

weder daran, ein aktiver <strong>HSV</strong>-Fan zu<br />

sein, noch einen Abschluss in Wirtschaftsinformatik<br />

zu erlangen.<br />

Zwei Stunden vor Anpfiff setzt sich der<br />

Da der Parkplatz eine<br />

unbefestigte Wiese ist, gibt<br />

es zu dieser niederschlagsreichen<br />

Jahreszeit häufig<br />

Probleme, denn der Rollstuhl<br />

bleibt auf der aufgeweichten<br />

„Motocross-Strecke“<br />

gerne mal stecken.<br />

Nicht nur der Rollstuhl selbst, sondern<br />

auch der Transportbus sehen, zu Hause<br />

angekommen, dementsprechend dreckig<br />

aus.<br />

Der Süd-Ost-Eingang beim Familienblock<br />

ist für die Rollstuhlfahrer vorgesehen.<br />

Dort stehen freiwillige Helfer<br />

bereit und schieben die Handrollstühle<br />

den Anstieg hinauf. Es werden auch<br />

Personenkontrollen durchgeführt. Alles<br />

ist sehr eingespielt und läuft freundlich<br />

ab. Die Rollstuhlfahrer haben ihre Plätze<br />

im A-Rang auf Podesten direkt hinter<br />

der letzten Sitzreihe auf der Höhe von<br />

30


KIM ZIEROLD wird an diesem<br />

Heimspieltag von seinem Vater<br />

ins Stadion begleitet<br />

EINSICHT<br />

Block 10 bis 13, ihre Perspektive stellt<br />

das Cover unseres <strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong> dar.<br />

Die Platzsuche erfolgt<br />

nach dem Prinzip „first<br />

come, first serve“!<br />

Nicht nur bei Topspielen herrscht reges<br />

Gedränge, und die Rollstühle müssen<br />

Rad an Rad stehen. Die Begleitpersonen<br />

können sich daher nur noch hinter die<br />

Rollstuhlfahrer stellen, was die Kommunikation<br />

erschwert.<br />

Die Getränke- und Essenstände lassen<br />

sich von den Podesten aus hervorragend<br />

erreichen, allerdings, aufgrund<br />

des Besucherstroms, nur während des<br />

Spiels. Möchte man als Rollstuhlfahrer<br />

in der Halbzeit auf eine der vier Behindertentoiletten,<br />

so bedeutet dies in der<br />

Regel, eine Wartezeit von 20 Minuten<br />

in Kauf nehmen zu müssen.<br />

Bei all dem, was gut läuft, gibt es allerdings<br />

eine Sache, die die Rollstuhlfahrer<br />

und ihre Begleitpersonen auf eine<br />

äußerst harte Probe stellt: die Podeste<br />

stehen direkt im Windkanal zwischen<br />

Eingangsbereich Süd-Ost und Innenbereich<br />

Stadion.<br />

Dort zieht es unablässig<br />

und im Winter ist die<br />

eisige Zugluft absolut<br />

unangenehm bis gesundheitsgefährdend.<br />

Auch Sitznachbarn in der Reihe vor den<br />

Rollstuhlfahrern bestätigen die Unannehmlichkeiten<br />

mit der Zugluft. Das<br />

Problem wurde dem <strong>HSV</strong> schon mehrfach<br />

mitgeteilt. Die Lösung liegt auf<br />

der Hand: ein Windschutz für die Podeste<br />

muss her! Getan hat sich bis heute<br />

leider nichts! Kim wird in der Sache<br />

hartnäckig bleiben! Und wir möchten<br />

ihn gerne dabei unterstützen!<br />

Foto: Melanie Freiesleben<br />

31


Fotos: Melanie Freiesleben<br />

Heimspiel für Kim<br />

01.11.14 - Kim ist in Begleitung<br />

seines Vaters und einigen Fan-<br />

Club Mitgliedern vom OFC<br />

Emsen beim Spiel gegen Bayer<br />

04 Leverkusen.<br />

<strong>HSV</strong> – LEV 1 : 0 !!! Dieses emotionalisierende<br />

Match wird wohl<br />

niemand der Anwesenden<br />

vergessen!<br />

32


EINSICHT Rubrik<br />

FANBETREUUNG<br />

fur Menschen mit<br />

Behinderung<br />

beim <strong>HSV</strong><br />

Seit dem 01.10.2014 gibt es beim Hamburger SV<br />

die Teilzeitstelle des „Beauftragten für Menschen<br />

mit Behinderung“, die im Bereich der Fanbetreuung<br />

angesiedelt ist. Fanbetreuung für Menschen<br />

mit Behinderung beim Hamburger SV<br />

CORNELIUS GÖBEL<br />

Text: Cornelius Göbel<br />

Dabei sind ehrenamtlich weiterhin unterstützend<br />

tätig, Holger Jegminat und<br />

Björn Stenner.<br />

Es gibt eine feste Sprechstunde, mittwochs<br />

von 15.00 bis 18.00 Uhr, in der<br />

Geschäftsstelle-Nord im Büro der Fanbetreuung<br />

im Stadion, zu erreichen<br />

über den Eingang bzw. die Rampe<br />

Nordwest. Darüber hinaus gibt es auch<br />

bei Heimspielen die Möglichkeit, in<br />

Kontakt zu treten und Anliegen oder<br />

Wünsche zu formulieren.<br />

Der „Ständige Arbeitskreis Fandialog“<br />

(SAF) ist fester Bestandteil des Tätigkeitsfeldes<br />

des Beauftragten. In diesem<br />

Arbeitskreis können die Anliegen von<br />

Menschen mit Behinderung im übergreifenden<br />

Rahmen vertreten werden.<br />

Hier besteht die Möglichkeit für gewählte<br />

Fanvertreter, Interessen von Fans<br />

im Dialog mit der Vereinsführung und<br />

Verantwortlichen der einzelnen Bereiche<br />

im <strong>HSV</strong> zu vertreten, ihre Positionen<br />

zu fan-relevanten Themen und Entwicklungen<br />

einzubringen und zu diskutieren.<br />

Die Sitzungen finden alle 4-6 Wochen<br />

im Stadion statt.<br />

Bald wird es auch einen Arbeitskreis<br />

für Menschen mit Behinderung geben.<br />

Ziel ist es, einen regelmäßigen Austausch<br />

zu ermöglichen und über primäre<br />

Themen wie Barrierefreiheit, Inklusion,<br />

Probleme innerhalb und<br />

außerhalb des Stadions, aber auch über<br />

Dinge, die gut gelingen zu sprechen<br />

und auch Begegnungen zu fördern.<br />

Wichtig ist es, ein Forum zu ermöglichen,<br />

in dem konstruktiv, proaktiv und<br />

gleichberechtigt an Themen gearbeitet<br />

wird und Anliegen gleichermaßen<br />

ernstgenommen werden.<br />

In Zukunft soll auch das Angebot der<br />

Faninformation ausgeweitet werden<br />

und wichtige Informationen zum Thema<br />

Barrierefreiheit beinhalten. Zum<br />

jetzigen Zeitpunkt ist es schwierig, eine<br />

34 6<br />

Fotos: Witters, <strong>HSV</strong>


einsicht<br />

genaue Tätigkeitsbeschreibung meiner<br />

Arbeit beim <strong>HSV</strong> abzugeben. Das Thema<br />

Barrierefreiheit und Inklusion ist<br />

ein sehr komplexes und umfangreiches<br />

Thema, das nicht nur in der Ausstattung<br />

des Stadions sichtbar wird, sondern vor<br />

allem mit Barrieren und Vorurteilen im<br />

Kopf zu tun hat. Dabei geht es sicherlich<br />

auch darum, den Verein insgesamt für<br />

die Belange von Menschen mit Behinderung<br />

weiter zu sensibilisieren.<br />

Insgesamt nimmt das Thema Inklusion<br />

seit meiner Einstellung konkretere Formen<br />

an bzw. ermöglicht mir einen gezielten<br />

und kritischen Blick auf die<br />

verschiedenen Bereiche in und um das<br />

Stadion.<br />

Angebote, wie beispielweise der<br />

Live-Kommentar der Heimspiele für<br />

Menschen mit einer Sehbehinderung,<br />

sollten im Zuge einer gelungenen Inklusion<br />

noch mehr in den Fokus treten<br />

und gestärkt werden.<br />

Das gemeinsame Ziel, Voraussetzungen<br />

zu schaffen, dass noch mehr Fans mit<br />

Behinderungen die besondere Atmosphäre<br />

des Fußballs im Stadion erleben<br />

können, ist für den Bereich der Behindertenbetreuung<br />

sicherlich die Hauptaufgabe<br />

der nächsten Zeit.<br />

Inklusion bedeutet, dass allen Menschen<br />

von Anfang an, in allen gesellschaftlichen<br />

Bereichen, eine selbstbestimmte,<br />

gleichberechtigte und<br />

wachsende Teilhabe möglich ist. Diese<br />

Definition liefert die UN-Behindertenrechtskonvention,<br />

die 2009 in Kraft<br />

getreten ist.<br />

Die bisherigen Begegnungen in und<br />

um das Stadion, die vielen Gespräche,<br />

die ich bisher geführt habe, stimmen<br />

mich insgesamt sehr optimistisch, dass<br />

wir auf einem guten Weg sind, viele<br />

Dinge einer gelungenen Inklusion umzusetzen.<br />

Jeder Einzelne hat hierbei die<br />

Chance, seinen Teil zu einem offenen<br />

Miteinander und nachhaltigen Begegnungen<br />

beizutragen.<br />

Es ist normal,<br />

verschieden zu sein.<br />

Ich freue mich auf die weitere Arbeit!<br />

<strong>HSV</strong>-BEAUFTRAGTER FÜR<br />

MENSCHEN MIT BEHINDERUNG:<br />

Cornelius Göbel<br />

Tel.: +49 (0)40 / 4155-1530 (Mi 15 -18 Uhr)<br />

Mobil: +49 160 7869406<br />

Fax: +49 (0)40 / 4155-1510<br />

E-Mail: Cornelius.Goebel@hsv.de<br />

Internet: www.hsv.de/fans<br />

EHRENAMTLICHE UNTERSTÜTZUNG:<br />

Holger Jegminat und Björn Stenner<br />

Fotos: Melanie Freiesleben<br />

35


<strong>HSV</strong>-VOLKSPARKETT<br />

Das „Volksparkett“ ist ein öffentliches Forum von und für Fans und <strong>HSV</strong>-<br />

Mitglieder und bietet für alle früh angereisten Fans eine unterhaltsame,<br />

abwechslungsreiche und informaive Alternaive zur Stadionshow.<br />

36 einsicht


einsicht<br />

Die offene Bühne rund um den <strong>HSV</strong>,<br />

seine Mitglieder und Fans<br />

Text: Claudia Dreissigacker und Morten Armbrecht<br />

Fotos: Sigrid Haake und Mathias Helbing<br />

Gewachsen ist das Volksparkett<br />

aus der Nachbereitung<br />

des erfolgreichen<br />

Theaterstücks<br />

„Hinter Euren Zäunen“,<br />

welches im September 2005 im Thalia<br />

Theater in der Gaußstraße Premiere<br />

feierte und insgesamt elfmal<br />

aufgeführt wurde. Der Regisseur und<br />

Kulturschaffende Martin Kreidt gab<br />

den Anstoß, diese enorme Energie<br />

und Leidenschaft von Fußballfans<br />

weiter zu fördern und zu nutzen. Als<br />

Vorbild diente das Speakers Corner<br />

im Hyde Park in London. 2007 wurde<br />

eine offene Bühne von Fans für<br />

Fans unter dem Titel „Volksparkett“<br />

mit Unterstützung des Fanprojekts,<br />

des Supporters Clubs und einigen<br />

ehrenamtlichen Fußballfans ins Leben<br />

gerufen.<br />

Bis zur heutigen Form des Volksparketts,<br />

bei der zwei wechselnde<br />

Moderatoren aus der aktiven Fanszene<br />

durch das kompakte 60-minütige<br />

Programm vor den Heimspielen führen,<br />

wurden viele Versuche gestartet,<br />

und Erfahrungen gesammelt. Anfangs<br />

hatte eine Volksparkett-Ausgabe<br />

drei „Akte“. Vor dem Spiel, in der<br />

Pause und nach dem Spiel ging es<br />

mit unterschiedlichsten Themen und<br />

Inhalten immer darum, jeden einzubeziehen.<br />

Interaktivität mit den Zuschauern<br />

war immer ein großes Ziel.<br />

Nach über 100 Ausgaben ist es<br />

schwer, einzelne Highlights hervorzuheben,<br />

jeder Gast ist besonders und<br />

oft waren es die, von denen man es<br />

im Vorfeld nicht vermutet hätte.<br />

Gäste waren Vorstandsmitglieder,<br />

Aufsichtsräte, aktuelle und ehemalige<br />

Spieler, Spielerfrauen, <strong>HSV</strong>-Abteilungen,<br />

Fanclubs, Fans, Mitarbeiter<br />

des <strong>HSV</strong>, Vertreter der Gästeclubs,<br />

Medienvertreter, das <strong>HSV</strong>-Museum<br />

und viele andere mehr, mit und ohne<br />

<strong>HSV</strong>-Bezug. Aber auch Künstler und<br />

Prominente sind auf der Bühne des<br />

„Volksparkett“ willkommen: Opernsänger,<br />

Musiker und Schauspieler.<br />

Übrigens treten alle Gäste des „Volksparkett“<br />

kostenlos auf.<br />

Musikalisch war nahezu alles zu<br />

Gast, was in der <strong>HSV</strong>-Musikszene<br />

Rang und Namen hat: Von A wie Abschlach!<br />

und Altmann, über Buddy<br />

Ogün, Elvis, Fred Timm, Hummel<br />

& Mors, die Maggers United<br />

bis hin zu Nothahn, um nur wenige<br />

aufzuzählen. Hier haben wir noch<br />

einige Überraschungen für die nächsten<br />

Ausgaben geplant.<br />

Bei den Gästen der Gastvereine<br />

hat zweifelsfrei der Besuch<br />

von Uli Hoeneß den bleibendsten<br />

Eindruck hinterlassen. Nicht<br />

nur wegen seines offenen und<br />

unterhaltsamen Auftritts, sondern<br />

auch wegen des ungewohnten<br />

Medieninteresses,<br />

welches uns an der Bühne im<br />

wahrsten Sinne des Wortes<br />

„überrollt“ hat.<br />

Bei jeder Ausgabe fieberhaft vom<br />

Publikum erwartet wird der Besuch<br />

eines Spielers aus dem aktuellen Kader.<br />

Hier wird dann über WGs in der<br />

Hafencity, Zuckerwattemaschinen,<br />

die größten Autoprolls im Team und<br />

streng geheime und idyllische Ausflugsziele<br />

im Osten Hamburgs mit<br />

„F wie Fogel“ (gemeint war Volksdorf)<br />

geplaudert und den Spielern werden<br />

diverse Geheimnisse und Insider-Tipps<br />

entlockt.<br />

Immer wieder sehr spannend sind<br />

Besuche von Mitgliedern des Aufsichtsrats<br />

oder Vorstands, die auf<br />

direktem Wege, ohne Umweg durch<br />

die Presse-Schreibmaschinen, ihre<br />

Sicht auf aktuelle Geschehnisse schildern<br />

und auch einen Blick in die<br />

Zukunft werfen.<br />

Weitere Highlights, nur aus den<br />

letzten 2 Jahren, waren der große<br />

Stadionwurst-Test mit Steffen<br />

Henssler, die Jungs von der <strong>HSV</strong>-Cricket-Abteilung,<br />

Peter Carstens vom<br />

NDR-Sportclub, dem WIR mal die<br />

Fragen gestellt haben, die <strong>HSV</strong>-Baseballer,<br />

Kalle Schwensen, ein<br />

sehr sympathischer Auftritt von Fabio<br />

Morena, sowie viele Gäste-Gäste<br />

wie zum Beispiel Hans-Joachim<br />

Watzke, Rüdiger Vollborn oder<br />

auch Andreas Rettig. Und nicht zu<br />

vergessen sind die Kollegen vom<br />

<strong>HSV</strong>-Museum, die uns immer wieder<br />

mit neuen Geschichten aus der Vergangenheit<br />

überraschen.<br />

Inwieweit die Ausgliederung das<br />

Volksparkett beeinflusst, lässt sich<br />

noch nicht absehen. Es haben sich<br />

zwar einige Zuständigkeiten und Ansprechpartner<br />

innerhalb des Vereins<br />

bzw. der AG geändert, jedoch erfahren<br />

wir sowohl von der <strong>HSV</strong>-Fanbetreuung,<br />

die ja mit Joachim Ranau und<br />

Thorsten Eikmeier aus zwei guten<br />

alten Bekannten des Volksparketts<br />

besteht, als auch von anderen Abteilungen<br />

in der neuen AG viel Unterstützung.<br />

Diese benötigen wir, und<br />

hierfür sind wir auch sehr dankbar,<br />

da gerade die Kontakte zu den Führungsetagen<br />

bei den Gastvereinen oft<br />

einfacher herzustellen sind, wenn die<br />

Anfrage direkt aus der Geschäftsstelle<br />

kommt. Ohne solche Unterstützung<br />

aus dem Verein wäre es sicher bedeutend<br />

schwerer, wenn nicht sogar unmöglich<br />

gewesen, einen Uli Hoeneß<br />

oder einen Hans-Joachim Watzke für<br />

einen Auftritt bei uns zu begeistern.<br />

99 Volksparkett-Ausgaben im e.V. waren<br />

von viel Engagement, Leidenschaft<br />

und ehrenamtlichen Mitarbeitern<br />

Das Volksparkett findet auf<br />

einer Bühne im Umlauf der Imtech<br />

Arena direkt über dem <strong>HSV</strong>-Museum<br />

zwischen den Ständen des Fanprojektes<br />

und des Supportes Clubs statt.<br />

getragen, sodass wir - mit einem<br />

leicht veränderten Team - mit der<br />

100. Ausgabe hochmotiviert zum ersten<br />

Heimspiel unter der neuen Struktur<br />

gestartet und sicher sind, den<br />

Fans weiterhin ehrenamtlich und<br />

nicht kommerziell interessante Gäste<br />

auf der Volksparkett-Bühne präsentieren<br />

zu können.<br />

Auf der Facebook-Seite <strong>HSV</strong>-Volksparkett<br />

gibt es das aktuelle Programm,<br />

Berichte und jede Menge Fotos. Dort<br />

könnt ihr auch jederzeit mit uns in<br />

Kontakt treten. Habt ihr Wünsche,<br />

wen ihr schon immer mal als Gast<br />

auf der Volksparkett-Bühne sehen<br />

wolltet Dann schreibt uns oder<br />

sprecht uns direkt an!<br />

Wir freuen uns auf euren Besuch<br />

beim Volksparkett!<br />

KIEZ- und Mannschaftsgrößen<br />

auf dem Parkett: Kalle<br />

Schwensen, Jaro Drobny<br />

37


Foto: Witters<br />

Interviewer: Ansgar Tasche & Jens Kochte<br />

Wie könnte ein <strong>HSV</strong><strong>SCHNACK</strong> mit dem Thema ‚Heimspiel‘<br />

komplett sein, wenn die Stadionshow dort keinen Platz finden<br />

würde Wir bekamen die Gelegenheit, am Tag des Nordklassikers<br />

auf der Geschäftsstelle in der Osttribüne das Moderatorenduo<br />

Lotto King Karl und Dirk Böge zu sprechen, die in dieser<br />

Zusammensetzung die Show seit 2008 auf den Rasen bringen.<br />

38 EINsicht


Der <strong>SCHNACK</strong>-Leser weiß ja durchaus,<br />

dass wir diese Treffen eher als<br />

„Gespräch“, denn als „Interview“<br />

verstehen, ganz einfach, da wir nicht<br />

von uns behaupten können, Journalisten<br />

zu sein. Nun können solche<br />

Gespräche natürlich derart langweilig<br />

sein, dass diese nachbereitet, geglättet<br />

und in den Formulierungen<br />

feingefeilt werden. Wir haben uns in<br />

diesem Fall dazu entschlossen, das<br />

Gespräch fast 1:1 wiederzugeben, um<br />

Euch so nicht nur die Inhalte, sondern<br />

auch die Atmosphäre ein bisschen<br />

rüber zu bringen.<br />

Die Zeit war knapp, und so konnten<br />

wir natürlich nicht alle Punkte im<br />

Detail nachfragen und vertiefen, wie<br />

sich das mancher Leser womöglich<br />

wünschen würde. Wir haben uns auf<br />

die wesentlichen Fragen unserer ‚Arbeitsliste‘<br />

beschränkt und denken,<br />

damit die Dinge aufgenommen zu<br />

haben, die auch den Großteil von<br />

Euch interessieren.<br />

Die Geschäftsstelle füllt sich zu dieser<br />

Zeit gegen 13:00 Uhr mit Mitarbeitern<br />

und externen Gästen. Die<br />

Atmosphäre ist noch nicht hektisch,<br />

aber man kann die herrschende Anspannung<br />

vor diesem wichtigen Spiel<br />

doch in allen Gesichtern ablesen und<br />

spüren.<br />

≈<br />

Ansgar: Welchen Einfluss habt Ihr<br />

auf die Show Mit welchem Team/<br />

Entscheidern wird Eure Show abgestimmt<br />

Macht Ihr das alles selbst<br />

oder habt Ihr Mitspracherecht<br />

Lotto: Wir haben ein bisschen Mitspracherecht.<br />

So würde ich es nennen,<br />

oder<br />

Dirk: Also erstmal sind so ziemlich alle<br />

Gewerke da mit dran. Da haben wir<br />

zum einen natürlich den <strong>HSV</strong>, da haben<br />

wir AVT, die die Regie im Stadion machen.<br />

Dann haben wir natürlich die<br />

Kameraleute dabei. Technik-Bernie<br />

sitzt da unten mit dran und natürlich<br />

der NDR. Und wir alle sitzen vorher<br />

gegen 13:00 Uhr in der Regiebesprechung<br />

zusammen, gehen das auf die<br />

Minute durch und kriegen die einzelnen<br />

Infos noch, die wir brauchen. Und<br />

natürlich im Vorhinein, wir machen<br />

das ja schon etwas länger, werden wir<br />

nicht müde, auch mal zu sagen … „Leute,<br />

wenn was ist, fragt uns vorher, weil<br />

wir machen‘s schon etwas länger.“ Aber<br />

wir kommen da mit allen Leuten sehr<br />

gut zurecht.<br />

Foto: Witters<br />

Jens: Und wer ist konzeptionell / redaktionell<br />

Euer Boss Wie seid Ihr<br />

da organisatorisch aufgestellt<br />

Lotto: Na ja, letztendlich ist ja der <strong>HSV</strong><br />

hier der Hausherr, aber unser Arbeitgeber<br />

ist die NDR-Media. Dirk versucht<br />

seit Jahren, die Nacktmoderation für<br />

sich selbst durchzusetzen. Hat aber<br />

noch nicht funktioniert. Ich würde es<br />

gerne sehen, aber ich würde auf keinen<br />

Fall mitmachen. Ich hab‘ das hinter<br />

mir. Nackt im Fußballstadion. Da hat<br />

RTL einfach mehr gezahlt. Das ist einfach<br />

so.<br />

Ansgar: Die Musik, „Hamburg, Meine<br />

Perle“ beispielsweise. Ist da mal was<br />

Neues geplant Eine neue Version,<br />

neuer/anderer Text<br />

Lotto: Nein, also da müsstest du ja bzw.<br />

das ist ja so ähnlich, wie „Wer wird<br />

Deutscher Meister <strong>HSV</strong>“, eine neue<br />

Mannschaft aufstellen. Das kannst du<br />

ja dann auch jedes halbe Jahr neu machen.<br />

Jens: Du hörst unterschiedliche Strömungen,<br />

dass auch Leute sagen: „Wir<br />

wollen vielleicht auch mehr Pro-<strong>HSV</strong><br />

haben.“ So nach dem Motto: “Es könnte<br />

sich um die Gegner drehen, aber<br />

auch um die Frage, will ich lieber ein<br />

Pro-<strong>HSV</strong>-Lied“. Das sind Dinge, die<br />

Du immer mal wieder in Gesprächen<br />

mitnimmst.<br />

Lotto: Ja, klar. Aber das war ja auch<br />

dafür jetzt nicht geplant. Das hat sich<br />

ja so ergeben, dass es sich so etabliert<br />

hat. Es gibt ja die München-Version,<br />

wo wir immer bei Bayern was machen.<br />

Aus der sportlichen Situation<br />

heraus fanden wir das jetzt auch die<br />

letzten Male ein bisschen albern …<br />

Jens: Unpassend …<br />

Lotto: Ja, wenn du da mit 2:9 abgefiedelt<br />

wirst, dann gehst du nicht im<br />

Pokal nachher hin und machst die<br />

Bayern nass. Da muss ich mich ein<br />

bisschen zurückhalten. Im Grunde<br />

genommen … Der Song ist, wie er ist.<br />

Dirk: Und vor allem ist der Song ein<br />

Stück weit ja auch das emotionale<br />

Herzstück der Show. Und da ist keiner,<br />

der schlau ist, der sagt, wir wollen<br />

uns jetzt da ein bisschen anpassen.<br />

Das ist eine Konstante, die da<br />

hingehört und die auch so bleiben<br />

soll.<br />

Lotto: Ein Fixpunkt, der da sitzt.<br />

~<br />

Jens: Wie steht Ihr zur Frage<br />

„Gästehymne“ Spielen Ja/Nein<br />

Habt Ihr da Tendenzen<br />

Lotto: Also weißt du, wenn das funktioniert,<br />

dann ist das gut. Aber das<br />

dauert auch eine Zeit, bis sich sowas<br />

etabliert. Bei einigen Vereinen hat<br />

man das immer gemacht, wenn man<br />

das bei St. Pauli sieht, die haben das<br />

in der 3. oder 4. Liga mal gemacht.<br />

Dann ist es auch ein bisschen einfacher,<br />

es sind nicht so viele Leute da.<br />

Wir haben eine besondere Situation,<br />

weil wir immer 1. Bundesliga waren.<br />

Wir haben einen sehr hohen Zuschauerschnitt.<br />

Das vergessen auch viele Leute, die<br />

immer sagen, die Hamburger sind<br />

zurückhaltend. Hier sind auch 51.000<br />

Leute bei Platz 18 und unabhängig<br />

vom Derby, unabhängig von Bayern<br />

und so weiter.<br />

Das ist ein Mehrheitsentscheid und<br />

wenn das nicht wirklich funktioniert,<br />

dann … ich find’s ein bisschen schade,<br />

aber ich finde es auch o.k. Am<br />

Ende des Tages ist auch der gegnerische<br />

Fan in einem gegnerischen Stadion<br />

gerne der Gegner und nicht<br />

immer zwingend … man muss sich<br />

ja nicht nur noch in den Armen liegen.<br />

Dass man da in gewisser Weise<br />

de-eskalierend wirken kann, das<br />

stimmt schon. Nur wenn sich darüber<br />

mehr Leute aufregen, als Leute das<br />

o.k. finden, dann ist das so.<br />

~<br />

Jens: Fahrt ihr auch manchmal auswärts<br />

und nehmt die Gästerolle dann<br />

ein<br />

Lotto/Dirk: Ja, klar.<br />

39 EINsicht


Foto: Witters<br />

Ansgar: In Wolfsburg wurde unsere<br />

Hymne vor 2 Wochen ja auch gespielt.<br />

Lotto: (lachend) Ja, ja, das ist ja auch<br />

neutraler Grund, die sind ja froh,<br />

wenn sie was zu feiern haben.<br />

Dirk: Der Verein hat ja auch eine<br />

Anfrage auf der Homepage dazu gestellt.<br />

Und es gab eine große Abstimmung,<br />

die endete ungefähr 50/50.<br />

Und ich glaube auch gerade das, was<br />

Lotto sagte: 1. Bundesliga, du hast so<br />

viele Leute, und du hast auch so viele<br />

Emotionen da drin. Und einige<br />

Leute piekt das echt an, wenn sie das<br />

hören.<br />

Lotto: Ja, und man darf einfach nicht<br />

vergessen, das sind eben auch so viele<br />

Leute hier. Also so ab 1.000 Leuten<br />

aufwärts, da kannst du dir auch keine<br />

Gesichtskontrolle mehr erlauben.<br />

Da sind 1.000 Leute mit den unterschiedlichsten<br />

Einstellungen zu den<br />

unterschiedlichsten Sachen.<br />

Und bei einer fifty-fifty-Abstimmung<br />

musst du damit leben, dass hier im<br />

Schnitt 25.000 Leute dann eher genervt<br />

sind. Und damit tust du auch<br />

den Gästen keinen Gefallen. Wenn<br />

das jetzt 80/20 wäre, dann könnte<br />

man sagen, dann gewöhnt sich der<br />

Rest vielleicht auch noch dran. Aber<br />

das muss man so akzeptieren. Dafür<br />

sind Abstimmungen da.<br />

Jens: Ich fand es jedenfalls gut, es mal<br />

als Meinungsbild einzuholen.<br />

Lotto: Ja, man kann es ja in ein paar<br />

Jahren mal wieder einholen, das ist o.k.<br />

~<br />

Ansgar: Kriegt ihr von der Mannschaft<br />

mal Musikwünsche/Feedback<br />

So nach dem Motto: „Das müsst ihr<br />

mal unbedingt zum Einlauf spielen.“<br />

Lotto: Nein. Also die Musik zum Einlauf<br />

ist auch wiederum Sache des<br />

DJ’s. Das ist jetzt nicht unser Ding.<br />

Wir sagen das nur an. Solange die<br />

nicht alle von mir gespielt sind, die<br />

Songs im Stadion, übernehme ich da<br />

keine Verantwortung.<br />

~<br />

Ansgar: Euer emotionalster Moment<br />

bei einem Spiel (ein Sieg außen vor)<br />

Macht das Kranfahren beispielsweise<br />

noch Spaß<br />

Lotto: Ja, natürlich, klar. Aber dabei<br />

geht es nicht um meine Emotionen,<br />

sondern da geht’s um die Emotionen<br />

im Stadion. Also ich mach‘ da einen<br />

Job. Das ist ganz wichtig. Ich muss<br />

mich darauf konzentrieren, dass ich<br />

das alles richtig mache.<br />

Jens: Das ist eine Frage, die ich hochspannend<br />

finde. Ihr seid im Spannungsfeld<br />

irgendwo zwischen Emotionalität<br />

und Job. Gibt es da Techniken,<br />

wie man das trennen kann<br />

Also ich als Fan gehe mit unterschiedlichen<br />

Gemütslagen ins Stadion und<br />

dementsprechend habe ich unterschiedliche<br />

Tage, mit denen man<br />

unterschiedlich umgeht. Wie macht<br />

ihr das Es ist ja sehr schwierig zu<br />

trennen.<br />

Lotto: Mach‘ ich genauso. Klar. Es ist<br />

erstmal unser Job, erstmal ein professionelles<br />

Level zu haben. Es will<br />

auch keiner wissen, ob Dirk oder ich<br />

schlecht drauf sind. Aber wir sind<br />

auch Fans. Unsere Aufgabe besteht<br />

auch ein bisschen darin, das zu vermitteln,<br />

aber eben auch zu moderieren<br />

… also wir müssen uns ein bisschen<br />

zusammenreißen.<br />

Ich weiß, dass einige unserer Kollegen<br />

das nicht tun und da jedes Jahr<br />

ordentlich Strafe zahlen. Das hat<br />

auch so einen gewissen Kultfaktor,<br />

aber … die verdienen dann auch mehr<br />

Geld, glaube ich dabei als wir.<br />

Jens: Norbert Dickel<br />

Lotto: Das hast du gesagt! Könnte sein.<br />

Ist ja bekannt, dass Nobbi da oft auch<br />

ein bisschen über die Stränge schlägt.<br />

Klar, da müssen wir mit leben. Aber<br />

du musst zum Beispiel sehen, gerade<br />

wenn wir da oben singen, haben wir<br />

natürlich ein Problem akustischer<br />

Art, weil die Schallgeschwindigkeit<br />

langsamer ist, als man denkt.<br />

Foto: Witters<br />

Jens: Ihr habt ja einen Monitor da<br />

oben<br />

Lotto: Nee, wir haben das im Ohr.<br />

Wir haben diese Funkstrecke und wir<br />

müssen uns darauf konzentrieren,<br />

wenn das Ding ausfällt, dass wir dann<br />

nicht geliefert sind. Eigentlich ist<br />

man geliefert, aber dann muss man<br />

es trotzdem hinkriegen. Das ist wichtiger,<br />

als dass wir große Emotionen<br />

von unserer Seite zeigen.<br />

Die Emotionen sind für die anderen<br />

Leute da. Wir freuen uns ja auch, das<br />

zu machen. Das ist eine tolle Sache,<br />

das zu machen, so ist das ja nicht.<br />

Aber es geht in dem Moment nicht<br />

so sehr um unsere Emotionen, sondern<br />

die gemeinsamen Emotionen<br />

von Allen.<br />

Natürlich pöbeln wir da auch an der<br />

Seitenlinie ein bisschen rum, aber<br />

wissen natürlich auch, gerade weil<br />

wir auch schon ein bisschen länger<br />

dabei sind, dass man uns auch im<br />

Fokus hat. Da hört schon der eine<br />

oder andere Linienrichter mal genauer<br />

hin, was man sagt, deswegen<br />

sollte man sich auch mal ein wenig<br />

zurückhalten. Was aber auch im Alter<br />

ein bisschen leichter fällt.<br />

40 EINsicht


Jens: Wem erzählst Du das...<br />

Dirk: Ist eine interessante Frage, weil<br />

sich das genau da abspielt. Das Spannungsfeld<br />

zwischen dem Job, und<br />

dass du als Fan dabei bist. Ich hatte<br />

das Problem damals, als wir in der<br />

Verlängerung waren gegen Werder<br />

Bremen im DFB-Pokal-Halbfinale.<br />

Da musste ich unten in die Katakomben<br />

rein. Trotzdem kann ja jederzeit<br />

einer kommen, und sagen: „Da ist<br />

was passiert, du musst jetzt so und<br />

so“ … und sofort muss das zurück auf<br />

diese professionelle Ebene. Von daher<br />

stimmt das schon … das ist ein Job,<br />

es ist der schönste Job der Welt. Aber<br />

es ist nach wie vor ein Job und da<br />

musst du jederzeit umschalten können<br />

… auf 100%.<br />

~<br />

Jens: Wie spürt Ihr eine Veränderung<br />

in der Kurve<br />

Lotto: Das spüren wir.<br />

Jens: Spürt Ihr sie jetzt mit Weggang<br />

CFHH oder des aktiven Parts von<br />

CFHH Nehmt ihr das auf dem Kran<br />

oder irgendwo atmosphärisch für<br />

Euch war<br />

Dirk: Also grundsätzlich, mit der Zeit,<br />

nimmt man ganz viel wahr. Du<br />

merkst sofort, wenn du früher nur<br />

irgendwie Publikum gehört hast.<br />

Dann merkst du jetzt, irgendwas ist<br />

anders. Du merkst an der Stimmung<br />

sofort, was passiert. Irgendwas ist<br />

anders.<br />

Natürlich hat sich die Stimmung jetzt<br />

auch ein bisschen verändert, so vom<br />

Ablauf her. Erst ruft der, dann ruft<br />

der. Wir haben jetzt gerade gesehen,<br />

letztes Mal gegen Leverkusen, auch<br />

die Lautstärke, die da war, dass es so<br />

Verschiebungen gibt, aber das ist ein<br />

Prozess. Dann kommen andere Gruppen,<br />

die dann rufen …<br />

Jens: Ich selbst nehme sie als situativer<br />

wahr, sag‘ ich mal. Dass es mehr<br />

am Spielgeschehen hängt. Aber das<br />

ist ja alles persönliche Geschmackssache<br />

und Empfindungssache. Insofern<br />

gibt es da ja kein „gut“ oder<br />

„schlecht“ in meinen Augen.<br />

Dirk: …was ja auch nicht unbedingt<br />

schlecht ist.<br />

Lotto: Ja, und wieder, wieder müssen<br />

wir sagen: Wir sind hier sehr verwöhnt<br />

vom Publikum. Wir haben viel<br />

Publikum, auch in schlechten Tagen.<br />

Damit haben wir auch eine höhere<br />

Grundlautstärke, als so mancher<br />

Kollege in anderen Stadien.<br />

~<br />

Ansgar: Abschließend Euer Tipp für<br />

heute Wir schauen dann noch mal,<br />

ob wir das veröffentlichen.<br />

Lotto: Wir nehmen alles, was über 1<br />

Punkt ist. Gerne. Nein, guck‘ mal. Wir<br />

sind die Mannschaft, die sich als<br />

letztes für die 1. Liga qualifiziert hat.<br />

Das vergessen immer viele. Und damit<br />

sind wir immer erstmal Außenseiter.<br />

Das ist einfach so. Das ist<br />

reine Tabellenarithmetik. Und das<br />

ist kein Spruch, dass wir alle bescheidener<br />

werden wollen. Das ist so, wir<br />

sind es auch.<br />

Wir freuen uns wirklich über die<br />

Punkte. Natürlich ist es ein Derby,<br />

im Vorfeld ist auch viel gefragt worden<br />

usw. Ich habe nicht so viel Energie<br />

für Häme, als wenn wir Platz 2<br />

oder 3 hätten. Da bleibe ich mal lieber<br />

konzentriert darauf. Scheißegal, wie<br />

wir die Punkte holen. Heute haben<br />

wir ein Spiel. Heute sollten wir versuchen,<br />

die 3 Punkte zu holen. So<br />

sehe ich das.<br />

Dirk: Vor allem: Für viele ist es das<br />

Spiel des Jahres. Das ist für uns nicht<br />

groß anders als für die Fans. Und wir<br />

wissen, dass die Mannschaft sich<br />

inzwischen gefestigt hat, besser spielt<br />

als letztes Jahr. Ich glaube, da geht<br />

einiges. Ich habe die letzten Male<br />

immer gemerkt, wenn ich getippt<br />

habe, ist das voll in die Hose gegangen.<br />

Ansgar: Habt ihr bis 15:30 Uhr jetzt<br />

nochmal Zeit, wo ihr durchatmen<br />

könnt Mal 5 Minuten …<br />

Lotto: Ja, wir gehen gleich kurz was<br />

essen. Aber das ist auch schnell. Du<br />

brauchst ein paar Kohlenhydrate, um<br />

draußen bei der Kälte … das ist ja<br />

auch 5-6 Stunden hier. Und nu geiht<br />

dat los!<br />

Vielen Dank …<br />

Beim ersten<br />

mal tut´s (fast)<br />

immer weh<br />

Gleich zu Beginn mal eine kurze Frage an jeden, der diesen Artikel liest:<br />

Erinnert Ihr euch noch an Eure erste große Liebe, und vor allem an die<br />

Beweggründe, warum es genau zu dem wurde, was es war oder vielleicht<br />

sogar noch ist Und wisst ihr noch wie es war, zum ersten Date mit der<br />

frisch Auserkorenen zu fahren<br />

So in etwa würde ich meine<br />

Gefühle bei meinem ersten<br />

Stadionbesuch beschreiben.<br />

OK, zugegeben, bei<br />

Papa an der Hand zum ersten<br />

Date zu gehen, klingt etwas ungewöhnlich,<br />

aber nun, irgendwie muss<br />

man ja irgendwann mal in den Ring<br />

geworfen werden.<br />

Bei mir sollte es nun der 10.06.1995<br />

sein. Die Jungs in der 4b hatten mir<br />

Autor: Max Ilse<br />

nämlich immer wieder von dieser etwas<br />

in die Jahre gekommenen Dame<br />

erzählt, die sie Woche für Woche entweder<br />

begeisterte, oder, und das war<br />

zum damaligen Zeitpunkt eher die<br />

Regel, bitter enttäuschte.<br />

Trotzdem wollte ich mein Glück<br />

versuchen, und was sollte mit Papa<br />

schon schief gehen, der hatte ja schließlich<br />

schon Mama erobert, und die ist,<br />

wie jeder 10 Jährige weiß, die Beste!<br />

Und so ging es los. Erstmal schick<br />

machen, das beste Hemd aus dem<br />

Schrank geholt (natürlich den Jungs<br />

beim wöchentlichen Kicken auf dem<br />

Bolzplatz bereits stolz vorgeführt),<br />

den Schal der Gentlemen umgelegt,<br />

und erstmal ab auf den Kindersitz<br />

auf die Rückbank.<br />

Während der etwa 30minütigen<br />

Fahrt träumte ich bereits von einer<br />

Traumhochzeit mit Glitzerkonfetti<br />

41 EINsicht


42 Einsicht<br />

und der wunderschönen Salatschale,<br />

die wir von unseren Verwandten zur<br />

Vermählung bekommen würden.<br />

Als wir nun bei ihr zu Hause ankamen,<br />

war ich zunächst einmal<br />

überwältigt. Ich hatte im Leben nicht<br />

damit gerechnet, dass Madame so<br />

viele Verehrer hatte. Und dann schien<br />

ihr das sogar noch bewusst zu sein,<br />

bei den ganzen Parkplätzen, die da<br />

so um ihr, gelinde gesagt, nicht gerade<br />

sehr ansehnliches Anwesen<br />

herum gepflastert waren.<br />

Egal, als gut erzogenem, jungem<br />

Bengel zählen für einen ja die inneren<br />

Werte. Also, raus aus dem Auto, nochmal<br />

geschaut, ob die Schuhe auch<br />

richtig zu sind und ab Richtung Eingangstür.<br />

Während unseres etwa<br />

20minütigen Marsches, berichtete<br />

mein Vater mir von so einigen Dingen,<br />

die für mich neu waren, die man<br />

als frisch gebackener Womanizer<br />

aber wissen sollte. So gab es unter<br />

den Verehrern diverse unterschiedliche<br />

Gruppen. Da waren die Männer<br />

mit ihren lustigen Westen, auf denen<br />

Sie sogar mit ganzem Stolz ihre Plätze<br />

im Haus der Angebeteten auf dem<br />

Rücken trugen.<br />

Soweit ich weiSS, war es<br />

der Westflügel, Zimmer E,<br />

dort wo die ganz treuen<br />

Verehrer untergebracht<br />

werden. Natürlich wollte<br />

ich ab diesem Zeitpunkt eigentlich<br />

viel lieber dort<br />

hin, als auf einen schnöden<br />

Hocker im Wohnzimmer,<br />

aber das, so wurde mir mitgeteilt,<br />

wäre das Verweilen<br />

dort, meinem Alter noch<br />

nicht angemessen.<br />

Des Weiteren gab es dort Männer<br />

mit Anzügen und sogar Krawatte, die<br />

wohl trotz Hochsommer Angst um<br />

ihre Kleidung hatten, und deshalb<br />

lieber ein Dach über dem Kopf haben<br />

wollten, anstatt im Garten im Freien<br />

zu sitzen. Zusammen mit diesen Männern<br />

wurden wir, so wie andere Familien<br />

auch, entweder im Nord- oder<br />

1:0 Tor durch<br />

Andre Breitenreiter<br />

(<strong>HSV</strong>)<br />

im Südflügel des Anwesens untergebracht.<br />

Und zu guter Letzt gab es da sogar<br />

noch Menschen, die extra aus einem<br />

ganz anderen Teil Deutschlands angereist<br />

waren, nur, um die Traumfrau<br />

bei einem entspannten und sonnigen<br />

Nachmittagsspaziergang begleiten<br />

zu dürfen. Zum damaligen Zeitpunkt<br />

dachte ich, dass diese jungen Männer<br />

aus den erst kürzlich hinzugekommenen<br />

Bundesländern stammen<br />

müssten, riefen sie doch die ganze<br />

Zeit “Eintracht, Eintracht”. – Leider<br />

konnten sich diese jungen Männer<br />

auch nicht benehmen und fingen an,<br />

vor dem Westflügel eine Reihe zu<br />

bilden und dann geschlossen in eine<br />

Gruppe von Männern aus Zimmer E<br />

zu rennen, die die Gefahr wohl gerochen<br />

hatten und sich entsprechend<br />

ebenfalls in einer Reihe aufgestellt<br />

hatten. Was diese Rempelei zu bedeuten<br />

hatte, war mir zu diesem<br />

Zeitpunkt nicht bewusst, wahrscheinlich<br />

hatte man sich nicht einigen<br />

können, wer denn jetzt zuerst mit<br />

der Angebeteten sprechen darf. In<br />

jedem Fall gewannen die junge Männer<br />

aus Zimmer E und die netten<br />

Männer von wo anders her, liefen so<br />

schnell es ging in Richtung ihres eigenen<br />

Zimmers, um ihre Audienz<br />

nicht zu verpassen.<br />

Zu meinem eigentlichen Treffen<br />

mit meiner großen Liebe kann ich<br />

leider nicht mehr so viel sagen.<br />

Zu stark waren die Eindrücke des<br />

gesamten Tages. Ich erinnere mich<br />

nur noch, dass es ein sehr erfolgreicher<br />

Tag war, und ich strahlend,<br />

wenn auch völlig KO, auf meinem<br />

Kindersitz, mit Papa nach Hause fuhr.<br />

Oh, und natürlich weiß ich noch, dass<br />

mein Objekt der Begierde an diesem<br />

Tag mit Adlern Ball spielte und dabei<br />

3:1 gewann. Nicht nur für mich war<br />

sie eine Königin, sondern schien sie<br />

auch einen eigenen Hofstaat zu haben.<br />

So spielten und trafen für sie<br />

der heutige FC Paderborn Trainer<br />

(man trifft sich eben immer zweimal<br />

in Leben), ich glaube ein Mann vom<br />

Bosporus (alle nannten ihn Ali, aber<br />

irgendwie sahen die roten Haare gar<br />

nicht so nach Mittelmeer aus) und<br />

ein Mann namens Michael Mason,<br />

der erst kurz zuvor gegen einen Mann<br />

namens Ivan eingesprungen war.<br />

Dazu hatte sie einen Mann im Team,<br />

der wenn immer er mal den Ball bekam,<br />

von allen anderen Menschen<br />

um mich herum mit „Lumpi, Lumpi“<br />

Rufen bedacht wurde.<br />

Retrospektiv betrachtet<br />

muss ich sagen, dass die<br />

Dame und ich mittlerweile<br />

diverse Hochs und Tiefs<br />

durchlaufen haben, und<br />

dass speziell die Periode<br />

zwischen 2000 und 2010 eine<br />

sehr schöne Zeit gewesen<br />

ist. Auch wenn sie manchmal<br />

bockig wie ein Terrierwelpe<br />

ist, so verzaubert<br />

ihre Aura mich noch immer.<br />

Denn so ist das nun<br />

mal in einer guten Ehe: In<br />

guten wie in schlechten<br />

Zeiten.<br />

Statistik<br />

Hamburger SV – Eintracht Frankfurt<br />

Bundesliga 1994/1995<br />

33. Spieltag<br />

10.06.1995, 15:30 Uhr<br />

10.06.1995, 15:30 Uhr<br />

18.636 Zuschauer<br />

Schiedsrichter: Rainer Werthmann (Bochum)<br />

1:0. 62. Min, AndrE Breitenreiter<br />

1:1, 68. Min, Michael Anicic<br />

2:1, 78. Min, Jorg Albertz<br />

3:1, 85. Min, Michael Mason<br />

Trainer Hamburg<br />

Benno Mohlmann<br />

Richard Golz, Stefan Schnoor<br />

Carsten Kober, Petar Hubtchev<br />

Harald Spörl, Jürgen Hartmann<br />

Jörg Albertz, Marco Weißhaupt<br />

Valdas Ivanauskas, Niclas Kindvall<br />

André Breitenreiter<br />

Trainer Frankfurt<br />

Charly Korbel<br />

Aufstellung<br />

Hamburg – Frankfurt<br />

Andreas Köpke, Thorsten Legat<br />

Dietmar Roth, Manfred Binz<br />

Uwe Bindewald, Slobodan Komljenovic<br />

Michael Anicic, Ralf Falkenmayer<br />

Mirko Dickhaut, Matthias Becker<br />

Ralf Weber<br />

Wechsel Wechsel<br />

Michael Mason für<br />

Valdas Ivanauskas (69.)<br />

Andreas Fischer für<br />

Marco Weißhaupt (77.)<br />

Jan Furtok für<br />

Dietmar Roth (82.)


einsicht<br />

MEINE<br />

<strong>HSV</strong>-GENESIS<br />

AM ANFANG<br />

WAR MICKY<br />

MAUS.<br />

von Michael Greve<br />

Ich wuchs in einem Trabantendorf<br />

im Einzugsgebiet der Städte Frankfurt<br />

und Wiesbaden auf, nachdem Vater<br />

mit der nun wirklich nur rhetorisch<br />

gemeinten Frage: „Warum soll ich in<br />

Kiel Mundharmonika spielen, wenn<br />

ich in Frankfurt Orgel spielen kann“<br />

seinen Transfer und den seiner Familie<br />

einfädelte. Das war 1970.<br />

1974 entdeckte ich Fußball. In einem<br />

Alter, in dem andere schon ihre Profikarriere<br />

planen und sich einen Manager<br />

nehmen, erfuhr ich, dass es<br />

Fußball gab. Eigentlich entdeckte ich<br />

auch nicht Fußball, sondern die Fußball-WM<br />

1974. Heute passiert das nur<br />

noch Mädchen, aber damals gab es<br />

nur von der Post geliehene Wählscheibentelefone<br />

mit Schnur und mein Vater<br />

berichtete begeistert von einer<br />

neuen Methode, Briefe elektronisch zu<br />

übermitteln. Ja, Kinder, das gute alte<br />

Fax war damals eine bahnbrechende<br />

Neuigkeit. Fußballertrikots waren aus<br />

reiner Baumwolle, Bälle schwarz-weiß<br />

und aus Leder und Fußballschuhe<br />

schwarz-weiß und aus Leder.<br />

Wie auch immer: Bis sich mir erschloss,<br />

dass es nicht nur Nationalmannschaften<br />

gab, sollte noch einige<br />

Zeit vergehen. Unser nicht sportaffiner<br />

Familienclan - statt Uwe Seeler<br />

hingen Goethe, Luther und Dürer-Stiche<br />

an den Wänden - verfolgte bei<br />

einem der seltener werdenden Besuchen<br />

in Kiel das WM-Finale vor Großmutters<br />

TV-Bildschirm. Ich war also<br />

ein hoffnungsloser Spätentwickler.<br />

Zum Glück ahnte ich das nicht. Nachbarjungs<br />

schleppten mich auf eines<br />

der schiefen, welligen, noch unbebauten<br />

Grundstücke am Waldrand,<br />

auf dem ich in Gummistiefeln erste<br />

Gehversuche, oder sollte ich sagen:<br />

„Sprungversuche“, als Torwart unternahm.<br />

Langsam braute sich das<br />

schwere Schicksal eines <strong>HSV</strong>-Fans<br />

über mir zusammen. Ich erfuhr von<br />

drei Nachbarbrüdern, dass es Vereine<br />

gab: Bayern München, Borussia Mönchengladbach,<br />

Schalke 04.<br />

Norddeutscher Dünkel hielt mich<br />

vom FC Bayern fern, auch von Borussia<br />

Mönchengladbach, das ich ursprünglich<br />

für einen Münchener<br />

Vorort hielt und diese Stadt, oder<br />

dieses Dorf „Schalke“, war in keinem<br />

43<br />

Foto: Witters


44 einsicht<br />

unserer Atlanten verzeichnet. Das<br />

konnte also nichts rechtes sein. Doch<br />

die drei Brüder erschlossen mir noch<br />

einen anderen subkulturellen Kosmos:<br />

den der Mickey Maus-Heft, deren<br />

Kauf verpönt war, da man aus ihnen<br />

kein Latein lernen konnte.<br />

Diese Hefte hatten Mitte der Siebziger<br />

auf einer Seite untertitelte Fotos aktueller<br />

Bundesligaspieler, mit einigen<br />

Daten und einer kurzen Sport-Biographie.<br />

So lernte ich auch Reiner<br />

Geye und Fortuna Düsseldorf kennen.<br />

Meine Fußballdeutschlandkarte bekam<br />

allmählich Konturen, trotz der<br />

nicht zu leugnenden weißen Flecken.<br />

Und dann kam mein persönliches<br />

Erweckungserlebnis, das mich für<br />

immer in den unerbittlichen Bann<br />

des Fußballs ziehen sollte. Auf dem<br />

Rasen vor unserem Haus stehend,<br />

blätterte ich durch eines der ergatterten<br />

Comic-Hefte und entdeckte<br />

meinen ersten <strong>HSV</strong>-Spieler. Ja, ich<br />

entdeckte, es gab einen Hamburger<br />

Sport-Verein. Ich war erschüttert. Das<br />

musste mein Verein sein: aus Hamburg<br />

wie mein Vater, Großvater und<br />

Urgroßvater.<br />

Der abgebildete Spieler hörte jedoch<br />

nicht auf urhamburgische Namen wie<br />

Uwe Seeler, Willi Schulz oder Charly<br />

Dörfel. Er war Torwart. „Ah, natürlich,<br />

Rudi Kargus.“ Nein. Er hörte auf einen<br />

fremd klingenden und mir völlig unerklärlichen<br />

Namen: Arkoc Özcan.<br />

Egal! Das war mein Mann! Das war<br />

mein Mann, in seinem schwarzen<br />

Trikot mit rotem Auslegekragen. Das<br />

war mein Vorbild! Von jetzt ab wollte<br />

ich sein wie Arkoc Özcan, und wie<br />

er das Tor des <strong>HSV</strong> hüten!<br />

Mögen andere Jungs ihr Erweckungserlebnis<br />

durch begeisternde Dribblings,<br />

Blutgrätschen vor der Torlinie,<br />

spektakuläre Tore und Paraden oder<br />

durch die leidenschaftlich leidende<br />

Atmosphäre inmitten von stöhnenden,<br />

fluchenden und jubelnden<br />

60.000 Zuschauern und Schlachtgesänge<br />

erfahren haben. Ich hatte nie<br />

zuvor ein Spiel im Stadion gesehen,<br />

geschweige denn eines des <strong>HSV</strong>.<br />

Bei mir war es das: Mickey Maus, Arkoc<br />

Özcan und ich. Auf dem Rasen. Vor<br />

unserem Haus. An einem Tag mit stechend<br />

heißer Sonne. Im Sommer 1975.<br />

Wie sich herausstellte, sollte ich Arkoc<br />

Özcan auch nie spielen sehen. Denn<br />

er war mittlerweile von Rudi Kargus<br />

verdrängt worden. Rudi Kargus, den<br />

der Nimbus des Elfmetertöters umstrahlte,<br />

weil er vor Urzeiten, nämlich<br />

18 Monate vor meiner Erweckung,<br />

gegen Borussia Mönchengladbach drei<br />

Elfmeter im winterlichen Volksparkstadion<br />

abgewehrt hatte. Ich wechselte<br />

zu Rudi Kargus und doch behielt<br />

der jetzige Ersatztorwart Arkoc Özcan<br />

einen Platz in meinem nunmehr blauweiß-schwarzen<br />

Herzen.<br />

Mein erstes Spiel war <strong>HSV</strong>–FC Schalke<br />

04 am 1. Spieltag 1975/6. Nicht im<br />

Stadion, sondern in der Sportschau<br />

um 17 Uhr 48. Es war eines der drei<br />

Spiele, die damals in der Sportschau<br />

gezeigt wurden. In bester Fußballdramaturgie<br />

gewann der <strong>HSV</strong> nach<br />

0:1 noch 4:1. Das Jubelbild von Manfred<br />

Kaltz, der nach seinem Tor zum<br />

3:1 mit hochgestrecktem rechtem Arm<br />

hinter dem Schalker Tor vorbeiläuft,<br />

war am Montag darauf im KICKER zu<br />

sehen und hat sich mir für alle Zeiten<br />

eingebrannt. Obwohl ich mich zwischenzeitlich<br />

dem örtlichen Fußballverein<br />

angeschlossen hatte, der, ich<br />

sage es ungern, in Grün-Weiß spielte<br />

und einen ähnlich stilisierten Buchstaben,<br />

wie die süddeutsche Konkurrenz<br />

aus Bremen im Wappen führte<br />

und ich im Rudi-Kargus-Trikot von<br />

Pfosten zu Pfosten hechtete, erholten<br />

sich meine schulischen Leistungen<br />

nicht, obwohl der <strong>HSV</strong> seine sportlich<br />

erfolgreichste Phase startete.<br />

Ich kam zur rechten Zeit zum rechten<br />

Verein. Der <strong>HSV</strong> eilte in Liga und Pokalwettbewerben<br />

von Sieg zu Sieg,<br />

von Erfolg zu Erfolg. Da war es wenig<br />

unpassend, dass meine schulischen<br />

Leistungen in den Keller gingen und<br />

ich jeden Vormittag im Abstiegskampf<br />

steckte.<br />

Versetzung nur knapp geschafft, weil<br />

ich im Latein-Unterricht zu oft ins<br />

grammatikalische Abseits lief Na<br />

und Der <strong>HSV</strong> wurde DFB-Pokalsieger<br />

1976 und ich bejubelte noch am Montag<br />

darauf den Sieg mit Kai, meinem<br />

einzigen Co-<strong>HSV</strong>-Fan an der Schule.<br />

Sitzenbleiben Na und Ein Europapokalsieg<br />

gegen den RSC Anderlecht<br />

stand dem entgegen. Es folgten lauter<br />

erste Male: mein erstes <strong>HSV</strong>-Auswärtsspiel,<br />

ein Sieg in der ersten Runde<br />

des DFB-Pokal, beim damals kleinen,<br />

aber erreichbaren FSV Mainz 05 am<br />

Bruchweg. Es war zugleich mein erster<br />

Ein-Mann-Platzsturm, denn in den<br />

verträumten Siebzigern, konnte ich<br />

mich durch die Gitter des Tribünenzauns<br />

zwängen und gelangte so in<br />

die Nähe der <strong>HSV</strong>-Trainerbank. Respektvoll<br />

begab ich mich mitten auf<br />

der Tartanbahn, unweit von Rudi<br />

Gutendorf und Dr. Peter Krohn, in<br />

den Schneidersitz. Es war zugleich<br />

eines der ersten Spiele von Kevin<br />

Keegan im <strong>HSV</strong>-Dress. Ich war also<br />

hautnah dabei, als die Zukunft geformt<br />

wurde, die den meisten heute<br />

als Tradition geläufig ist. Noch mehr<br />

gilt das für den 4. April 1979, als ich<br />

ein Mittwochabend-Spitzenspiel der<br />

Sonderklasse erleben durfte: <strong>HSV</strong><br />

gegen den Spitzenreiter 1. FC Kaiserslautern,<br />

der 3:0 geschlagen wurde<br />

und Kapitän Neues durch Platzverweis<br />

verlor.<br />

So oft ich es von Wiesbaden aus einrichten<br />

konnte, war ich im Volksparkstadion.<br />

Als Maskottchen für Auswärtsspiele<br />

im Rhein-Main-Gebiet<br />

taugte ich hingegen nicht. Entweder<br />

verlor der <strong>HSV</strong>, oder, ich geriet an<br />

Eintracht-Frankfurt-Hooligans. Diesen<br />

Fluch konnte ich zwischenzeitlich<br />

empirisch validieren: als ich im Frühjahr<br />

2000 im Frankfurter Waldstadion<br />

war, verlor der Champions League<br />

Aspirant <strong>HSV</strong>, nach dem Ausfall Cardosos,<br />

gegen die von Felix Magath<br />

trainierten und abstiegsbedrohten<br />

Frankfurter mit 0:3.<br />

Im September 2007 verlor der <strong>HSV</strong><br />

in meiner Anwesenheit in der Frankfurter<br />

Commerzbank-Arena 1:2. In all<br />

den Jahren dazwischen gab es fast<br />

ausnahmslos Siege für den <strong>HSV</strong>. Nein,<br />

als Auswärtsmaskottchen bin ich eine<br />

Fehlbesetzung und wäre ich am letzten<br />

Spieltag 1995/96 in Waldstadion<br />

gegangen, der <strong>HSV</strong> hätte die UE-<br />

FA-Cup-Qualifikation verpasst, die er<br />

sich durch meinen heroischen Verzicht<br />

und ein 4:1 zu sichern vermochte…<br />

Fotos: Witters & Privatarchiv


Einsicht<br />

Sebastian BAYER<br />

RautentrAger<br />

Mit Erfolg<br />

Man wird ja mitunter mal gefragt, wen man gerne<br />

mal kennenlernen würde. Als allgemein sportbegeisterter<br />

<strong>HSV</strong>-Liebhaber gehört Sebastian Bayer in meinem Fall natürlich<br />

dazu. Dem <strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong> sei Dank, hatte ich jetzt einen<br />

Vorwand, das Aushängeschild der <strong>HSV</strong>-<br />

Leichtathletik mal um ein Treffen zu bitten.<br />

Text: Sven Dabelstein<br />

Fotos: Privat, Witters<br />

So reihte ich<br />

mich am<br />

Sonntag<br />

beim „Fest<br />

der 1000<br />

Zwerge“ in die Schlange<br />

der Autogrammjäger ein<br />

und bat um ein Gespräch<br />

mit ihm. Schon am Montag<br />

konnte er mir für Dienstagabend<br />

einen Termin bestätigen.<br />

Stand man dann am Treffpunkt<br />

überraschend vor<br />

verschlossenen Türen, wich man<br />

kurzentschlossen auf eine andere Lokalität<br />

aus! Unkomplizierter geht´s<br />

nicht!<br />

Da saß er nun vor mir, der fünffache<br />

Deutsche Meister, der Hallen-Europameister,<br />

Hallen-Europa-Rekordhalter,<br />

Europameister und Olympiafünfter.<br />

Mit seiner offenen Art schaffte er<br />

es schnell, mir jegliche Scheu zu nehmen.<br />

Zügig kam auch ein offener Dialog<br />

zustande, bei dem Sebastian durch<br />

seine ehrlichen und ausführlichen Antworten<br />

mein mühsam erarbeitetes<br />

Konzept vollends durcheinander brachte.<br />

So wusste er bereitwillig Dinge zu<br />

berichten, bei denen ich im Vorwege<br />

davon ausging, es ihm wesentlich mühevoller<br />

aus der Nase ziehen zu müssen.<br />

So deckten mehrfach die Antworten<br />

auf eine Frage schon die eigentlich<br />

später vorgesehenen Fragen mit ab<br />

Sebastian Bayer<br />

als Leichtathlet<br />

So schilderte Sebastian mir seinen<br />

Weg zum Spitzenleichtathleten als einen<br />

nicht vorhergesehenen. Auch Sebastian<br />

spielte zunächst – wie sein Vater und<br />

viele seiner Freunde – Fußball.<br />

Nebenbei ging er zusätzlich zur<br />

Leichtathletik, wo er zunächst als Mehr-<br />

kämpfer startete. Bei jenen Mehrkämpfen<br />

stellte sich dann schnell heraus,<br />

dass die Leistungen im Weitsprung<br />

überdurchschnittlich waren, und so<br />

spezialisierte sich Sebastian darauf. In<br />

den Blickpunkt geriet Sebastian erstmals<br />

2003, als er überraschend als damals<br />

16-jähriger den Titel des Deutschen<br />

Juniorenmeisters errang.<br />

Die Wege zum<br />

Spitzenleichtathleten<br />

sind lang und muhsam!<br />

So berichtet Sebastian mir, dass -<br />

anders als beim Fußball - man bis zum<br />

18. Lebensjahr quasi auf sich alleine<br />

gestellt ist. Die Förderung beginnt erst<br />

dann zu greifen.<br />

Bis dahin gibt es kein professionelles<br />

Umfeld und Betreuerteam, das einen<br />

als Jugendlichen vor den Versuchungen<br />

des Alltages schützt. Gerade bei weni-<br />

45


ger populären Sportarten fehlt in der<br />

Jugendzeit von 15-17 Jahren dann oftmals<br />

das Verständnis bei Freunden,<br />

doch „nur“ wegen Weitsprungtraining<br />

ein Fest sausen zu lassen. Aber genau<br />

in diesem Alter beginnt die Phase, in<br />

der man die größte Entwicklung vollführt.<br />

Denn die höchste und entscheidende<br />

Hürde stellt der Sprung in den<br />

Herrenbereich dar, an der die meisten<br />

hochtalentierten Athleten scheitern<br />

Wie schnell läufst Du<br />

die 100m<br />

Vor Wettkämpfen finden solche Läufe<br />

nicht mehr statt, so dass eine wirklich<br />

gemessene Zeit aus dem Trainingslager<br />

irgendwann mal mit 10,70 Sekunden<br />

genommen wurde. Würde man die Geschwindigkeit<br />

des Anlaufes beim Wettkampf<br />

hochrechnen, wäre die Zeit wohl<br />

etwa 10,50 Sekunden auf 100m.<br />

Bei allen Deinen Erfolgen,<br />

welcheR war für Dich der<br />

GröSSte<br />

Grundsätzlich will ich keinen Erfolg<br />

missen! Aber sportlich der größte Erfolg<br />

war sicherlich der Hallen-Europameistertitel<br />

2009 mit dem Hallen-Europarekord.<br />

Ein perfekter Sprung, an den<br />

ich mich mein Leben lang zurück<br />

erinnern werde.<br />

Der fünfte Platz bei den Olympischen<br />

Spielen 2012 in London gehört<br />

ebenfalls dazu, zugleich war es aber<br />

auch vielleicht meine größte Enttäuschung.<br />

Es ist eine unheimlich beeindruckende<br />

und unvergessliche Erfahrung,<br />

die Spiele als Aktiver mit zu<br />

erleben und im Wettkampf um die<br />

Medaillen zu kämpfen. Enttäuschend<br />

war es dennoch deswegen, weil gerade<br />

mal zwei Zentimeter gefehlt haben, um<br />

am Ende auf das Treppchen zu steigen.<br />

Die EM in Zürich, sicherlich eine<br />

Enttäuschung. Kannst Du Dir<br />

mittlerweile erklären, was da<br />

passiert ist<br />

Das musste gar nicht großartig<br />

analysiert werden. Ich wusste sofort<br />

nach dem Wettkampf, woran es gemangelt<br />

hat, was falsch gelaufen ist. Ich<br />

bin jedoch nicht der Typ, Entschuldigungen<br />

zu suchen und diese dann<br />

vorzuschieben. Unter dem Strich<br />

bin ich verantwortlich, dass ich meine<br />

Leistung nicht abrufen konnte.<br />

Auf Deiner Internetseite steht,<br />

Du seist Personal Trainer!<br />

Kann man Dich buchen<br />

Ja, stimmt. Ich bin ausgebildeter<br />

Personal Trainer, aber aktuell nicht als<br />

solcher tätig. Es passt momentan einfach<br />

zeitlich nicht.<br />

Sportforderung & Leben<br />

eines Spitzenathleten<br />

Beim Thema Sportförderung offenbart<br />

Sebastian seinen aufrechten Charakter<br />

und erklärt die Schwierigkeit<br />

vieler Sportler, die als A-Kader-Athleten<br />

eine nur geringe monatliche Förderung<br />

erhalten.<br />

Er blüht regelrecht auf beim Gespräch<br />

über die Deutsche Sportlotterie,<br />

die Robert Harting ins Leben gerufen<br />

hat, um gerade den am Existenzminimum<br />

lebenden Spitzensportlern eine<br />

bessere finanzielle Unterstützung zukommen<br />

zu lassen. Die Bestrebungen<br />

Hartings finden bei Sebastian absolute<br />

Zustimmung!<br />

Er ist nicht der Typ, der klagt, insbesondere,<br />

da er sich seinen Sport<br />

selbst ausgesucht hat. Trotzdem erklärt<br />

er mir anschaulich, dass die Entlohnung<br />

für den Aufwand, der betrieben<br />

wird, manchmal stark unverhältnismäßig<br />

ist, vor allem im Vergleich mit anderen<br />

Profisportarten.<br />

Dankbar schiebt Sebastian nach,<br />

dass seine Sportler-Karriere ohne die<br />

Unterstützung seiner Eltern so nicht<br />

möglich gewesen wäre!<br />

Über etwaige PR-Aktionen hat Sebastian<br />

nie nachgedacht, denn auf<br />

Authentizität legt Sebastian großen<br />

Wert.<br />

Auf Nachfrage schildert Sebastian<br />

mir den beruflichen Alltag eines<br />

Sportsoldaten mit seinem Trainingsplan,<br />

den er einzureichen hat.<br />

Sebastian Bayer<br />

und der <strong>HSV</strong><br />

Sebastians<br />

Trainingsplan<br />

Grob beschrieben besteht<br />

dieser aus folgenden<br />

Einheiten:<br />

MoNTAG<br />

früh<br />

2 - 2 ½ h<br />

Krafttraining<br />

mittag<br />

2 h<br />

Explosivitätstraining<br />

Dienstag<br />

2 h<br />

Sprünge<br />

Mehrfachsprünge<br />

Mittwoch<br />

2 - 2 ½ h<br />

Läufe / Tempoläufe<br />

Ausdauerläufe<br />

SchnellkraftAusdauer<br />

Donnerstag<br />

2 - 2 ½ h<br />

Krafttraining<br />

Samstag<br />

2 h<br />

Sprints<br />

Sebastians Weg als geborener Aachener<br />

zum <strong>HSV</strong> ist weniger geheimnisvoll,<br />

als man es erwarten könnte. So<br />

offenbart Sebastian dem <strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>,<br />

dass seine damalige Partnerin eine<br />

Hamburgerin war, und er sich daher<br />

des Öfteren hier aufhielt. Oliver Voigt,<br />

der Leichtathletik- Abteilungsleiter,<br />

sprach ihn ganz einfach an, bemühte<br />

sich um ihn und erarbeitete ein Konzept,<br />

wie der Spitzensport im <strong>HSV</strong> besser<br />

aufgestellt werden könnte.<br />

Glücklicherweise überzeugte dieses<br />

Konzept den damaligen Vorstandsvorsitzenden<br />

Bernd Hoffmann, der seiner<br />

„Verpflichtung“ zustimmte. Seitdem<br />

geht Sebastian mit der Raute auf der<br />

Brust auf Titeljagd.<br />

Nach eigener Aussage liebt Sebastian<br />

es, mit der Raute aufzulaufen. Mit<br />

Schmunzeln unterstelle ich Ihm, dass<br />

er dies ja nun sagen müsse, doch mit<br />

Enthusiasmus in den Augen widerlegt<br />

er meinen Vorwurf. Ihm bedeute es eine<br />

Menge, mit einem Wappen aufzulaufen,<br />

das - egal wo er auftaucht - erkannt<br />

und geschätzt wird. Es gebe viele hervorragende<br />

Sportvereine, die gerade<br />

in der Leichtathletik Beachtliches leisten,<br />

doch die <strong>HSV</strong>-Raute ist für ihn etwas<br />

ganz Besonderes.<br />

Gerade beim Thema Raute und <strong>HSV</strong><br />

angekommen schildert mir Sebastian,<br />

wie er den Stellenwert des <strong>HSV</strong> in Hamburg<br />

wahrnimmt. „Groß! Enorm groß“<br />

ist seine spontane Reaktion und schiebt<br />

als Beispiel das Relegationsspiel nach.<br />

So wohnte er diesem Spiel im Stadion<br />

bei und hatte 20 Minuten lang<br />

eine Gänsehaut.<br />

Denn obwohl die Mannschaft damals<br />

seit langer Zeit sportlich weit<br />

hinter den eigenen Möglichkeiten<br />

agierte, feuerten 57 000 Leute unentwegt<br />

ihre Mannschaft an und versuchten,<br />

sie nach vorne zu peitschen, weil<br />

sie diesen Verein so lieben.<br />

Er selber fühlt sich dem <strong>HSV</strong> sehr<br />

verbunden, so hat er gerade seinen<br />

Vertrag bis 2016 verlängert. Somit wird<br />

Sebastian, so er denn die sportlichen<br />

Normen erfüllt, als <strong>HSV</strong>er bei den Olympischen<br />

Spielen in Rio an den Start<br />

gehen.<br />

Zudem wird man Ihn zukünftig<br />

häufiger in Norderstedt antreffen können,<br />

weil er die Trainerteams der NWLZ-<br />

Mannschaften als Athletiktrainer ergänzen<br />

wird.<br />

Ansonsten betrübt sich sein Blick<br />

etwas, als wir über die Situation des<br />

<strong>HSV</strong> zu sprechen kommen. Der <strong>HSV</strong> und<br />

sein Umfeld stehen sich aus seiner Sicht<br />

oftmals selber im Wege. Dabei ist er sich<br />

sicher, dass, wenn alle einen Weg verfolgen<br />

würden, eine Stadt wie Hamburg<br />

im Sport deutlich besser dastehen könnte<br />

und der <strong>HSV</strong> sei nun mal DAS Aushängeschild<br />

des Hamburger Sportes.<br />

Außerdem macht Sebastian als Problem<br />

aus, dass im Umfeld viel zu selten<br />

die positiven Ansätze und Tendenzen<br />

hervorgehoben werden und stattdessen<br />

auf den negativen Dingen zu sehr<br />

herumgeritten werde. Ewig negative<br />

Kritik setzt sich nach seiner Auffassung<br />

irgendwann im Kopf fest.<br />

Das Thema Ausgliederung wurde<br />

in Kreisen der Leichtathleten auch kräftig<br />

diskutiert. Letztendlich sieht Sebastian<br />

die Ausgliederung als unumgänglich<br />

an und hat auch dafür gestimmt.<br />

Mit den nun handelnden Personen<br />

verbindet er große Hoffnungen.<br />

So wünscht sich Sebastian mehr<br />

Nachhaltigkeit, Vertrauen und Geduld<br />

mit den Herren Zinnbauer und Beiersdorfer.<br />

Nach knapp zwei Stunden verabschiede<br />

ich mich von Sebastian und<br />

bedanke mich für die Zeit, die er sich<br />

für den <strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong> genommen hat.<br />

Mit einem Zwinkern bittet mich<br />

Sebastian dann noch, seinen Freund Dr.<br />

Wolfgang Klein zu grüßen. Dr. Wolfgang<br />

Klein war Halter des Hamburger Rekordes<br />

in Weitsprung, den ihm dann Sebastian<br />

abnahm. Seitdem verbindet<br />

beide eine freundschaftliche „Hassliebe“.<br />

Mit vielem Dank<br />

Sven Dabelstein<br />

46<br />

Einsicht


ALLES<br />

NEU<br />

in der AG<br />

MASTER<br />

<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong><br />

FONTS<br />

Fußball<br />

BEISPIEL<br />

<br />

ALLES<br />

NEU<br />

Text: Carsten Gerloff<br />

in der AG<br />

Stilmittel im Heft ist die gemischte Verwendung von beiden Headline-Schriften – ist aber kein MUSS<br />

Die Charis hat nur einen Bold-Schnitt, keinen Black-Schnitt.<br />

Falls ein dickerer Schnitt benötigt wird, musss gemogelt werden.<br />

Eine (leichte und je nach Schriftgröße angepasste) Kontur hilft.<br />

Wir möchten uns in dieser Ausgabe mit dem leider<br />

immer noch vorhandenen Thema der Homophobie im Fußball<br />

– auf dem Platz und auf den Rängen – befassen.<br />

Wir sind uns bewusst, dass es sich hierbei um ein sehr großes, sicher nicht mit<br />

einem Bericht „abhandelbares“ Thema handelt, aber wir wollen auch in<br />

dieser Zeitung Denkanstöße geben, damit wir in möglichst naher Zeit die Homophobie<br />

aus den Stadien und von den Plätzen verbannen können.<br />

Dazu haben wir ein Interview mit MARCUS WIEBUSCH, dem Sänger/Autor und<br />

Regisseur von „DER TAG WIRD KOMMEN“ geführt. Außerdem stellen wir Euch auch<br />

den <strong>HSV</strong> Fanclub „VOLKSPARKJUNXX“ vor und freuen uns über den Beitrag<br />

„DAS MISSVERSTÄNDNIS VOM COMING OUT “ von ALEXANDER VON BEYME.<br />

47 umsicht


umsicht<br />

ES WIRD EIN<br />

SONNIGER<br />

DIENSTAG IM<br />

HERBST SEIN!<br />

AUTOR: Carsten Gerloff<br />

Foto: Andreas Hornoff<br />

Woher hast Du die Ideen und die Infos<br />

für den Song „Der Tag wird kommen“<br />

bekommen<br />

Marcus Wiebusch: Ich besuche seit<br />

über 25 Jahren die Heimspiele meines<br />

Vereins (FC St. Pauli) und sitze dort<br />

seit vielen Jahren neben meinem Bruder,<br />

der homosexuell ist, und wir<br />

haben immer schon über das Thema<br />

diskutiert.<br />

Entscheidend war aber ein Gespräch<br />

mit einem Sportjournalisten, der mir<br />

von homosexuellen aktiven Profis<br />

berichtete und dem Höllenleben, das<br />

diese führen. Dann habe ich halt im<br />

September 2013 damit angefangen<br />

zu recherchieren, mit weiteren Journalisten<br />

geredet und so den Text aus<br />

insgesamt 5 Quellen erarbeitet.<br />

Eine große Hilfe war dabei auch unser<br />

Ex-Präsident Corny Littmann, der<br />

- als der Text dann fertig war - nochmal<br />

bestätigt hat, was ich in dem Text<br />

raushaue.<br />

Wie waren die Reaktionen der Vereine<br />

und der Fanbeauftragten auf Deine<br />

Anfrage, ob Fans in dem Kurzfilm mitspielen<br />

und so Flagge gegen „Homophobie“<br />

zeigen wollen<br />

Es war ganz unterschiedlich. Viele<br />

Vereine haben sofort Unterstützung<br />

zugesagt, andere Vereine waren zurückhaltender,<br />

und einige wenige<br />

haben sich gar nicht gemeldet. Für<br />

einige Vereine war es scheinbar ein<br />

Problem, dass sie glaubten, dass nicht<br />

genug Fans mitmachen würden und<br />

dass das dann nicht gut aussieht. Mir<br />

war und ist es aber viel wichtiger,<br />

dass Fans Flagge zeigen, und wenn<br />

es am Anfang wenige sind, so sind<br />

sie doch da, haben eine Haltung und<br />

stehen für ihre Meinung auch in Verbindung<br />

mit ihrem Verein.<br />

Beim <strong>HSV</strong> war es spannend, weil ich<br />

feststellte, dass der Fanbeauftragte<br />

ein Bekannter aus alten Punk-Zeiten<br />

war. Hier hat die Organisation sehr<br />

gut geklappt, auch wenn am Ende<br />

nur 6 Fans beim Dreh dabei waren.<br />

Aber wie gesagt, es kommt nicht auf<br />

die Zahl an.<br />

48


umsicht<br />

Foto: Witters<br />

DAS KANN<br />

NUR AUS<br />

DER KURVE<br />

SELBER<br />

KOMMEN.<br />

MARCUS<br />

WIEBUSCH<br />

Marcus Wiebusch ist ein deutscher<br />

Sänger, Gitarrist und Songwriter,<br />

Frontmann der Indie-Rock-Band<br />

Kettcar und Mitgründer des Independent-Labels<br />

Grand Hotel van Cleef<br />

(www.ghvc.de).<br />

Wie waren die Reaktionen auf das Lied<br />

und das Video<br />

Marcus: Die Reaktionen waren sehr<br />

positiv. Es haben tatsächlich alle Erstligisten<br />

das Video über ihre Facebook<br />

Seiten verlinkt, auch die, die nicht<br />

am Dreh beteiligt waren.<br />

Was meinst Du können Vereine und<br />

Fans tun, damit wir schnellstmöglich<br />

die Homophobie aus den Stadien verbannen<br />

können<br />

Meine Hoffnungen ruhen da eher auf<br />

den Fans, als auf den Funktionären<br />

auf Vereinsseite. Man kann von Fanseite<br />

unwürdige, rassistische Zustände<br />

wie zum Beispiel, dass Affenlaute<br />

ertönen, wenn ein schwarzer Spieler<br />

am Ball ist, in den Griff kriegen. Und<br />

genauso kann man eine Haltung zeigen,<br />

wenn Idioten ihre homophoben<br />

Tiraden raushauen. Das kann nur aus<br />

der Kurve selber kommen und da<br />

geregelt werden. Und wie ich in meinem<br />

Song ja auch sage, den meisten<br />

Fans ist es ja auch vollkommen egal,<br />

ob jemand schwul ist oder nicht. Die<br />

wollen nur Leistung sehen.<br />

Wichtig ist auch zu erkennen, dass<br />

in dem Spannungsfeld „Homosexualität<br />

und Fußball“ einiges im Wandel<br />

ist. Es gibt mittlerweile bei jedem Bundesligisten<br />

mindestens einen lesbisch/<br />

schwulen Fanclub, was vor 10 Jahren<br />

noch undenkbar war. Viele Ultra-Gruppen,<br />

die sich gegen jede Art von Diskriminierung<br />

einsetzen, setzen mittlerweile<br />

deutliche Signale gegen<br />

Homophobie im Fußball.<br />

In München gibt es z.B. Kooperationen<br />

zwischen Schickeria und<br />

QUEERPASS BAYERN, um Choreos<br />

und gemeinsame Aktionen zu machen.<br />

Von den Vereinen müssen klare<br />

Ansagen kommen, falls es in Teilen<br />

des Vereins zu homophoben Aussagen<br />

kommt. Hier darf es nicht mehr zu<br />

Äußerungen wie von Rudi Assauer<br />

vor ein paar Jahren kommen 1) , und<br />

dann keine klare Linie des Vereins<br />

dazu geben.<br />

In der Gesellschaft ist der Wandel weg<br />

von der Homophobie im vollen Gange<br />

und auf einem guten Weg, wann glaubst<br />

Du wird es im Fußball so sein<br />

Ich kann hier keinen Zeitraum nennen,<br />

ich kann nur so viel sagen, dass<br />

der Song nicht als Aufforderung gedacht<br />

ist, dass sich homosexuelle<br />

Fußballer JETZT outen sollen und<br />

müssen. Das ist eine Sache, die jeder<br />

für sich ausmachen müsste. Das Beste<br />

wäre es gewesen, wenn sich nach<br />

dem Titelgewinn im Sommer 2-3 Spieler<br />

hingestellt hätten und gesagt hätten:<br />

Wir sind Weltmeister und schwul.<br />

In einer Gruppe wäre es sicher leichter,<br />

mit dem auf alle Fälle entstehenden<br />

Druck klar zu kommen.<br />

Und die obligatorische Schlussfrage,<br />

wann wird der Tag kommen<br />

Dann auch die obligatorische Antwort:<br />

Es wird ein sonniger Dienstag<br />

im Herbst sein, ich weiß aber nicht<br />

in welchem Jahr.<br />

1)<br />

Rudi Assauer hatte sich gegenüber dem<br />

‚Express‘ 2010 dahingehend geäußert, dass<br />

schwule Profis sich eine andere Aufgabe<br />

suchen sollten, weil das im Profifußball<br />

nicht funktioniere.<br />

Im Frühjahr dieses Jahres erschienen<br />

der Song und der Kurzfilm „Der Tag<br />

wird kommen“, der sich mit dem<br />

Thema Homophobie im Fußball<br />

beschäftigt.<br />

49


Das Missverstandnis<br />

'‘<br />

vom coming out<br />

Schwul, na und So ganz normal ist das immer noch nicht<br />

geworden, und schon gar nicht im Fußball. Anfang des<br />

Jahres hat das Coming Out von Thomas Hitzlsperger noch<br />

Riesenwellen geschlagen. Regenbogenfähnchen in den<br />

Stadien, ja, die gibt es. Aber bisher gibt es keinen aktiven<br />

Fußball-Profi, der es Hitzlsperger nachgetan hat.<br />

Text: Alexander von Beyme<br />

Coming Out, warum eigentlich<br />

Ist das nicht überflüssig, weil<br />

die sexuelle Orientierung sowieso<br />

egal ist An diesem<br />

Begriff klebt ein großes Missverständnis<br />

– und das ist einer der<br />

Gründe, warum der Weg zur Normalität<br />

noch so weit ist.<br />

Noch lange vor dem ZEIT-Interview<br />

von Thomas Hitzlsperger hat Fußball-Trainer<br />

Peter Neururer in einer<br />

Talkshow gesagt: „Das Problem ist die<br />

Tatsache selber, sich zu outen. Ich laufe<br />

ja auch nicht rum und sage jedem:<br />

‚Ich bin hetero.‘ Wen interessiert denn<br />

meine Sexualität Vollkommen uninteressant.“<br />

Er hat es wohl nett gemeint,<br />

er offenbart aber auf der anderen Seite,<br />

warum sich diese Diskussion seit<br />

Jahren im Kreis dreht. Zu unterschiedlich<br />

sind die Vorstellungen, was mit<br />

Outen überhaupt gemeint ist.<br />

DFB-Präsident Niersbach hat die<br />

volle Unterstützung des Verbandes<br />

angeboten, „sollte sich ein Spieler öffentlich<br />

als homosexuell outen“ wollen.<br />

Was für Bilder hat er wohl in seinem<br />

Kopf Dass da einer in der Pressekonferenz<br />

in Frankfurt auf dem Podium<br />

sitzt und seine Homosexualität hinausschreit<br />

Das scheint das große Missverständnis<br />

in dieser Debatte zu sein:<br />

Wer schwul ist, will eben nicht<br />

mit großem Knall an die<br />

Öffentlichkeit<br />

– und erst recht nicht in einem Umfeld,<br />

das im Ruf steht, so intolerant zu sein<br />

wie der Profi-Fußball. Er will einfach<br />

nur sein Leben leben und dafür das<br />

Vertrauen in seiner unmittelbaren Umgebung<br />

spüren. Der schwule Fußballer<br />

will von seinem Partner vom Training<br />

abgeholt werden. Er will in der Kabine<br />

über die neusten Hollywood-Blockbuster<br />

mitreden und sagen können: „Super-Film,<br />

habe ich neulich mit meinem<br />

Freund schon gesehen.“ Und er will,<br />

dass der Verein nach dem Champions-League-Sieg<br />

einen Platz beim<br />

Bankett freihält für den Menschen, den<br />

er liebt. Was heißt es nun, dass sich<br />

schwule Profi-Fußballer bisher so versteckt<br />

haben Das heißt, dass sie die<br />

Atmosphäre im Verein so unberechenbar<br />

empfinden, dass sie lieber nichts<br />

von sich preisgeben. Ja, es ist erst mal<br />

ein atmosphärisches Problem in den<br />

Vereinen, und kein Problem, dass zu<br />

wenige Spitzenfunktionäre die Fans zur<br />

Raison gerufen haben.<br />

Sich zu „outen“, ist ein langsamer<br />

Prozess. Dafür muss man kein Prominenter<br />

sein. Jeder Teenager wird erst<br />

mal genau beobachten, wie seine Eltern<br />

50<br />

Foto: Witters<br />

umsicht


Fotos: Witters<br />

auf Fernsehberichte zum Christopher-Street-Day<br />

reagieren, bevor er sich<br />

ihnen anvertraut. Am neuen Arbeitsplatz<br />

heißt es erst mal Ohren spitzen,<br />

wie die Kollegen über Ricky Martins<br />

spätes Bekenntnis reden. Das sind diese<br />

positiven Signale aus der direkten<br />

Umgebung, auf die jeder Schwule wartet,<br />

der Angst vor Diskriminierung hat.<br />

Im Alltag des Profi-Fußballers gibt es<br />

diese Signale offenbar nicht.<br />

So gut es der DFB-Präsident meint:<br />

Das Hilfsangebot nützt keinem verunsicherten<br />

schwulen Fußball-Profi. Im<br />

Gegenteil: Wer sowieso frustriert ist<br />

vom ewigen Versteckspiel, der könnte<br />

Niersbachs Statement auch ganz anders<br />

interpretieren:<br />

„Lieber Schwuler, Du brauchst<br />

Hilfe, die gebe ich Dir gerne,<br />

aber erst mal bist Du ein Problem.“<br />

Nicht gerade ermutigend. Was würde<br />

denn stattdessen helfen Das ist ein<br />

ganz langer Weg und wird die Vereine<br />

viel Überwindung kosten. Die Clubs<br />

müssen dauerhaft im Alltag immer<br />

wieder unter Beweis stellen, dass sie<br />

es ernst meinen mit ihrer Offenheit.<br />

Und geduldig ins Blaue hinein daran<br />

weiter arbeiten, ohne zu wissen, ob<br />

überhaupt einer der eigenen Spieler<br />

schwul ist. So wie der Teenager seine<br />

Eltern bei der Reaktion auf die Fernsehreportage<br />

über Schwule beobachtet,<br />

müssen homosexuelle Fußballer<br />

Situationen miterleben, in denen sich<br />

der Verein in irgendeiner Weise positiv<br />

zum Thema verhält.<br />

Das darf kein PR-Stunt für Toleranz<br />

werden.<br />

Die Vereine müssen vor allem einsehen,<br />

dass sie dabei nach innen wirken und<br />

ihr Engagement bei den eigenen Angestellten<br />

ankommt. Sie können mit<br />

den zahlreichen schwulen Fanclubs<br />

zusammenarbeiten, in ihrer Geschäftsstelle<br />

geoutete Homosexuelle einstellen,<br />

Nachwuchsturniere mit Trägern der<br />

schwul-lesbischen Jugendarbeit veranstalten,<br />

und und und.<br />

Es muss ja nichts Großes sein, aber<br />

nach vielen kleinen Aktiönchen wird<br />

ein ungeouteter Profi Vertrauen in die<br />

Clubführung fassen, Rückhalt spüren<br />

OBEN v. links: Oliver Scheel,<br />

Tjark Woydt, Jana Schiedek,<br />

Alexander v. Beyme,<br />

Björn F. Augsten und Claudia<br />

Wagner-Nieberding.<br />

UNTEN: Thomas Hitzlsperger<br />

und sich langsam aus der Deckung<br />

wagen. Es können noch so viele<br />

DFB-Präsidenten und Bundeskanzlerinnen<br />

zu mehr Toleranz aufrufen, ohne<br />

diese Basisarbeit wird sich nichts ändern.<br />

Die beiden Hamburger Profi-Vereine<br />

machen es vor. Lange Zeit hatte der<br />

FC St. Pauli zumindest nach außen hin<br />

das Image, auf diesem Gebiet etwas<br />

aktiver zu sein, aber auch der <strong>HSV</strong> bewegt<br />

sich seit vielen Jahren: Marinus<br />

Bester hat bei der Siegerehrung eines<br />

Hallenfußball-Turniers des schwul/lesbischen<br />

Sportvereins Startschuss gesprochen,<br />

die schwul-lesbische Fußball-Europameisterschaft<br />

2015 wird auf<br />

der Anlage in Norderstedt ausgetragen<br />

und Lasse Sobiech stand der Zeitung<br />

„DIE WELT“ gemeinsam mit Jens Kuzel<br />

von den Volksparkjunxx (schwul-lesbischer<br />

<strong>HSV</strong>-Fanclub) für ein Interview<br />

über Homophobie zur Verfügung. Vielen<br />

sonst mag das gar nicht auffallen.<br />

Aber falls es im <strong>HSV</strong> oder dessen Umfeld<br />

Spieler oder Mitarbeiter gibt, die noch<br />

mit einem Coming Out kämpfen: Sie<br />

haben damit wichtige Mutmacher und<br />

Signale.<br />

Ach ja, was die Fans und befürchtete<br />

Pöbeleien angeht: Auch ein schwuler<br />

Sportler hat entsprechenden Ehrgeiz.<br />

Mit genug Unterstützung vom<br />

Verein wird er sagen können: „Das<br />

ganze Stadion wird gegen mich sein.<br />

Etwas Schöneres gibt es gar nicht.<br />

Der Autor Alexander von Beyme ist<br />

Journalist und bloggt unter<br />

www.alexandervonbeyme.net.<br />

Der 38-Jährige leitet er das Orga-Team<br />

der schwul-lesbischen Fußball-Europameisterschaft<br />

2015 in Hamburg. Mehr<br />

Infos dazu unter<br />

www.euro2015hamburg.com.<br />

<strong>SCHNACK</strong>ER<br />

Nicht die erste Elf – dafür aber die Startelf oder einfach elf Gesichter hinter<br />

den Beiträgen ...<br />

<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>ER<br />

Jens Kochte<br />

Woher: Hamburg<br />

Was:<br />

Redaktion & Gedöns<br />

Sonstiger Sport: Baseball<br />

Einlaufhymne: Guns N‘Roses<br />

– Paradise City<br />

DAS Heimspiel: 03.05.97 vs. Werder 3 : 2<br />

<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>ER<br />

Michael Greve<br />

Woher: Limburg<br />

Was:<br />

Lektorat & Essayistik<br />

Sonstiger Sport: Gedankenakrobatik<br />

Einlaufhymne: Judas Priest<br />

– United<br />

DAS Heimspiel: 04.04.79 vs. K‘lautern 3 : 0<br />

Ansgar Tasche<br />

Woher: Bad Oldesloe<br />

Was:<br />

Redaktion & Lektorat<br />

Sonstiger Sport: Was anderes als Fußball<br />

Warum <strong>HSV</strong>: Durch meine Kinder<br />

richtigen Pfad gefunden<br />

DAS Heimspiel: 04.10.14 vs. Dortmund 1:0<br />

<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>ER<br />

Tommy Cosmo<br />

Woher: Hamburg<br />

Was:<br />

Redaktionskäptn<br />

Einlaufhymne: Queen<br />

– We will rock you<br />

DAS Heimspiel: 24.09.05 vs. Bayern<br />

verbunden mit 20.000 l Freibier für uns<br />

Manu Gerick<br />

Woher: Schleswig-Holstein<br />

Was:<br />

Redaktion<br />

<strong>HSV</strong> Mitglied: leidgeprüft seit 2010 ;-)<br />

Einlaufhymne: alles außer „<strong>HSV</strong><br />

forever“, gerne fetzig<br />

DAS Heimspiel: 2009 vs. Werda gewonnen<br />

Kai Bojens<br />

Woher: Harsefeld<br />

Was:<br />

Redaktion<br />

Sonstiger Sport: Golf im Fernsehen<br />

Einlaufhymne: Metallica<br />

– For Whom The Bell Tolls<br />

Letztes Heimspiel: Apr 2014 vs. LEV 2 : 1<br />

<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>ER<br />

Carsten Gerlof<br />

Woher: Hamburg<br />

Was:<br />

Redaktion<br />

Einlaufhymne: Survivor<br />

– Eye of the Tiger<br />

DAS Heimspiel: vs. Juve 4 : 4 und mein<br />

erstes 30.08.80 vs. Wormatia Worms 11:1<br />

Thomas Pundrich<br />

Woher: Altona<br />

Was:<br />

Redaktionspraktikant<br />

Sonstiger Sport: Haltungsturnen<br />

Einlaufhymne: John Williams<br />

„The Imperial March from The Empire ...“<br />

e.V oder AG: e.V und AG<br />

Alex Bierhaus<br />

Woher: Hamburg<br />

Was:<br />

Admin. & Fotoredaktion<br />

Einlaufhymne: Fat Boy Slim<br />

– Right here, right now<br />

DAS Heimspiel: Gibt‘s nicht – jedes Mal<br />

wieder Gänsehaut<br />

<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>ER<br />

Lenni Freiesleben<br />

Woher: Hamburg<br />

Was:<br />

Redaktion<br />

Warum <strong>HSV</strong>: Schulhofvirus<br />

Einlaufhymne: Chemical Brothers<br />

– Leaving home<br />

DAS Heimspiel: 11.02.96 vs. Bayern 2 : 1<br />

<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>ER <strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>ER <strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>ER<br />

<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>ER <strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>ER <strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>ER<br />

Sven Dabelstein<br />

Woher: Hamburg<br />

Was:<br />

Amateursport<br />

Sport:<br />

Fußball<br />

Einlaufhymne: Dimple Minds<br />

– Durstige Männer<br />

Mannschaft: 2. Senioren<br />

51 umsicht


C OFC OFC OFC OFC<br />

OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc o<br />

C OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc O<br />

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C OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc OFC OF<br />

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FC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc OFC O<br />

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ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc<br />

Einsicht<br />

52<br />

VOLKSPARK<br />

Auch wir sind einer der<br />

zahlreichen offiziellen<br />

Fanklubs des <strong>HSV</strong>.<br />

Die besondere<br />

Schreibweise unseres<br />

Namens erklärt sich später im Text.<br />

Aus 4 Gründungsmitgliedern im Jahre<br />

2011 sind zwischenzeitlich 14 Fanclubmitglieder<br />

geworden. Wir agieren<br />

mit einem 3-köpfigen Sprecherrat,<br />

aber die wesentlichen Entscheidungen<br />

werden durch Mehrheitsbeschluss<br />

aller Mitglieder getroffen.<br />

STAMMTISCH &<br />

RUDELGUCKEN<br />

Dazu nutzen wir<br />

unseren regelmäßigen Stammtisch an<br />

jedem ersten Dienstag eines Monats<br />

in der Klimperkiste (Esplanade Hamburg),<br />

standesgemäß ist dieser mit<br />

unserem eigens gestaltetem Fanclubwimpel<br />

gekennzeichnet. Heimspiele<br />

werden gemeinsam in der Arena angeschaut<br />

und zu den Auswärtsspielen<br />

gibt es unser „Rudelgucken“ mitten auf<br />

St. Georg im Café Grüneberg. Auch dort<br />

haben wir unsere Stammplätze, die mit<br />

unserem eigenen Fanclubschal deutlich<br />

gekennzeichnet sind.<br />

Das interessante an unserer Gruppe<br />

ist sicherlich auch, dass zwischenzeitlich<br />

regelrechte Freundschaften entstanden<br />

sind, und diese dazu führen, dass selbst<br />

abseits des Fanclubs private Unternehmungen<br />

bis hin zu gemeinsamen Urlauben<br />

einzelner Mitglieder keine Seltenheit<br />

mehr sind.<br />

Zudem veranstalten wir Grillabende<br />

oder unternehmen gemeinsam<br />

Theater- bzw. Konzertbesuche, ja sogar<br />

ein Wochenende auf Sylt haben wir im<br />

Frühjahr dieses Jahres gemeinsam verbracht.<br />

Auch die erst kürzlich beigetretenen<br />

Mitglieder fühlen sich schnell<br />

integriert.<br />

WAS UNTER-<br />

SCHEIDET UNS<br />

Soweit nichts Ungewöhnliches. Der<br />

geneigte Leser fragt sich nun vielleicht,<br />

was uns unterscheidet von allen ande-<br />

ren OFCs Nun, wir sind der einzige<br />

Fanclub, der sich offiziell auch an Fans<br />

richtet, die schwul, bisexuell oder lesbisch<br />

sind.<br />

Das allein wäre zwar keine besondere<br />

Leistung. Aber im Fanumfeld findet<br />

das Thema wenig bis gar keine<br />

Beachtung. Und wenn, dann ist es häufig<br />

negativ besetzt, und wird als<br />

Schimpfwort (schwuler Schiri, schwule<br />

Sau) genutzt. Das kommt im Alltag vor,<br />

ob in der Schule, im Beruf oder in der<br />

Freizeit - warum sollte es ausgerechnet<br />

im Fußballstadion anders sein<br />

Oftmals sind es Vorurteile und Unsicherheiten<br />

im Umgang mit dem Thema,<br />

die gar bis zu einer ausgeprägten<br />

Homophobie führen können.<br />

FLAGGE ZEIGEN<br />

Flagge zeigen wir übrigens<br />

schon im Namen und im Logo. Denn<br />

das "doppelte x" ist unter Homosexuellen<br />

die weit verbreitete Schreibweise<br />

für ebensolche Inhalte und da die Regenbogenfarben<br />

u.A. für Frieden und<br />

Toleranz stehen, haben wir zumindest<br />

die rote und violette Farbe gewissermaßen<br />

als Klammer eingesetzt.<br />

In erster Linie sind wir Fußballfans.<br />

Aber uns liegt auch etwas<br />

daran, für eine tolerante Fankultur<br />

einzutreten, Vorbehalte abzubauen,<br />

zu informieren, aufzuklären und<br />

auf Missstände hinzuweisen.<br />

Dazu sind wir z.B. als Minderheitenvertreter<br />

aktuell auch festes Mitglied<br />

im „Ständigen Arbeitskreis Fandialog<br />

(SAF)“.<br />

Im Jahre 2012 haben wir im Heimspiel<br />

gegen den VfB Stuttgart in der<br />

Imtech Arena 38.000 Flyer ausgelegt<br />

und damit um Toleranz geworben.<br />

Regelmäßig sind wir zu unterschiedlichen<br />

Anlässen mit den lokalen Medien<br />

in Kontakt, Interviews gab es z.B.<br />

in der Hamburger Morgenpost, im<br />

Hamburger Abendblatt oder auch<br />

kürzlich einen Beitrag im NDR Fernsehen.<br />

Wir nehmen zudem regelmäßig<br />

an der Parade zum Christopher Street<br />

Day in Hamburg teil und schenken<br />

zum diesjährigen WinterPride am 09.12.<br />

(Weihnachtsmarkt Lange Reihe) bereits<br />

im 3. Jahr in Folge Glühwein aus, womit<br />

wir zum einen unsere Fanclubkasse<br />

etwas auffüllen und zum anderen über<br />

unseren Fanclub und unsere Anliegen<br />

informieren können.<br />

Wir sind zudem im Netzwerk Queer<br />

Football Fanclubs (kurz: QFF) europäischer<br />

schwul-lesbischer Fußball Fanklubs<br />

organisiert. Für die Queer Football<br />

Fanclubs steht die Toleranz für gesellschaftliche<br />

Minderheiten im Fußball<br />

an oberster Stelle. Die QFF wenden sich<br />

gegen jegliche Diskriminierung, insbesondere<br />

aufgrund der sexuellen Orientierung.<br />

Auf unserer Internetpräsenz<br />

www.volksparkjunxx.de<br />

informieren wir regelmäßig über<br />

Termine, zudem gibt es aktuelle<br />

Berichte aus dem Fanclub und Fotos.


C OFC OFC OFC OFC<br />

OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc o<br />

C OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc O<br />

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C OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc<br />

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C OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc<br />

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C OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc of<br />

OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc OFC<br />

FC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc of<br />

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OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc OFC<br />

ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc<br />

Einsicht<br />

53<br />

Die <strong>HSV</strong><br />

Sitzkissenfraktion<br />

Auswarts<br />

erobert die Republik<br />

Autor: Doreen Schneider Fotos: Steffen Bredemeier<br />

VBerlin, 12.11.2014 Die<br />

<strong>HSV</strong> Sitzkissenfraktion<br />

Auswärts wurde<br />

am 26. Februar 2012<br />

gegründet und ist seit<br />

Juli 2012 ein offizieller <strong>HSV</strong> Fanclub.<br />

Heute, kaum zweieinhalb Jahre später,<br />

zählen die Sitzkissen schon 65<br />

Mitglieder deutschlandweit.<br />

Das Wörtchen „Auswärts“<br />

im Namen deutet es schon<br />

an: Die Sitzkissenfraktion<br />

ist ein überregionaler und<br />

ortsungebundener Fanclub.<br />

„Unsere Mitglieder leben in<br />

Bayern, Hessen, NRW und eigentlich<br />

in jedem Bundesland. Einzig im Saarland<br />

haben wir noch keine/n Sitzkissenfraktionär/in,<br />

das würden wir<br />

natürlich bei Interesse sofort ändern“,<br />

erläutert Gründerin und Vorstandsmitglied<br />

Doreen Schneider.<br />

Eine „typische Fankneipe“ in einer<br />

bestimmten Stadt gibt es bei der <strong>HSV</strong><br />

Sitzkissenfraktion Auswärts logischerweise<br />

nicht.<br />

Wie aber funktioniert ein<br />

ortsunabhängiger Fanclub<br />

zwischen der südlichsten<br />

Bundesligastadt Freiburg<br />

und der schönsten Stadt der<br />

Welt an der Elbe<br />

Eigentlich ganz einfach: „Wir treffen<br />

uns an den Spieltagen des <strong>HSV</strong><br />

vor den jeweiligen Stadien“, so<br />

Schneider, „das geht inzwischen bei<br />

jedem Spiel. Meist unternehmen wir<br />

auch schon vor den Spieltagen etwas<br />

zusammen. Hier organisieren die<br />

Sitzkissenfraktionäre_innen vor Ort<br />

ein kleines, aber feines Rahmenprogramm.<br />

Unsere Kommunikation<br />

findet ausschließlich über die digitalen<br />

Medien wie Facebook, Twitter<br />

oder den fanclubeigenen, aber öffentlichen<br />

Blog statt.“ Im Blog wird über<br />

den <strong>HSV</strong>, gemeinsame Fahrten und<br />

Spiele, aber auch über das aktuelle<br />

Vereinsgeschehen kritisch und objektiv<br />

berichtet.<br />

Die ‚formalen‘ Treffen stellen das<br />

Miteinander und das persönliche<br />

Kennenlernen in den Mittelpunkt,<br />

ohne dabei die Mitglieder davon auszuschließen,<br />

denen eine Teilnahme<br />

aufgrund Zeit, Entfernung oder auch<br />

einfach Kosten nicht möglich ist.<br />

"Unsere Mitgliederversammlung findet<br />

jedes Jahr zum letzten Heimspiel<br />

der Saison in Hamburg statt. Sitzkissenfraktionären_innen,<br />

die nicht vor<br />

Ort dabei sein können, bieten wir die<br />

Möglichkeit, über einen Livestream<br />

teilzunehmen und mitzudiskutieren."<br />

Schneider betont: „Wir sind stolz<br />

darauf, als wohl einziger OFC des<br />

<strong>HSV</strong> unser Präsidium nicht einfach<br />

in einer herkömmlichen Präsenzwahl<br />

zu bestimmen, sondern allen Mitgliedern<br />

die Möglichkeit einer Briefwahl<br />

einzuräumen. Wir sehen das<br />

als Ausdruck unserer clubinternen<br />

Demokratie und logische Konsequenz<br />

unserer verstreuten Gruppenstruktur.<br />

Damit sind wir unserem <strong>HSV</strong><br />

einen Schritt voraus.“<br />

Daher kann sich jedes Mitglied,<br />

unabhängig vom Wohnort, am Fanclub<br />

beteiligen und ihn mitgestalten.<br />

Abseits der Bundesliga haben wir<br />

2013 als erster Fanclub eines Bundesligisten<br />

an der 5. Deutschen Matschfußballmeisterschaft<br />

teilgenommen,<br />

haben diverse Veranstaltungen für<br />

<strong>HSV</strong>er in verschiedenen Regionen<br />

organisiert und waren Mitorganisatoren<br />

der Veranstaltung „50 Jahre<br />

auf der Uhr. Wenn nicht Hamburg,<br />

dann eben Berlin.“ anlässlich des<br />

50-jährigen Jubiläums des <strong>HSV</strong> in<br />

der Bundesliga. Für 2015 planen wir<br />

eine Auslandsreise nach London, bei<br />

der wir selbstverständlich auch einige<br />

Fußballspiele besuchen werden.<br />

Übrigens: Viele „Sitzkissen“ findet<br />

man durchaus auch im Stehblock.<br />

hsvsitzkissen<br />

fraktionauswaerts.com<br />

facebook.com/<br />

Sitzkissenfraktion<br />

twitter.com/<br />

Sitzkissenfrakt


C OFC OFC OFC OFC<br />

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Einsicht<br />

54<br />

oben links<br />

Insbesondere für den OFC –<br />

Nachwuchs war der Besuch von<br />

Heiko Westermann ein tolles Erlebnis.<br />

Heiko verteilte zahllose Autogramme<br />

und verlor dabei nie die Ruhe.<br />

unten Rechts<br />

Kein noch so ausgefallener Autogrammwunsch<br />

wurde abgelehnt. So<br />

erhielten Handyhüllen, Bücher, sogar<br />

ein Strampler, mit Baby drin ebenso<br />

einen Schriftzug, wie der Rücken von<br />

Onliner – Mitglied Gabi Weidenhagen.<br />

Mitte<br />

In Neu Wulmstorf zu Gast: Unser HW4.<br />

Etwa die Hälfte der Mitglieder im OFC<br />

<strong>HSV</strong> Onliner nutzte die Gelegenheit<br />

zum heiteren Plausch.<br />

unten Rechts<br />

Es menschelt in Neu Wulmstorf:<br />

Auch Manu mag plötzlich einen<br />

persönlichen Gruß von HW4 mit<br />

nachhause nehmen.<br />

Jedes Jahr rückt die komplette<br />

Mannschaft, inklusive<br />

Trainer, aus, um OFCs<br />

in ganz Deutschland,<br />

manchmal sogar außerhalb<br />

der Landesgrenzen, zu besuchen.<br />

In großen und in kleinen Gruppen<br />

gibt es sie nah, live und in Farbe und<br />

zum Anfassen. Auch unser OFC, die<br />

<strong>HSV</strong> Onliner, hatte sich um einen<br />

dieser Besuche beworben. Gemeinsam<br />

mit dem OFC „Die lustigen Elstorfer“,<br />

bekamen wir unsere Nr. 4 zugesagt.<br />

Heiko Westermann zum<br />

Anfassen. Mein erster Gedanke: Na<br />

gut. Das Leben ist halt manchmal<br />

kein Wunschkonzert.<br />

Oh<br />

es ist<br />

heiko“<br />

Unsere Jungs auf OFC – Tour<br />

„<br />

mein Gott,<br />

Autorin: Manuela Gerick Fotos: Manuela Jede<br />

Nein, ich war bisher beileibe kein großer Fan unserer Nr. 4.<br />

Bei jeder Startaufstellung, bei der er in der Innenverteidigung<br />

auflief, wartete ich solange, bis sein mustergültiger<br />

Quotenaussetzer hinter ihm lag. Erst danach ging es mir besser.<br />

Und genau dieser Heiko Westermann wurde unserem<br />

OFC, Anfang November, als Gast zugedacht.<br />

Als Freund(in) klarer Worte bekannt, hatten sicherlich einige<br />

meiner Mit-OFCler bereits im Vorfeld Bedenken, ob er<br />

und ich in einem Raum friedlichen Bestand haben würden.<br />

Doch es kam alles anders, als vorher gedacht…<br />

Also auf nach Neu Wulmstorf, wo<br />

eine Kaffeetafel im Nebenraum einer<br />

gemütlichen Kneipe wartete.<br />

Mit im Gepäck: zum einen sein<br />

katastrophaler Aussetzer im Pokalspiel<br />

gegen die Bayern und auf der<br />

anderen Seite ein ganz frischer Sieg<br />

gegen Leverkusen.<br />

Ups! Der is ja netter<br />

als gedacht!<br />

„Das kann dauern“, meinte jemand<br />

neben mir, „habe gehört, die<br />

verspäten sich teilweise ordentlich.<br />

Machen halt einen auf VIP…“ Überpünktlich,<br />

und genau 4 Minuten vor<br />

der Zeit, war er dann da. So unspektakulär,<br />

dass ich es nicht mal mitbekommen<br />

hatte, bahnte sich Heiko<br />

seinen Weg nach vorne, wo er - flankiert<br />

von den beiden OFC-Präsis -<br />

Platz nahm.<br />

Von der Fanbetreuung hatten die<br />

Präsis einen sogenannten „Leitfaden“<br />

bekommen, damit kein großes<br />

Schweigen aufkommt, sogar versehen<br />

mit Fragen, die man stellen konnte.<br />

Diese Tatsache brachte nicht nur<br />

mich, sondern auch Heiko zu einem<br />

zaghaften Grinsen, verbunden mit<br />

der ungläubigen Frage: „Das ist wirklich<br />

von denen, oh mein Gott“<br />

Wir brauchten den Fragenkatalog<br />

nicht. Wir fragten, frei von der Leber,<br />

nach Quotenaussetzern, Training<br />

unter Zinnbauer, Mannschaftszusammenhalt<br />

und dem Umgang mit den<br />

Fans.<br />

Ich ertappte mich laufend dabei,<br />

den Typen da vorne sympathisch zu<br />

finden. Unaufgeregt, locker und ziemlich<br />

offen beantwortete er jede Frage,<br />

gab Einblicke in die Mannschaftskabine,<br />

in sein Familienleben und versprach<br />

sogar einen Abstecher der<br />

Mannschaft zu den ansonsten vernachlässigten<br />

Fantribünen nach dem<br />

nächsten Heimspiel.<br />

Geduldig hörte er sich an, wie<br />

einige den eiligen Rückzug nach dem<br />

Training beklagten und vermittelte<br />

glaubhaft die andere Seite der Medaille:<br />

„Wenn ihr nach dem Training<br />

durch mehrere 100 Fans durchgeht,<br />

werdet ihr von allen Seiten angefasst,<br />

das kann einem schon mal auf die<br />

Nerven gehen.“<br />

Und auch das konnte ich plötzlich<br />

verstehen…<br />

Zwei Stunden vergehen<br />

wie im Flug<br />

Nach der Fragestunde folgte die<br />

Autogramm- und Fotorunde. Mit<br />

stoischer Ruhe erfüllte unser Ex-Kapitän<br />

(„Es gab damals einige Dinge,<br />

die ich so nicht mehr vertreten konnte,<br />

deshalb war die Abgabe der Binde<br />

für mich eine Erleichterung.“) alle<br />

Wünsche nach seinem Namenszug.<br />

Ob auf der Rückseite von Polos, Handys,<br />

auf den mitgebrachten Autogrammkarten<br />

oder gar auf jungen<br />

Erdenbürgern (naja, eher auf deren<br />

Stramplern), überall prangte bald<br />

eine zwar unleserliche, aber typische<br />

Westermann-Signatur. Fotos wurden<br />

gemacht und natürlich darf sich Heiko<br />

inzwischen Ehrenmitglied der<br />

Onliner nennen.<br />

Als die meisten Autogramme geschrieben<br />

und unzählige Fotos gemacht<br />

sind, gehe ich doch noch mal<br />

nach vorne. Ich hole mir eine Autogrammkarte,<br />

ein Foto und nehme die<br />

Gelegenheit wahr, ihm von meiner<br />

seltsamen Wandlung im Laufe des<br />

Nachmittages zu erzählen. Vom skeptischen<br />

Heiko-Kritiker zum positiv<br />

vom Menschen Westermann überraschten<br />

<strong>HSV</strong>-Fan.<br />

Nein, er wird nicht zu meinem<br />

absoluten Favoriten innerhalb der<br />

Mannschaft mutieren. Aber eins ist<br />

sicher: seit dem Besuch sehe ich nicht<br />

nur den Innenverteidiger, den Millionär<br />

und Fußballer, sondern auch<br />

den Liebhaber italienischen Essens,<br />

den Familienvater, den Motivator im<br />

Team, kurz: den Menschen Heiko<br />

Westermann. Den Heiko Westermann,<br />

der in seinem Strickpulli jeder<br />

Schwiegermutter ein Lächeln ins<br />

Gesicht zaubern würde.<br />

Eine sinnvolle<br />

Geschichte<br />

Für mich sind die Besuche der<br />

Spieler bei den OFCs genau aus diesem<br />

Grund ein sinnvoller Bestandteil<br />

des Zusammenlebens zwischen Fans<br />

und Mannschaft.<br />

Schnell werden auch die größten<br />

Kritiker festgestellt haben, dass die<br />

Herren Millionäre, die uns teilweise<br />

so zum Schimpfen bringen, eben auch<br />

nur Menschen sind, mit Ängsten,<br />

Sorgen, mit Alltag und einem Beruf,<br />

der sie in der Öffentlichkeit teilweise<br />

zum Abschuss freigibt. Sie werden<br />

angefasst, bedrängt, sie werden angeschrien.<br />

Es gibt Erwartungen, denen<br />

sie eben manchmal nicht nachkommen<br />

gerecht werden können.<br />

Sie haben Fehler, sie machen Fehler.<br />

Sie sind eben Menschen. Menschen,<br />

wie du und ich…<br />

P.S.: Apropos Erwartungen. Ihr<br />

erinnert euch an seine Zusage, nach<br />

dem nächsten Heimspiel auch die<br />

ansonsten eher vernachlässigte<br />

Südtribüne, gemeinsam mit der<br />

Mannschaft, zu „bejubeln“<br />

Er hat Wort gehalten! Dafür<br />

noch einen Daumen hoch,<br />

Heiko Westermann!


Interview: Michael Greve<br />

I<br />

ch konnte ein Gespräch mit Ib<br />

(sprich: Ibé) Traoré, einem <strong>HSV</strong>-<br />

Fan aus Burkina Faso führen. Ib<br />

lebt seit acht Jahren in Deutschland<br />

und ist seit kurzem verheiratet.<br />

Mit seiner deutschen Frau hat<br />

er zwei Kinder. Die Umstände unseres<br />

Gesprächs sind deutlich anders als<br />

geplant und weichen in dem einen<br />

oder anderem sicherlich auch von<br />

vergleichbaren Gesprächssituationen,<br />

in denen es um Fußball geht,<br />

ab. Als das Interview vereinbart wurde,<br />

war noch nicht abzusehen, dass<br />

das Gespräch nur wenige Tage nach<br />

dem fast friedlichen Umsturz stattfinden<br />

würde, der die Vertreibung<br />

des 27 Jahre alleinherrschenden<br />

Blaise Compaoré mit sich bringen<br />

sollte.<br />

Es ist quasi zwangsläufig, dass<br />

die Gespräche auch um die politische<br />

Zukunft Burkina Fasos kreisen. Das<br />

Land ist das drittärmste der Welt mit<br />

einem jährlichen Durchschnittseinkommen<br />

von 70 Euro. Ohne direkten<br />

Zugang zum Meer und ohne Bodenschätze<br />

dient es wesentlich als Transitland<br />

für den Transport von Rohstoffen<br />

aus angrenzenden Staaten.<br />

Wirtschaftlich war die Regierung<br />

Compaoré vom Libyen Ghaddafis<br />

abhängig. Das Land hat 12 Millionen<br />

Einwohner, weitere 4 Millionen Burkinabé<br />

leben an der Elfenbeinküste,<br />

anderen Teilen Westafrikas, aber auch<br />

in Europa und Nordamerika. Jetzt<br />

besteht vage Hoffnung auf Verbesserung<br />

neben der Befürchtung, die<br />

alten Cliquen um den Präsidenten<br />

wollten ihre Macht erhalten.<br />

Aus dem Nebenzimmer der kleinen<br />

Wohnung in Gießen hört man<br />

das rhythmische Schlagen einer<br />

Djembé, einer kniehohen, aus Holz<br />

und Fell handgefertigten Trommel.<br />

Ib, wie wird man als Westafrikaner<br />

Fan einer Mannschaft aus der Fußball-<br />

Bundesliga Und warum wurde es in<br />

deinem Fall der <strong>HSV</strong><br />

Das ist eine sehr lange Geschichte.<br />

In Burkina Faso waren damals vier deutsche<br />

Mannschaften bekannt: der <strong>HSV</strong>,<br />

Bayern München, Borussia Dortmund,<br />

Werder Bremen. Das sind die Mannschaften,<br />

die die Leute in Burkina Faso<br />

kennen. Einmal sah ich im Fernsehen<br />

mit einem Freund ein Spiel Werder Bremen<br />

gegen den <strong>HSV</strong>. Ich war zu dem<br />

Zeitpunkt noch kein <strong>HSV</strong>-Fan. Aber ich<br />

liebe schönen, technisch anspruchsvollen<br />

Fußball. So hat der <strong>HSV</strong> an diesem<br />

Nachmittag sehr gut gespielt und ich<br />

habe zu meinem Freund gesagt: „Diese<br />

Mannschaft wird meine Mannschaft“.<br />

Wie ist das Spiel ausgegangen<br />

Ich denke, der <strong>HSV</strong> hat verloren,<br />

aber wie sie Fußball gespielt haben,<br />

das hat mir richtig gefallen. Das war<br />

2004 oder 2005 vor einem<br />

Punktspiel des Zweitligisten SC<br />

Maya, Ib als Siebzehnjähriger links<br />

55<br />

Fernsicht


Fernsicht<br />

2005. Während der WM 2006 bin ich<br />

dann nach Deutschland gekommen.<br />

Welche Ligen und Teams sind In<br />

Burkina Faso besonders populär<br />

Bei uns schauten und schauen die<br />

Leute vor allem die französische Ligue<br />

1. Das liegt auch daran, dass die Burkinabéi<br />

Französisch sprechen und viele<br />

Afrikaner in Frankreich spielen.<br />

Danach kommt die italienische Liga,<br />

dann die Premier League und danach<br />

erst die Bundesliga.<br />

Wie bist du selbst zum Fußballspielen<br />

gekommen Wie sieht es aus, wenn<br />

sich Kinder und Jugendliche zum Fußball<br />

treffen (Spielfeld, Bälle, Trikots<br />

und Schuhe)<br />

Schon mit sechs oder sieben Jahren<br />

haben mich die anderen Jungs zum<br />

Fußballspielen mitgenommen. Wir haben<br />

auf der Straße gespielt oder auf<br />

dem Schulhof in den Pausen. Die anderen<br />

sind Frühstücken gegangen und<br />

wir direkt zum Fußball. Es gibt nicht so<br />

viele Fußballplätze in meiner Heimatstadt<br />

Bobo-Dioulasso. Wir durften nicht<br />

auf die wenigen Plätze, auf denen spielten<br />

die Großen. Wir spielten auf der<br />

Straße.<br />

Du kennst das ja. Die Straßen in<br />

unserem Viertel sind Lehmstraßen, von<br />

rotem Staub bedeckt, der sich überall<br />

in der Kleidung und den Poren der Haut<br />

festsetzt. Härter als jeder Hartplatz in<br />

Deutschland. Du musst wirklich aufpassen,<br />

dich nicht zu verletzen. Zudem<br />

brausen Autos und Motorräder um dich<br />

herum, weil das Viertel, wie die ganze<br />

Stadt sehr belebt ist. Zudem laufen auch<br />

Kühe und Ziegen auf den Straßen herum.<br />

Allein schon aufgrund des Klimas<br />

verbringen die Leute mehr Zeit auf der<br />

Straße. Nur zwischen Mittag und 15<br />

Uhr ist es einfach zu heiß – um die 40<br />

Grad , sodass die Leute jeden Schatten<br />

ausnutzen, den sie finden können.<br />

In Burkina Faso Bälle zu bekommen,<br />

ist nicht so einfach. Mein Glück war,<br />

dass einer meiner Brüder damals schon<br />

in der Schweiz lebte. Immer, wenn er<br />

nach Burkina Faso zu Besuch kam, hat<br />

er mir Bälle mitgebracht. Freunde, die<br />

nicht dieses Glück hatten, haben oft<br />

mit selbstgebastelten Bällen aus Stoff<br />

spielen müssen. Wenn ich heute nach<br />

Burkina Faso reise, nehme ich auch<br />

jedes Mal mehrere Bälle für die Jungs<br />

aus meinem Viertel mit. Beim Training<br />

in den Vereinen sind oft 100 Jungs da,<br />

aber nur fünf Bälle.<br />

Schuhe Wir haben anfangs barfuß<br />

gespielt. Das merke ich bis heute: Wenn<br />

ich ohne Socken durch die Wohnung<br />

laufe, tun die Füße heute noch richtig<br />

weh. Damals beim Spielen tat es auch<br />

anfangs weh, aber wenn Du jeden Tag<br />

spielst, spürst Du es irgendwann nicht<br />

mehr. Wir haben damals meist nur in<br />

Jeans auf der rotverstaubten Straße<br />

gespielt.<br />

Du hast dich selbst einmal bei Darmstadt<br />

98 vorgestellt. Erzähl‘ mal, wie<br />

das gelaufen ist.<br />

Das war schön. Und ganz witzig,<br />

wie das zustande gekommen ist. Ich<br />

war noch ganz neu in Deutschland und<br />

sprach kaum ein Wort Deutsch. Ich habe<br />

meine Schwester in Darmstadt besucht<br />

und mit einigen Kindern auf dem Innenhof<br />

des Hochhauses, in dem sie<br />

wohnte, Fußball gespielt. Das hat ein<br />

Mann, der zufällig vorbeikam, beobachtet.<br />

Er hat mich dann angesprochen,<br />

ob ich schon einen Verein hätte oder<br />

mich bei einem Verein vorgestellt hätte.<br />

Ich sagte „nein“. Er meinte, es gäbe<br />

einen ziemlich guten Verein in der Stadt.<br />

Es stellte sich heraus, dass er Vorstand<br />

bei Darmstadt 98 war.<br />

Ich habe mich dann im Probetraining<br />

bei Gerd Kleppinger vorgestellt<br />

und einen guten Eindruck hinterlassen.<br />

Ich hatte ja schon in Afrika regelmäßig<br />

trainiert und konnte mithalten. Mein<br />

Trainer dort hatte die Trainerausbildung<br />

beim DFB in Köln gemacht. Wir spielten<br />

damals mit dem AS Maya aus Bobo-<br />

Dioulasso in der 2. Liga in Burkina Faso<br />

und sind aufgestiegen, in dem Jahr, in<br />

dem ich nach Deutschland ging. Damals<br />

war ich 16.<br />

Aber bei Darmstadt 98 hatte man<br />

Bedenken aufgrund meines Aufenthaltsstatus.<br />

Der Verein wollte, dass ich<br />

nach Afrika zurückkehre, einen neuen<br />

Antrag stelle und nochmals einreise.<br />

Das war finanziell gar nicht möglich für<br />

mich.<br />

Wie auch immer: Aus meiner damaligen<br />

Mannschaft AS Maya spielt einer,<br />

Ba Traoré, für die Nationalmannschaft<br />

von Burkina Faso, ein anderer ist Profi<br />

in Thailand. AS Maya hat eine Kooperation<br />

mit Twente Enschede in den<br />

Niederlanden und Talentspäher haben<br />

schon Jungs aus meinem Verein zum<br />

FC Metz geholt. Pitroipas Fußballschule<br />

in Ouagadougou hat schon 4-5 Spieler<br />

aus dem von meinem älteren Bruder,<br />

der mit mir beim AS Maya gespielt hat,<br />

ausgebildeten Nachwuchs geholt. Mein<br />

Bruder gibt sich große Mühe, die Jungs<br />

gut auszubilden und sieht letztlich<br />

nichts dafür.<br />

Wie geht es in einer solchen Fußballschule<br />

zu Wollen die Jungs alle<br />

Profis werden<br />

Die Jungs kommen aus allen Teilen<br />

des Landes, von ganz oben im Norden,<br />

aus dem Sahel bis hin zum Grenzgebiet<br />

zu Mali und Ghana. Von 100 Jungs schaffen<br />

es, glaube ich, bis zu 10 in den Profifußball.<br />

Sie spielen dann nicht unbedingt<br />

in den europäischen Topligen,<br />

aber in den unteren europäischen Ligen,<br />

auch z.B. in Arabien oder in afrikanischen<br />

Profiligen.<br />

Was ist mit denen, die es nicht<br />

schaffen<br />

Neben dem Fußballtraining gibt es<br />

auch Schulunterricht und die Jungs<br />

bekommen jedenfalls eine Berufsausbildung.<br />

So können sie leichter einen<br />

Job finden.<br />

Du spielst heute bei einer Mannschaft<br />

in Deutschland. Wie sind die<br />

Erfahrungen im Umgang innerhalb der<br />

Mannschaften und mit den gegnerischen<br />

Teams. Unterscheidet sich das<br />

von deinen Erlebnissen in Burkina<br />

Faso<br />

Ja, aber das waren und sind nur<br />

Amateurligavereine. In den Teams gab<br />

es nie Probleme für mich, auch nicht<br />

als ich für ein überwiegend türkisches<br />

Team spielte. Nur manchmal, wenn wir<br />

gegen Dorfmannschaften spielen, gibt<br />

es Probleme mit Rassismus.<br />

Beim <strong>HSV</strong> haben in den letzten<br />

Jahren auch etliche Westafrikaner<br />

(Atouba, Pitroipa, Sanogo, Demel)<br />

gespielt. Haben sie für dich eine be-<br />

Mannschaftsphoto des SC<br />

Maya aus dem Jahr 2004, Ib ist<br />

der zweite von links obens<br />

2005 vor einem Spiel der<br />

Stadtauswahlen der Hauptstadt<br />

Ouagadougou und der zweitgrößten<br />

Stadt Bobo-Dioulasso,<br />

die Ib stolz repräsentiert<br />

56


sondere Rolle als Identifikationsfiguren<br />

und als <strong>HSV</strong>-Spieler gespielt, weil<br />

sie immerhin aus derselben geographischen<br />

Region kommen wie du selbst<br />

oder vielleicht sogar derselben ethnischen<br />

Gruppe angehören<br />

Ja, es waren zunächst Atouba und<br />

auch Demel. Pitroipa kommt sogar aus<br />

Burkina Faso. Atouba stach mit seinem<br />

Trickreichtum und seiner exzellenten<br />

und frechen Ballbehandlung natürlich<br />

sofort hervor.<br />

Welche Spieler aus dem aktuellen<br />

Kader gefallen dir am besten Und<br />

warum<br />

Ich habe immer van der Vaart sehr<br />

gemocht, er war immer mein Spieler<br />

seit langem. Aktuell gefallen mir Holtby<br />

und Djourou besonders, den ich<br />

bereits seit seiner Zeit bei Arsenal verfolge..<br />

Warst du schon einmal in Hamburg<br />

und im <strong>HSV</strong>-Stadion Hättest Du Lust,<br />

dir einmal ein Spiel anzuschauen<br />

Ja, ich war schon mal in Hamburg,<br />

aber leider nicht im Stadion. Das hat<br />

nicht geklappt.<br />

Hättest du Lust, mal hinzugehen<br />

Ja, klar. Am liebsten würde ich<br />

<strong>HSV</strong> : Eintracht Frankfurt sehen. Die<br />

Paarung habe ich schon einmal gesehen.<br />

Aber das war in Frankfurt. Das war<br />

zur Zeit von Pitroipa und Zé Roberto.<br />

Der <strong>HSV</strong> hat 1:0 gewonnen. Ein Eintracht-Fan<br />

hat mir seine Dauerkarte<br />

gegeben. Er meinte, die Eintracht würde<br />

gewinnen. Ich habe geantwortet:<br />

„Nein, der <strong>HSV</strong> gewinnt.“ Er sagte, er<br />

habe keine Zeit ins Stadion zu gehen<br />

und ich solle seine Sitzplatzkarte nehmen.<br />

Wie war deine Stimmung, als der<br />

<strong>HSV</strong> am Tag deiner Hochzeit ein Heimspiel<br />

sang- und klanglos verloren hat<br />

Ich glaube, wir waren beide ziemlich<br />

deprimiert. Hast du über Scheidung<br />

nachgedacht<br />

Nein, über Scheidung habe ich nicht<br />

nachgedacht. (lacht) - Erst einmal wollte<br />

ich es während der Feier gar nicht<br />

wissen. Aber dann habe ich doch etwas<br />

mitbekommen. Ich konnte danach nicht<br />

mehr ruhig bleiben und wollte dann<br />

auch wissen, wie das Spiel läuft. Als ich<br />

gehört habe, daß der <strong>HSV</strong> verloren hatte,<br />

hat mir das richtig wehgetan. Ein<br />

Freund hat mir danach gesagt: „Mann,<br />

du solltest die Mannschaft wechseln.“<br />

Aber das wird nie geschehen. Und wenn<br />

der <strong>HSV</strong> in die A-Klasse absteigt, egal,<br />

ich werde Fan des <strong>HSV</strong> bleiben. Das ist<br />

in meinem Herzen, ein ganz starkes<br />

Gefühl.<br />

Das finde ich faszinierend, diese<br />

Loyalität. Ich meine, ich bin in Kiel geboren<br />

und mein Vater, Großvater und<br />

Urgroßvater sind in Hamburg geboren.<br />

Ich habe seit 40 Jahren eine sehr enge<br />

Bindung zu dem Verein und der Stadt.<br />

Das ist ja bei dir hingegen nicht der<br />

Fall. Und trotzdem eine enge emotionale<br />

Bindung an den <strong>HSV</strong>.<br />

Im letzten Jahr gab es eine intensive<br />

Debatte um die Gesellschaftsform<br />

des <strong>HSV</strong>. Hast du diese Debatte verfolgt<br />

und hattest du eine Meinung dazu<br />

Ja, die Diskussion habe ich mitbekommen<br />

und manchmal in den Sportsendungen<br />

die Meldungen zum Vorstand<br />

und den Finanzen verfolgt. Aber<br />

das waren interne Sachen, zu denen<br />

ich keine fundierte Meinung habe. Das<br />

sind Fragen, die ich kaum beurteilen<br />

kann: was nun gut oder weniger gut<br />

für den Verein ist. In diesen Themen<br />

kenne ich mich nicht so gut aus. Von<br />

außen kannst du die Wahrheit sowieso<br />

nicht beurteilen.<br />

Dein Sohn (4 Jahre) hat dein Fußball-Talent<br />

geerbt. Wirst du ihn auch<br />

zum <strong>HSV</strong>-Fan erziehen – oder müssen<br />

wir damit rechnen, dass es bald noch<br />

mehr Bayern-oder BVB-Fans gibt<br />

Ich will gerne, dass auch er <strong>HSV</strong>-Fan<br />

wird. Aber er wird selbst entscheiden.<br />

Ich wollte ihn eigentlich gerne zu den<br />

<strong>HSV</strong>-Bambini schicken. Aber leider sind<br />

wir zu weit von Hamburg entfernt.<br />

Ib, vielen herzlichen Dank<br />

fur das Gesprach.<br />

<strong>HSV</strong><br />

Fans<br />

in aller<br />

Welt<br />

Burkina<br />

Faso<br />

Burkina Faso (früher Obervolta)<br />

war französische Kolonie.<br />

In dem Land gibt es 55 verschiedene<br />

Sprachen, von denen einige<br />

auch in angrenzenden Ländern<br />

wie Mali, Senegal und an der<br />

Elfenbeinküste gesprochen<br />

werden.<br />

Griechen<br />

land<br />

Griechenland ist ein Land in<br />

Südosteuropa und Mittelmeeranrainerstaat.<br />

Das griechische<br />

Staatsgebiet grenzt an Albanien,<br />

die Republik Mazedonien, Bulgarien<br />

und die Türkei.<br />

Leser<br />

brief<br />

aus<br />

rhodos<br />

Meine Name ist Jiannis Manakitsas,<br />

in Berlin geboren und seit 1975 <strong>HSV</strong>-Fan.<br />

Seit 1996 lebe ich auf der griechischen<br />

Insel Rhodos, wo ich seit 1997 eine Pension<br />

betreibe. Meine kleine Pension hat<br />

10 Zimmer und ein Restaurant (mehr<br />

Infos gibt es hier). Hier auf Rhodos schaue<br />

ich mir ALLE <strong>HSV</strong>-Spiele live an. Über<br />

OTE TV (wie Sky in Deutschland). Und<br />

wenn sie mal kein <strong>HSV</strong> Spiel live zeigen,<br />

dann über das Internet mit Kabelanschluss<br />

am Fernseher.<br />

Pro Jahr gibt es zwei Phasen: Die erste<br />

Phase ist, wenn die Touristensaison<br />

auf Rhodos beginnt. Dann schaue ich<br />

mir die Spiele gemeinsam mit meinen<br />

Gästen in meiner Pension an (ich habe<br />

viele Stammgäste, die wissen, dass ich<br />

<strong>HSV</strong>-süchtig bin). Viele Gäste sind über<br />

mich auch zum <strong>HSV</strong>-Fan geworden. Immer<br />

wenn sie zu mir kommen, bringen<br />

sie auch immer Fanartikel vom <strong>HSV</strong> mit.<br />

Sogar für meinen Sohn! Leider müssen<br />

sie ab nächstes Jahr noch mehr <strong>HSV</strong>-<br />

Geschenke mitbringen, da meine Frau<br />

und ich Nachwuchs bekommen haben,<br />

und die <strong>HSV</strong> Familie noch größer geworden<br />

ist.<br />

Die andere Phase beginnt dann, wenn<br />

die Touristensaison endet. Dann genieße<br />

ich die <strong>HSV</strong> Spiele in aller Ruhe zu<br />

Hause mit meinem Sohn. Wobei ich meist<br />

sehr nervös und zitternd vorm Fernseher<br />

sitze oder auch stehe, wenn es mal nicht<br />

so läuft, wie ich es mir wünsche.<br />

Wenn wir aber gewinnen, dann feiern<br />

mein Sohn und ich gemeinsam am TV<br />

und hören uns die <strong>HSV</strong>-Hymne an.<br />

Meine Frau hält mich zwar für verrückt<br />

– sie sagt ja auch immer, dass ich<br />

den <strong>HSV</strong> mehr liebe als sie – aber was<br />

soll’s, den <strong>HSV</strong> habe ich ja auch als Ersten<br />

im Herzen gehabt.<br />

Nun ich hoffe jetzt endlich, dass der<br />

<strong>HSV</strong> die Kurve bekommt und wieder<br />

ganz nach oben kommt, denn ich vermisse<br />

die vielen Siege des <strong>HSV</strong> und die<br />

internationalen Spiele.<br />

In diesem Sinne … Nur der <strong>HSV</strong><br />

Euer Jiannis Manakitsas<br />

(Für immer <strong>HSV</strong>!!!)<br />

P.S. Ein Video von uns gibt es hier.<br />

57 Fernsicht


HINRUNDENRÜCKBLICK<br />

17 Spiele, 17 Punkte,<br />

9:19 Tore, Platz 14! Fakten,<br />

die aus der Tabelle<br />

abzulesen sind. Aber,<br />

wir alle haben einen<br />

unterschiedlichen<br />

Fokus und reagieren<br />

emotional anders auf<br />

das gleiche Spiel.<br />

Ein Rückblick auf<br />

die Hinrunde - durch<br />

viele verschiedene<br />

Augen geworfen.<br />

Ohne Anspruch darauf,<br />

dass der jeweilige<br />

Beschreiber auch das<br />

Gefühl des Lesers trifft.<br />

Aber lecker<br />

Kolsch!<br />

1. Spieltag - KoLN-hsv 0:0<br />

Ja ist denn<br />

noch 2013/2014<br />

2. Spieltag - <strong>HSV</strong>-Paderborn 0:3<br />

Einem Déjà-vu glich dieses Spiel gegen<br />

den Liganeuling. Mit Ausnahme<br />

von Behrami dieselben Kicker, so ist<br />

das Grauen der Vorsaison schnell<br />

wieder präsent. Die längste Vorbereitung<br />

ever, ever … konnte jedenfalls<br />

nicht zur Verbesserung des Zusammenspiels<br />

genutzt werden. Lediglich<br />

Rudnevs gelang ein sehenswerter<br />

Assist. Bitter, bei einem 0:3 noch eingestehen<br />

zu müssen, dass man „gut“<br />

davon gekommen ist.<br />

Trainer folgt<br />

auf Torwart<br />

3. Spieltag - Hannover-<strong>HSV</strong> 2:0<br />

Neuer Trainer,<br />

neue Leidenschaft!<br />

4. Spieltag - hsv-bayern 0:0<br />

Wieder mal erstaunlich, dass unsere<br />

Mannschaft nach einem Trainerwechsel<br />

plötzlich weiß, wie Räume<br />

zugestellt werden, und vor allem 90<br />

Minuten die Konzentration hochgehalten<br />

wird. So erzielte die Truppe<br />

zwar gefühlt 5% Ballbesitz, jedoch<br />

kamen die Bayern nicht wirklich zu<br />

vielen gefährlichen Torchancen. Die<br />

größte hatten dann sogar noch wir.<br />

Leider entschied sich die Kugel auf<br />

dem Weg ins leere Tor für die falsche<br />

Seite des Pfostens. Ein Spiel, welches<br />

Hoffnungen wecken sollte…<br />

Eine vorbereitung<br />

dauert 450 Minuten<br />

5. Spieltag - gladbach-<strong>HSV</strong> 1:0<br />

nachsicht<br />

Köln wieder in Liga 1, schöne,<br />

freundschaftliche Atmo in einem<br />

proppenvollen, sangesfreudigen<br />

Stadion – toller Rahmen. Den Teams<br />

war’s wurscht: Beiderseits „safety<br />

first“, ein lauwarm gepflegter, fast<br />

höhepunktfreier Hin-und-her-Kick<br />

auf übersichtlichem Qualitätslevel,<br />

das von den lecker Kölsch rund um<br />

diesen Saisoneröffner lässig übertroffen<br />

wurde.<br />

Erst wechselte Slomka den Torwart,<br />

dann wechselte der <strong>HSV</strong> den Trainer.<br />

Adler musste weichen, Drobny macht<br />

seiner Rückennummer wieder alle<br />

Ehre. Aber auch er konnte die Niederlage<br />

nicht verhindern. Der Defensivverbund<br />

stand unsicher, Hannover<br />

brauchte nur elf Minuten, um den<br />

Sieg einzutüten. Unser <strong>HSV</strong> grüßte<br />

fortan vom Tabellenende.<br />

Mittwochabend, Flutlicht-Spiel. Früher<br />

Arsenal und Turin, heute immerhin<br />

noch Mönchengladbach. Spiel<br />

Nr. 2 unter Joe und Liga-Spiel Nr. 5<br />

ohne Tor. Der gefühlte Ex-<strong>HSV</strong>er Kruse<br />

sorgte für das Tor des Abends. Der<br />

glänzende Drobny verhinderte<br />

Schlimmeres, sah aber auch eine<br />

einsatzfreudige Mannschaft, die sich<br />

nicht belohnte oder überhaupt<br />

Torchancen kreierte.<br />

Fotos: Witters<br />

58


Ein Schuss<br />

aus Nirgendwo<br />

6. Spieltag - hsv-frankfurt 1:2<br />

In der 25. Minute schreiben wir Negativgeschichte<br />

(Torlosrekord), doch<br />

nach unglücklichem Rückstand und<br />

Ausgleich durch Müller spielte der<br />

<strong>HSV</strong> beschwingt und druckvoll auf.<br />

Joes Truppe machte Spaß, das Publikum<br />

war hochzufrieden. Wäre da<br />

nicht die 90. Minute gewesen… wer<br />

erinnert noch Mineiro<br />

Der<br />

aufbaugegner<br />

7 Spieltag - dortmund-hsv 0:1<br />

In Dortmund! Gegen den Champions<br />

League-Teilnehmer! Gegen die gelbe<br />

Wand! Gegen den vollendeten Katastrophenstart<br />

in die Saison ... half<br />

kämpfen, laufen und Nicolai Müller!<br />

Erlaube ihm einen genialen Moment,<br />

den Raum, um Geschwindigkeit<br />

aufzunehmen und einen Lasogga<br />

im Blickfeld! Das 0:1 war nicht<br />

nur eminent wichtig, es war der<br />

verdiente Lohn harter Maloche!<br />

Von Baumannern<br />

und Hanselmannern<br />

8. Spieltag - <strong>HSV</strong>-hoffenheim 1:1<br />

Ruhe in Frieden, “<strong>HSV</strong> forever and<br />

ever”. Der „Nevergreen“ (sic!) ist aus<br />

dem Stadion verbannt. Oliver Baumann<br />

war es leider nicht. Der Keeper<br />

der Sinsheimer verhinderte eindrucksvoll<br />

den Heimsieg. Sportsfreund<br />

Aluminium hatte zudem seinen<br />

„solidarischen“ und verhinderte<br />

auf beiden Seite jeweils ein Tor. Tat<br />

aber nur zur Hälfte Not, Keule.<br />

Schlecht spielen<br />

kann jeder ...<br />

9. Spieltag - hertha-<strong>HSV</strong> 3:0<br />

... aber wir können es besonders gut!<br />

Schweinekalt im Stadion, nichts Erwärmendes<br />

von der Mannschaft.<br />

Viele Fehlpässe, kein Aufbauspiel –<br />

und nach einer Stunde die große<br />

Chance für Jansen, der freistehend<br />

an Kraft scheiterte. Direkt im Gegenzug<br />

zeigt Ben-Hatira, wie man es<br />

richtig macht. Der Rest war für Berlin<br />

nur noch Formsache.<br />

Wenn du aus<br />

Leverkusen kommst ...<br />

10. Spieltag - hsv-leverkusen 1:0<br />

Prinz IQ10. HW4. Donati. Valon. Spahic.<br />

Rafael. Leno. Marcell. Schmidt.<br />

Joe. Völler. Jörn Wolf. Das Spiel hatte<br />

unglaublich viele Protagonisten; vorher-dabei-nachher.<br />

Der Feinschmecker<br />

in mir musste dieses Spiel nicht<br />

toll finden, aber ganz ehrlich: Bin<br />

heiser und glücklich nach Hause gefahren.<br />

Jaaaaaaa!<br />

VfL Wolfsburg<br />

GTI<br />

11. Spieltag - wolfsburg-<strong>HSV</strong> 2:0<br />

War das nicht schön Ja, das war nicht<br />

schön. Die „Wobber“ waren schneller,<br />

zweikämpfstärker und abgezockter.<br />

Der Schein vom Mithalten können<br />

endete jäh als der einzig je in grün<br />

spielende Sympath uns im Stile vieler<br />

Ex-<strong>HSV</strong>er den Stich versetzte.<br />

Kevin, Prinz von Flandern, legte noch<br />

ein weiteres Tor auf. Frustrierend.<br />

Wir konnen ja<br />

doch Tore schiessen<br />

6 Punkte<br />

in Augsburg<br />

12. Spieltag - hsv-bremen 2:0<br />

4 unserer Männer liefen auf das Bremer<br />

Tor zu. / 3 Mitspieler zum Anspielen<br />

hatte der ballführende PML<br />

in der Mitte. / 2 Meter vor dem leeren<br />

Tor grätschte Arslan in den Pass. /<br />

1 Pfosten warf sich todesmutig in den<br />

Schuss. / 0 Mitleid für Wolf im Bremer<br />

Tor, als er sich die Kugel selber<br />

über die Linie drückte.<br />

13. Spieltag - Augsburg-<strong>HSV</strong> 3:1<br />

3 Punkte für die Heimmannschaft<br />

und 3 schwarze auf gelbem Grund<br />

für den Schiedsrichter. Joes Lok läuft<br />

nicht richtig in Jim Knopfs Heimat,<br />

trotz Führung vor der Halbzeitpause.<br />

Weinzierls Lok macht mehr Dampf<br />

und gewinnt verdient, auch wenn<br />

Schaffner Drees maßgeblich zum<br />

Ausgang des Spiels beiträgt.<br />

3. Heimsieg<br />

in Folge!<br />

14. Spieltag - hsv-mainz 2:1<br />

Erstmals zwei Stürmer in der Startelf.<br />

Es war eine der besten Saisonleistungen<br />

der Elf von Zinnbauer. Der <strong>HSV</strong><br />

hat das Spiel 88 Minuten kontrolliert<br />

und sich zum Schluss leider um einen<br />

souveränen Sieg gebracht. Wir <strong>HSV</strong><br />

Fans sind es allerdings gewohnt, bis<br />

zum Ende zittern zu müssen.<br />

Die Null steht<br />

schon wieder ..<br />

15. Spieltag - Freiburg-<strong>HSV</strong> 0:0<br />

... in schwarz-gelb auf dem Platz!<br />

Bereits nach 20 Sekunden bekam der<br />

SC Freiburg einen unberechtigten<br />

Elfmeter zugesprochen, doch unser<br />

Held Drobny konnte den Elfmeter<br />

problemlos halten. Den berechtigten<br />

Elfer auf der anderen Seite hat von<br />

den Schiris dann leider keiner gesehen.<br />

So blieb es torlos!<br />

Ein Stadion<br />

sieht rot...<br />

16. Spieltag - hsv-stuttgart 0:1<br />

Was erlaube … <strong>HSV</strong> ... eine Ideenlosigkeit<br />

sondergleichen!!! Nach etwa 15<br />

guten Minuten ging das Spiel verloren.<br />

37 Minuten in Überzahl haben (außer<br />

einem Déjà-vu) nichts eingebracht.<br />

Durch Pfiffe vom enttäuschten Publikum<br />

wurde die Mannschaft zusätzlich<br />

verunsichert. Auch wenn’s schwer<br />

fällt, sollte man die Mannschaft nicht<br />

gegen kompakt stehende Stuttgarter<br />

unterstützen Egal, Spiel abhaken,<br />

gemeinsam nach vorne schauen …<br />

Ein (un-)glUckliches<br />

Unentschieden! ..<br />

17. Spieltag - schalke-<strong>HSV</strong> 0:0<br />

Zweimal - dank Aluminium - Glück<br />

gehabt. Dagegen gehalten und eine<br />

Klasse zweite Halbzeit gespielt. Da<br />

wäre sogar noch ein Sieg drin gewesen,<br />

denn Möglichkeiten dafür hatten<br />

auch die Rothosen. Die Hinrunde<br />

zeigte uns gute, hoffnungsvolle Spiele<br />

und wieder mal Rückschläge. Aber<br />

auch 8 Punkte gegen die Champions<br />

League-Teilnehmer. Die Rückrunde<br />

kann kommen …<br />

59 nachsicht<br />

Fotos: Witters


nachsicht<br />

Aaaah, herrlich, da sind wir wieder<br />

knietief im Abstiegssumpf angekommen,<br />

wo wir uns zuletzt über 36 Spieltage<br />

in Agonie gewunden haben. Und<br />

was haben wir gezittert und gebibbert,<br />

als gäbe es keinen nächsten Spieltag<br />

mehr. Alles habe ich getan, um das<br />

drohende Unheil abzuwenden. Ich habe<br />

mich in schwarz-weiß-blauer Magie<br />

versucht und mit den abgenagten<br />

Hühnchenknochen die Spieltage ausgewürfelt.<br />

Bremen gewann 1:0, die<br />

Wiesenhof-Amputationen waren offensichtlich<br />

manipuliert. Ich habe nach<br />

dem Sieg gegen Vizekusen vor Schreck<br />

jeden Tag eine Packung Aspirin gefuttert<br />

und mit dieser Umsatzspritze den<br />

anstehenden Königstransfer erst möglich<br />

gemacht. Und zu guter Letzt habe<br />

ich in beschwörender Weise meine<br />

linksdrehenden Joghurtkulturen rechtsherum<br />

gerührt und bin nun möglicherweise<br />

verantwortlich für diese sinnentleerten<br />

HoGeSa-Aufmärsche.<br />

Alles habe ich falsch gemacht und<br />

es kam, wie es kommen musste,<br />

nur anders!<br />

Text: Lenhart Freiesleben<br />

Heute blicke ich zurück und komme<br />

mir unverwundbar vor, wie Siegfried<br />

der Drachentöter verfüge ich über eine<br />

zentimeterdicke Hornhaut auf meiner<br />

Fanseele. Der erfolgreiche, aber armageddonartige<br />

Abstiegs kampf hat mich<br />

verweichlichten Fußballneurotiker<br />

sämtlicher Illusionen beraubt und zu<br />

einem <strong>HSV</strong>-Zombie werden lassen. Die<br />

letzte Saison war ein steiniger, ein Hamburger<br />

Weg, der mit seiner einmaligen<br />

Pointe seinen festen Platz in der Bundesligahistorie<br />

gefunden hat:<br />

Trotz größter Kraftanstrengungen<br />

ist der <strong>HSV</strong> zu schlecht zum Absteigen!<br />

Nichtsdestotrotz, selten habe ich<br />

so rauschhafte Emotionen und verschwurbelte<br />

Wahrnehmungsstörungen<br />

erlebt und darauf kommt es ja schließlich<br />

beim Konsum der Volksdroge Fußball<br />

an. Insofern, danke dafür, lieber<br />

<strong>HSV</strong>!<br />

Und was haben wir uns zwischenzeitlich<br />

mit den Kühnes, Magaths, Trainers,<br />

Hakans, Kreuzers, Ertels & Hunkes<br />

(ohne die unsere vereinsinterne Muppetshow<br />

tatsächlich nur halb so unterhaltsam<br />

ist!) abgekämpft, um am Ende<br />

festzustellen ... wir haben endlich unseren<br />

Platz gefunden. Ja, wir haben uns<br />

mittlerweile im unteren Tabellendrittel<br />

recht kommod eingerichtet. Endlich<br />

kein Leistungsdruck mehr, das tut gut!<br />

Dies ist der Moment, wo erzwungene<br />

Demut zu einer entspannten Haltung<br />

führen kann! Unmut ist etwas für die<br />

Ambitionierten!<br />

Die Mär vom großmächtigen Traditionsverein<br />

ist jetzt einfach ausgeträumt,<br />

die Hoffnung auf den nächsten<br />

Landesmeistertriumph zerplatzt und<br />

die „an der Elbe werden Träume<br />

wahr“-Attitüde, wie eine lästige Last in<br />

der uns wohlbekannten Müllverbrennungsanlage<br />

entsorgt.<br />

Jetzt wissen wir auch, wozu sie<br />

gut ist ...<br />

Nun haben wir unseren fussballgottzugewiesenen<br />

Sitzplatz im C-Rang<br />

der Tabelle abonniert und sollten ihn<br />

einfach annehmen, akzeptieren, liebkosen<br />

und überhaupt dankbar sein, dass<br />

wir noch nicht implodiert sind, vor lauter<br />

Größenfantasien der letzten Jahre.<br />

Ab heute ist nix mehr mit „Fahrer träumt<br />

vom ...“, Augen auf im Straßenverkehr,<br />

wir sind und bleiben doch nur der <strong>HSV</strong>!<br />

Aber was ich überhaupt nicht verstehe,<br />

ich gehe seit Monaten mit<br />

hängendem Kopf voller Demut<br />

durch die Spielzeit und der <strong>HSV</strong><br />

spielt immer noch nicht um die<br />

Meisterschaft mit! So eine Sauerei!<br />

Aber jetzt nicht weinen, liebe Fangemeinde,<br />

wir stehen trotzdem für etwas<br />

besonderes, sind eben nicht die graue<br />

Maus der Mittelmäßigkeit, wir sind die<br />

größten Unterhaltungskünstler der Bundesliga,<br />

wenn nicht gar weltweit! Dies<br />

hatte ja schon der größte Rastafari des<br />

Universums, Bob Marley erkannt!<br />

Ohne uns wäre die Liga deutlich<br />

ärmer an medialen Rohrkrepierern, Hybris,<br />

Deppentum und Tolpatschigkeit.<br />

Wir schaffen es sogar in der Trostlosigkeit<br />

der fußballlosen Zeit die Gazetten<br />

mit skurrilem Output unserer Vereinshyperventilation<br />

zu füllen. Während wir<br />

sportlich wie die Flachpfeifen in der<br />

Bedeutungslosigkeit rumdümpeln, spielen<br />

wir auf der Panflöte des Entertainments<br />

in der Championsleague. Kein<br />

Flachs, unsere Bestimmung liegt nicht<br />

im sportlichen Erfolg, sondern im donaldduckmäßigen<br />

Durchwaten von<br />

Pleiten, Pech, Pannen und Fettnäpfchen.<br />

Wie heißt es doch so treffend Über<br />

Deutschland lacht die Sonne, über den<br />

<strong>HSV</strong> die ganze Liga und der FCB über<br />

sein Festgeldkonto.<br />

Egal, we proudly claim, ... we love<br />

to entertain the Liga!<br />

Aber noch etwas anderes zeichnet<br />

uns aus! Wir bieten dem uns innewohnenden<br />

Fluch die Stirn und zeigen der<br />

Welt, dass man mit dieser schlimmen<br />

Krankheit namens <strong>HSV</strong> durchaus gut<br />

leben kann. Offensichtlich sind wir zäh<br />

wie Unkraut und vollgepumpt mit Hoffnung,<br />

die uns über Wasser hält.<br />

Aber was soll man auch machen,<br />

wenn man wie ein kleines gallisches<br />

Dorf von übermächtigen<br />

Feinden umgeben ist<br />

Die Stadt ist fest in der Hand der<br />

Aufkleber-Boys in brown, zudem bedrängen<br />

uns die neoimperialistischen<br />

Lager Klein Wolfsburg, Hannover-Infantilum,<br />

und Werderwarum. Wo soll<br />

das alles hinführen, wenn nicht in die<br />

sportliche Bedeutungslosigkeit. Aber<br />

wer so schwer an seiner eigenen Geschichte<br />

zu schleppen hat wie wir, der<br />

bekommt zwar einen krummen Rücken<br />

und Plattfüße, aber bildet immerhin<br />

keine erfolgsverwöhnte Rückgratlosigkeit<br />

aus, wie es bei den titeldekadenten<br />

Freunden aus der bajuwarischen Hauptstadt<br />

zu bewundern ist. Auch darauf<br />

können wir stolz sein!<br />

Und was ist eigentlich in unserem<br />

Volkspark-Kolosseum mit den Blockbustern<br />

aus 22c los Während wir unsere<br />

Gladiatoren beim Kampf gegen ...<br />

sagen wir mal ... die Mannen vom Rhein<br />

nach vorne pfeifen Wo sind nur unsere<br />

Rächer und Retter des HSeV, die<br />

Traditionstaliban der postmodernen<br />

Fußballkultur<br />

Es ist alles so bitter, die weißen<br />

Tauben sind müde und haben<br />

sich zu Falken gemausert.<br />

Nun gut, CFHH hat das Megafon an<br />

den Nagel gehängt oder ist anderweitig<br />

in den Rängen versickert und es gibt<br />

tatsächlich 100 Gründe dies gut zu<br />

finden und 100 Gründe dies doof zu<br />

finden, so dass man sich selbst aussuchen<br />

kann, wie man das finden möchte.<br />

Also, ich finde es grundsätzlich<br />

löblich, wenn sich junge Leute kreativ<br />

engagieren und in Bastelworkshops<br />

eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung<br />

sehen. Auch ihre Zusammenkünfte, um<br />

gemeinsam Chorauftritte einem größeren<br />

Publikum darzubieten, waren<br />

vorbildlich. Nur der sorglose Umgang<br />

mit pyrotechnischen Objekten sollte<br />

aus dem Programm gelöscht werden,<br />

denn schließlich gilt auch in der Arena:<br />

Eltern haften für ihre Kinder!<br />

Was uns jetzt noch bleibt ist der<br />

real-existierende Kader!<br />

Zur einen Hälfte zusammengecastet<br />

von IHM himself – unserem<br />

Gallionsdidi!<br />

Und ob ihr es glaubt oder nicht,<br />

sein kühnster Coup war die Verpflichtung<br />

von Edelfan Klaus-Michael bei<br />

gleichzeitiger Vertragsklausel, dass<br />

dieser keine Einsatzgarantie erhält. Der<br />

zweitgrößte Coup war die Hinfortspülung<br />

der Klistierhymne von Dr. Hanselmann,<br />

welche schon vor Anpfiff für<br />

kollektiv volle Hosen gesorgt hat. Der<br />

<strong>HSV</strong> ist so groß, er kann sich sogar right<br />

here, right now einen 15 Jahre alten<br />

Evergreen leisten, ohne dass dem gemeinen<br />

Fußballvolk klar wird, dass<br />

dieser nur dazu da ist, das kritische<br />

Bewusstsein tranceartig zu vernebeln.<br />

Nachdem die Rechtsform des Vereins,<br />

die hochdekorierten Trainer, der Vorstand,<br />

der Aufsichtsrat und diverse<br />

Spieler ausgewechselt wurden, rätselt<br />

man nun, was noch austauschwürdig<br />

ist, um den 80er-Jahre-Erfolg wieder in<br />

die norddeutsche Tiefebene zu lotsen.<br />

Es ist wohl angedacht, die Heimspiele<br />

am Millerntor auszutragen, weil dort<br />

selbst bei miesester Leistung nicht gepfiffen<br />

wird. Im Tausch gibt es dort dann<br />

zweitligatauglichen Erstligafußball zu<br />

sehen und das Merchandisingprodukt:<br />

Jutetasche „Totenkopfraute“. Oh oh, wo<br />

soll das alles nur enden<br />

Und ich sag’ Euch, sollten wir doch<br />

absteigen ... wir werden Pokalschreck!<br />

Ich freue mich jetzt schon!<br />

60


Nachsicht<br />

Schluss<br />

Pfiff<br />

ball“ mit sich bringt. Die Unvernunft,<br />

die ihren Ursprung in der aufgeladenen<br />

Emotionalität hat, die den Fußball<br />

an sich umwabert.<br />

Alles ist relativ. An einem verregneten<br />

Sonntag machten mein Vater<br />

und ich uns auf zum Spiel gegen<br />

Mainz. Es regnete sich leicht ein und<br />

man war unwirsch, dass man ein wenig<br />

nass wurde. Löst man sich von<br />

der Betrachtung, muss man feststellen,<br />

dass wir während unserer „Fankarriere“,<br />

17 Jahre im siffigen Rund<br />

des alten Volksparkstadions gestanden<br />

haben und den Gewalten schutzlos<br />

ausgeliefert waren. Im ach-so-tollen<br />

Volksparkstadion, unserem Hort<br />

der Tradition und Teil unserer Vereinsseele.<br />

Und die Dauerkarte hat nur<br />

60 DeeeMaaaaark gekostet, da bekam<br />

man für kleines Geld noch ehrlichen<br />

Fußballsport (SPORT!!!) geboten. Und<br />

kein Mensch möchte zugeben, dass<br />

es im Prinzip das gleiche Profigeschäft<br />

gewesen ist, bei dem die Akteure für<br />

eine bestmögliche Entlohnung, mehr<br />

oder weniger motiviert auf dem Rasen<br />

umhergelaufen sind.<br />

Vieles mehr ist relativ. In der Bundesligasaison<br />

2013/2014 befanden wir<br />

uns nach dem 15. Spieltag mit 16 Punkten<br />

auf Platz 13 der Tabelle. Mit 5<br />

Punkten Vorsprung auf unseren spä-<br />

Wir hatten ein<br />

spannendes Jahr,<br />

in der Tat wurde<br />

uns von morgens<br />

bis abends nicht<br />

langweilig. Neben einer vertrackten<br />

sportlichen Situation begriff die<br />

Mitgliedschaft endlich, dass man<br />

nicht immer nur so tun kann, dass<br />

man am „modernen Fußball“<br />

teilnimmt. Man musste schlussendlich<br />

akzeptieren, dass wir seit<br />

mittlerweile mehreren Dekaden<br />

nicht nur auf der Stelle traten,<br />

sondern an einem physikalischen<br />

Weltenwunder teilnahmen. Wir<br />

torkelten gemächlich und selbstzufrieden<br />

in zwei Richtungen gleichzeitig:<br />

wirtschaftlich rückwärts<br />

und sportlich abwärts.<br />

Wir taten das,wozu die Ausgeburt<br />

des deutschen Vereinswesen, der<br />

ADAC, erst Monate später fähig sein<br />

sollte. Der ADAC „gliederte aus“, ehe<br />

die Politik und die Verfolgungsbehörden<br />

dies tun sollten, fernab des ureigenen<br />

Verständnisses des „Automobilclubs“.<br />

Wir taten das gleiche, nur<br />

weit vorher, ohne glücklicherweise<br />

dasselbe tun zu müssen, fernab des<br />

existenziellen, ökonomischen<br />

Druckes. Oh, nein, nicht wirklich, die<br />

vermeintliche Weisheit der Mitgliedschaft<br />

war sehr wohl geprägt durch<br />

existenziellen Druck. Sportlich lastete<br />

der wahrlich als kurios zu bezeichnende<br />

Klassenerhalt auf den<br />

Fan- und Mitgliederseelen. Wirtschaftlich<br />

war der Lizenzspielbetrieb<br />

des <strong>HSV</strong> e.V. in der Bundesliga schon<br />

lange nicht mehr wirklich tragfähig.<br />

Und die AG leidet noch heute - mehr<br />

denn je - an den zero-return-investments<br />

in unterdurchschnittliches<br />

Führungspersonal. Und die Verantwortlichen<br />

sitzen feixend in der Ecke<br />

und lachen sich eins.<br />

Wir als <strong>HSV</strong>er müssen endlich<br />

lernen, gewisse Dinge, mit der im<br />

Sommer unter Krokodilstränen herbeigerufenen<br />

Demut zu tragen und<br />

auch zu ertragen. Es ist für mich immer<br />

noch ein grenzenloses Faszinosum,<br />

wie schnell der Irrsinn in unserer<br />

Stadt Kreise zieht, nur weil sich<br />

die gelangweilte Presse diverse Dinge<br />

aus den Finger saugen muss, da es<br />

keine Standleitung mehr zum Elferrat<br />

gibt. Genauso deppert verhalten sich<br />

viele Anhänger, Fans und Mitglieder<br />

des <strong>HSV</strong>, die hysterisch jeden verzapften<br />

Bockmist (sei es in den Printmedien<br />

und/oder in den angeschlossenen<br />

Funkhäusern im Internet…)<br />

aufgreifen und sofort mit brennenden<br />

Fackeln und Mistgabeln auf die Straße<br />

rennen.<br />

Es fehlt die realistische Einordnung,<br />

die gelassene Betrachtung, die<br />

Akzeptanz von Verhaltensweisen und<br />

es fehlt die Geduld. Gut, der alte<br />

Schnack, wenn ich etwas mit „Geduld“<br />

machen will, dann gehe ich zum Angeln<br />

und nicht zum Fußball, beschreibt<br />

wunderbar die Unvernunft,<br />

die das rasante Geschäft „Profi-Fußteren<br />

Zielplatz „15“.<br />

In der Bundesligasaison 2014/2015<br />

befinden wir uns am gleichen Spieltag<br />

mit 16 Punkten auf Platz 14. Vorsprung<br />

auf den Relegationsplatz: 2<br />

Punkte.<br />

Wir haben aber schon dazugelernt<br />

und beweisen Gelassenheit und sind<br />

froh und demütig, dass wir in kleinen<br />

Schritten aus dem Tabellenkeller herausklettern.<br />

Das ist durchaus als positives Zeichen<br />

anzuerkennen und sollte zu<br />

weiteren positiven Taten rund um<br />

den <strong>HSV</strong> anspornen.<br />

Der Supporters Club sollte weiterhin<br />

wohlwollend unterstützt und<br />

gefördert werden. Das Wirken der<br />

hauptamtlichen Mitarbeiter ist keinesfalls<br />

obsolet und die neue Abteilungsleitung<br />

verdient wirklich Respekt<br />

und Engagement durch die<br />

Mitglieder.<br />

Ebenso benötigt diese Publikation<br />

weiterhin ehrenamtliche Geister, die<br />

Lust haben, ihre Freizeit mit Gedanken<br />

und Geschreibsel, von Fans für<br />

Fans zu verschwenden.<br />

Ein frohes, neues Jahr.<br />

Nur der <strong>HSV</strong>!<br />

In diesem Sinne<br />

Hondo<br />

Impressum<br />

V.i.S.d.P.<br />

Jan David Talleur<br />

Frickestrasse 32<br />

20251 Hamburg<br />

www.hsv-schnack.de<br />

redaktion@hsv-schnack.de<br />

Fax : 04106/75124<br />

Layout/Grafik/Bildauswahl<br />

Melanie Freiesleben,<br />

Sunna Weber , Jan Wesuls<br />

Redaktion & Lektorat<br />

Manuela Gerick, Markus Bülck, Tommy Cosmo,<br />

Sven Dabelstein, Carsten Gerloff, Michael Greve,<br />

Max Ilse, Jens Kochte, Michael Neuhof,<br />

Jan David Talleur, Lenni Freiesleben,<br />

Johannes Arbter, Marcel Ehlers, Robert Strobel,<br />

Kai Bojens, Ansgar Tasche, Thomas Pundrich,<br />

Alexander Bierhaus, Willy Hilbert, Alex Burk,<br />

Helmut Seifert<br />

Wir bedanken uns<br />

…bei unseren Interviewpartnern<br />

Bernhard Peters, Daniel Petrowsky, Timo Horn,<br />

Martin Oetjens, Thomas Kerfin, Carsten Bürger,<br />

Matthias Helbing, Sebastian Baier, Marcus Wiebusch,<br />

Gerrit Heesemann, Dirk Böge, Ib Traoré<br />

…bei den Autoren<br />

Doreen Schneider, Maik Erbsmehl,<br />

Alexander von Beyme, Elke Opitz, Gabi Weidenhagen,<br />

Jiannis Manakitsas Reinhard Hupfer, Sven Kröger,<br />

Claudia Dreissigacker, Morten Armbrecht,<br />

Thorsten Lesch, Horst Schröder, Rolf Westphal,<br />

Cornelius Göbel<br />

…bei allen, die den <strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong><br />

unterstützt haben, insbesondere<br />

Jörn Wolf, Tobi Hauke, Markus Gorges &<br />

TEAM ICE Hotel Altona !!!, Christoph Zeuch,<br />

Andreas Wiese, Axel Formeseyn,<br />

Thees Uhlmann, Thorsten Ewert<br />

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung<br />

des jeweiligen Autors und nicht immer die Meinung der<br />

Redaktion wieder. Die veröffentlichten Inhalte und Werke<br />

sind urheberrechtlich geschützt. Jede vom deutschen Urheberrecht<br />

nicht zugelassene Verwertung bedarf der vorherigen<br />

schriftlichen Zustimmung des jeweiligen Autors oder<br />

Urhebers. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigung, Bearbeitung,<br />

Übersetzung, Einspeicherung, Verarbeitung bzw.<br />

Wiedergabe von Inhalten in Datenbanken oder anderen<br />

elektronischen Medien und Systemen. Inhalte und Beiträge<br />

Dritter sind dabei als solche gekennzeichnet. Die unerlaubte<br />

Vervielfältigung oder Weitergabe einzelner Inhalte oder<br />

kompletter Seiten ist nicht gestattet und strafbar. Lediglich<br />

die Herstellung von Kopien und Downloads für den persönlichen,<br />

privaten und nicht kommerziellen Gebrauch ist erlaubt.<br />

Links zur Website von <strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong> sind jederzeit willkommen<br />

und bedürfen keiner Zustimmung durch den Anbieter der Website.<br />

Auf ein<br />

Erfolgreiches jahr<br />

2015<br />

NUR der <strong>HSV</strong><br />

61

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