rohstoffindizes - EXtra-Magazin
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Kommentar<br />
Macht Deutschland jetzt<br />
den Fehler der Griechen<br />
Dr. Hüfner beleuchtet und kommentiert im <strong>EXtra</strong>-<strong>Magazin</strong> konjunkturelle Entwicklungen. Er war vor seiner Zeit bei<br />
Assenagon Chefvolkswirt der HypoVereinsbank und ist ein ausgewiesener Experte auf diesem Gebiet.<br />
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Die geplante Steuersenkung in Deutschland ist gut. Sie kommt aber zum falschen Zeitpunkt.<br />
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Die gesamtwirtschaftlichen Wachstumsraten in Deutschland sind so hoch, dass sie auf Dauer nicht ohne<br />
stärkere Preis- und Lohnsteigerungen durchhaltbar sind.<br />
■■<br />
In einer solchen Situation sollte die Finanzpolitik bremsen, aber nicht expansive Impulse geben.<br />
Verkehrte Welt: Da klagen in Deutschland<br />
alle über die hohe Steuer- und Abgabenlast.<br />
Dann beschließt die Bundesregierung<br />
eine Senkung – und keiner freut sich. Wie<br />
kann das kommen<br />
Zum Teil wird der Regierung vorgeworfen,<br />
es handele sich nur um ein Wahlgeschenk.<br />
Darauf deutet der ins Auge gefasste Termin<br />
2013 (= nächste Bundestagswahl) hin.<br />
Man sollte die Koalition in einer Demokratie<br />
aber nicht dafür schelten, dass sie Wahlen<br />
gewinnen will.<br />
Aus ökonomischer Sicht sind Steuersenkungen<br />
grundsätzlich sinnvoll. Sie entlasten<br />
die Bürger, vor allem diejenigen mit<br />
niedrigen und mittleren Einkommen. Das<br />
erhöht deren Kaufkraft und stärkt den<br />
privaten Verbrauch. Wenn auch noch die<br />
mittelständischen Unternehmen entlastet<br />
würden, könnte dies auch den Investitionen<br />
zugutekommen.<br />
Steuersenkungen helfen auch den europäischen<br />
Nachbarn. Sie können mehr in die<br />
Bundesrepublik exportieren. Der deutsche<br />
Leistungsbilanzüberschuss geht zurück.<br />
Natürlich sind die Effekte nicht allzu groß.<br />
Die Regierung spricht von einer Entlastung<br />
von 7 Mrd. Euro plus eventuell 8 Mrd. Euro<br />
durch niedrigere Rentenbeiträge. Das wären<br />
zusammen gerade einmal 0,6 Prozent<br />
des Bruttoinlandsprodukts beziehungsweise<br />
im Schnitt 15 Euro pro Monat für jeden<br />
Bürger.<br />
Negativ ist, dass dann das Geld zu einer<br />
Verringerung der Staatsverschuldung fehlt<br />
(Ende 2010 = 2.080 Mrd. Euro). Das setzt<br />
ein schlechtes Beispiel für die eigene Bevölkerung<br />
und ist für die Schuldnerstaaten<br />
in Südeuropa, die so stark sparen müssen,<br />
eine Provokation. Problematisch wäre eine<br />
Senkung der Rentenbeiträge, weil jeder<br />
weiß, dass die Rentenversicherung durch<br />
die demografische Alterung vor großen Belastungen<br />
steht.<br />
Negativ sind – und darauf kommt es mir<br />
hier an – schließlich die konjunkturellen<br />
Wirkungen. Die Bundesrepublik befindet<br />
sich derzeit auf dem geraden Weg zu<br />
einer Überhitzung. Das Wachstum des<br />
Angebots liegt wegen der geringen Investitionstätigkeit<br />
der vergangenen Jahre<br />
derzeit bei rund 1 % bis 1,5 % pro Jahr.<br />
Der Zuwachs der Nachfrage beträgt ein<br />
Vielfaches davon (2010: 3,6 %; 2011: 3,4<br />
%; 2012 vermutlich 2 % bis 2,5 %). Bis jetzt<br />
war das noch vertretbar, weil es nach der<br />
Krise noch unausgelastete Kapazitäten<br />
gab. In Zukunft muss aber zunehmend mit<br />
Engpässen und unerwünschten Preis- und<br />
Dr. Martin W. Hüfner<br />
Chefvolkswirt<br />
Assenagon Asset Management S.A.<br />
Lohnsteigerungen gerechnet werden. Die<br />
Unternehmen klagen zunehmend über<br />
Facharbeitermangel.<br />
An sich müsste die Geldpolitik in einer solchen<br />
Situation gegensteuern. Das kann sie<br />
jedoch nur unzureichend. Sie muss auf die<br />
schwächeren Länder in Südeuropa Rücksicht<br />
nehmen. Umso stärker müsste die<br />
Fiskalpolitik reagieren. Sie muss nicht nur<br />
die öffentlichen Defizite zurückführen, wie<br />
das derzeit geschieht. Sie müsste darüber<br />
hinaus Überschüsse in den öffentlichen<br />
Haushalten anstreben, um die Konjunktur<br />
zu stabilisieren.<br />
18 August 2011