HSV-SCHNACK-Ausgabe2
HSV-SCHNACK-Ausgabe2
HSV-SCHNACK-Ausgabe2
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>HSV</strong><br />
#2<br />
von Fans für Fans<br />
Jetzt online:<br />
<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong><br />
#2<br />
<strong>SCHNACK</strong><br />
das alternative Supporters Magazin<br />
von Fans für Fans<br />
„Mut zur Veränderung“<br />
Bernhard Peters im Interview
3 Vorsicht<br />
04<br />
06<br />
09<br />
11<br />
14<br />
16<br />
17<br />
19<br />
20<br />
Aussicht<br />
Mut zur Veränderung<br />
Bernhardt Peters im Interview<br />
<strong>HSV</strong>- Campus<br />
Die Zukunft ist ... was<br />
Unter 23 – über den Erwartungen<br />
Ein Rückblick auf die Hinrunde<br />
„Die Wäsche wartet ...“<br />
Daniel Petrowsky im Interview<br />
Kleine <strong>HSV</strong>er ganz groß<br />
Der <strong>HSV</strong> Kids-Club<br />
Ansicht<br />
25.01.2015<br />
Präsidiumswahl beim <strong>HSV</strong><br />
Die Qual der Wahl<br />
Präsidiumswahl beim <strong>HSV</strong><br />
Die gedanken sind frei<br />
Präsidiumswahl beim <strong>HSV</strong><br />
Sich einfach mal trauen ...<br />
Präsidiumswahl beim <strong>HSV</strong><br />
21<br />
22<br />
23<br />
27<br />
30<br />
Gehorsam oder Eigenverantwortung<br />
Fest der 1000 Zwerge<br />
Die Beerdigungsgesellschaft<br />
Gespräch mit der neuen AL<br />
Eine schrecklich nette Familie<br />
3 Generationen, 2 Halbzeiten, 1 Verein<br />
RaD an RaD<br />
Ein Heimspiel aus der Sicht eines Rollstuhlfahrers<br />
34<br />
Fanbetreuung<br />
58<br />
Menschen mit Behinderung beim <strong>HSV</strong><br />
36<br />
Liebeserklärungen, die Erste<br />
„Herr Rebbe, kennen Sie ...“<br />
Einsicht<br />
<strong>HSV</strong>-Volksparkett<br />
Die offene Bühne rund um den <strong>HSV</strong><br />
38<br />
41<br />
43<br />
45<br />
52<br />
48<br />
50<br />
55<br />
Kräne und Perlen<br />
Lotto und Dirk Böge im Interview<br />
Beim Ersten Mal ...<br />
... es war 1995<br />
Meine <strong>HSV</strong>-Genesis<br />
Am Anfang war Micky Maus<br />
Rautenträger mit erfolg<br />
Sebastian Bayer im Interview<br />
OFCs<br />
OFCs stellen sich vor<br />
Umsicht<br />
Ein sonniger Dienstag<br />
Marcus Wiebusch im Interview<br />
Das Missverständnis<br />
Schwul, na und<br />
Fernsicht<br />
Fans abroad<br />
Burkina Faso und Griechenland<br />
60<br />
61<br />
61<br />
Nachsicht<br />
Hinrundenfazit<br />
Demut vs. Unmut<br />
Schlusspfiff<br />
Impressum
aussicht<br />
Foto: Witters<br />
MUT<br />
ZUR<br />
VERÄN-<br />
DERUNG<br />
BERNHARD PETERS<br />
Eine der offensichtlichen Baustellen beim <strong>HSV</strong> ist<br />
ganz sicher die Nachwuchsarbeit unseres Vereins, aus<br />
der in der Vergangenheit viel zu wenige Talente hervorgingen.<br />
Gemessen an den Möglichkeiten eines Vereins<br />
von der Größe und Ausstrahlung des <strong>HSV</strong> ist das<br />
bisher Erreichte im Bereich des Nachwuchses nicht<br />
immer überzeugend gewesen. Eine der wesentlichen<br />
Aufgaben von Bernhard Peters als „Direktor Sport“<br />
ist es deshalb, ein umfassendes Förderkonzept vom<br />
Jugendbereich bis hin zum Profikader zu entwickeln.<br />
Wir hatten die Gelegenheit, ihn zum Gespräch zu treffen<br />
und uns einmal erklären zu lassen, was ihn nach<br />
Hamburg gezogen hat und was er hier bewegen will.<br />
Text: Kai Bojens und Ansgar Tasche<br />
Text: Kai Bojens und Ansgar Tasche<br />
04
Wer verstehen will, wie wertvoll Peters<br />
für den <strong>HSV</strong> ist, muss sich als<br />
erstes einmal seine sportliche Entwicklung<br />
anschauen. Nachdem er in<br />
jungen Jahren als Hockeyspieler seine<br />
spielerischen Grenzen in höheren<br />
Ligen fand, wechselte er die Seiten<br />
und begann eine Ausbildung zum<br />
professionellen Hockeytrainer.<br />
Dies führte ihn schließlich 1985 als<br />
Trainer zum Deutschen Hockey Bund,<br />
wo er die Juniorenteams trainierte<br />
und diese bis zum Jahr 2000 zu mehreren<br />
internationalen Titeln führte.<br />
Vor allem aber hat er in dieser Zeit<br />
ein umfassendes System der Jugendausbildung<br />
etabliert, in dem es feste<br />
Konzepte, Pläne und Ziele für alle<br />
Stufen der spielerischen Ausbildung<br />
gab. Im Jahr 2000 übernahm er dann<br />
die Herrennationalmannschaft und<br />
wurde mit der Mannschaft 2002 und<br />
2006 jeweils Weltmeister, was letztlich<br />
auch Ergebnis seiner konsequenten<br />
Arbeit mit den Juniorenmannschaften<br />
war.<br />
Einer breiten Öffentlichkeit wurde<br />
der Name Bernhard Peters bekannt,<br />
als Jürgen Klinsmann ihn 2006 als<br />
DFB-Sportdirektor haben wollte. Die<br />
Wahl fiel damals bekanntlich auf<br />
Matthias Sammer und Bernhard Peters<br />
hat im Anschluss einen anderen<br />
Weg gewählt. Im gleichen Jahr nahmen<br />
Ralf Rangnick und Dietmar Hopp<br />
Kontakt auf, um ihn für das Projekt<br />
Hoffenheim zu gewinnen, wo er dann<br />
schließlich den Nachwuchsbereich<br />
viele Jahre entscheidend geprägt hat.<br />
„Jetzt wollte ich einfach einen Verein<br />
auch kennenlernen und mich da beweisen,<br />
der ganz andere Koordinaten hat.<br />
Und dieser Verein ist ja komplett anders<br />
als Hoffenheim und das ist ja genau<br />
das, was mich gereizt hat. Mut zur Veränderung.“<br />
„MIR GEFÄLLT DIE<br />
IDEE VON DIETMAR<br />
BEIERSDORFER“<br />
Doch warum wechselt man dann von<br />
einem – von außen betrachtet – klar<br />
strukturierten Verein ohne größere<br />
Einflüsse von außen zum <strong>HSV</strong> Peters<br />
gibt hier eine klare Antwort: er habe<br />
schon immer privat wie beruflich<br />
großen Mut zur Veränderung gehabt<br />
und vor allem gefalle ihm das Konzept,<br />
das Dietmar Beiersdorfer beim<br />
<strong>HSV</strong> umsetzen will.<br />
Fotos: Witters<br />
„Dietmar Beiersdorfer geht es um den<br />
Kern des Fußballs, die Leistungsentwicklung,<br />
ein Zurück von dem großen Eventund<br />
Marketingcharakter, der mir auch<br />
nicht so liegt. Und die Ausrichtung von<br />
Dietmar Beiersdorfer, Peter Knäbel und<br />
mir – die gefällt mir einfach. Da habe<br />
ich gedacht, das ist eine klasse Ausgangsposition<br />
wo man beim <strong>HSV</strong> etwas bewegen<br />
kann. Im Übrigen verstehen die<br />
Leute mich in Hamburg besser, während<br />
man mich in Hoffenheim beim Sprechen<br />
immer gefragt hat: ‚Sind Sie eigentlich<br />
Hamburger’“<br />
Die Jobbeschreibung von Bernhard<br />
Peters ist dabei ähnlich wie in Hoffenheim.<br />
Er entwickelt eine Konzeption,<br />
um vom Jugend- bis zum Profibereich<br />
ein einheitliches System von<br />
Methoden, Inhalten und Zielen zu<br />
prägen, welche die Nachwuchsarbeit<br />
des <strong>HSV</strong> verbessern sollen. Dabei geht<br />
es nicht nur darum, bestimmte Konzepte<br />
schematisch vorzugeben, sondern<br />
in Zusammenarbeit Dinge zu<br />
entwickeln und dabei auch Lern- und<br />
Veränderungsbereitschaft auf allen<br />
Ebenen zu zeigen.<br />
Zwar beginnt er beim <strong>HSV</strong> auf einem<br />
ganz anderen Niveau als seinerzeit<br />
in Hoffenheim, sieht sich dafür aber<br />
auch einem „Riesentanker“ gegenüber,<br />
dessen Kurs sich eben nicht so<br />
schnell ändern lässt. Dabei unterscheidet<br />
sich seine Arbeit naturgemäß<br />
von dem eher kurzfristigen Handeln<br />
eines Managers, der im Profibereich<br />
viel mehr auf tagesaktuelle Veränderungen<br />
eingehen muss.<br />
„FUSSBALL IST<br />
TOTAL KOMPLEXES<br />
FELD VON VIELEN<br />
FAKTOREN, DIE MAN<br />
OPTIMIEREN MUSS“<br />
Ein erstes Beispiel seiner Arbeit kann<br />
man sich auf <strong>HSV</strong>-Total anschauen .<br />
Dort stellen der <strong>HSV</strong> und Bernhard<br />
Peters ein Konzept vor, mit dem Kinder<br />
und Jugendliche aus norddeutschen<br />
Vereinen an den <strong>HSV</strong> herangeführt<br />
werden sollen. Der <strong>HSV</strong><br />
bietet hier eine Zusammenarbeit an,<br />
um junge Talente gezielt zu fördern,<br />
die in ihren Vereinen durch besonderes<br />
Potential aufgefallen sind und<br />
die beim <strong>HSV</strong> mit anderen Talenten<br />
andere Anreize bekommen.<br />
Das Ziel ist hier eine wertschätzende<br />
Zusammenarbeit mit allen Amateurvereinen.<br />
Ein weiterer Baustein des<br />
Nachwuchskonzepts ist der Campus,<br />
der direkt am Stadion entstehen soll.<br />
Dadurch soll es auch eine direkte<br />
Nähe zu den Profis geben und somit<br />
eine weitere Motivation der Jugendspieler,<br />
die nun ganz bildlich vor<br />
Augen haben, welches Ziel vor ihnen<br />
liegt und wofür sie arbeiten. Insgesamt<br />
soll es ein System geben, das<br />
sich zum einen durch ein Netzwerk<br />
von Trainern und Experten auszeichnet,<br />
die gemeinsam die Inhalte entwickeln<br />
und umsetzen und so eine<br />
sehr gute Infrastruktur für die Ausbildung<br />
schaffen. Zum anderen soll<br />
hierdurch eine mehrjährige Ausbildung<br />
von Talenten erfolgen, die im<br />
besten Fall über viele Jahre betreut<br />
werden und hierüber auch eine Identifikation<br />
entwickeln, die bis in den<br />
Profibereich wirkt.<br />
„Wir wollen eine Durchlässigkeit hinkriegen,<br />
die emotional unbedingt wichtig<br />
ist. Dass die jüngeren Spieler sehen:<br />
da ist die Arena, da spielen die Profis,<br />
da will ich mal hin, jetzt bin ich noch<br />
drei Plätze entfernt, ich bin aber mit<br />
dem Zentrum schon hier. Und dann<br />
kriegst Du in allen Bereichen, in allen<br />
Aspekten die Durchlässigkeit und das<br />
Zusammenspiel der Kräfte besser hin.<br />
Und deswegen müssen wir das mit Hochdruck<br />
versuchen umzusetzen.“<br />
Dabei wird auch deutlich, dass Peters’<br />
Arbeit nicht auf kurzfristige Effekte<br />
und Ziele ausgelegt ist. Vielmehr ist<br />
er derjenige, der die ganz grundlegenden<br />
Weichen stellen soll, um in der<br />
Zukunft wieder mehr Erfolg haben<br />
zu können. Zusammen mit Beiersdorfer<br />
will er einen Verein schaffen, der<br />
von der Struktur her stabiler ist und<br />
unabhängiger von irgendwelchen<br />
Trainerwechseln im Profibereich.<br />
Auf diesem Weg kann er natürlich<br />
keinen Erfolg versprechen – er will<br />
aber Mannschaften schaffen, die mit<br />
voller Leidenschaft, Lernbereitschaft<br />
und hoher Identifikation auf dem Feld<br />
stehen. Und das kann dann nicht nur<br />
ein Ausgangspunkt für sportlichen<br />
Erfolg sein, sondern vor allem auch<br />
für Mannschaften, die eine starke<br />
Begeisterung auslösen können.<br />
05 aussicht
Fotos: Witters<br />
<strong>HSV</strong><br />
CAMPUS<br />
DIE ZUKUNFT IST<br />
Autoren:<br />
Jens Kochte & Jan David Talleur<br />
unter Mitarbeit von Rolf Westphal<br />
06 aussicht
Am 12. Juli 2012 trat der damalige Vorstand des <strong>HSV</strong><br />
mit Carl-Edgar Jarchow, Frank Arnesen, Joachim Hilke<br />
und Oliver Scheel vor die Presse, um seine Vision<br />
von der Einbindung des Nachwuchsleistungszentrums<br />
in den Volkspark vorzustellen.<br />
Ein Zentrum, das nun eine enge Verzahnung<br />
des Nachwuchses mit den<br />
Profis herstellen und somit die Durchlässigkeit<br />
in den Profibereich deutlich<br />
erhöhen sollte.<br />
Die Ausbildung eigener Nachwuchskräfte<br />
sollte in den Focus rücken und<br />
somit ein Bereich neu aufgestellt<br />
werden, der beim <strong>HSV</strong> seit Jahren im<br />
Argen lag. Sportchef Frank Arnesen,<br />
der als „Vater“ und wichtigster Fürsprecher<br />
des sportlichen Teils dieses<br />
Konzeptes galt, sagte bei der Vorstellung:<br />
„Der neue <strong>HSV</strong>-Campus bietet<br />
uns die Chance, uns in optimaler<br />
Umgebung hundertprozentig auf<br />
unsere sportlichen Ziele konzentrieren<br />
zu können.“<br />
Fotos: Witters<br />
Ein Gebäude in mit rund 4.000 qm<br />
Geschossfläche und einem Forum in<br />
Rautenform zur Begegnung für Besucher,<br />
Mitglieder, Nachwuchs und<br />
Spieler stellte das Herzstück der vorgestellten<br />
Anlage dar. Ein Vereinszentrum<br />
rund um den Profisport.<br />
Das <strong>HSV</strong>-Internat, Ausbildung von<br />
Spielern und Trainern aber auch<br />
‚Aufenthaltsqualität‘ (Joachim Hilke)<br />
für Besucher der Anlage wie Trainingskiebitze<br />
in Form von Fanshop,<br />
Gastronomie, Tagungsräumen sollte<br />
mit diesem Projekt nun endlich im<br />
engen Verbund mit Stadion und Trainingsplätzen<br />
der Profis gebracht<br />
werden. Die Anlage des <strong>HSV</strong> in Ochsenzoll<br />
platze ohnehin aus allen Nähten<br />
und sollte nach Aussage der Vorstände<br />
zukünftig vermehrt für den<br />
Breitensport genutzt werden.<br />
FINANZIERUNG<br />
Joachim Hilke führte aus, dass „…das<br />
Projekt irgendwo zwischen 10,5 und<br />
12 Mio. € liegen [wird]…“, und stellte<br />
der Öffentlichkeit die Pläne eine zur<br />
Finanzierung des Campus verwendete<br />
„Jubiläumsanleihe“ vor.<br />
Diese mit 6% verzinste Anleihe in<br />
Höhe von 12,5 Mio. € wurde Ende<br />
September 2012 begeben. Es dauerte<br />
keine drei Wochen bis zur vollständigen<br />
Zeichnung. Der Erfolg ermutigte<br />
zur Auflage einer zweiten Tranche<br />
von 5 Mio. €, die dem Verein ab<br />
dem 15. November 2012 in gerade<br />
einmal zwei Tagen aus den Händen<br />
gerissen wurde.<br />
Die zusätzlichen Mittel sollten laut<br />
Carl-Edgar Jarchow der „…weiteren<br />
Qualitätsverbesserung des Campus…“<br />
(MoPo vom 17.11.2012) sowie Renovierungsarbeiten<br />
an der Arena dienen.<br />
Nach Abzug der Emissionskosten<br />
(rund 800.000 €) verblieb somit ein<br />
Mittelzufluss aus Fremdkapital in<br />
Höhe von rd. 16,7 Mio. €.<br />
Der damalige Aufsichtsratsvorsitzende<br />
Alexander Otto hatte dem Verein<br />
mit seinem Unternehmen ECE die<br />
Planungsleistungen im Wert von ca.<br />
500.000 € kostenlos zur Verfügung<br />
gestellt.<br />
PLANUNG, UMSETZUNG,<br />
VERANTWORTUNG<br />
Die Pressekonferenz am 12. Juli 2012<br />
vermittelte den Eindruck, als ob die<br />
Planungs- und Genehmigungsphase<br />
in vollem Gange sei. Marketingvorstand<br />
Joachim Hilke drückte den Wunsch<br />
aus, dass mit dem Bau des Gebäudes<br />
bereits im Frühling/ Sommer 2013 begonnen<br />
werden würde. Die Bauzeit<br />
wurde mit 18 Monaten veranschlagt,<br />
während die 5 neuen Trainingsplätze<br />
innerhalb von 8-10 Wochen errichtet<br />
werden könnten.<br />
Auf der außerordentlichen Mitgliederversammlung<br />
am 15. Oktober 2012<br />
wurde der Zeitrahmen von Carl-Edgar<br />
Jarchow nochmals bestätigt. Dieser<br />
führte aus, dass die Bauprüfungsanträge<br />
an den Bezirk Altona gesendet<br />
worden seien und im Juni 2013 - falls<br />
denn alles planmäßig verliefe - der<br />
erste Spatenstich erfolgen solle.<br />
Die Detailplanung benötigte dann doch<br />
mehr Zeit. Am 30. Mai 2013 übergab<br />
Jarchow in einem symbolischen Akt<br />
den Bauantrag an Sportsenator Michael<br />
Naumann und den stellvertretenden<br />
Leiter des Bezirksamts Altona, Kersten<br />
Albers. In der Woche zuvor hatte man<br />
sich von Sportdirektor Frank Arnesen<br />
getrennt, eine Einigung mit Oliver<br />
Kreuzer als seinem Nachfolger – und<br />
damit neuem inhaltlich Verantwortlichen<br />
- stand unmittelbar bevor. Der<br />
Baubeginn wurde nun für den Anfang<br />
2014, die Fertigstellung für den Sommer<br />
2015 angekündigt.<br />
Die zweite Hälfte des Jahres 2013 war<br />
geprägt von der Debatte um die zukünftige<br />
Ausrichtung des <strong>HSV</strong>, nachdem<br />
Ernst-Otto Rieckhoff in seiner<br />
„-Rede auf der Mitgliederversammlung<br />
vom 2. Juni 2013 die Diskussion um<br />
eine Ausgliederung des Profibereiches<br />
ins Rollen gebracht hatte. Die intensive<br />
Auseinandersetzung mit diesem<br />
Thema sowie die angespannte sportliche<br />
Situation ließen die Zukunft des<br />
<strong>HSV</strong>-Campus und dessen Stand der<br />
Umsetzung aus dem Fokus der öffentlichen<br />
Wahrnehmung rücken.<br />
Allerdings meldete sich der Vorstandvorsitzende<br />
Carl-Edgar Jarchow noch<br />
einmal zu Wort. In einem Artikel der<br />
„Welt“ am 9. Oktober 2013 revidierte<br />
er den Zeitplan erneut. „Nach derzeitigem<br />
Planungsstand wird der Spatenstich<br />
im Februar [2014] erfolgen.“ Der<br />
überreichte Bauantrag unterliege – bis<br />
dato mängelfrei – der Prüfung, somit<br />
könne mit einer Fertigstellung des Projektes<br />
im September 2015 gerechnet<br />
werden.<br />
Am 19. Januar 2014 beauftragte die<br />
Mitgliedschaft den Vorstand mit der<br />
Vorbereitung der Ausgliederung; ein<br />
umfangreiches Strukturprojekt, das<br />
07 aussicht
wesentliche Kapazitäten des Vorstandes<br />
binden sollte. Am Bauplatz im<br />
Volkspark wurde der Spaten für den<br />
ersten Stich immer noch gesucht. Der<br />
Bauherr hatte allerdings noch keinen<br />
Zugriff auf die zu bebauenden Grundflächen.<br />
Die Verhandlungen mit dem<br />
Bezirk Altona über einen Flächentausch<br />
und einen vorgesehenen Pachtvertrag<br />
waren noch nicht abgeschlossen. Nach<br />
Informationen der digitalen Zeitung<br />
ALTONA.INFO konnten nach einer<br />
nicht-öffentlichen Sitzung der Bezirksversammlung<br />
Altona am 28. März 2014<br />
jedoch wesentliche Problempunkte<br />
gelöst werden.<br />
Der <strong>HSV</strong> rettete sich letztlich in der<br />
Relegation, die Mitgliedschaft beschloss<br />
am 25. Mai. 2014 die Ausgliederung des<br />
Profibereiches und die Verantwortlichen<br />
wechselten somit erneut. Die <strong>HSV</strong><br />
Fußball AG wurde nunmehr Schuldner<br />
der Anleihen und rechtlicher Träger<br />
des Campus-Projektes. Jarchow übergab<br />
das Staffelholz an den neuen Vorstandsvorsitzenden<br />
Dietmar Beiersdorfer,<br />
Vorstandsmitglied und<br />
Sportchef Oliver Kreuzer wurde in der<br />
Folge durch Peter Knäbel (Direktor<br />
Profifußball) ersetzt und die Position<br />
„Direktor Sport“ in Person von Bernhard<br />
Peters neu geschaffen. Ein Lenkungsausschuss,<br />
bestehend aus den<br />
Vorständen Beiersdorfer und Hilke<br />
sowie Direktor Peters, zeichnet nun<br />
für die Umsetzung verantwortlich.<br />
Bernhard Peters‘ Anforderungen an<br />
das Projekt als Ergebnis seiner Erfahrungen<br />
aus seiner Funktion bei der<br />
TSG Hoffenheim dürften dazu beigetragen<br />
haben, dass Dietmar Beiersdorfer<br />
in einer Mitgliederinformation vom<br />
27. August 2014 auf <strong>HSV</strong>.de ausführte:<br />
„Bei der Konzentration auf unsere Kernkompetenz<br />
Leistungsfußball, haben wir<br />
den geplanten Bau des Campus einer<br />
Prüfung unterzogen“. Es sei daher eine<br />
konzeptionelle Neuausrichtung notwendig,<br />
um diese Fokussierung auch im<br />
wichtigsten strategischen Projekt des<br />
<strong>HSV</strong> glaubhaft und konsequent umzusetzen.<br />
So sollen Flächen, die zunächst<br />
für die öffentliche Ausrichtung gedacht<br />
waren (u.a. Gastronomie und Erlebnisflächen),<br />
weiteren sportlichen Bereichen<br />
weichen bzw. diese erweitern.“<br />
Diese offenbar weitreichenden Änderungen<br />
stellte Dietmar Beiersdorfer<br />
schließlich dem Hauptausschuss<br />
der Bezirksversammlung Altona in<br />
einer nicht-öffentlichen Sitzung am<br />
9. Oktober 2014 vor. Ein größeres<br />
Gebäude, bis zu sieben Trainingsplätze<br />
und somit deutlich größeren Geländebedarf<br />
mit allen einhergehenden<br />
bau- und vertragsrechtlichen<br />
Änderungen sind nach einem Bericht<br />
vom 20. Oktober 2014 auf ALTONA.<br />
INFO die Kernstücke des geänderten<br />
Konzeptes. Nach diesen Informationen<br />
soll das revidierte Konzept in<br />
mindestens zwei Schritten umgesetzt<br />
werden, wobei die Genehmigungsplanung<br />
nun bis 2015 dauere. Konkrete<br />
Termine für den schrittweisen<br />
Teilbezug wurden nicht öffentlich.<br />
Die Baugenehmigung für die ehemalige<br />
Campusplanung wurde im Übrigen<br />
am 28. Mai 2014 bewilligt, zudem<br />
wurde am 14. November 2014 eine<br />
Genehmigung für den Bau einer weiteren<br />
Trainingsfläche - zwischen<br />
vorhandenen Trainingsplätzen und<br />
Friedhof - erteilt.<br />
Nichtsdestotrotz scheinen die Verträge<br />
für das vorgesehene Areal des<br />
Campus – Neubaus bislang nicht unterzeichnet<br />
worden zu sein. Zwar<br />
wurde erst kürzlich, genau am 11.<br />
Dezember, öffentlichkeitswirksam<br />
die Unterzeichnung von Pachtverträgen<br />
bekannt gegeben. Der auf <strong>HSV</strong>.<br />
de veröffentlichte Text scheint den<br />
Leser aber eher etwas in die Irre zu<br />
leiten.<br />
Fotos: Witters<br />
Hier wird ausgeführt, dass „Dank des<br />
unterzeichneten Vertrags mit der<br />
Freien und Hansestadt Hamburg und<br />
der vorliegenden Baugenehmigung<br />
kann der <strong>HSV</strong> die ersten baulichen<br />
Maßnahmen für die Erweiterung der<br />
Trainingsflächen im Jahr 2015 beginnen.“<br />
Dieser vorgestellte Pachtvertrag,<br />
der eine Laufzeit bis 2073 haben<br />
soll, scheint nur die Flächen für den<br />
Bau der am 14.11. genehmigten Trainingsfläche<br />
zu beinhalten. Dafür<br />
spricht auch, dass seitens des <strong>HSV</strong><br />
bislang immer von einem 99-jährigen<br />
Pachtvertrag im Rahmen des Campus<br />
– Projektes gesprochen wurde.<br />
WAS BLEIBT, WO GEHT’S HIN,<br />
UND WAS WIRD DER INHALT<br />
So, die Historie und der – doch recht<br />
oberflächliche – aktuelle Status sind<br />
nun aufgearbeitet. Der aufmerksame<br />
Leser fragt sich nun bestimmt: „Was<br />
will uns der Autor damit sagen“<br />
Bei mir bleibt Verwunderung darüber,<br />
dass dieses mit Abstand größte Infrastrukturprojekt<br />
des <strong>HSV</strong> seit dem Bau<br />
der Arena kaum noch einen Widerhall<br />
in den führenden Medien findet. Der<br />
Dank geht daher an Christoph Zeuch<br />
von ALTONA.INFO, die - bis zur Veröffentlichung<br />
über die Zeichnung der<br />
Erbbauverträge Mitte dieses Monats<br />
durch den <strong>HSV</strong> - als einziges Hamburger<br />
Medium überhaupt konkretere<br />
Details zu der baurechtlichen Situation<br />
im März sowie der veränderten Bebauungsplanung<br />
im Oktober veröffentlichte.<br />
Eine inhaltliche Auseinandersetzung<br />
zum Projekt findet nicht statt, die Diskussion<br />
wird fast ausnahmslos im Zusammenhang<br />
mit seiner Finanzierung<br />
durch die Anleihe oder – publikumswirksam<br />
– mit reinen Spekulationen<br />
über eine Kostenübernahme durch<br />
Alexander Otto geführt.<br />
Es ist kein Geheimnis, dass der <strong>HSV</strong><br />
finanziell in der jüngsten Vergangenheit<br />
stark geblutet hat. Die Finanzsituation<br />
ist in Hinblick auf die zur Verfügung<br />
stehende Liquidität angespannt, die<br />
Umsetzung wird sich sowohl inhaltlich,<br />
als auch zeitlich an diesen knappen<br />
Mitteln orientieren müssen. Die in der<br />
Ausgliederungsdokumentation enthaltene<br />
e.V.-Bilanz zeigte zum 31. Dezember<br />
2013 einen liquiden Mittelbestand von<br />
lediglich rd. 1 Mio. € auf, ohne dass<br />
schon wesentliche Mittel für den Campusbau<br />
überhaupt in die Hand genommen<br />
wurden.<br />
Auf einer Informationsveranstaltung<br />
zur bevorstehenden Mitgliederversammlung<br />
am 16. April 2014 konnte<br />
Carl-Edgar Jarchow berichten, dass „…<br />
schon einige Bäume gefällt…“ seien.<br />
Ein Gebäude ist ein Gebäude, ist ein<br />
Gebäude… mindestens ebenso interessant<br />
wie die bauliche Umsetzung<br />
ist u.E., mit welchen Konzepten/ Instrumenten<br />
(Jugendscouting, Persönlichkeitsförderung,<br />
Kooperationen<br />
mit Amateurvereinen, Schulen etc.)<br />
und welchen Personen (Trainer- und<br />
Betreuerstab) der Campus mit Leben<br />
gefüllt werden soll.<br />
Von den Medien, die sonst jedes noch<br />
so nebensächliche Detail der Profimannschaft<br />
gern in die Berichterstattung<br />
aufnehmen, wünschen wir uns<br />
mehr Engagement und Durchdringung<br />
dieser Fragen zur Heimat der Zukunft<br />
des <strong>HSV</strong>: unserem Campus.<br />
Der <strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong> ist ein Magazin<br />
von Fans für Fans, das stets versuchen<br />
wird, über den Tellerrand zu schauen,<br />
hat aber letztlich nicht die Expertise<br />
und Kapazität, diese Fragen selbst zu<br />
klären und dauerhaft zu verfolgen.<br />
Daher ist auch unser Gespräch mit<br />
Bernhard Peters, das wir Euch ans Herz<br />
legen möchten, deutlich genereller<br />
angelegt, um Euch über die Person und<br />
seine grundsätzlichen Gedanken und<br />
Motivationen zu informieren.<br />
Der <strong>HSV</strong> hat, wie Dietmar Beiersdorfer<br />
auch im <strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong> #1 vom August,<br />
betonte, in vielen Bereichen gegenüber<br />
seiner Konkurrenz an Boden verloren.<br />
Hierzu muss trotz der jüngsten Erfolge<br />
der neuformierten U23 auch der<br />
Nachwuchsbereich gezählt werden. Es<br />
bleibt zu hoffen, dass die neu hinzugewonnene<br />
Expertise, insbesondere<br />
in Person von Bernhard Peters, diese<br />
Schwachstellen zügig angehen kann.<br />
Jede weitere Verzögerung zementiert<br />
diesen Wettbewerbsnachteil weiter.<br />
Es bleibt zu hoffen, dass die neuen<br />
Verantwortlichen diese Mammutaufgabe,<br />
die angesichts der finanziellen<br />
Situation fast eine Quadratur des Kreises<br />
darstellt, meistern werden.<br />
Nur der <strong>HSV</strong>!<br />
Fragen, die man stellen, aber<br />
keinesfalls zu diesem Zeitpunkt<br />
beantworten kann, wären z.B.:<br />
Wie weit hat die finanzielle Lage zu<br />
der inhaltlichen Veränderung der Konzeptes<br />
geführt, und welche konzeptionellen<br />
Kompromisse sind dafür einzugehen<br />
Inwieweit haben die unterschiedlichen<br />
Verantwortungen insbesondere in der<br />
sportlichen Leitung (Frank Arnesen<br />
– Oliver Kreuzer – Bernhard Peters) zu<br />
diesen Veränderungen geführt<br />
Wie weit unterstützt der neudefinierte<br />
Bau die inhaltlichen, konzeptionellen<br />
Fragen, wie z.B. Pro/Contra<br />
von Fannähe zu diesem „Arbeitsplatz“<br />
Campus<br />
Welche Kapazitäten sollte das integrierte<br />
Internat haben, ab welcher Altersstufe<br />
scheint so eine intensive Art<br />
der Ausbildung sinnvoll und zielführend<br />
Inwieweit tangiert das Ziel, die U23 mit<br />
einem höheren Mitteleinsatz dauerhaft<br />
in der 3. Liga zu etablieren, das Campus-Konzept<br />
Was sind konkret die flankierenden<br />
Maßnahmen zur Persönlichkeitsentwicklung<br />
des Nachwuchses und wie<br />
kann der Campus diese im Konzept<br />
mit abbilden/unterstützen<br />
08 aussicht
UNTER<br />
DREIUND<br />
ZWANZIG<br />
ÜBER DEN<br />
ERWARTUNGEN<br />
Ein Rückblick auf die<br />
Hinrunde der Reserve.<br />
Text: Johannes Arbter<br />
09 aussicht<br />
Foto: Witters
Foto: Witters<br />
Am 20. Februar informierte der <strong>HSV</strong><br />
über den Trainerwechsel in der U23.<br />
Der damalige Sportchef Oliver Kreuzer<br />
hatte Joe Zinnbauer von den Amateuren<br />
des KSC nach Hamburg<br />
gelotst. Zinnbauer sollte Rodolfo Cardoso<br />
zur neuen Saison als Trainer<br />
ablösen.<br />
Wirklich wahrgenommen wurde wohl<br />
lediglich, dass die <strong>HSV</strong>-Legende Cardoso<br />
abtritt - Zinnbauer war eher die<br />
Randnotiz. Interessanterweise haben<br />
beide Trainer im April 2014 den Fußballlehrer-Lehrgang<br />
des Deutschen<br />
Fußball-Bundes (DFB) erfolgreich<br />
absolviert – Joe Zinnbauer und Rudolfo<br />
Cardoso gemeinsam in einem<br />
Klassenzimmer.<br />
Neben Rodolfo Cardoso musste der<br />
halbe Kader seine sieben Fußballsachen<br />
packen - der Umbruch wurde<br />
eingeläutet. 13 Spieler verließen den<br />
Verein, der in der vergangenen Saison<br />
bis kurz vor Schluss um den Klassenerhalt<br />
kämpfte. Aus der Startelf, die<br />
das letzte Spiel der Saison 2013/14<br />
bestritt (2:3 gegen Wolfsburg II), stehen<br />
heute noch Ronny Marcos, Ashton<br />
Götz, Francis Adomah und Nils<br />
Brüning im Kader. Mit neuem Trainer<br />
und neuer Mannschaft ging es in Saisonvorbereitung.<br />
Joe impfte seinem Team das ein, was<br />
er im Laufe der Vorbereitung ankündigte:<br />
”Wir wollen gerne einen offensiven<br />
Fußball spielen. Meine Mannschaft<br />
ist motiviert und wir werden<br />
in den nächsten Wochen hart arbeiten.”<br />
Und die harte Arbeit in den sechs<br />
Wochen Saisonvorbereitung schien<br />
sich auszuzahlen. 4:0 hieß es nach<br />
den ersten 90 Minuten der Saison<br />
beim Goslarer SC. Sieben neue Spieler<br />
kamen zum Einsatz und erzielten drei<br />
der vier Tore.<br />
Sieben Spiele und sieben Siege später<br />
thronte das Team mit der maximalen<br />
Ausbeute von 24 Punkten unangefochten<br />
an der Tabellenspitze – und<br />
verlor seinen Trainer. Am 16.09.14,<br />
fast sieben Monate nach Bekanntgabe<br />
der Zinnbauer-Verpflichtung, wurde<br />
eben jener zu vermeintlich Höherem<br />
berufen: der Betreuung der<br />
Bundesliga-Mannschaft. Der neue<br />
Trainer des Bundesliga-Teams zeigte<br />
sich zum Dienstantritt vor allem<br />
dankbar seiner ehemaligen Mannschaft<br />
gegenüber und sprach davon,<br />
dass seine U23 ihn dorthin gebracht<br />
habe, er selbst habe schließlich keine<br />
Tore erzielt. Nach einigen netten Worten<br />
holt Joe dann aus: ”Wenn es oben<br />
nicht funktioniert, hol ich mir Spieler<br />
von der U23 - das ist mir vollkommen<br />
egal!”<br />
Gesagt, getan. Schon beim ersten<br />
Bundesligaspiel des Trainer Joe Zinnbauer<br />
konnte ein Spieler aus dem<br />
Nachwuchs sein Bundesligadebüt<br />
feiern. Matti Steinmann sicherte beim<br />
0:0 gegen die Bayern in den letzten<br />
Spielminuten den erkämpften Punkt.<br />
Mit Ashton Götz, Tolcay Cigerci, Mohamed<br />
Gouaida und Ronny Marcos<br />
durften vier weitere Spieler aus der<br />
U23 ebenfalls Bundesligaluft schnuppern<br />
– und wurden teilweise mit<br />
Startelfeinsätzen belohnt.<br />
Plötzlich schien eine Nachwuchsmannschaft<br />
beim <strong>HSV</strong> wieder Sinn<br />
zu machen. Die vielbeschworene<br />
Durchlässigkeit von unten nach oben<br />
funktionierte, die U23 wurde im Bewusstsein<br />
wieder als Sprungbrett zu<br />
den Profis wahrgenommen, nachdem<br />
sie im Jahr zuvor nur als Straflager<br />
für aussortierte Profispieler gesehen<br />
wurde. Wurde nicht einmal ein halbes<br />
Jahr vorher laut über die Sinnhaftigkeit<br />
einer U23 nachgedacht, sehen<br />
nun viele Fans die Spieler der „Zweiten“<br />
mit anderen Augen.<br />
Nachfolger von Joe Zinnbauer wurde<br />
Daniel Petrowsky, bis dahin Trainer<br />
der U16, und die Mannschaft macht<br />
da weiter, wo sie aufgehört hat: 4:1<br />
heißt es am Ende gegen die zweite<br />
Vertretung von Eintracht Braunschweig.<br />
Petrowsky selbst spricht vom<br />
Vertrauensbeweis des Vereins und<br />
einer großen Herausforderung, Joe<br />
habe ihm eine qualitativ tolle Mannschaft<br />
hinterlassen. Weitere Siege und<br />
gute Auftritte sprechen für die Richtigkeit<br />
seiner Worte.<br />
Erst am 10. Spieltag wird die Siegesserie<br />
mit dem 1:1 gegen Rehden<br />
schließlich gestoppt. Ein Riss ist dennoch<br />
nicht zu erkennen, St. Paulis<br />
U23 wird bezwungen, es folgen drei<br />
weitere Siege am Stück gegen Hannover<br />
II (4:1), VfR Neumünster (2:1)<br />
und das wahnwitzige 10:0 gegen die<br />
Freien Turner aus Braunschweig.<br />
Eine bis dato unglaubliche Hinrunde<br />
hat ihren Höhepunkt erreicht. Nach<br />
dem 14. Spieltag steht man mit 40<br />
Punkten und 50 erzielten Treffern<br />
satte 12 Punkte vor Werder Bremen<br />
II. Diese Zahlen lesen sich noch beeindruckender,<br />
wenn man sie mit<br />
denen der Vorsaison vergleicht. Damals<br />
stand Platz 15 bei 15 Punkten zu<br />
Buche, mit einem Pünktchen Vorsprung<br />
auf den ersten Abstiegsplatz.<br />
Allerdings machte sich zum Ende des<br />
Jahres der Aderlass in der U23 langsam<br />
bemerkbar. Die brisante Lage<br />
und Verletzungen in der Bundesliga-Mannschaft<br />
sorgten dafür, dass<br />
einige ehemalige Stammspieler der<br />
U23 dauerhaft bei den Profis verblieben,<br />
und damit der U23 fehlten. Mit<br />
Torhüter Alexander Brunst, Ashton<br />
Götz, Ronny Marcos und Mohamed<br />
Gouaida haben vier Spieler vorerst<br />
offenbar ihre Dauerkarte bei den<br />
Profis gebucht.<br />
Zwar konnte die Hinrunde nach zwei<br />
Unentschieden gegen den SV Meppen<br />
(0:0) und dem VfB Lübeck (2:2) ohne<br />
Niederlage beendet werden. Allerdings<br />
wurde die Rückrunde, die mit<br />
3 Spieltagen noch in diesem Jahr startete,<br />
mit drei Niederlagen in Norderstedt<br />
(1:4), Oldenburg (1:2) und<br />
Flensburg (1:2) eingeleitet.<br />
Der einstige Vorsprung von 12 Punkten<br />
schmolz damit auf 5 Punkte. Aber das<br />
lädt nun wirklich nicht dazu ein, den<br />
Kopf hängen zu lassen, im Gegenteil.<br />
Eine fast komplett neue Mannschaft,<br />
ein neuer Trainer und ein weiterer<br />
Trainerwechsel inmitten der Hinrunde,<br />
zahlreiche Spieler die zu den Profis<br />
berufen wurden - all das hat die<br />
Mannschaft nur bedingt tangiert.<br />
Es bleibt ein erster Platz und größtenteils<br />
hervorragende Leistungen,<br />
14 Siege in 20 Spielen, dabei im<br />
Schnitt 2,85 pro Partie erzielte Tore<br />
bei 1,05 Tore kassierten Treffern. Die<br />
Zuschauer konnten schnelle Spielzüge<br />
und fast immer offensiv geführte<br />
Partien bewundern. Aus dem Fast–<br />
Absteiger ist ein Kandidat für den<br />
Aufstieg in die 3. Liga geworden, aus<br />
einem Mauerblümchen eine Mannschaft,<br />
die eben ein wichtiger Baustein<br />
für das Gesamtkonstrukt Hamburger<br />
SV ist.<br />
Auf Sportdirektor Peter Knäbel warten<br />
derweil auch beim Nachwuchs<br />
viele Aufgaben. Ein neuer Trainer<br />
muss gefunden werden, da Daniel<br />
Petrowsky in der nächsten Saison<br />
Trainer der U19 wird. Wer die U23<br />
zur neuen Saison trainiert, und wen<br />
derjenige dann vom aktuellen Kader<br />
begrüßen darf (es laufen 15 Verträge<br />
aus), steht aktuell noch in den Sternen.<br />
Aber im Gegensatz zu den vergangenen<br />
Jahren scheint es endlich<br />
ernsthafte Bestrebungen zu geben,<br />
die Nachwuchsarbeit auf stabile Beine<br />
zu stellen.<br />
Peter Knäbel am 19.11. in einem Interview<br />
auf <strong>HSV</strong>.de: ”Unser Ziel für<br />
unsere U23 ist die Dritte Liga. Wir<br />
sind derzeit dabei, die Rahmenbedingungen<br />
zu prüfen, denn es ist ein<br />
Unterschied zwischen der Regionalliga<br />
und der Dritten Liga, auch, weil<br />
das dafür nötige Geld dann nicht für<br />
Transfers zur Verfügung steht.<br />
Allerdings ist es eine Grundsatzentscheidung,<br />
ob man einen Unterbau<br />
für die Profis haben will, von dem<br />
man zehren kann, oder ob man Spieler<br />
verleiht und diese dann währenddessen<br />
intensiv betreut. Fakt ist, dass<br />
bis zur U17 runter in diesem Jahr über<br />
60 Verträge auslaufen. Das ist ein Berg<br />
von Arbeit, der uns da erwartet. Aber<br />
wenn man sieht, wie viele Spieler sich<br />
derzeit aus dem Bereich aufdrängen,<br />
erscheint dieser Aufwand nur lohnenswert.”<br />
Ein Halbjahr mit der Zweiten. Jungs,<br />
genießt die Feiertage, den Jahreswechsel<br />
und verteidigt im neuen Jahr das,<br />
was ihr euch verdient habt - die Spitze!<br />
Ich ziehe meinen Hut vor Euch.<br />
10 aussicht
U23-TRAINER DANIEL PETROWSKY ÜBER<br />
SICH, SEINE JUNGEN HÖHENFLIEGER UND DIE<br />
PERSPEKTIVEN DES <strong>HSV</strong>-NACHWUCHS.<br />
aussicht<br />
„Die Wäsche<br />
wartet ...“<br />
Interview und Text:<br />
Lenhart Freiesleben und Horst Schröder<br />
Foto: Witters<br />
11
aussicht<br />
<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong> traf U23-Trainer Daniel Petrowsky in<br />
seiner Wahlheimat Ottensen zu einem Interview-<br />
Termin in der „Cafe Centrale“. Bei Wasser, Brot und<br />
Käse war viel über den Menschen Daniel Petrowsky<br />
und die sensationelle U23 zu erfahren. Wer also ist<br />
dieser 37jährige aus Berlin stammende Übungsleiter,<br />
was bewegt ihn, wie sieht seine Taktik aus, auf<br />
welche Ideale setzt er<br />
Die Vorgeschichte: Die<br />
U23 des <strong>HSV</strong> hat bereits<br />
in der Hinrunde<br />
eine tolle Rekordserie<br />
hingelegt: 17<br />
Spieltage ungeschlagen, 45 Punkte,<br />
+41 Tore, vom ersten Tag der<br />
Saison an auf Platz 1 der Tabelle<br />
der Regionalliga Nord. Ging’s in<br />
der vergangenen Saison allein<br />
gegen den Abstieg, so ist die Performance<br />
schon ziemlich unwirklich.<br />
<strong>HSV</strong>-Profi-Coach Joe Zinnbauer<br />
hatte, als Ex-Sportchef<br />
Kreuzer ihn dieses Jahr von Karlsruhe<br />
zur U23 des <strong>HSV</strong> nach Hamburg<br />
holte, einen Plan im Gepäck.<br />
Diesen verwirklichte er so konsequent,<br />
dass die Zusammensetzung<br />
des 2014/2015-Teams einem Casting<br />
gleichkam. Zinnbauer wählte<br />
seine Spieler systembezogen<br />
aus, überzeugte diese vom <strong>HSV</strong><br />
und Hamburg. Alles passte von<br />
Anfang an perfekt zusammen, die<br />
U23 entwickelte sich so erfolgreich,<br />
dass Zinnbauer nach dem<br />
8. Spieltag zu den Profis berufen<br />
und die vakante Position mit dem<br />
U16-Coach Daniel Petrowsky neu<br />
besetzt wurde.<br />
<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>: Daniel, ziehst du<br />
dir jeden morgen zuerst deine<br />
Schuhe an und dann die Hose und<br />
betest außerdem jeden Abend vor<br />
einem <strong>HSV</strong>-Schrein<br />
Daniel Petrowsky: Nein, von solchen<br />
Dingen kann ich mich gut distanzieren.<br />
Ich glaube, die Befürchtung ist<br />
zu groß, dass die sogenannten Glücksbringer<br />
versagen und man hilflos<br />
ganz ohne da steht (lacht).<br />
<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>: Du wirst jetzt aber<br />
schon mit Interviewanfragen<br />
überhäuft<br />
Daniel Petrowsky: Es hält sich in<br />
Grenzen! Die regionalen Zeitungen<br />
fragen nach den Spielen an, aber<br />
größere Interviews gab es nur in einem<br />
überschaubaren Umfang. Ihr<br />
seid übrigens das erste <strong>HSV</strong>-Fanmagazin,<br />
das mich interviewt.<br />
<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>: Man wird ja nicht<br />
zum Trainer geboren und selbst<br />
wenn man dies für die eigene<br />
Berufung hält, bedeutet es doch,<br />
viele Hürden zu nehmen –<br />
verbunden mit Glück und Geschick.<br />
Wie ist Deine Karriere<br />
verlaufen<br />
Daniel Petrowsky: In meiner aktiven<br />
Zeit bin ich viel rumgekommen und<br />
habe z.B. für Union Berlin, Carl Zeiss<br />
Jenaund Dynamo Dresden bis hoch<br />
zur dritten Liga gespielt. Mit 27 Jahren<br />
habe ich mir<br />
Gedanken gemacht,<br />
wie es mit mir nach<br />
der aktiven Zeit<br />
weitergehen kann.<br />
Ich habe dann in<br />
Potsdam angefangen,<br />
Sportwissenschaften<br />
auf Diplom<br />
zu studieren, nebenbei habe ich<br />
aber noch gespielt und die verschiedenen<br />
Trainerlizenzen an der Uni<br />
und beim DFB erworben. Das Angebot<br />
vom <strong>HSV</strong> kam quasi aus dem<br />
Nichts und war für mich das Beste,<br />
das passieren konnte.<br />
<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>: Eine große Verantwortung,<br />
wenn man über<br />
Nacht an so eine exponierte Stelle<br />
kommt<br />
Daniel Petrowsky: Zuerst dachte ich,<br />
„Hoppla, das ist ein ganz schön großer<br />
Sprung!“, aber ich wollte die Herausforderung<br />
gleich annehmen.<br />
<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>: Für den ganzen<br />
Verein hat ein neues Zeitalter<br />
„DAS ZIEL IST, DASS DER <strong>HSV</strong> EINE<br />
KLARE PHILOSOPHIE HAT UND<br />
DABEI EIN DEUTLICHES PROFIL IM<br />
SPIELSYSTEM ERHÄLT.“<br />
begonnen. Nach der Ausgliederung<br />
der <strong>HSV</strong>-Fußball-AG werden<br />
interne Abläufe und Strukturen<br />
neu geordnet und angepasst.<br />
Bernhard Peters und Peter Knäbel<br />
nehmen dabei unmittelbar Einfluss<br />
auf die tägliche Arbeit mit<br />
der U23.<br />
Daniel Petrowsky: Die beiden sind<br />
schon sehr präsent. Bernhard Peters<br />
ist für den Nachwuchsbereich, Peter<br />
Knäbel für die Profis zuständig. Da<br />
finden sie bei der U23 natürlich Überschneidungen.<br />
Bernhard Peters merkt<br />
man seinen Veränderungswillen an.<br />
Er möchte neue und klar definierte<br />
Strukturen reinbringen. Das Ziel ist,<br />
dass der <strong>HSV</strong> eine klare Philosophie<br />
hat und dabei ein deutliches Profil<br />
im Spielsystem erhält.<br />
<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>: Gibt es dabei inhaltliche<br />
Vorgaben für das Training<br />
Daniel Petrowsky: Oft sitzen wir Trainer<br />
mit Bernhard Peters zusammen.<br />
Dabei geht es meist um Grundprinzipien:<br />
wie wollen wir bei Ballbesitz<br />
spielen, wie spielen wir, wenn der<br />
Gegner den Ball hat Wie agieren<br />
wir in den Umschaltmomenten Diese<br />
Inhalte fließen in die tägliche<br />
Trainingsarbeit mit ein und sollen<br />
natürlich in den Punktspielen umgesetzt<br />
werden.<br />
<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>: In den vergangenen<br />
Jahren hieß es immer wieder,<br />
dass der <strong>HSV</strong> seine Nachwuchsarbeit<br />
stiefmütterlich behandeln<br />
würde. Durch das Engagement<br />
von Bernhard Peters soll nun der<br />
Turnaround geschafft werden<br />
Daniel Petrowsky: Hier setzt der <strong>HSV</strong><br />
gerade neu an. Es geht dabei immer<br />
um Perspektiven und Förderstrukturen<br />
und zwar nicht nur sportlich,<br />
sondern auch schulisch und beruflich.<br />
Wir haben hier prima Möglichkeiten<br />
beim <strong>HSV</strong> und müssen diese<br />
jetzt sichtbar werden lassen. Und<br />
dabei ist ein häufiger Wechsel der<br />
Ansprechpartner natürlich nicht gut.<br />
Das Engagement von Dietmar Bei-<br />
Foto: Michael Schwarz<br />
ersdorfer, Bernhard Peters und Peter<br />
Knäbel wird auf jeden Fall beim Werben<br />
um Nachwuchsspieler aus Norddeutschland<br />
von vielen Seiten positiv<br />
gesehen.<br />
<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>: Spieler auszubilden<br />
ist der eine Schritt, sie an den<br />
Verein zu binden muss der Nächste<br />
sein. Vereinstreue und Identitätsgefühl.<br />
Spielen auch diese<br />
Aspekte in den neuen Ansätzen<br />
zur Nachwuchsleistungsförderung<br />
eine Rolle<br />
Daniel Petrowsky: Die Grundprinzipien<br />
beziehen sich nicht nur auf den<br />
sportlichen Bereich, sondern auch<br />
auf die Persönlichkeitsentwicklung.<br />
Es geht dabei um Werte, um eine bestimmte<br />
Haltung der Spieler.<br />
<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>: Für gewöhnlich<br />
sucht man sich Vorbilder. Je stärker<br />
die Persönlichkeiten wirken,<br />
desto eher werden sie kopiert und<br />
die vorgelebten Muster übernom-<br />
12
aussicht<br />
Foto: Michael Schwarz<br />
men. Haben Trainerpersönlichkeiten<br />
dein Rollenprofil nachhaltig<br />
geprägt<br />
Daniel Petrowsky: Ich kann nicht<br />
sagen, dass mich ein Trainer komplett<br />
geprägt hat. Jeder Trainer hat seinen<br />
eigenen Stil. Dies beobachte und reflektiere<br />
ich, ohne dass ich versuche<br />
einem bestimmten Trainer nachzueifern.<br />
<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>: Über welche Stärken<br />
verfügst du<br />
Daniel Petrowsky: Als Trainer befinde<br />
ich mich nach meinem Verständnis<br />
in einem Ausbildungsberuf, wobei<br />
es in erster Linie darum geht methodisches<br />
Know-How und Erfahrungen<br />
zu sammeln. Der Sprung von der U16<br />
zur U23 erforderte von mir eine erhebliche<br />
Anpassung. Ich arbeite weniger<br />
aus der Hüfte heraus, vielmehr<br />
durchdacht und aufeinander abgestimmt.<br />
Das Arbeiten mit langfristiger<br />
Perspektive liegt mir.<br />
<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>: Und dabei bist du<br />
der ‚lockere Typ zum Anfassen’<br />
Daniel Petrowsky: Die Spieler sprechen<br />
mich mit „Trainer“ oder auch<br />
„Coach“ an, aber nicht mit „Herr Petrowsky“.<br />
Und dann bin ich eher „Sie“<br />
„Der Weg von der U23 zum<br />
als „Du“. Das ist auch gut so. Als „Trainer“<br />
kann ich die Rolle anders interpretieren,<br />
als ein Herr Petrowsky. Als<br />
Trainer musst du in gewissen Situationen<br />
laut und durchsetzungsstark<br />
sein, in anderen Situationen muss<br />
man sich eher zurückhalten, den<br />
richtigen Ton zu treffen, was bedeutet,<br />
das Gefühl für den richtigen Moment<br />
zu entwickeln. Auch das hat<br />
was mit Erfahrung zu tun.<br />
<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>: Welchen Stempel<br />
drückst du der U23 auf<br />
Daniel Petrowsky: Ich habe meine<br />
Mannschaften immer schon dominant<br />
spielen lassen. Viel Ballbesitz,<br />
viele Chancen kreieren und Offensivpressing.<br />
Und wenn Du ein erfolgreiches<br />
System übernimmst, änderst<br />
Du es ja nicht, nur um deinen Stempel<br />
aufzudrücken. Die Jungs sind<br />
inzwischen sehr eingespielt und haben<br />
die Abläufe verinnerlicht, es sind<br />
nur kleine Korrekturen nötig.<br />
<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>: Was denkst du<br />
über den Umgang mit U16-Spielern<br />
Und was im Vergleich über<br />
den Umgang mit den U23-Spielern<br />
Daniel Petrowsky: Die U16-Jungs haben<br />
allerhand im Kopf und das muss<br />
geordnet werden. Ich kann dabei ein<br />
Ansprechpartner sein. Aber es gibt<br />
ja auch die Eltern, Freunde und auch<br />
Profikader war noch nie so kurz ...“<br />
die Spielerberater, die den Jungs bereits<br />
zur Seite stehen. Die U23-Spieler<br />
sind Erwachsene und haben ein viel<br />
größeres Maß an Selbständigkeit und<br />
Eigenverantwortung. Die hinterfragen<br />
mehr, haben natürlich schon eine<br />
Menge Erfahrung und allein deshalb<br />
muss ich viel überzeugender sein in<br />
meinem Handeln.<br />
<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>: U23 intern: Wo<br />
wohnen die Spieler Wie wohnen<br />
die Spieler Wie sieht ihr Tag aus<br />
Daniel Petrowsky: Die sind hier alle<br />
in Hamburg verstreut, leben in WGs,<br />
alleine oder auch noch zu Hause. Sie<br />
müssen aber rechtzeitig alle morgens<br />
beim gemeinsamen Frühstück in der<br />
Arena ankommen. Dann ist der Tag<br />
dadurch strukturiert, ob wir eine<br />
oder zwei Trainingseinheiten haben.<br />
Wir trainieren dann häufig parallel<br />
zu den Profis auf den Plätzen der<br />
Arena. Abends gehen die Jungs dann<br />
nach Hause und müssen ihren Alltag<br />
allein regeln. (lacht) Die Wäsche wartet<br />
...!<br />
<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>: Wird die jetzige<br />
Mannschaft überhaupt zusammen<br />
bleiben<br />
Daniel Petrowsky: Ich bin mir sicher,<br />
dass bei jedem unserer Spiele genug<br />
Scouts auf der Tribüne sitzen, die<br />
ihre Stifte bereit halten. Zurzeit ist<br />
die Chance für die U23-Spieler beim<br />
13
aussicht<br />
<strong>HSV</strong> aber enorm groß. Joe Zinnbauer<br />
kennt die U23-Spieler, ist auch<br />
bereit denen eine Chance zu geben<br />
und der Verein hat erklärt, konsequenter<br />
als bislang auf den eigenen<br />
Nachwuchs zu setzen. Nicht umsonst,<br />
trainieren die Jungs bei den Profis<br />
mit und es werden eine Reihe von<br />
Testspielen mit einer durchmischten<br />
Mannschaft gespielt. Der Weg von<br />
der U23 zum Profikader war noch<br />
nie so kurz!<br />
<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>: Würden sich die<br />
Spieler im Falle eines Aufstiegs in<br />
die dritte Liga noch mal deutlich<br />
verbessern<br />
Daniel Petrowsky: Es ist ja unsere<br />
Aufgabe, die U23 Spieler für den Profibereich<br />
zu entwickeln, sie da ran<br />
zu führen. Sollten es einige Spieler<br />
schaffen, dass wäre absolut super!<br />
Die U23 gibt vielen jungen Spielern<br />
die Möglichkeit sich auf einem professionellen<br />
Niveau zu akklimatisieren<br />
und die Distanz zu verringern.<br />
Insofern ist die dritte Liga interessanter,<br />
da man dort gegen Profimannschaften<br />
spielt.<br />
<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>: Welcher Spielort<br />
böte sich für die Aufstiegsspiele<br />
an<br />
Daniel Petrowsky: Bis dahin ist es<br />
noch ein langer Weg, aber sollten wir<br />
es tatsächlich schaffen, dann wäre<br />
das natürlich eine feine Sache. Zumal<br />
die Gegner in den Aufstiegsspielen<br />
sicherlich auch ein paar Fans mitbringen.<br />
Für die Jungs wäre ein Spiel<br />
in der Arena bestimmt ein großartiges<br />
Erlebnis.<br />
Das Interview wurde vor Beginn<br />
der Rückrunde geführt. Wie wir<br />
von Herrn Petrowsky erfahren<br />
haben, wird in der kommenden<br />
Saison eine Veränderung stattfinden.<br />
Mit der Vereinsführung wurde<br />
vereinbart, dass er die U19 des<br />
<strong>HSV</strong> übernehmen und sich parallel<br />
intensiv um die höchste Trainerqualifikation,<br />
den “Fußballlehrer“,<br />
kümmern soll.<br />
Leider ist es zum Rückrundenauftakt<br />
gleich zu Niederlagen gekommen,<br />
was wohl vor allem damit<br />
zusammenhängt, dass einige Spieler<br />
Kartensperren absitzen müssen<br />
und andere zurzeit die Profis unterstützen.<br />
„U23-Spieler stehen<br />
jetzt den Profis zur Verfügung“:<br />
so bitter das im ersten Moment<br />
für die U23 erscheinen mag, es<br />
ist letztlich genau das Ziel, das<br />
der Coach Daniel Petrowsky zu<br />
verfolgen hat!<br />
MITTE Daniel Petrowsky mit unseren<br />
beiden <strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong> Redakteuren<br />
kleine hsv er<br />
ganz groß<br />
7.000 Nachwuchsfans im <strong>HSV</strong> KIDS-CLUB<br />
14<br />
<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>: Daniel Petrowsky,<br />
wir danken für dieses interessante<br />
Interview!<br />
Daniel Petrowsky: Ich danke auch<br />
– es war sehr lecker!<br />
Autor: Ansgar Tasche<br />
Foto: <strong>HSV</strong>
Da kann man als gestandener <strong>HSV</strong>-Fan<br />
neidisch werden und möchte direkt noch<br />
einmal wieder „klein“ sein.<br />
Neben den vielen Angeboten, wie z.B. Übernachtungspartys, Auswärtsfahrten,<br />
DFL-Sommercamp und Kids-Club Meisterschaften, können die <strong>HSV</strong> Kids-Club<br />
Mitglieder ihre Stars sogar hautnah erleben.<br />
Wann und Wo<br />
Beispielsweise bei den speziellen Pressenkonferenzen; wie sie zuletzt im<br />
Oktober beim <strong>HSV</strong>-Ferienprogramm mit Dennis Diekmeier durchgeführt<br />
wurde. Einen durchaus interessanten Bericht findet Ihr hier:<br />
http://www.hsv.de/kids/meldungen/kids-club/saison-20142015/nachwuchsreporter-in-der-imtech-arena/<br />
Hier werden endlich mal die wichtigen Themen (Pizza, Tattoos und Autos)<br />
angesprochen. Oder bei den Spielen des großen <strong>HSV</strong> im heimischen Stadion:<br />
Das Aulaufen mit den Profis<br />
… ist exklusiv den Mitgliedern des <strong>HSV</strong> Kids-Club vorbehalten.<br />
Vor einer jeden Saison haben alle Kinder und Jugendliche zwischen<br />
6 und 14 Jahren die Möglichkeit, sich für das Auflaufen zu bewerben.<br />
Die Teilnehmer werden dann aus einem großen Lostopf rechtzeitig<br />
vor jedem Heimspiel ausgelost. So etwas hat es früher nicht gegeben, und<br />
da kann ich mich leider nur wiederholen: Man müsste noch mal<br />
„klein“ sein. Denn JUNG geblieben sind wir ja alle.<br />
Seit der Gründung des<br />
<strong>HSV</strong> Kids-Club am 24.08.2003<br />
gibt es hier immer wieder<br />
etwas NEUES zu entdecken<br />
und zu erleben.<br />
Der <strong>HSV</strong> Kids-Club ist<br />
mit ca. 7.000 Mitgliedern, Kindern<br />
und Jugendlichen im Alter von<br />
0 - 14 Jahren, eine tolle Sache und mit 4<br />
Mitarbeitern wird dieser exzellent organisiert.<br />
Erwähnt werden müssen an dieser<br />
Stelle natürlich auch die vielen studentischen<br />
Aushilfen und <strong>HSV</strong>-Helfer, die die<br />
hauptamtlichen Mitarbeiter bei den<br />
zahlreichen Aktionen und Aktivitäten<br />
unterstützen.<br />
<strong>HSV</strong>-Kids-Club<br />
Ganz eindeutig: Bei dieser Mitgliedschaft geht es längst nicht mehr<br />
nur darum, ein Vorkaufsrecht auf Tickets zu haben. Das zeigen auch die vielen<br />
positiven Rückmeldungen der Kinder und Eltern zu den verschiedensten<br />
Aktionen. Im <strong>HSV</strong> Kids-Club wird den Kindern zum einen die Möglichkeit<br />
gegeben, den <strong>HSV</strong> hautnah zu erleben. Zum anderen geht es bei den<br />
gemeinsamen Aktionen mit z.B. anderen Institutionen und Bundesliga-Vereinen<br />
insbesondere aber auch darum, ein Verständnis für Fair Play und<br />
eine positive Fankultur zu schaffen. Hier können wir sicherlich noch etwas von<br />
unseren Kindern lernen. Zum Beispiel von den Kids, die beim diesjährigen<br />
DFL-Sommercamp in Köln vier aufregende Tage gemeinsam mit den Kids-<br />
Clubs von Werder Bremen, St. Pauli, Hertha BSC, Arminia Bielefeld oder dem<br />
BVB aus Dortmund u.a. verbracht haben.<br />
Unsere <strong>HSV</strong>-Kids gehen mit tollem Beispiel voran. Klasse!<br />
In diesem Sinne:<br />
„Nur der <strong>HSV</strong> (-Kids-Club)“<br />
Weitere Informationen und aktuellen Berichte gibt es auch auf der<br />
Homepage unseres <strong>HSV</strong> unter http://www.hsv.de/kids/kids-club<br />
15<br />
aussicht<br />
Foto: Witters
Foto: Witters<br />
PRÄSIDIUMS<br />
WAHL<br />
BEIM <strong>HSV</strong><br />
25.01.2015<br />
16 aNsicht
PRÄSIDIUMSWAHL BEIM <strong>HSV</strong><br />
DIE QUAL<br />
DER WAHL<br />
Winterpause – jedenfalls in der Fußballbundesliga.<br />
Für die interessierten Mitglieder naht die Mitgliederversammlung,<br />
in diesem Fall die erste Versammlung nach der<br />
Strukturreform. Terminiert ist die Veranstaltung auf den<br />
letzten Sonntag im Januar, sprich dem 25.01.2015, im CCH.<br />
Auch diese Veranstaltung verspricht spannend und richtungsweisend<br />
zu werden, gilt es doch auch, die veränderten<br />
Strukturen im Verein umzusetzen oder den Versuch<br />
zu starten, diese Strukturen zu torpedieren.<br />
AUTOR: Jan David Talleur<br />
Unter anderem wird eine neue Führungsmannschaft<br />
gewählt werden.<br />
Während nach der alten Satzung nur<br />
der Vorstand für Mitgliederbelange<br />
von den Mitgliedern direkt gewählt<br />
und die anderen Vorstände vom Aufsichtsrat<br />
bestellt wurden, werden jetzt<br />
alle Präsidiumsmitglieder auf der<br />
Mitgliederversammlung gewählt.<br />
So werden im Januar die übergangsmäßig<br />
agierenden Carl-Edgar Jarchow<br />
als Präsident, Joachim Hilke als Vizepräsident<br />
und Oliver Scheel als<br />
Schatzmeister ersetzt und für drei<br />
Jahre ein neues Führungstriumvirat<br />
gewählt.<br />
Neben der Wahl des neuen Präsidiums<br />
werden auch die beiden von der<br />
Mitgliederversammlung bestimmten<br />
Mitglieder des Beirates neu gewählt.<br />
Hier finden getrennte Wahlen statt.<br />
Mitglieder in den Amateurabteilungen<br />
wählen auf der Mitgliederversammlung<br />
ihren Kandidaten aus, die<br />
Mitglieder der Abteilung Fördernde<br />
bestimmen einen eigenen Delegierten.<br />
Bislang wurden die Delegierten<br />
(für den ehemaligen Aufsichtsrat) auf<br />
der Amateurversammlung bzw. auf<br />
der Versammlung der Fördernden von<br />
teilweise nicht einmal 100 Mitgliedern<br />
bestimmt. Kandidaten für diese<br />
ehrenamtlichen Posten konnten sich<br />
bis zum 21.12.2014 beim <strong>HSV</strong> melden.<br />
Bei den Mitgliedern des Beirates beträgt<br />
die Amtszeit 4 Jahre.<br />
Aktuell besteht der Beirat aus den<br />
beiden Delegierten E. Westphalen für<br />
die Amateure und Sven Winkelmann<br />
für die Abteilung der Fördernden.<br />
Ergänzt werden die beiden durch 3<br />
Mitglieder des Ehrenrates, Andreas<br />
Peters als Vorsitzender sowie die beiden<br />
Stellvertreter Engelbert Wichelhausen<br />
und Walter Koninski. Diese<br />
Besetzung ergibt sich, wie auch die<br />
aktuelle Besetzung des Präsidiums,<br />
aus den Übergangsregelungen der<br />
neuen Satzung. Mit den Wahlen im<br />
Januar werden die beiden stellvertretenden<br />
Ehrenräte durch zwei Träger<br />
der goldenen Nadel (Vereins- und<br />
sportliche Verdienste) ersetzt werden.<br />
Diese beiden Organe - Präsidium und<br />
Beirat - sind also das neue Machtzentrum<br />
des Vereins.<br />
Die Aufgaben des Beirates werden in<br />
§19 der neuen Satzung geregelt. Unter<br />
anderem ist es die Aufgabe des Beirats,<br />
ein Anforderungsprofil für das Präsidium<br />
zu erstellen, Kandidaten zu<br />
suchen, zu prüfen und vor allem dann<br />
der Mitgliedschaft vorzuschlagen.<br />
LISTE 1 - They never come back<br />
Jürgen Hinkel, Manfred Sietl, Ronald Wuff<br />
LISTE 2 - Die Substantiellen<br />
K. Profalla, Hein Tomkel, Reinhard Tupfer<br />
LISTE 3 - Internethools<br />
Jan Malheur, Tommy Astro, Uli Björnmose, Jens Backte<br />
LISTE 4 - Kiebitze<br />
Sven Dröge, Hannes Huh, Jochen Erler<br />
LISTE 5 - Happels Erben<br />
Wolfgang Groß, Porsche-Günni, Pedder Krone<br />
LISTE 6 - EhVau<br />
Christian Teichert, Johannes Liebling, Axel Formaldehyd<br />
Das heißt konkret: ohne Zustimmung<br />
des Beirats, in der Satzung auch<br />
Wahlausschuss genannt, geht nichts.<br />
Er allein entscheidet auch darüber,<br />
wie viele Kandidaten zugelassen werden,<br />
und ob die Amtsträger hauptoder<br />
ehrenamtlich tätig sein sollen.<br />
Daneben erteilt der Beirat die Zustimmung<br />
über die vom Präsidium zu<br />
berufenden Aufsichtsratsmitglieder<br />
der <strong>HSV</strong> Fußball AG und genehmigt<br />
den Etat des Vereins.<br />
Gerade die Aufgaben des Beirates im<br />
Vorfeld der Präsidiumswahlen zeigen,<br />
wie wesentlich dieses Gremium für<br />
die Ausrichtung des Vereins ist. Von<br />
der Aufgabenbeschreibung zwar mit<br />
weniger Einfluss auf das „Tagesgeschäft“<br />
versehen als es der alte Aufsichtsrat<br />
war, ist der Beirat trotzdem<br />
ein wesentliches Steuerungselement<br />
für die Ausrichtung des Vereins.<br />
So haben die Herren bereits entschieden,<br />
dass das neue Präsidium ehrenamtlich<br />
tätig sein soll. Diese Entscheidung<br />
hat bereits einen wesentlichen<br />
Einfluss auf die Findung von Kandidaten,<br />
da in Vollzeit Berufstätige auf<br />
Grund der Aufgabenfülle kaum Möglichkeit<br />
haben, den Posten auszufüllen.<br />
Auch legt der Beirat durch diese<br />
Entscheidung schon den Grundstein<br />
für einen hauptamtlichen Geschäftsführer<br />
im Verein, ein Konstrukt, wie<br />
wir es ja schon aus der Abteilung<br />
Fördernde Mitglieder kennen.<br />
Eine andere Entscheidung des Beirates<br />
hat eine maßgebliche Auswirkung<br />
auf die weitere Ausrichtung des Vereins<br />
und birgt auch die Gefahr eines<br />
möglichen Disputs auf der Mitgliederversammlung:<br />
MITGLIEDER-<br />
VERSAMMLUNG<br />
25.01.2015<br />
Beginn 11.00 Uhr,<br />
Einlass ab 9.00 Uhr,<br />
Congress Centrum Hamburg,<br />
Saal 2<br />
Der Beirat hat entschieden, auf der<br />
Mitgliederversammlung für jedes der<br />
Präsidiumsämter nur einen Wahlvorschlag<br />
zu unterbreiten. Der Beirat /<br />
Ehrenrat bezieht sich in dieser Entscheidung<br />
auf §17 Ziffer 3 unserer<br />
Satzung. Wir Mitglieder können den<br />
Wahlvorschlag des Beirates also nur<br />
mit „Ja“ oder „Nein“ bewerten, haben<br />
keine Auswahl unter mehreren Kandidaten.<br />
Diese Satzungsauslegung wurde in<br />
Rücksprache beim Ehrenrat beschlossen,<br />
wobei man beachten muss, dass<br />
der Beirat sich zu diesem Zeitpunkt<br />
mehrheitlich aus Ehrenratsmitgliedern<br />
zusammensetzt. Diese Entscheidungen<br />
des Ehren- und Beirates mögen<br />
durchaus legitim sein. Gelinde<br />
gesagt unglücklich mutet es allerdings<br />
an, dass diese wegweisende<br />
Entscheidungen durch einen Beirat<br />
17 aNsicht
18 aNsicht<br />
getroffen wurden, der nicht durch<br />
die Mitglieder - auch die Besonderheiten<br />
dieses Amts berücksichtigend<br />
- gewählt wurde, sondern diesen Posten<br />
in der Übergangsphase seit der<br />
Eintragung der „neuen“ Satzung geerbt<br />
hat. Allerdings muss man auch<br />
feststellen, dass alle Mitglieder dieses<br />
ersten Beirates durchaus auch die<br />
Vereinskompetenz haben müssten,<br />
die Tragweite dieser Entscheidungen<br />
zu berücksichtigen.<br />
Dem Beirat / Ehrenrat ist die Diskrepanz<br />
zwischen der Satzungsauslegung<br />
und der bekanntlich anderslautenden<br />
Darstellung von der Initiative<br />
von <strong>HSV</strong>Plus durchaus bekannt. Für<br />
uns Mitglieder bleibt nur das schale<br />
Gefühl eines möglichen Ausgeliefertseins.<br />
Wir können den handwerklichen<br />
Fehler bei der satzungsgemäßen<br />
Umsetzung von <strong>HSV</strong>Plus zwar in<br />
Zukunft korrigieren, aber für diese<br />
erste Wahl zum neuen Präsidium<br />
werden wir uns darauf verlassen<br />
müssen, dass der Beirat ein glückliches<br />
Händchen bei der Auswahl der<br />
Kandidaten hatte.<br />
So sind die vom Beirat erkorenen<br />
Kandidaten allesamt keine Unbekannten<br />
– und bergen trotzdem oder<br />
gerade deshalb eine gewisse Brisanz.<br />
Der ehemalige Aufsichtsratsvorsitzende<br />
Jens Meier wird den Mitgliedern<br />
für den Posten des Präsidenten<br />
zur Abstimmung vorgeschlagen. In<br />
der Hamburger Morgenpost verspricht<br />
Meier: „Es geht auch darum,<br />
die AG krass zu kontrollieren.“ Spötter<br />
behaupten, das er dieses auch als<br />
Aufsichtsrat im Verein hätte tun können.<br />
Als Vizepräsident wird Henning<br />
Kinkhorst, aktuell der Vorstand der<br />
Amateure, vorgeschlagen. Kassenwart<br />
soll Dr. Ralph Hartmann werden, der<br />
den Mitgliedern von zwei gescheiterten<br />
Bewerbungen zum Aufsichtsrat<br />
bekannt sein dürfte.<br />
Eine besondere Note erhält die Wahl<br />
des Präsidenten auch durch einen Antrag<br />
vom ehemaligen Aufsichtsrat<br />
Manfred Ertel. Dieser möchte, dass der<br />
Vereinspräsident gleichzeitig auch<br />
Aufsichtsratsvorsitzender der <strong>HSV</strong> AG<br />
wird. Ob dieses nun grundsätzlich gut<br />
oder schlecht sei, mag jedes Mitglied<br />
für sich selber entscheiden. Allerdings<br />
ging es vielen für <strong>HSV</strong>Plus stimmenden<br />
Mitgliedern m.E. auch darum, den Einfluss<br />
von Vereinsmitgliedern auf die<br />
wirtschaftlichen und sportlichen Entscheidungen<br />
der Profifußballer zurückzudrängen.<br />
Damit dieser Antrag angenommen<br />
wird, bedarf es lediglich der<br />
einfachen Mehrheit der anwesenden<br />
Mitglieder, da der Antrag lediglich eine<br />
Handlungsempfehlung darstellt.<br />
Keine richtige Auswahl haben wir im<br />
Übrigen bei den Wahlen der beiden<br />
delegierten Beiratsmitglieder, und in<br />
diesem Fall ist nicht der Beirat<br />
„schuld“. Für die Abteilung Supporters<br />
hat sich nur ein einziger Kandidat<br />
gefunden, bei den Amateuren sind<br />
es immerhin zwei.<br />
Und so sind am 25.01.2015 wieder wir<br />
Mitglieder gefordert und müssen<br />
versuchen, bei den Wahlen unseren<br />
Verstand einzuschalten und Emotionen<br />
oder Freundschaften, ja auch<br />
die ehemaligen Lagerzugehörigkeiten<br />
auszublenden.<br />
Ob jemand Anhänger der Bundesligaspieler<br />
ist oder ein ehemaliger<br />
Leichtathlet – völlig egal. Ob er in<br />
Athen war, in <strong>HSV</strong> Bettwäsche geschlafen<br />
hat oder sogar noch schläft<br />
– völlig egal. Ob er ein Plussi war oder<br />
andere Lösungen gesucht hat – völlig<br />
egal.<br />
Es kann sich einzig um die Frage drehen:<br />
Ist der Kandidat geeignet, dieses<br />
Amt zum Wohle des <strong>HSV</strong> auszuführen,<br />
hat er die Weitsicht und die Demut,<br />
sich hinter die Aufgabe des<br />
Amtes zu stellen und diese zum Wohle<br />
des Vereins auszuführen<br />
Ein guter Demagoge ist noch lange<br />
kein guter Mandatsträger, wie wir in<br />
den letzten Jahren auch bei einigen<br />
Mitgliedern des Aufsichtsrates feststellen<br />
durften. Zur Not müssen wir<br />
eben einen Posten unbesetzt lassen,<br />
bis sich ein geeigneter Kandidat zur<br />
Verfügung stellt.<br />
Der Beirat hat sich im<br />
Rahmen der Kandidatensuche<br />
Gedanken<br />
über die Aufgabenverteilung<br />
im Präsidium<br />
gemacht und diese in<br />
der auf <strong>HSV</strong>.de veröffentlichten<br />
Mitgliederinformation<br />
vom<br />
06.11.14 vorgestellt:<br />
VIZEPRÄSIDENT<br />
Vertretung des Präsidenten bei dessen<br />
Verhinderung<br />
Repräsentation des <strong>HSV</strong> in den Fachverbänden<br />
seiner einzelnen Sportabteilungen<br />
(zusammen mit dem 1. Vorsitzenden<br />
oder einem anderen Mitglied des Amateurvorstands<br />
und ggf. einem dafür<br />
benannten hauptamtlichen Mitarbeiter<br />
der Geschäftsstelle)<br />
Meldungen des Mitgliederbestandes an<br />
den Hamburger Sport-Bund und die<br />
Fachverbände sowie ggf. an weitere Institutionen<br />
und Behörden in Abstimmung<br />
mit dem Schatzmeister<br />
Zuständigkeit für alle Fragen der Mitgliedergewinnung<br />
und -bindung<br />
Erster Ansprechpartner für Amateurvorstand,<br />
Seniorenrat und Abteilungsleitung<br />
Fördernde Mitglieder<br />
Enger Kontakt zu allen Sportabteilungen<br />
und zur Abteilung Fördernde Mitglieder<br />
(„Präsidiumsmitglied für die Belange der<br />
Mitglieder“)<br />
Gast im ständigen Verwaltungsausschuss<br />
für die Sportanlage Ochsenzoll<br />
Personalverantwortung für die bezahlten<br />
Mitarbeiter in den einzelnen Sportabteilungen<br />
(zusammen mit dem 1. Vorsitzenden<br />
oder einem anderen Mitglied des<br />
Amateurvorstands und ggf. einem dafür<br />
benannten hauptamtlichen Mitarbeiter<br />
der Geschäftsstelle)<br />
Vertreter des Aktionärs <strong>HSV</strong> e. V. in der<br />
Hauptversammlung der <strong>HSV</strong> Fußball<br />
AG<br />
Verhandlungsführer gegenüber dem<br />
Vorstand der <strong>HSV</strong> Fußball AG bezüglich<br />
aller Angelegenheiten im Zusammenhang<br />
mit Vermarktung und Marketing<br />
(ggf. im Zusammenhang mit dem Schatzmeister)<br />
PRÄSIDENT<br />
Repräsentation des <strong>HSV</strong> nach innen und<br />
außen, insbesondere auch gegenüber<br />
den Medien und im Hamburger Sport-<br />
Bund und - in Abstimmung mit dem<br />
Vorstand der <strong>HSV</strong> Fußball AG - im Deutschen<br />
Fußball-Bund und dessen zuständigem<br />
Regional- und Landesverband<br />
Federführung bei der Vorbereitung und<br />
Einberufung der Mitgliederversammlung,<br />
Leitung der Mitgliederversammlung<br />
mit Ausnahme der in § 17 Ziffer 1<br />
der Satzung genannten Tagesordnungspunkte<br />
Leitung der Sitzungen des Präsidiums<br />
Erster Ansprechpartner für Beirat/<br />
Wahlausschuss und Ehrenrat<br />
Weisungsrecht gegenüber der hauptamtlichen<br />
Geschäftsführung und Überwachung<br />
von deren Arbeit<br />
Personalverantwortung für die<br />
hauptamtlichen Mitarbeiter des Vereins<br />
Geborenes Mitglied im Aufsichtsrat der<br />
<strong>HSV</strong> Fußball AG<br />
Vertreter des Aktionärs <strong>HSV</strong> e.V. in der<br />
Hauptversammlung der <strong>HSV</strong> Fußball<br />
AG<br />
Verhandlungsführer gegenüber dem<br />
Vorstand der <strong>HSV</strong> Fußball AG bezüglich<br />
der mit dieser geschlossenen Dienstleistungsverträge<br />
und für den Bereich Kommunikation<br />
Mitglied im Ehrenausschuss<br />
Mitglied im ständigen Verwaltungsausschuss<br />
für die Sportanlage Ochsenzoll<br />
Ansprechpartner bei der Einschaltung<br />
von rechtlichen Beratern<br />
Berechtigung, zur Erledigung der vorgenannten<br />
Aufgaben diese auch auf die<br />
anderen Mitglieder des Präsidiums oder<br />
Mitglieder der hauptamtlichen Geschäftsführung<br />
zu delegieren (ausgenommen<br />
die Tätigkeit im Aufsichtsrat der<br />
<strong>HSV</strong> Fußball AG)<br />
SCHATZMEISTER<br />
Verwaltung des Vereinsvermögens<br />
Federführung bei der Erstellung des<br />
Vereinshaushaltsplans<br />
Federführung bei der Erstellung des<br />
Jahresabschlusses in Vorbereitung für<br />
den Wirtschaftsprüfer<br />
Überwachung der Haushaltspläne der<br />
einzelnen (Sport-)Abteilungen in Zusammenarbeit<br />
mit dem Amateurvorstand,<br />
insbesondere dessen Kassenwart, und<br />
mit der Abteilungsleitung Fördernde<br />
Mitglieder<br />
Überwachung des Mitgliederwesens,<br />
insbesondere Beitragseinzug und Mahnwesen<br />
Federführung bei der Erstellung der<br />
Beitragsordnung<br />
Prüfung und Begleichung der Beiträge<br />
an den Hamburger Sport-Bund und die<br />
Fachverbände in Abstimmung mit dem<br />
Vizepräsidenten<br />
Beantragung von Fördermitteln und<br />
Zuschüssen bei staatlichen Institutionen,<br />
dem Hamburger Sport-Bund und den<br />
Fachverbänden, und Überwachung und<br />
Abrechnung der Mittelverwendung<br />
Einwerben von Spenden<br />
Erster Ansprechpartner für die Rechnungsprüfer<br />
Mitglied im ständigen Verwaltungsausschuss<br />
für die Sportanlage Ochsenzoll<br />
Ansprechpartner bei der Einschaltung<br />
von steuerlichen Beratern<br />
Vertreter des Aktionärs <strong>HSV</strong> e.V. in der<br />
Hauptversammlung der <strong>HSV</strong> Fußball AG<br />
Unterstützung des Vizepräsidenten bei<br />
den Verhandlungen mit dem Vorstand<br />
der <strong>HSV</strong> Fußball AG bezüglich aller Angelegenheiten<br />
im Zusammenhang mit<br />
Vermarktung und Marketing“
PRÄSIDIUMSWAHL BEIM <strong>HSV</strong><br />
DIE<br />
GEDANKEN<br />
SIND FREI<br />
Auch wenn seitens der Ausgliederungsgegner gebetsmühlenartig<br />
betont wurde, dass im neuen Gesellschaftskonstrukt<br />
die Mitgliederrechte nicht mehr vorhanden seien,<br />
werden auf der nächsten Mitgliederversammlung neben<br />
den Personenwahlen auch einige Anträge behandelt, die<br />
einen direkten Einfluss sowohl auf den Verein, als auch<br />
auf die AG haben.<br />
AUTOR: Jan David Talleur<br />
Der obligatorische Fernwahlantrag<br />
fehlt dieses Mal in der Sammlung,<br />
dafür sind - wie üblich - einige Anträge<br />
zur Mitgliederversammlung<br />
weder durchdacht, noch ausgereift.<br />
Hier stellt sich die Frage, ob es nicht<br />
möglicherweise Sinn machen würde,<br />
dass der Verein noch im Antragsstatus<br />
Hilfestellung bei der Formulierung<br />
von Anträgen gibt und/oder<br />
diese auf Durchführbarkeit prüft.<br />
Trotzdem gibt es natürlich auch Anträge,<br />
die für Diskussionen sorgen<br />
werden, bzw. bei denen es sich lohnt,<br />
auch im Vorfeld ein paar Gedanken<br />
zu verschwenden.<br />
Zwei identisch lautende Satzungsänderungsanträge<br />
von Thomas Krüger<br />
und Heiko Frank wollen die Paragraphen<br />
17 und 19 der e.V.-Satzung verändern,<br />
bzw. konkretisieren. Zudem<br />
steht ein Antrag von Thorsten Runge<br />
auf der Tagesordnung, der die fehlenden<br />
Vorgaben bzgl. Fristen und<br />
Wahlen in die Satzung einfügen<br />
möchte. Grundsätzlich sind diese<br />
Konkretisierungen wünschenswert.<br />
Ob es allerdings sinnvoll ist, immer<br />
wieder in kleinen Schritten an die<br />
Satzung heranzugehen und vor allem,<br />
ob es Sinn macht, Satzungsänderungen<br />
erstmalig auf einer MV zu diskutieren,<br />
möchte ich in Abrede stellen.<br />
Ähnlich sieht es auch der Seniorenrat,<br />
der den Antrag stellt, alle Satzungsänderungsanträge<br />
zunächst zurückzustellen,<br />
und die Schwächen der<br />
Satzung stattdessen in einem Rutsch<br />
anzugehen.<br />
Wenn die Wahlen auf der Mitgliederversammlung<br />
am 25. Januar erfolgreich<br />
absolviert werden, gäbe es auch<br />
keinen Grund, die Satzungsänderungen<br />
sofort zu beschließen. Das Zeitfenster<br />
bis zu den nächsten Wahlen<br />
wäre groß genug, um in Ruhe über<br />
die Änderungen nachzudenken und<br />
zu beraten – möglicherweise auch<br />
mit dem Gedanken im Hinterkopf,<br />
die Vorgaben so zu gestalten, das auch<br />
eine spätere Fernwahlmöglichkeit<br />
nicht durch das Procedere blockiert<br />
werden würde.<br />
Etwas anderes wäre es allerdings,<br />
wenn wir uns nicht auf einen neuen<br />
Präsidenten und / oder Beirat einigen<br />
können. Dann sollten im Zeitraum bis<br />
zum nächsten Wahltermin, der dann<br />
in zwei Monaten stattfinden würde,<br />
unbedingt die notwendigen Ergänzungen<br />
und Konkretisierungen in die<br />
Satzung mit aufgenommen werden.<br />
Der Antrag des Seniorenrates auf<br />
Verschiebung der Satzungsänderungsanträge<br />
benötigt im Übrigen<br />
die einfache 50%-Mehrheit, die oben<br />
genannten Satzungsänderungs-<br />
Foto: Witters<br />
anträge 75% der abgegebenen Stimmen,<br />
um angenommen zu werden.<br />
Eine solche 50%-Mehrheit benötigen<br />
auch die weiteren Anträge, die fristgerecht<br />
zum 21.12.2014 eingereicht<br />
wurden. Besonders brisant dabei ein<br />
Antrag von Manfred Ertel.<br />
„Das Präsidium des <strong>HSV</strong> e.V. wird aufgefordert,<br />
alle erdenklichen Schritte zu<br />
ergreifen, dass der Vorsitz im Aufsichtsrat<br />
der <strong>HSV</strong> Fußball AG vom Präsidenten<br />
des <strong>HSV</strong> e.V. bekleidet wird. Dazu<br />
gehört insbesondere, einen entsprechenden<br />
Beschluss in der Hauptversammlung<br />
der Fußball AG herbeizuführen.“<br />
Dieser Antrag von Manfred Ertel mag<br />
zwar einen gewissen Sinn haben, aber<br />
er berücksichtigt weder die unterschiedlichen<br />
Ausrichtungen der beiden<br />
Gesellschaften (e.V. und AG), noch<br />
die Anforderungen, die an die jeweiligen<br />
Positionen gestellt werden.<br />
Ein Vereinspräsident benötigt andere<br />
Fähigkeiten als derjenige, der an der<br />
Spitze des Kontrollgremiums sitzt. Der<br />
beste Vereinspräsident mag für den<br />
Aufsichtsratsvorsitz ungeeignet sein.<br />
Und der Antrag von Manfred macht<br />
leider auch deutlich, was eines der<br />
Probleme war, die letztendlich zur<br />
Ausgliederung geführt haben. Wir<br />
mögen gute und fähige Kandidaten<br />
gehabt haben, aber haben wir in der<br />
Masse der Mitglieder auch die Kompetenz,<br />
diese Leute auf die Positionen<br />
zu wählen, für die die Kandidaten am<br />
Besten geeignet wären Ein launiger<br />
Redner hatte bei uns immer bessere<br />
Chance als ein stiller, ruhiger Arbeiter.<br />
Manfred Ertel weist in seinem Antrag<br />
nicht darauf hin, was „alle erdenklichen<br />
Mittel“ sein können, führt aber<br />
die Hauptversammlung der <strong>HSV</strong> Fußball<br />
AG an, in der der Verein als Mehrheitsgesellschafter<br />
die Stimmenmajorität<br />
hat. Auf dieser Hauptversammlung<br />
könnte eine dementsprechende Änderung<br />
der AG-Satzung herbeigeführt<br />
werden und de Präsidenten des <strong>HSV</strong><br />
generell als Vorsitzenden des AG Aufsichtsrates<br />
bestimmen.<br />
In der bisherigen AG-Satzung wird dem<br />
Vorsitzenden des Aufsichtsrates erst<br />
einmal keine besondere Stellung zugebilligt.<br />
Er wird bislang von den Aufsichtsratsvertretern<br />
aus den eigenen<br />
Reihen gewählt, ist also mehr oder<br />
weniger ein primus inter pares. Nach<br />
dem Aktiengesetz hat der Vorsitzende<br />
des Aufsichtsrates bei Stimmengleichheit<br />
im Rat eine zusätzliche Stimme,<br />
um eine Entscheidung herbeizuführen.<br />
Liest man die Begründung von Manfred<br />
Ertel, dann scheint es diesem bei<br />
dem Antrag weniger um die Stärkung<br />
der Position des Präsidenten zu gehen,<br />
sondern eher darum, direkten Einfluss<br />
auf die personelle Besetzung des<br />
Aufsichtsrates der <strong>HSV</strong> Fußball AG<br />
zu nehmen. Und so ist anscheinend<br />
das primäre Ziel dieses Antrages, den<br />
„ehrenwerten Geschäftsmann“ Karl<br />
Gernandt von seinem Posten zu entfernen.<br />
Dazu mag jeder seine eigene<br />
Meinung haben, aber die Sorge um<br />
den Verein und die Stärkung von<br />
diesem hatten in den letzten Jahren<br />
bei Angriffen auf Vereinsvertreter<br />
schon des Öfteren als Begründungen<br />
herhalten müssen.<br />
Manfred Ertel führt in seiner Begründung<br />
weiterhin an, dass auch bei<br />
Bayern München und Borussia Dortmund<br />
die Vereinspräsidenten Vorsitzende<br />
des Aufsichtsrates in der jeweiligen<br />
ausgegliederten Kapitalgesellschaft<br />
sind. Ob er uns Mitgliedern<br />
damit suggerieren möchte, dass<br />
in diesen Fällen ein Automatismus<br />
in den jeweiligen Vereinssatzungen<br />
greift, möchte ich unserem ehemaligen<br />
Aufsichtsratsvorsitzenden nicht<br />
unterstellen.<br />
Fakt ist jedoch, dass diese angeführten<br />
Beispiele wenig mit seinem Antrag<br />
zu tun haben. Ertels Hinweis auf<br />
Borussia Dortmund ist für die Antragsbegründung<br />
wenig hilfreich, weil<br />
der Klub in einer anderen Rechtsform<br />
(GmbH & Co. KG) organisiert ist. Bei<br />
Bayern München wählen die Mitglieder<br />
des Aufsichtsrates ihren Vorsitzenden<br />
selber, genauso wie es zur<br />
Zeit bei uns vorgesehen ist.<br />
Möglicherweise liegt es an der Qualität<br />
des jeweiligen Vereinspräsidenten<br />
(erst Uli Hoeness, dann Karl Hopfner),<br />
dass die Mitglieder des<br />
Bayern-Aufsichtsrates sich für diese<br />
Personen entschieden haben. Das<br />
Beispiel Eintracht Frankfurt, die ebenfalls<br />
in eine AG ausgegliedert haben,<br />
erwähnt Manfred Ertel nicht. Hier<br />
ist der Vereinspräsident Peter Fischer<br />
nicht zum Vorsitzenden des Aufsichtsrates<br />
gewählt worden.<br />
19 aNsicht
PRÄSIDIUMSWAHL BEIM <strong>HSV</strong><br />
SICH EINFACH<br />
MAL TRAUEN<br />
VERTRAUEN<br />
ZU HABEN.<br />
Man glaubt es kaum, es wird wieder gewählt beim <strong>HSV</strong>.<br />
Nun beim sogenannten „e.V.“, also fern ab von dem, was in<br />
den dunklen und überwunden geglaubten Zeiten, das Drama<br />
und den Unbill rund um den Bundesligisten ausmachte.<br />
AUTOR: Thomas Pundrich<br />
Sorry, ich bin immer noch kein Universalsportvereinversteher<br />
und muss<br />
mir auch jetzt kein Bekenntnis dazu<br />
abheucheln, weil ich glücklicherweise<br />
kein Amt anstrebe und mich der<br />
Universalsport im <strong>HSV</strong> e.V. im Regelfall<br />
nicht interessiert.<br />
Ich möchte nicht missverstanden<br />
werden: natürlich stelle ich nicht den<br />
Universalsport im <strong>HSV</strong> e.V. an sich<br />
in Frage, dazu habe ich kein Recht<br />
und meine klitzekleine Meinung ist<br />
nicht nur diesbezüglich völlig unbedeutend.<br />
Nur, ich bin wegen Fußball<br />
da, die meisten anderen Mitglieder<br />
sind es auch und mit Sicherheit auch<br />
einige der aktiven Sportler.<br />
Mit Ausgliederung im Mai ist das<br />
Gesamtkonstrukt <strong>HSV</strong> e.V. / <strong>HSV</strong> AG<br />
auf neue, aber verwobene Satzungsbeine<br />
gestellt worden. Man kann nun<br />
gerne darüber diskutieren, ob das<br />
handwerklich geschickt gemacht<br />
worden ist, aber, wie das echte Leben<br />
nun mal so spielt, gilt auch hier der<br />
Grundsatz: drei Juristen, vier Einlassungen<br />
(ein Jurist teilt sich ja nicht<br />
mit, wie ein normaler Mensch…), fünf<br />
Meinungen, rote Köpfe und mal wieder<br />
ein großer Kreis erregter, weißer,<br />
alter Männer.<br />
Hauptkritikpunkt ist das Wirken des<br />
sog. „Beirat/Wahlausschuss“. Vornehmlich<br />
wird die Satzungsauslegung<br />
zur Wahl des Präsidiums kritisiert,<br />
nämlich, dass der Beirat/Wahlausschuss<br />
der Mitgliederversammlung<br />
nur jeweils einen Aspiranten für drei<br />
zu vergebene Posten anbietet.<br />
Klingt per se erst einmal nicht wirklich<br />
nach „Wahl“ und eventuell auch<br />
nicht „demokratisch“. Aber, wenn<br />
man sich als genervtes Mitglied die<br />
zum Teil grotesken Vorstellungen der<br />
Kandidaten der Vergangenheit vor<br />
Augen hält, ist diese Vorauswahl, gerade<br />
in der Transitions-Phase, begrüßenswert<br />
und nachvollziehbar. Es ist<br />
in dieser für den e.V. und die AG<br />
schwierigen Zeit vernünftiger, um<br />
die geeignetsten Kandidaten reibungslos<br />
aufs Gleis zu stellen.<br />
Man sollte einfach mal in die Satzung<br />
schauen und den aktuellen Status in<br />
den Gremien abprüfen. Aktuell besteht<br />
dieser „Beirat/Wahlausschuss“<br />
aus den beiden Delegierten der Amateure<br />
und der Fördernden Mitglieder,<br />
sowie drei führenden Mitgliedern des<br />
Foto: Witters<br />
Ehrenrates. Zukünftig werden in diesem<br />
Gremium zwei Köpfe des Ehrenrates<br />
durch verdienstvolle Ehrenmitglieder<br />
des e.V. (Goldene Ehrennadel<br />
sportlich/ehrenamtlich) besetzt.<br />
Gegenwärtig und zukünftig also nur<br />
demokratisch legitimierte Personen<br />
und honorige Mitglieder. Wieso kann<br />
oder mag man diesen Menschen nicht<br />
das Vertrauen entgegen bringen, dass<br />
sie für das Wohl des gesamten Vereins<br />
und schlussendlich auch für das Vereinsvermögen<br />
(die AG!) die besten<br />
Leute einfängt und das Präsidium<br />
sinnstiftend und erfolgreich komponiert.<br />
Machen wir uns nichts vor – leicht<br />
kann sich der Beirat diese Entscheidung<br />
nicht gemacht haben. Für den<br />
Beirat wäre es auf alle Fälle bequemer<br />
gewesen, alle Bewerber für die drei<br />
zu wählenden Präsidiumsposten anzunehmen.<br />
Dann hätten sie die Verantwortung<br />
auf die Mitglieder abwälzen<br />
können und müssten sich nicht<br />
der Kritik auf der Mitgliederversammlung<br />
stellen.<br />
Auf alle Fälle ist der Beirat jetzt in<br />
der Pflicht. Sie müssen die Kandidaten<br />
für das Präsidium auswählen, und<br />
diese Kandidaten müssen so gut sein,<br />
dass sie auch die Hürde Mitgliederversammlung<br />
passieren. Denn auch<br />
wenn wir Mitglieder nur mit „Ja“ oder<br />
„Nein“ abstimmen können, die Wahl<br />
haben wir trotzdem.<br />
Glücklicherweise hat sich der Beirat/<br />
Wahlausschuss auch dahingehend<br />
positioniert, dass das präsidiale Wirken<br />
im e.V. als reines Ehrenamt zu<br />
funktionieren hat. So darf man annehmen,<br />
dass es nur Kandidaten gibt,<br />
die mit echtem, gelebtem Herzblut<br />
für dieses Amt brennen wollen.<br />
Gut, es gibt im Umfeld des <strong>HSV</strong> ausreichend<br />
blendenden Durchschnitt<br />
mit viel Zeit und Geld, aber, herrjeh,<br />
auch da bietet eine Vorauswahl mit<br />
einem entsprechenden Assessment<br />
ggf. eine wirksame Abwehr.<br />
Die Kritiker des „Beirat/Wahlausschuss“<br />
mögen sich bitte eine Frage<br />
stellen und diese auch bitteschön<br />
halbwegs ehrlich beantworten: wieviel<br />
Auswahl hatten wir in der Vergangenheit,<br />
wie oft hatten wir ein<br />
„glückliches Händchen“ und wie oft<br />
war der Akt der demokratischen Tradition<br />
im <strong>HSV</strong> e.V. schlichtweg ein<br />
Griff ins Klo Es ist wie bei der internationalen<br />
Coffee-Shop-Kette. Lange<br />
Tafeln mit Getränken, aber im Ergebnis<br />
nichts anderes als immer das<br />
gleiche Gebräu, oberflächlich aufgepeppt<br />
durch Zuckersirup unterschiedlicher<br />
Couleur.<br />
Fazit: Im sportlichen Bereich<br />
müssen wir Geduld beweisen,<br />
wenn nötig bis zum bitteren<br />
letzten Spieltag. Im<br />
vereinspolitischen Bereich<br />
müssen wir einfach lernen,<br />
Vertrauen zu geben und<br />
auch einfach mal loslassen<br />
können (und wollen). Es geht<br />
glücklicherweise um nichts<br />
mehr, außer, um den Universalsportverein.<br />
20 aNsicht
PRÄSIDIUMSWAHL BEIM <strong>HSV</strong><br />
GEHORSAM<br />
ODER EIGEN-<br />
VERANTWOR-<br />
TUNG<br />
Ein Plädoyer für eine demokratische (Aus-) Wahl<br />
Die Diskussions-Wellen schlagen hoch bei den <strong>HSV</strong>-Mitgliedern.<br />
Der übergangsweise amtierende Beirat hat beschlossen,<br />
nur jeweils einen Kandidaten für jedes Präsidiumsamt<br />
(Präsident, Vizepräsident, Schatzmeister) den<br />
Mitgliedern zur „Wahl“ vorzuschlagen. Der Widerstand<br />
gegen dieses Vorgehen ist praktisch <strong>HSV</strong>-flächendeckend.<br />
AUTOREN: Reinhard Hupfer &Sven Kröger<br />
Wahl bedeutet Auswahl<br />
„Möglichkeit der Entscheidung; das<br />
Sich-Entscheiden zwischen zwei oder<br />
mehreren Möglichkeiten“ (Duden)<br />
Demokratische Traditionen beruhen<br />
– nicht nur, aber ganz entscheidend<br />
– darauf, dass Wähler die Möglichkeit<br />
haben, sich zwischen verschiedenen<br />
sachlichen oder personellen Angeboten<br />
zu entscheiden.<br />
Wer nur entscheiden darf, ob eine<br />
vorgeschlagene Person gewählt wird<br />
oder nicht, der wählt nicht, sondern<br />
bestätigt. Aus dem politischen Raum<br />
gibt es unzählige Erfahrungen mit<br />
diktatorischen Systemen, in denen<br />
Bürger nicht wählen durften, sondern<br />
eben nur bestätigen. Wer keine Auswahl<br />
anbietet oder zulässt, reduziert<br />
die Wahlmöglichkeit der Entscheider<br />
– der Wähler. Dafür gibt es weder<br />
eine nachvollziehbare, überzeugende<br />
Begründung, noch eine Legitimation.<br />
Die Satzung legt die Entscheidung<br />
in die Hände der Mitglieder<br />
– nicht des Beirats<br />
Beim <strong>HSV</strong> sollen die Präsidiumsmitglieder,<br />
anders als der Vorstand des<br />
<strong>HSV</strong> e.V. bisher, vom „<strong>HSV</strong>-Volk“, also<br />
den Mitgliedern direkt gewählt werden.<br />
Früher wurde der Vorstand vom<br />
Aufsichtsrat ernannt. Mit der neuen<br />
Regelung sollte bewusst die Entscheidung<br />
in die Hände der Mitglieder<br />
gelegt werden.<br />
Die Kompetenz der Kandidaten soll<br />
vom Beirat geprüft werden; er soll<br />
nur geeignete Kandidaten vorschlagen.<br />
Keineswegs soll der Beirat eine<br />
Wahl-Vorentscheidung treffen. Nur<br />
einen einzigen Kandidaten vorzuschlagen,<br />
geht nur dann, wenn man<br />
(der Beirat) nicht mehr geeignete<br />
Kandidaten findet.<br />
Wir sind stolz auf<br />
demokratische Traditionen<br />
Beim <strong>HSV</strong> haben (basis-) demokratische<br />
Verfahren zur Mitbestimmung<br />
der Geschicke des Vereins eine lange<br />
Tradition. Darauf sind viele Mitglieder<br />
stolz, auch wenn nicht alle (Wahl-)<br />
Entscheidungen glücklich gewesen<br />
sein mögen.<br />
Der mangelnde Erfolg des Vereins<br />
über einen langen Zeitraum lässt sich<br />
jedoch nicht an den demokratischen<br />
Verfahren festmachen. Vielmehr haben<br />
die alten Strukturen Wahlentscheidungen<br />
zugelassen, die die Kompetenz<br />
der Kandidaten zu wenig<br />
berücksichtigt haben. Genau das soll<br />
durch das Prüfungs- und Vorschlagsrecht<br />
des Beirats geändert werden.<br />
Was wollten die Antragsteller<br />
vom 19.1.14<br />
Das lässt sich nachlesen:<br />
„… Der Wahlausschuss sucht und prüft<br />
daraufhin die Kandidaten für das Präsidium.<br />
Die Anzahl der geeigneten Kandidaten<br />
wird vom Wahlausschuss festgelegt<br />
und in einer Vorschlagsliste<br />
erfasst, aus der die Mitgliederversammlung<br />
dann die Kandidaten nach einer<br />
Vorstellungsrunde wählt.“<br />
So stand es in der Antragsbegründung<br />
für die Mitliederversammlung am<br />
19.1.14. Das ist eindeutig und wird<br />
durch die Antragsteller nach wie vor<br />
bestätigt. Leider finden sie kein Gehör<br />
beim Beirat.<br />
Warum versteckt sich der Beirat<br />
hinter umstrittenen juristischen<br />
Argumenten<br />
Ein, wenn nicht das entscheidende Argument<br />
für die Haltung des Beirats ist<br />
die juristische Auslegung der Satzungsvorschriften<br />
(§§ 17 Ziff. 3, 19 Ziff. 3 b).<br />
Dazu hat er nach eigener Aussage Meinungen<br />
von Anwälten eingeholt, die<br />
nach Ansicht des Beirats keine andere<br />
Entscheidung zulassen, als nur jeweils<br />
einen Kandidaten vorzuschlagen.<br />
Diese juristischen Meinungsäußerungen<br />
sind nicht veröffentlicht; die Behauptung<br />
des Beirats lässt sich also<br />
nicht überprüfen. Wie immer, gibt es<br />
dazu andere Ansichten – auch von<br />
namhaften Juristen, insbesondere<br />
auch von denen, die aktiv an der neuen<br />
Satzung mitgewirkt haben und dem<br />
Beirat eine eigene Entscheidungskompetenz<br />
einräumen.<br />
Meist verbergen sich hinter den juristischen<br />
Feinheiten andere Interessen.<br />
Was also treibt den Beirat zu seiner<br />
Entscheidung, die die meisten<br />
<strong>HSV</strong>-Mitglieder gegen ihn aufbringt<br />
Warum schafft der Beirat nicht mehr<br />
Transparenz Wenn man nicht Bescheid<br />
weiß, blüht die Spekulation,<br />
meist eine negative. Daran wollen wir<br />
uns nicht beteiligen.<br />
Aber eine Aussage des Beirats lässt<br />
sich zitieren:<br />
„Schließlich kann in diesem Zusammenhang<br />
unser Eindruck als Beiratsmitglieder<br />
nicht ausgespart bleiben, dass zumindest<br />
bei einigen Mitgliedern<br />
tragender Beweggrund für die Forderung<br />
nach Zulassung mehrerer Kandidaten<br />
weniger der Wunsch nach Demokratie<br />
zu sein scheint, als vielmehr das Bestreben,<br />
jeweils den bzw. die eigenen Kandidaten<br />
(oder gar sich selbst) ins Amt zu<br />
bringen.<br />
Mit diesem Verhalten würden Interessengruppen<br />
auch bei Einbringung mehrerer<br />
Vorschläge versuchen, Kandidaten<br />
in den Prozess zu drücken, die der Beirat<br />
mangels Eignung nicht auswählt; dem<br />
ist rechtzeitig Einhalt zu gebieten.“<br />
Zitiert aus einem Schreiben des Beirats<br />
an einen der Autoren vom 14.11.2014,<br />
unterzeichnet von den Vorsitzenden<br />
Eckart Westphalen und Dr. Andreas<br />
Peters.<br />
Diese Aussage macht uns sprachlos.<br />
Dem Beirat steht jedes Mittel zur Verfügung,<br />
diesen Befürchtungen eigenständig<br />
entgegenzutreten und sie<br />
gegenstandslos zu machen. Diese Sicht<br />
auf die Mitglieder des <strong>HSV</strong> und deren<br />
Wahrnehmung berechtigter Interessen<br />
kann man nur mit Sorge zur Kenntnis<br />
nehmen – und die Frage stellen: Haben<br />
wir die richtigen Mitglieder im Beirat<br />
Fazit: Wir erwarten, dass die<br />
Vorschriften der Satzung so<br />
ausgelegt werden, wie es die<br />
Mitglieder wollen und mit<br />
ihrer Entscheidung vom 25.<br />
Mai 2014 mit überwältigender<br />
Mehrheit zum Ausdruck<br />
gebracht haben!<br />
21 aNsicht<br />
Foto: Witters
Die Raute – überall präsent.<br />
Dino Hermann ist auch hier der Star<br />
der Kinder.<br />
Fest der 1000 Zwerge!<br />
„Kenne ich auch<br />
nicht!“ – war der meist<br />
ausgesprochene Satz<br />
am Getränkestand,<br />
begleitet mit Achselzucken. Ein Fest,<br />
Autor: Sven DabelsteinDas<br />
welches durch diese Frage große Berühmtheit<br />
erfahren hat, dabei aber<br />
vermutlich immer noch relativ unbekannt<br />
geblieben ist.<br />
<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong> hat dieses Fest<br />
einmal besucht, und bringt es euch<br />
ein wenig näher.<br />
Beschäftigt man sich mit der Historie<br />
dieses Festes, wird man erfahren,<br />
dass man den Namen der BILD<br />
zu verdanken hat, denn ursprünglich<br />
fand diese Veranstaltung als „Schü-<br />
„Herr Rebbe,<br />
kennen Sie das Fest der 1000 Zwerge“<br />
Mit dieser simplen Frage ließ<br />
Peter Gottschalk seinerzeit uns und den<br />
hoffnungsvollen Kandidaten bei der Wahl<br />
des Aufsichtsrates 2011 fragend zurück.<br />
ler-Saisonabschlusssportfest des<br />
<strong>HSV</strong>“ statt.<br />
Schauen wir zunächst, ob die<br />
Veranstaltung hält, was der Name<br />
verspricht:<br />
Fest! Definitiv ja! Zwar laufen<br />
immer mal Sportler mit enttäuschten<br />
Mienen herum, was bei sportlichen<br />
Wettkämpfen zwangsläufig der Fall<br />
ist, diese werden aber schnell durch<br />
die freudige Atmosphäre wieder aufgefangen.<br />
1.000! Mit 935 gemeldeten Startern<br />
wurde die Marke in diesem Jahr<br />
zwar knapp verpasst, wird jedoch<br />
sonst jedes Jahr erreicht oder gar<br />
Fest der<br />
1000 Zwerge<br />
deutlich übertroffen. Die Sportler<br />
kommen aus über 100 Vereinen, auch<br />
aus den skandinavischen Ländern.<br />
Zwerge! Nun ja, wer sich bei<br />
dem Begriff „Zwerge“ vorstellt, dass<br />
– vergleichbar wie beim Fußball eine<br />
G-Jugend – kleine Kinder süß und<br />
unbedarft über die Tartanbahn flitzen<br />
oder in die Sandkiste hüpfen,<br />
wird enttäuscht sein. Vielmehr sind<br />
es Kinder bzw. Jugendliche im Alter<br />
von 8 bis 15 Jahren, die schon beachtliche<br />
Leistungen in Ihren Disziplinen<br />
erreichen.<br />
Ja, man tat gut daran, diesen Namen<br />
aufzugreifen und ihn für das<br />
größte deutsche Schülersportfest zu<br />
etablieren.<br />
So zeigt sich die Jahnkampfbahn<br />
zwei Tage lang mit gefüllten Tribünen<br />
ganz in den Farben unserer Raute<br />
geschmückt. Streift man durch die<br />
Reihen, erblickt man Trainingsanzüge<br />
u.a. aus Cottbus, aus Münster und<br />
von Tampereen Pyrintö aus Finnland.<br />
Vom <strong>HSV</strong> sind über 80 Leichtathleten/Innen<br />
am Start.<br />
Die weiter angereisten Sportler<br />
wohnen in Schulhallen bzw. kommen<br />
privat unter.<br />
Man wundert sich, wie bei diesem<br />
bunten Treiben überhaupt jemand<br />
den Überblick behalten kann, doch<br />
Organisator Oliver Voigt behält zu<br />
jeder Zeit den Durchblick. Über den<br />
Tag sind 4 Organisationsblöcke á 40<br />
Helfer eingeteilt, die ihn dabei unterstützen,<br />
jede aufkommende Frage<br />
zu beantworten, den Sportlern den<br />
Weg zu weisen, oder aber als Kampfgericht<br />
zu fungieren. Auf die zwei<br />
Tage verteilt finden 112 Siegerehrungen<br />
statt, denn exakt diese Anzahl<br />
an Wettbewerben wird ausgetragen.<br />
Fragt man Oliver nach herausragenden<br />
Athleten aus der Vergangenheit,<br />
so weiß er sofort zu berichten, dass<br />
bei jeder großen Leichtathletikveranstaltung<br />
wie Europameisterschaft,<br />
Weltmeisterschaft oder gar Olympischen<br />
Spielen immer auch Athleten<br />
dabei sind, die schon am „Fest der<br />
1.000 Zwerge“ teilgenommen haben.<br />
Zu nennen sind z. B. der bisher einzige<br />
deutsche Hochsprung-Weltmeister<br />
Martin Buß oder die Vize-Weltmeisterin<br />
im Siebenkampf Jennifer<br />
Oeser.<br />
Überhaupt stellt Oliver Voigt in<br />
Aussicht, dass eines der heute anwesenden<br />
Talente irgendwann ein<br />
Champion sein wird, man wisse nur<br />
nicht welches!<br />
Eventuell wird es ja sogar ein Eigengewächs,<br />
wie z. B. Frederik Denis,<br />
der in der Altersklasse M10 den 50m<br />
Sprint in 7,58 Sekunden, die 800m<br />
in 2:36,09, den Weit- und Hochsprung<br />
(4,14m / 1,33m) gewann und mit der<br />
Staffel Bronze holte!<br />
Ja, Herr Rebbe: Das Fest ist<br />
es wert, bekannt zu sein!<br />
Bei allem Spaß und Wettstreiten<br />
bot man auch Luisa Natiwi die Bühne,<br />
„zebracrossing e.V.“ vorzustellen.<br />
Ein Verein, der nach dem Motto: „Gib<br />
uns eine Angel statt 1.000 Fische,<br />
damit wir selber für uns sorgen können!“<br />
Lebensverbesserungen in Uganda<br />
anstrebt.<br />
Interessierte lege ich den Internetauftritt<br />
www.zebracrossing.info<br />
nahe!<br />
Luisa Natiwis Projekt ‚Mata-Mata‘<br />
von „zebracrossing“ will Perspektiven<br />
für die Einwohner der Provinz Karamoja<br />
in Uganda schaffen.<br />
22<br />
ANSICHT
ansicht<br />
Die<br />
BEERDIGUNGS-<br />
GESELLSCHAFT<br />
ist raus<br />
– Ein Gespräch mit der neuen Abteilungsleitung.<br />
Text: Thomas Pundrich und Tommy Cosmo<br />
Fotos: Miroslav Menschenkind<br />
23
ansicht<br />
Interview mit der neuen AL: Timo Horn, Carsten Bünger,<br />
Martin Oetjens, Mathias Helbing und Thomas Kerfin<br />
Ich (Thomas Pundrich) war spät dran<br />
für den Termin mit der Abteilungsleitung.<br />
Es nützte einfach nichts, dass man<br />
für sein ungefragtes, ehrenamtliches<br />
Engagement für den <strong>HSV</strong><strong>SCHNACK</strong>, das<br />
dienstliche Gleitzeitkonto malträtiert,<br />
nein, die Stadt ist eine Baustelle und<br />
der 45-minütige Rundblick von der<br />
Köhlbrandbrücke hatte ja auch etwas<br />
Meditatives. Man sinniert in sich hinein,<br />
denkt nach über die anderen Baustellen<br />
dieser Stadt, die beim <strong>HSV</strong> im Allgemeinen<br />
und den ganz speziellen beim<br />
Supporters Club.<br />
Die neue Abteilungsleitung (AL)<br />
hatte sich bereit erklärt, uns Redaktionsmitgliedern<br />
des <strong>HSV</strong><strong>SCHNACK</strong><br />
(Tommy Cosmo und Thomas Pundrich),<br />
die Möglichkeit zu einem Gespräch zu<br />
bieten. Da die Jungs natürlich einen<br />
proppevollen Terminkalender in<br />
<strong>HSV</strong>-Fragen haben, fand unser Gespräch<br />
als sog. „joint interview“ mit Axel Formeseyn<br />
statt, der ein großes Vorstellungsinterview<br />
mit der AL für die kommende<br />
SC News machen will. Ort dieser<br />
Begegnung war die altehrwürdige<br />
Gaststätte „Stadioneck“, wo wir dann<br />
aufgrund der Zahl der Anwesenden<br />
flugs in das Hinterzimmer umziehen<br />
konnten, weil eine Beerdigungsgesellschaft<br />
vom nahen Friedhof im Volkspark<br />
bereits gegangen war.<br />
Der erste Teil des Gesprächs<br />
war geprägt von der durchaus<br />
emotionalen Gesprächsführung<br />
Axel Formeseyns. Der nunmehr<br />
wieder geneigte Leser der kommenden<br />
SC News darf gespannt<br />
sein, was der Altmeister des verbalen<br />
Seelenstriptease in <strong>HSV</strong><br />
Angelegenheiten gutes verfassen<br />
wird, natürlich immer unter der<br />
Bedingung, dass Axel den Soundfile<br />
im Telefon wiederfindet.<br />
Für den zweiten Teil des Gespräches<br />
standen uns dann exklusiv<br />
Timo Horn, Mathias Helbing<br />
und Thomas Kerfin zur Verfügung.<br />
Unser Fokus lag dabei auf dem<br />
Kernkomplex „Kommunikation“.<br />
Jedem Mitglied des Supporters<br />
Club, ob nun inhaltlich, wie räumlich,<br />
nah und fern, durfte nicht<br />
entgangen sein, dass die Kommunikationskompetenzen<br />
der ehemaligen<br />
Abteilungsleitungen in<br />
der Nachbetrachtung als „optimierungswürdig“<br />
bewertet werden<br />
müssen. Der ewig unterschwellige<br />
Duktus der „Holschuld“ für die<br />
Mitglieder schwang immer mit,<br />
wer sich nicht mit den vorgegeben<br />
und bewährten Maßnahmen und<br />
Strukturen anfreunden mochte,<br />
ja, der sollte bitteschön ein Ehrenamt<br />
bekleiden und alles besser<br />
machen. Ansonsten war genug<br />
Lametta. Zumindest aus der Sicht<br />
der damaligen Abteilungsleitungen.<br />
Ein Umstand, der nicht wenige<br />
Mitglieder zum Rückzug<br />
PLAUDERTEN mit uns in angenehmer<br />
Atmosphäre und hinterließen<br />
einen prima Eindruck.<br />
Oben: Matthias Helbing,<br />
Mitte links: Carsten Bünger,<br />
rechts: Thomas Kerfin , unten:<br />
Martin Oetjens.<br />
bewegt hatte, es gab auch genug<br />
Leute, die sich der Thematik komplett<br />
entzogen haben und in Ihrer<br />
Frustration eine schweigende und<br />
kritische Masse darstellten, welche<br />
sich dann auch im Mai dieses Jahres<br />
entlud und zur Ausgliederung<br />
des Lizenzspielbetriebes aus dem<br />
e.V. beitrug.<br />
Die neue Abteilungsleitung ist<br />
unseres Wissens die erste AL, die<br />
vollständig aus Mitgliedern besetzt<br />
ist, die nicht unmittelbar in<br />
Hamburg ansässig sind. Schon<br />
dieser Umstand erfordert ein hohes<br />
Maß an Kommunikationsbewusstsein<br />
untereinander, was eine<br />
hervorragende Voraussetzung zur<br />
besseren Nutzung der gebotenen<br />
Kommunikationsmittel in Richtung<br />
der Mitgliedschaft darstellt.<br />
Dass dieses Kommunikationsbewusstsein<br />
bei der neuen Abteilungsleitung<br />
vorhanden ist, wurde uns dann<br />
allerdings schnell klar. Timo Horn:<br />
„Das Kommunikationsthema ist<br />
eben auch eines der wichtigsten<br />
bei uns! Weil einfach unheimlich<br />
unzureichend in der Vergangenheit<br />
kommuniziert wurde. Es<br />
wurden immer Entscheidungen<br />
getroffen, aber es wurden keine<br />
Gründe genannt.“<br />
Wir wollten natürlich wissen,<br />
wie dieser Missstand behoben<br />
werden kann und es entwickelte<br />
sich eine sehr interessante Diskussion.<br />
Martin Oetjens: „Ich denke<br />
mal, den ersten Schritt haben<br />
wir schon gemacht in unserer<br />
doch so kurzen Amtszeit. Das ist<br />
auch unser Ansatz. Wir müssen<br />
versuchen, alle mitzunehmen. Das<br />
Gefühl entwickeln, alles <strong>HSV</strong>er zu<br />
sein. Dieses Wir-Gefühl entwickeln.“<br />
Ergänzt durch Carsten Bürgers<br />
Aussage:<br />
„Man muss nur überlegen wie<br />
man die Vereinspolitik macht.<br />
Ob man die anderen miteinbezieht<br />
oder im stillen Kämmerlein<br />
mit 5 Leuten vorgibt, wie der<br />
Hase zu Laufen hat“,<br />
ist die neue Abteilungsleitung mit<br />
einigen Pluspunkten in die Interviewrunde<br />
gestartet.<br />
Eine der wichtigsten und teuersten<br />
Kommunikationsmöglichkeiten<br />
stellen die „Supporters<br />
News“ dar. Im Budget mit circa<br />
250.000 Euro veranschlagt und<br />
von großen Teilen der Mitgliedschaft<br />
in der Vergangenheit als<br />
Propagandablatt verschrien, setzt<br />
die neue AL hier als erstes ein Zeichen<br />
und hat sich dafür entschieden,<br />
die SC News zu reformieren.<br />
Timo Horn: „Es wird ein modernes<br />
Layout geben. Es werden<br />
schönere Fotos gemacht. Das<br />
Ganze soll einfach ein bisschen<br />
professioneller sein. Netter aufbereitet!“<br />
24
ansicht<br />
hätte. Gerade aus der Historie<br />
raus. Wenn wir diese Offenheit<br />
weiter tragen, dann bin ich davon<br />
überzeugt, dass auch wieder<br />
mehr Identifikation mit dem SC<br />
vorhanden sein wird.“<br />
LINKS: Die alte in die Jahre<br />
gekommene Supporters News.<br />
Rechts: Nach der SN Reform!<br />
Neuer Look, breiterer Themenmix.<br />
Etwas für jedermann.<br />
Aussagen, die wir gern zur Kenntnis<br />
genommen haben, selbstverständlich<br />
haben uns die tieferen Beweggründe<br />
dazu interessiert. Timo:<br />
„Wir wollten einfach etwas machen!<br />
Ein Heft raus bringen, wo<br />
die Leute wieder Spaß haben, es<br />
zu lesen. Ich möchte interessante<br />
Geschichten rund um den <strong>HSV</strong><br />
lesen, die fern ab von Kleinkriegen<br />
und großer Harmonie liegen.<br />
Ich möchte z.B. die Beweggründe<br />
wissen, warum sich so<br />
viele <strong>HSV</strong>er mit den Fans in<br />
Glasgow verstehen. Die Leute<br />
sollen wieder Spaß daran haben,<br />
etwas über den <strong>HSV</strong> zu lesen.<br />
Die SC News soll wieder positiv<br />
sein, und für jeden Fan muss<br />
wieder etwas dabei sein. Das ist<br />
unser Anspruch, und das haben<br />
wir in der Vergangenheit vermisst!“<br />
Sollten sich nun die ersten Leser fragen,<br />
ob es tatsächlich ein Gespräch mit der<br />
neuen Abteilungsleitung war, oder<br />
eventuell doch eher in die Richtung<br />
eines satirischen Beitrages des<br />
<strong>SCHNACK</strong> geht: es handelt sich hierbei<br />
um Aussagen der neuen AL, die wir 1:1<br />
wiedergegeben haben. Es scheint sich<br />
endlich etwas in der Wahrnehmung der<br />
Mitgliedervertretung zu ändern.<br />
Die Produktionskosten der SC News<br />
von ca. 250.000 Euro pro Jahr (4 Ausgaben<br />
in der Regel), repräsentieren<br />
einen nicht unbedeutenden Teil des<br />
Jahresbudgets des Supporters Club,<br />
und wir wollten wissen, ob diese Investition<br />
in ein Printmedium in der heutigen<br />
Zeit noch angemessen ist. Timo:<br />
„250.000 Euro Budget für die SC News<br />
hört sich zwar viel an. Wenn man aber<br />
bedenkt, dass es sich um circa 1,20 Euro<br />
je Exemplar handelt, dann relativiert<br />
sich das.“<br />
Uns war es natürlich wichtig zu<br />
hinterfragen, ob eine Mitarbeit von den<br />
Mitgliedern gewünscht ist, und wir<br />
haben mit dieser Frage offene Türen<br />
eingerannt. Ob mit Leserbriefen, Teilnahme<br />
an den Redaktionssitzungen<br />
oder redaktioneller Arbeit, die Mitarbeit<br />
ist zukünftig ausdrücklich erwünscht!<br />
Auch für unsere auswärtigen Fans<br />
wird sich einiges ändern, bzw. hat sich<br />
da schon einiges geändert. Laut Matthias<br />
Helbing: „…erfreuen sich die<br />
Stammtische der Regionalbetreuer<br />
immer größer werdenden Zulaufs“. Ein<br />
Grund hierfür ist sicherlich auch die<br />
neue Devise der neuen AL: Fordern und<br />
fördern.<br />
Thomas Kerfin: „Es müssen jetzt<br />
Leute sein, die wollen und auch bereit<br />
sind, ein Netzwerk aufzubauen und<br />
proaktiv sind. Und dieses Proaktive hat<br />
uns einfach gefehlt, und deshalb haben<br />
wir einfach ein paar Personen raus genommen,<br />
wo wir wussten, es bringt<br />
nichts. Und was uns massiv gestört hat,<br />
dass wir wissen: Die Fans sind keine<br />
Masse, die man bewegen darf, die man<br />
korrumpieren darf mit Informationen,<br />
sondern die Regionalbetreuer haben<br />
sich aus diesen Sachen raus zu halten.<br />
Sie haben für alle Fans da zu sein und<br />
nicht einfach einseitige Informationen<br />
oder Berichte zu planen bzw. zu verbreiten,<br />
sondern müssen für jeden da<br />
sein….“<br />
Des Weiteren erläuterte Thomas<br />
Kerfin, dass die AL von den Regionalbetreuern/-botschaftern<br />
im Amt Neutralität erwarten<br />
würde, das gelte in Fragen der<br />
Vereinspolitik, aber auch in (fan)<br />
politischen Angelegenheiten.<br />
Spätestens jetzt hat sich der Eindruck<br />
manifestiert, dass unsere Abteilungsleitung<br />
auf einen richtig guten<br />
Weg ist und einige Missstände nicht<br />
nur erkannt hat, sondern sie auch bereit<br />
ist, diese zu beheben.<br />
Wir wollten natürlich wissen, wie<br />
allen Fans das Gefühl gegeben werden<br />
kann, mit- und ernstgenommen zu<br />
werden. Martin Oetjens:<br />
„Ich glaube ganz einfach, die<br />
kleine, aber feine Umfrage, ist<br />
der erste Schritt dahin und ganz<br />
spannend ist der Einblick in die<br />
Ergebnisse. Da sind viele Resultate<br />
bei raus gekommen, die ich<br />
vorher ganz anders eingeschätzt<br />
Obwohl ich (Tommy Cosmo) Mitglied<br />
einer Arbeitsgruppe für die Umfrage<br />
im Mai gewesen bin und da schon<br />
direkten Kontakt zur alten AL gehabt<br />
habe, hatte ich bei diesem Interview<br />
erstmalig das Gefühl, dass wirklich ein<br />
Interesse für die Ergebnisse vorhanden<br />
ist. Die Freude über die Ergebnisse und<br />
den Vertrauensvorschuss war bei Martin<br />
Oetjens nicht zu übersehen.<br />
„90% der Umfrageteilnehmer möchten<br />
auch in Zukunft zu wichtigen Themen<br />
per Umfrage befragt werden.“<br />
Die neue AL hat gerade hinsichtlich<br />
Kommunikation einen Scherbenhaufen<br />
übernommen. Als bestes Beispiel hierfür<br />
dient das SC Forum. Im Mai noch<br />
von den Teilnehmern der Umfrage zum<br />
beliebtesten Kommunikationsmedium<br />
gewählt, wurde es wenige Tage später<br />
wortlos abgeschaltet. Carsten Bürger:<br />
„Die radikale Abschaltung war<br />
ehrlich gesagt ein wenig unglücklich.<br />
Ich sehe schon, dass<br />
unser Forum ruhiger geworden<br />
ist als vorher. Ich war ja damals<br />
auch schon im alten aktiv und<br />
habe mich dann in der heißen<br />
Phase nicht mehr blicken lassen,<br />
da es mir zu dieser Zeit teilweise<br />
zu derb war.“<br />
Um diese Aussage einschätzen zu<br />
können, muss man selbst im Forum<br />
aktiv gewesen sein. Der Umgangston<br />
war gerade in der Ausgliederungsdebatte<br />
stark verbesserungsfähig, was<br />
25
ansicht<br />
allerdings auch an der von uns angesprochenen<br />
unzureichenden Moderation<br />
lag.<br />
Carsten Bürger: „Kritik an der Moderation<br />
kann ich verstehen. Die Moderation<br />
wurde hauptsächlich von den<br />
SC Mitarbeitern erledigt und wenn man<br />
Abends Feierabend macht und am<br />
nächsten Morgen 1.000 neue Beiträge<br />
im Forum sind, dann kommt man nicht<br />
mehr hinterher. Jedenfalls nicht ohne<br />
seine hauptamtliche Arbeit zu vernachlässigen“.<br />
Seit Wiedereröffnung des Forums<br />
gab es in den ersten 10 Wochen circa<br />
1.000 Beiträge. Ein Grund für den fehlenden<br />
Traffic ist sicherlich die schlechte<br />
Kommunikation während der Wartungsarbeiten.<br />
Ein anderer Grund ist<br />
ganz bestimmt die Einführung der<br />
Klarnamenpflicht im Forum, eingeführt<br />
von der alten AL.<br />
Carsten: „Jetzt wurde das Forum eh<br />
schon online gestellt, bevor wir gewählt<br />
wurden. Deshalb werden wir das Forum<br />
jetzt auch nicht wieder umstellen. Das<br />
macht keinen Sinn.“<br />
Man merkt allerdings im Gespräch,<br />
dass Carsten das Forum sehr am Herzen<br />
liegt, und dass er es als wichtige Kommunikationsplattform<br />
sieht.<br />
„Das Forum war seit vielen Jahren<br />
der zentrale Punkt des Austausches.<br />
Was mir eigentlich in<br />
all den Jahren gefehlt hat, ist,<br />
dass sich die AL dort blicken ließ<br />
und mal ein wenig berichtet hat<br />
oder auf Anfragen selbst geantwortet<br />
hat. So wurde alles von<br />
der Geschäftsstelle abgearbeitet.<br />
Das ist für mich ein Grund, warum<br />
ich selbst regelmäßig ins<br />
Forum gehe und schaue, ob es<br />
Fragen direkt an die Abteilungsleitung<br />
gibt.“<br />
„Das Forum muss sich neu finden,<br />
muss sich auch neu beweisen. Es ist<br />
jetzt ein internes, geschlossenes Forum.<br />
Das habe ich vorher auch schon befürwortet.<br />
Es ist meiner Meinung nach von<br />
Vorteil, dass man jetzt nur noch als<br />
Mitglied die Beiträge lesen kann. Dadurch<br />
hat das Forum jetzt eine gewisse<br />
Privatsphäre, und ich hoffe einfach<br />
mal, dass die Klarnamenpflicht angenommen<br />
wird.“<br />
Im Gegensatz zu den Vorgängern<br />
haben die neuen Medien bei der neugewählten<br />
AL einen deutlich höheren<br />
Stellenwert. Ob Facebook, Twitter, Forum<br />
oder Homepage, es gab keinen<br />
Bereich, bei dem wir das Gefühl hatten,<br />
dass sich damit noch nicht auseinander<br />
gesetzt wurde. Im Gegenteil, durch<br />
regelmäßige Besuche dieser Kommunikationsplattformen<br />
wissen wir, dass<br />
unsere AL diese Medien selbst zur Kommunikation<br />
nutzt. Es ist eben das erklärte<br />
Ziel, die Kommunikation mit den<br />
Mitgliedern zu verbessern!<br />
Als Kommunikationsmöglichkeit für<br />
die Hamburger dient die öffentliche AL<br />
Sitzung, die es ab 2015 wieder regelmäßig<br />
geben soll. Ziel ist es, auch diese<br />
Treffen offener zu gestalten.<br />
Timo: „Wenn wir eine öffentliche AL<br />
Sitzung machen, dann darf man darüber<br />
auch reden, und es wird auch von<br />
uns darüber berichtet.“<br />
Das Image des elitären Kreises bei<br />
diesen Treffen möchte unsere AL mit<br />
der bisher gezeigten Offenheit und<br />
einer ehrlichen Kommunikation ändern.<br />
Wir durften eine Abteilungsleitung<br />
kennenlernen, die einen homogenen<br />
Eindruck macht, ohne dabei aber zu<br />
sehr geschlossen zu wirken. Grundsätzlich<br />
muss man die Herkulesaufgabe<br />
anerkennen, die die AL zu bewältigen<br />
hat. Die dazu vorgebrachten Maßnahmen<br />
in Kommunikationsfragen erscheinen<br />
klar und strukturiert und ebenso<br />
zielführend. Ebenso klar sollte sein, dass<br />
die Bewältigung aller anstehenden<br />
Aufgaben der AL, die Unterstützung<br />
aller Mitglieder des SC erfordert, die<br />
sich den Fortbestand des Supporters<br />
Club wünschen. Wir können nur weiterhin<br />
dazu aufrufen, diese neue AL<br />
inhaltlich und ggf. auch tatkräftig zu<br />
unterstützen. Neben dem gebotenen<br />
Maße an Geduld verdient sie auch Mitwirkung<br />
und Teilhabe, und darum beenden<br />
wir diesen Artikel mit einem<br />
Zitat von Timo Horn:<br />
„Es ist natürlich ein wenig schade,<br />
da machst du so eine Umfrage<br />
und die Mitglieder nehmen<br />
kaum teil.“<br />
OBEN: Timo Horn (links) wurde<br />
am 20.09.2014 zum neuen Abteilungsleiter<br />
gewählt. Unten: Das<br />
Forum braucht wieder Besucher<br />
und wartet auf Deine Anmeldung!<br />
26
Fotos: Privat, Dominic Demenat<br />
3 Genera<br />
tionEN<br />
Halb<br />
zeiten<br />
1<br />
2<br />
VEREIN<br />
Fußball ist NICHT die schönste Nebensache der<br />
Welt – schon gar nicht an Bundesliga-Spieltagen.<br />
Dann gibt es aber nichts Wichtigeres – jedenfalls<br />
nicht, solange der Ball rollt. Ein Blick hinter die<br />
Kulissen einer schrecklich netten Familie.<br />
Text: Elke Opitz<br />
Samstag, 15:00 Uhr. Jetzt ist<br />
Konzentration angesagt.<br />
Es gibt einen Plan und<br />
der wird – BITTE! – konsequent<br />
eingehalten. Und zwar<br />
von allen Beteiligten. Alle, das sind:<br />
meine Mutter, mein Sohn und ich.<br />
Wir leben in einem Mehrgenerationenhaus<br />
und neben bedingungsloser<br />
Liebe, der familiären Verbundenheit,<br />
sowie ein paar größeren und kleineren<br />
Ähnlichkeiten, eint uns vor allem<br />
eines: die Leidenschaft zum Fußball.<br />
Das klingt erst einmal einfach.<br />
Ist es aber nicht. Die genannte Einigkeit<br />
ist nämlich jäh zu Ende, sobald<br />
die Vorbereitungsphase auf das samstägliche<br />
Fußfallgeschehen abgeschlossen<br />
ist.<br />
Konkret bedeutet das: Wir gehen<br />
uns aus dem Weg - und zwar gezielt.<br />
Meine Mutter verfolgt die Spiele im<br />
Radio in ihrer Wohnung. Ich sitze -<br />
mit Unterbrechungen - in meinem<br />
Büro vor dem Live-Ticker und stehe<br />
in direkter Verbindung zu meiner<br />
<strong>HSV</strong>-XING-Gruppe. Mein Sohn besteht<br />
auf die Konferenz bei Sky und<br />
liegt meist sehr entspannt auf dem<br />
Sofa im Wohnzimmer.<br />
Je nach Spielpaarungen begegnen<br />
wir uns früher oder später, am besten<br />
auch mal gar nicht. Aber sobald wir<br />
uns treffen, ist immer - ja, einfach<br />
immer - der <strong>HSV</strong> Thema - früher oder<br />
später oder besser auch mal gar nicht.<br />
Das alles hat gute Gründe und<br />
dazu muss man wissen:<br />
Meine Mutter ist Hertha-Fan (mit<br />
Mitgliedsausweis). Seit der Saison<br />
2011/2012 hasst sie Düsseldorf und<br />
wünscht sich nichts mehr, als dass<br />
die Fortuna verliert. Am liebsten an<br />
jedem Wochenende und am liebsten<br />
zweistellig. Sie leidet mit dem <strong>HSV</strong>,<br />
weil ich leide und zudem versteht<br />
meine Mutter nicht, warum der große<br />
<strong>HSV</strong> nicht immer gewinnt - anstelle<br />
der Bayern gegen die sie eine<br />
tiefe Abneigung hat. Deren Millionen-Kicker<br />
und dieses „Mia san mia“<br />
findet meine Mutter „einfach unerträglich“.<br />
Mein Sohn ist Bayern-Fan. Nicht<br />
nur, weil er in München geboren ist,<br />
sondern auch, weil er den Fußball,<br />
den die Millionen-Kicker von der Isar<br />
spielen, einfach genial findet. Außerdem<br />
will er (meistens), dass der <strong>HSV</strong><br />
gewinnt, weil er der festen Überzeugung<br />
ist, dass der Bundesliga-Dino<br />
nicht absteigen darf. (Wenn er mich<br />
ärgern will, behauptet er, dass der<br />
<strong>HSV</strong> nicht einmal absteigen kann. )<br />
Er ist leidenschaftlicher Hertha-Sympathisant<br />
(mit Mitgliedsausweis), weil<br />
seine Oma ihn, als er noch ein Zwerg<br />
war, ins Berliner Olympia-Stadion<br />
geschleppt hat. Ein für ihn offenkundig<br />
prägendes Erlebnis.<br />
Ich bin <strong>HSV</strong>-Fan (mit Mitgliedsausweis),<br />
trage die Raute seit Ewigkeiten<br />
im Herzen und bei wichtigen<br />
Spielen mein heißgeliebtes Trikot mit<br />
der Nummer 22. Ich verfolge den Live-Ticker<br />
zusammen mit meiner <strong>HSV</strong>-<br />
Badeente, gebe zähneknirschend zu,<br />
dass die Bayern überaus professionell<br />
ihren Verein führen und einen coolen<br />
Ball spielen. Ferner bin ich Sympathisantin<br />
der „Alten Dame“ und der<br />
festen Überzeugung, dass die Hertha<br />
in der ersten Liga spielen muss.<br />
Alles Klar<br />
Zudem haben meine Mutter, mein<br />
Sohn und ich zu jedem der noch nicht<br />
genannten Bundesligavereine eine<br />
Meinung. Besser gesagt, jeder hat<br />
seine Meinung, was die Unterhaltungen<br />
nach dem Abpfiff nicht einfacher<br />
macht.<br />
Kurzum: Samstags<br />
brennt bei uns der Baum<br />
Ab 15.30 Uhr konzentrieren wir<br />
uns auf die Spiele und jedes Haustürund<br />
Telefonklingeln wird ignoriert.<br />
Genau hingehört wird hingegen,<br />
wenn mein Sohn brüllt. Er macht das<br />
wirklich gut, denn seine Stimmgewalt<br />
reicht über zwei Etagen hinweg, sodass<br />
wir stets auf dem Laufenden<br />
sind und genau wissen, wann es sich<br />
lohnt, zu ihm ins Wohnzimmer zu<br />
sprinten. Aber: Nicht der Brüller al-<br />
27<br />
Ansicht
lein entscheidet, ob man sich auf den<br />
Weg machen muss, sondern auch die<br />
Wortwahl und die Feinheiten gilt es<br />
zu beachten.<br />
„Tor in Hamburg“ beispielsweise<br />
bedeutet nichts Gutes, denn konkret<br />
heißt das: Der jeweilige Gegner des<br />
<strong>HSV</strong> hat getroffen.<br />
„Tor für Hamburg“ hingegen bedeutet,<br />
dass ich mit einem Antritt à<br />
la Usain Bolt losrennen muss, um die<br />
Wiederholung des wunderbaren <strong>HSV</strong>-<br />
Treffers zu sehen.<br />
Bei Strafstößen gibt es kein „für“,<br />
sondern immer nur ein „in“, denn<br />
mein Sohn liebt es, mich bei Elfern<br />
zu beobachten. Aber das ist ein anderes<br />
Thema.<br />
Wenn ein Verein, der in unmittelbarer<br />
Tabellennähe zum <strong>HSV</strong> steht,<br />
in Führung geht, brüllt mein Sohn<br />
nicht. Er will mich nicht unnötig<br />
aufregen und fürchtet zudem in kritischen<br />
Phasen meine dann „programmierte<br />
schlechte Laune“. Wenn<br />
sich Stuttgart oder Leverkusen ein<br />
Tor einfängt, brüllt er grundsätzlich,<br />
denn dann kann er sicher sein, dass<br />
ich schadenfroh ins Wohnzimmer<br />
spaziere. Ich mag die Schwaben nicht<br />
und die Pillendreher schon gar nicht.<br />
Wenn der <strong>HSV</strong> gut oder zumindest<br />
solide spielt, brüllt er „MAMA!“. Ich<br />
falle jedes Mal wieder darauf rein,<br />
renne ins Wohnzimmer, in der Hoffnung,<br />
dass die Jungs ein Tor geschossen<br />
haben, um dann aber festzustellen:<br />
Es ist nichts passiert – außer, dass<br />
mein Sohn möchte, dass ich mich zu<br />
ihm geselle. Mit einem Lächeln und<br />
den Schmusesätzen „Nun lass’ uns<br />
doch zusammen schauen“ und „Deine<br />
Truppe spielt wirklich nicht schlecht“,<br />
lullt er mich seit Jahren ein.<br />
Je nach Spielentwicklung schauen<br />
wir dann 3, 13 oder 23 Minuten gemeinsam.<br />
Spätestens nach dem fünften<br />
Fehlpass in der eigenen Hälfte, erkläre<br />
ich in aller Deutlichkeit, dass das<br />
nicht gut gehen kann und dass das<br />
nicht gut gehen wird. Ich stehe auf,<br />
trabe umher, brülle den Fernseher an,<br />
um im nächsten Moment einsichtig<br />
festzustellen, dass die da auf dem Rasen<br />
mich sowieso nicht hören. Fällt<br />
gar ein Tor gegen uns, habe ich es nicht<br />
nur kommen sehen, sondern auch die<br />
Schnauze gestrichen voll. Jawoll! „Hab’<br />
ich’s gesagt oder hab’ ich’s gesagt“<br />
motze ich dann. Mein Sohn antwortet<br />
„Hast du, Mama“ und ich stampfe<br />
wutschnaufend wieder in mein Büro.<br />
Dort wird erst die Badeente in ihre<br />
Ecke verbannt und sich anschließend<br />
in der <strong>HSV</strong>-XING-Gruppe ausgeheult.<br />
Halbzeit<br />
Führt Hertha, geht mein Sohn zu<br />
seiner Oma. Steht’s beim <strong>HSV</strong> unentschieden<br />
oder besser, gehe ich mit. Wir<br />
plaudern dann, trinken Kaffee und<br />
meine Mutter spendiert Kuchen. Liegt<br />
Hamburg zurück, bleibe ich in meiner<br />
Wohnung, denn ich will nicht erklären<br />
müssen, warum und wieso – soll’n sie<br />
doch ihren Kuchen alleine essen!<br />
Wiederanstoss<br />
schirm (wieder schräg,<br />
praktisch auf Höhe der<br />
Torauslinie) – Kaffee holen<br />
– zurück ins Wohnzimmer<br />
- Blick auf den Bildschirm<br />
– Terrasse – Blick auf den<br />
Bildschirm– schnurstracks<br />
zurück ins Büro und erst<br />
mal schauen, was die Männer<br />
in der <strong>HSV</strong>-Gruppe<br />
posten.<br />
Besteht die Wahrscheinlichkeit,<br />
dass uns der<br />
Siegtreffer gelingt, werde<br />
ich zum Langstreckenläufer:<br />
Büro – Flur – Küche –<br />
Wohnzimmer – zurück –<br />
Bad<br />
– Flur (auf und ab) – Wohnzimmer<br />
– Blick auf den<br />
Bildschirm – Terrasse –<br />
Wohnzimmer – Blick auf<br />
den Bildschirm – Terrasse<br />
– Blick auf den Bildschirm<br />
–TOOOOOOOOOOR! – TOR<br />
für den <strong>HSV</strong>!<br />
Wer meint, dass nun<br />
meine Situation einfacher<br />
wird, irrt. Und zwar gewaltig. Denn<br />
jetzt folgt in schöner Regelmäßigkeit<br />
meine Drohung, den <strong>HSV</strong> wegen Körperverletzung<br />
zu verklagen, denn nur<br />
selten führen wir souverän mit zwei,<br />
drei Toren. Nee, nee. Warum auch<br />
Uns <strong>HSV</strong>-Fans kann man ja quälen.<br />
Wir haben ja Nehmer-Qualitäten. Von<br />
wegen. Ich jedenfalls habe keine Nerven<br />
wie Drahtseile. Ich bekomme<br />
grundsätzlich Schweißausbrüche,<br />
Atemnot und Herzrhythmusstörungen.<br />
Ich drohe zu kollabieren und<br />
dann bedroht mich auch noch mein<br />
eigenes Kind, und das nur, weil ich<br />
ihm permanent ins Fernsehbild renne<br />
oder mich vor dem Kasten aufbaue<br />
und zwar in Drohgebärde. Kurzum:<br />
Alles ist bedrohlich.<br />
Um zu verhindern, dass wir am<br />
Montag unter der Titelzeile „Familien-Drama<br />
nach <strong>HSV</strong>-Spiel“ in der<br />
Zeitung stehen, verziehe ich mich<br />
vorsorglich wieder ins Büro und suche<br />
in meiner <strong>HSV</strong>-Gruppe Trost. Doch<br />
kaum habe ich „Hallo, Männer“ und<br />
einen flotten Zweizeiler gepostet,<br />
kracht mir ein „Elke, Du hier dabei<br />
oh, oh ...“ (O-Ton vom 01.11.14, 16.31<br />
Uhr) auf den Rechner. Meine Antwort:<br />
„Wenn es der Sache dienlich ist - also<br />
gut für unsere Jungs – schaue ich SO-<br />
FORT weg, okay“ (O-Ton vom mir um<br />
16.37 Uhr) wird kommentarlos hingenommen<br />
und signalisiert mir lediglich:<br />
„Elke, Du musst mehr bieten.“<br />
Stimmt ja auch, zumal ein kurzfristiges<br />
Wegschauen nichts bringt. Also<br />
poste ich um 16.46 Uhr: „Ich verlasse<br />
Euch jetzt. Schließlich sollen unsere<br />
Jungs gewinnen. Und ICH will nicht<br />
Schuld sein, wenn das nicht klappt.“<br />
Zur Erklärung: Ich habe in der<br />
vergangenen Saison erleben müssen,<br />
dass (fast) immer, wenn ich das Spiel<br />
komplett angeschaut habe, unser<br />
Mannschaft verloren hat. Irgendwann<br />
habe ich dann festgestellt, dass<br />
der <strong>HSV</strong> gewinnen oder unentschieden<br />
spielen kann, wenn ich Opfer<br />
bringe und erst nach Beendigung der<br />
Partie wieder auftauche. Da ich, wie<br />
die meisten Fußballfans, wahnsinnig<br />
abergläubisch bin, verzupfe ich mich<br />
Zweite Halbzeiten sind in aller<br />
Regel das Grauen. Lag der <strong>HSV</strong> bereits<br />
zur Pause zurück, bin ich nur<br />
genervt und stöhne bei jedem halbwegs<br />
gefährlichen Schuss, als hätte<br />
ich Geburtswehen. Steht es unentschieden,<br />
bestimmt der jeweilige<br />
Gegner, ob ich mehrere Kilometer<br />
durchs Haus renne und mich irgendwann<br />
erleichtert oder verzweifelt<br />
aufs Bett schmeiße.<br />
Muss ich befürchten, dass wir<br />
ein Tor kassieren und möglicher Weise<br />
das Spiel verlieren, werde ich zum<br />
Querfeldeinläufer. Meine Strecke:<br />
Büro – Flur – Küche – Wohnzimmer<br />
– zwei Drehungen - Stehplatz, schräg<br />
zum Fernseher (ich will das Gegentor<br />
gar nicht genau sehen) – zurück – Bad<br />
– Wohnzimmer – Blick auf den Bildseither<br />
immer, wenn es für unseren<br />
<strong>HSV</strong> eng wird.<br />
Das bedeutet: Ticker aus, kein<br />
noch so kurzer Blick auf den TV-Bildschirm,<br />
kein heimliches Mitlesen in<br />
der <strong>HSV</strong>-Gruppe. Um die Zeit bis zum<br />
Abpfiff zu überbrücken und nicht<br />
gleichzeitig dem Wahnsinn zu verfallen,<br />
nutze ich die Leidenszeit und<br />
räume mein Büro auf, sortiere Manuskripte,<br />
ordne Textmarker nach<br />
Farben, packe Reisetaschen aus und<br />
Sporttaschen ein. Zwischenzeitlich<br />
renne ich wieder hin und her und<br />
mache mich und meinen Sohn verrückt.<br />
Aber kann ich etwas dafür<br />
Eben nicht.<br />
Dass ich ab der 85. Minute im<br />
30-Sekunden-Takt Richtung Wohnzimmer<br />
brülle „Wie lange noch“ will<br />
ich nur der Vollständigkeit halber hier<br />
erwähnen aber nicht kommentieren.<br />
Es ist ja auch irgendwie peinlich.<br />
Abpfiff<br />
Je nachdem, wie unsere Vereine<br />
gespielt haben, endet der Samstag. Haben<br />
sie verloren, bleibt erst einmal<br />
jeder wo er ist. Gekonntes „Sich-ausdem-Weg-gehen“<br />
ist dann die Devise.<br />
Gegen 18.00 Uhr haben wir uns meist<br />
wieder halbwegs im Griff und treffen<br />
uns bei meiner Mutter am Küchentisch.<br />
Es wird laut und kollektiv gejammert,<br />
gemeckert, wüst geschimpft und bisweilen<br />
fies gepöbelt. Auf die Wiedergabe<br />
des genauen Wortlauts verzichte<br />
ich - was sollen die Leser sonst von uns<br />
denken.<br />
Meine Mutter, die uns ansonsten<br />
vorzüglich bekocht, serviert Stullen<br />
– mehr ist nach einem verschissenen<br />
Bundesliga-Spieltag nicht zu erwarten.<br />
Das Abendspiel schaut man mit einem<br />
„Jetzt-ist-auch-alles-egal-Blick“ an. Es<br />
sei denn, der erklärte Hass-Verein spielt<br />
und bekommt richtig was auf den Sack.<br />
Das könnte ein wenig den Schmerz<br />
lindern.<br />
Grundsätzlich angespannt ist die<br />
Situation, wenn Bayern gewonnen,<br />
Hertha unentschieden und der <strong>HSV</strong><br />
verloren hat. Dann heißt es: Vorsicht<br />
bei jedem Wort. Genau aufpassen, wann<br />
man was, über welches Spiel sagt. Am<br />
besten ist es sowieso, über etwas ganz,<br />
ganz anderes zu reden. Politik ist klasse!<br />
Da findet man schnell einen Bereich,<br />
über den man sich trefflich streiten<br />
und seinen Fußballfrust abbauen kann,<br />
ohne dass es die anderen merken.<br />
Äußerst kritisch sind Hertha-Ergebnisse.<br />
Besonders jene gegen Hamburg.<br />
Ich möchte an dieser Stelle darüber<br />
nicht berichten. Die Wunden sind<br />
noch zu frisch.<br />
Richtig gut hingegen sind Abende,<br />
wenn der <strong>HSV</strong> gewonnen hat. Meine<br />
Mutter pflegt einen Sieg unserer Mannschaft<br />
mit „Na, also! Es geht doch“ zu<br />
kommentieren, während mein Sohn<br />
entspannt und wissend in die Runde<br />
schaut und zum x-ten Mal erklärt „dass<br />
Hamburg im Grunde eine gute Mannschaft<br />
hat“. Ich ergehe mich entgegen<br />
meiner sonstigen Gewohnheit bei <strong>HSV</strong>-<br />
Siegen in Zweiwort-Sätzen. Je nach<br />
Gegner ist ein 3-Punkte-Gewinn entweder<br />
„Einfach cool“, „Absolut genial“,<br />
„Voll verdient“, „Na, endlich“ oder<br />
„ausgleichende Gerechtigkeit“.<br />
Perfekt wären unsere Samstage,<br />
wenn wir am Ende eines Spieltags<br />
wüssten, dass Bayern nicht wieder<br />
Meister wird, dafür aber die Champions<br />
League gewinnt (Wir können ja<br />
gönnen!). Hertha Vizekusen souverän<br />
mit 3:1 aus dem Olympia-Stadion gekegelt<br />
hätte und DFB-Pokal-Sieger<br />
wäre. Und schließlich der <strong>HSV</strong> lässig<br />
4:0 gegen Hoppelheim gewonnen hätte<br />
und drei Tage vor Saisonende als<br />
Deutscher Meister feststünde.<br />
Aber was ist im Leben schon perfekt<br />
Höchstens <strong>HSV</strong>-Fan zu sein.<br />
Persönlichkeitsrechte werden mit<br />
diesem Beitrag nicht verletzt, zumal<br />
es in der Realität oftmals noch viel<br />
schlimmer zugeht. Daher wurde der<br />
Text von den genannten Familienmitgliedern<br />
auch relativ schnell und entspannt<br />
zur Veröffentlichung freigegeben<br />
und von Elke Opitz im Beisein<br />
unseres Teddys geschrieben, der dem<br />
Ganzen nichts hinzufügen möchte,<br />
außer eines donnerndes:<br />
NUR DER <strong>HSV</strong>!<br />
28 Ansicht
Am Tag dies des HEIMSPIELS gleicht die Arena einem geschäfigen geschäfigen geschäfigen geschäfigen geschäfigen Bienenkorb.<br />
Die Fans kommen aus nah und fern angereist und suchen ihre Plätze auf, es lassen<br />
sich Freunde trefen trefen trefen trefen trefen und die Stadionshow oder das VOLKSPARKETT erleben.<br />
Während LOTTO für jeden gut sichtbar seinen Auftritt zelebriert, arbeitet der BE-<br />
HINDERTENBEAUFTRAGTE im Hintergrund. So mancher Besucher wird an<br />
diesem Tag mit großen Augen seine Stadionpremiere feiern, während andere vor lauter<br />
Gewöhnung das weite Rund wie ihr eigenes Wohnzimmer erleben. Ein ganz<br />
normaler Heimspieltag eben ...<br />
Heimspiel<br />
Foto: Melanie Freiesleben
EINSICHT<br />
Rad an Rad<br />
EIN HEIMSPIEL AUS DER SICHT EINES<br />
ROLLSTUHLFAHRERS<br />
Text: Lenhart Freiesleben<br />
Kim Daniel Zierold (27) ist<br />
voller Vorfreude und Hoffnung,<br />
dass es beim Heimspiel<br />
seines <strong>HSV</strong> zu drei<br />
Punkten reicht.<br />
Tross aus Rosengarten in Bewegung,<br />
um gut eine Stunde danach auf dem<br />
Parkplatz „orange“ einzutreffen. Dort<br />
stehen stets die gleichen Ordner wie<br />
bei jedem Heimspiel, man kennt sich<br />
schon.<br />
Foto: Melanie Freiesleben<br />
Der 1. Vorsitzende des „<strong>HSV</strong> Fanclub<br />
Emsen“ besucht nicht nur die Heimspiele,<br />
auch die Auswärtsspiele in Hannover<br />
und Bremen sind ein Muss. Seinen<br />
Fanclub hat er 2006 mit 8 Mitgliedern<br />
gegründet – inzwischen ist die Gruppe<br />
auf 43 Mitgliedern angewachsen. Neben<br />
den gemeinsamen Besuchen der Spiele<br />
im Volkspark ist der Fanclub auch bei<br />
regelmäßigen Treffen im Dorfgemeinschaftshaus<br />
aktiv. 2010 kam sogar Collin<br />
Benjamin zu Besuch. Ein Highlight für<br />
Kim!<br />
Kim ist mit Fandevotionalien und einer<br />
großen Schwenkfahne ausgerüstet und<br />
wartet auf die Abfahrt. Er wartet darauf,<br />
die Klapprampe hoch in den Mercedesbus<br />
geschoben zu werden. Aufgrund<br />
einer Muskelerkrankung sitzt Kim im<br />
Rollstuhl. Dieses Handicap hindert ihn<br />
weder daran, ein aktiver <strong>HSV</strong>-Fan zu<br />
sein, noch einen Abschluss in Wirtschaftsinformatik<br />
zu erlangen.<br />
Zwei Stunden vor Anpfiff setzt sich der<br />
Da der Parkplatz eine<br />
unbefestigte Wiese ist, gibt<br />
es zu dieser niederschlagsreichen<br />
Jahreszeit häufig<br />
Probleme, denn der Rollstuhl<br />
bleibt auf der aufgeweichten<br />
„Motocross-Strecke“<br />
gerne mal stecken.<br />
Nicht nur der Rollstuhl selbst, sondern<br />
auch der Transportbus sehen, zu Hause<br />
angekommen, dementsprechend dreckig<br />
aus.<br />
Der Süd-Ost-Eingang beim Familienblock<br />
ist für die Rollstuhlfahrer vorgesehen.<br />
Dort stehen freiwillige Helfer<br />
bereit und schieben die Handrollstühle<br />
den Anstieg hinauf. Es werden auch<br />
Personenkontrollen durchgeführt. Alles<br />
ist sehr eingespielt und läuft freundlich<br />
ab. Die Rollstuhlfahrer haben ihre Plätze<br />
im A-Rang auf Podesten direkt hinter<br />
der letzten Sitzreihe auf der Höhe von<br />
30
KIM ZIEROLD wird an diesem<br />
Heimspieltag von seinem Vater<br />
ins Stadion begleitet<br />
EINSICHT<br />
Block 10 bis 13, ihre Perspektive stellt<br />
das Cover unseres <strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong> dar.<br />
Die Platzsuche erfolgt<br />
nach dem Prinzip „first<br />
come, first serve“!<br />
Nicht nur bei Topspielen herrscht reges<br />
Gedränge, und die Rollstühle müssen<br />
Rad an Rad stehen. Die Begleitpersonen<br />
können sich daher nur noch hinter die<br />
Rollstuhlfahrer stellen, was die Kommunikation<br />
erschwert.<br />
Die Getränke- und Essenstände lassen<br />
sich von den Podesten aus hervorragend<br />
erreichen, allerdings, aufgrund<br />
des Besucherstroms, nur während des<br />
Spiels. Möchte man als Rollstuhlfahrer<br />
in der Halbzeit auf eine der vier Behindertentoiletten,<br />
so bedeutet dies in der<br />
Regel, eine Wartezeit von 20 Minuten<br />
in Kauf nehmen zu müssen.<br />
Bei all dem, was gut läuft, gibt es allerdings<br />
eine Sache, die die Rollstuhlfahrer<br />
und ihre Begleitpersonen auf eine<br />
äußerst harte Probe stellt: die Podeste<br />
stehen direkt im Windkanal zwischen<br />
Eingangsbereich Süd-Ost und Innenbereich<br />
Stadion.<br />
Dort zieht es unablässig<br />
und im Winter ist die<br />
eisige Zugluft absolut<br />
unangenehm bis gesundheitsgefährdend.<br />
Auch Sitznachbarn in der Reihe vor den<br />
Rollstuhlfahrern bestätigen die Unannehmlichkeiten<br />
mit der Zugluft. Das<br />
Problem wurde dem <strong>HSV</strong> schon mehrfach<br />
mitgeteilt. Die Lösung liegt auf<br />
der Hand: ein Windschutz für die Podeste<br />
muss her! Getan hat sich bis heute<br />
leider nichts! Kim wird in der Sache<br />
hartnäckig bleiben! Und wir möchten<br />
ihn gerne dabei unterstützen!<br />
Foto: Melanie Freiesleben<br />
31
Fotos: Melanie Freiesleben<br />
Heimspiel für Kim<br />
01.11.14 - Kim ist in Begleitung<br />
seines Vaters und einigen Fan-<br />
Club Mitgliedern vom OFC<br />
Emsen beim Spiel gegen Bayer<br />
04 Leverkusen.<br />
<strong>HSV</strong> – LEV 1 : 0 !!! Dieses emotionalisierende<br />
Match wird wohl<br />
niemand der Anwesenden<br />
vergessen!<br />
32
EINSICHT Rubrik<br />
FANBETREUUNG<br />
fur Menschen mit<br />
Behinderung<br />
beim <strong>HSV</strong><br />
Seit dem 01.10.2014 gibt es beim Hamburger SV<br />
die Teilzeitstelle des „Beauftragten für Menschen<br />
mit Behinderung“, die im Bereich der Fanbetreuung<br />
angesiedelt ist. Fanbetreuung für Menschen<br />
mit Behinderung beim Hamburger SV<br />
CORNELIUS GÖBEL<br />
Text: Cornelius Göbel<br />
Dabei sind ehrenamtlich weiterhin unterstützend<br />
tätig, Holger Jegminat und<br />
Björn Stenner.<br />
Es gibt eine feste Sprechstunde, mittwochs<br />
von 15.00 bis 18.00 Uhr, in der<br />
Geschäftsstelle-Nord im Büro der Fanbetreuung<br />
im Stadion, zu erreichen<br />
über den Eingang bzw. die Rampe<br />
Nordwest. Darüber hinaus gibt es auch<br />
bei Heimspielen die Möglichkeit, in<br />
Kontakt zu treten und Anliegen oder<br />
Wünsche zu formulieren.<br />
Der „Ständige Arbeitskreis Fandialog“<br />
(SAF) ist fester Bestandteil des Tätigkeitsfeldes<br />
des Beauftragten. In diesem<br />
Arbeitskreis können die Anliegen von<br />
Menschen mit Behinderung im übergreifenden<br />
Rahmen vertreten werden.<br />
Hier besteht die Möglichkeit für gewählte<br />
Fanvertreter, Interessen von Fans<br />
im Dialog mit der Vereinsführung und<br />
Verantwortlichen der einzelnen Bereiche<br />
im <strong>HSV</strong> zu vertreten, ihre Positionen<br />
zu fan-relevanten Themen und Entwicklungen<br />
einzubringen und zu diskutieren.<br />
Die Sitzungen finden alle 4-6 Wochen<br />
im Stadion statt.<br />
Bald wird es auch einen Arbeitskreis<br />
für Menschen mit Behinderung geben.<br />
Ziel ist es, einen regelmäßigen Austausch<br />
zu ermöglichen und über primäre<br />
Themen wie Barrierefreiheit, Inklusion,<br />
Probleme innerhalb und<br />
außerhalb des Stadions, aber auch über<br />
Dinge, die gut gelingen zu sprechen<br />
und auch Begegnungen zu fördern.<br />
Wichtig ist es, ein Forum zu ermöglichen,<br />
in dem konstruktiv, proaktiv und<br />
gleichberechtigt an Themen gearbeitet<br />
wird und Anliegen gleichermaßen<br />
ernstgenommen werden.<br />
In Zukunft soll auch das Angebot der<br />
Faninformation ausgeweitet werden<br />
und wichtige Informationen zum Thema<br />
Barrierefreiheit beinhalten. Zum<br />
jetzigen Zeitpunkt ist es schwierig, eine<br />
34 6<br />
Fotos: Witters, <strong>HSV</strong>
einsicht<br />
genaue Tätigkeitsbeschreibung meiner<br />
Arbeit beim <strong>HSV</strong> abzugeben. Das Thema<br />
Barrierefreiheit und Inklusion ist<br />
ein sehr komplexes und umfangreiches<br />
Thema, das nicht nur in der Ausstattung<br />
des Stadions sichtbar wird, sondern vor<br />
allem mit Barrieren und Vorurteilen im<br />
Kopf zu tun hat. Dabei geht es sicherlich<br />
auch darum, den Verein insgesamt für<br />
die Belange von Menschen mit Behinderung<br />
weiter zu sensibilisieren.<br />
Insgesamt nimmt das Thema Inklusion<br />
seit meiner Einstellung konkretere Formen<br />
an bzw. ermöglicht mir einen gezielten<br />
und kritischen Blick auf die<br />
verschiedenen Bereiche in und um das<br />
Stadion.<br />
Angebote, wie beispielweise der<br />
Live-Kommentar der Heimspiele für<br />
Menschen mit einer Sehbehinderung,<br />
sollten im Zuge einer gelungenen Inklusion<br />
noch mehr in den Fokus treten<br />
und gestärkt werden.<br />
Das gemeinsame Ziel, Voraussetzungen<br />
zu schaffen, dass noch mehr Fans mit<br />
Behinderungen die besondere Atmosphäre<br />
des Fußballs im Stadion erleben<br />
können, ist für den Bereich der Behindertenbetreuung<br />
sicherlich die Hauptaufgabe<br />
der nächsten Zeit.<br />
Inklusion bedeutet, dass allen Menschen<br />
von Anfang an, in allen gesellschaftlichen<br />
Bereichen, eine selbstbestimmte,<br />
gleichberechtigte und<br />
wachsende Teilhabe möglich ist. Diese<br />
Definition liefert die UN-Behindertenrechtskonvention,<br />
die 2009 in Kraft<br />
getreten ist.<br />
Die bisherigen Begegnungen in und<br />
um das Stadion, die vielen Gespräche,<br />
die ich bisher geführt habe, stimmen<br />
mich insgesamt sehr optimistisch, dass<br />
wir auf einem guten Weg sind, viele<br />
Dinge einer gelungenen Inklusion umzusetzen.<br />
Jeder Einzelne hat hierbei die<br />
Chance, seinen Teil zu einem offenen<br />
Miteinander und nachhaltigen Begegnungen<br />
beizutragen.<br />
Es ist normal,<br />
verschieden zu sein.<br />
Ich freue mich auf die weitere Arbeit!<br />
<strong>HSV</strong>-BEAUFTRAGTER FÜR<br />
MENSCHEN MIT BEHINDERUNG:<br />
Cornelius Göbel<br />
Tel.: +49 (0)40 / 4155-1530 (Mi 15 -18 Uhr)<br />
Mobil: +49 160 7869406<br />
Fax: +49 (0)40 / 4155-1510<br />
E-Mail: Cornelius.Goebel@hsv.de<br />
Internet: www.hsv.de/fans<br />
EHRENAMTLICHE UNTERSTÜTZUNG:<br />
Holger Jegminat und Björn Stenner<br />
Fotos: Melanie Freiesleben<br />
35
<strong>HSV</strong>-VOLKSPARKETT<br />
Das „Volksparkett“ ist ein öffentliches Forum von und für Fans und <strong>HSV</strong>-<br />
Mitglieder und bietet für alle früh angereisten Fans eine unterhaltsame,<br />
abwechslungsreiche und informaive Alternaive zur Stadionshow.<br />
36 einsicht
einsicht<br />
Die offene Bühne rund um den <strong>HSV</strong>,<br />
seine Mitglieder und Fans<br />
Text: Claudia Dreissigacker und Morten Armbrecht<br />
Fotos: Sigrid Haake und Mathias Helbing<br />
Gewachsen ist das Volksparkett<br />
aus der Nachbereitung<br />
des erfolgreichen<br />
Theaterstücks<br />
„Hinter Euren Zäunen“,<br />
welches im September 2005 im Thalia<br />
Theater in der Gaußstraße Premiere<br />
feierte und insgesamt elfmal<br />
aufgeführt wurde. Der Regisseur und<br />
Kulturschaffende Martin Kreidt gab<br />
den Anstoß, diese enorme Energie<br />
und Leidenschaft von Fußballfans<br />
weiter zu fördern und zu nutzen. Als<br />
Vorbild diente das Speakers Corner<br />
im Hyde Park in London. 2007 wurde<br />
eine offene Bühne von Fans für<br />
Fans unter dem Titel „Volksparkett“<br />
mit Unterstützung des Fanprojekts,<br />
des Supporters Clubs und einigen<br />
ehrenamtlichen Fußballfans ins Leben<br />
gerufen.<br />
Bis zur heutigen Form des Volksparketts,<br />
bei der zwei wechselnde<br />
Moderatoren aus der aktiven Fanszene<br />
durch das kompakte 60-minütige<br />
Programm vor den Heimspielen führen,<br />
wurden viele Versuche gestartet,<br />
und Erfahrungen gesammelt. Anfangs<br />
hatte eine Volksparkett-Ausgabe<br />
drei „Akte“. Vor dem Spiel, in der<br />
Pause und nach dem Spiel ging es<br />
mit unterschiedlichsten Themen und<br />
Inhalten immer darum, jeden einzubeziehen.<br />
Interaktivität mit den Zuschauern<br />
war immer ein großes Ziel.<br />
Nach über 100 Ausgaben ist es<br />
schwer, einzelne Highlights hervorzuheben,<br />
jeder Gast ist besonders und<br />
oft waren es die, von denen man es<br />
im Vorfeld nicht vermutet hätte.<br />
Gäste waren Vorstandsmitglieder,<br />
Aufsichtsräte, aktuelle und ehemalige<br />
Spieler, Spielerfrauen, <strong>HSV</strong>-Abteilungen,<br />
Fanclubs, Fans, Mitarbeiter<br />
des <strong>HSV</strong>, Vertreter der Gästeclubs,<br />
Medienvertreter, das <strong>HSV</strong>-Museum<br />
und viele andere mehr, mit und ohne<br />
<strong>HSV</strong>-Bezug. Aber auch Künstler und<br />
Prominente sind auf der Bühne des<br />
„Volksparkett“ willkommen: Opernsänger,<br />
Musiker und Schauspieler.<br />
Übrigens treten alle Gäste des „Volksparkett“<br />
kostenlos auf.<br />
Musikalisch war nahezu alles zu<br />
Gast, was in der <strong>HSV</strong>-Musikszene<br />
Rang und Namen hat: Von A wie Abschlach!<br />
und Altmann, über Buddy<br />
Ogün, Elvis, Fred Timm, Hummel<br />
& Mors, die Maggers United<br />
bis hin zu Nothahn, um nur wenige<br />
aufzuzählen. Hier haben wir noch<br />
einige Überraschungen für die nächsten<br />
Ausgaben geplant.<br />
Bei den Gästen der Gastvereine<br />
hat zweifelsfrei der Besuch<br />
von Uli Hoeneß den bleibendsten<br />
Eindruck hinterlassen. Nicht<br />
nur wegen seines offenen und<br />
unterhaltsamen Auftritts, sondern<br />
auch wegen des ungewohnten<br />
Medieninteresses,<br />
welches uns an der Bühne im<br />
wahrsten Sinne des Wortes<br />
„überrollt“ hat.<br />
Bei jeder Ausgabe fieberhaft vom<br />
Publikum erwartet wird der Besuch<br />
eines Spielers aus dem aktuellen Kader.<br />
Hier wird dann über WGs in der<br />
Hafencity, Zuckerwattemaschinen,<br />
die größten Autoprolls im Team und<br />
streng geheime und idyllische Ausflugsziele<br />
im Osten Hamburgs mit<br />
„F wie Fogel“ (gemeint war Volksdorf)<br />
geplaudert und den Spielern werden<br />
diverse Geheimnisse und Insider-Tipps<br />
entlockt.<br />
Immer wieder sehr spannend sind<br />
Besuche von Mitgliedern des Aufsichtsrats<br />
oder Vorstands, die auf<br />
direktem Wege, ohne Umweg durch<br />
die Presse-Schreibmaschinen, ihre<br />
Sicht auf aktuelle Geschehnisse schildern<br />
und auch einen Blick in die<br />
Zukunft werfen.<br />
Weitere Highlights, nur aus den<br />
letzten 2 Jahren, waren der große<br />
Stadionwurst-Test mit Steffen<br />
Henssler, die Jungs von der <strong>HSV</strong>-Cricket-Abteilung,<br />
Peter Carstens vom<br />
NDR-Sportclub, dem WIR mal die<br />
Fragen gestellt haben, die <strong>HSV</strong>-Baseballer,<br />
Kalle Schwensen, ein<br />
sehr sympathischer Auftritt von Fabio<br />
Morena, sowie viele Gäste-Gäste<br />
wie zum Beispiel Hans-Joachim<br />
Watzke, Rüdiger Vollborn oder<br />
auch Andreas Rettig. Und nicht zu<br />
vergessen sind die Kollegen vom<br />
<strong>HSV</strong>-Museum, die uns immer wieder<br />
mit neuen Geschichten aus der Vergangenheit<br />
überraschen.<br />
Inwieweit die Ausgliederung das<br />
Volksparkett beeinflusst, lässt sich<br />
noch nicht absehen. Es haben sich<br />
zwar einige Zuständigkeiten und Ansprechpartner<br />
innerhalb des Vereins<br />
bzw. der AG geändert, jedoch erfahren<br />
wir sowohl von der <strong>HSV</strong>-Fanbetreuung,<br />
die ja mit Joachim Ranau und<br />
Thorsten Eikmeier aus zwei guten<br />
alten Bekannten des Volksparketts<br />
besteht, als auch von anderen Abteilungen<br />
in der neuen AG viel Unterstützung.<br />
Diese benötigen wir, und<br />
hierfür sind wir auch sehr dankbar,<br />
da gerade die Kontakte zu den Führungsetagen<br />
bei den Gastvereinen oft<br />
einfacher herzustellen sind, wenn die<br />
Anfrage direkt aus der Geschäftsstelle<br />
kommt. Ohne solche Unterstützung<br />
aus dem Verein wäre es sicher bedeutend<br />
schwerer, wenn nicht sogar unmöglich<br />
gewesen, einen Uli Hoeneß<br />
oder einen Hans-Joachim Watzke für<br />
einen Auftritt bei uns zu begeistern.<br />
99 Volksparkett-Ausgaben im e.V. waren<br />
von viel Engagement, Leidenschaft<br />
und ehrenamtlichen Mitarbeitern<br />
Das Volksparkett findet auf<br />
einer Bühne im Umlauf der Imtech<br />
Arena direkt über dem <strong>HSV</strong>-Museum<br />
zwischen den Ständen des Fanprojektes<br />
und des Supportes Clubs statt.<br />
getragen, sodass wir - mit einem<br />
leicht veränderten Team - mit der<br />
100. Ausgabe hochmotiviert zum ersten<br />
Heimspiel unter der neuen Struktur<br />
gestartet und sicher sind, den<br />
Fans weiterhin ehrenamtlich und<br />
nicht kommerziell interessante Gäste<br />
auf der Volksparkett-Bühne präsentieren<br />
zu können.<br />
Auf der Facebook-Seite <strong>HSV</strong>-Volksparkett<br />
gibt es das aktuelle Programm,<br />
Berichte und jede Menge Fotos. Dort<br />
könnt ihr auch jederzeit mit uns in<br />
Kontakt treten. Habt ihr Wünsche,<br />
wen ihr schon immer mal als Gast<br />
auf der Volksparkett-Bühne sehen<br />
wolltet Dann schreibt uns oder<br />
sprecht uns direkt an!<br />
Wir freuen uns auf euren Besuch<br />
beim Volksparkett!<br />
KIEZ- und Mannschaftsgrößen<br />
auf dem Parkett: Kalle<br />
Schwensen, Jaro Drobny<br />
37
Foto: Witters<br />
Interviewer: Ansgar Tasche & Jens Kochte<br />
Wie könnte ein <strong>HSV</strong><strong>SCHNACK</strong> mit dem Thema ‚Heimspiel‘<br />
komplett sein, wenn die Stadionshow dort keinen Platz finden<br />
würde Wir bekamen die Gelegenheit, am Tag des Nordklassikers<br />
auf der Geschäftsstelle in der Osttribüne das Moderatorenduo<br />
Lotto King Karl und Dirk Böge zu sprechen, die in dieser<br />
Zusammensetzung die Show seit 2008 auf den Rasen bringen.<br />
38 EINsicht
Der <strong>SCHNACK</strong>-Leser weiß ja durchaus,<br />
dass wir diese Treffen eher als<br />
„Gespräch“, denn als „Interview“<br />
verstehen, ganz einfach, da wir nicht<br />
von uns behaupten können, Journalisten<br />
zu sein. Nun können solche<br />
Gespräche natürlich derart langweilig<br />
sein, dass diese nachbereitet, geglättet<br />
und in den Formulierungen<br />
feingefeilt werden. Wir haben uns in<br />
diesem Fall dazu entschlossen, das<br />
Gespräch fast 1:1 wiederzugeben, um<br />
Euch so nicht nur die Inhalte, sondern<br />
auch die Atmosphäre ein bisschen<br />
rüber zu bringen.<br />
Die Zeit war knapp, und so konnten<br />
wir natürlich nicht alle Punkte im<br />
Detail nachfragen und vertiefen, wie<br />
sich das mancher Leser womöglich<br />
wünschen würde. Wir haben uns auf<br />
die wesentlichen Fragen unserer ‚Arbeitsliste‘<br />
beschränkt und denken,<br />
damit die Dinge aufgenommen zu<br />
haben, die auch den Großteil von<br />
Euch interessieren.<br />
Die Geschäftsstelle füllt sich zu dieser<br />
Zeit gegen 13:00 Uhr mit Mitarbeitern<br />
und externen Gästen. Die<br />
Atmosphäre ist noch nicht hektisch,<br />
aber man kann die herrschende Anspannung<br />
vor diesem wichtigen Spiel<br />
doch in allen Gesichtern ablesen und<br />
spüren.<br />
≈<br />
Ansgar: Welchen Einfluss habt Ihr<br />
auf die Show Mit welchem Team/<br />
Entscheidern wird Eure Show abgestimmt<br />
Macht Ihr das alles selbst<br />
oder habt Ihr Mitspracherecht<br />
Lotto: Wir haben ein bisschen Mitspracherecht.<br />
So würde ich es nennen,<br />
oder<br />
Dirk: Also erstmal sind so ziemlich alle<br />
Gewerke da mit dran. Da haben wir<br />
zum einen natürlich den <strong>HSV</strong>, da haben<br />
wir AVT, die die Regie im Stadion machen.<br />
Dann haben wir natürlich die<br />
Kameraleute dabei. Technik-Bernie<br />
sitzt da unten mit dran und natürlich<br />
der NDR. Und wir alle sitzen vorher<br />
gegen 13:00 Uhr in der Regiebesprechung<br />
zusammen, gehen das auf die<br />
Minute durch und kriegen die einzelnen<br />
Infos noch, die wir brauchen. Und<br />
natürlich im Vorhinein, wir machen<br />
das ja schon etwas länger, werden wir<br />
nicht müde, auch mal zu sagen … „Leute,<br />
wenn was ist, fragt uns vorher, weil<br />
wir machen‘s schon etwas länger.“ Aber<br />
wir kommen da mit allen Leuten sehr<br />
gut zurecht.<br />
Foto: Witters<br />
Jens: Und wer ist konzeptionell / redaktionell<br />
Euer Boss Wie seid Ihr<br />
da organisatorisch aufgestellt<br />
Lotto: Na ja, letztendlich ist ja der <strong>HSV</strong><br />
hier der Hausherr, aber unser Arbeitgeber<br />
ist die NDR-Media. Dirk versucht<br />
seit Jahren, die Nacktmoderation für<br />
sich selbst durchzusetzen. Hat aber<br />
noch nicht funktioniert. Ich würde es<br />
gerne sehen, aber ich würde auf keinen<br />
Fall mitmachen. Ich hab‘ das hinter<br />
mir. Nackt im Fußballstadion. Da hat<br />
RTL einfach mehr gezahlt. Das ist einfach<br />
so.<br />
Ansgar: Die Musik, „Hamburg, Meine<br />
Perle“ beispielsweise. Ist da mal was<br />
Neues geplant Eine neue Version,<br />
neuer/anderer Text<br />
Lotto: Nein, also da müsstest du ja bzw.<br />
das ist ja so ähnlich, wie „Wer wird<br />
Deutscher Meister <strong>HSV</strong>“, eine neue<br />
Mannschaft aufstellen. Das kannst du<br />
ja dann auch jedes halbe Jahr neu machen.<br />
Jens: Du hörst unterschiedliche Strömungen,<br />
dass auch Leute sagen: „Wir<br />
wollen vielleicht auch mehr Pro-<strong>HSV</strong><br />
haben.“ So nach dem Motto: “Es könnte<br />
sich um die Gegner drehen, aber<br />
auch um die Frage, will ich lieber ein<br />
Pro-<strong>HSV</strong>-Lied“. Das sind Dinge, die<br />
Du immer mal wieder in Gesprächen<br />
mitnimmst.<br />
Lotto: Ja, klar. Aber das war ja auch<br />
dafür jetzt nicht geplant. Das hat sich<br />
ja so ergeben, dass es sich so etabliert<br />
hat. Es gibt ja die München-Version,<br />
wo wir immer bei Bayern was machen.<br />
Aus der sportlichen Situation<br />
heraus fanden wir das jetzt auch die<br />
letzten Male ein bisschen albern …<br />
Jens: Unpassend …<br />
Lotto: Ja, wenn du da mit 2:9 abgefiedelt<br />
wirst, dann gehst du nicht im<br />
Pokal nachher hin und machst die<br />
Bayern nass. Da muss ich mich ein<br />
bisschen zurückhalten. Im Grunde<br />
genommen … Der Song ist, wie er ist.<br />
Dirk: Und vor allem ist der Song ein<br />
Stück weit ja auch das emotionale<br />
Herzstück der Show. Und da ist keiner,<br />
der schlau ist, der sagt, wir wollen<br />
uns jetzt da ein bisschen anpassen.<br />
Das ist eine Konstante, die da<br />
hingehört und die auch so bleiben<br />
soll.<br />
Lotto: Ein Fixpunkt, der da sitzt.<br />
~<br />
Jens: Wie steht Ihr zur Frage<br />
„Gästehymne“ Spielen Ja/Nein<br />
Habt Ihr da Tendenzen<br />
Lotto: Also weißt du, wenn das funktioniert,<br />
dann ist das gut. Aber das<br />
dauert auch eine Zeit, bis sich sowas<br />
etabliert. Bei einigen Vereinen hat<br />
man das immer gemacht, wenn man<br />
das bei St. Pauli sieht, die haben das<br />
in der 3. oder 4. Liga mal gemacht.<br />
Dann ist es auch ein bisschen einfacher,<br />
es sind nicht so viele Leute da.<br />
Wir haben eine besondere Situation,<br />
weil wir immer 1. Bundesliga waren.<br />
Wir haben einen sehr hohen Zuschauerschnitt.<br />
Das vergessen auch viele Leute, die<br />
immer sagen, die Hamburger sind<br />
zurückhaltend. Hier sind auch 51.000<br />
Leute bei Platz 18 und unabhängig<br />
vom Derby, unabhängig von Bayern<br />
und so weiter.<br />
Das ist ein Mehrheitsentscheid und<br />
wenn das nicht wirklich funktioniert,<br />
dann … ich find’s ein bisschen schade,<br />
aber ich finde es auch o.k. Am<br />
Ende des Tages ist auch der gegnerische<br />
Fan in einem gegnerischen Stadion<br />
gerne der Gegner und nicht<br />
immer zwingend … man muss sich<br />
ja nicht nur noch in den Armen liegen.<br />
Dass man da in gewisser Weise<br />
de-eskalierend wirken kann, das<br />
stimmt schon. Nur wenn sich darüber<br />
mehr Leute aufregen, als Leute das<br />
o.k. finden, dann ist das so.<br />
~<br />
Jens: Fahrt ihr auch manchmal auswärts<br />
und nehmt die Gästerolle dann<br />
ein<br />
Lotto/Dirk: Ja, klar.<br />
39 EINsicht
Foto: Witters<br />
Ansgar: In Wolfsburg wurde unsere<br />
Hymne vor 2 Wochen ja auch gespielt.<br />
Lotto: (lachend) Ja, ja, das ist ja auch<br />
neutraler Grund, die sind ja froh,<br />
wenn sie was zu feiern haben.<br />
Dirk: Der Verein hat ja auch eine<br />
Anfrage auf der Homepage dazu gestellt.<br />
Und es gab eine große Abstimmung,<br />
die endete ungefähr 50/50.<br />
Und ich glaube auch gerade das, was<br />
Lotto sagte: 1. Bundesliga, du hast so<br />
viele Leute, und du hast auch so viele<br />
Emotionen da drin. Und einige<br />
Leute piekt das echt an, wenn sie das<br />
hören.<br />
Lotto: Ja, und man darf einfach nicht<br />
vergessen, das sind eben auch so viele<br />
Leute hier. Also so ab 1.000 Leuten<br />
aufwärts, da kannst du dir auch keine<br />
Gesichtskontrolle mehr erlauben.<br />
Da sind 1.000 Leute mit den unterschiedlichsten<br />
Einstellungen zu den<br />
unterschiedlichsten Sachen.<br />
Und bei einer fifty-fifty-Abstimmung<br />
musst du damit leben, dass hier im<br />
Schnitt 25.000 Leute dann eher genervt<br />
sind. Und damit tust du auch<br />
den Gästen keinen Gefallen. Wenn<br />
das jetzt 80/20 wäre, dann könnte<br />
man sagen, dann gewöhnt sich der<br />
Rest vielleicht auch noch dran. Aber<br />
das muss man so akzeptieren. Dafür<br />
sind Abstimmungen da.<br />
Jens: Ich fand es jedenfalls gut, es mal<br />
als Meinungsbild einzuholen.<br />
Lotto: Ja, man kann es ja in ein paar<br />
Jahren mal wieder einholen, das ist o.k.<br />
~<br />
Ansgar: Kriegt ihr von der Mannschaft<br />
mal Musikwünsche/Feedback<br />
So nach dem Motto: „Das müsst ihr<br />
mal unbedingt zum Einlauf spielen.“<br />
Lotto: Nein. Also die Musik zum Einlauf<br />
ist auch wiederum Sache des<br />
DJ’s. Das ist jetzt nicht unser Ding.<br />
Wir sagen das nur an. Solange die<br />
nicht alle von mir gespielt sind, die<br />
Songs im Stadion, übernehme ich da<br />
keine Verantwortung.<br />
~<br />
Ansgar: Euer emotionalster Moment<br />
bei einem Spiel (ein Sieg außen vor)<br />
Macht das Kranfahren beispielsweise<br />
noch Spaß<br />
Lotto: Ja, natürlich, klar. Aber dabei<br />
geht es nicht um meine Emotionen,<br />
sondern da geht’s um die Emotionen<br />
im Stadion. Also ich mach‘ da einen<br />
Job. Das ist ganz wichtig. Ich muss<br />
mich darauf konzentrieren, dass ich<br />
das alles richtig mache.<br />
Jens: Das ist eine Frage, die ich hochspannend<br />
finde. Ihr seid im Spannungsfeld<br />
irgendwo zwischen Emotionalität<br />
und Job. Gibt es da Techniken,<br />
wie man das trennen kann<br />
Also ich als Fan gehe mit unterschiedlichen<br />
Gemütslagen ins Stadion und<br />
dementsprechend habe ich unterschiedliche<br />
Tage, mit denen man<br />
unterschiedlich umgeht. Wie macht<br />
ihr das Es ist ja sehr schwierig zu<br />
trennen.<br />
Lotto: Mach‘ ich genauso. Klar. Es ist<br />
erstmal unser Job, erstmal ein professionelles<br />
Level zu haben. Es will<br />
auch keiner wissen, ob Dirk oder ich<br />
schlecht drauf sind. Aber wir sind<br />
auch Fans. Unsere Aufgabe besteht<br />
auch ein bisschen darin, das zu vermitteln,<br />
aber eben auch zu moderieren<br />
… also wir müssen uns ein bisschen<br />
zusammenreißen.<br />
Ich weiß, dass einige unserer Kollegen<br />
das nicht tun und da jedes Jahr<br />
ordentlich Strafe zahlen. Das hat<br />
auch so einen gewissen Kultfaktor,<br />
aber … die verdienen dann auch mehr<br />
Geld, glaube ich dabei als wir.<br />
Jens: Norbert Dickel<br />
Lotto: Das hast du gesagt! Könnte sein.<br />
Ist ja bekannt, dass Nobbi da oft auch<br />
ein bisschen über die Stränge schlägt.<br />
Klar, da müssen wir mit leben. Aber<br />
du musst zum Beispiel sehen, gerade<br />
wenn wir da oben singen, haben wir<br />
natürlich ein Problem akustischer<br />
Art, weil die Schallgeschwindigkeit<br />
langsamer ist, als man denkt.<br />
Foto: Witters<br />
Jens: Ihr habt ja einen Monitor da<br />
oben<br />
Lotto: Nee, wir haben das im Ohr.<br />
Wir haben diese Funkstrecke und wir<br />
müssen uns darauf konzentrieren,<br />
wenn das Ding ausfällt, dass wir dann<br />
nicht geliefert sind. Eigentlich ist<br />
man geliefert, aber dann muss man<br />
es trotzdem hinkriegen. Das ist wichtiger,<br />
als dass wir große Emotionen<br />
von unserer Seite zeigen.<br />
Die Emotionen sind für die anderen<br />
Leute da. Wir freuen uns ja auch, das<br />
zu machen. Das ist eine tolle Sache,<br />
das zu machen, so ist das ja nicht.<br />
Aber es geht in dem Moment nicht<br />
so sehr um unsere Emotionen, sondern<br />
die gemeinsamen Emotionen<br />
von Allen.<br />
Natürlich pöbeln wir da auch an der<br />
Seitenlinie ein bisschen rum, aber<br />
wissen natürlich auch, gerade weil<br />
wir auch schon ein bisschen länger<br />
dabei sind, dass man uns auch im<br />
Fokus hat. Da hört schon der eine<br />
oder andere Linienrichter mal genauer<br />
hin, was man sagt, deswegen<br />
sollte man sich auch mal ein wenig<br />
zurückhalten. Was aber auch im Alter<br />
ein bisschen leichter fällt.<br />
40 EINsicht
Jens: Wem erzählst Du das...<br />
Dirk: Ist eine interessante Frage, weil<br />
sich das genau da abspielt. Das Spannungsfeld<br />
zwischen dem Job, und<br />
dass du als Fan dabei bist. Ich hatte<br />
das Problem damals, als wir in der<br />
Verlängerung waren gegen Werder<br />
Bremen im DFB-Pokal-Halbfinale.<br />
Da musste ich unten in die Katakomben<br />
rein. Trotzdem kann ja jederzeit<br />
einer kommen, und sagen: „Da ist<br />
was passiert, du musst jetzt so und<br />
so“ … und sofort muss das zurück auf<br />
diese professionelle Ebene. Von daher<br />
stimmt das schon … das ist ein Job,<br />
es ist der schönste Job der Welt. Aber<br />
es ist nach wie vor ein Job und da<br />
musst du jederzeit umschalten können<br />
… auf 100%.<br />
~<br />
Jens: Wie spürt Ihr eine Veränderung<br />
in der Kurve<br />
Lotto: Das spüren wir.<br />
Jens: Spürt Ihr sie jetzt mit Weggang<br />
CFHH oder des aktiven Parts von<br />
CFHH Nehmt ihr das auf dem Kran<br />
oder irgendwo atmosphärisch für<br />
Euch war<br />
Dirk: Also grundsätzlich, mit der Zeit,<br />
nimmt man ganz viel wahr. Du<br />
merkst sofort, wenn du früher nur<br />
irgendwie Publikum gehört hast.<br />
Dann merkst du jetzt, irgendwas ist<br />
anders. Du merkst an der Stimmung<br />
sofort, was passiert. Irgendwas ist<br />
anders.<br />
Natürlich hat sich die Stimmung jetzt<br />
auch ein bisschen verändert, so vom<br />
Ablauf her. Erst ruft der, dann ruft<br />
der. Wir haben jetzt gerade gesehen,<br />
letztes Mal gegen Leverkusen, auch<br />
die Lautstärke, die da war, dass es so<br />
Verschiebungen gibt, aber das ist ein<br />
Prozess. Dann kommen andere Gruppen,<br />
die dann rufen …<br />
Jens: Ich selbst nehme sie als situativer<br />
wahr, sag‘ ich mal. Dass es mehr<br />
am Spielgeschehen hängt. Aber das<br />
ist ja alles persönliche Geschmackssache<br />
und Empfindungssache. Insofern<br />
gibt es da ja kein „gut“ oder<br />
„schlecht“ in meinen Augen.<br />
Dirk: …was ja auch nicht unbedingt<br />
schlecht ist.<br />
Lotto: Ja, und wieder, wieder müssen<br />
wir sagen: Wir sind hier sehr verwöhnt<br />
vom Publikum. Wir haben viel<br />
Publikum, auch in schlechten Tagen.<br />
Damit haben wir auch eine höhere<br />
Grundlautstärke, als so mancher<br />
Kollege in anderen Stadien.<br />
~<br />
Ansgar: Abschließend Euer Tipp für<br />
heute Wir schauen dann noch mal,<br />
ob wir das veröffentlichen.<br />
Lotto: Wir nehmen alles, was über 1<br />
Punkt ist. Gerne. Nein, guck‘ mal. Wir<br />
sind die Mannschaft, die sich als<br />
letztes für die 1. Liga qualifiziert hat.<br />
Das vergessen immer viele. Und damit<br />
sind wir immer erstmal Außenseiter.<br />
Das ist einfach so. Das ist<br />
reine Tabellenarithmetik. Und das<br />
ist kein Spruch, dass wir alle bescheidener<br />
werden wollen. Das ist so, wir<br />
sind es auch.<br />
Wir freuen uns wirklich über die<br />
Punkte. Natürlich ist es ein Derby,<br />
im Vorfeld ist auch viel gefragt worden<br />
usw. Ich habe nicht so viel Energie<br />
für Häme, als wenn wir Platz 2<br />
oder 3 hätten. Da bleibe ich mal lieber<br />
konzentriert darauf. Scheißegal, wie<br />
wir die Punkte holen. Heute haben<br />
wir ein Spiel. Heute sollten wir versuchen,<br />
die 3 Punkte zu holen. So<br />
sehe ich das.<br />
Dirk: Vor allem: Für viele ist es das<br />
Spiel des Jahres. Das ist für uns nicht<br />
groß anders als für die Fans. Und wir<br />
wissen, dass die Mannschaft sich<br />
inzwischen gefestigt hat, besser spielt<br />
als letztes Jahr. Ich glaube, da geht<br />
einiges. Ich habe die letzten Male<br />
immer gemerkt, wenn ich getippt<br />
habe, ist das voll in die Hose gegangen.<br />
Ansgar: Habt ihr bis 15:30 Uhr jetzt<br />
nochmal Zeit, wo ihr durchatmen<br />
könnt Mal 5 Minuten …<br />
Lotto: Ja, wir gehen gleich kurz was<br />
essen. Aber das ist auch schnell. Du<br />
brauchst ein paar Kohlenhydrate, um<br />
draußen bei der Kälte … das ist ja<br />
auch 5-6 Stunden hier. Und nu geiht<br />
dat los!<br />
Vielen Dank …<br />
Beim ersten<br />
mal tut´s (fast)<br />
immer weh<br />
Gleich zu Beginn mal eine kurze Frage an jeden, der diesen Artikel liest:<br />
Erinnert Ihr euch noch an Eure erste große Liebe, und vor allem an die<br />
Beweggründe, warum es genau zu dem wurde, was es war oder vielleicht<br />
sogar noch ist Und wisst ihr noch wie es war, zum ersten Date mit der<br />
frisch Auserkorenen zu fahren<br />
So in etwa würde ich meine<br />
Gefühle bei meinem ersten<br />
Stadionbesuch beschreiben.<br />
OK, zugegeben, bei<br />
Papa an der Hand zum ersten<br />
Date zu gehen, klingt etwas ungewöhnlich,<br />
aber nun, irgendwie muss<br />
man ja irgendwann mal in den Ring<br />
geworfen werden.<br />
Bei mir sollte es nun der 10.06.1995<br />
sein. Die Jungs in der 4b hatten mir<br />
Autor: Max Ilse<br />
nämlich immer wieder von dieser etwas<br />
in die Jahre gekommenen Dame<br />
erzählt, die sie Woche für Woche entweder<br />
begeisterte, oder, und das war<br />
zum damaligen Zeitpunkt eher die<br />
Regel, bitter enttäuschte.<br />
Trotzdem wollte ich mein Glück<br />
versuchen, und was sollte mit Papa<br />
schon schief gehen, der hatte ja schließlich<br />
schon Mama erobert, und die ist,<br />
wie jeder 10 Jährige weiß, die Beste!<br />
Und so ging es los. Erstmal schick<br />
machen, das beste Hemd aus dem<br />
Schrank geholt (natürlich den Jungs<br />
beim wöchentlichen Kicken auf dem<br />
Bolzplatz bereits stolz vorgeführt),<br />
den Schal der Gentlemen umgelegt,<br />
und erstmal ab auf den Kindersitz<br />
auf die Rückbank.<br />
Während der etwa 30minütigen<br />
Fahrt träumte ich bereits von einer<br />
Traumhochzeit mit Glitzerkonfetti<br />
41 EINsicht
42 Einsicht<br />
und der wunderschönen Salatschale,<br />
die wir von unseren Verwandten zur<br />
Vermählung bekommen würden.<br />
Als wir nun bei ihr zu Hause ankamen,<br />
war ich zunächst einmal<br />
überwältigt. Ich hatte im Leben nicht<br />
damit gerechnet, dass Madame so<br />
viele Verehrer hatte. Und dann schien<br />
ihr das sogar noch bewusst zu sein,<br />
bei den ganzen Parkplätzen, die da<br />
so um ihr, gelinde gesagt, nicht gerade<br />
sehr ansehnliches Anwesen<br />
herum gepflastert waren.<br />
Egal, als gut erzogenem, jungem<br />
Bengel zählen für einen ja die inneren<br />
Werte. Also, raus aus dem Auto, nochmal<br />
geschaut, ob die Schuhe auch<br />
richtig zu sind und ab Richtung Eingangstür.<br />
Während unseres etwa<br />
20minütigen Marsches, berichtete<br />
mein Vater mir von so einigen Dingen,<br />
die für mich neu waren, die man<br />
als frisch gebackener Womanizer<br />
aber wissen sollte. So gab es unter<br />
den Verehrern diverse unterschiedliche<br />
Gruppen. Da waren die Männer<br />
mit ihren lustigen Westen, auf denen<br />
Sie sogar mit ganzem Stolz ihre Plätze<br />
im Haus der Angebeteten auf dem<br />
Rücken trugen.<br />
Soweit ich weiSS, war es<br />
der Westflügel, Zimmer E,<br />
dort wo die ganz treuen<br />
Verehrer untergebracht<br />
werden. Natürlich wollte<br />
ich ab diesem Zeitpunkt eigentlich<br />
viel lieber dort<br />
hin, als auf einen schnöden<br />
Hocker im Wohnzimmer,<br />
aber das, so wurde mir mitgeteilt,<br />
wäre das Verweilen<br />
dort, meinem Alter noch<br />
nicht angemessen.<br />
Des Weiteren gab es dort Männer<br />
mit Anzügen und sogar Krawatte, die<br />
wohl trotz Hochsommer Angst um<br />
ihre Kleidung hatten, und deshalb<br />
lieber ein Dach über dem Kopf haben<br />
wollten, anstatt im Garten im Freien<br />
zu sitzen. Zusammen mit diesen Männern<br />
wurden wir, so wie andere Familien<br />
auch, entweder im Nord- oder<br />
1:0 Tor durch<br />
Andre Breitenreiter<br />
(<strong>HSV</strong>)<br />
im Südflügel des Anwesens untergebracht.<br />
Und zu guter Letzt gab es da sogar<br />
noch Menschen, die extra aus einem<br />
ganz anderen Teil Deutschlands angereist<br />
waren, nur, um die Traumfrau<br />
bei einem entspannten und sonnigen<br />
Nachmittagsspaziergang begleiten<br />
zu dürfen. Zum damaligen Zeitpunkt<br />
dachte ich, dass diese jungen Männer<br />
aus den erst kürzlich hinzugekommenen<br />
Bundesländern stammen<br />
müssten, riefen sie doch die ganze<br />
Zeit “Eintracht, Eintracht”. – Leider<br />
konnten sich diese jungen Männer<br />
auch nicht benehmen und fingen an,<br />
vor dem Westflügel eine Reihe zu<br />
bilden und dann geschlossen in eine<br />
Gruppe von Männern aus Zimmer E<br />
zu rennen, die die Gefahr wohl gerochen<br />
hatten und sich entsprechend<br />
ebenfalls in einer Reihe aufgestellt<br />
hatten. Was diese Rempelei zu bedeuten<br />
hatte, war mir zu diesem<br />
Zeitpunkt nicht bewusst, wahrscheinlich<br />
hatte man sich nicht einigen<br />
können, wer denn jetzt zuerst mit<br />
der Angebeteten sprechen darf. In<br />
jedem Fall gewannen die junge Männer<br />
aus Zimmer E und die netten<br />
Männer von wo anders her, liefen so<br />
schnell es ging in Richtung ihres eigenen<br />
Zimmers, um ihre Audienz<br />
nicht zu verpassen.<br />
Zu meinem eigentlichen Treffen<br />
mit meiner großen Liebe kann ich<br />
leider nicht mehr so viel sagen.<br />
Zu stark waren die Eindrücke des<br />
gesamten Tages. Ich erinnere mich<br />
nur noch, dass es ein sehr erfolgreicher<br />
Tag war, und ich strahlend,<br />
wenn auch völlig KO, auf meinem<br />
Kindersitz, mit Papa nach Hause fuhr.<br />
Oh, und natürlich weiß ich noch, dass<br />
mein Objekt der Begierde an diesem<br />
Tag mit Adlern Ball spielte und dabei<br />
3:1 gewann. Nicht nur für mich war<br />
sie eine Königin, sondern schien sie<br />
auch einen eigenen Hofstaat zu haben.<br />
So spielten und trafen für sie<br />
der heutige FC Paderborn Trainer<br />
(man trifft sich eben immer zweimal<br />
in Leben), ich glaube ein Mann vom<br />
Bosporus (alle nannten ihn Ali, aber<br />
irgendwie sahen die roten Haare gar<br />
nicht so nach Mittelmeer aus) und<br />
ein Mann namens Michael Mason,<br />
der erst kurz zuvor gegen einen Mann<br />
namens Ivan eingesprungen war.<br />
Dazu hatte sie einen Mann im Team,<br />
der wenn immer er mal den Ball bekam,<br />
von allen anderen Menschen<br />
um mich herum mit „Lumpi, Lumpi“<br />
Rufen bedacht wurde.<br />
Retrospektiv betrachtet<br />
muss ich sagen, dass die<br />
Dame und ich mittlerweile<br />
diverse Hochs und Tiefs<br />
durchlaufen haben, und<br />
dass speziell die Periode<br />
zwischen 2000 und 2010 eine<br />
sehr schöne Zeit gewesen<br />
ist. Auch wenn sie manchmal<br />
bockig wie ein Terrierwelpe<br />
ist, so verzaubert<br />
ihre Aura mich noch immer.<br />
Denn so ist das nun<br />
mal in einer guten Ehe: In<br />
guten wie in schlechten<br />
Zeiten.<br />
Statistik<br />
Hamburger SV – Eintracht Frankfurt<br />
Bundesliga 1994/1995<br />
33. Spieltag<br />
10.06.1995, 15:30 Uhr<br />
10.06.1995, 15:30 Uhr<br />
18.636 Zuschauer<br />
Schiedsrichter: Rainer Werthmann (Bochum)<br />
1:0. 62. Min, AndrE Breitenreiter<br />
1:1, 68. Min, Michael Anicic<br />
2:1, 78. Min, Jorg Albertz<br />
3:1, 85. Min, Michael Mason<br />
Trainer Hamburg<br />
Benno Mohlmann<br />
Richard Golz, Stefan Schnoor<br />
Carsten Kober, Petar Hubtchev<br />
Harald Spörl, Jürgen Hartmann<br />
Jörg Albertz, Marco Weißhaupt<br />
Valdas Ivanauskas, Niclas Kindvall<br />
André Breitenreiter<br />
Trainer Frankfurt<br />
Charly Korbel<br />
Aufstellung<br />
Hamburg – Frankfurt<br />
Andreas Köpke, Thorsten Legat<br />
Dietmar Roth, Manfred Binz<br />
Uwe Bindewald, Slobodan Komljenovic<br />
Michael Anicic, Ralf Falkenmayer<br />
Mirko Dickhaut, Matthias Becker<br />
Ralf Weber<br />
Wechsel Wechsel<br />
Michael Mason für<br />
Valdas Ivanauskas (69.)<br />
Andreas Fischer für<br />
Marco Weißhaupt (77.)<br />
Jan Furtok für<br />
Dietmar Roth (82.)
einsicht<br />
MEINE<br />
<strong>HSV</strong>-GENESIS<br />
AM ANFANG<br />
WAR MICKY<br />
MAUS.<br />
von Michael Greve<br />
Ich wuchs in einem Trabantendorf<br />
im Einzugsgebiet der Städte Frankfurt<br />
und Wiesbaden auf, nachdem Vater<br />
mit der nun wirklich nur rhetorisch<br />
gemeinten Frage: „Warum soll ich in<br />
Kiel Mundharmonika spielen, wenn<br />
ich in Frankfurt Orgel spielen kann“<br />
seinen Transfer und den seiner Familie<br />
einfädelte. Das war 1970.<br />
1974 entdeckte ich Fußball. In einem<br />
Alter, in dem andere schon ihre Profikarriere<br />
planen und sich einen Manager<br />
nehmen, erfuhr ich, dass es<br />
Fußball gab. Eigentlich entdeckte ich<br />
auch nicht Fußball, sondern die Fußball-WM<br />
1974. Heute passiert das nur<br />
noch Mädchen, aber damals gab es<br />
nur von der Post geliehene Wählscheibentelefone<br />
mit Schnur und mein Vater<br />
berichtete begeistert von einer<br />
neuen Methode, Briefe elektronisch zu<br />
übermitteln. Ja, Kinder, das gute alte<br />
Fax war damals eine bahnbrechende<br />
Neuigkeit. Fußballertrikots waren aus<br />
reiner Baumwolle, Bälle schwarz-weiß<br />
und aus Leder und Fußballschuhe<br />
schwarz-weiß und aus Leder.<br />
Wie auch immer: Bis sich mir erschloss,<br />
dass es nicht nur Nationalmannschaften<br />
gab, sollte noch einige<br />
Zeit vergehen. Unser nicht sportaffiner<br />
Familienclan - statt Uwe Seeler<br />
hingen Goethe, Luther und Dürer-Stiche<br />
an den Wänden - verfolgte bei<br />
einem der seltener werdenden Besuchen<br />
in Kiel das WM-Finale vor Großmutters<br />
TV-Bildschirm. Ich war also<br />
ein hoffnungsloser Spätentwickler.<br />
Zum Glück ahnte ich das nicht. Nachbarjungs<br />
schleppten mich auf eines<br />
der schiefen, welligen, noch unbebauten<br />
Grundstücke am Waldrand,<br />
auf dem ich in Gummistiefeln erste<br />
Gehversuche, oder sollte ich sagen:<br />
„Sprungversuche“, als Torwart unternahm.<br />
Langsam braute sich das<br />
schwere Schicksal eines <strong>HSV</strong>-Fans<br />
über mir zusammen. Ich erfuhr von<br />
drei Nachbarbrüdern, dass es Vereine<br />
gab: Bayern München, Borussia Mönchengladbach,<br />
Schalke 04.<br />
Norddeutscher Dünkel hielt mich<br />
vom FC Bayern fern, auch von Borussia<br />
Mönchengladbach, das ich ursprünglich<br />
für einen Münchener<br />
Vorort hielt und diese Stadt, oder<br />
dieses Dorf „Schalke“, war in keinem<br />
43<br />
Foto: Witters
44 einsicht<br />
unserer Atlanten verzeichnet. Das<br />
konnte also nichts rechtes sein. Doch<br />
die drei Brüder erschlossen mir noch<br />
einen anderen subkulturellen Kosmos:<br />
den der Mickey Maus-Heft, deren<br />
Kauf verpönt war, da man aus ihnen<br />
kein Latein lernen konnte.<br />
Diese Hefte hatten Mitte der Siebziger<br />
auf einer Seite untertitelte Fotos aktueller<br />
Bundesligaspieler, mit einigen<br />
Daten und einer kurzen Sport-Biographie.<br />
So lernte ich auch Reiner<br />
Geye und Fortuna Düsseldorf kennen.<br />
Meine Fußballdeutschlandkarte bekam<br />
allmählich Konturen, trotz der<br />
nicht zu leugnenden weißen Flecken.<br />
Und dann kam mein persönliches<br />
Erweckungserlebnis, das mich für<br />
immer in den unerbittlichen Bann<br />
des Fußballs ziehen sollte. Auf dem<br />
Rasen vor unserem Haus stehend,<br />
blätterte ich durch eines der ergatterten<br />
Comic-Hefte und entdeckte<br />
meinen ersten <strong>HSV</strong>-Spieler. Ja, ich<br />
entdeckte, es gab einen Hamburger<br />
Sport-Verein. Ich war erschüttert. Das<br />
musste mein Verein sein: aus Hamburg<br />
wie mein Vater, Großvater und<br />
Urgroßvater.<br />
Der abgebildete Spieler hörte jedoch<br />
nicht auf urhamburgische Namen wie<br />
Uwe Seeler, Willi Schulz oder Charly<br />
Dörfel. Er war Torwart. „Ah, natürlich,<br />
Rudi Kargus.“ Nein. Er hörte auf einen<br />
fremd klingenden und mir völlig unerklärlichen<br />
Namen: Arkoc Özcan.<br />
Egal! Das war mein Mann! Das war<br />
mein Mann, in seinem schwarzen<br />
Trikot mit rotem Auslegekragen. Das<br />
war mein Vorbild! Von jetzt ab wollte<br />
ich sein wie Arkoc Özcan, und wie<br />
er das Tor des <strong>HSV</strong> hüten!<br />
Mögen andere Jungs ihr Erweckungserlebnis<br />
durch begeisternde Dribblings,<br />
Blutgrätschen vor der Torlinie,<br />
spektakuläre Tore und Paraden oder<br />
durch die leidenschaftlich leidende<br />
Atmosphäre inmitten von stöhnenden,<br />
fluchenden und jubelnden<br />
60.000 Zuschauern und Schlachtgesänge<br />
erfahren haben. Ich hatte nie<br />
zuvor ein Spiel im Stadion gesehen,<br />
geschweige denn eines des <strong>HSV</strong>.<br />
Bei mir war es das: Mickey Maus, Arkoc<br />
Özcan und ich. Auf dem Rasen. Vor<br />
unserem Haus. An einem Tag mit stechend<br />
heißer Sonne. Im Sommer 1975.<br />
Wie sich herausstellte, sollte ich Arkoc<br />
Özcan auch nie spielen sehen. Denn<br />
er war mittlerweile von Rudi Kargus<br />
verdrängt worden. Rudi Kargus, den<br />
der Nimbus des Elfmetertöters umstrahlte,<br />
weil er vor Urzeiten, nämlich<br />
18 Monate vor meiner Erweckung,<br />
gegen Borussia Mönchengladbach drei<br />
Elfmeter im winterlichen Volksparkstadion<br />
abgewehrt hatte. Ich wechselte<br />
zu Rudi Kargus und doch behielt<br />
der jetzige Ersatztorwart Arkoc Özcan<br />
einen Platz in meinem nunmehr blauweiß-schwarzen<br />
Herzen.<br />
Mein erstes Spiel war <strong>HSV</strong>–FC Schalke<br />
04 am 1. Spieltag 1975/6. Nicht im<br />
Stadion, sondern in der Sportschau<br />
um 17 Uhr 48. Es war eines der drei<br />
Spiele, die damals in der Sportschau<br />
gezeigt wurden. In bester Fußballdramaturgie<br />
gewann der <strong>HSV</strong> nach<br />
0:1 noch 4:1. Das Jubelbild von Manfred<br />
Kaltz, der nach seinem Tor zum<br />
3:1 mit hochgestrecktem rechtem Arm<br />
hinter dem Schalker Tor vorbeiläuft,<br />
war am Montag darauf im KICKER zu<br />
sehen und hat sich mir für alle Zeiten<br />
eingebrannt. Obwohl ich mich zwischenzeitlich<br />
dem örtlichen Fußballverein<br />
angeschlossen hatte, der, ich<br />
sage es ungern, in Grün-Weiß spielte<br />
und einen ähnlich stilisierten Buchstaben,<br />
wie die süddeutsche Konkurrenz<br />
aus Bremen im Wappen führte<br />
und ich im Rudi-Kargus-Trikot von<br />
Pfosten zu Pfosten hechtete, erholten<br />
sich meine schulischen Leistungen<br />
nicht, obwohl der <strong>HSV</strong> seine sportlich<br />
erfolgreichste Phase startete.<br />
Ich kam zur rechten Zeit zum rechten<br />
Verein. Der <strong>HSV</strong> eilte in Liga und Pokalwettbewerben<br />
von Sieg zu Sieg,<br />
von Erfolg zu Erfolg. Da war es wenig<br />
unpassend, dass meine schulischen<br />
Leistungen in den Keller gingen und<br />
ich jeden Vormittag im Abstiegskampf<br />
steckte.<br />
Versetzung nur knapp geschafft, weil<br />
ich im Latein-Unterricht zu oft ins<br />
grammatikalische Abseits lief Na<br />
und Der <strong>HSV</strong> wurde DFB-Pokalsieger<br />
1976 und ich bejubelte noch am Montag<br />
darauf den Sieg mit Kai, meinem<br />
einzigen Co-<strong>HSV</strong>-Fan an der Schule.<br />
Sitzenbleiben Na und Ein Europapokalsieg<br />
gegen den RSC Anderlecht<br />
stand dem entgegen. Es folgten lauter<br />
erste Male: mein erstes <strong>HSV</strong>-Auswärtsspiel,<br />
ein Sieg in der ersten Runde<br />
des DFB-Pokal, beim damals kleinen,<br />
aber erreichbaren FSV Mainz 05 am<br />
Bruchweg. Es war zugleich mein erster<br />
Ein-Mann-Platzsturm, denn in den<br />
verträumten Siebzigern, konnte ich<br />
mich durch die Gitter des Tribünenzauns<br />
zwängen und gelangte so in<br />
die Nähe der <strong>HSV</strong>-Trainerbank. Respektvoll<br />
begab ich mich mitten auf<br />
der Tartanbahn, unweit von Rudi<br />
Gutendorf und Dr. Peter Krohn, in<br />
den Schneidersitz. Es war zugleich<br />
eines der ersten Spiele von Kevin<br />
Keegan im <strong>HSV</strong>-Dress. Ich war also<br />
hautnah dabei, als die Zukunft geformt<br />
wurde, die den meisten heute<br />
als Tradition geläufig ist. Noch mehr<br />
gilt das für den 4. April 1979, als ich<br />
ein Mittwochabend-Spitzenspiel der<br />
Sonderklasse erleben durfte: <strong>HSV</strong><br />
gegen den Spitzenreiter 1. FC Kaiserslautern,<br />
der 3:0 geschlagen wurde<br />
und Kapitän Neues durch Platzverweis<br />
verlor.<br />
So oft ich es von Wiesbaden aus einrichten<br />
konnte, war ich im Volksparkstadion.<br />
Als Maskottchen für Auswärtsspiele<br />
im Rhein-Main-Gebiet<br />
taugte ich hingegen nicht. Entweder<br />
verlor der <strong>HSV</strong>, oder, ich geriet an<br />
Eintracht-Frankfurt-Hooligans. Diesen<br />
Fluch konnte ich zwischenzeitlich<br />
empirisch validieren: als ich im Frühjahr<br />
2000 im Frankfurter Waldstadion<br />
war, verlor der Champions League<br />
Aspirant <strong>HSV</strong>, nach dem Ausfall Cardosos,<br />
gegen die von Felix Magath<br />
trainierten und abstiegsbedrohten<br />
Frankfurter mit 0:3.<br />
Im September 2007 verlor der <strong>HSV</strong><br />
in meiner Anwesenheit in der Frankfurter<br />
Commerzbank-Arena 1:2. In all<br />
den Jahren dazwischen gab es fast<br />
ausnahmslos Siege für den <strong>HSV</strong>. Nein,<br />
als Auswärtsmaskottchen bin ich eine<br />
Fehlbesetzung und wäre ich am letzten<br />
Spieltag 1995/96 in Waldstadion<br />
gegangen, der <strong>HSV</strong> hätte die UE-<br />
FA-Cup-Qualifikation verpasst, die er<br />
sich durch meinen heroischen Verzicht<br />
und ein 4:1 zu sichern vermochte…<br />
Fotos: Witters & Privatarchiv
Einsicht<br />
Sebastian BAYER<br />
RautentrAger<br />
Mit Erfolg<br />
Man wird ja mitunter mal gefragt, wen man gerne<br />
mal kennenlernen würde. Als allgemein sportbegeisterter<br />
<strong>HSV</strong>-Liebhaber gehört Sebastian Bayer in meinem Fall natürlich<br />
dazu. Dem <strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong> sei Dank, hatte ich jetzt einen<br />
Vorwand, das Aushängeschild der <strong>HSV</strong>-<br />
Leichtathletik mal um ein Treffen zu bitten.<br />
Text: Sven Dabelstein<br />
Fotos: Privat, Witters<br />
So reihte ich<br />
mich am<br />
Sonntag<br />
beim „Fest<br />
der 1000<br />
Zwerge“ in die Schlange<br />
der Autogrammjäger ein<br />
und bat um ein Gespräch<br />
mit ihm. Schon am Montag<br />
konnte er mir für Dienstagabend<br />
einen Termin bestätigen.<br />
Stand man dann am Treffpunkt<br />
überraschend vor<br />
verschlossenen Türen, wich man<br />
kurzentschlossen auf eine andere Lokalität<br />
aus! Unkomplizierter geht´s<br />
nicht!<br />
Da saß er nun vor mir, der fünffache<br />
Deutsche Meister, der Hallen-Europameister,<br />
Hallen-Europa-Rekordhalter,<br />
Europameister und Olympiafünfter.<br />
Mit seiner offenen Art schaffte er<br />
es schnell, mir jegliche Scheu zu nehmen.<br />
Zügig kam auch ein offener Dialog<br />
zustande, bei dem Sebastian durch<br />
seine ehrlichen und ausführlichen Antworten<br />
mein mühsam erarbeitetes<br />
Konzept vollends durcheinander brachte.<br />
So wusste er bereitwillig Dinge zu<br />
berichten, bei denen ich im Vorwege<br />
davon ausging, es ihm wesentlich mühevoller<br />
aus der Nase ziehen zu müssen.<br />
So deckten mehrfach die Antworten<br />
auf eine Frage schon die eigentlich<br />
später vorgesehenen Fragen mit ab<br />
Sebastian Bayer<br />
als Leichtathlet<br />
So schilderte Sebastian mir seinen<br />
Weg zum Spitzenleichtathleten als einen<br />
nicht vorhergesehenen. Auch Sebastian<br />
spielte zunächst – wie sein Vater und<br />
viele seiner Freunde – Fußball.<br />
Nebenbei ging er zusätzlich zur<br />
Leichtathletik, wo er zunächst als Mehr-<br />
kämpfer startete. Bei jenen Mehrkämpfen<br />
stellte sich dann schnell heraus,<br />
dass die Leistungen im Weitsprung<br />
überdurchschnittlich waren, und so<br />
spezialisierte sich Sebastian darauf. In<br />
den Blickpunkt geriet Sebastian erstmals<br />
2003, als er überraschend als damals<br />
16-jähriger den Titel des Deutschen<br />
Juniorenmeisters errang.<br />
Die Wege zum<br />
Spitzenleichtathleten<br />
sind lang und muhsam!<br />
So berichtet Sebastian mir, dass -<br />
anders als beim Fußball - man bis zum<br />
18. Lebensjahr quasi auf sich alleine<br />
gestellt ist. Die Förderung beginnt erst<br />
dann zu greifen.<br />
Bis dahin gibt es kein professionelles<br />
Umfeld und Betreuerteam, das einen<br />
als Jugendlichen vor den Versuchungen<br />
des Alltages schützt. Gerade bei weni-<br />
45
ger populären Sportarten fehlt in der<br />
Jugendzeit von 15-17 Jahren dann oftmals<br />
das Verständnis bei Freunden,<br />
doch „nur“ wegen Weitsprungtraining<br />
ein Fest sausen zu lassen. Aber genau<br />
in diesem Alter beginnt die Phase, in<br />
der man die größte Entwicklung vollführt.<br />
Denn die höchste und entscheidende<br />
Hürde stellt der Sprung in den<br />
Herrenbereich dar, an der die meisten<br />
hochtalentierten Athleten scheitern<br />
Wie schnell läufst Du<br />
die 100m<br />
Vor Wettkämpfen finden solche Läufe<br />
nicht mehr statt, so dass eine wirklich<br />
gemessene Zeit aus dem Trainingslager<br />
irgendwann mal mit 10,70 Sekunden<br />
genommen wurde. Würde man die Geschwindigkeit<br />
des Anlaufes beim Wettkampf<br />
hochrechnen, wäre die Zeit wohl<br />
etwa 10,50 Sekunden auf 100m.<br />
Bei allen Deinen Erfolgen,<br />
welcheR war für Dich der<br />
GröSSte<br />
Grundsätzlich will ich keinen Erfolg<br />
missen! Aber sportlich der größte Erfolg<br />
war sicherlich der Hallen-Europameistertitel<br />
2009 mit dem Hallen-Europarekord.<br />
Ein perfekter Sprung, an den<br />
ich mich mein Leben lang zurück<br />
erinnern werde.<br />
Der fünfte Platz bei den Olympischen<br />
Spielen 2012 in London gehört<br />
ebenfalls dazu, zugleich war es aber<br />
auch vielleicht meine größte Enttäuschung.<br />
Es ist eine unheimlich beeindruckende<br />
und unvergessliche Erfahrung,<br />
die Spiele als Aktiver mit zu<br />
erleben und im Wettkampf um die<br />
Medaillen zu kämpfen. Enttäuschend<br />
war es dennoch deswegen, weil gerade<br />
mal zwei Zentimeter gefehlt haben, um<br />
am Ende auf das Treppchen zu steigen.<br />
Die EM in Zürich, sicherlich eine<br />
Enttäuschung. Kannst Du Dir<br />
mittlerweile erklären, was da<br />
passiert ist<br />
Das musste gar nicht großartig<br />
analysiert werden. Ich wusste sofort<br />
nach dem Wettkampf, woran es gemangelt<br />
hat, was falsch gelaufen ist. Ich<br />
bin jedoch nicht der Typ, Entschuldigungen<br />
zu suchen und diese dann<br />
vorzuschieben. Unter dem Strich<br />
bin ich verantwortlich, dass ich meine<br />
Leistung nicht abrufen konnte.<br />
Auf Deiner Internetseite steht,<br />
Du seist Personal Trainer!<br />
Kann man Dich buchen<br />
Ja, stimmt. Ich bin ausgebildeter<br />
Personal Trainer, aber aktuell nicht als<br />
solcher tätig. Es passt momentan einfach<br />
zeitlich nicht.<br />
Sportforderung & Leben<br />
eines Spitzenathleten<br />
Beim Thema Sportförderung offenbart<br />
Sebastian seinen aufrechten Charakter<br />
und erklärt die Schwierigkeit<br />
vieler Sportler, die als A-Kader-Athleten<br />
eine nur geringe monatliche Förderung<br />
erhalten.<br />
Er blüht regelrecht auf beim Gespräch<br />
über die Deutsche Sportlotterie,<br />
die Robert Harting ins Leben gerufen<br />
hat, um gerade den am Existenzminimum<br />
lebenden Spitzensportlern eine<br />
bessere finanzielle Unterstützung zukommen<br />
zu lassen. Die Bestrebungen<br />
Hartings finden bei Sebastian absolute<br />
Zustimmung!<br />
Er ist nicht der Typ, der klagt, insbesondere,<br />
da er sich seinen Sport<br />
selbst ausgesucht hat. Trotzdem erklärt<br />
er mir anschaulich, dass die Entlohnung<br />
für den Aufwand, der betrieben<br />
wird, manchmal stark unverhältnismäßig<br />
ist, vor allem im Vergleich mit anderen<br />
Profisportarten.<br />
Dankbar schiebt Sebastian nach,<br />
dass seine Sportler-Karriere ohne die<br />
Unterstützung seiner Eltern so nicht<br />
möglich gewesen wäre!<br />
Über etwaige PR-Aktionen hat Sebastian<br />
nie nachgedacht, denn auf<br />
Authentizität legt Sebastian großen<br />
Wert.<br />
Auf Nachfrage schildert Sebastian<br />
mir den beruflichen Alltag eines<br />
Sportsoldaten mit seinem Trainingsplan,<br />
den er einzureichen hat.<br />
Sebastian Bayer<br />
und der <strong>HSV</strong><br />
Sebastians<br />
Trainingsplan<br />
Grob beschrieben besteht<br />
dieser aus folgenden<br />
Einheiten:<br />
MoNTAG<br />
früh<br />
2 - 2 ½ h<br />
Krafttraining<br />
mittag<br />
2 h<br />
Explosivitätstraining<br />
Dienstag<br />
2 h<br />
Sprünge<br />
Mehrfachsprünge<br />
Mittwoch<br />
2 - 2 ½ h<br />
Läufe / Tempoläufe<br />
Ausdauerläufe<br />
SchnellkraftAusdauer<br />
Donnerstag<br />
2 - 2 ½ h<br />
Krafttraining<br />
Samstag<br />
2 h<br />
Sprints<br />
Sebastians Weg als geborener Aachener<br />
zum <strong>HSV</strong> ist weniger geheimnisvoll,<br />
als man es erwarten könnte. So<br />
offenbart Sebastian dem <strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>,<br />
dass seine damalige Partnerin eine<br />
Hamburgerin war, und er sich daher<br />
des Öfteren hier aufhielt. Oliver Voigt,<br />
der Leichtathletik- Abteilungsleiter,<br />
sprach ihn ganz einfach an, bemühte<br />
sich um ihn und erarbeitete ein Konzept,<br />
wie der Spitzensport im <strong>HSV</strong> besser<br />
aufgestellt werden könnte.<br />
Glücklicherweise überzeugte dieses<br />
Konzept den damaligen Vorstandsvorsitzenden<br />
Bernd Hoffmann, der seiner<br />
„Verpflichtung“ zustimmte. Seitdem<br />
geht Sebastian mit der Raute auf der<br />
Brust auf Titeljagd.<br />
Nach eigener Aussage liebt Sebastian<br />
es, mit der Raute aufzulaufen. Mit<br />
Schmunzeln unterstelle ich Ihm, dass<br />
er dies ja nun sagen müsse, doch mit<br />
Enthusiasmus in den Augen widerlegt<br />
er meinen Vorwurf. Ihm bedeute es eine<br />
Menge, mit einem Wappen aufzulaufen,<br />
das - egal wo er auftaucht - erkannt<br />
und geschätzt wird. Es gebe viele hervorragende<br />
Sportvereine, die gerade<br />
in der Leichtathletik Beachtliches leisten,<br />
doch die <strong>HSV</strong>-Raute ist für ihn etwas<br />
ganz Besonderes.<br />
Gerade beim Thema Raute und <strong>HSV</strong><br />
angekommen schildert mir Sebastian,<br />
wie er den Stellenwert des <strong>HSV</strong> in Hamburg<br />
wahrnimmt. „Groß! Enorm groß“<br />
ist seine spontane Reaktion und schiebt<br />
als Beispiel das Relegationsspiel nach.<br />
So wohnte er diesem Spiel im Stadion<br />
bei und hatte 20 Minuten lang<br />
eine Gänsehaut.<br />
Denn obwohl die Mannschaft damals<br />
seit langer Zeit sportlich weit<br />
hinter den eigenen Möglichkeiten<br />
agierte, feuerten 57 000 Leute unentwegt<br />
ihre Mannschaft an und versuchten,<br />
sie nach vorne zu peitschen, weil<br />
sie diesen Verein so lieben.<br />
Er selber fühlt sich dem <strong>HSV</strong> sehr<br />
verbunden, so hat er gerade seinen<br />
Vertrag bis 2016 verlängert. Somit wird<br />
Sebastian, so er denn die sportlichen<br />
Normen erfüllt, als <strong>HSV</strong>er bei den Olympischen<br />
Spielen in Rio an den Start<br />
gehen.<br />
Zudem wird man Ihn zukünftig<br />
häufiger in Norderstedt antreffen können,<br />
weil er die Trainerteams der NWLZ-<br />
Mannschaften als Athletiktrainer ergänzen<br />
wird.<br />
Ansonsten betrübt sich sein Blick<br />
etwas, als wir über die Situation des<br />
<strong>HSV</strong> zu sprechen kommen. Der <strong>HSV</strong> und<br />
sein Umfeld stehen sich aus seiner Sicht<br />
oftmals selber im Wege. Dabei ist er sich<br />
sicher, dass, wenn alle einen Weg verfolgen<br />
würden, eine Stadt wie Hamburg<br />
im Sport deutlich besser dastehen könnte<br />
und der <strong>HSV</strong> sei nun mal DAS Aushängeschild<br />
des Hamburger Sportes.<br />
Außerdem macht Sebastian als Problem<br />
aus, dass im Umfeld viel zu selten<br />
die positiven Ansätze und Tendenzen<br />
hervorgehoben werden und stattdessen<br />
auf den negativen Dingen zu sehr<br />
herumgeritten werde. Ewig negative<br />
Kritik setzt sich nach seiner Auffassung<br />
irgendwann im Kopf fest.<br />
Das Thema Ausgliederung wurde<br />
in Kreisen der Leichtathleten auch kräftig<br />
diskutiert. Letztendlich sieht Sebastian<br />
die Ausgliederung als unumgänglich<br />
an und hat auch dafür gestimmt.<br />
Mit den nun handelnden Personen<br />
verbindet er große Hoffnungen.<br />
So wünscht sich Sebastian mehr<br />
Nachhaltigkeit, Vertrauen und Geduld<br />
mit den Herren Zinnbauer und Beiersdorfer.<br />
Nach knapp zwei Stunden verabschiede<br />
ich mich von Sebastian und<br />
bedanke mich für die Zeit, die er sich<br />
für den <strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong> genommen hat.<br />
Mit einem Zwinkern bittet mich<br />
Sebastian dann noch, seinen Freund Dr.<br />
Wolfgang Klein zu grüßen. Dr. Wolfgang<br />
Klein war Halter des Hamburger Rekordes<br />
in Weitsprung, den ihm dann Sebastian<br />
abnahm. Seitdem verbindet<br />
beide eine freundschaftliche „Hassliebe“.<br />
Mit vielem Dank<br />
Sven Dabelstein<br />
46<br />
Einsicht
ALLES<br />
NEU<br />
in der AG<br />
MASTER<br />
<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong><br />
FONTS<br />
Fußball<br />
BEISPIEL<br />
<br />
ALLES<br />
NEU<br />
Text: Carsten Gerloff<br />
in der AG<br />
Stilmittel im Heft ist die gemischte Verwendung von beiden Headline-Schriften – ist aber kein MUSS<br />
Die Charis hat nur einen Bold-Schnitt, keinen Black-Schnitt.<br />
Falls ein dickerer Schnitt benötigt wird, musss gemogelt werden.<br />
Eine (leichte und je nach Schriftgröße angepasste) Kontur hilft.<br />
Wir möchten uns in dieser Ausgabe mit dem leider<br />
immer noch vorhandenen Thema der Homophobie im Fußball<br />
– auf dem Platz und auf den Rängen – befassen.<br />
Wir sind uns bewusst, dass es sich hierbei um ein sehr großes, sicher nicht mit<br />
einem Bericht „abhandelbares“ Thema handelt, aber wir wollen auch in<br />
dieser Zeitung Denkanstöße geben, damit wir in möglichst naher Zeit die Homophobie<br />
aus den Stadien und von den Plätzen verbannen können.<br />
Dazu haben wir ein Interview mit MARCUS WIEBUSCH, dem Sänger/Autor und<br />
Regisseur von „DER TAG WIRD KOMMEN“ geführt. Außerdem stellen wir Euch auch<br />
den <strong>HSV</strong> Fanclub „VOLKSPARKJUNXX“ vor und freuen uns über den Beitrag<br />
„DAS MISSVERSTÄNDNIS VOM COMING OUT “ von ALEXANDER VON BEYME.<br />
47 umsicht
umsicht<br />
ES WIRD EIN<br />
SONNIGER<br />
DIENSTAG IM<br />
HERBST SEIN!<br />
AUTOR: Carsten Gerloff<br />
Foto: Andreas Hornoff<br />
Woher hast Du die Ideen und die Infos<br />
für den Song „Der Tag wird kommen“<br />
bekommen<br />
Marcus Wiebusch: Ich besuche seit<br />
über 25 Jahren die Heimspiele meines<br />
Vereins (FC St. Pauli) und sitze dort<br />
seit vielen Jahren neben meinem Bruder,<br />
der homosexuell ist, und wir<br />
haben immer schon über das Thema<br />
diskutiert.<br />
Entscheidend war aber ein Gespräch<br />
mit einem Sportjournalisten, der mir<br />
von homosexuellen aktiven Profis<br />
berichtete und dem Höllenleben, das<br />
diese führen. Dann habe ich halt im<br />
September 2013 damit angefangen<br />
zu recherchieren, mit weiteren Journalisten<br />
geredet und so den Text aus<br />
insgesamt 5 Quellen erarbeitet.<br />
Eine große Hilfe war dabei auch unser<br />
Ex-Präsident Corny Littmann, der<br />
- als der Text dann fertig war - nochmal<br />
bestätigt hat, was ich in dem Text<br />
raushaue.<br />
Wie waren die Reaktionen der Vereine<br />
und der Fanbeauftragten auf Deine<br />
Anfrage, ob Fans in dem Kurzfilm mitspielen<br />
und so Flagge gegen „Homophobie“<br />
zeigen wollen<br />
Es war ganz unterschiedlich. Viele<br />
Vereine haben sofort Unterstützung<br />
zugesagt, andere Vereine waren zurückhaltender,<br />
und einige wenige<br />
haben sich gar nicht gemeldet. Für<br />
einige Vereine war es scheinbar ein<br />
Problem, dass sie glaubten, dass nicht<br />
genug Fans mitmachen würden und<br />
dass das dann nicht gut aussieht. Mir<br />
war und ist es aber viel wichtiger,<br />
dass Fans Flagge zeigen, und wenn<br />
es am Anfang wenige sind, so sind<br />
sie doch da, haben eine Haltung und<br />
stehen für ihre Meinung auch in Verbindung<br />
mit ihrem Verein.<br />
Beim <strong>HSV</strong> war es spannend, weil ich<br />
feststellte, dass der Fanbeauftragte<br />
ein Bekannter aus alten Punk-Zeiten<br />
war. Hier hat die Organisation sehr<br />
gut geklappt, auch wenn am Ende<br />
nur 6 Fans beim Dreh dabei waren.<br />
Aber wie gesagt, es kommt nicht auf<br />
die Zahl an.<br />
48
umsicht<br />
Foto: Witters<br />
DAS KANN<br />
NUR AUS<br />
DER KURVE<br />
SELBER<br />
KOMMEN.<br />
MARCUS<br />
WIEBUSCH<br />
Marcus Wiebusch ist ein deutscher<br />
Sänger, Gitarrist und Songwriter,<br />
Frontmann der Indie-Rock-Band<br />
Kettcar und Mitgründer des Independent-Labels<br />
Grand Hotel van Cleef<br />
(www.ghvc.de).<br />
Wie waren die Reaktionen auf das Lied<br />
und das Video<br />
Marcus: Die Reaktionen waren sehr<br />
positiv. Es haben tatsächlich alle Erstligisten<br />
das Video über ihre Facebook<br />
Seiten verlinkt, auch die, die nicht<br />
am Dreh beteiligt waren.<br />
Was meinst Du können Vereine und<br />
Fans tun, damit wir schnellstmöglich<br />
die Homophobie aus den Stadien verbannen<br />
können<br />
Meine Hoffnungen ruhen da eher auf<br />
den Fans, als auf den Funktionären<br />
auf Vereinsseite. Man kann von Fanseite<br />
unwürdige, rassistische Zustände<br />
wie zum Beispiel, dass Affenlaute<br />
ertönen, wenn ein schwarzer Spieler<br />
am Ball ist, in den Griff kriegen. Und<br />
genauso kann man eine Haltung zeigen,<br />
wenn Idioten ihre homophoben<br />
Tiraden raushauen. Das kann nur aus<br />
der Kurve selber kommen und da<br />
geregelt werden. Und wie ich in meinem<br />
Song ja auch sage, den meisten<br />
Fans ist es ja auch vollkommen egal,<br />
ob jemand schwul ist oder nicht. Die<br />
wollen nur Leistung sehen.<br />
Wichtig ist auch zu erkennen, dass<br />
in dem Spannungsfeld „Homosexualität<br />
und Fußball“ einiges im Wandel<br />
ist. Es gibt mittlerweile bei jedem Bundesligisten<br />
mindestens einen lesbisch/<br />
schwulen Fanclub, was vor 10 Jahren<br />
noch undenkbar war. Viele Ultra-Gruppen,<br />
die sich gegen jede Art von Diskriminierung<br />
einsetzen, setzen mittlerweile<br />
deutliche Signale gegen<br />
Homophobie im Fußball.<br />
In München gibt es z.B. Kooperationen<br />
zwischen Schickeria und<br />
QUEERPASS BAYERN, um Choreos<br />
und gemeinsame Aktionen zu machen.<br />
Von den Vereinen müssen klare<br />
Ansagen kommen, falls es in Teilen<br />
des Vereins zu homophoben Aussagen<br />
kommt. Hier darf es nicht mehr zu<br />
Äußerungen wie von Rudi Assauer<br />
vor ein paar Jahren kommen 1) , und<br />
dann keine klare Linie des Vereins<br />
dazu geben.<br />
In der Gesellschaft ist der Wandel weg<br />
von der Homophobie im vollen Gange<br />
und auf einem guten Weg, wann glaubst<br />
Du wird es im Fußball so sein<br />
Ich kann hier keinen Zeitraum nennen,<br />
ich kann nur so viel sagen, dass<br />
der Song nicht als Aufforderung gedacht<br />
ist, dass sich homosexuelle<br />
Fußballer JETZT outen sollen und<br />
müssen. Das ist eine Sache, die jeder<br />
für sich ausmachen müsste. Das Beste<br />
wäre es gewesen, wenn sich nach<br />
dem Titelgewinn im Sommer 2-3 Spieler<br />
hingestellt hätten und gesagt hätten:<br />
Wir sind Weltmeister und schwul.<br />
In einer Gruppe wäre es sicher leichter,<br />
mit dem auf alle Fälle entstehenden<br />
Druck klar zu kommen.<br />
Und die obligatorische Schlussfrage,<br />
wann wird der Tag kommen<br />
Dann auch die obligatorische Antwort:<br />
Es wird ein sonniger Dienstag<br />
im Herbst sein, ich weiß aber nicht<br />
in welchem Jahr.<br />
1)<br />
Rudi Assauer hatte sich gegenüber dem<br />
‚Express‘ 2010 dahingehend geäußert, dass<br />
schwule Profis sich eine andere Aufgabe<br />
suchen sollten, weil das im Profifußball<br />
nicht funktioniere.<br />
Im Frühjahr dieses Jahres erschienen<br />
der Song und der Kurzfilm „Der Tag<br />
wird kommen“, der sich mit dem<br />
Thema Homophobie im Fußball<br />
beschäftigt.<br />
49
Das Missverstandnis<br />
'‘<br />
vom coming out<br />
Schwul, na und So ganz normal ist das immer noch nicht<br />
geworden, und schon gar nicht im Fußball. Anfang des<br />
Jahres hat das Coming Out von Thomas Hitzlsperger noch<br />
Riesenwellen geschlagen. Regenbogenfähnchen in den<br />
Stadien, ja, die gibt es. Aber bisher gibt es keinen aktiven<br />
Fußball-Profi, der es Hitzlsperger nachgetan hat.<br />
Text: Alexander von Beyme<br />
Coming Out, warum eigentlich<br />
Ist das nicht überflüssig, weil<br />
die sexuelle Orientierung sowieso<br />
egal ist An diesem<br />
Begriff klebt ein großes Missverständnis<br />
– und das ist einer der<br />
Gründe, warum der Weg zur Normalität<br />
noch so weit ist.<br />
Noch lange vor dem ZEIT-Interview<br />
von Thomas Hitzlsperger hat Fußball-Trainer<br />
Peter Neururer in einer<br />
Talkshow gesagt: „Das Problem ist die<br />
Tatsache selber, sich zu outen. Ich laufe<br />
ja auch nicht rum und sage jedem:<br />
‚Ich bin hetero.‘ Wen interessiert denn<br />
meine Sexualität Vollkommen uninteressant.“<br />
Er hat es wohl nett gemeint,<br />
er offenbart aber auf der anderen Seite,<br />
warum sich diese Diskussion seit<br />
Jahren im Kreis dreht. Zu unterschiedlich<br />
sind die Vorstellungen, was mit<br />
Outen überhaupt gemeint ist.<br />
DFB-Präsident Niersbach hat die<br />
volle Unterstützung des Verbandes<br />
angeboten, „sollte sich ein Spieler öffentlich<br />
als homosexuell outen“ wollen.<br />
Was für Bilder hat er wohl in seinem<br />
Kopf Dass da einer in der Pressekonferenz<br />
in Frankfurt auf dem Podium<br />
sitzt und seine Homosexualität hinausschreit<br />
Das scheint das große Missverständnis<br />
in dieser Debatte zu sein:<br />
Wer schwul ist, will eben nicht<br />
mit großem Knall an die<br />
Öffentlichkeit<br />
– und erst recht nicht in einem Umfeld,<br />
das im Ruf steht, so intolerant zu sein<br />
wie der Profi-Fußball. Er will einfach<br />
nur sein Leben leben und dafür das<br />
Vertrauen in seiner unmittelbaren Umgebung<br />
spüren. Der schwule Fußballer<br />
will von seinem Partner vom Training<br />
abgeholt werden. Er will in der Kabine<br />
über die neusten Hollywood-Blockbuster<br />
mitreden und sagen können: „Super-Film,<br />
habe ich neulich mit meinem<br />
Freund schon gesehen.“ Und er will,<br />
dass der Verein nach dem Champions-League-Sieg<br />
einen Platz beim<br />
Bankett freihält für den Menschen, den<br />
er liebt. Was heißt es nun, dass sich<br />
schwule Profi-Fußballer bisher so versteckt<br />
haben Das heißt, dass sie die<br />
Atmosphäre im Verein so unberechenbar<br />
empfinden, dass sie lieber nichts<br />
von sich preisgeben. Ja, es ist erst mal<br />
ein atmosphärisches Problem in den<br />
Vereinen, und kein Problem, dass zu<br />
wenige Spitzenfunktionäre die Fans zur<br />
Raison gerufen haben.<br />
Sich zu „outen“, ist ein langsamer<br />
Prozess. Dafür muss man kein Prominenter<br />
sein. Jeder Teenager wird erst<br />
mal genau beobachten, wie seine Eltern<br />
50<br />
Foto: Witters<br />
umsicht
Fotos: Witters<br />
auf Fernsehberichte zum Christopher-Street-Day<br />
reagieren, bevor er sich<br />
ihnen anvertraut. Am neuen Arbeitsplatz<br />
heißt es erst mal Ohren spitzen,<br />
wie die Kollegen über Ricky Martins<br />
spätes Bekenntnis reden. Das sind diese<br />
positiven Signale aus der direkten<br />
Umgebung, auf die jeder Schwule wartet,<br />
der Angst vor Diskriminierung hat.<br />
Im Alltag des Profi-Fußballers gibt es<br />
diese Signale offenbar nicht.<br />
So gut es der DFB-Präsident meint:<br />
Das Hilfsangebot nützt keinem verunsicherten<br />
schwulen Fußball-Profi. Im<br />
Gegenteil: Wer sowieso frustriert ist<br />
vom ewigen Versteckspiel, der könnte<br />
Niersbachs Statement auch ganz anders<br />
interpretieren:<br />
„Lieber Schwuler, Du brauchst<br />
Hilfe, die gebe ich Dir gerne,<br />
aber erst mal bist Du ein Problem.“<br />
Nicht gerade ermutigend. Was würde<br />
denn stattdessen helfen Das ist ein<br />
ganz langer Weg und wird die Vereine<br />
viel Überwindung kosten. Die Clubs<br />
müssen dauerhaft im Alltag immer<br />
wieder unter Beweis stellen, dass sie<br />
es ernst meinen mit ihrer Offenheit.<br />
Und geduldig ins Blaue hinein daran<br />
weiter arbeiten, ohne zu wissen, ob<br />
überhaupt einer der eigenen Spieler<br />
schwul ist. So wie der Teenager seine<br />
Eltern bei der Reaktion auf die Fernsehreportage<br />
über Schwule beobachtet,<br />
müssen homosexuelle Fußballer<br />
Situationen miterleben, in denen sich<br />
der Verein in irgendeiner Weise positiv<br />
zum Thema verhält.<br />
Das darf kein PR-Stunt für Toleranz<br />
werden.<br />
Die Vereine müssen vor allem einsehen,<br />
dass sie dabei nach innen wirken und<br />
ihr Engagement bei den eigenen Angestellten<br />
ankommt. Sie können mit<br />
den zahlreichen schwulen Fanclubs<br />
zusammenarbeiten, in ihrer Geschäftsstelle<br />
geoutete Homosexuelle einstellen,<br />
Nachwuchsturniere mit Trägern der<br />
schwul-lesbischen Jugendarbeit veranstalten,<br />
und und und.<br />
Es muss ja nichts Großes sein, aber<br />
nach vielen kleinen Aktiönchen wird<br />
ein ungeouteter Profi Vertrauen in die<br />
Clubführung fassen, Rückhalt spüren<br />
OBEN v. links: Oliver Scheel,<br />
Tjark Woydt, Jana Schiedek,<br />
Alexander v. Beyme,<br />
Björn F. Augsten und Claudia<br />
Wagner-Nieberding.<br />
UNTEN: Thomas Hitzlsperger<br />
und sich langsam aus der Deckung<br />
wagen. Es können noch so viele<br />
DFB-Präsidenten und Bundeskanzlerinnen<br />
zu mehr Toleranz aufrufen, ohne<br />
diese Basisarbeit wird sich nichts ändern.<br />
Die beiden Hamburger Profi-Vereine<br />
machen es vor. Lange Zeit hatte der<br />
FC St. Pauli zumindest nach außen hin<br />
das Image, auf diesem Gebiet etwas<br />
aktiver zu sein, aber auch der <strong>HSV</strong> bewegt<br />
sich seit vielen Jahren: Marinus<br />
Bester hat bei der Siegerehrung eines<br />
Hallenfußball-Turniers des schwul/lesbischen<br />
Sportvereins Startschuss gesprochen,<br />
die schwul-lesbische Fußball-Europameisterschaft<br />
2015 wird auf<br />
der Anlage in Norderstedt ausgetragen<br />
und Lasse Sobiech stand der Zeitung<br />
„DIE WELT“ gemeinsam mit Jens Kuzel<br />
von den Volksparkjunxx (schwul-lesbischer<br />
<strong>HSV</strong>-Fanclub) für ein Interview<br />
über Homophobie zur Verfügung. Vielen<br />
sonst mag das gar nicht auffallen.<br />
Aber falls es im <strong>HSV</strong> oder dessen Umfeld<br />
Spieler oder Mitarbeiter gibt, die noch<br />
mit einem Coming Out kämpfen: Sie<br />
haben damit wichtige Mutmacher und<br />
Signale.<br />
Ach ja, was die Fans und befürchtete<br />
Pöbeleien angeht: Auch ein schwuler<br />
Sportler hat entsprechenden Ehrgeiz.<br />
Mit genug Unterstützung vom<br />
Verein wird er sagen können: „Das<br />
ganze Stadion wird gegen mich sein.<br />
Etwas Schöneres gibt es gar nicht.<br />
Der Autor Alexander von Beyme ist<br />
Journalist und bloggt unter<br />
www.alexandervonbeyme.net.<br />
Der 38-Jährige leitet er das Orga-Team<br />
der schwul-lesbischen Fußball-Europameisterschaft<br />
2015 in Hamburg. Mehr<br />
Infos dazu unter<br />
www.euro2015hamburg.com.<br />
<strong>SCHNACK</strong>ER<br />
Nicht die erste Elf – dafür aber die Startelf oder einfach elf Gesichter hinter<br />
den Beiträgen ...<br />
<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>ER<br />
Jens Kochte<br />
Woher: Hamburg<br />
Was:<br />
Redaktion & Gedöns<br />
Sonstiger Sport: Baseball<br />
Einlaufhymne: Guns N‘Roses<br />
– Paradise City<br />
DAS Heimspiel: 03.05.97 vs. Werder 3 : 2<br />
<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>ER<br />
Michael Greve<br />
Woher: Limburg<br />
Was:<br />
Lektorat & Essayistik<br />
Sonstiger Sport: Gedankenakrobatik<br />
Einlaufhymne: Judas Priest<br />
– United<br />
DAS Heimspiel: 04.04.79 vs. K‘lautern 3 : 0<br />
Ansgar Tasche<br />
Woher: Bad Oldesloe<br />
Was:<br />
Redaktion & Lektorat<br />
Sonstiger Sport: Was anderes als Fußball<br />
Warum <strong>HSV</strong>: Durch meine Kinder<br />
richtigen Pfad gefunden<br />
DAS Heimspiel: 04.10.14 vs. Dortmund 1:0<br />
<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>ER<br />
Tommy Cosmo<br />
Woher: Hamburg<br />
Was:<br />
Redaktionskäptn<br />
Einlaufhymne: Queen<br />
– We will rock you<br />
DAS Heimspiel: 24.09.05 vs. Bayern<br />
verbunden mit 20.000 l Freibier für uns<br />
Manu Gerick<br />
Woher: Schleswig-Holstein<br />
Was:<br />
Redaktion<br />
<strong>HSV</strong> Mitglied: leidgeprüft seit 2010 ;-)<br />
Einlaufhymne: alles außer „<strong>HSV</strong><br />
forever“, gerne fetzig<br />
DAS Heimspiel: 2009 vs. Werda gewonnen<br />
Kai Bojens<br />
Woher: Harsefeld<br />
Was:<br />
Redaktion<br />
Sonstiger Sport: Golf im Fernsehen<br />
Einlaufhymne: Metallica<br />
– For Whom The Bell Tolls<br />
Letztes Heimspiel: Apr 2014 vs. LEV 2 : 1<br />
<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>ER<br />
Carsten Gerlof<br />
Woher: Hamburg<br />
Was:<br />
Redaktion<br />
Einlaufhymne: Survivor<br />
– Eye of the Tiger<br />
DAS Heimspiel: vs. Juve 4 : 4 und mein<br />
erstes 30.08.80 vs. Wormatia Worms 11:1<br />
Thomas Pundrich<br />
Woher: Altona<br />
Was:<br />
Redaktionspraktikant<br />
Sonstiger Sport: Haltungsturnen<br />
Einlaufhymne: John Williams<br />
„The Imperial March from The Empire ...“<br />
e.V oder AG: e.V und AG<br />
Alex Bierhaus<br />
Woher: Hamburg<br />
Was:<br />
Admin. & Fotoredaktion<br />
Einlaufhymne: Fat Boy Slim<br />
– Right here, right now<br />
DAS Heimspiel: Gibt‘s nicht – jedes Mal<br />
wieder Gänsehaut<br />
<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>ER<br />
Lenni Freiesleben<br />
Woher: Hamburg<br />
Was:<br />
Redaktion<br />
Warum <strong>HSV</strong>: Schulhofvirus<br />
Einlaufhymne: Chemical Brothers<br />
– Leaving home<br />
DAS Heimspiel: 11.02.96 vs. Bayern 2 : 1<br />
<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>ER <strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>ER <strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>ER<br />
<strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>ER <strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>ER <strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong>ER<br />
Sven Dabelstein<br />
Woher: Hamburg<br />
Was:<br />
Amateursport<br />
Sport:<br />
Fußball<br />
Einlaufhymne: Dimple Minds<br />
– Durstige Männer<br />
Mannschaft: 2. Senioren<br />
51 umsicht
C OFC OFC OFC OFC<br />
OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc o<br />
C OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc O<br />
OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc<br />
C OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc OFC OF<br />
OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc<br />
FC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc OFC OF<br />
OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc<br />
FC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc OFC OF<br />
OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc<br />
FC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc OFC O<br />
OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc<br />
FC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc OFC O<br />
C OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc<br />
OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc OFC O<br />
C OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc<br />
OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc OFC O<br />
C OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc of<br />
OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc OFC<br />
C OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc of<br />
OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc OFC<br />
FC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc of<br />
OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc o<br />
FC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc of<br />
C OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc<br />
FC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc o<br />
OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc<br />
OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc o<br />
C OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc OFC<br />
OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc o<br />
OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc OFC<br />
ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc<br />
Einsicht<br />
52<br />
VOLKSPARK<br />
Auch wir sind einer der<br />
zahlreichen offiziellen<br />
Fanklubs des <strong>HSV</strong>.<br />
Die besondere<br />
Schreibweise unseres<br />
Namens erklärt sich später im Text.<br />
Aus 4 Gründungsmitgliedern im Jahre<br />
2011 sind zwischenzeitlich 14 Fanclubmitglieder<br />
geworden. Wir agieren<br />
mit einem 3-köpfigen Sprecherrat,<br />
aber die wesentlichen Entscheidungen<br />
werden durch Mehrheitsbeschluss<br />
aller Mitglieder getroffen.<br />
STAMMTISCH &<br />
RUDELGUCKEN<br />
Dazu nutzen wir<br />
unseren regelmäßigen Stammtisch an<br />
jedem ersten Dienstag eines Monats<br />
in der Klimperkiste (Esplanade Hamburg),<br />
standesgemäß ist dieser mit<br />
unserem eigens gestaltetem Fanclubwimpel<br />
gekennzeichnet. Heimspiele<br />
werden gemeinsam in der Arena angeschaut<br />
und zu den Auswärtsspielen<br />
gibt es unser „Rudelgucken“ mitten auf<br />
St. Georg im Café Grüneberg. Auch dort<br />
haben wir unsere Stammplätze, die mit<br />
unserem eigenen Fanclubschal deutlich<br />
gekennzeichnet sind.<br />
Das interessante an unserer Gruppe<br />
ist sicherlich auch, dass zwischenzeitlich<br />
regelrechte Freundschaften entstanden<br />
sind, und diese dazu führen, dass selbst<br />
abseits des Fanclubs private Unternehmungen<br />
bis hin zu gemeinsamen Urlauben<br />
einzelner Mitglieder keine Seltenheit<br />
mehr sind.<br />
Zudem veranstalten wir Grillabende<br />
oder unternehmen gemeinsam<br />
Theater- bzw. Konzertbesuche, ja sogar<br />
ein Wochenende auf Sylt haben wir im<br />
Frühjahr dieses Jahres gemeinsam verbracht.<br />
Auch die erst kürzlich beigetretenen<br />
Mitglieder fühlen sich schnell<br />
integriert.<br />
WAS UNTER-<br />
SCHEIDET UNS<br />
Soweit nichts Ungewöhnliches. Der<br />
geneigte Leser fragt sich nun vielleicht,<br />
was uns unterscheidet von allen ande-<br />
ren OFCs Nun, wir sind der einzige<br />
Fanclub, der sich offiziell auch an Fans<br />
richtet, die schwul, bisexuell oder lesbisch<br />
sind.<br />
Das allein wäre zwar keine besondere<br />
Leistung. Aber im Fanumfeld findet<br />
das Thema wenig bis gar keine<br />
Beachtung. Und wenn, dann ist es häufig<br />
negativ besetzt, und wird als<br />
Schimpfwort (schwuler Schiri, schwule<br />
Sau) genutzt. Das kommt im Alltag vor,<br />
ob in der Schule, im Beruf oder in der<br />
Freizeit - warum sollte es ausgerechnet<br />
im Fußballstadion anders sein<br />
Oftmals sind es Vorurteile und Unsicherheiten<br />
im Umgang mit dem Thema,<br />
die gar bis zu einer ausgeprägten<br />
Homophobie führen können.<br />
FLAGGE ZEIGEN<br />
Flagge zeigen wir übrigens<br />
schon im Namen und im Logo. Denn<br />
das "doppelte x" ist unter Homosexuellen<br />
die weit verbreitete Schreibweise<br />
für ebensolche Inhalte und da die Regenbogenfarben<br />
u.A. für Frieden und<br />
Toleranz stehen, haben wir zumindest<br />
die rote und violette Farbe gewissermaßen<br />
als Klammer eingesetzt.<br />
In erster Linie sind wir Fußballfans.<br />
Aber uns liegt auch etwas<br />
daran, für eine tolerante Fankultur<br />
einzutreten, Vorbehalte abzubauen,<br />
zu informieren, aufzuklären und<br />
auf Missstände hinzuweisen.<br />
Dazu sind wir z.B. als Minderheitenvertreter<br />
aktuell auch festes Mitglied<br />
im „Ständigen Arbeitskreis Fandialog<br />
(SAF)“.<br />
Im Jahre 2012 haben wir im Heimspiel<br />
gegen den VfB Stuttgart in der<br />
Imtech Arena 38.000 Flyer ausgelegt<br />
und damit um Toleranz geworben.<br />
Regelmäßig sind wir zu unterschiedlichen<br />
Anlässen mit den lokalen Medien<br />
in Kontakt, Interviews gab es z.B.<br />
in der Hamburger Morgenpost, im<br />
Hamburger Abendblatt oder auch<br />
kürzlich einen Beitrag im NDR Fernsehen.<br />
Wir nehmen zudem regelmäßig<br />
an der Parade zum Christopher Street<br />
Day in Hamburg teil und schenken<br />
zum diesjährigen WinterPride am 09.12.<br />
(Weihnachtsmarkt Lange Reihe) bereits<br />
im 3. Jahr in Folge Glühwein aus, womit<br />
wir zum einen unsere Fanclubkasse<br />
etwas auffüllen und zum anderen über<br />
unseren Fanclub und unsere Anliegen<br />
informieren können.<br />
Wir sind zudem im Netzwerk Queer<br />
Football Fanclubs (kurz: QFF) europäischer<br />
schwul-lesbischer Fußball Fanklubs<br />
organisiert. Für die Queer Football<br />
Fanclubs steht die Toleranz für gesellschaftliche<br />
Minderheiten im Fußball<br />
an oberster Stelle. Die QFF wenden sich<br />
gegen jegliche Diskriminierung, insbesondere<br />
aufgrund der sexuellen Orientierung.<br />
Auf unserer Internetpräsenz<br />
www.volksparkjunxx.de<br />
informieren wir regelmäßig über<br />
Termine, zudem gibt es aktuelle<br />
Berichte aus dem Fanclub und Fotos.
C OFC OFC OFC OFC<br />
OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc o<br />
C OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc O<br />
OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc<br />
C OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc OFC OF<br />
OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc<br />
FC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc OFC OF<br />
OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc<br />
FC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc OFC OF<br />
OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc<br />
FC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc OFC O<br />
OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc<br />
FC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc OFC O<br />
C OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc<br />
OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc OFC O<br />
C OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc<br />
OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc OFC O<br />
C OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc of<br />
OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc OFC<br />
C OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc of<br />
OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc OFC<br />
FC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc of<br />
OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc OFC<br />
FC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc of<br />
OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc OFC<br />
FC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc o<br />
C OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc OFC<br />
OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc o<br />
C OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc OFC<br />
OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc o<br />
OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc OFC<br />
ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc<br />
Einsicht<br />
53<br />
Die <strong>HSV</strong><br />
Sitzkissenfraktion<br />
Auswarts<br />
erobert die Republik<br />
Autor: Doreen Schneider Fotos: Steffen Bredemeier<br />
VBerlin, 12.11.2014 Die<br />
<strong>HSV</strong> Sitzkissenfraktion<br />
Auswärts wurde<br />
am 26. Februar 2012<br />
gegründet und ist seit<br />
Juli 2012 ein offizieller <strong>HSV</strong> Fanclub.<br />
Heute, kaum zweieinhalb Jahre später,<br />
zählen die Sitzkissen schon 65<br />
Mitglieder deutschlandweit.<br />
Das Wörtchen „Auswärts“<br />
im Namen deutet es schon<br />
an: Die Sitzkissenfraktion<br />
ist ein überregionaler und<br />
ortsungebundener Fanclub.<br />
„Unsere Mitglieder leben in<br />
Bayern, Hessen, NRW und eigentlich<br />
in jedem Bundesland. Einzig im Saarland<br />
haben wir noch keine/n Sitzkissenfraktionär/in,<br />
das würden wir<br />
natürlich bei Interesse sofort ändern“,<br />
erläutert Gründerin und Vorstandsmitglied<br />
Doreen Schneider.<br />
Eine „typische Fankneipe“ in einer<br />
bestimmten Stadt gibt es bei der <strong>HSV</strong><br />
Sitzkissenfraktion Auswärts logischerweise<br />
nicht.<br />
Wie aber funktioniert ein<br />
ortsunabhängiger Fanclub<br />
zwischen der südlichsten<br />
Bundesligastadt Freiburg<br />
und der schönsten Stadt der<br />
Welt an der Elbe<br />
Eigentlich ganz einfach: „Wir treffen<br />
uns an den Spieltagen des <strong>HSV</strong><br />
vor den jeweiligen Stadien“, so<br />
Schneider, „das geht inzwischen bei<br />
jedem Spiel. Meist unternehmen wir<br />
auch schon vor den Spieltagen etwas<br />
zusammen. Hier organisieren die<br />
Sitzkissenfraktionäre_innen vor Ort<br />
ein kleines, aber feines Rahmenprogramm.<br />
Unsere Kommunikation<br />
findet ausschließlich über die digitalen<br />
Medien wie Facebook, Twitter<br />
oder den fanclubeigenen, aber öffentlichen<br />
Blog statt.“ Im Blog wird über<br />
den <strong>HSV</strong>, gemeinsame Fahrten und<br />
Spiele, aber auch über das aktuelle<br />
Vereinsgeschehen kritisch und objektiv<br />
berichtet.<br />
Die ‚formalen‘ Treffen stellen das<br />
Miteinander und das persönliche<br />
Kennenlernen in den Mittelpunkt,<br />
ohne dabei die Mitglieder davon auszuschließen,<br />
denen eine Teilnahme<br />
aufgrund Zeit, Entfernung oder auch<br />
einfach Kosten nicht möglich ist.<br />
"Unsere Mitgliederversammlung findet<br />
jedes Jahr zum letzten Heimspiel<br />
der Saison in Hamburg statt. Sitzkissenfraktionären_innen,<br />
die nicht vor<br />
Ort dabei sein können, bieten wir die<br />
Möglichkeit, über einen Livestream<br />
teilzunehmen und mitzudiskutieren."<br />
Schneider betont: „Wir sind stolz<br />
darauf, als wohl einziger OFC des<br />
<strong>HSV</strong> unser Präsidium nicht einfach<br />
in einer herkömmlichen Präsenzwahl<br />
zu bestimmen, sondern allen Mitgliedern<br />
die Möglichkeit einer Briefwahl<br />
einzuräumen. Wir sehen das<br />
als Ausdruck unserer clubinternen<br />
Demokratie und logische Konsequenz<br />
unserer verstreuten Gruppenstruktur.<br />
Damit sind wir unserem <strong>HSV</strong><br />
einen Schritt voraus.“<br />
Daher kann sich jedes Mitglied,<br />
unabhängig vom Wohnort, am Fanclub<br />
beteiligen und ihn mitgestalten.<br />
Abseits der Bundesliga haben wir<br />
2013 als erster Fanclub eines Bundesligisten<br />
an der 5. Deutschen Matschfußballmeisterschaft<br />
teilgenommen,<br />
haben diverse Veranstaltungen für<br />
<strong>HSV</strong>er in verschiedenen Regionen<br />
organisiert und waren Mitorganisatoren<br />
der Veranstaltung „50 Jahre<br />
auf der Uhr. Wenn nicht Hamburg,<br />
dann eben Berlin.“ anlässlich des<br />
50-jährigen Jubiläums des <strong>HSV</strong> in<br />
der Bundesliga. Für 2015 planen wir<br />
eine Auslandsreise nach London, bei<br />
der wir selbstverständlich auch einige<br />
Fußballspiele besuchen werden.<br />
Übrigens: Viele „Sitzkissen“ findet<br />
man durchaus auch im Stehblock.<br />
hsvsitzkissen<br />
fraktionauswaerts.com<br />
facebook.com/<br />
Sitzkissenfraktion<br />
twitter.com/<br />
Sitzkissenfrakt
C OFC OFC OFC OFC<br />
OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc o<br />
C OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc O<br />
OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc<br />
C OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc OFC OF<br />
OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc<br />
FC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc OFC OF<br />
OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc<br />
FC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc OFC OF<br />
OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc<br />
FC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc OFC O<br />
OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc<br />
FC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc OFC O<br />
C OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc<br />
OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc OFC O<br />
C OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc<br />
OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc OFC O<br />
C OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc of<br />
OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc OFC<br />
C OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc of<br />
OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc OFC<br />
FC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc of<br />
OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc OFC<br />
FC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc of<br />
OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc OFC<br />
FC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc o<br />
C OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc OFC<br />
OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc o<br />
C OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc OFC<br />
OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc o<br />
OFC OFC ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc OFC<br />
ofc ofc ofc ofc ofc ofc ofc<br />
Einsicht<br />
54<br />
oben links<br />
Insbesondere für den OFC –<br />
Nachwuchs war der Besuch von<br />
Heiko Westermann ein tolles Erlebnis.<br />
Heiko verteilte zahllose Autogramme<br />
und verlor dabei nie die Ruhe.<br />
unten Rechts<br />
Kein noch so ausgefallener Autogrammwunsch<br />
wurde abgelehnt. So<br />
erhielten Handyhüllen, Bücher, sogar<br />
ein Strampler, mit Baby drin ebenso<br />
einen Schriftzug, wie der Rücken von<br />
Onliner – Mitglied Gabi Weidenhagen.<br />
Mitte<br />
In Neu Wulmstorf zu Gast: Unser HW4.<br />
Etwa die Hälfte der Mitglieder im OFC<br />
<strong>HSV</strong> Onliner nutzte die Gelegenheit<br />
zum heiteren Plausch.<br />
unten Rechts<br />
Es menschelt in Neu Wulmstorf:<br />
Auch Manu mag plötzlich einen<br />
persönlichen Gruß von HW4 mit<br />
nachhause nehmen.<br />
Jedes Jahr rückt die komplette<br />
Mannschaft, inklusive<br />
Trainer, aus, um OFCs<br />
in ganz Deutschland,<br />
manchmal sogar außerhalb<br />
der Landesgrenzen, zu besuchen.<br />
In großen und in kleinen Gruppen<br />
gibt es sie nah, live und in Farbe und<br />
zum Anfassen. Auch unser OFC, die<br />
<strong>HSV</strong> Onliner, hatte sich um einen<br />
dieser Besuche beworben. Gemeinsam<br />
mit dem OFC „Die lustigen Elstorfer“,<br />
bekamen wir unsere Nr. 4 zugesagt.<br />
Heiko Westermann zum<br />
Anfassen. Mein erster Gedanke: Na<br />
gut. Das Leben ist halt manchmal<br />
kein Wunschkonzert.<br />
Oh<br />
es ist<br />
heiko“<br />
Unsere Jungs auf OFC – Tour<br />
„<br />
mein Gott,<br />
Autorin: Manuela Gerick Fotos: Manuela Jede<br />
Nein, ich war bisher beileibe kein großer Fan unserer Nr. 4.<br />
Bei jeder Startaufstellung, bei der er in der Innenverteidigung<br />
auflief, wartete ich solange, bis sein mustergültiger<br />
Quotenaussetzer hinter ihm lag. Erst danach ging es mir besser.<br />
Und genau dieser Heiko Westermann wurde unserem<br />
OFC, Anfang November, als Gast zugedacht.<br />
Als Freund(in) klarer Worte bekannt, hatten sicherlich einige<br />
meiner Mit-OFCler bereits im Vorfeld Bedenken, ob er<br />
und ich in einem Raum friedlichen Bestand haben würden.<br />
Doch es kam alles anders, als vorher gedacht…<br />
Also auf nach Neu Wulmstorf, wo<br />
eine Kaffeetafel im Nebenraum einer<br />
gemütlichen Kneipe wartete.<br />
Mit im Gepäck: zum einen sein<br />
katastrophaler Aussetzer im Pokalspiel<br />
gegen die Bayern und auf der<br />
anderen Seite ein ganz frischer Sieg<br />
gegen Leverkusen.<br />
Ups! Der is ja netter<br />
als gedacht!<br />
„Das kann dauern“, meinte jemand<br />
neben mir, „habe gehört, die<br />
verspäten sich teilweise ordentlich.<br />
Machen halt einen auf VIP…“ Überpünktlich,<br />
und genau 4 Minuten vor<br />
der Zeit, war er dann da. So unspektakulär,<br />
dass ich es nicht mal mitbekommen<br />
hatte, bahnte sich Heiko<br />
seinen Weg nach vorne, wo er - flankiert<br />
von den beiden OFC-Präsis -<br />
Platz nahm.<br />
Von der Fanbetreuung hatten die<br />
Präsis einen sogenannten „Leitfaden“<br />
bekommen, damit kein großes<br />
Schweigen aufkommt, sogar versehen<br />
mit Fragen, die man stellen konnte.<br />
Diese Tatsache brachte nicht nur<br />
mich, sondern auch Heiko zu einem<br />
zaghaften Grinsen, verbunden mit<br />
der ungläubigen Frage: „Das ist wirklich<br />
von denen, oh mein Gott“<br />
Wir brauchten den Fragenkatalog<br />
nicht. Wir fragten, frei von der Leber,<br />
nach Quotenaussetzern, Training<br />
unter Zinnbauer, Mannschaftszusammenhalt<br />
und dem Umgang mit den<br />
Fans.<br />
Ich ertappte mich laufend dabei,<br />
den Typen da vorne sympathisch zu<br />
finden. Unaufgeregt, locker und ziemlich<br />
offen beantwortete er jede Frage,<br />
gab Einblicke in die Mannschaftskabine,<br />
in sein Familienleben und versprach<br />
sogar einen Abstecher der<br />
Mannschaft zu den ansonsten vernachlässigten<br />
Fantribünen nach dem<br />
nächsten Heimspiel.<br />
Geduldig hörte er sich an, wie<br />
einige den eiligen Rückzug nach dem<br />
Training beklagten und vermittelte<br />
glaubhaft die andere Seite der Medaille:<br />
„Wenn ihr nach dem Training<br />
durch mehrere 100 Fans durchgeht,<br />
werdet ihr von allen Seiten angefasst,<br />
das kann einem schon mal auf die<br />
Nerven gehen.“<br />
Und auch das konnte ich plötzlich<br />
verstehen…<br />
Zwei Stunden vergehen<br />
wie im Flug<br />
Nach der Fragestunde folgte die<br />
Autogramm- und Fotorunde. Mit<br />
stoischer Ruhe erfüllte unser Ex-Kapitän<br />
(„Es gab damals einige Dinge,<br />
die ich so nicht mehr vertreten konnte,<br />
deshalb war die Abgabe der Binde<br />
für mich eine Erleichterung.“) alle<br />
Wünsche nach seinem Namenszug.<br />
Ob auf der Rückseite von Polos, Handys,<br />
auf den mitgebrachten Autogrammkarten<br />
oder gar auf jungen<br />
Erdenbürgern (naja, eher auf deren<br />
Stramplern), überall prangte bald<br />
eine zwar unleserliche, aber typische<br />
Westermann-Signatur. Fotos wurden<br />
gemacht und natürlich darf sich Heiko<br />
inzwischen Ehrenmitglied der<br />
Onliner nennen.<br />
Als die meisten Autogramme geschrieben<br />
und unzählige Fotos gemacht<br />
sind, gehe ich doch noch mal<br />
nach vorne. Ich hole mir eine Autogrammkarte,<br />
ein Foto und nehme die<br />
Gelegenheit wahr, ihm von meiner<br />
seltsamen Wandlung im Laufe des<br />
Nachmittages zu erzählen. Vom skeptischen<br />
Heiko-Kritiker zum positiv<br />
vom Menschen Westermann überraschten<br />
<strong>HSV</strong>-Fan.<br />
Nein, er wird nicht zu meinem<br />
absoluten Favoriten innerhalb der<br />
Mannschaft mutieren. Aber eins ist<br />
sicher: seit dem Besuch sehe ich nicht<br />
nur den Innenverteidiger, den Millionär<br />
und Fußballer, sondern auch<br />
den Liebhaber italienischen Essens,<br />
den Familienvater, den Motivator im<br />
Team, kurz: den Menschen Heiko<br />
Westermann. Den Heiko Westermann,<br />
der in seinem Strickpulli jeder<br />
Schwiegermutter ein Lächeln ins<br />
Gesicht zaubern würde.<br />
Eine sinnvolle<br />
Geschichte<br />
Für mich sind die Besuche der<br />
Spieler bei den OFCs genau aus diesem<br />
Grund ein sinnvoller Bestandteil<br />
des Zusammenlebens zwischen Fans<br />
und Mannschaft.<br />
Schnell werden auch die größten<br />
Kritiker festgestellt haben, dass die<br />
Herren Millionäre, die uns teilweise<br />
so zum Schimpfen bringen, eben auch<br />
nur Menschen sind, mit Ängsten,<br />
Sorgen, mit Alltag und einem Beruf,<br />
der sie in der Öffentlichkeit teilweise<br />
zum Abschuss freigibt. Sie werden<br />
angefasst, bedrängt, sie werden angeschrien.<br />
Es gibt Erwartungen, denen<br />
sie eben manchmal nicht nachkommen<br />
gerecht werden können.<br />
Sie haben Fehler, sie machen Fehler.<br />
Sie sind eben Menschen. Menschen,<br />
wie du und ich…<br />
P.S.: Apropos Erwartungen. Ihr<br />
erinnert euch an seine Zusage, nach<br />
dem nächsten Heimspiel auch die<br />
ansonsten eher vernachlässigte<br />
Südtribüne, gemeinsam mit der<br />
Mannschaft, zu „bejubeln“<br />
Er hat Wort gehalten! Dafür<br />
noch einen Daumen hoch,<br />
Heiko Westermann!
Interview: Michael Greve<br />
I<br />
ch konnte ein Gespräch mit Ib<br />
(sprich: Ibé) Traoré, einem <strong>HSV</strong>-<br />
Fan aus Burkina Faso führen. Ib<br />
lebt seit acht Jahren in Deutschland<br />
und ist seit kurzem verheiratet.<br />
Mit seiner deutschen Frau hat<br />
er zwei Kinder. Die Umstände unseres<br />
Gesprächs sind deutlich anders als<br />
geplant und weichen in dem einen<br />
oder anderem sicherlich auch von<br />
vergleichbaren Gesprächssituationen,<br />
in denen es um Fußball geht,<br />
ab. Als das Interview vereinbart wurde,<br />
war noch nicht abzusehen, dass<br />
das Gespräch nur wenige Tage nach<br />
dem fast friedlichen Umsturz stattfinden<br />
würde, der die Vertreibung<br />
des 27 Jahre alleinherrschenden<br />
Blaise Compaoré mit sich bringen<br />
sollte.<br />
Es ist quasi zwangsläufig, dass<br />
die Gespräche auch um die politische<br />
Zukunft Burkina Fasos kreisen. Das<br />
Land ist das drittärmste der Welt mit<br />
einem jährlichen Durchschnittseinkommen<br />
von 70 Euro. Ohne direkten<br />
Zugang zum Meer und ohne Bodenschätze<br />
dient es wesentlich als Transitland<br />
für den Transport von Rohstoffen<br />
aus angrenzenden Staaten.<br />
Wirtschaftlich war die Regierung<br />
Compaoré vom Libyen Ghaddafis<br />
abhängig. Das Land hat 12 Millionen<br />
Einwohner, weitere 4 Millionen Burkinabé<br />
leben an der Elfenbeinküste,<br />
anderen Teilen Westafrikas, aber auch<br />
in Europa und Nordamerika. Jetzt<br />
besteht vage Hoffnung auf Verbesserung<br />
neben der Befürchtung, die<br />
alten Cliquen um den Präsidenten<br />
wollten ihre Macht erhalten.<br />
Aus dem Nebenzimmer der kleinen<br />
Wohnung in Gießen hört man<br />
das rhythmische Schlagen einer<br />
Djembé, einer kniehohen, aus Holz<br />
und Fell handgefertigten Trommel.<br />
Ib, wie wird man als Westafrikaner<br />
Fan einer Mannschaft aus der Fußball-<br />
Bundesliga Und warum wurde es in<br />
deinem Fall der <strong>HSV</strong><br />
Das ist eine sehr lange Geschichte.<br />
In Burkina Faso waren damals vier deutsche<br />
Mannschaften bekannt: der <strong>HSV</strong>,<br />
Bayern München, Borussia Dortmund,<br />
Werder Bremen. Das sind die Mannschaften,<br />
die die Leute in Burkina Faso<br />
kennen. Einmal sah ich im Fernsehen<br />
mit einem Freund ein Spiel Werder Bremen<br />
gegen den <strong>HSV</strong>. Ich war zu dem<br />
Zeitpunkt noch kein <strong>HSV</strong>-Fan. Aber ich<br />
liebe schönen, technisch anspruchsvollen<br />
Fußball. So hat der <strong>HSV</strong> an diesem<br />
Nachmittag sehr gut gespielt und ich<br />
habe zu meinem Freund gesagt: „Diese<br />
Mannschaft wird meine Mannschaft“.<br />
Wie ist das Spiel ausgegangen<br />
Ich denke, der <strong>HSV</strong> hat verloren,<br />
aber wie sie Fußball gespielt haben,<br />
das hat mir richtig gefallen. Das war<br />
2004 oder 2005 vor einem<br />
Punktspiel des Zweitligisten SC<br />
Maya, Ib als Siebzehnjähriger links<br />
55<br />
Fernsicht
Fernsicht<br />
2005. Während der WM 2006 bin ich<br />
dann nach Deutschland gekommen.<br />
Welche Ligen und Teams sind In<br />
Burkina Faso besonders populär<br />
Bei uns schauten und schauen die<br />
Leute vor allem die französische Ligue<br />
1. Das liegt auch daran, dass die Burkinabéi<br />
Französisch sprechen und viele<br />
Afrikaner in Frankreich spielen.<br />
Danach kommt die italienische Liga,<br />
dann die Premier League und danach<br />
erst die Bundesliga.<br />
Wie bist du selbst zum Fußballspielen<br />
gekommen Wie sieht es aus, wenn<br />
sich Kinder und Jugendliche zum Fußball<br />
treffen (Spielfeld, Bälle, Trikots<br />
und Schuhe)<br />
Schon mit sechs oder sieben Jahren<br />
haben mich die anderen Jungs zum<br />
Fußballspielen mitgenommen. Wir haben<br />
auf der Straße gespielt oder auf<br />
dem Schulhof in den Pausen. Die anderen<br />
sind Frühstücken gegangen und<br />
wir direkt zum Fußball. Es gibt nicht so<br />
viele Fußballplätze in meiner Heimatstadt<br />
Bobo-Dioulasso. Wir durften nicht<br />
auf die wenigen Plätze, auf denen spielten<br />
die Großen. Wir spielten auf der<br />
Straße.<br />
Du kennst das ja. Die Straßen in<br />
unserem Viertel sind Lehmstraßen, von<br />
rotem Staub bedeckt, der sich überall<br />
in der Kleidung und den Poren der Haut<br />
festsetzt. Härter als jeder Hartplatz in<br />
Deutschland. Du musst wirklich aufpassen,<br />
dich nicht zu verletzen. Zudem<br />
brausen Autos und Motorräder um dich<br />
herum, weil das Viertel, wie die ganze<br />
Stadt sehr belebt ist. Zudem laufen auch<br />
Kühe und Ziegen auf den Straßen herum.<br />
Allein schon aufgrund des Klimas<br />
verbringen die Leute mehr Zeit auf der<br />
Straße. Nur zwischen Mittag und 15<br />
Uhr ist es einfach zu heiß – um die 40<br />
Grad , sodass die Leute jeden Schatten<br />
ausnutzen, den sie finden können.<br />
In Burkina Faso Bälle zu bekommen,<br />
ist nicht so einfach. Mein Glück war,<br />
dass einer meiner Brüder damals schon<br />
in der Schweiz lebte. Immer, wenn er<br />
nach Burkina Faso zu Besuch kam, hat<br />
er mir Bälle mitgebracht. Freunde, die<br />
nicht dieses Glück hatten, haben oft<br />
mit selbstgebastelten Bällen aus Stoff<br />
spielen müssen. Wenn ich heute nach<br />
Burkina Faso reise, nehme ich auch<br />
jedes Mal mehrere Bälle für die Jungs<br />
aus meinem Viertel mit. Beim Training<br />
in den Vereinen sind oft 100 Jungs da,<br />
aber nur fünf Bälle.<br />
Schuhe Wir haben anfangs barfuß<br />
gespielt. Das merke ich bis heute: Wenn<br />
ich ohne Socken durch die Wohnung<br />
laufe, tun die Füße heute noch richtig<br />
weh. Damals beim Spielen tat es auch<br />
anfangs weh, aber wenn Du jeden Tag<br />
spielst, spürst Du es irgendwann nicht<br />
mehr. Wir haben damals meist nur in<br />
Jeans auf der rotverstaubten Straße<br />
gespielt.<br />
Du hast dich selbst einmal bei Darmstadt<br />
98 vorgestellt. Erzähl‘ mal, wie<br />
das gelaufen ist.<br />
Das war schön. Und ganz witzig,<br />
wie das zustande gekommen ist. Ich<br />
war noch ganz neu in Deutschland und<br />
sprach kaum ein Wort Deutsch. Ich habe<br />
meine Schwester in Darmstadt besucht<br />
und mit einigen Kindern auf dem Innenhof<br />
des Hochhauses, in dem sie<br />
wohnte, Fußball gespielt. Das hat ein<br />
Mann, der zufällig vorbeikam, beobachtet.<br />
Er hat mich dann angesprochen,<br />
ob ich schon einen Verein hätte oder<br />
mich bei einem Verein vorgestellt hätte.<br />
Ich sagte „nein“. Er meinte, es gäbe<br />
einen ziemlich guten Verein in der Stadt.<br />
Es stellte sich heraus, dass er Vorstand<br />
bei Darmstadt 98 war.<br />
Ich habe mich dann im Probetraining<br />
bei Gerd Kleppinger vorgestellt<br />
und einen guten Eindruck hinterlassen.<br />
Ich hatte ja schon in Afrika regelmäßig<br />
trainiert und konnte mithalten. Mein<br />
Trainer dort hatte die Trainerausbildung<br />
beim DFB in Köln gemacht. Wir spielten<br />
damals mit dem AS Maya aus Bobo-<br />
Dioulasso in der 2. Liga in Burkina Faso<br />
und sind aufgestiegen, in dem Jahr, in<br />
dem ich nach Deutschland ging. Damals<br />
war ich 16.<br />
Aber bei Darmstadt 98 hatte man<br />
Bedenken aufgrund meines Aufenthaltsstatus.<br />
Der Verein wollte, dass ich<br />
nach Afrika zurückkehre, einen neuen<br />
Antrag stelle und nochmals einreise.<br />
Das war finanziell gar nicht möglich für<br />
mich.<br />
Wie auch immer: Aus meiner damaligen<br />
Mannschaft AS Maya spielt einer,<br />
Ba Traoré, für die Nationalmannschaft<br />
von Burkina Faso, ein anderer ist Profi<br />
in Thailand. AS Maya hat eine Kooperation<br />
mit Twente Enschede in den<br />
Niederlanden und Talentspäher haben<br />
schon Jungs aus meinem Verein zum<br />
FC Metz geholt. Pitroipas Fußballschule<br />
in Ouagadougou hat schon 4-5 Spieler<br />
aus dem von meinem älteren Bruder,<br />
der mit mir beim AS Maya gespielt hat,<br />
ausgebildeten Nachwuchs geholt. Mein<br />
Bruder gibt sich große Mühe, die Jungs<br />
gut auszubilden und sieht letztlich<br />
nichts dafür.<br />
Wie geht es in einer solchen Fußballschule<br />
zu Wollen die Jungs alle<br />
Profis werden<br />
Die Jungs kommen aus allen Teilen<br />
des Landes, von ganz oben im Norden,<br />
aus dem Sahel bis hin zum Grenzgebiet<br />
zu Mali und Ghana. Von 100 Jungs schaffen<br />
es, glaube ich, bis zu 10 in den Profifußball.<br />
Sie spielen dann nicht unbedingt<br />
in den europäischen Topligen,<br />
aber in den unteren europäischen Ligen,<br />
auch z.B. in Arabien oder in afrikanischen<br />
Profiligen.<br />
Was ist mit denen, die es nicht<br />
schaffen<br />
Neben dem Fußballtraining gibt es<br />
auch Schulunterricht und die Jungs<br />
bekommen jedenfalls eine Berufsausbildung.<br />
So können sie leichter einen<br />
Job finden.<br />
Du spielst heute bei einer Mannschaft<br />
in Deutschland. Wie sind die<br />
Erfahrungen im Umgang innerhalb der<br />
Mannschaften und mit den gegnerischen<br />
Teams. Unterscheidet sich das<br />
von deinen Erlebnissen in Burkina<br />
Faso<br />
Ja, aber das waren und sind nur<br />
Amateurligavereine. In den Teams gab<br />
es nie Probleme für mich, auch nicht<br />
als ich für ein überwiegend türkisches<br />
Team spielte. Nur manchmal, wenn wir<br />
gegen Dorfmannschaften spielen, gibt<br />
es Probleme mit Rassismus.<br />
Beim <strong>HSV</strong> haben in den letzten<br />
Jahren auch etliche Westafrikaner<br />
(Atouba, Pitroipa, Sanogo, Demel)<br />
gespielt. Haben sie für dich eine be-<br />
Mannschaftsphoto des SC<br />
Maya aus dem Jahr 2004, Ib ist<br />
der zweite von links obens<br />
2005 vor einem Spiel der<br />
Stadtauswahlen der Hauptstadt<br />
Ouagadougou und der zweitgrößten<br />
Stadt Bobo-Dioulasso,<br />
die Ib stolz repräsentiert<br />
56
sondere Rolle als Identifikationsfiguren<br />
und als <strong>HSV</strong>-Spieler gespielt, weil<br />
sie immerhin aus derselben geographischen<br />
Region kommen wie du selbst<br />
oder vielleicht sogar derselben ethnischen<br />
Gruppe angehören<br />
Ja, es waren zunächst Atouba und<br />
auch Demel. Pitroipa kommt sogar aus<br />
Burkina Faso. Atouba stach mit seinem<br />
Trickreichtum und seiner exzellenten<br />
und frechen Ballbehandlung natürlich<br />
sofort hervor.<br />
Welche Spieler aus dem aktuellen<br />
Kader gefallen dir am besten Und<br />
warum<br />
Ich habe immer van der Vaart sehr<br />
gemocht, er war immer mein Spieler<br />
seit langem. Aktuell gefallen mir Holtby<br />
und Djourou besonders, den ich<br />
bereits seit seiner Zeit bei Arsenal verfolge..<br />
Warst du schon einmal in Hamburg<br />
und im <strong>HSV</strong>-Stadion Hättest Du Lust,<br />
dir einmal ein Spiel anzuschauen<br />
Ja, ich war schon mal in Hamburg,<br />
aber leider nicht im Stadion. Das hat<br />
nicht geklappt.<br />
Hättest du Lust, mal hinzugehen<br />
Ja, klar. Am liebsten würde ich<br />
<strong>HSV</strong> : Eintracht Frankfurt sehen. Die<br />
Paarung habe ich schon einmal gesehen.<br />
Aber das war in Frankfurt. Das war<br />
zur Zeit von Pitroipa und Zé Roberto.<br />
Der <strong>HSV</strong> hat 1:0 gewonnen. Ein Eintracht-Fan<br />
hat mir seine Dauerkarte<br />
gegeben. Er meinte, die Eintracht würde<br />
gewinnen. Ich habe geantwortet:<br />
„Nein, der <strong>HSV</strong> gewinnt.“ Er sagte, er<br />
habe keine Zeit ins Stadion zu gehen<br />
und ich solle seine Sitzplatzkarte nehmen.<br />
Wie war deine Stimmung, als der<br />
<strong>HSV</strong> am Tag deiner Hochzeit ein Heimspiel<br />
sang- und klanglos verloren hat<br />
Ich glaube, wir waren beide ziemlich<br />
deprimiert. Hast du über Scheidung<br />
nachgedacht<br />
Nein, über Scheidung habe ich nicht<br />
nachgedacht. (lacht) - Erst einmal wollte<br />
ich es während der Feier gar nicht<br />
wissen. Aber dann habe ich doch etwas<br />
mitbekommen. Ich konnte danach nicht<br />
mehr ruhig bleiben und wollte dann<br />
auch wissen, wie das Spiel läuft. Als ich<br />
gehört habe, daß der <strong>HSV</strong> verloren hatte,<br />
hat mir das richtig wehgetan. Ein<br />
Freund hat mir danach gesagt: „Mann,<br />
du solltest die Mannschaft wechseln.“<br />
Aber das wird nie geschehen. Und wenn<br />
der <strong>HSV</strong> in die A-Klasse absteigt, egal,<br />
ich werde Fan des <strong>HSV</strong> bleiben. Das ist<br />
in meinem Herzen, ein ganz starkes<br />
Gefühl.<br />
Das finde ich faszinierend, diese<br />
Loyalität. Ich meine, ich bin in Kiel geboren<br />
und mein Vater, Großvater und<br />
Urgroßvater sind in Hamburg geboren.<br />
Ich habe seit 40 Jahren eine sehr enge<br />
Bindung zu dem Verein und der Stadt.<br />
Das ist ja bei dir hingegen nicht der<br />
Fall. Und trotzdem eine enge emotionale<br />
Bindung an den <strong>HSV</strong>.<br />
Im letzten Jahr gab es eine intensive<br />
Debatte um die Gesellschaftsform<br />
des <strong>HSV</strong>. Hast du diese Debatte verfolgt<br />
und hattest du eine Meinung dazu<br />
Ja, die Diskussion habe ich mitbekommen<br />
und manchmal in den Sportsendungen<br />
die Meldungen zum Vorstand<br />
und den Finanzen verfolgt. Aber<br />
das waren interne Sachen, zu denen<br />
ich keine fundierte Meinung habe. Das<br />
sind Fragen, die ich kaum beurteilen<br />
kann: was nun gut oder weniger gut<br />
für den Verein ist. In diesen Themen<br />
kenne ich mich nicht so gut aus. Von<br />
außen kannst du die Wahrheit sowieso<br />
nicht beurteilen.<br />
Dein Sohn (4 Jahre) hat dein Fußball-Talent<br />
geerbt. Wirst du ihn auch<br />
zum <strong>HSV</strong>-Fan erziehen – oder müssen<br />
wir damit rechnen, dass es bald noch<br />
mehr Bayern-oder BVB-Fans gibt<br />
Ich will gerne, dass auch er <strong>HSV</strong>-Fan<br />
wird. Aber er wird selbst entscheiden.<br />
Ich wollte ihn eigentlich gerne zu den<br />
<strong>HSV</strong>-Bambini schicken. Aber leider sind<br />
wir zu weit von Hamburg entfernt.<br />
Ib, vielen herzlichen Dank<br />
fur das Gesprach.<br />
<strong>HSV</strong><br />
Fans<br />
in aller<br />
Welt<br />
Burkina<br />
Faso<br />
Burkina Faso (früher Obervolta)<br />
war französische Kolonie.<br />
In dem Land gibt es 55 verschiedene<br />
Sprachen, von denen einige<br />
auch in angrenzenden Ländern<br />
wie Mali, Senegal und an der<br />
Elfenbeinküste gesprochen<br />
werden.<br />
Griechen<br />
land<br />
Griechenland ist ein Land in<br />
Südosteuropa und Mittelmeeranrainerstaat.<br />
Das griechische<br />
Staatsgebiet grenzt an Albanien,<br />
die Republik Mazedonien, Bulgarien<br />
und die Türkei.<br />
Leser<br />
brief<br />
aus<br />
rhodos<br />
Meine Name ist Jiannis Manakitsas,<br />
in Berlin geboren und seit 1975 <strong>HSV</strong>-Fan.<br />
Seit 1996 lebe ich auf der griechischen<br />
Insel Rhodos, wo ich seit 1997 eine Pension<br />
betreibe. Meine kleine Pension hat<br />
10 Zimmer und ein Restaurant (mehr<br />
Infos gibt es hier). Hier auf Rhodos schaue<br />
ich mir ALLE <strong>HSV</strong>-Spiele live an. Über<br />
OTE TV (wie Sky in Deutschland). Und<br />
wenn sie mal kein <strong>HSV</strong> Spiel live zeigen,<br />
dann über das Internet mit Kabelanschluss<br />
am Fernseher.<br />
Pro Jahr gibt es zwei Phasen: Die erste<br />
Phase ist, wenn die Touristensaison<br />
auf Rhodos beginnt. Dann schaue ich<br />
mir die Spiele gemeinsam mit meinen<br />
Gästen in meiner Pension an (ich habe<br />
viele Stammgäste, die wissen, dass ich<br />
<strong>HSV</strong>-süchtig bin). Viele Gäste sind über<br />
mich auch zum <strong>HSV</strong>-Fan geworden. Immer<br />
wenn sie zu mir kommen, bringen<br />
sie auch immer Fanartikel vom <strong>HSV</strong> mit.<br />
Sogar für meinen Sohn! Leider müssen<br />
sie ab nächstes Jahr noch mehr <strong>HSV</strong>-<br />
Geschenke mitbringen, da meine Frau<br />
und ich Nachwuchs bekommen haben,<br />
und die <strong>HSV</strong> Familie noch größer geworden<br />
ist.<br />
Die andere Phase beginnt dann, wenn<br />
die Touristensaison endet. Dann genieße<br />
ich die <strong>HSV</strong> Spiele in aller Ruhe zu<br />
Hause mit meinem Sohn. Wobei ich meist<br />
sehr nervös und zitternd vorm Fernseher<br />
sitze oder auch stehe, wenn es mal nicht<br />
so läuft, wie ich es mir wünsche.<br />
Wenn wir aber gewinnen, dann feiern<br />
mein Sohn und ich gemeinsam am TV<br />
und hören uns die <strong>HSV</strong>-Hymne an.<br />
Meine Frau hält mich zwar für verrückt<br />
– sie sagt ja auch immer, dass ich<br />
den <strong>HSV</strong> mehr liebe als sie – aber was<br />
soll’s, den <strong>HSV</strong> habe ich ja auch als Ersten<br />
im Herzen gehabt.<br />
Nun ich hoffe jetzt endlich, dass der<br />
<strong>HSV</strong> die Kurve bekommt und wieder<br />
ganz nach oben kommt, denn ich vermisse<br />
die vielen Siege des <strong>HSV</strong> und die<br />
internationalen Spiele.<br />
In diesem Sinne … Nur der <strong>HSV</strong><br />
Euer Jiannis Manakitsas<br />
(Für immer <strong>HSV</strong>!!!)<br />
P.S. Ein Video von uns gibt es hier.<br />
57 Fernsicht
HINRUNDENRÜCKBLICK<br />
17 Spiele, 17 Punkte,<br />
9:19 Tore, Platz 14! Fakten,<br />
die aus der Tabelle<br />
abzulesen sind. Aber,<br />
wir alle haben einen<br />
unterschiedlichen<br />
Fokus und reagieren<br />
emotional anders auf<br />
das gleiche Spiel.<br />
Ein Rückblick auf<br />
die Hinrunde - durch<br />
viele verschiedene<br />
Augen geworfen.<br />
Ohne Anspruch darauf,<br />
dass der jeweilige<br />
Beschreiber auch das<br />
Gefühl des Lesers trifft.<br />
Aber lecker<br />
Kolsch!<br />
1. Spieltag - KoLN-hsv 0:0<br />
Ja ist denn<br />
noch 2013/2014<br />
2. Spieltag - <strong>HSV</strong>-Paderborn 0:3<br />
Einem Déjà-vu glich dieses Spiel gegen<br />
den Liganeuling. Mit Ausnahme<br />
von Behrami dieselben Kicker, so ist<br />
das Grauen der Vorsaison schnell<br />
wieder präsent. Die längste Vorbereitung<br />
ever, ever … konnte jedenfalls<br />
nicht zur Verbesserung des Zusammenspiels<br />
genutzt werden. Lediglich<br />
Rudnevs gelang ein sehenswerter<br />
Assist. Bitter, bei einem 0:3 noch eingestehen<br />
zu müssen, dass man „gut“<br />
davon gekommen ist.<br />
Trainer folgt<br />
auf Torwart<br />
3. Spieltag - Hannover-<strong>HSV</strong> 2:0<br />
Neuer Trainer,<br />
neue Leidenschaft!<br />
4. Spieltag - hsv-bayern 0:0<br />
Wieder mal erstaunlich, dass unsere<br />
Mannschaft nach einem Trainerwechsel<br />
plötzlich weiß, wie Räume<br />
zugestellt werden, und vor allem 90<br />
Minuten die Konzentration hochgehalten<br />
wird. So erzielte die Truppe<br />
zwar gefühlt 5% Ballbesitz, jedoch<br />
kamen die Bayern nicht wirklich zu<br />
vielen gefährlichen Torchancen. Die<br />
größte hatten dann sogar noch wir.<br />
Leider entschied sich die Kugel auf<br />
dem Weg ins leere Tor für die falsche<br />
Seite des Pfostens. Ein Spiel, welches<br />
Hoffnungen wecken sollte…<br />
Eine vorbereitung<br />
dauert 450 Minuten<br />
5. Spieltag - gladbach-<strong>HSV</strong> 1:0<br />
nachsicht<br />
Köln wieder in Liga 1, schöne,<br />
freundschaftliche Atmo in einem<br />
proppenvollen, sangesfreudigen<br />
Stadion – toller Rahmen. Den Teams<br />
war’s wurscht: Beiderseits „safety<br />
first“, ein lauwarm gepflegter, fast<br />
höhepunktfreier Hin-und-her-Kick<br />
auf übersichtlichem Qualitätslevel,<br />
das von den lecker Kölsch rund um<br />
diesen Saisoneröffner lässig übertroffen<br />
wurde.<br />
Erst wechselte Slomka den Torwart,<br />
dann wechselte der <strong>HSV</strong> den Trainer.<br />
Adler musste weichen, Drobny macht<br />
seiner Rückennummer wieder alle<br />
Ehre. Aber auch er konnte die Niederlage<br />
nicht verhindern. Der Defensivverbund<br />
stand unsicher, Hannover<br />
brauchte nur elf Minuten, um den<br />
Sieg einzutüten. Unser <strong>HSV</strong> grüßte<br />
fortan vom Tabellenende.<br />
Mittwochabend, Flutlicht-Spiel. Früher<br />
Arsenal und Turin, heute immerhin<br />
noch Mönchengladbach. Spiel<br />
Nr. 2 unter Joe und Liga-Spiel Nr. 5<br />
ohne Tor. Der gefühlte Ex-<strong>HSV</strong>er Kruse<br />
sorgte für das Tor des Abends. Der<br />
glänzende Drobny verhinderte<br />
Schlimmeres, sah aber auch eine<br />
einsatzfreudige Mannschaft, die sich<br />
nicht belohnte oder überhaupt<br />
Torchancen kreierte.<br />
Fotos: Witters<br />
58
Ein Schuss<br />
aus Nirgendwo<br />
6. Spieltag - hsv-frankfurt 1:2<br />
In der 25. Minute schreiben wir Negativgeschichte<br />
(Torlosrekord), doch<br />
nach unglücklichem Rückstand und<br />
Ausgleich durch Müller spielte der<br />
<strong>HSV</strong> beschwingt und druckvoll auf.<br />
Joes Truppe machte Spaß, das Publikum<br />
war hochzufrieden. Wäre da<br />
nicht die 90. Minute gewesen… wer<br />
erinnert noch Mineiro<br />
Der<br />
aufbaugegner<br />
7 Spieltag - dortmund-hsv 0:1<br />
In Dortmund! Gegen den Champions<br />
League-Teilnehmer! Gegen die gelbe<br />
Wand! Gegen den vollendeten Katastrophenstart<br />
in die Saison ... half<br />
kämpfen, laufen und Nicolai Müller!<br />
Erlaube ihm einen genialen Moment,<br />
den Raum, um Geschwindigkeit<br />
aufzunehmen und einen Lasogga<br />
im Blickfeld! Das 0:1 war nicht<br />
nur eminent wichtig, es war der<br />
verdiente Lohn harter Maloche!<br />
Von Baumannern<br />
und Hanselmannern<br />
8. Spieltag - <strong>HSV</strong>-hoffenheim 1:1<br />
Ruhe in Frieden, “<strong>HSV</strong> forever and<br />
ever”. Der „Nevergreen“ (sic!) ist aus<br />
dem Stadion verbannt. Oliver Baumann<br />
war es leider nicht. Der Keeper<br />
der Sinsheimer verhinderte eindrucksvoll<br />
den Heimsieg. Sportsfreund<br />
Aluminium hatte zudem seinen<br />
„solidarischen“ und verhinderte<br />
auf beiden Seite jeweils ein Tor. Tat<br />
aber nur zur Hälfte Not, Keule.<br />
Schlecht spielen<br />
kann jeder ...<br />
9. Spieltag - hertha-<strong>HSV</strong> 3:0<br />
... aber wir können es besonders gut!<br />
Schweinekalt im Stadion, nichts Erwärmendes<br />
von der Mannschaft.<br />
Viele Fehlpässe, kein Aufbauspiel –<br />
und nach einer Stunde die große<br />
Chance für Jansen, der freistehend<br />
an Kraft scheiterte. Direkt im Gegenzug<br />
zeigt Ben-Hatira, wie man es<br />
richtig macht. Der Rest war für Berlin<br />
nur noch Formsache.<br />
Wenn du aus<br />
Leverkusen kommst ...<br />
10. Spieltag - hsv-leverkusen 1:0<br />
Prinz IQ10. HW4. Donati. Valon. Spahic.<br />
Rafael. Leno. Marcell. Schmidt.<br />
Joe. Völler. Jörn Wolf. Das Spiel hatte<br />
unglaublich viele Protagonisten; vorher-dabei-nachher.<br />
Der Feinschmecker<br />
in mir musste dieses Spiel nicht<br />
toll finden, aber ganz ehrlich: Bin<br />
heiser und glücklich nach Hause gefahren.<br />
Jaaaaaaa!<br />
VfL Wolfsburg<br />
GTI<br />
11. Spieltag - wolfsburg-<strong>HSV</strong> 2:0<br />
War das nicht schön Ja, das war nicht<br />
schön. Die „Wobber“ waren schneller,<br />
zweikämpfstärker und abgezockter.<br />
Der Schein vom Mithalten können<br />
endete jäh als der einzig je in grün<br />
spielende Sympath uns im Stile vieler<br />
Ex-<strong>HSV</strong>er den Stich versetzte.<br />
Kevin, Prinz von Flandern, legte noch<br />
ein weiteres Tor auf. Frustrierend.<br />
Wir konnen ja<br />
doch Tore schiessen<br />
6 Punkte<br />
in Augsburg<br />
12. Spieltag - hsv-bremen 2:0<br />
4 unserer Männer liefen auf das Bremer<br />
Tor zu. / 3 Mitspieler zum Anspielen<br />
hatte der ballführende PML<br />
in der Mitte. / 2 Meter vor dem leeren<br />
Tor grätschte Arslan in den Pass. /<br />
1 Pfosten warf sich todesmutig in den<br />
Schuss. / 0 Mitleid für Wolf im Bremer<br />
Tor, als er sich die Kugel selber<br />
über die Linie drückte.<br />
13. Spieltag - Augsburg-<strong>HSV</strong> 3:1<br />
3 Punkte für die Heimmannschaft<br />
und 3 schwarze auf gelbem Grund<br />
für den Schiedsrichter. Joes Lok läuft<br />
nicht richtig in Jim Knopfs Heimat,<br />
trotz Führung vor der Halbzeitpause.<br />
Weinzierls Lok macht mehr Dampf<br />
und gewinnt verdient, auch wenn<br />
Schaffner Drees maßgeblich zum<br />
Ausgang des Spiels beiträgt.<br />
3. Heimsieg<br />
in Folge!<br />
14. Spieltag - hsv-mainz 2:1<br />
Erstmals zwei Stürmer in der Startelf.<br />
Es war eine der besten Saisonleistungen<br />
der Elf von Zinnbauer. Der <strong>HSV</strong><br />
hat das Spiel 88 Minuten kontrolliert<br />
und sich zum Schluss leider um einen<br />
souveränen Sieg gebracht. Wir <strong>HSV</strong><br />
Fans sind es allerdings gewohnt, bis<br />
zum Ende zittern zu müssen.<br />
Die Null steht<br />
schon wieder ..<br />
15. Spieltag - Freiburg-<strong>HSV</strong> 0:0<br />
... in schwarz-gelb auf dem Platz!<br />
Bereits nach 20 Sekunden bekam der<br />
SC Freiburg einen unberechtigten<br />
Elfmeter zugesprochen, doch unser<br />
Held Drobny konnte den Elfmeter<br />
problemlos halten. Den berechtigten<br />
Elfer auf der anderen Seite hat von<br />
den Schiris dann leider keiner gesehen.<br />
So blieb es torlos!<br />
Ein Stadion<br />
sieht rot...<br />
16. Spieltag - hsv-stuttgart 0:1<br />
Was erlaube … <strong>HSV</strong> ... eine Ideenlosigkeit<br />
sondergleichen!!! Nach etwa 15<br />
guten Minuten ging das Spiel verloren.<br />
37 Minuten in Überzahl haben (außer<br />
einem Déjà-vu) nichts eingebracht.<br />
Durch Pfiffe vom enttäuschten Publikum<br />
wurde die Mannschaft zusätzlich<br />
verunsichert. Auch wenn’s schwer<br />
fällt, sollte man die Mannschaft nicht<br />
gegen kompakt stehende Stuttgarter<br />
unterstützen Egal, Spiel abhaken,<br />
gemeinsam nach vorne schauen …<br />
Ein (un-)glUckliches<br />
Unentschieden! ..<br />
17. Spieltag - schalke-<strong>HSV</strong> 0:0<br />
Zweimal - dank Aluminium - Glück<br />
gehabt. Dagegen gehalten und eine<br />
Klasse zweite Halbzeit gespielt. Da<br />
wäre sogar noch ein Sieg drin gewesen,<br />
denn Möglichkeiten dafür hatten<br />
auch die Rothosen. Die Hinrunde<br />
zeigte uns gute, hoffnungsvolle Spiele<br />
und wieder mal Rückschläge. Aber<br />
auch 8 Punkte gegen die Champions<br />
League-Teilnehmer. Die Rückrunde<br />
kann kommen …<br />
59 nachsicht<br />
Fotos: Witters
nachsicht<br />
Aaaah, herrlich, da sind wir wieder<br />
knietief im Abstiegssumpf angekommen,<br />
wo wir uns zuletzt über 36 Spieltage<br />
in Agonie gewunden haben. Und<br />
was haben wir gezittert und gebibbert,<br />
als gäbe es keinen nächsten Spieltag<br />
mehr. Alles habe ich getan, um das<br />
drohende Unheil abzuwenden. Ich habe<br />
mich in schwarz-weiß-blauer Magie<br />
versucht und mit den abgenagten<br />
Hühnchenknochen die Spieltage ausgewürfelt.<br />
Bremen gewann 1:0, die<br />
Wiesenhof-Amputationen waren offensichtlich<br />
manipuliert. Ich habe nach<br />
dem Sieg gegen Vizekusen vor Schreck<br />
jeden Tag eine Packung Aspirin gefuttert<br />
und mit dieser Umsatzspritze den<br />
anstehenden Königstransfer erst möglich<br />
gemacht. Und zu guter Letzt habe<br />
ich in beschwörender Weise meine<br />
linksdrehenden Joghurtkulturen rechtsherum<br />
gerührt und bin nun möglicherweise<br />
verantwortlich für diese sinnentleerten<br />
HoGeSa-Aufmärsche.<br />
Alles habe ich falsch gemacht und<br />
es kam, wie es kommen musste,<br />
nur anders!<br />
Text: Lenhart Freiesleben<br />
Heute blicke ich zurück und komme<br />
mir unverwundbar vor, wie Siegfried<br />
der Drachentöter verfüge ich über eine<br />
zentimeterdicke Hornhaut auf meiner<br />
Fanseele. Der erfolgreiche, aber armageddonartige<br />
Abstiegs kampf hat mich<br />
verweichlichten Fußballneurotiker<br />
sämtlicher Illusionen beraubt und zu<br />
einem <strong>HSV</strong>-Zombie werden lassen. Die<br />
letzte Saison war ein steiniger, ein Hamburger<br />
Weg, der mit seiner einmaligen<br />
Pointe seinen festen Platz in der Bundesligahistorie<br />
gefunden hat:<br />
Trotz größter Kraftanstrengungen<br />
ist der <strong>HSV</strong> zu schlecht zum Absteigen!<br />
Nichtsdestotrotz, selten habe ich<br />
so rauschhafte Emotionen und verschwurbelte<br />
Wahrnehmungsstörungen<br />
erlebt und darauf kommt es ja schließlich<br />
beim Konsum der Volksdroge Fußball<br />
an. Insofern, danke dafür, lieber<br />
<strong>HSV</strong>!<br />
Und was haben wir uns zwischenzeitlich<br />
mit den Kühnes, Magaths, Trainers,<br />
Hakans, Kreuzers, Ertels & Hunkes<br />
(ohne die unsere vereinsinterne Muppetshow<br />
tatsächlich nur halb so unterhaltsam<br />
ist!) abgekämpft, um am Ende<br />
festzustellen ... wir haben endlich unseren<br />
Platz gefunden. Ja, wir haben uns<br />
mittlerweile im unteren Tabellendrittel<br />
recht kommod eingerichtet. Endlich<br />
kein Leistungsdruck mehr, das tut gut!<br />
Dies ist der Moment, wo erzwungene<br />
Demut zu einer entspannten Haltung<br />
führen kann! Unmut ist etwas für die<br />
Ambitionierten!<br />
Die Mär vom großmächtigen Traditionsverein<br />
ist jetzt einfach ausgeträumt,<br />
die Hoffnung auf den nächsten<br />
Landesmeistertriumph zerplatzt und<br />
die „an der Elbe werden Träume<br />
wahr“-Attitüde, wie eine lästige Last in<br />
der uns wohlbekannten Müllverbrennungsanlage<br />
entsorgt.<br />
Jetzt wissen wir auch, wozu sie<br />
gut ist ...<br />
Nun haben wir unseren fussballgottzugewiesenen<br />
Sitzplatz im C-Rang<br />
der Tabelle abonniert und sollten ihn<br />
einfach annehmen, akzeptieren, liebkosen<br />
und überhaupt dankbar sein, dass<br />
wir noch nicht implodiert sind, vor lauter<br />
Größenfantasien der letzten Jahre.<br />
Ab heute ist nix mehr mit „Fahrer träumt<br />
vom ...“, Augen auf im Straßenverkehr,<br />
wir sind und bleiben doch nur der <strong>HSV</strong>!<br />
Aber was ich überhaupt nicht verstehe,<br />
ich gehe seit Monaten mit<br />
hängendem Kopf voller Demut<br />
durch die Spielzeit und der <strong>HSV</strong><br />
spielt immer noch nicht um die<br />
Meisterschaft mit! So eine Sauerei!<br />
Aber jetzt nicht weinen, liebe Fangemeinde,<br />
wir stehen trotzdem für etwas<br />
besonderes, sind eben nicht die graue<br />
Maus der Mittelmäßigkeit, wir sind die<br />
größten Unterhaltungskünstler der Bundesliga,<br />
wenn nicht gar weltweit! Dies<br />
hatte ja schon der größte Rastafari des<br />
Universums, Bob Marley erkannt!<br />
Ohne uns wäre die Liga deutlich<br />
ärmer an medialen Rohrkrepierern, Hybris,<br />
Deppentum und Tolpatschigkeit.<br />
Wir schaffen es sogar in der Trostlosigkeit<br />
der fußballlosen Zeit die Gazetten<br />
mit skurrilem Output unserer Vereinshyperventilation<br />
zu füllen. Während wir<br />
sportlich wie die Flachpfeifen in der<br />
Bedeutungslosigkeit rumdümpeln, spielen<br />
wir auf der Panflöte des Entertainments<br />
in der Championsleague. Kein<br />
Flachs, unsere Bestimmung liegt nicht<br />
im sportlichen Erfolg, sondern im donaldduckmäßigen<br />
Durchwaten von<br />
Pleiten, Pech, Pannen und Fettnäpfchen.<br />
Wie heißt es doch so treffend Über<br />
Deutschland lacht die Sonne, über den<br />
<strong>HSV</strong> die ganze Liga und der FCB über<br />
sein Festgeldkonto.<br />
Egal, we proudly claim, ... we love<br />
to entertain the Liga!<br />
Aber noch etwas anderes zeichnet<br />
uns aus! Wir bieten dem uns innewohnenden<br />
Fluch die Stirn und zeigen der<br />
Welt, dass man mit dieser schlimmen<br />
Krankheit namens <strong>HSV</strong> durchaus gut<br />
leben kann. Offensichtlich sind wir zäh<br />
wie Unkraut und vollgepumpt mit Hoffnung,<br />
die uns über Wasser hält.<br />
Aber was soll man auch machen,<br />
wenn man wie ein kleines gallisches<br />
Dorf von übermächtigen<br />
Feinden umgeben ist<br />
Die Stadt ist fest in der Hand der<br />
Aufkleber-Boys in brown, zudem bedrängen<br />
uns die neoimperialistischen<br />
Lager Klein Wolfsburg, Hannover-Infantilum,<br />
und Werderwarum. Wo soll<br />
das alles hinführen, wenn nicht in die<br />
sportliche Bedeutungslosigkeit. Aber<br />
wer so schwer an seiner eigenen Geschichte<br />
zu schleppen hat wie wir, der<br />
bekommt zwar einen krummen Rücken<br />
und Plattfüße, aber bildet immerhin<br />
keine erfolgsverwöhnte Rückgratlosigkeit<br />
aus, wie es bei den titeldekadenten<br />
Freunden aus der bajuwarischen Hauptstadt<br />
zu bewundern ist. Auch darauf<br />
können wir stolz sein!<br />
Und was ist eigentlich in unserem<br />
Volkspark-Kolosseum mit den Blockbustern<br />
aus 22c los Während wir unsere<br />
Gladiatoren beim Kampf gegen ...<br />
sagen wir mal ... die Mannen vom Rhein<br />
nach vorne pfeifen Wo sind nur unsere<br />
Rächer und Retter des HSeV, die<br />
Traditionstaliban der postmodernen<br />
Fußballkultur<br />
Es ist alles so bitter, die weißen<br />
Tauben sind müde und haben<br />
sich zu Falken gemausert.<br />
Nun gut, CFHH hat das Megafon an<br />
den Nagel gehängt oder ist anderweitig<br />
in den Rängen versickert und es gibt<br />
tatsächlich 100 Gründe dies gut zu<br />
finden und 100 Gründe dies doof zu<br />
finden, so dass man sich selbst aussuchen<br />
kann, wie man das finden möchte.<br />
Also, ich finde es grundsätzlich<br />
löblich, wenn sich junge Leute kreativ<br />
engagieren und in Bastelworkshops<br />
eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung<br />
sehen. Auch ihre Zusammenkünfte, um<br />
gemeinsam Chorauftritte einem größeren<br />
Publikum darzubieten, waren<br />
vorbildlich. Nur der sorglose Umgang<br />
mit pyrotechnischen Objekten sollte<br />
aus dem Programm gelöscht werden,<br />
denn schließlich gilt auch in der Arena:<br />
Eltern haften für ihre Kinder!<br />
Was uns jetzt noch bleibt ist der<br />
real-existierende Kader!<br />
Zur einen Hälfte zusammengecastet<br />
von IHM himself – unserem<br />
Gallionsdidi!<br />
Und ob ihr es glaubt oder nicht,<br />
sein kühnster Coup war die Verpflichtung<br />
von Edelfan Klaus-Michael bei<br />
gleichzeitiger Vertragsklausel, dass<br />
dieser keine Einsatzgarantie erhält. Der<br />
zweitgrößte Coup war die Hinfortspülung<br />
der Klistierhymne von Dr. Hanselmann,<br />
welche schon vor Anpfiff für<br />
kollektiv volle Hosen gesorgt hat. Der<br />
<strong>HSV</strong> ist so groß, er kann sich sogar right<br />
here, right now einen 15 Jahre alten<br />
Evergreen leisten, ohne dass dem gemeinen<br />
Fußballvolk klar wird, dass<br />
dieser nur dazu da ist, das kritische<br />
Bewusstsein tranceartig zu vernebeln.<br />
Nachdem die Rechtsform des Vereins,<br />
die hochdekorierten Trainer, der Vorstand,<br />
der Aufsichtsrat und diverse<br />
Spieler ausgewechselt wurden, rätselt<br />
man nun, was noch austauschwürdig<br />
ist, um den 80er-Jahre-Erfolg wieder in<br />
die norddeutsche Tiefebene zu lotsen.<br />
Es ist wohl angedacht, die Heimspiele<br />
am Millerntor auszutragen, weil dort<br />
selbst bei miesester Leistung nicht gepfiffen<br />
wird. Im Tausch gibt es dort dann<br />
zweitligatauglichen Erstligafußball zu<br />
sehen und das Merchandisingprodukt:<br />
Jutetasche „Totenkopfraute“. Oh oh, wo<br />
soll das alles nur enden<br />
Und ich sag’ Euch, sollten wir doch<br />
absteigen ... wir werden Pokalschreck!<br />
Ich freue mich jetzt schon!<br />
60
Nachsicht<br />
Schluss<br />
Pfiff<br />
ball“ mit sich bringt. Die Unvernunft,<br />
die ihren Ursprung in der aufgeladenen<br />
Emotionalität hat, die den Fußball<br />
an sich umwabert.<br />
Alles ist relativ. An einem verregneten<br />
Sonntag machten mein Vater<br />
und ich uns auf zum Spiel gegen<br />
Mainz. Es regnete sich leicht ein und<br />
man war unwirsch, dass man ein wenig<br />
nass wurde. Löst man sich von<br />
der Betrachtung, muss man feststellen,<br />
dass wir während unserer „Fankarriere“,<br />
17 Jahre im siffigen Rund<br />
des alten Volksparkstadions gestanden<br />
haben und den Gewalten schutzlos<br />
ausgeliefert waren. Im ach-so-tollen<br />
Volksparkstadion, unserem Hort<br />
der Tradition und Teil unserer Vereinsseele.<br />
Und die Dauerkarte hat nur<br />
60 DeeeMaaaaark gekostet, da bekam<br />
man für kleines Geld noch ehrlichen<br />
Fußballsport (SPORT!!!) geboten. Und<br />
kein Mensch möchte zugeben, dass<br />
es im Prinzip das gleiche Profigeschäft<br />
gewesen ist, bei dem die Akteure für<br />
eine bestmögliche Entlohnung, mehr<br />
oder weniger motiviert auf dem Rasen<br />
umhergelaufen sind.<br />
Vieles mehr ist relativ. In der Bundesligasaison<br />
2013/2014 befanden wir<br />
uns nach dem 15. Spieltag mit 16 Punkten<br />
auf Platz 13 der Tabelle. Mit 5<br />
Punkten Vorsprung auf unseren spä-<br />
Wir hatten ein<br />
spannendes Jahr,<br />
in der Tat wurde<br />
uns von morgens<br />
bis abends nicht<br />
langweilig. Neben einer vertrackten<br />
sportlichen Situation begriff die<br />
Mitgliedschaft endlich, dass man<br />
nicht immer nur so tun kann, dass<br />
man am „modernen Fußball“<br />
teilnimmt. Man musste schlussendlich<br />
akzeptieren, dass wir seit<br />
mittlerweile mehreren Dekaden<br />
nicht nur auf der Stelle traten,<br />
sondern an einem physikalischen<br />
Weltenwunder teilnahmen. Wir<br />
torkelten gemächlich und selbstzufrieden<br />
in zwei Richtungen gleichzeitig:<br />
wirtschaftlich rückwärts<br />
und sportlich abwärts.<br />
Wir taten das,wozu die Ausgeburt<br />
des deutschen Vereinswesen, der<br />
ADAC, erst Monate später fähig sein<br />
sollte. Der ADAC „gliederte aus“, ehe<br />
die Politik und die Verfolgungsbehörden<br />
dies tun sollten, fernab des ureigenen<br />
Verständnisses des „Automobilclubs“.<br />
Wir taten das gleiche, nur<br />
weit vorher, ohne glücklicherweise<br />
dasselbe tun zu müssen, fernab des<br />
existenziellen, ökonomischen<br />
Druckes. Oh, nein, nicht wirklich, die<br />
vermeintliche Weisheit der Mitgliedschaft<br />
war sehr wohl geprägt durch<br />
existenziellen Druck. Sportlich lastete<br />
der wahrlich als kurios zu bezeichnende<br />
Klassenerhalt auf den<br />
Fan- und Mitgliederseelen. Wirtschaftlich<br />
war der Lizenzspielbetrieb<br />
des <strong>HSV</strong> e.V. in der Bundesliga schon<br />
lange nicht mehr wirklich tragfähig.<br />
Und die AG leidet noch heute - mehr<br />
denn je - an den zero-return-investments<br />
in unterdurchschnittliches<br />
Führungspersonal. Und die Verantwortlichen<br />
sitzen feixend in der Ecke<br />
und lachen sich eins.<br />
Wir als <strong>HSV</strong>er müssen endlich<br />
lernen, gewisse Dinge, mit der im<br />
Sommer unter Krokodilstränen herbeigerufenen<br />
Demut zu tragen und<br />
auch zu ertragen. Es ist für mich immer<br />
noch ein grenzenloses Faszinosum,<br />
wie schnell der Irrsinn in unserer<br />
Stadt Kreise zieht, nur weil sich<br />
die gelangweilte Presse diverse Dinge<br />
aus den Finger saugen muss, da es<br />
keine Standleitung mehr zum Elferrat<br />
gibt. Genauso deppert verhalten sich<br />
viele Anhänger, Fans und Mitglieder<br />
des <strong>HSV</strong>, die hysterisch jeden verzapften<br />
Bockmist (sei es in den Printmedien<br />
und/oder in den angeschlossenen<br />
Funkhäusern im Internet…)<br />
aufgreifen und sofort mit brennenden<br />
Fackeln und Mistgabeln auf die Straße<br />
rennen.<br />
Es fehlt die realistische Einordnung,<br />
die gelassene Betrachtung, die<br />
Akzeptanz von Verhaltensweisen und<br />
es fehlt die Geduld. Gut, der alte<br />
Schnack, wenn ich etwas mit „Geduld“<br />
machen will, dann gehe ich zum Angeln<br />
und nicht zum Fußball, beschreibt<br />
wunderbar die Unvernunft,<br />
die das rasante Geschäft „Profi-Fußteren<br />
Zielplatz „15“.<br />
In der Bundesligasaison 2014/2015<br />
befinden wir uns am gleichen Spieltag<br />
mit 16 Punkten auf Platz 14. Vorsprung<br />
auf den Relegationsplatz: 2<br />
Punkte.<br />
Wir haben aber schon dazugelernt<br />
und beweisen Gelassenheit und sind<br />
froh und demütig, dass wir in kleinen<br />
Schritten aus dem Tabellenkeller herausklettern.<br />
Das ist durchaus als positives Zeichen<br />
anzuerkennen und sollte zu<br />
weiteren positiven Taten rund um<br />
den <strong>HSV</strong> anspornen.<br />
Der Supporters Club sollte weiterhin<br />
wohlwollend unterstützt und<br />
gefördert werden. Das Wirken der<br />
hauptamtlichen Mitarbeiter ist keinesfalls<br />
obsolet und die neue Abteilungsleitung<br />
verdient wirklich Respekt<br />
und Engagement durch die<br />
Mitglieder.<br />
Ebenso benötigt diese Publikation<br />
weiterhin ehrenamtliche Geister, die<br />
Lust haben, ihre Freizeit mit Gedanken<br />
und Geschreibsel, von Fans für<br />
Fans zu verschwenden.<br />
Ein frohes, neues Jahr.<br />
Nur der <strong>HSV</strong>!<br />
In diesem Sinne<br />
Hondo<br />
Impressum<br />
V.i.S.d.P.<br />
Jan David Talleur<br />
Frickestrasse 32<br />
20251 Hamburg<br />
www.hsv-schnack.de<br />
redaktion@hsv-schnack.de<br />
Fax : 04106/75124<br />
Layout/Grafik/Bildauswahl<br />
Melanie Freiesleben,<br />
Sunna Weber , Jan Wesuls<br />
Redaktion & Lektorat<br />
Manuela Gerick, Markus Bülck, Tommy Cosmo,<br />
Sven Dabelstein, Carsten Gerloff, Michael Greve,<br />
Max Ilse, Jens Kochte, Michael Neuhof,<br />
Jan David Talleur, Lenni Freiesleben,<br />
Johannes Arbter, Marcel Ehlers, Robert Strobel,<br />
Kai Bojens, Ansgar Tasche, Thomas Pundrich,<br />
Alexander Bierhaus, Willy Hilbert, Alex Burk,<br />
Helmut Seifert<br />
Wir bedanken uns<br />
…bei unseren Interviewpartnern<br />
Bernhard Peters, Daniel Petrowsky, Timo Horn,<br />
Martin Oetjens, Thomas Kerfin, Carsten Bürger,<br />
Matthias Helbing, Sebastian Baier, Marcus Wiebusch,<br />
Gerrit Heesemann, Dirk Böge, Ib Traoré<br />
…bei den Autoren<br />
Doreen Schneider, Maik Erbsmehl,<br />
Alexander von Beyme, Elke Opitz, Gabi Weidenhagen,<br />
Jiannis Manakitsas Reinhard Hupfer, Sven Kröger,<br />
Claudia Dreissigacker, Morten Armbrecht,<br />
Thorsten Lesch, Horst Schröder, Rolf Westphal,<br />
Cornelius Göbel<br />
…bei allen, die den <strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong><br />
unterstützt haben, insbesondere<br />
Jörn Wolf, Tobi Hauke, Markus Gorges &<br />
TEAM ICE Hotel Altona !!!, Christoph Zeuch,<br />
Andreas Wiese, Axel Formeseyn,<br />
Thees Uhlmann, Thorsten Ewert<br />
Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung<br />
des jeweiligen Autors und nicht immer die Meinung der<br />
Redaktion wieder. Die veröffentlichten Inhalte und Werke<br />
sind urheberrechtlich geschützt. Jede vom deutschen Urheberrecht<br />
nicht zugelassene Verwertung bedarf der vorherigen<br />
schriftlichen Zustimmung des jeweiligen Autors oder<br />
Urhebers. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigung, Bearbeitung,<br />
Übersetzung, Einspeicherung, Verarbeitung bzw.<br />
Wiedergabe von Inhalten in Datenbanken oder anderen<br />
elektronischen Medien und Systemen. Inhalte und Beiträge<br />
Dritter sind dabei als solche gekennzeichnet. Die unerlaubte<br />
Vervielfältigung oder Weitergabe einzelner Inhalte oder<br />
kompletter Seiten ist nicht gestattet und strafbar. Lediglich<br />
die Herstellung von Kopien und Downloads für den persönlichen,<br />
privaten und nicht kommerziellen Gebrauch ist erlaubt.<br />
Links zur Website von <strong>HSV</strong> <strong>SCHNACK</strong> sind jederzeit willkommen<br />
und bedürfen keiner Zustimmung durch den Anbieter der Website.<br />
Auf ein<br />
Erfolgreiches jahr<br />
2015<br />
NUR der <strong>HSV</strong><br />
61