FachkrÃ¤fte â€“ wirklich schon RaritÃ¤ten? - Sparkassenzeitung

M A N A G E R M A G A Z I N D E R S P A R K A S S E N - F I N A N Z G R U P P E 

Kunst der 

Entfesselung 

Schauspieler beraten 

Sparkassenmitarbeiter 

Fabrik für 

Dienstleister 

LBB-Tochter 

BankenService 

bündelt Aktivitäten 

DER ERNEUERER 

Wie Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff 

die Energiewende mitgestalten will 

ZKZ 6374 Sparkasse 

129. JAHRGANG – NUMMER 1 JANUAR 2012

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UMBAU 

Liebe Leserinnen 

und Leser 

Geht den Protagonisten der Energiewende 

schon die Puste aus? Zwar 

haben Bundesbürger im Dezember so 

viele Solaranlagen auf ihre Dächer bauen 

lassen wie nie zuvor. Im gesamten 

Jahr 2011 waren es 7500 Megawatt und 

damit 100 Megawatt mehr als 

im Rekordjahr 2010. Aber der 

Boom hat nur zu heftigen 

Debatten über die künftige 

Förderpolitik geführt. Angesichts 

des Preisverfalls von 

Solarmodulen wollen Verbraucherschützer 

die Förderung 

schneller zurückfahren 

als geplant. Auch der Politik 

ist der teure Solarstrom ein 

Dorn im Auge. 

Das sieht nicht nach stabilen 

Förderkonditionen aus, 

wie sie Sachsen-Anhalts Ministerpräsident 

Rainer Haseloff im Titelinterview 

dieser Ausgabe fordert. Vielmehr zeichnet 

sich ab, was Haseloff wahrscheinlich 

zutreffend „Komplettumbau der 

Gesellschaft“ nennt. Energie werde 

„künftig größere Teile eines Familieneinkommens 

binden“ und „jedem 

Einzelnen konkrete Verhaltensänderungen“ 

abverlangen. Dabei sei noch 

gar nicht damit begonnen worden, für 

gesellschaftliche Akzeptanz der Energiewende 

zu werben (ab Seite 14). 

Die Fotovoltaik-Hersteller und Anlagenbauer 

kämpfen trotz erhöhter Nachfrage 

schon jetzt ums Überleben und 

gegen Dumpingpreise chinesischer 

Hersteller (Seite 22). Nach vielen Firmenpleiten 

in den USA mussten Ende 

2011 auch die deutschen Solarunter- 

Christoph Becker 

EDITORIAL 

3 

nehmen Solon und Solar Millennium 

Insolvenz anmelden. Auch Q-Cells 

schwächelt schon seit Längerem. Vielleicht 

gelingt das Helios-Projekt in Griechenland, 

wo allem Chaos zum Trotz 

die Sonne immer noch ausdauernder 

scheint als hierzulande (Seite 

20). 

Nicht nur die Energiebranche 

steht vor gravierenden 

Umbauten, sondern unser 

gesamtes Währungssystem. 

Volkswirte der Sparkassen-Finanzgruppe 

sehen den Euro 

in seinem Schicksalsjahr. Die 

Experten der Helaba haben 

ihre Prognosen passenderweise 

unter das Motto griechischer 

Götter- und Heldensagen 

gestellt. Immerhin 

findet sich hier neben dem bekannten 

gordischen Knoten und einem sportlichen 

Steinewälzer auch das Szenario 

„Phönix aus der Asche“, allerdings nur 

mit einer Wahrscheinlichkeit von zehn 

Prozent (Seiten 10 bis 13). Die Arbeit am 

Mythos hat erst begonnen und ist wahrscheinlich 

wieder einmal Chefsache. 

Christoph Becker, 

Redakteur SPARKASSE 

Managermagazin 

der Sparkassen-Finanzgruppe 

SPARKASSE JANUAR 2012 

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4 

KOMMENTAR 

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für Vervielfältigungen, Übersetzungen, 

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Mitglied der Fachgruppe 

Fachzeitschriften im 

VDZ. Artikelnummer: 

328 081 501 

KOMMUNALGESCHÄFT 

Kämmerer müssen umdenken 

Die Nachricht, dass die WL- 

Bank sich aus der Kreditvergabe 

an klamme Kommunen 

zurückzieht, hat medial hohe 

Wellen geschlagen. Sollten die 

Beweggründe der Bank zutreffend 

sein oder sind sie eine 

Überreaktion auf die öffentliche 

Diskussion um Bonitäten 

von Öffentlichen Haushalten in 

Europa, auch in Deutschland? 

Was bedeutet der Schritt für die 

Finanzierung der Kommunen? 

Tatsache ist, dass Bund, Länder 

und Kommunen in Deutschland 

mit zwei Billionen Euro 

verschuldet sind. Kommunen 

finanzieren sich in hohem 

Maße über kurzfristige Kassenkredite, 

deren Volumen sich 

seit 1992 auf rund 40 Mrd. Euro 

verzwanzigfacht hat. Die Finanzierungsschwäche 

der Kommunen 

ist nicht zu leugnen, 

wenngleich sie regional sehr 

unterschiedlich ist. 

Lange Zeit wurde aber nicht 

nach der wirtschaftlichen Tragfähigkeit 

dieser Kreditnehmer 

gefragt. Nahezu alle deutschen 

Kommunen haben von den 

Kommunalfinanzierern Kredite 

zu gleichen Konditionen bei 

engsten Margen erhalten. 

Diese Zeiten sind vorbei. Auch 

die KfW hat zuletzt den maximalen 

Gesamtkreditbetrag für 

Kommunen begrenzt. Kämmerer 

berichten, dass die Zahl ihrer 

Finanzierer gesunken sei, 

vor allem bei Liquiditätskrediten 

und Krediten mit langer 

Zinsbindung. Einige Marktteilnehmer 

sprechen sogar von einer 

aktuellen „Krise der Kommunalfinanzierung“. 

Parallelen zu Griechenland? 

Ein Grund für diese Entwicklung 

ist, dass die Staatschuldenkrise 

aus Sicht der Kreditgeber 

das Ausfallrisiko von Schuldtiteln 

der öffentlichen Hand erhöht 

hat. Denn wenn die Politik 

wie im Fall Griechenlands von 

den Gläubigern fordert, sich an 

der Umschuldung zu beteiligen, 

und zwar mit dem Argument, 

die Banken hätten ja von dem 

Risikogehalt des Kredits an das 

hoch defizitäre Griechenland 

gewusst, dann bleibt das nicht 

ohne Einfluss auf die Bewertung 

anderer Staatskredite – 

auch der Kommunaldarlehen. 

Sebastian Bergmann, 

Experte Öffentliche Hand, 

DSGV 

Die WL Bank fürchtet offenbar, 

dass auch in Deutschland der 

Vorwurf an die Banken erhoben 

werden könnte, von der Haushaltsnotlage 

einer Kommune 

gewusst und dennoch finanziert 

zu haben. 

In der Tat erscheint der Unterschied 

zwischen einer Kommune 

mit ungenehmigtem Haushaltssicherungskonzept 

und 

einem Staat wie Griechenland 

unklar. Sind nicht beide strukturell 

defizitär? Kann also eine 

Kommune nicht doch ausfallen? 

Müsste eine Bonitätseinschätzung 

erfolgen? Zudem 

stellen die öffentlichen Pfandbriefe 

eine der wichtigsten Re- 

Kommunen sollten 

vermehrt Schuldscheine, 

Anleihen, 

Leasing oder auch 

PPP-Modelle nutzen, 

um ihre Finanzierungsgrundlage 

zu verbreitern. 

finanzierungsquellen dar, und 

die Deckungsstöcke stehen 

unter Begutachtung der Investoren 

und Ratingagenturen. Die 

Bestände darin müssen unzweifelhaft 

sein. 

Solche Befürchtungen sind 

indes übertrieben. Das Risikogewicht 

von Forderungen an 

die Bundesrepublik und regionale 

Gebietskörperschaften 


liegt auch unter Basel-III-Bedingungen 

bei null Prozent. 

Denn deutsche Kommunen 

sind insolvenzunfähig, weil alle 

staatlichen Ebenen füreinander 

einstehen, letztlich also die Gesamtheit 

der deutschen Steuerzahler. 

Es besteht kein Grund, 

Kommunen zu raten; sie müssen 

sich auch nicht selbst einem 

externen Rating unterziehen. 

Es fehlt ein Signal der Länder 

Allerdings gibt es gute Gründe 

dafür, dass mehrere Bundesländer 

angesichts wachsender KassenkreditbeständeEntschuldungsfonds 

aufgelegt haben, 

um hochverschuldeten Städten 

zu helfen. Die Bundesländer 

sollten eindeutige Signale geben, 

dass sie die Kommunen 

rechtzeitig mit nötigen finanziellen 

Mitteln ausstatten, und 

zwar bevor ein Haftungsfall eintritt. 

Etwa für das Saarland oder 

Schleswig-Holstein wird das 

aber nicht leicht sein. Diese Länder 

haben mit dem Stabilitätsrat 

selbst Sanierungsprogramme 

bis 2016 vereinbart. Der bessere 

Weg, um der Unsicherheit bei 

den Finanzierern zu begegnen, 

wäre es, die faktische Haftung 

der Länder zugunsten der Kommunen 

verfassungsrechtlich 

wasserdicht auszuformulieren. 

Ansteigende Kreditkonditionen 

und neue Rahmenbedingungen 

bei der Prolongation oder Neuaufnahme 

von Krediten dürften 

künftig an der Tagesordnung 

sein, sollte für Kommunaldarlehen 

nach Basel III die sogenannte 

Leverage Ratio wirklich zum Tragen 

kommen. Denn die Aufsichtsreform 

verstärkt die Gefahr, dass 

Geldinstitute das margenarme 

Kommunaldarlehensgeschäft 

reduzieren und die knappen 

Kreditkapazitäten in andere Geschäftsbereiche 

lenken. 

Kommunen sollten vermehrt 

andere Finanzierungswege wie 

Schuldscheine, Anleihen, Leasing 

oder auch PPP-Modelle 

nutzen, um ihre Finanzierungsgrundlage 

zu verbreitern. Vor 

allem aber sollten sie sich einen 

genauen Überblick über ihr 

Schuldenportfolio verschaffen 

und am besten heute damit 

anfangen, mögliche Risiken in 

Form von künftigen Zinsanstiegen 

zu begrenzen. �

Ausgabe 1 

Januar 2012 

Kommentar 

Kommunalgeschäft 

Kämmerer müssen umdenken, 

schreibt Sebastian Bergmann, 

DSGV-Experte Öffentliche Hand 4 

Impressum 4 

Nachrichten 

Deflation 

Volkswirte befürchten Konsumflaute 

und Arbeitslosigkeit 6 

Ratingmarkt – Gastbeitrag 

Sollten die Bankengruppen künftig 

selbst Ratings verkaufen? 8 

Ausbildung 

Die Sparkassenakademie heißt jetzt 

Management-Akademie 9 

Zukunft der Branche 

Sparkassen sollten ihre Filial- und 

Standortpolitik überdenken 9 

Investitionsklima 2012 

Viele Experten erwarten eine Erholung 

an den Aktienmärkten 10 

Zehn Jahre Euro – Essay 

Die Adoleszenzkrise macht den Euro 

stärker, schreibt DSGV-Experte 

Reinhold Rickes 12 

Märkte & Kunden 

˘ Recruiting – Interview 

Wie Sachsen-Anhalts Ministerpräsident 

Reiner Haseloff die Energiewende 

mitgestalten will 14 

26 

KOLUMNENTITEL INHALT 5 

Theater ersetzt Berater – So helfen Schauspieler beim Management 

Fotovoltaik I 

Griechenland hofft auf Investitionen 

in der Energiebranche 20 

Fotovoltaik II 

Deutsche Hersteller wehren sich 

gegen Billigproduzenten 22 

Geldanlage 

Zertifikate finden wieder mehr 

Abnehmer 23 

Studentenwohnungen 

Die Finanzierung von studentischem 

Wohnraum etabliert 

sich als Anlageklasse 24 

Kliniken 

200 Krankenhäuser stehen vor 

der Pleite – vor allem in strukturschwachen 

Regionen 25 

Management 

˘ Führung 

Ein Improvisationstheater hilft 

Mitarbeitern dabei, besser mit 

Veränderungen umzugehen 26 

Bürogestaltung 

Mit den richtigen Pflanzen lässt 

sich die Motivation steigern 29 

Technik 

Smartphones und Tablet-PCs 

faszinieren Manager – doch 

Vorsicht ist angebracht 32 

Projektmanagement 

Es lohnt sich, viel Energie in die 

Koordination zu investieren 34 

Finanzgruppe 

˘ Outsourcing – Interview 

BankenService Manager 

Haemmerling und Berentin zu 

Outsourcing-Chancen 36 

Forum 

Fachkräfte – wirklich schon 

Raritäten? 

Sieht Sachsen-Anhalt in guter Form: 

Ministerpräsident Haseloff Seite 14 

Zahlen per Karte 

Über Neuheiten bei Zahlsystemen 

diskutieren DSGV-Manager 

Werner Netzel und Matthias 

Kaufmann, Geschäftsführer von 

B+S-Card-Service 30 

Back-Office-Dienstleister: BankenService-Geschäftsführer Stefan 

Haemmerling (r.) und Ronald Berentin Seite 36 

˘ Titelthemen 


FOTOS: MARC DARCHINGER, STEIFE BRISE/JÖRG BÖH, LBB 

Es diskutieren Personalführungs- 

Experte Sascha Armutat und 

Personalberater Axel Haitzer 38 

Perspektiven 

Energie 

Kanadische Großbanken sind 

in der umstrittenen Ölsand- 

Förderung engagiert. Kleinen 

Banken führt das Kunden zu 40 

Literatur 

Recht 

Eine Sammlung von Urteilen 

zum Sparkassenrecht bringt 

Orientierungshilfen für 

die Rechtsabteilung 42

6 

NAMEN & NACHRICHTEN 

Personalien 

Ulrike Brouzi (46, Foto), Generalbevollmächtigte 

des 

Vorstands der Nord/LB für 

das Kapitalmarktgeschäft, 

ist seit Monatsbeginn Chief 

Operating Officer (COO) der 

Landesbank in Hannover. 

Brouzi übernimmt damit die 

Verantwortung für die Bereiche 

Organisation und IT, 

Controlling, Risikocontrolling, 

Unternehmensservice 

und Konzernsicherheit. Zudem 

ist sie für das GeschäftsgebietMecklenburg-Vorpommern 

zuständig. 

Marcel Thimm (51) ist neuer 

Vorstandschef der Sparkasse 

Freiburg Nördlicher 

Breisgau. Er folgt auf Horst 

Kary (65), der nach zwölf 

Jahren an der Spitze des 

Ins tituts und nach fast 50 

Dienstjahren in der Sparkassen-Finanzgruppe, 

davon 35 

Jahre als Vorstandsmitglied, 

in den Ruhestand tritt. 

Norbert Kleinle (48), ist seit 

Jahresbeginn neuer Vorstandsvorsitzender 

der 

Kreissparkasse Groß-Gerau. 

Sabine Funk (49), bisherige 

Direktorin Privatkunden des 

Instituts, ist in den Vorstand 

aufgerückt. Kleinle tritt die 

Nachfolge von Bernd Fickler 

(46) an, der nach sieben 

erfolgreichen Jahren an der 

Spitze der KSK Groß-Gerau 

als Vorstandsvorsitzender 

an seine „Heimatsparkasse“ 

nach Waiblingen zurückgekehrt 

ist. 

Andreas Fohrmann (48), 

zurzeit Vorstandsmitglied 

der Sachsen Bank Leipzig 

und verantwortlich für das 

Privatkundengeschäft, wird 

zum 1. März 2012 sein neues 

Amt als Vorstand der Sparkasse 

Chemnitz antreten. 

Uwe Schumacher (43) wird 

der neue Vorstandsvorsitzende 

der Sparkasse Märkisch-Oderland. 

Er wird die 

Nachfolge von Dietrich 

Harms (60) antreten, der ab 

Oktober 2012 in den Ruhestand 

geht. 

DEFLATION 

Wer nur noch spart, 

wird eingespart 

Wiederholt sich Geschichte doch? Volkswirte fürchten eine Abwärtsspirale 

aus Konsumflaute, sinkenden Gewinnen und steigender Arbeitslosigkeit. 

Ähnliche deflationäre Entwickelungen gab es bereits vor 139 Jahren während 

der Gründerkrise. Doch Extremszenarien halten nicht alle für wahrscheinlich. 

Deutsche Wirtschaftshistoriker 

nennen 

die Jahre von 1873 bis 

1890 die Zeit der Gründerkrise. 

Im Rest der 

Welt bezeichnen Ökonomen 

diese Ära anders. 

Für sie es es die Große 

Deflation. 

17 Jahren lang fielen 

damals in Europa und 

Nordamerika die Preise. 

Weil sich Unternehmen 

und Privathaushalte im 

vorherigen Boom massiv 

verschuldet hatten, 

mussten sie eisern sparen. 

Da kaum noch konsumiert 

wurde, brachen 

Umsätze und Gewinne 

ein, immer mehr Menschen 

verloren ihre Arbeit, 

was den Konsum 

weiter schwächte – ein 

Teufelskreis begann, 

der die Wirtschaft immer 

weiter in die Knie 

zwang. 

Teuerungsrate sinkt 

Jetzt mehren sich die 

Stimmen von Experten, 

die erneut fallende Preise, 

sinkende Gewinne 

und steigende Arbeitslosigkeit 

befürchten. 

In der Eurozone, den 

USA und selbst in der 

Schweiz und China fielen 

die Teuerungsraten 

in den vergangenen Monaten. 

„Viele deflationsbegünstigende 

Faktoren 

sind bereits präsent“, 

warnt der US-Ökonom 

A. Garry Shilling. Die 

von den Notenbanken 

in den USA und Europa 

mit Niedrigstzinsen be- 

flügeltenSchuldenexzesse der Vergangenheit 

hatten Spekulationsblasen 

an den Börsen und 

Immobilienmärkten 

genährt. Nachdem diese 

geplatzt sind und die 

Industrienationen in die 

Finanzkrise stürzten, 

lasten nun milliardenschwere 

Schuldenberge 

auf Privat- und Staatshaushalten. 

Die rigiden Sparmaßnahmen 

der hochverschuldetensüdeuropäischen 

Länder haben 

dort die Konjunktur bereits 

massiv einbrechen 

lassen. Das ließ auch die 

Wirtschaftsleistung der 

Exportnation Deutschland 

im vierten Quartal 

des vergangenen Jahres 

um ein Viertelprozent 

schrumpfen. Werde 

nicht schnell gegenge- 


steuert, „wird die Rezession 

in eine Deflation 

ausarten“, fürchtet Holger 

Schmieding, Chefvolkswirt 

der Berenberg 

Bank. Der italienische 

Wirtschaftsforscher 

Lorenzo Bini Smaghi 

mahnte noch kurz vor 

seinem Ausstieg aus 

dem Direktorium der Europäischen 

Zentralbank 

Ende Dezember, die EZB 

müsse bereit sein, „ihre 

Geldpolitik zu lockern, 

um eine Deflation abzuwenden“. 

Alle müssen sparen 

Wie in den Jahren nach 

1873 wollen auch jetzt 

die Staaten in Europa 

ihre Finanzen zu einem 

Zeitpunkt konsolidieren, 

zu dem auch die Privathaushalte 

ihre Gürtel 

enger schnallen müs- 

sen. Vor 140 Jahren hatte 

die öffentliche Hand 

die Konjunktur nicht 

stützen können, weil 

die USA die milliardenschwere 

Schuldenlast 

aus dem Bürgerkrieg 

abtragen musste. In Europa 

standen die Staaten 

wegen der immensen 

Kosten der deutschen 

Einigungskriege, des 

deutsch-französischen 

Kriegs und der vorangegangenen 

Konflikte 

auf der Krim und dem 

Balkan schwer in der 

Kreide. 

Große Konzerne bereiten 

sich deshalb bereits 

auf harte Zeiten vor. „Wir 

erwarten für 2012 eine 

Rezession in Europa“, 

sagt Carlos Ghosn, Vorstandschef 

der miteinander 

verflochtenen Automobilkonzerne 

Renault 

Der Fall Japan – bei Deflation helfen nur noch Aktien 

Auch ein Rückblick in das 

Japan des Jahres 1989 

zeigt, wie eine Deflation 

verläuft: Damals platzte die 

gigantische, kreditfinanzierte 

Spekulationsblase, 

die der Börse und dem Immobilienmarkt 

im Land zu 

immer neuen Rekorden 

verholfen hatte. Auf dem 

Höhepunkt dieser Entwicklung 

kostete ein Quadratmeter 

in einem Tokioter 

Büroturm 50.000 US-Dollar. 

Der Nikkei-Index notierte 

oberhalb von 39.000 Zählern. 

Dann begann eine bis 

heute andauernde Deflati- 

onsspirale mit Börsenflucht, 

schrumpfenden Konsum- 

und Unternehmensgewinnzahlen. 

Heute zählt der 

Nikkei weniger als 8500 

Punkte, Immobilien haben 

mehr als 70 Prozent an Wert 

eingebüßt. 

Japans verlorene Dekaden 

zeigen, dass die Deflation 

keine Assetklasse verschont. 

Selbst Gold verliere an Wert, 

sagt Volkswirt Günter Hannich. 

Weil Löhne und Renditen 

sinken, wird es immer 

teurer, vorhandene Kredite 

zu tilgen. „Menschen stoßen 

deshalb Gold ab, um sich 

rasch zu entschulden“, erläutert 

Hannich. „Relative 

Sicherheit bieten nur dividendenstarke 

Aktien von 

Versorgern, Nahrungsmittelproduzenten 

und Wohnungsunternehmen, 

weil 

deren Produkte und Dienstleistungen 

weiterhin benötigt 

werden“, sagt Dieter 

Thomaschowski, Geschäftsführer 

des Analysehauses 

Investment Research 

in Change IC. Kursverluste 

seien dennoch 

möglich, weil Anleger immer 

mehr Kapital von den 

Börsen abziehen.

Preisverfall bei steigenden Kapitalwerten – die Gefahr ist da, doch bis es tatsächlich 

zur Deflation kommt, muss noch viel schiefgehen, sagen viele Ökonomen. FOTO: DPA 

und Nissan. Die Nachfrage 

nach Kraftfahrzeugen 

werde in diesem Jahr auf 

dem Kontinent um drei 

bis fünf Prozent sinken. 

Die Großbank HSBC 

prognostiziert, dass die 

deutsche Wirtschaft 

auch in den kommenden 

beiden Quartalen weiter 

schrumpfen werde. 

Deflationäre Tendenzen 

gebe es bereits 

seit Längerem, argumentieren 

die Mahner. 

Bis zu Beginn der Finanzkrise 

seien viele 

Konsumenten in Europa 

und Nordamerika bereit 

gewesen, für marktneue 

Produkte hohe Preise zu 

zahlen, sagt Marian Salzman, 

Vorstandschefin 

der Marketingberatungsgesellschaft 

Euro 

RSCG Worldwide. Jetzt 

warteten immer mehr 

Verbraucher ab, bis diese 

Waren mit Rabatten 

angeboten werden. 

Neue Bescheidenheit 

Salzman: „Immer mehr 

Menschen gehen auf 

Schnäppchenjagd.“ Dieser 

Trend werde sich in 

den kommenden Jahren 

noch verstärken, meint 

Jan A. Poser, Chefökonom 

der Schweizer Bank 

Sarasin & Cie. „Es wird 

sich eine neue Bescheidenheit 

im Konsumsektor 

nach dem Motto 

‚Weniger ist mehr‘ etablieren.“ 

In der Deflation sinken 

nicht nur die Preise 

kontinuierlich. Spiegel- 

bildlich steigt auch der 

Wert des vorhandenen 

Kapitals. Deshalb sind 

Investoren in solchen 

Phasen bei ihren Anlageentscheidungen 

bereit, auf Renditen zu 

verzichten – oder sogar 

minimale Zinsverluste 

hinzunehmen, solange 

diese geringer sind als 

der Preisverfall. Was 

mehr als 100 Jahre lang 

in Europa lediglich in 

ökonomischen Theorien 

thematisiert wurde, ist 

nun wieder Realität geworden. 

Zu Beginn des 

neuen Jahres konnten 

Deutschland und Dänemark 

erstmals seit 1880 

wieder kurzlaufende 

Staatsanleihen zu Negativzinsen 

emittieren. 

Experten sind allerdings 

geteilter Meinung, 

wie groß die Deflationsgefahren 

tatsächlich 

s i n d . D e r d e u t s c h e 

Ökonom Günter Hannich 

zählt zu den Pessimisten. 

Eine mehrjährige 

konjunkturelle 

Schrumpfkur sei wegen 

der billionenschwere 

Schuldenlast in den 

Volkswirtschaften der 

Industrienationen programmiert: 

„Die Deflation 

wird kommen.“ 

Deutlich optimistischer 

sind andere 

Volkswirte. „Nur wenn 

die Eurozone auseinanderbricht, 

droht eine 

Deflation“, meint Folker 

Hellmeyer, Chefvolkswirt 

der Bremer Landesbank. 

Die EZB und 

die Regierungen der 

EU-Staaten würden jedoch 

alles tun, um die 

Gemeinschaftswährung 

zu erhalten, da gibt sich 

Hellmeyer zuversichtlich. 

„Die Wahrscheinlichkeit, 

dass diese Bemühungen 

scheitern, 

beträgt nur zehn Prozent.“ 

Deka sieht Lichtblick 

Dekabank-Chefökonom 

Ulrich Kater sieht das 

Risiko für einen Wirtschaftseinbruchhingegen 

bei 20 Prozent: 

„Eine Verschärfung 

der Finanzmarktturbulenzen 

könnte die Unternehmen 

und Konsumenten 

in den USA 

und Europa so sehr 

verunsichern, dass sie 

über eine ausgeprägte 

Investitions- und Konsumzurückhaltung 

eine 

erneute tiefe Rezession 

herbeiführen.“ 

Deutlich realistischer 

sei aber die Annahme, 

dass es nur einen moderatenKonjunkturabschwung 

gebe und im 

Lauf der kommenden 

Monate die Wirtschaft 

in der Eurozone und 

der übrigen Welt wieder 

Fahrt aufnehme. 

„Die Wahrscheinlichkeit 

hierfür“, sagt Kater, 

„beträgt 75 Prozent.“ � 

Richard Haimann 

Lesen Sie bitte auch die 

Seiten 10 bis 12. 


NAMEN & NACHRICHTEN 7 

Zuviel Geld 

Pressespiegel 

In Deutschland gibt es, so viel auch gerne geklagt wird, lukrative 

Gehälter, sichere Arbeitsplätze, hohe Infrastrukturleistungen, 

gute Sozialleistungen, eine ordentliche allgemeine 

Krankenversorgung, ein hervorragendes Kultur- und 

Freizeitangebot. Und Sicherheit auf den Straßen. Das alles 

ist sehr angenehm. Nur: […] Nicht mal die wirtschaftsstarken 

Deutschen können sich diesen Lebensstil ungestraft leisten. 

Sie leben auf Kosten einer immensen Neuverschuldung. […] 

Das Funktionieren der Demokratie ist mit Geld erkauft worden, 

das die Regierenden nie hatten. Dass dieses System 

womöglich nicht auf ewig funktioniert, dass es irgendwann 

niemanden mehr gibt, der neues Geld nachschießen will, 

das wollte man bisher nicht wahrhaben. Dabei kann man es 

wissen seit dem Fall Griechenland. 

Süddeutsche Zeitung, 31. Dezember 2011 

Transatlantische Illusion 

Dass den USA die Onlinesicherheit über alles geht, wie dies 

in Deutschland gerne angenommen wird, dürfte eine Fehleinschätzung 

sein. […] Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten 

genügen Benutzername und selbst gewähltes Passwort, 

um vollen Zugriff auf ein Konto zu haben. […] Auch der 

US-Regierung scheint es vor allem wichtig, etwa zur Terrorabwehr 

selbst Zugriff auf die Daten der Onlinenutzer zu 

haben – in Europa stehende Server inbegriffen. So lange dies 

der Fall ist […] bleibt der gemeinsame Kampf für Datensicherheit 

eine transatlantische Illusion. 

Börsen-Zeitung, 28. Dezember 2011 

Sparen und Geld einsammeln 

In der Krise gibt die Notenbank den Banken unbegrenzt hohe 

Mittel zu einem historisch niedrigen Zinssatz für eine historisch 

lange Laufzeit. […] Wie sollen die Banken je wieder 

entwöhnt werden? Das gelingt nur mit einer Lösung der 

Euro-Schuldenkrise. Die Finanzmärkte müssen überzeugt 

werden, dass kein Euro-Staat pleitegeht. […] Für die EZB 

beginnt im Erfolgsfall eine ebenso schwierige Aufgabe: Sie 

muss dann das viele Geld wieder einsammeln. Da werden 

viele Leute schimpfen, die Notenbank würge die Konjunktur 

ab. Tatsächlich erwürgt die Notenbank damit die Inflationsgefahr. 

Süddeutsche Zeitung, 22. Dezember 2011 

Zweimal gescheitert 

Schon zweimal ist Commerzbank-Chef Martin Blessing grandios 

gescheitert. Die Übernahme der Dresdner Bank war ein 

Fehler, weil sie außer Altlasten aus dem Kapitalmarktgeschäft 

keinerlei Ergänzung brachte und nur die strukturellen Probleme 

der Bank vervielfachte. Mit der Teilrückzahlung der 

Staatshilfen schoss er über das Ziel hinaus. […] Höchste Zeit 

eigentlich, dass der Aufsichtsrat personelle Konsequenzen 

zieht. Doch davor muss Blessing sich nicht fürchten, denn 

an der Spitze des Aufsichtsrats sitzt sein Vorgänger und 

Ziehvater Klaus-Peter Müller. 

Frankfurter Rundschau, 3. Dezember 2011 

Warnsignal 

„Die Märkte“, also Anleger, müssen den europäischen Regierungen 

Monat für Monat Abermilliarden von Euro leihen, 

da sollte man ihnen nicht unnötig die Arbeit erschweren. 

Sogar die Bundesregierung hatte bei der letzten Auktion 

Schwierigkeiten, Abnehmer für ihre Anleihen zu finden. Man 

muss das Ergebnis dieser Auktion nicht dramatisieren, aber 

es war ein Warnsignal: Die Zeit rennt davon, auch für die 

Deutschen. 

Süddeutsche Zeitung, 2. Dezember 2011

8 

RATING 


„Mischt den Markt doch 

selber auf“ 

Die Kritik an den drei weltweit dominierenden Ratingagenturen 

verstummt nicht. Deutsche Geschäfts- und Genossenschaftsbanken 

und die Sparkassen-Finanzgruppe könnten auf dem 

oligopolistischen Ratingmarkt für mehr Wettbewerb sorgen und 

gleichzeitig ein neues Geschäftsfeld erobern, schreibt Dozent 

und Berater Andreas Buschmeier. 

Die Hauptkritikpunkte am Ratingmarkt 

sind fehlender Wettbewerb 

und mangelnde Transparenz. Beide 

Probleme lassen sich simultan lösen, 

indem jede der drei deutschen Kreditinstitutsgruppen 

eine eigene, zentrale 

Ratingagentur gründet. Bereits mit 

Basel II werden explizit bankinterne 

Ratings (IRBA) bei der Berechnung der 

Eigenkapitalunterlegung berücksichtigt. 

Die internen Ratingmethoden müssen 

von den nationalen Aufsichtsbehörden 

überprüft und genehmigt werden, was zu 

einer im Vergleich mit externen Ratings 

höheren Transparenz führt. Zur bank- 

TERMIN 

internen Bonitätsbewertung wird von 

allen Mitgliedern des jeweiligen Finanzverbunds 

eine einheitliche Ratingsoftware 

verwendet, bei den Sparkassen von 

S-Rating. 

Passende Software gibt es schon 

Der Bereich der Marktfolge ließe sich daher 

problemlos im Verbund zentralisieren, 

was zu einer effizienteren und damit 

für die Banken und ihren Kunden kostengünstigeren 

Kreditbearbeitung führt. 

Der Bereich Markt und die endgültige 

Kreditentscheidung verbleibt – konform 

zu den MaRisk – bei der einzelnen Spar- 

Faktor Nachhaltigkeit 

Das 12. Sparkassen-Forum Deutscher Mittelstand am 27. und 

28. Februar 2012 befasst sich mit dem Thema Energiewende. 

Unter dem Motto „Energiewende – 

Chancen für den Mittelstand“ wird 

das diesjährige Sparkassen-Forum Deutscher 

Mittelstand in Berlin veranstaltet. 

Rund 600 Gäste aus Wirtschaft, Politik 

und der Sparkassen-Finanzgruppe 

werden erwartet, um gemeinsam die 

Frage zu diskutieren: „Was bedeutet die 

Energiewende für den deutschen Mittelstand?“ 

Eine nachhaltige und klimaverträgliche 

Energieversorgung gewinnt immer 

mehr an Bedeutung. Der deutsche 

Mittelstand muss innovative Lösungen 

finden, um seine Marktchancen auf 

diesem Gebiet und im internationalen 

Wettbewerb zu nutzen. Beim Forum 

werden die Chancen und Herausforde- 

rungen der Energiewende gegenübergestellt 

und die Auswirkungen auf mittelständische 

Unternehmen erörtert. 

Den Auftakt bildet die Abendveranstaltung 

am 27. Februar, die Gelegenheit 

zum Austausch und Kennenlernen 

bietet. Zum Forumstag am 28. Februar 

werden hochkarätige Redner wie 

Otto Kentzler, Präsident des Zentralverbandes 

des Deutschen Handwerks, 

und weitere Experten aus Politik und 

Wirtschaft erwartet. Am Nachmittag 

des Forumstags können die Gäste zudem 

das Thema der Gesamtveranstaltung 

in verschiedenen Themenforen 

vertiefen. 

mittelstandsforum@dsgv.de. 


Die großen Agenturen drohen damit, die 

Bonität der Eurozone herabzustufen. Noch 

hat es keine europäische Ratingagentur 

geschafft, in die Klasse der Großen. Sollten 

die deutschen Kreditinstitutsgruppen in die 

Bresche springen? FOTO: DPA 

kasse. Diese zentralen Ratingagenturen 

der Kreditinstitutsgruppen verwenden 

das aufsichtlich überprüfte bankinterne 

Ratingsystem und haben durch die Institute 

vor Ort direkten Kontakt zu den 

Kunden. Damit und über die Haftung der 

Bank bei Kreditausfall wird eine korrekte 

Bonitätseinschätzung gewährleistet. 

Ratings als neues Geschäftsfeld 

Eine Übernahme des Geschäftsmodells 

der externen Ratingagenturen verspricht 

für die Agenturen der Institutsgruppen 

ein lukratives Geschäft und für den 

Rating markt qualifizierten Wettbewerb. 

Zusätzlich erhält der Mittelstand Zugang 

zu anerkannten und kostengünstigen 

Ratings, die bei Veröffentlichung eine 

positive Signalwirkung für das jeweilige 

Unternehmen haben können. Man 

könnte die institutsgruppeneigene Agentur 

im Sparkassenlager bei einer Landesbank, 

bei S-Rating oder beim Deutschen 

Sparkassen- und Giroverband (DSGV) 

ansiedeln. 

Mit Länderratings haben die Kreditinstitute 

noch wenig Erfahrung. Dennoch 

werden auch bei Unternehmensratings 

länderspezifische Faktoren berücksichtigt. 

Es sollte für die Banken daher gut 

möglich sein, mittelfristig eine gute Reputation 

auch für Länderratings aufzubauen. 

��

LEHRINSTITUT 

Ausbildung 

2.0 

Die Sparkassenakademie 

firmiert um – zur Management- 

Akademie der Sparkassen- 

Finanzgruppe. 

An der Spitze der Bildungsarchitektur 

und des Bildungsangebots steht 

das Lehrinstitut. In der Organisation 

und bei den Lehrinhalten des Intensivlehrgangs 

stehen aktualisierende Änderungen 

an. Das Präsenzstudium des 

74. Lehrgangs beginnt im Februar 2012. 

Ab dann werden zunehmend Manager 

und Mitarbeiter der Verbundunternehmen 

– etwa S-Broker, DSV und DekaBank 

– als Dozenten referieren. Das soll dazu 

beitragen, dass verstärkt Netzwerke und 

Kontakte innerhalb der Sparkassen- 

Finanzgruppe entstehen. 

Vernetzung in der Gruppe 

Ebenso wurde der Studienpart zum strategischen 

Management mit aktuellen 

Themen angereichert. So treten künftig 

zu den Themen Innovations-, Markenund 

Komplexitätsmanagement Vortragende 

aus der Sparkassen-Finanzgruppe 

auf. Auf diese Weise soll im Lehrinstitut 

das Wertesystem der Sparkassen-Finanzgruppe 

vermittelt und weitergegeben 

werden. Auch die Themen für die Projektarbeiten 

der Studierenden stammen 

aus der Sparkassen-Finanzgruppe. Jeder 

Lehrgangsteilnehmer bearbeitet sein 

Thema in Kooperation mit einem Institut. 

Um Managementwissen und -kompetenzen 

stärker in das Angebot der Akademie 

zu integrieren, ist das siebenmonatige 

Präsenzstudium beim Lehrinstitut 

künftig in sechs Module unterteilt. Auf die 

Vermittlung der wirtschafts- und rechtswissenschaftlichen 

Grundlagen folgen 

die Studienmodule strategisches Management 

und Banksteuerung. Hier werden 

die Studierenden mit den strategischen 

und operativen Vorgängen in einer 

Sparkasse und mit den internen Steuerungsmechanismen 

vertraut gemacht. 

Der Projektarbeit folgt das Modul Vertriebsmanagement, 

den Abschluss bildet 

das Thema Führung und Persönlichkeit. 

Eine individuelle Persönlichkeitsentwicklung 

der Teilnehmer wird während 

des Studiums auch durch ein begleitendes 

Coaching gewährleistet. 

� 

Martina Spichal-Mößner, DSGV 

www.s-lehrinstitut.de 

Wir unterscheiden in der Alltagssprache 

zwischen Will-Welten und 

Muss-Welten: „Ich will mir Schuhe kaufen“, 

oder „Ich will in den Urlaub fahren“. 

Aber: „Ich muss zum Arzt,“ oder 

„Ich muss Steuern bezahlen.“ Erschreckend 

für die Kreditbranche sollte die 

Erkenntnis sein, dass es in der 

deutschen Umgangssprache 

auch ein „Ich will zur Bank“ 

nicht gibt – allenfalls als Berufswunsch, 

wenn jemand ins 

Bankfach will. Sogar in Mehrfachaussagen 

werden deutliche 

Unterschiede gemacht: 

„Ich will mich mit Freunden 

treffen und muss vorher noch 

schnell bei der Bank vorbei.“ 

Es macht eben wenig Spaß, an 

das Alter und an Vorsorge zu 

denken. 

Diese sprachliche Beobachtung 

stützt die Tatsache, dass 

Banken grundsätzlich keine 

guten Erfahrungen mit Filialen 

in Einkaufszentren gemacht haben. 

Der Geldautomat läuft zwar gut, der Produktabsatz 

aber nicht. Samstags beim 

Familieneinkauf möchte niemand zwischen 

Bummeln und Espresso-Trinken 

noch einen Zahnarzt- oder Banktermin 

einschieben. Das hat nichts mit der 

Qualität der Beratung und der Freundlichkeit 

der Berater zu tun. Bankgeschäfte 

haben einfach keinen positiven 

Erlebniskern. 

Zur Bank muss man wie zum Arzt 

Was folgt daraus? Eine ansprechende 

Außen- und Innenarchitektur wird der 

Kunde zwar ebenso gern wahrnehmen 

wie eine modern gestaltete Arztpraxis. 

Er wird aber deshalb nicht lieber zum 

Arzt oder zur Bank gehen. Anziehungskraft 

üben lediglich Geldautomaten 

aus, wie die Nutzungsquoten von Geräten 

an verkehrsgünstigen Standorten 

außerhalb von Bankfilialen zeigen. Nur 

wenn der Kunde eine Baufinanzierung 

oder eine Anlageberatung braucht, wird 

er zur Bank seiner Wahl gehen – und das 

nicht von Filialgestaltung oder -standort 

abhängig machen. 

Für ein Geldinstitut ist insofern ein 

Innenstadt-Standort in der Nähe von 

Boutiquen, Cafés und sonstigen Läden 

oder in einer Shopping-Passage mit Einzelhandelsgeschäften 

aus der Will-Welt 



ZUKUNFT DER BRANCHE 

Dort sein, wo der Kunde ist 

Kunden gehen nur in ein Geldinstitut, wenn sie es müssen. 

Das hat gravierende Folgen für die Filial- und Standortpolitik. 

Kolumnenautor 

Prof. Marcus 

Riekeberg, 

Geschäftsführer 

Sparkassen 

Network Consulting 

Bayern 

wenig sinnvoll. Hier sind die Kunden 

eher emotional gestimmt, eine Bankberatung 

würde als störend, ja negativ 

erlebt. Frequenzsteigerung im Sinne 

von „durchlaufender“ Kundschaft stellt 

sich zwar ein, aber meist kein Zuwachs 

an fundiertem Geschäft. 

Besser für ein Geldinstitut 

wäre eine Kombination mit 

einem Lebensmittelmarkt – 

identische Öffnungszeiten 

vorausgesetzt – einem Ärztehaus, 

einer Apotheke, einer 

Bäckerei oder anderen Einzelhandelsgeschäften 

für den 

täglichen Bedarf, idealerweise 

in verkehrsgünstiger Lage 

und mit Parkraum in Außenbezirken 

von Städten und 

Gemeinden. Beispiele aus Österreich 

zeigen, dass dies ein 

vielversprechender Weg ist. 

Auch aus kommunalpolitischer 

Sicht sind diese Überlegungen 

folgenreich. Die 

Annahme, eine Sparkassenfiliale ziehe 

Menschen an und könne damit das 

Ausbluten eines dezentralen Unterzentrums 

verhindern, ist falsch – vor allem 

wenn man berücksichtigt, dass bargeldlose 

Zahlungsmöglichkeiten auch die 

Attraktivität von Geldautomaten verringern 

werden. 

Es ist wenig sinnvoll, viel Geld in Filialen 

mit Wohlfühl-Charakter zu investieren 

und darauf zu hoffen, dass die 

Kunden irgendwann gerne kommen. 

Eine Bank muss sich vielmehr räumlich 

und prozessual sozusagen in den Weg 

stellen, also den Kunden an verkehrsgünstigen 

Standorten mit Supermärkten, 

Apotheken oder Ärztehäusern dort 

abholen, wo er sowieso hin muss. Hier 

sind Kunden eher in rationaler Stimmung, 

die zum Bankgeschäft passt. Das 

berücksichtigt etwa die Postbank bei 

ihrer Kooperation mit Shell. Der Kunde 

muss ohnehin zur Tankstelle – dann 

kann er die Bankdienstleistung auch 

gleich mitnehmen. 

Ein prozessuales In-den-Weg-stellen 

kann bedeuten, dass der Kunde die 

Finanzierung hochwertiger Konsumgüter 

am Point of Sale angeboten bekommt 

– und zwar von seiner Hausbank 

und nicht vom Einzelhändler. Hier sind 

technische Lösungen wie die Sparkassencard 

Plus geeignete Modelle. 

�

10 


INVESTITIONSKLIMA 2012 

Schicksalsjahr 

Volkswirte halten mittlerweile das Undenkbare für nicht mehr unmöglich: den Zusammenbruch 

der Eurozone, gefolgt von einer weltweiten Depression. Hohe Wahrscheinlichkeiten billigen sie 

dem Untergangsszenario jedoch nicht zu. Vielmehr erwarten viele Experten ein Ende der Krise 

und eine mehr oder weniger kräftige Erholung an den Aktienmärkten. 

Das gerade angelaufene Jahr, da sind 

sich die meisten Anlagestrategen 

sicher, wird in die Geschichte eingehen 

– entweder als das Jahr, in dem der Euro 

endgültig als zweite große Reservewährung 

der Weltwirtschaft etabliert wird. 

Oder als das Jahr, in dem der Traum eines 

gemeinsamen europäischen Monetärverbunds 

platzt. Sollte Letzteres geschehen, 

„würde die größte Finanzkrise der Moderne 

ausgelöst“, warnt Folker Hellmeyer, 

Chefvolkswirt der Bremer Landesbank. 

„Der Zerfall der Eurozone würde zu einer 

schweren Rezession oder gar Depression 

und politischer Destabilisierung auf globaler 

Ebene führen.“ 

Noch Anfang vergangenen Jahres hatte 

kein Ökonom ernsthaft mit einem solchen 

Szenario gerechnet. Inzwischen aber wird 

das einst Undenkbare für nicht mehr vollkommen 

abwegig gehalten, nachdem es 

den Regierungen der Euro-Staaten, der 

Europäischen Zentralbank und der EU- 

Kommission in den vergangenen zwölf 

Monaten nicht gelungen ist, die Kapitalmärkte 

mit einem Rettungskonzept zu 

überzeugen. Dennoch überwiegt eine positive 

Sicht bei Weitem. Hellmeyer kommt 

in seiner Prognose für das noch neue Jahr 

zu dem Schluss, dass für „ein Scheitern 

der Eurozone eine zehnprozentige Wahrscheinlichkeit“ 

besteht. 

Dafür, dass die Weltwirtschaft dieses 

Jahr in die Rezession abgleiten wird, 

sieht Gertrud R. Traud, Chefvolkswirtin 

der Landesbank Hessen-Thüringen, allerdings 

eine 20-prozentige Wahrscheinlichkeit. 

Um die Dramatik der Lage zu 

unterstreichen, hat die Helaba ihren 

Kapitalmarktausblick für 2012 unter 

das Thema „Götter- und Heldensagen“ 

gestellt. Das Negativszenario trägt den 

Namen des Griechen Sisyphos, der zwar 

den Tod bezwang, aber für alle Zeit einen 

schweren Felsblock einen Hügel hinauf 

wälzen muss. 

In dieser Worst-Case-Annahme scheitern 

nicht nur die Eurostaaten daran, 

die Schuldenkrise zu lösen. Gleichzeitig 

platzt in China die Immobilienblase, was 

zu weiteren realwirtschaftlichen Verwerfungen 

rund um den Globus führt. „Auf 

die Aktienmärkte würde dann ein weiterer 

Einbruch zurollen“, erläutert Traud. 

Die Suche der Anleger würde hingegen 

die Kurse von Bundesanleihen und die 

Notierung des US-Dollars treiben. 

Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank, 

sieht für sein Negativszenario 

ebenfalls eine Wahrscheinlichkeit von 

20 Prozent. Mehrere parallel verlaufende 

Geschehnisse könnten die Weltwirtschaft 

abstürzen lassen. Neben der Eurokrise 

sieht Kater als möglichen Auslöser, 

dass die anhaltenden Turbulenzen an 

den Finanzmärkten Unternehmen und 

Verbraucher so verunsichern, dass „eine 

ausgeprägte Investitions- oder Konsumzurückhaltung 

eine erneute tiefe Rezession 

herbeiführt“. Schließlich könnten 

die Banken wegen drastisch gestiegener 

Eigen kapitalanforderungen durch den 

umstrittenen Stresstest der europäischen 

Aufsicht EBA gezwungen sein, 

den Kredit hahn zuzudrehen und damit 

die Realwirtschaft abwürgen. 

Letzteres Szenario ist allerdings durch 

einen energischen Schritt der Europäischen 

Zentralbank (EZB) unwahrscheinlich 

geworden. Die EZB gewährt 

den Instituten inzwischen unbegrenzte 

Kredite zum Leitzinssatz über einen Zeitraum 

von bis zu drei Jahren. Die übrigen 

Krisen entwürfe halten alle Autoren zwar 

für möglich, deutlich wahrscheinlicher 

ist es ihrer Ansicht nach jedoch, dass die 

Eurostaaten die Kurve kriegen. 

Prognosen sind eher optimistisch 

Die Wahrscheinlichkeit, dass die Staatsschuldenkrise 

in diesem Jahr gelöst werde, 

liege bei 75 Prozent sagt Kater. Zwar 

werde in diesem Fall die Wirtschaftszone 

der Gemeinschaftswährung in den kommenden 

Monaten eine moderate Rezession 

durchlaufen. „Verunsicherte private 

Haushalte und Unternehmen werden 

in diesem Umfeld erst einmal abwarten, 

als zu konsumieren und zu investieren“, 

sagt der DekaBank-Experte. Danach aber 

„wird das globale Wachstum langsam 

wieder in die Gänge kommen“. 

Helaba-Chefvolkswirtin Traud blickt 

in ihrem Hauptszenario – „Gordischer 

Knoten“ betitelt – ebenfalls optimistisch 

nach vorn. So wie Alexander der Große 

der Sage nach mit einem Schwerthieb 

die unlösbar verknoteten Seile am Streit- 


Die Prognosen der Helabastehen unter dem 

Motto „griechische Götter- und Heldensagen“. 

Das Negativszenario trägt den Namen 

des ewigen Steinewälzers Sisyphos. 

FOTO: CORBIS 

wagen des phrygischen Königs Gordios 

durchschlagen hat, werde es den Eurostaaten 

gelingen, sich aus den Fesseln der 

Schuldenkrise zu befreien. „Damit würden 

die Kapitalmärkte wieder in ruhiges 

Fahrwasser geraten“, sagt Traud. „Nach 

den negativen Übertreibungen im Jahr 

2011 zeichnet sich für 2012 ein insgesamt 

gutes Aktienjahr mit zweistelligen 

Zuwächsen ab.“ 

Der Dax dürfte sich in diesem Fall bis 

Jahresende wieder an die Marke von 7000 

Punkten heranarbeiten, sagt Traud. Auch 

Hellmeyer hält diesen Indexstand in seinem 

Basisszenario für Möglich. 60 Prozent 

betrage danach die Wahrscheinlichkeit, 

dass die Krise in der Eurozone 

zwar vorerst weiter schwelt, jedoch keine

globale Rezession verursacht. Unternehmen 

würden nur vorsichtig investieren 

und Verbraucher nur zurückhaltend konsumieren. 

„Die Schwellenländer bleiben 

in diesem Fall der wesentliche Motor der 

Weltwirtschaft“, sagt der Bremer Chefökonom. 

Der Dax könnte in diesem Fall 

zwar im Jahresverlauf vorübergehend 

Tiefststände zwischen 4700 und 5000 

Punkten erreichen. Danach aber sieht 

Hellmeyer den Index auf 6700 bis 7000 

Punkte zulegen. 

In ihrem optimistischen Szenario sehen 

Traud und Hellmeyer den Dax in diesem 

Jahr sogar in den Bereich zwischen 7700 

und 8000 Punkte steigen. Die 

Annahmen unterstellen, dass 

die Schuldenkrise in diesem 

Frühjahr rasch gelöst wird – 

sei es, weil die EZB unbegrenzt 

Staatsanleihen aufkauft oder 

China mit seinen Kapitalreserven 

die Eurostaaten massiv 

stützt. Dadurch, sagt Hellmeyer, 

„wäre das Fundament gelegt für 

markante Konjunkturbeschleunigung 

für den Rest des Jahres“. 

Der Chefvolkswirt der Bremer 

Landesbank billigt einem 

solchen Szenario eine Wahrscheinlichkeit 

von immerhin 

30 Prozent zu. Helaba-Chefökonomin 

Traud hingegen sieht für 

diesen „Phönix aus der Asche“ 

betitelten Konjunkturentwurf nur eine 

Wahrscheinlichkeit von zehn Prozent. 

Noch weniger optimistisch ist Kater. Der 

Chefprognostiker der DekaBank beziffert 

die Chance für einen schnellen Turnaround 

von Konjunktur und Finanzmärkten 

mit lediglich fünf Prozent. 

Zudem sieht Kater höhere Renditechance 

bei ausländischen Aktien als bei deutschen 

Werten. Seinem Basisszenario 

„Für 2012 

zeichnet sich 

ein insgesamt 

gutes 

Aktienjahr 

mit zweistelligenZuwächsen 

ab.“ 

Gertrud R. Traud, 

Chefvolkswirtin der 

Helaba 

Erdrückende Zinslast für Staatsanleihen 

zufolge wird der Dax bis Jahresende nur 

auf 6500 Punkte steigen. Gegenüber dem 

Indexstand vom 20. Dezember entspricht 

dies nur einem Plus von 11,2 Prozent. 

Hingegen prognostiziert der DekaBank- 

Experte für den breiten Europaindex 

Euro stoxx 50 ein Plus von 14,9 Prozent 

auf 2600 Zähler. Das US-Aktienmarktbarometer 

S&P 500 sieht Kater sogar um 

17,3 Prozent auf 1450 Punkte steigen. 

Diverse Experten sehen US-Aktien in 

diesem Jahr als aussichtsreichste Wahl 

an den Börsen. „Die meisten US-Papiere 

sind unterbewertet“, sagt Hersh Cohen, 

Chief Investment Manager beim Aktienmanager 

ClearBridge Advi- 

sors. Dies gelte insbesondere 

für die Bluechip-Unternehmen 

wie Exxon, Microsoft und Walmart. 

„Sie sind gut bei Kasse 

und werden deshalb ihre Dividenden 

anheben oder Aktienrückkaufprogramme 

starten“, 

prognostiziert Cohen. 

Die US-Konjunktur hat im 

Herbst vergangenen Jahres 

erstmals wieder richtig Fahrt 

aufgenommen. Die Arbeitslosenrate 

sank seit dem Sommer 

von neun auf 8,6 Prozent. 

Die privaten Konsumausgaben 

lagen im Oktober 2,3 Prozent 

höher als im Vorjahresmonat. 

Weil 2012 ein Präsidentschaftswahljahr 

in den USA ist, dürfte 

die Regierung alles daransetzen, die Wirtschaft 

weiter anzukurbeln. „US-Aktien 

haben ein sehr gutes Jahr vor sich“, meint 

Cohen. 

Geteilter Ansicht sind die Strategen hingegen 

bei der Einschätzung Chinas. Die 

Wirtschaft im Land kühlt sich deutlich 

ab, die Börsen sind im letzten Quartal 

2011 massiv gefallen. Katers DekaBank- 



Team geht davon aus, dass die Konjunktur 

des Wirtschaftsgiganten in Fernost 

dieses Jahr nur noch um acht Prozent 

wachsen wird, nach 9,1 Prozent im Jahr 

2011. Das könnte zwar die noch ambitioniert 

bewerteten chinesischen Aktien 

weiter unter Druck bringen. Doch Chinas 

Regierung hat ausländischen Investoren 

zu Beginn des Jahres den direkten Zugang 

zu den Börsen des Landes massiv 

erleichtert. Raymond Ma, Fondsmanager 

bei Fidelty Worldwide Investment, 

rechnet deshalb mit steigenden Kursen: 

„Sobald die politische Lockerung erste 

Wirkung zeigt, sollte sich der chinesische 

Aktienmarkt besser entwickeln als die 

Börsen in Europa und den USA.“ 

Unterbewertete Märkte in Asien 

Hingegen raten die Strategen von East 

Capital, russische Aktien chinesischen 

Papieren vorzuziehen. Eine anziehende 

Weltkonjunktur werde die Nachfrage 

nach Rohstoffen treiben und damit die 

von Öl- und Gaswerten dominierte Moskauer 

Börse beflügeln. Shogo Maeda, 

Leiter japanische Aktien bei Schroder 

Investment Management, empfiehlt, 

Nipponwerte jetzt dem Portfolio beizumischen. 

Nach dem verheerenden Erdbeben 

und der anschließenden Atomkatastrophe 

von Fukushima seien die 

Bewertungen japanischer Aktien „auf 

dem niedrigsten Stand seit Jahrzehnten“. 

Dabei haben die Unternehmen laut 

Maeda ihre Nettoverschuldung in den 

vergangenen zehn Jahren halbiert und 

verfügten über genügend Liquidität, um 

die Dividenden zu erhöhen und Aktienrückkaufprogramme 

zu starten, sagt 

Maeda. „Es kann eigentlich nur noch aufwärts 

gehen.“ � 

Richard Haimann 

Mit Bundesanleihen konnten Anleger 2011 

gutes Geld verdienen. In der Eurokrise flüchteten 

Investoren massiv in deutsche Staatsschuldverschreibungen. 

Die Kurse zehnjähriger 

Papiere schnellten so stark in die Höhe, dass 

die Rendite im Dezember vergangenen Jahres 

weniger als 1,9 Prozent betrug. Im neuen 

Jahr sehen Strategen jedoch keine Chance, 

mit Bundesanleihen noch Geld verdienen zu 

können. Sie erwarten in ihren Basisszenario 

vielmehr, dass Investoren massiv Kapital aus 

deutschen Schuldverschreibungen abziehen 

und in Aktien umschichten werden. Das würde 

die Kurse von Bundesanleihen sinken und 

spiegelbildlich ihre Renditen steigen lassen. 

Dekabank-Chefvolkswirt Ulrich Kater rechnet 

damit, dass die Renditen zehnjähriger Papiere 

im Jahresverlauf bis auf drei Prozent steigen 

werden. Sein Kollege Folker Hellmeyer von der 

Bremer Landesbank hält in seinem optimistischen 

Szenario sogar einen Renditeanstieg 

auf 3,5 bis 3,8 Prozent für möglich.

12 


ZEHN JAHRE EURO – ESSAY 

Flegeljahre 

Der Euro existiert seit dreizehn, das Euro-Bargeld seit zehn Jahren. Die Währung befindet sich 

zurzeit in einer Adoleszenzkrise, aus der sie aber gestärkt hervorgehen wird, wenn Aufsicht und 

Fiskalpolitik den richtigen Weg bestimmen, schreibt DSGV-Experte Reinhold Rickes. 

Unsere Währung wird langsam erwachsen. 

Die Pubertät ist eine 

schwierige Phase, in der sich entscheidet, 

welcher Weg künftig eingeschlagen 

wird. So scheint es auch mit dem Euro zu 

sein. Zwar stellte sich im Januar 1999 in 

den Mitgliedstaaten eine Zinskonvergenz 

ein, die das freudige Ereignis der Euro- 

Bargeldeinführung schon vorwegnahm. 

2002 schauten dann alle verzückt auf 

die rasche Entwicklung und die Zinskonvergenz 

auf niedrigem Niveau, verloren 

aber aus dem Blick, dass Widersprüche 

in der neuen Währung bereits angelegt 

waren. Die Finanzkrise von 2008 machte 

das erstmals deutlich fühlbar. Im vergangenen 

Jahr wurde dann von Monat 

zu Monat offensichtlicher, dass der Euro 

eine konsequente Führung braucht, damit 

er sich nachhaltig entwickeln und 

das friedliche Zusammenleben in Europa 

weiter befördern kann. 

Wäre der Euro plötzlich nicht mehr da, 

würden überwunden geglaubte Konflikte 

wieder aufbrechen und Bürger und 

Banken aller Länder in Mitleidenschaft 

ziehen. Deutschland könnte zwar Ausgleichsforderungen 

einführen, um die 

Liquidität zu sichern, doch die Euro-Altlasten 

würden vor allem die deutschen 

Staatsschulden explodieren lassen und 

die politische Handlungsfähigkeit auf 

Jahrzehnte drastisch einschränken. 

Aber soweit wird es nicht kommen. Die 

Beschlüsse der Staats- und Regierungschefs 

vom Dezember leisten einen Beitrag, 

das Vertrauen der Märkte zu stärken. 

Dem pubertierenden Euro wird damit der 

richtige Weg zur Konsolidierung vorgegeben. 

So soll es künftig eine Fiskalunion 

geben, aber nicht im Sinne einer Vergemeinschaftung 

der nationalen Finanzpolitiken, 

sondern zur Stärkung der Stabilitätsunion. 

Schuldenstaaten müssen 

künftig verantwortlich ihre Finanzpolitik 

gegenüber Rat und Kommission gestalten. 

Damit werden wohlfahrtsstaatlich 

beförderter Schuldenmacherei und disziplinloser 

Haushaltspolitik vieler EU- 

Mitgliedstaaten klare Grenzen gesetzt. 

Ein wichtiger Stabilitätsanker werden die 

einklagbaren Schuldengrenzen sein. 

Zudem bleibt die Unabhängigkeit der 

Europäischen Zentralbank unangetastet. 

Dem Eurosystem und der Europäischen 

Zentralbank wird so der Rücken freige- 

Der Euro hat Geburtstag – dieses Jahr wird 

über seine weitere Entwicklung entschieden. 

FOTO: DPA 

halten, damit diese im Rahmen ihrer 

Möglichkeiten und ohne Gefährdung 

ihres Hauptziels die Märkte beruhigen. 

Mit der Ertüchtigung des Rettungsschirms 

und der Verankerung klarer 

Regeln für die Finanzmärkte werden 

mit Blick auf die Märkte für die Refinanzierung 

der Staatsanleihen die richtigen 

Weichen zur Überwindung der Vertrauenskrise 

gestellt. Auch die von den Regierungen 

in Griechenland und Italien 

vorgestellten Konsolidierungsmaßnahmen 

könnten die Wettbewerbsfähigkeit 

dieser Volkswirtschaften stärken. Als 

Benchmarkstaaten geltende Länder wie 

Deutschland müssen sich aber ebenfalls 

der Aufgabe stellen, ihre Staatsschuldenquoten 

zu senken. Das gilt vor allem auch 

für die USA. 

2012 – das Jahr des Euro 

Die Aufsicht muss jetzt wirkungsvoll, und 

ohne Konflikte aufzubauen für Stabilität 

sorgen. Effektives Zusammenwirken 

makro- und mikroprudentieller Aufsicht 

muss das Erwachsenwerden des Euro begleiten. 

Entscheidend ist, dass die Europäische 

Zentralbank (EZB) unter Führung 

der europäischen Makroaufsicht 

(European Systemic Risk Board) den von 

der Europäischen Bankaufsichtsbehörde 

aufgebauten Stress wieder aus dem 

Markt nimmt. Weitere prozyklisch wirkende 

Stressszenarien müssen auf jeden 


Fall verhindert werden. Wie das geht, hat 

im Dezember etwa die Europäische Versicherungsaufsicht 

(EIOPA) vorgeführt, 

als sie diplomatisch auf die ebenfalls 

schwierige Lage der europäischen Versicherungen 

hingewiesen hat. Irritationen 

der Marktteilnehmer blieben dabei aus. 

Im Vergleich zu den Aufregermethoden 

der Bankenaufsicht ist dieser vorsichtige 

Weg sicherlich vorzuziehen. 

Staatsanleihen sind sichere Anlagen 

Grundlage für jede gute Entwicklung 

ist Vertrauen. Für den Euro und seine 

Volkswirtschaften muss daher deutlich 

gemacht werden, dass Staatsanleihen 

in der Europäischen Währungsunion 

wertsichere Anlagen sind. Nach dem Fall 

Griechenlands gilt es, weitere Ausfälle zu 

verhindern. Jedes Land muss mit seiner 

Wirtschaftsleistung und seinem Vermögen 

für seine Schulden uneingeschränkt 

einstehen. Zudem bleibt wahr, dass in 

den Kernländern der Europäischen Währungsunion 

Schuldenstände und Korrekturbedarf 

beim laufenden Haushaltsdefizit 

lange nicht so hoch sind wie in den 

USA und Japan. 

Der weitere Werdegang des Euro wird 

vor allem von der Glaubwürdigkeit der 

Fiskalpolitik und der Aufsicht abhängen. 

Der EZB kommt die Aufgabe zu, die 

Refinanzierung während der unsicheren 

Übergangszeit sicherzustellen. Dabei 

muss sie an ihrem Mandat festhalten 

und darf keine Inflationserwartungen 

aufkommen lassen. Nur so lässt sich die 

Stabilität des Preisniveaus sichern. Erste 

Marktreaktionen auf die verbesserten 

Refinanzierungskonditionen für Banken 

zeigen, dass keine weitere Verschärfung 

der Krise eingetreten ist. Vor allem der 

Drei-Jahrestender der EZB mit einen Volumen 

von knapp einer halben Billion 

Euro – das entspricht rund der Hälfte der 

Refinanzierung Deutschlands im Jahr 

2012 – hat die Liquidität der Banken erst 

einmal gesichert. 

Adoleszenzphasen gehen vorüber. Und 

wenn der Euro charakterlich gefestigt 

aus der Krise hervorgeht, sehen seine 

Perspektiven gut aus. 

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Der Autor ist Volkswirt und Finanzmarktexperte 

beim DSGV und war von 1999 bis 2002 Euro- 

Koordinator.

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14 

MÄRKTE & KUNDEN 

LANDESPOLITIK – TITELINTERVIEW 

Verjüngungskur 

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff ist seit April letzten Jahres im Amt. Die 

ökonomische Zukunft des traditionsreichen Industriestandorts liegt für ihn in regenerativen 

Energien und mit ihnen verbundenen neuen Techniken. Die gesellschaftlichen Folgen der 

Energiewende und des demografischen Wandels will Haseloff mitgestalten. 

� VON CHRISTOPH BECKER 

Sachsen-Anhalts Landesvertretung 

in der Bundeshauptstadt hat im 

legendä ren Bülow-Palais eine Bleibe gefunden. 

Der unweit der S-Bahn zwischen 

Hauptbahnhof und Friedrichstraße gelegene 

Repräsentationsbau hat schon viele 

Wandlungen hinter sich. Um 1820 als 

Wohnhaus erbaut und 1876 im klassizistischen 

Stil erweitert, zogen später ein 

Krankenhaus und der Berliner Milchbetrieb 

Bolle ein. Von 1946 bis 1990 residierte 

hier der exklusive Künstlerclub 

„Die Möwe“, wo neben DDR-Filmgrößen 

auch viele westdeutsche Kulturschaffende 

aus und ein gingen. 

Reiner Haseloff, neuer Ministerpräsident 

von Sachsen-Anhalt und Hausherr 

in der Luisenstraße 18, blickt nicht ohne 

Stolz auf diese Vergangenheiten zurück 

– und auf seine Zeit als Vorsitzender 

der Ministerpräsidentenkonferenz: „Die 

Ener giewende hat hier in diesem Haus, 

in der ,Möwe‘ begonnen, das ist historisch 

verbrieft“, sagt im Interview der promovierte 

Physiker, der bis zum Mauerfall 

in der DDR-Umweltforschung tätig war. 

„Danach sind wir zur Bundeskanzlerin 

gegangen und haben unseren 16:0-Beschluss 

noch einmal für den Bundesrat 

fixiert.“ 

„Gesellschaftlicher Totalumbau“ 

Doch einstimmige Beschlüsse sind das 

eine – der Weg zur Energiewende das andere. 

Ein steuerliches Anreizsystem für 

die energetische Sanierung von Wohngebäuden 

sei zu wenig, kritisiert der 

Ministerpräsident und fordert zusätzlich 

KfW-Mittel, um auch Rentner mit 

Immobilienbesitz fürs Wärmedämmen 

zu begeistern. Sonderbedingungen fordert 

er auch für die sachsen-anhaltische 

„Brücken technologie“, die Braunkohle, 

und mahnt die Bundesregierung, die 

Steuerzahler der vom Netzausbau besonders 

betroffenen Bundesländer nicht allein 

auf den Kosten sitzen zu lassen. 

Der Politprofi und Physiker spricht gerne 

Klartext: Die Energiewende bedeute 

einen gesellschaftlichen Totalumbau, 

den die Erwerbstätigen bezahlen werden. 

Auch der Familienurlaub werde ange- 

sichts steigender Energiekosten künftig 

vielleicht häufiger in die nähere Umgebung 

führen. Das meint Haseloff aber 

nicht sarkastisch oder negativ, dazu weiß 

der bekennende Katholik mit DDR-Sozialisation 

zu genau, was das Wort (Reise)- 

Freiheit bedeutet. Er sieht die Zukunft 

tatsächlich im Land, dessen Arbeits-, 

Bildungs- und Freizeitmöglichkeiten er 

vor allem frauen- und familienfreundlich 

gestalten will, damit der demografische 

Wandel aus einer der traditionsreichsten 

Kultur- und Industrieregionen 

der Republik keine Wüstenei macht. 

SPARKASSE: Herr Haseloff, wie macht sich 

die Euro-Krise in Sachsen-Anhalt bemerkbar? 

Reiner Haseloff: In den Prozessen der 

Realwirtschaft kaum. In Sachsen-Anhalt 

sind 99 Prozent der Unternehmen Mittelständler 

mit weniger als 250 Beschäftigten. 

Die Unternehmensfinanzierung 

funktioniert hier grundsätzlich gut, im 

operativen Geschäft und auch bei den 

Betriebsexpansionen, nicht zuletzt dank 

der Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken. 

Es finden sich genügend Investoren? 

Haseloff: Hier liegen die Probleme eher 

bei den internationalen Konzernen. Wir 

spüren bei bestimmten Projekten mit höherem 

Investitionsbedarf, der sich nicht 

mit Landesbank und Sparkasse vor Ort 

realisieren lässt, eine deutliche Zurückhaltung 

der Investoren. Auch in dem für 

uns zentralen Solarbereich wird derzeit 

nur zögerlich investiert, obwohl es vernünftige 

Fördermöglichkeiten gibt. 


Die Kreissparkasse Anhalt-Bitterfeld hat ein 

100-Dächer-Sonderprogramm zur Finanzierung 

privater Solarstromanlagen aufgelegt. 

Halten Sie es für interessant, solche Maßnahmen 

auszuweiten? 

Haseloff: Darüber sollte man nachdenken. 

Wir treffen uns demnächst mit den 

Geschäftsführern der wichtigsten Solarunternehmen. 

In den Gesprächen geht es 

darum, wie auf kommunaler Ebene interessante 

Auftragsvolumina im Solarbereich 

zustande kommen können. 

Wenn sich Investoren hierzulande zurückhalten, 

können andere in die Bresche springen. 

Immerhin haben chinesische Staatsbetriebe 

das Maschinenbauunternehmen Schiess in 

Aschersleben übernommen und Gewerbeflächen 

gekauft. 

Haseloff: Nicht zu vergessen das chinesische 

Unternehmen GA Pack, das Mitte 

Juli nahe Halle den Grundstein für ein 

neues 50-Millionen-Euro-Werk zur Herstellung 

steriler Kartonverpackungen 

gelegt hat. Auch bei Investoren in Fernost 

hat sich längst herumgesprochen, dass 

Sachsen-Anhalt hervorragende Standortbedingungen 

bietet. Zudem machen 

wir dort auch selbst Werbung. Erst im 

Oktober war Wirtschaftsstaatssekretär 

Michael Richter eine Woche lang mit Vertretern 

aus Wirtschaft und Wissenschaft 

in China, um Kontakte zu knüpfen und 

neue Investoren für Sachsen-Anhalt zu 

gewinnen. China ist mittlerweile unser 

wichtigster Außenhandelspartner außerhalb 

Europas. Auch deshalb unterhält 

das Land gemeinsam mit den Industrie- 

und Handelskammern sowie den Städten 

Magdeburg und Halle eine Repräsentanz 

in Shanghai. 

„Bei Investoren in Fernost hat sich längst 

herumgesprochen, dass Sachsen-Anhalt 

hervorragende Standortbedingungen 

bietet.“ 

Reiner Haseloff, Minsterpräsident von Sachsen-Anhalt

Ministerpräsident Reiner 

Haseloff in den historischen 

Räumen der sachsen-anhaltischen 

Landesvertretung in 

Berlin. FOTOS: MARC DARCHINGER

16 


Die europäische Bankenaufsicht EBA versucht, 

die Euro-Krise zu bekämpfen, indem 

sie europäische Banken zum Abbau von Risikoaktiva 

zwingt. Ist das der richtige Weg 

oder könnte das in Deutschland die Kreditfinanzierung 

der Betriebe stören? 

Haseloff: Man muss solche Forderungen 

der europäischen Bankenaufsicht 

immer im Rahmen des EU-Gesamtsystems 

sehen und ernst nehmen. Wir in 

Deutschland haben ja das Problem, dass 

wir bestimmte, historisch gewachsene 

Sonderstrukturen in Brüssel und den 

relevanten politischen Gremien erst erklären 

müssen: die Handwerksordnung, 

die duale Ausbildung und eben auch das 

Finanzsystem mit der besonderen Rolle 

der öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute. 

Wir sind aber vor allem wegen der 

Erfahrungen der vergangenen drei Jahre 

der Meinung, dass wir konsequent an unserem 

System festhalten müssen. Denn 

inzwischen gibt es ja den empirischen 

Nachweis, dass wir in der globalen Finanz- 

und Wirtschaftskrise mit unseren 

vielen Stabilitätselementen gut beraten 

waren. 

Dann könnten unsere europäischen Nachbarn 

etwas davon übernehmen? 

Haseloff: Einige Elemente des deutschen 

Systems ließen sich sicher übernehmen. 

Die Länder sind zwar jetzt vor 

allem damit beschäftigt, ihre Haushalte 

zu ordnen. Sobald aber Europa die heiße 

Phase der Finanz- und Eurostabilisierung 

hinter sich gelassen hat, muss 

es auf europäischer Ebene eine Analyse 

der Strukturen geben, damit vergleichbare 

Sicherungsmechanismen geschaffen 

werden können. Doch das wird sicher 

nicht so aussehen, dass wir unsere Standards 

absenken und uns um Elemente 

bringen, die uns erfolgreich gemacht haben. 

Zwar gibt es bei den Landesbanken 

noch einiges nachzujustieren, aber es 

ist gut, dass wir uns das stabilisierende 

Element der Sparkassen von der Europäischen 

Union nicht aus der Hand haben 

nehmen lassen. 

Auch einige US-Bundesstaaten wollen sparkassenähnliche 

Kreditinstitute gründen, um 

der Kreditklemme in den USA Herr zu werden. 

Stimmt Sie das zuversichtlich? 


Haseloff: Wenn jetzt in den USA, wo ja 

noch vor Kurzem abschätzig vom „alten 

Europa“ gesprochen wurde, gewisse Systemgrenzen 

erkannt werden, kann uns 

das in der europäischen Diskussion argumentativ 

nur den Rücken stärken. 

Künftig müssen Geldinstitute auch für Kommunalkredite 

mehr Eigenkapital vorhalten. 

Eine Volksbank in Nordrhein-Westfalen hat 

bereits angekündigt, keine Kommunalkredite 

mehr zu vergeben, weil das Risiko 

nicht mehr kalkulierbar sei. Befürchten Sie 

ähnliche Entwicklungen auch in Ihrem Bundesland? 

Haseloff: Wir haben in den Kommunen 

eine Reihe von Stabilisierungsprogrammen 

durchgeführt, Stark II nennt sich 

das bei uns. Wir lösen Kommunalkredite 

ab, um zur Entschuldung einer Kommune 

beizutragen, und nutzen dabei unsere 

Investitionsbank. Die Kommunen sind 

dann einer sehr strengen Haushaltsdisziplin 

unterworfen. Derzeit sind extreme 

Entwicklungen aber nicht zu spüren, zumal 

das Land im Rating insgesamt ganz 

gut platziert wurde. Entsprechend ange-

nehm sind unsere Kreditkonditionen. 

Wird sich der Wettbewerb der Kommunen 

um Kredite verschärfen? 

Haseloff: Wo ein solcher Wettbewerb 

auftritt, hätte er auch seine guten Seiten, 

weil er die Kommunen dazu zwingt, 

Neuverschuldung zu vermeiden und 

den Haushalt zu konsolidieren. Aber mit 

Blick auf die Finanzverfassung der Nationalstaaten 

und einzelner Regionen weltweit, 

sind wir hier noch auf einer stabilen 

Insel, deren Gesamtsystem immer noch 

in sich funktioniert, wie alle volkswirtschaftlichen 

Daten belegen. Die Banken 

sollten selbst unter den verschärften Eigenkapitalbedingungen 

nicht hysterisch 

werden. 

In Sachsen-Anhalt ist von einer Kreditklemme 

noch nichts zu spüren. Im ersten Halbjahr 

2011 haben die 13 Sparkassen in Sachsen- 

Anhalt für mehr als 686 Mio. Euro neue Kredite 

zugesagt. Das entspricht einem Plus von 

insgesamt 8,4 Prozent, bei den Wirtschaftskrediten 

mehr als 32 Prozent. Welche Branchen 

profitieren davon besonders? 

Haseloff: In dem Kreditvolumen spiegelt 

sich zunächst einmal die aktuelle Wachstumssituation 

im Land wider. Für die ersten 

beiden Quartale 2011 haben wir nach 

Baden-Württemberg und dem Saarland 

das dritthöchste Wirtschaftswachstum. 

Das ist nicht von ungefähr so gekommen. 

Bis 1989 hatten wir Mono strukturen. Im 

Süden des Landes dominierte die Chemieindustrie, 

im Norden der Maschinenbau, 

weshalb uns der Umbau nach der Wende 

besonders hart getroffen hat. Daher habe 


MÄRKTE & KUNDEN 17 

„Zwar gibt es bei den Landesbanken noch einiges nachzujustieren, 

aber es ist gut, dass wir uns das stabilisierende Element der 

Sparkassen von der europäischen Union nicht aus der Hand 

haben nehmen lassen.“ 

Industrielandschaft im Wandel – Sachsen-Anhalt sucht nach Perspektiven 

Sachsen-Anhalt musste nach 1990 einen kompletten 

Strukturwandel vollziehen. Insbesondere 

die großen Kombinate hatten Schwierigkeiten 

beim Übergang in die Marktwirtschaft. 

Die veralteten technischen Anlagen erforderten 

einen hohen Einsatz von Arbeitskräften und 

verursachten schwere Umweltschäden. Nach 

dem Zusammenbruch der alten Kombinate im 

Chemiedreieck und im traditionellen Bergbau 

wurde mit hohem Kraftaufwand in Chemieindustrie, 

Maschinenbau, Ernährungsgewerbe 

und Tourismus investiert. Eine starke, öffentlich 

geförderte Forschungslandschaft unterstützte 

den Wandel. Neben den traditionellen Branchen 

haben sich in Kooperation mit Universitäten 

und Instituten heute Unternehmen in den 

ich während meiner Zeit als Wirtschaftsminister 

nicht mehr auf einseitige Förderung, 

sondern auf branchenübergreifende 

Diversifikation gesetzt, sofern gewisse 

Kriterien wie Innovationstiefe und Arbeitsplatzzahlen 

erfüllt waren. 

Branchenschwerpunkte gibt es aber bis 

heute. 

Haseloff: Ja, 250 Unternehmen mit insgesamt 

20.000 Arbeitsplätzen sind als 

Automobilzulieferer tätig. In den Chemieparks 

haben sich ebenfalls viele mittelgroße 

Unternehmen angesiedelt, auch 

im Bereich Biotechnologie. Am beschäftigungsintensivsten 

ist die Ernährungsgüterwirtschaft, 

die in Sachsen-Anhalt 

basierend auf der effektiven landwirtschaftlichen 

Produktion einen hohen 

Veredelungsgrad realisiert. 

Branchen Automobilindustrie, Biotechnologie, 

Informations- und Kommunikationstechnik 

angesiedelt. Nachwachsende Rohstoffe, Windenergie 

und Fotovoltaik haben sich als neue 

Wirtschaftszweige etabliert. Im Chemiedreieck 

werden heute die umfangreichsten Auslandsinvestitionen 

ganz Ostdeutschlands getätigt. Ein 

wichtiger Handelspartner ist China. 

Ökonomische Facetten Sachsen-Anhalts (v.l.): Geförderte Unternehmen im Solar Valley und Chemiepark entwickeln Zukunftstechnologie für 

die Energiewende, der Maschinenbauer Schiess in Aschersleben hat seit August auch einen chinesischen Geschäftsführer. Die meisten 

Menschen sind in der Landwirtschaft beschäftigt: Gerstenernte im Bördekreis und Weinlese in Zappendorf bei Halle. FOTOS: DPA

18 


Bagger, Barock und Bauhaus – Sachsen-Anhalt will als Kulturland bekannter werden 

Magdeburg, heute Landeshauptstadt von 

Sachsen-Anhalt, war bereits im Frühmittelalter 

eines der politischen und kulturellen Zentren 

des Reiches. Heute hat Sachsen-Anhalt die 

höchsten Dichte an Unesco-Weltkulturerbestätten: 

die Altstadt von Quedlinburg, 

die Luthergedenkstätten in Wittenberg und 

Eisleben, das Dessau-Wörlitzer Gartenreich mit 

dem Wörlitzer Park und das Bauhaus Dessau. 

Ein Jubiläumsprogramm zum 800-jährige Bestehen 

des Fürstentums Anhalt in diesem Jahr 

soll auf die Traditionen der Region aufmerksam 

machen. „Aus Anhalt kam welt-, kultur und 

industriegeschichtlich sehr viel Bedeutsames“, 

erläutert Sachsen-Anhalts Ministerpräsident 

Reiner Haseloff und verweist auf die regelmäßigen 

Kulturangebote im Bundesland. 

Seit 1922 finden etwa in Halle, der Geburtsstadt 

des Komponisten Georg Friedrich Händel, 

die nach ihm benannten Festspiele statt. 

Auch der Geist des Bauhauses ist lebendig: 

In Dessau entstand etwa die Idee, 1991 stillgelegte 

Braunkohleförderanlagen in „Ferropolis“ 

zu verwandeln. Heute bilden die riesigen 

Industriebagger etwa bei Konzertveranstaltungen 

eine eindrucksvolle Kulisse. 

Auch andernorts investiert das Land in die 

Qualität des touristischen Angebots. Förderprogramme 

sollen etwa den Harz als Urlaubsregion 

bekannter und beliebter machen. 

Welche ökonomischen Schwerpunkte werden 

Sie als Ministerpräsident künftig setzen? 

Haseloff: Das EU-Finanzfördervolumen 

wird um etwa ein Drittel abschmelzen. 

Wir werden also nicht mehr die gesamte 

Förderbreite aufrechterhalten und nicht 

jede Erweiterungsinvestition mittragen 

können. Wir setzen aber darauf, dass 

zwischen Unternehmen – seien sie noch 

so klein – und den Universitäten, Hochschulen 

und Forschungsinstituten direkte 

Partnerschaften und Verbindungen 

entstehen, um gerade innovationsgetriebene 

Produkte zu entwickeln und Arbeitsplätze 

zu schaffen. 

Soll das auch länderübergreifend geschehen? 

Haseloff: Die Universitäts- und Hochschullandschaft 

in Sachsen-Anhalt, 

Sachsen und Thüringen hat sich komplementär 

entwickelt und ergänzt sich auch. 

Kooperationen müssen mit Blick auf die 

demographische Entwicklung verstärkt 

werden, etwa indem wir mithilfe einer 

neu belebten mitteldeutschen Achse Profile 

herausbilden. Das ist sicher eine Frage 

der Haushaltsanpassung, aber auch 

der praktischen Zusammenarbeit. 

Können Sie Beispiele für Forschungseinrichtungen 

mit industriellen Vertragspartnern 

nennen? 

Haseloff: Etwa das Institut für Kompetenz 

in Automobilität in Magdeburg und 

das Fraunhofer-Zentrum für Chemisch-Biotechnologische 

Prozesse in Leuna. Dann 

das Fraunhofer-Institut für Siliziummaterialforschung 

für das Solar-Valley in Bitterfeld-Wolfen 

und Thalheim. Das Solar 

Valley ist ein Technologiecluster, den wir 

gemeinsam mit Sachsen und Thüringen 

auf den Weg gebracht haben. 

Sehen Sie auch den Tourismus als Wachstumsbranche? 

Haseloff: Der Harz ist ein klassisches 

Familienurlaubsland. Wir arbeiten mit 

den anderen Harzländern Niedersachsen 

und Thüringen eng zusammen. 

Während der vergangenen Monate haben 

wir in neue Wellness-Angebote investiert, 

die jetzt auch im Internet mit den 

entsprechenden Zertifizierungen und in 

wettbewerbsfähiger Qualität präsentiert 

werden müssen. Darüber hinaus wird 

der Tourismus in Sachsen-Anhalt nicht 

beliebig wachsen können, weil wir kein 

klassisches Urlaubsland für Übernachtungstourismus 

sind. 

Sachsen hat gerade auf ein neues Tourismuskonzept 

umgestellt, das weniger Marketing, 

organisatorische Veränderungen und mehr 

Eigenbeteiligung der Tourismusstandorte 

vorsieht. Ist das auch für Sachsen-Anhalt 

eine Option? 

Haseloff: Dresden mit der Frauenkirche 

oder die sächsische Schweiz sind längst 


Viel zu sehen: 

In „Ferropolis“ am Ufer 

gefluteter Braunkohlereviere 

in Gräfenhainichen 

finden heute 

Konzerte statt (o.). 

Die Händel-Festspiele 

in Halle ziehen bereits 

seit 1922 Musikfreunde 

an. 

Auch das Bauhaus im 

„Gartenreich“ Dessau- 

Wörlitz besuchen 

Touristen aus aller Welt. 

FOTOS: DPA 

eingeführte touristische Marken. Wir 

müssen zunächst noch bekannter werden 

und brauchen eine höhere Angebotsqualität. 

Noch einmal zur Energiewende: Die Rolle 

fossiler Brennstoffe bei der Energiegewinnung 

wird künftig bedeutender werden, vor 

allem im Braunkohleland Sachsen-Anhalt. 

Ist das von Vorteil oder eher ein politisches 

Problem für Sie? 

Haseloff: Grundsätzlich werden es die 

mit Ängs ten besetzten Brückentechnologien 

schwer haben in Deutschland. 

Eine grundlastfähige und regulierbare 

Energie erzeugung ist aber unbedingt 

erforderlich. Dazu brauchen wir Braunkohle 

und Erdgas, die natürlich beide 

zu zusätzlichen CO 2 -Emissionen führen. 

Daher ist es auch so wichtig, dass wir das 

Energieeffizienzgesetz auf den Weg bringen, 

damit wir unsere Klimaziele einhalten 

können. 

Sie haben kürzlich von der Bundesregierung 

bei der Energiewende klarere Ansagen gefordert. 

Was meinen Sie genau? 

Haseloff: Klarheit brauchen wir darüber, 

dass an dem Erneuerbare-Energien- 

Gesetz nicht ständig nachjustiert wird 

und dass die Förderkonditionen mittelfristig 

stabil bleiben, etwa bei der Einspeisevergütung. 

Zurzeit wird auch über 

Maßnahmen zur Förderung der Energie-

effizienz beraten, etwa bei der energetischen 

Sanierung von Wohngebäuden. 

Hier sind zwar steuerliche Anreize vorgesehen, 

aber gerade wir in Ostdeutschland 

sind daran interessiert, dass KfW-Zuschüsse 

hinzukommen. Denn wer nicht 

mehr im Erwerbsleben steht, kann mit 

steuerlichen Vorteilen wenig anfangen. 

Hier müssen wir im Bundestag und Vermittlungsausschuss 

noch an dem Gesetz 

feilen. 

Ist über die sozialen Aspekte der Energiewende 

bisher zu wenig gesprochen worden? 

Haseloff: Ja, die Diskussion war bislang 

von fachtechnischen Fragen bestimmt, 

etwa nach dem Netz- und Trassenausbau. 

Doch auch davon sind Bürger bereits direkt 

sozial betroffen. Denn der Netzausbau 

ist nach wie vor Sache der regionalen 

Netzbetreiber, also der Bundesländer, die 

die Energiewende finanziell damit überproportional 

belastet. Wir stecken mitten 

in einer Bundesratsinitiative, die für solidarischen 

Ausgleich sorgen soll. Nicht zu 

unterschätzen ist die optische und akustische 

Belastung von Bürgern, etwa wenn 

neue Trassen durch Wohngebiete führen. 

Wird genug für die gesellschaftliche Akzeptanz 

der Energiewende getan? 

Haseloff: Nein, damit ist noch gar nicht 

begonnen worden. Das Thema Energiewende 

ist auch politisch relativ leicht zu 

instrumentalisieren, deshalb sind hier 

alle sehr vorsichtig. Die Gesamtkosten 

sind bisher auch schwer kalkulierbar und 

insofern noch ziemlich abstrakt geblieben. 

Der rasche Rückbau der Atomkraft, 

der Ausbau von Gas- und Kohlekraftwerken 

wird jedoch gravierende Veränderungen 

mit sich bringen. Das meine ich 

gar nicht negativ, es geht aber um den 

Komplettumbau einer Gesellschaft. Das 

muss jetzt sukzessive auch kommuniziert 

werden. 

Wer wird die Energiewende bezahlen? 

Haseloff: Energie und all das, was wir 

politisch derzeit für wünschenswert 

halten, wird künftig größere Teile eines 

Familieneinkommens binden. Die Volkswirtschaft 

muss einschließlich der realen 

Infrastruktur komplett umgestellt werden, 

und zum Nulltarif gibt es das nicht. 

Das bietet zwar viele neue wirtschaftliche 

Chancen, erfordert von jedem Einzelnen 

aber einen mentalen Wandel und konkrete 

Verhaltensänderungen, etwa bei 

den Freizeit- und Urlaubsgewohnheiten. 

Was heißt das? Mehr Urlaub zuhause? 

Haseloff: Urlaub in der Heimat muss 

ja nicht schlecht sein. Ich habe meinen 

letzten Urlaub im Harz verbracht. Im Übrigen 

fördern wir generell die Vereinbarkeit 

von Familie und Beruf, Sachsen-Anhalt 

will das familienfreundlichste Land 

Deutschland sein. Wir bieten bezahlbare 

Freizeitangebote für Familien im Land, 

hinzu kommt, dass wir vergleichweise 

komfortabel ausgestattete Kindertagesstätten 

haben, niemand muss wegen fehlender 

Kinderbetreuung wegziehen. Dass 

viele zum Bleiben entschlossen sind, ist 

etwa auch an dem deutlichen Anwachsen 

des Baukreditvolumens im ersten 

Halbjahr 2011 zu sehen. 

Das könnte aber auch bedeuten, dass viele 

angesichts der Staatsschulden- und Eurokrise 

auf Sachwerte setzen. 

Haseloff: Sicher ist ein Hausbau immer 

noch eine vernünftige Variante, sein Geld 

anzulegen. Aber wer in Sachsen-Anhalt 

ein Haus baut, der tut das weniger aus 

Anlagegesichtspunkten, sondern weil er 

für seine Familie einen Standort haben 

möchte. Wer sich für einen Baukredit entscheidet 

und damit langfristig bindet, der 

glaubt auch an die Zukunft des Landes. 

Sonst könnte er ja auch auf Mallorca oder 

sonst wo Immobilien erwerben. 

Gleichwohl hat das Land Sachsen-Anhalt in 

den vergangenen 20 Jahren mehr als eine 

halbe Million Einwohner verloren. Wie kann 

Zur Person 

Reiner Haseloff (57, Foto) ist seit April 

vergangenen Jahres CDU-Ministerpräsident 

des Landes Sachsen-Anhalt und Nachfolger 

von Wolfgang Böhmer. Geboren in Bülzig nahe 

Lutherstadt Wittenberg, absolvierte Haseloff 

von 1973 bis 1978 ein Physikstudium an der 

TU Dresden und der Humboldt-Universität 

Berlin, das er mit dem Diplom abschloss. Von 

1978 bis 1990 war er als wissenschaftlicher 

Mitarbeiter am Institut für Umweltschutz 

in Wittenberg tätig. 1991 wurde er an der 

Humboldt-Universität Berlin promoviert. Von 

1990 bis 1992 war Haselhoff stellvertretender 



man qualifizierte Arbeitskräfte und Familien 

zurückholen? 

Haseloff: Seit etwa drei Jahren sammeln 

wir Erfahrungen mit unserem 

Rückkehrerprogramm und nehmen mit 

Rückkehrwilligen Kontakt auf. Bereits 

3500 zunächst abgewanderte Familien 

sind seitdem wieder nach Sachsen-Anhalt 

zurückgekehrt. Aktuell bieten wir einen 

Pool von etwa 700 Stellen an. Die Anzahl 

der offenen Stellen könnte bis zum 

Jahr 2016 auf etwa 165.000 anwachsen, 

denn so viele Personen werden bis dahin 

aus dem Erwerbsleben ausscheiden. Es 

gehen also doppelt so viele in Rente wie 

derzeit nachströmen. Der gesamte Osten 

wird ja während der nächsten 15 Jahre 

etwa ein Drittel seiner Einwohner verlieren 

im Vergleich zu den Bevölkerungszahlen 

vor 20 Jahren. Bis dahin gibt es 

aber noch Gestaltungsmöglichkeiten. 

Wir arbeiten daran, die Folgen des Abwanderungstrends 

abzumildern. 

� 

Das Interview führten Stefanie Zschau und 

Christoph Becker. 

Landrat des Landkreises Wittenberg, von 1992 

bis 2002 zusätzlich Direktor des Arbeitsamts in 

Wittenberg. Im Mai 2002 wurde Haseloff zum 

Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft 

und Arbeit des Landes Sachsen-Anhalt ernannt 

und nach der Landtagswahl im April 2006 

als Minister für Wirtschaft und Arbeit in die 

Landesregierung von Sachsen-Anhalt berufen. 

Haseloff ist Schnelldenker und Schnellredner 

von hoher Überzeugungskraft. Als Vielleser 

streift er gern durch Antiquariate, liest aber 

Fachbücher auch auf seinem iPad. Haseloff ist 

verheiratet, hat zwei Kinder und vier Enkel.

20 


FOTOVOLTAIK I 

Rückenwind für Hellas 

Sonne und Wind gibt es reichlich in Griechenland. Mit einem starken Wachstum trotzen bislang 

erneuerbare Energien der Wirtschaftskrise. Jetzt drohen mangelndes Vertrauen von Investoren 

und eine restriktive Kreditvergabe, den Aufwärtstrend zu stoppen. 

� VON MICHAELA BALIS 

Griechenland als Energie-Hub, so stellt 

sich die griechische Regierung die 

Zukunft vor. Der griechische Energieminister 

verkündete Anfang September 

2011, dass unter dem Projektnamen „Helios“ 

bis 2050 eine Gesamtleistung an Fotovoltaik 

(FV)-Anlagen von zehn Gigawatt 

installiert werden wird. Ein Teil des damit 

gewonnen Stroms soll dann in andere 

EU-Länder exportiert werden. Gute natürliche 

Voraussetzungen bestehen, allerdings 

müssen auf europäischer Ebene 

noch wichtige Probleme gelöst werden, 

etwa die Europäisierung der Einspeisetarife, 

Stromübertragungsgebühren und 

die Zahlung der Erneuerbaren-Energien- 

Gebühr. 

Branchenvertreter betonen die Bedeutung 

von Investitionen mit einem hohen 

Mehrwert für die griechische Wirtschaft, 

besonders im Rahmen der anhaltenden 

Rezession. Die Projektfinanzierung stellt 

allerdings aufgrund der aktuellen Wirtschaftslage 

ein gravierendes Problem 

für Unternehmen dar, die im Bereich der 

erneuerbaren Energien tätig sind. Die 

Bürokratie, die teils unüberschaubaren 

Genehmigungsverfahren sowie die fehlende 

Kodifizierung der anwendbaren 

Rechtsvorschriften sind wesentliche Investitionshürden. 

Das betont auch Stefan Mittmann, geschäftsführender 

Vorstand des Unternehmens 

Helioindex und Vorstandsmitglied 

des griechischen Fotovoltaik-Verbands 

Helapco (Hellenic Association of Photovoltaic 

Companies) und fügt 

hinzu: „Als Unternehmer hoffen 

wir, dass die zuständigen 

Ministerien die Rahmenbedingungen 

systematisieren und 

die Lizenzverfahren simplifizieren, 

um der Konkurrenzfähigkeit 

der griechischen Wirtschaft 

zu dienen. Extrem wichtig ist 

es zurzeit, das notwendige 

Vertrauen in Griechenland 

durch die Sanierung der Staats- 

finanzen wiederherzustellen, 

um die Liquidität zu fördern 

und neue Investitionen zu ermöglichen“. 

„Ein Lösungsansatz wäre, 

mit standardisierten Finanzierungspaketen 

beispielsweise 

mithilfe der KfW, gezielt den Export 

deutscher FV-Produkte in 

den Mittelmeerraum zu fördern – der sich 

aufgrund der hohen Sonneneinstrahlung 

insbesondere für solare Energie formen 

eignet“, äußerte sich Konstantinos Santikos, 

Sales Director Greece & Cyprus, 

Q-Cells SE zum Thema. Aus Sicht eines 

deutschen Unternehmens, betont er, sei 


Plädiert für 

standardisierte 

europäische 

Finanzierungsprojekte. 

Autorin Michaela 

Balis, Germany 

Trade & Invest 

GmbH, Athen 

Griechenland ein potenzieller Markt für 

die gesamte Branche. Mit dem geplanten 

Helios-Projekt habe Griechenland das Potenzial, 

mittelfristig zu einem der wichtigsten 

Fotovoltaik-Märkte weltweit aufzurücken. 

Schwung kam, trotz der Krise, 

in den griechischen Markt erst 

2010 durch die Vereinfachung 

der Genehmigungsverfahren. 

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz 

(EEG) wurde bereits 2006 

verabschiedet. Die gesamte 

Fotovoltaik-Kapazität lag Ende 

2010 bei noch relativ bescheidenen 

196 Megawatt (MW). Mit 

einer Erweiterung der Kapazi- 

täten im Vergleich zum Vorjahr 

2009 war das allerdings eine 

Steigerung um 300 Prozent. 

Neuere Prognosen rechnen mit 

etwa 300 MW Zubau in 2012. 

Der Fachverband Helapco zählt 

derzeit rund 90 Mitglieder. Auf 

dem Markt sind insgesamt etwa 

600 Unternehmen im Bereich 

der Produktion, des Handels und der 

Installation von FV-Anlagen tätig. 

Ungefähr 60 ausländische Unternehmen, 

vor allem Tochtergesellschaften 

großer Hersteller, beherrschen den 

Markt. Rund ein Drittel davon sind deutsche 

Firmen. Alle großen Namen des

Weltmarkts sind in Griechenland aktiv, 

entweder über eigene Niederlassungen 

oder Händler. Dazu gehören die chinesischen 

Firmen Suntech und Yingli, 

deutsche Großhändler wie Krannich und 

HaWi Energietechnik sowie deutsche 

Hersteller wie Schüco, Conergy, Aleo Solar, 

Solarwatt, Solarworld und Q-Cells. 

Auch griechische Baufirmen engagieren 

sich, entweder als Generalunternehmer 

für größere Projekte wie Biosar oder mit 

eigenen Vorhaben wie Mytilineos. 

Löwenanteil durch Windenergie 

Im Rahmen der Klimaschutz- und Energiepolitik 

der EU verpflichtete sich Griechenland, 

20 Prozent des Primärenergieverbrauchs 

bis 2020 aus regenerativen 

Quellen zu erzeugen. Dieses Ziel teilt sich 

laut dem National Renewable Energy 

Action Plan (NREAP) wie folgt auf die drei 

Teilbereiche auf: 40 Prozent Stromerzeugung, 

20 Prozent Kühlung und Heizung 

und zehn Prozent Transport. Den Löwenanteil 

zur Stromerzeugung soll die Windenergie 

beitragen, so der Jahresbericht 

des neu gegründeten Amtes für erneuerbare 

Energien des Ministeriums für Umwelt, 

Energie und Klimawandel. 

Für 2020 gilt laut NREAP ein Ziel von 

7.500 MW an installierten Kapazitäten 

für Windenergie und 2.200 MW für FV- 

Anlagen. Die Gesamtsumme für Investitionen 

in erneuerbare Energien bis 2020 

wird vom Ministerium für Umwelt, Energie 

und Klimawandel auf 16,4 Mrd. Euro 

geschätzt. Der Ausbau des Stromnetzes 

für die Einspeisung wird voraussichtlich 

weitere fünf Mrd. Euro beanspruchen. 

Hoffung auf den Jobmotor 

Insgesamt geht das Ministerium von 

27.000 neuen Arbeitsplätzen aus. Der Einspeisetarif 

ist hierbei das bedeutendste 

Fördermittel. Für Anlagen an oder auf 

Gebäuden gilt bis Februar eine Einspeisevergütung 

von 0,55 Euro pro Kilowattstunde 

(kWh). Anlagen mit einer Leistung 

bis zu 100 kW erhalten 0,39488 Euro/kWh 

und über 100 kW 0,35101 Euro/kWh. Die 

Tarife sind bis 2014 festgelegt und sinken 

pro Halbjahr leicht. Ab 2015 wird die Vergütung 

an den Stromsystemgrenzwert 

angepasst. Bei Aufdachanlagen fallen die 

Tarife ab 2014 jährlich um fünf Prozent, 

diese Verträge haben eine Laufzeit von 

25, alle übrigen Anlagen von 20 Jahren. 

Die Tarife für bestehende Anlagen unterliegen 

einer jährlichen Anpassung, die 

sich auf 25 Prozent der Veränderung des 

Verbraucherpreisindexes des Vorjahres 

beläuft. In letzter Zeit sind die Anlagenpreise 

stärker gefallen als bei Festlegung 

der Einspeisetarife vorgesehen. Von Seiten 

des Umweltministeriums ist deshalb 

eine Senkung der Einspeisevergütungen 

für neue Projekte im Gespräch. Projekte, 

die bereits die Konditionen für die Netzanbindung 

erhalten und akzeptiert haben, 

werden hiervon ausgenommen. � 



Q-CELLS – INTERVIEW 

„Wir sind gut positioniert“ 

Das Unternehmen aus dem Solar Valley stellt sich weltweit auf. 

SPARKASSE: Frau von Spies, mit dem 

Helios-Projekt, das eine installierte 

Kapazität von zehn Gigawatt Peak bis 2020 

vorsieht, will Griechenland mittelfristig zu 

einem der wichtigsten Fotovoltaik-Märkte 

weltweit aufrücken. Ist das realistisch? 

Ina von Spies: Vor der Umsetzung 

eines solchen Planes müssen die technischen 

und wirtschaftlichen Grundsatzfragen, 

die mit dem Projekt verbunden 

sind, geklärt werden: 

Wie soll der Energietransfer 

in den Norden des Kontinents 

erfolgen? Welches sind die 

richtigen Förderinstrumentarien, 

damit der Energieexport 

auf einer wettbewerbsfähigen 

Basis stattfindet? Eine Einbindung 

in das deutsche EEG 

halten wir für wenig geeignet. 

Dank der drastisch gefallenen 

Preise für Fotovoltaik wäre das 

Helios-Projekt eine denkbare 

Alternative zu den Plänen, 

große Solarthermie-Anlagen 

in Nordafrika zu installieren, 

um dort den Energiebedarf in 

Europa zu decken. Vor diesem 

Hintergrund verfolgt Q-Cells 

die Projekte in Griechenland 

sehr aufmerksam. 

Q-Cells hat bereits Interesse an dem 

Projekt „Kozani“ bekundet. Mit einem 

Leistungsvolumen von rund 200 Megawatt 

Peak (MWp) soll dieses Solarkraftwerk im 

Norden Griechenlands das größte weltweit 

werden. Geht es nicht kleiner? 

Spies: Ein grundsätzlicher Vorzug 

der Fotovoltaik ist tatsächlich, dass die 

Projekte frei skalierbar sind – deshalb 

realisieren wir weltweit Anlagen verschiedenster 

Größe. In der Nähe der 

nordgriechischen Stadt Kozani soll das 

größte FV-Kraftwerk der Welt entstehen. 

Hierfür wird ein ehemaliger Braunkohle-Tagebau 

neu genutzt. Mit einer installierten 

Leistung von 200 Megawatt 

wird das geplante Kraftwerk doppelt so 

leistungsstark sein wie die bisher weltgrößte 

Anlage im kanadischen Ontario. 

Für das Projekt, das pro Jahr 260.000 

Megawattstunden Strom liefern soll, 

sucht der staatliche Stromversorger DEI 

seit Januar 2011 einen strategischen 

Partner. 

Q-Cells hat zusammen mit Schneider 

Electric aus Frankreich und REC Norwegen 

eine rein europäische Lösung vorgeschlagen. 

Dieses Leuchtturmprojekt 

Glaubt an die 

Zukunft von 

Solarenergie: 

Ina von Spies, 

Unternehmenssprecherin, 

Q-Cells 

ist aber keinesfalls die einzige Möglichkeit, 

ein Solarkraftwerk in Griechenland 

zu realisieren. Insgesamt verfügt das 

Land über genehmigte FV-Projekte in 

Höhe von rund 800 MWp, deren Durchschnittsgröße 

bei 0,5 bis 2 MWp liegt. 

SPARKASSE: Nicht nur Griechenland ist in 

der Krise, auch die Branche – wie ist Q-Cells 

hier für die Zukunft aufgestellt? 

Spies: Erste Insolvenzen in 

den USA und Europa zeigen, in 

welch schwieriger Umbruchsituation 

sich die Solarindustrie 

befindet. Die Überkapazitäten 

in der Produktion drücken 

dramatisch auf die Preise, die 

kaum von der hohen Lernkurve 

aufgefangen werden können. 

Q-Cells hat sich bereits 

Anfang 2010 strategisch neu 

ausgerichtet und vollzieht den 

Wandel vom reinen Solarzellenhersteller 

hin zum Anbieter 

von Fotovoltaik-Lösungen. 

Neben einem leistungsfähigen 

Modulportfolio bieten 

wir Lösungen für Flachdächer 

und Carports an. 

Dabei ist unsere Innovationskraft 

wesentlicher Motor für 

den Erfolg. Zudem sind wir auch international 

gut positioniert: An unserem 

deutschen Hauptsitz haben wir Forschung 

und Entwicklung eng mit der 

Produktion verzahnt, die Massenfertigung 

von Solarzellen findet in Malaysia 

statt. Darüber hinaus haben wir rund 

zehn Länderbüros, die die FV-Märkte 

vor Ort erschließen. 

Die Fragen stellte Stefanie Zschau. 

Trotzt der Krise: Q-Cells aus Sachsen-Anhalt 

setzt konsequent auf Innovation und 

Internationalisierung. FOTOS: DPA, Q-CELLS

22 


FOTOVOLTAIK II 

Der Westen sieht rot 

Lange kannte die Wachstumskurve 

in der Solarbranche nur 

eine Richtung – steil nach 

oben. Doch die Kürzungen der 

Förderung in Europa und 

chinesische Billigpreise treiben 

viele Unternehmer in den 

Ruin oder auf die Barrikaden. 

� VON STEFANIE ZSCHAU 

Mittlerweile wird in Deutschland 

mehr Elektrizität aus Biomasse, 

Sonne, Wasser und Wind gewonnen als 

aus Atomstrom. Nicht nur für Sachsen- 

Anhalt ist die Fotovoltaik-Branche ein 

Jobmotor und Forschungs- und Entwicklungsschwerpunkt. 

Doch die Branche 

schluckte 55 Prozent der gesamten Ökostromsubventionen, 

deckte aber nur drei 

Prozent des Strombedarfs. Wie angekündigt, 

überlässt die Politik die bislang hoch 

erfolgreichen Unternehmen jetzt dem 

freien Weltmarkt und setzt sie damit dem 

scharfen Wind des Wettbewerbs aus: Von 

den weltweiten Produktionskapazitäten 

von rund 40 Gigawatt werden derzeit nur 

20 Gigawatt gebraucht. 

Um liquide zu bleiben, verkaufen derzeit 

alle Hersteller ihre Lagerware zu 

Schleuderpreisen. Insbesondere das 

staatlich subventionierte Preisdumping 

Chinas hat einen Erdrutsch ausgelöst: Im 

dritten Quartal wurden in Deutschland 

große Fotovoltaik-Anlagen für 1,60 Euro 

angeboten, vorher waren es 1,80 Euro je 

Watt. Die Systempreise für private Fotovoltaik-Aufdachanlagen 

sanken von 2,20 

auf 1,90 Euro. Die schwache Nachfrage in 

Europa wird 2012 voraussichtlich zu weiteren 

Preiskämpfen führen. 

Aufgrund des starken Wettbewerbs und 

des momentanen Überangebots werden 

die Bruttogewinnspannen etwa bei der 

Modulherstellung im einstelligen Bereich 

liegen. Selbst Branchenführer schaffen 

es kaum, dem Druck zu entkommen. Solon 

in Berlin hat soeben Insolvenz angemeldet, 

Dutzende Unternehmen müssen 

sich neu aufstellen. Betroffen ist auch die 

Firma Q-Cells aus Sachsen-Anhalt, einst 

zweitgrößter Solarhersteller der Welt, um 

die sich das sogenannte Solar Valley angesiedelt 

hat. Jetzt sucht das Unternehmen 

weltweit nach neuen Märkten. 

HSBC-Analysten sprechen von mehr als 

40 Prozent bedrohten Unternehmen in 

Produktion bei Solarworld: das Unternehmen klagt über Billigimporte. FOTO: SOLARWORLD 

ihrer aktuellen Studie. Vielerorts reichten 

die Preise nicht einmal, um die Produktionskosten 

zu decken. Branchenkenner 

rechnen damit, dass nun die große 

Auslese beginnt. Kleine, finanzschwache 

Hersteller würden vom Markt verschwinden, 

so die HSBC-Studie, und zwar eher 

durch Insolvenzen als durch Übernahmen: 

„Im Moment ist es viel günstiger, 

selbst neue Kapazitäten aufzubauen, als 

sie zu kaufen“, glaubt Jefferies-Analyst 

Gerard Reid und vermutet, dass es in fünf 

Jahren nur noch eine Hand voll Solarmodul-Produzenten 

gibt. 

Der Ruf nach Schutzzöllen wird lauter 

Angesichts solcher Szenarien agiert man 

weltweit von angespannt bis zögerlich: 

Solarworld hat in den USA eine Klage angestrengt, 

in dem es der chinesischen Regierung 

vorwirft, über unfaire Handels- 

praktiken und Subventionen den Wettbewerb 

zu verzerren. Die Internationale 

Handelskommission der USA und Präsident 

Barack Obama haben sich in einem 

ersten Urteil dieser Ansicht angeschlossen. 

Der Ausgang ist noch ungewiss. 

Andere Konzerne stecken derweilen 

ihre Claims ab: So baut zum Beispiel 

Bosch Solar Energy eine Fotovoltaikfabrik 

in Malaysia mit einem 

Investi tionsvolumen von mehr als einer 


halben Milliarde Euro. Bosch setzt damit 

seinen Internationalisierungskurs fort, 

die Entwicklung des Marktes in Asien soll 

in den kommenden Jahren um 30 Prozent 

wachsen. Doch nicht nur Asien, 

auch Europa bleibt für Bosch attraktiv: In 

Frankreich entsteht derzeit eine Fabrik, 

um Südeuropa besser bedienen zu können, 

auch die Solarzellenproduktion 

im thüringischen Arnstadt wird weiter 

ausgebaut, für rund 520 Millionen Euro 

sollen dort die Kapazitäten verdreifacht 

werden. Nächstes Jahr entstehen dort ein 

Ausbildungs- und Forschungszentrum 

sowie 1000 neue Arbeitsplätze. 

Zeit für Politik und Länder, schnell zu 

handeln: Die bisherige Weltmarktführerschaft 

musste Deutschland soeben an 

Italien abgeben. Zudem steigen Länder 

wie Griechenland, Portugal und Spanien 

in den Markt ein und haben die südliche 

Sonne auf ihrer Seite. Unternehmen, die 

einen Großteil der Wertschöpfungskette 

abdecken und selbst in Forschung und 

Entwicklung investieren können, sind 

klar im Vorteil. Aber das übersteigt die 

Möglichkeiten kleiner und mittlerer Unternehmen 

häufig um ein Vielfaches. Sie 

sind deshalb auf Unterstützung der Kommunen 

und Sparkassen angewiesen. Ein 

Investment, dass sich vermutlich nicht 

nur für die Umwelt lohnt. � 

Italien überholt Deutschland: Fotovoltaik-Märkte 2011 

Rank 2011 Land 2010 2011 

1 Italien 3,577 6,900 

2 Deutschland 7,408 5,923 

3 USA 915 2,703 

4 China 537 1,726 

5 Japan 980 1,300 

6 Frankreich 719 963 

Italien baute 2011 die meisten neuen Solaranlagen. QUELLE: IHS ISUPPLI, 2011; ANGABEN IN MEGAWATT

GELDANLAGE 

Zertifikate – 

wieder da 

Zertifikate, nach der Lehman-Pleite 2008 in die Kritik 

geraten, finden bei deutschen Anlegern wieder Gefallen. 

Sparkassen-Berater werden zunehmend aktiv. 

� VON HORST PETER WICKEL 

Zertifikate werden nicht mehr pauschal 

als Teufelszeug abgestempelt. 

Auch Anlageberater haben sie wieder in 

ihrem Repertoire“, sagt Frank Klingelhöfer, 

Zertifikate-Experte der Landesbank 

Berlin (LBB). Im aktuell niedrigen Zinsumfeld 

bieten nach seiner Einschätzung 

Zertifikate und strukturierte Zinsprodukte 

„attraktive Anlagealternativen.“ 

Nach Meinung von Torsten Bischoff, 

Zertifikate-Experte der Landesbank 

Baden-Württemberg (LBBW), ist das Vertrauen 

2011 zurückgekehrt: „Viele Berater 

sehen Zertifikate mittlerweile wieder 

als interessante Anlagealternative, 

die Kunden bei richtigem Einsatz einen 

Mehrwert bieten kann.“ Ingmar Alde, Abteilungsleiter 

Sales Sparkassen Retail der 

Bayerischen Landesbank (BayernLB) hat 

allerdings zwei Tendenzen beobachtet: 

„Einige Sparkassen gehen die Kundenberatung 

sehr aktiv an, lassen 

ihre Mitarbeiter schulen und 

sprechen die BayernLB auch 

aktiv auf ‚exklusive Emissionen’, 

also auf individuell entwickelte 

Anlageprodukte für 

ihre Kunden, an.“ 

Demgegenüber stehen nach 

seiner Auffassung „Berater, die 

sich von gesetzlichen oder hausinternen 

Regularien verunsichert 

zeigen und Zertifikate als 

Anlagemöglichkeit ihren Kunden 

kaum noch empfehlen.“ 

Noch 2007 hatte das Volumen 

des Vermögens, das deutsche 

Anleger in Zertifikate gesteckt 

hatten, das Allzeithoch von 

139 Mrd. Euro erreicht, doch nach der 

Pleite der US-Investmentbank Lehman 

in September 2008 wollten zahlreiche Investoren 

mit diesen Wertpapieren nichts 

mehr zu tun haben. Das Marktvolumen 

schmolz auf 80 Mrd. Euro, und einige 

Finanzexperten sagten schon das Aus der 

Zertifikate voraus. 

„Viele Berater 

sehen 

Zertifikate 

mittlerweile 

wieder als 

interessante 

Anlagealternative.“ 

Torsten Bischoff, 

Zertifikate-Experte 

LBBW 

Doch nur rund drei Jahre nach dem 

Lehman-Desaster steht die Branche wieder 

relativ gut da, das investierte Vermögen 

erreichte per Ende Juni bereits 

wieder rund 110 Mrd. Euro. Immer neue, 

kunstvoll zusammengestellte Zertifikate, 

die Anlegern besondere Gewinnchancen 

versprechen, kommen Monat für Monat 

auf den Markt, nach Angaben der Landesbank 

Baden-Württemberg sind aktuell 

noch fast 850.000 verschiedene Produkte 

unterwegs. 

Trend zu einfacheren Produkten 

Dabei hat sich Prinzipiell an der Konstruktion 

nichts geändert. Bei Zertifikaten 

handelt es sich um Inhaberschuldverschreibungen, 

bei denen Anleger ihr 

Geld einer Bank oder einem anderen 

Finanzinstitut leihen. Dafür bekommen 

sie für die Dauer der Laufzeit ein Zahlungsversprechen, 

das an bestimmte 

Bedingungen geknüpft ist, und am Ende 

der Laufzeit dann den festge- 

legten Betrag zurück. Es gibt 

allerdings schon ein Novum: 

„Grundsätzlich gab und gibt 

es einen Trend zu einfacheren 

und leichter verständlichen 

Anlageprodukten“, sagt LBBW- 

Manager Bischoff. Dabei liegt 

nach seiner Einschätzung der 

„Fokus auf Strukturen mit regelmäßigen 

Zinszahlungen 

und Kapitalschutz.“ 

Und LBB-Zertifikate-Spezialist 

Klingelhöfer spricht von 

Anlegern, die alle Risiken, die 

sie eingehen, vollständig verstehen 

wollen: „Dies hat dazu 

geführt, dass die angebotenen 

Risikoprofile im Vergleich zu früher weniger 

komplex sind. Der Anleger kann 

zielgenauer einschätzen, welche Risiken 

er bereit ist, für eine höhere Rendite einzugehen.“ 

Nach Angaben des Branchenverbands 

DDV (Deutscher Derivate Verband) sind 

zwei Drittel des Kapitals, das in Zertifi- 



ILLUSTRATION: CORBIS 

katen angelegt wurde, in Papieren mit Kapitalschutz 

investiert. Sieht man von dem 

Emittentenrisiko, also der Gefahr, dass 

die ausgebende Bank zahlungsunfähig 

wird, einmal ab, sind Verluste bei solchen 

Garantie- und Kapitalschutz-Zertifikaten 

weitgehend ausgeschlossen. Allerdings 

fallen auch die Gewinne vergleichsweise 

mager aus. Sasa Perovic vom Analysehaus 

Scope sagt: „Anleger erwarten von 

solchen Zertifikaten eine höhere Rendite 

als bei Bankeinlagen. Doch diese Hoffnung 

werden viele Papiere nicht erfüllen 

können.“ Auch bei Zertifikaten gelte die 

alte Regel: Je geringer das Risiko, desto 

geringer die Gewinnchance. 

Um die Transparenz und Servicequalität 

bei Zertifikaten zu erhöhen, haben 

zahlreiche Emittenten, unter ihnen Landesbanken, 

in den vergangenen Jahren 

einiges unternommen. So hat die LBBW 

nach der Finanzkrise nicht nur ihre Internet-Seite 

komplett überarbeitet, sondern 

auch ihr Produktangebot angepasst und 

dabei auf zu komplexe Strukturen verzichtet. 

Die LBB hat nach eigenen Angaben 

ihr Informationsangebot für Berater 

und Anleger noch einmal kritisch unter 

die Lupe genommen und verbessert. 

Schulungsbedarf bleibt hoch 

LBB-Manager Klingelhöfer sagt: „Dabei 

haben wir besonders auf die Verständlichkeit 

von Produktinformationen geachtet 

und Fachbegriffe aus den Unterlagen 

verbannt. Chancen und Risiken 

hingegen wurden deutlicher herausgestellt 

und ausführlicher behandelt.“ 

Auch die BayernLB hat ihre Informationen 

rund um Produkte sowie Entscheidungshilfen 

und Tipps für die Kundenberatung 

überarbeitet. 

Dazu hat die BayernLB eigene Fach- und 

Vertriebsseminare sowie ein Beratungsund 

Schulungskonzept für Sparkassenberater 

entwickelt. Weit über 1000 Sparkassenberater 

wurden geschult – und 

die „Nachfrage ist weiterhin hoch“, so 

BayernLB-Manager Alde. 

�

24 


STUDENTENWOHNUNGEN 

Immobilien mit Zukunft 

Zwei Mio. Studierende an 630 

deutschen Hochschulorten 

suchen händeringend 

bezahlbaren Wohnraum. Die 

Finanzierung von Studentenappartments 

ist für Privatkunden 

vieler Sparkassen eine 

attraktive Assetklasse. 


Für gehobene Kunden ist das Investment 

bestens geeignet“, sagt Johannes 

Wolf, Bereichsleiter Immobilien und Versicherungen 

bei der Sparkasse Nürnberg. 

Als Vertriebspartner der Georg Schenk 

Wohn- und Gewerbebau GmbH kann 

Wolf Kapitalanlegern Appartements in 

der Größe von 19 bis 48 Quadratmetern 

im neuen Studentenwohnheim „study 

inn“ in Nürnberg anbieten. 

Noch sind in dem nach den neuesten 

Energieeffizienz-Standards errichteten 

Gebäude Wohnungen frei. Alle verfügen 

über Einbauküche, Kühlschrank, Bad 

und reichlich Abstellraum, das Mobiliar 

besteht aus Schrank, Bett und einem 

Schreibtisch mit ergonomischem Bürostuhl. 

Viele Wohnungen haben Balkon 

und Terrasse. Und neben Stellplätzen in 

der Tiefgarage bietet das „study inn“ Gemeinschaftsräume 

von Waschküche und 

Trockenraum bis zum Partykeller. 

Kapitalanlegern bietet das Nürnberger 

Wohnheim laut Wolf jährliche Renditen 

von gut vier Prozent – „und das auch noch 

in 20 Jahren“. Der Immobilienfachmann 

bietet Interessenten schon seit Jahren 

die Möglichkeit, in Studentenappartements 

zu investieren: „Natürlich muss 

ein solches Investment in deren Portfolio 

passen.“ Über mangelnde Nachfrage von 

Studierenden müssen sich Anleger keine 

Gedanken machen, denn die studentische 

Wohnraumsuche ist in vielen Uni- 

Städten äußerst schwierig. Wohnheime 

platzen aus allen Nähten, der freie Markt 

ist wie leergefegt. 

Viele Studenten müssen auf Turnhallen, 

stillgelegte Klassenzimmer, Wohnmobile 

oder Campingplätze ausweichen. 

Die Gründe für die hohe Zahl an Erstsemestern 

sind vor allem der doppelte 

Abiturjahrgang in Bayern und Niedersachsen 

sowie der Wegfall der Wehrpflicht. 

All das verstärkt den allgemeinen 

Trend zum Studium und führt dazu, dass 

Zum Wohnen und Verdienen: Studentischer Wohnungsbau, hier in Osnabrück. FOTOS: DPA 

bis auf Weiteres besonders viele junge 

Leute ihr Studium beginnen. Was für 

viele Studenten Frust bedeutet, erfreut 

Investoren und Vermieter umso mehr. 

Nach Schätzungen des Deutschen Studentenwerks 

(DSW) werden in nächsten 

drei Jahren mindestens 20.000 zusätzliche 

Wohnheimplätze gebraucht. Und 

Studentenapartments als Sachanlage 

sind auch dank der erkennbaren Finanzmarktunabhängigkeit 

äußerst attraktiv. 

Finanzierungsmodelle im Wandel 

Selbstverständlich komme es wie bei allen 

Immobilienkäufen auf die wichtigen 

Faktoren „Lage, Lage, Lage“ an, sagt Wolf, 

denn die Zahl der Studierenden werde demografisch 

bedingt auch wieder sinken, 

und längst nicht alle Hochschulstandorte 

werden neue Studenten anziehen. 

Um Nürnberg macht sich Sparkassenmanager 

Wolf aber wenig Sorgen: „In vielen 

Ungewöhnliche Studentenbuden 

In einigen Uni-Städten sind Studentenheime 

in ehemaligen öffentlichen Gebäuden entstanden. 

So wurde in Frankfurt / M. aus einem 

ehemaligen Polizeirevier ein Wohnheim mit 

48 Appartements – die Ausnüchterungszellen 

sind einem Garten gewichen. Der Umbau 

kostete das Studentenwerk vier Mio. Euro, über 

den Umbau eines ehemaligen Gefängnisses 

wird verhandelt. In Siegen wohnen Studenten 

in einem alten Obdachlosenheim, in Kassel in 

einem alten Elektrizitätswerk. In Regensburg 

wurde gar ein Turm aus dem Jahr 1260 in der 

Altstadt zur Studentenunterkunft. Auch in Osnabrück 

wurden historische Bauten umgewandelt. 

Ein alter Wachturm auf der Stadtmauer 

bietet auf 17 Quadratmetern Wohnfläche für 

einen Nachwuchsakademiker. Immerhin zwei 

Studenten finden Platz in einem 40 Quadratmeter 

großen Gartenhäuschen im Osnabrücker 

Bürgerpark. Dieser Park ist quasi ihr privater 


Rankings belegt die Uni hervorragende 

Plätze.“ In anderen Studienorten setzen 

Immobilieninvestoren angesichts des erwarteten 

Wandels im Markt inzwischen 

auf kurzfristigere Finanzierungsmodelle, 

etwa auf Projektentwicklungsfonds mit 

einer Laufzeit von lediglich 2,5 Jahren 

und prognostizierten Auszahlungen von 

124 Prozent. 

Klassische Betreibermodelle mit einer 

längeren Laufzeit, etwa in München, 

Greifswald, Frankfurt/Main oder Karlsruhe, 

versprechen Investoren einen 

Gesamtmittelrückfluss von mehr als 

185 Prozent über die Laufzeit von zwölf 

Jahren. Beim Fonds „Campus Bremen“, 

der in 336 Appartements auf dem Gelände 

der Uni Bremen investiert, beträgt 

die Laufzeit zwölf Jahre und Anlegern 

wird ein Gesamtmittelrückfluss von etwa 

230 Prozent der Zeichnungssumme ohne 

Agio prognostiziert. 

� 

Garten. „Ganz so privat ist es auch nicht“, 

sagt Ursula Rosenstock vom Studentenwerk 

Osnabrück, denn „Parkbesucher wollen das ungewöhnliche 

Häuschen oft erkunden, schauen 

in die Fenster oder wollen hinein. Wir haben da 

jetzt einen Gartenzaun hingebaut.“ 

Lernen und leben: Im historischen 

Weinstadl am Nürnberger Henkersteg 

wohnen heute Studenten.

KLINIKEN 

Kranke Häuser 

Schon heute stehen zehn Prozent der Krankenhäuser – rund 

200 Kliniken zumeist in strukturschwachen Regionen – vor dem Aus. 

Für Sparkassen und Landesbanken ist das eine Herausforderung. 


Die Bundesbürger lassen sich ihre 

Gesundheit Jahr für Jahr viel Geld 

kosten. Von den 278 Mrd. Euro Gesundheitsausgaben 

2009 entfielen allein 100 

Mrd. Euro auf stationäre Einrichtungen, 

70 Prozent davon auf Krankenhäuser. 

Schon seit Jahren weisen Experten allerdings 

darauf hin, dass demografischer 

Wandel und medizintechnischer Fortschritt 

zu erheblichen Veränderungen 

führen werden. 

Nach einer Studie des Rheinisch-Westfälischen 

Instituts für Wirtschaftsforschung 

(RWI) droht rund zehn Prozent 

der Kliniken wegen sinkender Patientenzahlen 

unter Rentabilitätsgesichtspunk- 

ten das Aus. „Nicht jedes Krankenhaus 

wird erhalten werden 

können“, bestätigt Lothar Lohr, 

Direktor Finanzierungen im 

Gesundheitswesen der Bayern- 

LB. Aus vielen Gesprächen, die 

Lohr mit seinen Mitarbeitern 

und in Zusammenarbeit mit 

örtlichen Sparkassen zum Finanzierungsthema 

führt, weiß 

er, dass die Zukunft kommunaler 

Kliniken in vielen Städten 

und Regionen längst zum 

politischen Thema geworden 

ist. 

Viele Kommunen stehen 

selbst unter finanziellen Druck, 

und in zahlreichen Kliniken 

konnten schon in den vergangenen 

Jahren notwendige 

Investitionen nicht mehr bezahlt werden. 

Allein das jährliche Investitionsvolumen 

im Krankenhaussektor wird nach einer 

aktuellen Studie des Hamburgischen 

Weltwirtschaftsinstituts (HWWI) im Auftrag 

der HSH Nordbank im Jahr 2020 

zwischen 2,7 und 3,4 Mrd. Euro betragen. 

Demografische Effekte und ein nachlassender 

Bettenbedarf könnten die Investitionen 

zwar von derzeit rund 2,9 auf 2,7 

Mrd. Euro absenken, aber wenn der in 

den letzten Jahren aufgebaute Investitionsstau 

zumindest in Teilen abgebaut 

würde, hätte das einen Anstieg auf rund 

3,4 Mrd. Euro zur Folge. 

„Da die Finanzen der öffentlichen Hand 

vielerorts nach wie vor engen Etatrestriktionen 

unterliegen, besteht auch im Be- 

„Privatisierung 

und 

öffentlicher 

Versorgungsauftrag 

schließen 

sich nicht 

aus.“ 

Henning Vöpel, 

Studienleiter, 

Hamburgisches 

Weltwirtschaftsinstitut 

(HWWI) 

reich von Krankenhausfinanzierungen 

weiterhin ein hoher Investitionsbedarf“, 

bestätigt Uwe Metzinger, Leiter Kundenbetreuung 

Öffentliche Hand bei der 

Landesbank Baden-Württemberg 

(LBBW). Er betrachtet Finanzierungen 

im Gesundheitsbereich 

„aufgrund der Herausforderungen 

durch die notwendigen Regulierungen 

und Finanzierungsengpässe“ 

als besondere Herausforderung, vor 

allem, wenn eine kommunale Trägerschaft 

durch Kommune, Landkreis 

oder Land hinter der Einrichtung steht. 

Forfaitierung bewährt sich 

Auch in Hessen ist die Finanzierung von 

Krankenhäusern streng gesetzlich gere- 

gelt. Nach Angaben der Helaba 

Landesbank Hessen-Thüringen 

finanziert dort die Wirtschafts- 

und Infrastrukturbank 

Hessen als integraler Bestandteil 

der Helaba den Um- und 

Neubau von Krankenhäusern, 

in der Regel mit langfristigen, 

kommunal verbürgten Darlehen 

und kommunalen Forfaitierungen. 

„Insbesondere diese 

Forfaitierung, also der Ankauf 

von Forderungen, unterlegt 

durch eine Einredeverzichtserklärung 

von Kommunen oder 

Landkreis, stellt ein geeignetes 

Instrument zur Unterstützung 

der Investitionsvorhaben der 

öffentlichen Hand dar,“ erklärt 

Helaba-Sprecherin Silke 

Steffes. 

Aber die politisch und wirtschaftlich 

Verantwortlichen können bei der Finanzierung 

von kommunalen Kliniken 

längst nicht mehr nur auf klassische 

Finanzierungsmodelle vertrauen. „Abhängig 

von der demografischen und 

wirtschaftlichen Entwicklung wird es 

regional zu differenzierten Modellen in 

Träger schaft und Finanzierung kommen“, 

erläutert HWWI-Studienleiter 

Henning Vöpel. „Privatisierung und öffentlicher 

Versorgungsauftrag schließen 

sich dabei in der Sicherstellung der Versorgungsqualität 

nicht aus.“ 

Bei der Entwicklung individueller Finanzierungsmodelle 

fragen die Kreditverantwortlichen 

kleinerer und mittlerer 



Achtung, akutes Finanzierungsproblem: 

Viele Kliniken in kommunaler Trägerschaft 

sind auf Finanzierungsmodelle aus der 

Sparkassen-Finanzgruppe angewiesen. 

FOTO: DPA 

Sparkassen nach den Beobachtungen 

von BayernLB-Immobilienmanager Lohr 

häufig die Beratung und das Know-how 

der BayernLB nach. LBBW-Kundenbetreuer 

Metzinger ergänzt: „Die LBBW 

unterstützt Kommunen und öffentliche 

Träger, im Dialog die jeweils individuell 

passenden Finanzierungsformen zu finden, 

eventuell auch unter Einbindung 

Dritter, etwa der örtlichen Sparkassen.“ 

So hat die LBBW aktuell, gemeinsam mit 

der Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen 

ein Gesundheitszentrum in Form einer 

Öffentlich-Privaten-Partnerschaft (ÖPP) 

finanziert. 

Immer mehr private Krankenhäuser 

Markus Rosenbaum, Leiter des Bereichs 

Gesundheitswirtschaft der HSH Nordbank, 

erklärt: „Als langjährig erfahrener 

Finanzier im Bereich Gesundheitswesen 

kennen wir die Chancen und Risiken 

von Projekten auf diesem Gebiet 

und sind sicher, dass sich künftig interessante 

Perspektiven für private und 

öffentliche Unternehmer ergeben werden.“ 

Zwar habe der Anteil der Krankenhäuser 

in privater Trägerschaft in den 

vergangenen Jahren nach Angaben des 

HWWI „kontinuierlich zugenommen“, 

aber verlässliche Prognosen über künftige 

Finanzierungsvarianten für kommunale 

Krankenhäuser gebe es nicht. �

26 

FÜHRUNG 

MANAGEMENT 

Entfesselungskünstler 

Schauspieler als Berater: Ein Improvisationstheater vermittelt Sparkassenmitarbeitern 

wichtige Einsichten und Kompetenzen. Etwa, dass Unvorhergesehenes Spaß machen 

kann, oder dass Veränderungen immer auch mit Chancen verbunden sind. 

� VON ANDREA BITTELMEYER Alles entsteht aus der spontanen Inter- 

Cathrin Herweg spielt in ihrer Freizeit 

in einer Improvisationstheatergruppe. 

Das bedeutet: Auf der Bühne weiß 

sie nie, was im nächsten Augenblick geschieht. 

Ob sie einen verliebten Teenager 

spielen wird oder eine gestresste Schuhverkäuferin. 

Ob die Szenen sie ins Mittelalter 

führen oder in das Jahr 2050, in den 

tiefen Dschungel oder auf den Mond. 

Für die Stücke, die sich aus dem Stegreif 

entwickeln, gibt es keine vorgeschriebene 

Handlung und auch keinen Text. 

aktion der Schauspieler, die oftmals auch 

auf Zurufe aus dem Publikum reagieren. 

„Das macht Riesenspaß“, erklärt Herweg. 

Mit ihrem Ensemble „Leistenbruch“ hat 

sie etwa einmal im Monat einen öffentlichen 

Auftritt. 

Zu ihrem außergewöhnlichen Hobby 

gekommen ist Herweg, die bei der Hamburger 

Sparkasse im zentralen Management 

Firmenkunden arbeitet, jedoch 

durch einen beruflichen Anlass. Bei Videoaufzeichnungen 

während eines Rhetoriktrainings 

war sie unzufrieden mit 


ihrer Körpersprache. „Ich fand mich zu 

steif und wollte mit dem Schauspieltraining 

dagegen angehen“, sagt sie. 

Doch dann wurde die Schauspielerei zu 

einem „ambitionierten Hobby“ und sie 

merkte, dass der Einsatz auf der Bühne 

ihr noch viel mehr für ihren Beruf bringt 

als ursprünglich gedacht. Beispielsweise 

die Fähigkeit, mit Unvorhergesehenem 

souverän umzugehen und auch in überraschenden 

Situationen präsent und 

handlungsfähig zu bleiben. „Ich freue 

mich jetzt regelrecht auf solche Herausforderungen“, 

erklärt Herweg.

Damit verweist die Haspa-Produktmanagerin 

auf einen Effekt, den sich das Hamburger 

Improvisationstheater „Steife 

Brise“ bei seinen Bühnendarbietungen, 

Seminaren und Trainings für Firmen zunutze 

macht. Die Schauspieler vermitteln 

den Mitarbeitern eines Unternehmens 

ganz gezielt, welche positiven Effekte Improvisationsgeschick 

und Veränderungsbereitschaft 

im Job haben. 

„Die Übertragung vom Theater in den 

Beruf funktioniert sehr gut“, erklärt auch 

Torsten Voller, Geschäftsführer der Theatergruppe, 

die bereits mit Sparkassen 

und Landesbanken oder mit Firmen wie 

EnBW und Otto zusammengearbeitet hat. 

Dabei spielt die Gruppe ganz bewusst keine 

Szenen aus dem direkten Arbeitsumfeld 

der Mitarbeiter, weil das nach An- 

Mitglieder der Theatergruppe „Steife Brise“: 

Die Mimen sehen sich als moderne „Hofnarren“, 

die ansprechen und ausleben, was 

sonst keiner in der Firma zu sagen wagt. 

FOTOS: STEIFE BRISE, JÖRG BÖH 

sicht der Schauspieler Kreativität und 

Spontaneität einschränken würde. 

Dennoch merkt das Publikum schnell: 

Der Bäckereiverkäufer auf der Bühne hat 

ganz ähnliche Probleme wie ein Sparkassenmitarbeiter 

– etwa wenn es um den 

Umgang mit schwierigen Kunden geht. 

In einem anderen Fall wollen die „Mafia- 

Bosse“ auf der Bühne vielleicht nicht akzeptieren, 

dass sie dringend ein neues 

„Geschäftsmodell“ brauchen. Veränderung 

fällt eben überall schwer. 

Die Sparkasse Lüneburg hat mit der 

„Steifen Brise“ Anfang 2011 bereits zum 

zweiten Mal zusammengearbeitet, um 

ihre Mitarbeiter auf das neue 

Jahr einzustimmen. Auch hier 

standen viele Umbrüche ins 

Haus. So änderte sich die Aufbauorganisation 

der Sparkasse, 

viele Mitarbeiter wechselten 

die Abteilung – und auch ihr 

Einsatzort änderte sich. In Lüneburg 

entstand ein reines Beratungs- 

und Vertriebshaus, in 

dem alle Finanzprodukte von 

der Altersvorsorge über Kredite 

bis zum Bausparvertrag 

angeboten werden. Die nachgelagerten 

Bereiche wurden umgesiedelt. 

Absehbar war auch, 

dass es zu Umbauarbeiten und 

Baulärm kommen würde. 

„Was Unbehagen verursachen könnte, 

haben wir auf amüsante Art angesprochen“, 

sagt Frank Elsner, Pressereferent 

der Sparkasse Lüneburg, der die Veranstaltung 

„Aufbruch 2011“ organisiert hat. 

Das Spiel habe immer wieder deutlich 

gemacht: Veränderungen bereiten nicht 

nur Unbehagen, sie bringen auch Chancen 

mit sich. 

Schwieriges wird komisch vermittelt 

Darüber hinaus machten die Darbietungen 

auch die konkreten Befürchtungen 

der Mitarbeiter sichtbar: Die 

Schauspieler forderten die Mitarbeiter 

auf, ihre Bedenken ohne Namensnennung 

auf einen Zettel zu schreiben. Diese 

hoben die Schauspieler während ihres 

Spiels auf und lasen sie vor. Mitten in 

einer Liebesszene in der Tiefgarage sagte 

der junge Mann dann zum Beispiel: „Warum 

kann nicht alles so bleiben, wie es 

ist?“. Oder: „Ich will nicht umziehen.“ 

„Das ist wahnsinnig komisch, und es 

kommen Themen auf den Tisch, die sonst 

jeder mit sich alleine ausmachen würde“, 

sagt Elsner. Die Mitarbeiter diskutieren 

darüber, das Eis ist gebrochen. 

Auch die DekaBank hat bereits mehrmals 

auf die Impulse der Improvisations- 


„Es ist zunächstaufregend, 

aber 

der Spaß 

überwiegt 

schnell.“ 

Cathrin Herweg, 

Haspa-Mitarbeiterin 

und Schauspielerin 

beim Improvisationstheater 

„Leistenbruch“ 

MANAGEMENT 27 

künstler gesetzt. Vor einigen Jahren ging 

es etwa um die Einführung eines neuen 

Fonds. Die New-Economy-Krise war gerade 

vorbei. Und die Kundenberater der 

Sparkasse sollten unter anderem darin 

bestärkt werden, sich von kritischen Fragen 

nicht einschüchtern zu lassen, sondern 

angemessen auf sie zu reagieren. 

Ein zweites Mal kamen die Steife-Brise- 

Mitglieder bei einer Vertriebstagung zum 

Einsatz. Hier brachten die Schauspieler 

Außendienstlern, Sparkassenvorständen 

und Wertpapierleitern das Thema Spontaneität 

nahe. 

Schauspieler schulen Deka-Vertrieb 

Deka-Projektleiter Hans-Joachim Wessel, 

der die Veranstaltung geplant hat, erläutert: 

„Wenn ich etwas verkaufen will, 

muss ich darauf gefasst sein, dass unvorhergesehene 

Dinge geschehen.“ Nach einer 

Bühnendarbietung wurden die rund 

90 Teilnehmer quer durch alle 

Hierarchiestufen in Gruppen 

aufgeteilt und übten sich selbst 

im Improvisieren. Wessel: „Das 

hat den Austausch ungemein 

gefördert und zudem Anregungen 

für den Berufsalltag 

geliefert.“ 

In den Workshops, die wenige 

Stunden aber auch ganze Tage 

dauern können, fordern die 

Schauspieler die Teilnehmer 

mit Übungen, die sie selbst bei 

ihren Proben nutzen. Ein Beispiel: 

Die Mitarbeiter stehen im 

Kreis auf der Bühne. Gemeinsam 

denken sie sich eine Geschichte 

aus. Der erste beginnt 

und erzählt ein kleines Stückchen, der 

nächste sagt „Ja genau!“ und spinnt die 

Handlung weiter. Dabei ist nicht nur das 

Gelächter groß, weil die Geschichte immer 

fantasievollere Wendungen nimmt. 

Die Übung hat auch einen ernsthaften 

Hintergrund. Sie regt dazu an, das Verhalten 

im Berufsleben zu überdenken. 

Schauspieler Voller erklärt: „Die Teilnehmer 

stimmen ihrem Vorredner zu, 

obwohl sie selbst vielleicht eine ganz 

andere Idee für den Verlauf der Geschichte 

hatten und ihnen das Weiterzählen 

deshalb schwer fällt.“ Die Lektion für 

den Arbeitsalltag: Neue Vorschlage und 

Ideen erst einmal positiv aufnehmen und 

weiterdenken statt sofort mit Gegenargumenten 

und Einwänden zu reagieren. 

Oder: Bei einer Pantomime-Übung 

überbringen sich die Mitarbeiter gegenseitig 

imaginäre Präsente, über die sich 

der Beschenkte freuen muss – egal ob es 

sich um ein teures Schmuckstück, ein 

neues Haustier oder ein ganz und gar unmögliches 

Geschenk handelt. „Mensch, 

diese Schubkarre habe ich mir schon 

immer gewünscht“, ruft dann womöglich 

der Beschenkte. Die Parallele zur 

Arbeitswelt: Auch im Job müssen viele 

Dinge hingenommen werden. „Fordert

28 

MANAGEMENT 

So hilft Impro-Theater 

beim Management 

� Veränderungen rufen stets Widerstände 

hervor. Die Darbietungen und Trainings 

des Impro-Theaters helfen, Ängste anzusprechen 

und das Eis zu brechen. Die 

Künstler zeigen, dass Veränderungen auch 

Spaß machen können. 

� Spontaneität: Im Berufsleben ist oft 

Schlagfertigkeit gefragt. Das lässt sich 

beim Stegreiftheater trainieren. 

� Kreativität: Die Schauspieler vermitteln 

Techniken, die den freien Gedankenfluss 

fördern. Neuartige Lösungen können so 

leichter gefunden werden. Denkverbote 

werden aufgedeckt und aufgehoben. 

� Zusammenarbeit: Nicht „Ja, aber“, 

sondern „Ja, genau“. Bei Teamtrainings 

lernen die Mitarbeiter, die Vorschläge des 

anderen nicht sofort abzuschmettern 

� Umgang mit Fehlern: Ein Freibrief für 

Fehler kann auch das Improvisationstraining 

nicht sein. Aber der Umgang mit 

Fehlern kann konstruktiver werden, nach 

dem Motto: Wenn auf der Bühne eine Szene 

scheitert, lernt man daraus und macht 

gleich weiter. 

Improvisationstheater für Unternehmen 

bringt interne Konflikte indirekt zur 

Sprache und entspannt die Atmosphäre. 

Mimen bei der Arbeit: Die Auftritte der „Steifen Brise“ in Unternehmen sollen das Management 

bei Veränderungsprozessen unterstützen und den Mitarbeitern Sorgen nehmen. 

der Chef eine höhere Umsatzrendite, 

kann ich das nicht ändern, sondern muss 

das Beste daraus machen“, erklärt Voller. 

Einen wichtigen Schwerpunkt seiner Arbeit 

für Firmen sieht er in der Begleitung 

von Veränderungsprozessen. Schließlich 

würden diese häufig Widerstände hervorrufen. 

Der Vorteil des Improvisationstheaters 

bestehe in diesem Fall 

darin: „Wir sind sehr viel freier 

als das Management selbst 

und können ganz anders auf 

die Leute zugehen“, erläutert 

Voller. „Wenn wir eine Firmenveranstaltung 

planen, fragen 

wir uns auch als erstes: Wie bekommen 

wir die Mitarbeiter auf 

unsere Seite?“ 

Die Antwort lautet: Durch 

temporeiche Theaterdarbietungen, 

eingängige Musikeinlagen 

und einen Moderator, der 

das Publikum spielerisch in 

das Geschehen einbindet. Ein 

ganz wichtiger Punkt jedoch 

auch: der geschickte Umgang 

mit den spezifischen Fragestellungen 

des Unternehmens. 

Moderne Hofnarren 

So präsentiert die Theatergruppe bei 

Fusionen oder Umstrukturierungen kein 

Programm von der Stange. Die Schauspieler 

erarbeiten ein Konzept, das genau 

auf die Problemstellungen des Unternehmens 

zugeschnitten ist. Überzeugt dieses 

den Auftraggeber, geht es in die Detailplanung. 

Die Schauspieler führen ausführliche 

Gespräche mit dem Manage- 


„Wir sind 

sehr viel 

freier als das 

Management 

selbst und 

können ganz 

anders auf 

die Leute 

zugehen.“ 

Torsten Voller, 

Geschäftsführer der 

Theatergruppe 

„Steife Brise“ 

ment und wenn möglich auch mit den 

Mitarbeitern. Später auf der Bühne können 

sie als eine Art moderne Hofnarren 

aussprechen, was sonst keiner in der Firma 

zu sagen wagt. Sie lösen unsichtbare 

Barrieren auf und bringen Bewegung in 

eingefahrene Situationen. „Wir animieren 

die Mitarbeiter auch zu Zwischenrufen“, 

beschreibt Voller einen 

der Kunstgriffe. Das beginnt 

mit ganz harmlosen Fragen – 

etwa nach dem besten Ort zum 

Verlieben, an dem die nächste 

Szene ihren Lauf nimmt. Später 

folgen Themen, die den 

Zuschauern auf den Nägeln 

brennen. 

Haspa-Mitarbeiterin Herweg 

berichtet auch von einer neuen 

optimistischen Grundhaltung, 

die ihr das Schauspieltraining 

gebracht hat. So lerne man, 

sich nach einem Misserfolg 

nicht zu grämen. Geht nämlich 

beim Impro-Theater eine 

Szene daneben, folgt trotzdem 

sofort die nächste. Die Akteure 

müssen sich sagen: Ich lerne 

etwas daraus, und jetzt wird es 

besser. 

Zudem hat Herweg beobachtet, 

dass das Schauspieltraining sie aufmerksamer, 

schlagfertiger und kreativer 

macht. „Bei der Lösungsfindung erteile 

ich mir viel weniger Denkverbote als früher. 

Ich schreibe erst einmal alles auf“, 

erklärt sie. Auf der Bühne zu improvisieren, 

so ist sie überzeugt, kann jeder lernen. 

„Es ist zunächst aufregend, aber der 

Spaß überwiegt schnell.“ 

�

BÜROGESTALTUNG 

Bio-Arbeitsplätze 

Pflanzen sind nicht nur schön, sondern 

auch nützlich“, sagt Johanna 

Kulzer, Inhaberin der Firma „Greencoach 

– Individuelle Raumbegrünung“ im fränkischen 

Eckental. Und stolz verweist sie 

auf eine Studie der niederländischen 

Forschungseinrichtung TNO, nach der 

grüne Gewächse am Arbeitsplatz nicht 

nur die Luftqualität verbessern, sondern 

die Kreativität fördern und einen ausgleichenden, 

harmonisierenden Einfluss auf 

das zwischenmenschliche Raumklima 

ausüben können. 

Längst haben Kulzer und andere grüne 

Bürogestalter festgestellt, dass Pflanzen 

ihren speziellen eigenen Charakter haben 

und deshalb auch nicht jeder Pflanzen-Typ 

mit jeder Umgebung zusammenpasst. 

„Allerwelts-Gefäße und -pflanzen 

zeugen von Beliebigkeit und Einfallslosigkeit“, 

sagt Kulzer – ein Image, „das 

wohl kaum eine Firma vermitteln möchte“. 

So spielt auch bei der gelungenen 

grünen Inneneinrichtung zahlreicher 

Sparkassen die Auswahl und optimale 

Platzierung von Pflanzen eine wichtige 

Rolle. 

„Kübelpflanzen sind Teil des innenarchitektonischen 

Gesamtkonzepts“, erläutert 

Beate Treffkorn, Sprecherin der 

Sparkasse Nürnberg. Das Gebäudemanagement 

des Instituts berücksichtige 

das bei Umbauten und Renovierungen. 

„Für die Standortwahl sind Lichtverhältnisse, 

Platzangebot und Raumaufteilung 

wichtig. Pflanzen sollen einerseits 

den Raumeindruck positiv beeinflussen, 

andererseits können sie auch den 

Sichtschutz unterstützen.“ In der Regel 

werden laut Treffkorn „robuste Grünpflanzen 

gewählt, die in den jeweils natürlich 

vorhandenen Lichtverhältnissen 

wachsen können“. Denn dann könne 

auf künstliche Beleuchtung verzichtet 

werden. 

Welche Pflanze passt wohin? 

Bei der Ostsächsischen Sparkasse Dresden 

gibt es zwar kein Gesamtkonzept zur 

Begrünung der Filialen, aber, so erklärt 

Unternehmenssprecherin Petra Gehlich, 

„grundsätzliche Überlegungen, was in 

die Räumlichkeiten passt, wie die Lichtverhältnisse 

und welche Pflanzen dafür 

geeignet sind.“ Bei der Kreissparkasse 

Biberach hatten sich bereits die Architekten 

bei der Errichtung der Gebäude 

Gedanken gemacht – ihre Auffassung: 

jeder Mitarbeiter könne von seinem 

Fens ter aus ins Grüne schauen, Pflanzen 

seien nicht erforderlich. Sprecherin Ursel 

Straub-Neumann sagt: „Im Kundenbereich 

der Sparkasse wird sehr auf den 

Gesamteinruck geachtet. Hier kommt 

es in erster Linie auf die baulichen Gegebenheiten 

sowie das Farb- und Materialkonzept 

der Geschäftsstellen an.“ In 

zahlreichen Büros grünt es nach ihren 

Beobachtungen allerdings trotzdem. Je 


MANAGEMENT 29 

Der Begrünung ihrer Büros und Kundenhallen messen viele Firmen eine hohe Bedeutung bei. 

Wohlbefinden und Motivation lassen sich mithilfe von Blumen und Pflanzen steigern. 


Kampf der Tristesse: Büropflanzen können zu 

einer positiven Atmosphäre beitragen. 

FOTO: CORBIS 

nach Geschmack und Pflegebereitschaft 

der Mitarbeiter sei von Dschungel bis 

Kargheit alles vertreten. 

Nach Einschätzung von Bürogestaltungsprofis 

wie Greencoach-Chefin Kulzer 

bieten bei der Einrichtung der Bürogärten 

gerade Pflanzgefäße eine gute 

Möglichkeit, um mit Materialien und Farben 

zu „spielen“. Kulzer sagt: „Für jedes 

Ambiente und jeden Geldbeutel gibt es 

geeignete Materialien. Kunststoffgefäße 

sind in vielen interessanten Formen und 

allen Farben erhältlich, sie passen vor 

allem in moderne Räume. Naturmaterialien 

sind exklusiver, aber unverwechselbar 

in der Ausstrahlung und meist Unikate.“ 

Bei der Farbe könnten Farbtöne aus 

dem Mobiliar oder dem Corporate Design 

aufgegriffen werden: „Leider bevorzugen 

die meisten Firmen Silber oder Anthrazit, 

weil es zu den meist grauen Möbeln und 

Bodenbelägen passt. Wie wäre es aber 

einmal, bewusst Akzente mit Farben zu 

setzen?“ 

Profis helfen bei der Pflege 

Bleibt am Ende nur noch die Frage, ob 

sich die ausgewählten Pflanzen wohlfühlen 

und gedeihen können. Die optimale 

Wasserversorgung gelingt meist mithilfe 

von Hydrokultur, nur auf die richtigen 

Lichtverhältnisse müssen Mitarbeiter 

achten. Dabei gilt für die meisten Pflanzen 

die Faustregel: Ausreichend Licht, 

abhängig von der Pflanzenart, aber keine 

pralle Sonne. Um die regelmäßige Pflege 

der grünen Arbeitstag-Begleiter kümmern 

sich dann in den meisten Fällen 

Profis. 

Bei der Ostsächsischen Sparkasse Dresden 

beispielsweise „kommt in größeren 

Abständen eine Firma vorbei, um nach 

den Pflanzen zu schauen, zum Beispiel 

wenn es um das Düngen geht“, sagt Sprecherin 

Gehlich. Und die Sparkasse Nürnberg 

hat mit einem externen Dienstleister 

einen Wartungsvertrag abgeschlossen. 

Ob Schnitt, Blattpflege oder Dünger – „in 

vierteljährlichem Rhythmus werden alle 

Pflanzen laut Sprecherin Treffkorn gepflegt 

und kontrolliert. Nur so kann es 

gelingen, die Raumwirkung nicht durch 

ein Pflanzenallerlei zu verderben. Kulzer 

sagt: „Die Büros vermitteln dann vielmehr 

ein stimmiges und angenehmes 

Gesamtbild, das für eine positive und angenehme 

Arbeitsatmosphäre sorgt.“ �

30 

MANAGEMENT 

ZAHLEN PER KARTE 

Besser als Bargeld 

Was sind die wichtigsten Neuheiten und die Perspektiven für Kartenbezahlsysteme? Darüber 

diskutieren Werner Netzel, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Deutschen Sparkassen- 

und Giroverbands (DSGV), und Matthias Kaufmann, Geschäftsführer von B+S Card Service. 

SPARKASSE: Kartengestützter Zahlungsverkehr 

ist eine Erfolgsgeschichte für die 

Sparkassen. Ist die Zeit reif für neue Bezahlfunktionen? 

Werner Netzel: Die Girocard-Zahlungen 

haben in der Tat eine außergewöhnliche 

Erfolgsgeschichte geschrieben. Daran 

haben die Sparkassen einen entscheidenden 

Anteil. Der Bargeldumsatz sinkt 

stetig und ist bereits deutlich unter 60 

Prozent des Einzelhandelsumsatzes gefallen. 

Bargeld ist nach wie vor das teuerste 

Zahlungsmittel. Das gilt insbesondere 

jetzt, wo sich die Bundesbank aus 

der Fläche und aus der Bargeldbearbeitung 

zurückzieht. Gerade bei Münzgeldzahlungen 

wird es für den Handel noch 

attraktiver, nach Alternativen zu suchen. 

Mit dem neuen Angebot des kontaktlosen 

Bezahlens kommen wir daher genau zum 

richtigen Zeitpunkt. 

Auch für 

den Kunden 

vereinfacht 

die neue 

Technologie 

das Einkaufen. 

Er muss 

nicht mehr 

nach Kleingeld 

suchen 

und hat den 

Betrag immer 

passend. Aus einer Studie der Deutschen 

Bundesbank wissen wir, dass 94 Prozent 

aller Zahlungen zwischen fünf und 20 

Euro noch immer bar abgewickelt werden. 

Damit wollen Sie den Kunden das Leben erleichtern. 

Und was ist mit dem Handel? 

Netzel: Kontaktloses Bezahlen mit der 

SparkassenCard macht den Bezahlvorgang 

erheblich schneller und bequemer 

und ist außerdem ausgesprochen kostengünstig 

für den Handel. Die Sparkassen 

sind hier Vorreiter. Unser großer Vorteil 

ist, dass wir dabei auf unsere breite Kartenbasis 

zurückgreifen können – innerhalb 

von dreieinhalb Jahren werden alle 

45 Millionen SparkassenCards mit der 

NFC-Technik ausgestattet. Das gibt dem 

Handel Planungssicherheit. Mit dem neuen 

Angebot stoßen wir auf großes Interesse, 

bei kleinen wie bei großen Händlern. 

Matthias Kaufmann: Hier sind 

wir bestens gerüstet. Auf Seiten 

des Handels haben wir mit rund 

220.000 Vertragspartnern ein gewaltiges 

Kundenpotenzial, bei 

dem wir vorhandene Terminals 

aufrüsten können. B+S Card Service 

stellt als Rundum-Sorglos-Paket 

„Das ist der 

perfekte Service 

bei unseren 

Handelskunden.“ 

Matthias 

Kaufmann (l.) 


technisches Equipment und Dienstleistungen 

zur Verfügung, damit die Kartenterminals 

in Geschäften oder Restaurants 

problemlos auf diese neue Art des 

Bezahlens umgestellt werden können. 

Was leistet das kontaktlose Verfahren? 

Netzel: Mit der neuen SparkassenCard 

können Kleinbeträge bis 20 Euro bequem 

und schnell an der Kasse bezahlt werden, 

viele der bisher notwendigen Handgriffe 

entfallen. Die Karte muss nur noch an 

das Terminal gehalten werden, auf PIN 

und Unterschrift kann verzichtet werden. 

Dadurch lässt sich eine Transaktion fünf 

mal schneller als bisher abwickeln. Überall 

dort, wo Kunden an der Kasse in der 

Schlange warten, ist das eine spürbare 

Verbesserung für alle Beteiligten. 

Kaufmann: Oft heißt 

es in den Geschäften: 

„Kartenzahlung ab 10 

Euro“. Bei kleinen 

Summen ist vielen 

Händlern das heute 

übliche Bezahlen 

mit PIN zu teuer. 

Das kontaktlose 

Bezahlen mithilfe 

der Spar-

kassenCard erschließt dem Händler ein 

neues Segment. Außerdem profitiert der 

Handel ein zweites Mal, weil die Transaktion 

effizienter abzuwickeln ist und 

dadurch die Akzeptanzkosten sinken. 

Überschaubare Entgelte von einem, zwei 

beziehungsweise drei Cent pro Transaktion 

gehen dabei als Händlerentgelt an das 

kartenausgebende Institut. Wir gehen davon 

aus, dass die Kosten im Vergleich zu 

einer kontaktlosen Kreditkartenzahlung 

um fünf- bis zehnmal günstiger sind. Und 

für den Kunden der Sparkasse wird alles 

einfacher und schneller. 

Können Sie namhafte Kunden nennen? 

Kaufmann: Bei diesem kontaktlosen 

Bezahlverfahren beweisen wir unsere 

Marktführerschaft. Kein Wettbewerber 

kann hier mithalten. Das ist der perfekte 

Türöffner bei unseren Handelskunden. 

Das sind namhafte Kunden jeder Größeklasse, 

deren Namen wir nennen können, 

sobald die Verhandlungen abgeschlossen 

sind. 

Unter welchen Verträgen ist die Tinte denn 

schon trocken? 

Netzel: Die erste bundesweite Kooperation 

zum kontaktlosen Bezahlen mit der 

girocard haben die Sparkassen mit Esso 

geschlossen. Künftig zahlen an 1100 Esso 

Stationen die Kunden durch Auflegen 

der SparkassenCard. Der erste Partner im 

Handel ist die Douglas-Holding, zu der 

neben 446 Douglas Parfümerien auch 

die rund 700 Filialen von Thalia, Christ, 

Appelrath-Cüpper und Hussel gehören. 

„Im April fällt der 

offizielle Start- 

schuss für das 

innovative Zahl- 

verfahren.“ 

Werner Netzel 

Welche Potenziale sehen Sie für das Geschäft 

der Sparkassen? 

Netzel: Ich bin überzeugt, dass die Innovation 

von heute die Marktführerschaft 

von morgen sichert. Das Konto und die 

Karte sind mit die wichtigsten Basisangebote 

der Sparkassen, sowohl für Privatkunden 

als auch für Gewerbe- und 

Firmenkunden. Als Marktführer setzen 

die Sparkassen hier Trends und bieten 

neue Möglichkeiten, Bezahlen im Alltag 

bequemer und schneller zu machen. 

Neue Techniken nutzen wir, um daraus 

innovative Angebote für ihre Kunden 

zu machen. Das ist, wie gesagt, der beste 

Weg, sich als Marktführer in einem heiß 

umkämpften Segment zu behaupten. 

Wie gehen Sie vor, um Ihre Marktführerschaft 

zu beweisen? 

Kaufmann: In der Acquiring-Strategie 

ist festgelegt, dass die Sparkassen ihre 

Händler-Akquisition mit einer eigenen 

Marke betreiben wollen, dem S-Händlerservice. 

Unter dieser Marke, die ausschließlich 

den Sparkassen zur Verfügung 

steht, erlebt der Händlerkunde viele 

Vorteile: Er kann flexibler auf Wünsche 

seiner Kunden reagieren, ihm stehen 

innovative Acquiring-Lösungen zur Verfügung. 

Systemstabilität und Betrugsüberwachung 

wurden technologisch 

verbessert und die Abrechnungen transparenter 

gestaltet. Auf den Partnertagen 

im Oktober hat B+S Card Service die Neuerungen 

im S-Händlerservice präsentiert. 

Das positive Feedback hat gezeigt, 

dass wir auf dem richtigen Weg sind. 

Was hat das Bezahlverfahren für Handelskunden 

noch zu bieten? 

Kaufmann: Die Sparkassen betreiben 

Kundenbindung bereits durch das rote S. 

Aber wir zielen mit der SparkassenCard 

mit kontaktloser Bezahlfunktion viel weiter. 

Der nächste Schritt geht konsequenterweise 

in Richtung lokale Marktplätze. 

Die Technologie kann beispielsweise 

in die Fankarte eines Fußballvereins, 

wie etwa beim FSV Mainz 05 bereits geschehen, 

integriert werden. Mit diesem 

Instrument lassen sich dann wegen der 

deutlich beschleunigten Bezahlvorgänge 

beim Verkauf in der Halbzeitpause viel 

größere Umsätze machen. Außerdem 

kann der Verein neue Marketing-Möglichkeiten 

einsetzen. Nur die Optik unterscheidet 

diese Karte von einer der Sparkassen. 

Damit werden ganz neue Wege 

der Kundenbindung möglich. 

Sind das alles auch Ansätze, die für Mobile 

Payment genutzt werden können? 

Netzel: Die Gesellschaft wird mobiler 

und flexibler. Dadurch verändern sich 

auch die Erwartungen an Kreditinstitute. 

Sparkassen tragen dem in vollem Umfang 

Rechnung und geben dem Kunden 

die Entscheidungsfreiheit, wann und 

auf welchem Weg er mit seiner Sparkasse 

Geschäfte erledigen möchte. Mobilen 

Angeboten kommt dabei immer stärkere 

Bedeutung zu. Sparkassen waren die ersten 

Kreditinstitute, die mobile Apps für 

Kunden angeboten haben, angefangen 

bei Banking-Apps, Filial- und Geldautomaten-Finder 

und sogar Immobilienfinder. 

Deswegen sind mobile Zahlungsanwendungen 

für Sparkassenkunden 

bereits in greifbarer Nähe. Wir entwickeln 

sie gemäß den Wünschen und Bedürfnissen 

unserer Kunden. 


MANAGEMENT 31 

Dabei haben Zahlungs- und Datensicherheit 

oberste Priorität. Die Grundlagen 

für mobile Zahlungen auch über 

Smartphones werden jetzt mit der Einführung 

der NFC-Technik gelegt. 

Kaufmann: Auf den Partnertagen haben 

wir den Sparkassen-Apps für Smartphones 

vorgestellt, mit denen man direkt 

über das Geld auf dem Konto verfügen 

kann. Mit einer Ladetaste lassen sich jetzt 

die kontaktlosen Karten wieder aufladen. 

Diese Technologie besitzt kein Wettbewerber. 

In Deutschland herrschen häufig Vorbehalte 

gegenüber neuen Technologien. Wie reagieren 

potenzielle Nutzer auf das kontaktlose 

Verfahren? 

Netzel: Die meisten Kunden vertrauen 

auf die Sicherheit der Kartenzahlung 

mit ihrer SparkassenCard, weil sie wissen, 

dass die Deutsche Kreditwirtschaft 

höchste Maßstäbe an die Sicherheit der 

Kartenzahlung stellt. Dort, wo Kunden 

heute bereits kontaktlos bezahlen können 

– in der Bay Arena, bei Mainz 05 und 

bei Frischauf Göppingen – hat sich diese 

bequeme Bezahlmethode vom ersten 

Tag an bewährt. Das liegt vielleicht auch 

daran, dass viele Kunden bereits heute 

in Kantinen, an Türöffnern oder am 

Schließfach in der Bibliothek ihre Karte 

einfach durch Auflegen nutzen können. 

Kaufmann: Zunächst muss der Kunde 

das Aufladen und Auslesen der Karte erlernen. 

Wenn er verstanden hat, was ihm 

diese Logik alles erleichtert, wird er auch 

für alle neuen Mehrwertleistungen bereit 

sein. Jetzt aber müssen wir den ersten 

Schritt in die Praxis machen und mit dem 

Handel sprechen. Mit dem S-Händlerservice 

haben die Sparkassen viele gute 

Argumente auf ihrer Seite. 

Wann beginnt die Umsetzung? 

Netzel: Die ersten Sparkassen in Niedersachsen 

haben bereits neue SparkassenCards 

ausgegeben. Weitere werden 

folgen. Im April dieses Jahres fällt dann 

der offizielle Startschuss für kontaktloses 

Bezahlen. Die Pilot-Region um Hannover, 

Braunschweig und Wolfsburg wird dann 

deutschlandweit zur Innovationsregion 

in Sachen Kartenzahlungen. 

� 

Das Interview führte Thomas Schindler. 

Mehr Infos im Internet 

Weitere Informationen finden Institute der 

Sparkassen-Finanzgruppe unter www.umsetzungsbaukasten.de 

und auf den Seiten der S- 

Card unter https://www.scard.de/s_intern/index. 

htm, sowie unter www.s-haendlerservice.de.

32 

TECHNIK 

MANAGEMENT 

Smarte neue Welt 

Smartphones und Tablet-PCs gelten als Statussymbole. Meldungen über mangelnden Datenschutz 

und Sicherheitslücken irritieren aber die Experten. Vorsicht ist angebracht. 

� VON MARTIN SCHWER 

Der Finanzsektor öffnet sich der neuen 

Handy- und Tabletgeneration – doch 

anders als bei stationären Rechnern 

drohen bei Smartphone und Tablet-PCs 

nicht „nur“ Schadprogramme wie Viren 

und Trojaner. Zusätzlich besteht die Gefahr, 

dass Daten im Mobilfunknetz abgefangen 

werden, zudem können Geräte 

verloren gehen oder geklaut werden. Es 

heißt also, die verfügbaren Schutzfunktionen 

konsequent umzusetzen. 

Doch reichen selbst diese mitunter 

nicht aus, wie ein Test der Fachzeitschrift 

„c‘t“ im Jahr 2011 ergab. Dabei gelang es 

den Testern, ein gesperrtes iPhone – eine 

Situation wie etwa nach einem Diebstahl 

– zu knacken. Datenbanken von Banking- 

Apps, gespeicherte Mails oder andere 

heikle Daten sind damit bedroht. In dem 

Test nahmen sich die Experten auch den 

verschlüsselten Datenverkehr zwischen 

der Banking-App auf dem iPhone und 

dem Server vor, indem sie sich technisch 

als Bank ausgaben. Die Angreifer 

konnten alle Daten entschlüsseln, weil 

sie als vermeintliche Bank ja selbst den 

Schlüssel mit dem iPhone ausgehandelt 

hatten. Den „c’t“-Testern zufolge sei 

ein der artiges Szenario insbesondere 

in fremden kabellosen Netzen nicht unwahrscheinlich. 

Wie wappnen sich die Sparkassen gegen 

mögliche Risiken? „Wir empfehlen, 

zusätzlich eine Client-Firewall zu installieren 

und verschlüsselte Kommunikationswege 

zu nutzen“, sagt beispielsweise 

Joachim Fröhler, Pressesprecher der 

Stadtsparkasse München. Sinnvoll sei 

außerdem ein zentrales Gerätemanagement, 

das auch Sicherheitspolicys erstellt 

und für das Löschen von Daten bei 

Verlust des Geräts sorgt. 

Die Sparkasse Wuppertal baut ebenfalls 

auf erweiterte Sicherheitsmaßnahmen: 

„Es gibt keine Verbindung zu unserem 

eigentlichen Netzwerk, um den Anforderungen 

des Datenschutzes Rechnung 

tragen zu können“, sagt Sprecher Jürgen 

Harmke. Übertragen würden Kalendereinträge 

und E-Mails, aber keine kontobezogenen 

Daten. 

Laut Stefan Brinkmann, beim Deutschen 

Sparkassen und Giroverband 

(DSGV) für mobile Anwendungen zuständig, 

lassen sich die bei Tablet-Computern 

Unterwegs mit pfiffigen Mobilgeräten 

Jeder Fünfte nutzt das Mobile Banking: Diese Dienste verwendeten je 100 Nutzer mobiler 

Internetgeräte in Deutschland im ersten Halbjahr 2011. 

MEHRFACHNENNUNGEN MÖGLICH; QUELLE: ACTA; GRAFIK: DPA 

„gegebenenfalls noch bestehende Sicherheitslücken 

mithilfe technischer Verbesserungen 

schließen. Damit können wir 

die Einsatzszenarien von weiteren Anwendungen 

wie dem S-Manager erweitern“. 

Das betreffe etwa den Umgang mit 

Dokumenten, die sich zur ortsungebundenen 

Bearbeitung per Tablet in einer gesicherten 

Umgebung ablegen ließen. 

Potenziale beim Kundeneinsatz 

Dass die Geräte – trotz aller Sicherheitsfragen 

– attraktiv sind, bestätigen viele 

Experten. „Wir werden diesen Markt weiterhin 

interessiert beobachten, da ein 

Einsatz von Tablet-PCs und Smartphones 

im Bereich Private Banking oder auch 

anderen Fachbereichen zukünftig sinnvoll 

sein kann“, sagt Sparkassensprecher 

Harmke aus Wuppertal. 

Allerdings sieht Brinkmann vom DSGV 

bei der Entwicklung im Tablet-Bereich 

Herausforderungen: „Im beratungsgestützten 

Einsatz muss es gelingen, dass 

die Daten ohne Medienbruch in unsere 

Backends fließen.“ Und mit Blick auf die 

medialen Angebote besteht die Notwendigkeit, 

dem Kunden auch über Touchscreens 

oder künftig Smart-TV eine bequeme 

Nutzung zu ermöglichen. Dabei 

müsse die Navigation ohne Maus funk- 


tionieren. Gerade eine solche intuitive 

Bedienung mache die neue Gerätegeneration 

interessant. Ein Vorteil der Tablet- 

PCs bestehe darin, dass eine weitere 

Vertriebsbarriere fällt, sagt Brinkmann 

weiter. „Unsere Berater können ihren 

Kunden das Gerät einfach in die Hand 

geben und diese sehen Visualisierungen 

ganz unmittelbar.“ 

Die Sparkassen strebten auch bei den 

Tablet-PCs eine Vorreiterrolle an. Das Ziel 

bestehe darin, den Kundenerwartungen 

besser zu entsprechen und zudem die 

eigene Leistungsfähigkeit unter Beweis 

zu stellen, so Brinkmann. „Was wir den 

Kunden im mobilen Kanal bieten, sollten 

wir auch für den internen Gebrauch und 

für die Beratung hinbekommen.“ 

Ein flächendeckender Einsatz ist indes 

noch nicht in Sicht, der Markt befindet 

sich noch in einem sehr frühen Stadium. 

Der DSGV analysiert in Zusammenarbeit 

mit Dienstleistern und Anwendern mögliche 

Optionen. Einige Systeme befänden 

sich bereits in der Pilotphase, so dass 

bald mit Angeboten zu rechnen sei, sagt 

Brinkmann. Den Spezialisten kommt 

entgegen, dass auch Anbieter wie Apple 

den Geschäftskundenmarkt verstärkt ins 

Visier nehmen und deshalb in punkto 

Sicherheit kräftig nachbesserten. 

�

Vertriebsrevolution von oben 

SPARKASSE: Viele Vorstände finden das iPad 

schick. Wieso? 

Nicolas Schulmann: Tablet-PCs wecken 

offensichtlich die Technikfreude in manchem 

Vorstand und sorgen dafür, dass 

das Thema in den Häusern vorangetrieben 

wird. Vielleicht bekommen wir deshalb 

eine Art Revolution von oben. Das ist 

auch kein Wunder, weil neben dem Spaß 

auch der Nutzen auf der Hand liegt. Terminvereinbarungen 

oder Onlinerecherchen 

von unterwegs gehen per Tablet viel 

einfacher, als wenn jeder zum Telefon 

oder Notebook greift. 

Worauf kommt es an, wenn Sparkassen 

Tablets einsetzen? 

Wichtig ist es, webbasierte Anwendungen 

zur Verfügung zu stellen. Diese 

lassen sich zentral bereitstellen und gut 

absichern. Der einzige Zugriff läuft dann 

über den standardisierten Browser und 

diesen haben wir gut unter Kontrolle. 

Apps dagegen bergen Probleme. Zum einen 

teilen sich derzeit mit iOS, Windows 

mobile und Android drei Betriebssysteme 

den Hauptmarktanteil. Wir müssen 

also jeweils drei Varianten entwickeln 

und synchronisieren. Der Aufwand dafür 

ist immens, auch weil Sparkassen mit der 

Orga, den Entwicklern und den Nutzern 

mindestens drei Akteure einbeziehen 

müssen, die jeweils keine Fehler machen 

dürfen. Auch andere Sicherheitsgründe 

spielen eine Rolle: Apps werden lokal in- 

stalliert und lassen sich daher vergleichsweise 

leicht manipulieren. 

Also sind Tablets unsicher? 

Grundsätzlich sind mobile Endgeräte 

in der Regel für interne Software der 

Sparkassen-Finanzgruppe nicht zugelassen. 

Das gilt vor allem für OSPlus. Denn 

ein unmittelbarer Zugriff von außen auf 

den Datenbestand im Crednet ist aufsichtsrechtlich 

nicht erlaubt, das gilt übrigens 

auch ganz allgemein für Zugriffe 

über das Internet. Grund ist die Gefahr, 

dass etwa Viren eingeschleppt werden 

könnten. Bei den Tablets wurden zudem 

bis heute keine ausreichenden Sicherheitsarchitekturen 

etabliert. 

Also lieber doch kein Einsatz von Tablets? 

Tablets werden eine wichtige Rolle spielen. 

Allerdings kommt es auf die Art der 

Nutzung an. Wichtig ist sicher der mobile 

Vertrieb per Tablet. Sparkassen verfügen 

damit über einen Kanal zum Kunden, 

der für die Immobilienvermarktung oder 

den kleinteiligen Zahlungsverkehr ideal 

ist. Auch im Firmenkundengeschäft 

sind Berater mithilfe des Tablets immer 

auskunftsfähig. Denn wenn Sparkassen 

schon nicht die günstigsten Konditionen 

bieten können, muss der Service spitze 

sein. Ähnliches gilt für den Immobilienbereich, 

dort sollten die Berater Angebote 

sofort unterbreiten können, auch Alternativangebote, 

etwa wenn dem Kunden 

eine Immobilie nicht gefällt. Dazu eignen 

sich Tablets, weil sie vor Ort beim Besichtigungstermin 

und ohne langes Hochfahren 

sofort verfügbar sind. 

Tablets sind also ideal, wenn Kunden besucht 

werden. 

Genau. Sie passen damit sehr gut in 

die Strategie der Sparkassen im mobilen 

Vertrieb. Auch Kontoführung und Immobilienvertrieb 

lassen sich über Tablets 

erledigen, Baufinanzierung und Anlageberatung 

fehlen jedoch bisher, obwohl 

sich gerade hier die meisten Synergien 

erzeugen ließen. Dagegen halte ich es für 

zu teuer, mobile Anwendungen für spar- 


MANAGEMENT 33 

Tablet-PCs passen zur mobilen Strategie der Sparkassen – kompatible Server und webbasierte 

Anwendungen vorausgesetzt, sagt Nicolas Schulmann. Der FIO-Systems-Vorstand rechnet 

mit einem Siegeszug der Tablet PCs im Produktvertrieb. Hier würden noch nicht alle Chancen 

genutzt. 

Tablet-PCs gehören zur Grundausstattung 

von Beratern auf Kundenbesuch, sagt 

Nicolas Schulmann, Vorstand des Softwareherstellers 

FIO Systems. FOTO: FIO SYSTEMS 

kassenspezifische Produkte wie Backoffice-Systeme 

zu entwickeln. 

Wie wird die Entwicklung verlaufen? 

Die Konvergenz zwischen Desktops und 

mobilen Endgeräten schreitet voran. Die 

Unterschiede zwischen Anwendungen 

im Büro und unterwegs werden also weiter 

schwinden. Zudem vervielfacht sich 

die Geschwindigkeit. LTE*, also die nächste 

Stufe des mobilen Internets, wird die 

Möglichkeiten deutlich erweitern. Bereits 

jetzt ist abzusehen, dass spätestens dann 

viele Anwendungmöglichkeiten für Tablets 

und entsprechende Anwendungen 

entstehen werden. Das zentrale Bankengeschäft 

ist davon sicher nur am Rande 

betroffen, für den Vertrieb wird es jedoch 

eine zentrale Rolle spielen. Und man 

muss kein Prophet sein, um zu ahnen, 

dass auch unsere Wettbewerbsbanken 

die Chancen nutzen wollen. 

Wie weit sind die Sparkassen? 

Wir befinden uns auf einem guten Weg. 

Beispielsweise haben wir in der Immobilienvermarktung 

zusammen mit dem 

Deutschen Sparkassen- und Giroverband 

und der Finanz Informatik ein erstes 

Einsatzbeispiel dafür entwickelt, wie die 

Zusammenarbeit von OSPlus mit einem 

mobil eingesetzten System wie Fioport 

S-Vermarktung funktionieren kann. Der 

Betrieb der Schnittstelle, der Fachbegriff 

lautet ‚immoconnect plus‘, funktioniert 

sehr gut und ist mittlerweile bei mehr als 

100 Sparkassen im Einsatz. 

Sehen Sie hier Sicherheitsprobleme? 

Voraussetzungen für den Tablet-Einsatz 

sind die passenden Serverlandschaften 

und webbasierte Anwendungen. Denn 

wir werden die Tablets selbst auch weiterhin 

nicht vollständig absichern können. 

Alle relevanten Systeme müssen also 

zentral in entsprechend abgesicherten 

Umgebungen laufen. Ältere Infrastrukturen, 

die nicht webbasiert sind, passen 

mit dem mobilen Einsatz nur schwer zusammen. 

� 

* LTE (Long-Term-Evolution) wird auch als 4G 

bezeichnet und ist ein neuer Mobilfunkstandard. 

Dieser soll UMTS ablösen und Downloadraten 

von bis zu 100 Megabit pro Sekunde ermöglichen. 

Das Gespräch führte Martin Schwer.

34 

MANAGEMENT 

PROJEKTMANAGEMENT 

Ein Job für den Chef 

Wer Projekte gut plant und durchführt, kann Kosten sparen. Doch was mit Elan angepackt wurde, 

versandet oft. Gerade wenn viele Projekte gleichzeitig laufen, ist Koordination erforderlich. 

� VON MARTIN SCHWER 

Selten dürften sich die Sparkassen derart 

einig sein: Projekte sollen schnell, 

effizient und im Sinn der jeweiligen Strategie 

erledigt werden. Doch was bedeutet 

es, wenn etwa Sachkosten eingespart 

werden sollen? Frisst die Extrawurst einer 

Abteilung bereits den halben Sparbetrag 

wieder auf? Oder verursacht weniger 

Papier Mehrkosten an anderer Stelle? 

Weil sich viele Führungskräfte nicht um 

Projekte kümmern, bleiben Eckpunkte 

und Ziele oft nebulös. Zudem tragen fehlende 

Kontrollmechanismen dazu bei, 

dass ein Institut häufig gar nicht weiß, 

wo Ressourcen landen. Hier fehlt es am 

Projektmanagement. Viele Verantwortliche 

fürchten hier jedoch umständliche 

Abläufe oder überflüssige Regeln. 

Ist keiner zuständig, verpufft der Elan 

Dabei geht es schlicht um die Frage, wie 

sich eine Vielzahl unterschiedlicher Projekte 

so steuern lässt, dass die nötigen 

Ressourcen stets vorhanden sind, kein 

Projekt aus dem Ruder läuft und auch die 

übergeordnete Strategie immer befolgt 

wird. Robert Felme, Bereichsleiter strategische 

Planung und Projektmanagement 

beim Sparkassenverband Bayern, hat die 

Erfahrung gemacht, „dass oftmals Projekte 

gestartet, nach einiger Zeit aber wieder 

aufgegeben werden“. Auch verpufft 

der Elan der Beteiligten schnell, weil sich 

niemand mehr um den weiteren Verlauf 

kümmert. So produzieren die Häuser viel 

Aufwand für den Papierkorb. Dabei ist die 

Rechnung meist ganz einfach: Versandet 

nur ein Projekt pro Jahr, sind die Kosten 

für Projektmanagement schon drin. 

Oft fehlt nach Erfahrung von 

Felme schlicht das Verständnis 

dafür, dass Projektmanagement 

in erster Linie eine Führungsmethode 

ist. „Damit lässt 

sich die Gesamtstrategie eines 

Hauses sehr erfolgreich auf 

konkrete Maßnahmen herunterbrechen.“ 

Wie sich Projektmanagement 

einführen lässt, zeigt etwa die 

Sparkasse Gummersbach- 

Bergneustadt. Dort wurde im 

Rahmen eines Restrukturierungsprojekts 

zur Prozessoptimierung 

unter anderem die 

Stelle eines Projektmanagers 

aufgebaut. In dieser Position 

konnte Michel Zacher schnell 

feststellen, „dass die Methodik 

des Projektmanagements ankommt, 

auch bei den meisten alten Hasen“. 

Als Gründe dafür sieht er, dass sich 

nun genau nachhalten lässt, welche Kosten 

und welcher Nutzen entstehen und 

ob die Beteiligten nachjustieren müssen. 

Die Sparkasse hat in Gummersbach ein 


„Jedes Haus 

sollte die 

Kollegen 

sorgfältig 

aussuchen, 

die an Einzelprojekten 

beteiligt 

sind.“ 

Michel Zacher, 

Projektmanager, 

Sparkasse 

Gummersbach- 

Bergneustadt 

Modell mit jeweils drei Projektphasen 

eingeführt. „Nach jeder Phase können wir 

überprüfen, ob Rahmen und Ziele eingehalten 

werden.“ Viel hänge von den Projektakteuren 

ab, sagt Zacher. „Jedes Haus 

sollte die Kollegen sorgfältig aussuchen, 

die an Einzelprojekten beteiligt sind.“ 

Hier geht es um Akzeptanz 

auf allen Ebenen. Zum einen 

müssen die Mitarbeiter gerne 

in Projekten der Sparkasse arbeiten, 

zum anderen sollten 

auch Vorstand und mittlere 

Führungsebene Unterstützung 

leisten. Bei der Einführung des 

Projektmanagements griffen 

die Gummersbacher auch auf 

externe Hilfe zurück. „Diese 

war zwar kostenintensiv, aber 

über Jahre hinweg kompensieren 

Einsparungen und wirtschaftlicher 

Nutzen die Ausgaben“, 

resümiert Zacher. 

Projektmanagement heißt, 

interne Know-how-Trägerschaft 

gezielt einsetzen zu können. 

Sogar in kleinen Häusern 

lässt sich dieses Know-how 

etwa beim Abteilungsleiter Organisation 

in Personalunion aufbauen. Da Projektleiter 

häufig wechseln, kann eine solche 

Institutionalisierung Problemen vorbeugen 

und Konflikte schlichten. Zacher 

rät dazu, das Projektmanagement vor- 

Flexibles 

Multitalent, 

Wissenschaftler 

– oder 

Machertyp? 

In jedem 

Projektteam 

müssen die 

Mitarbeiter 

zusammenpassen. 

ZEICHNUNG: DPA

standsnah anzusiedeln. „Meine Stelle ist 

direkt dem Abteilungsleiter Organisation 

unterstellt. Diese enge Anbindung ist erforderlich, 

weil viele Entscheidungen 

sehr schnell erfolgen müssen.“ 

Topmanagement muss mitspielen 

Hinzu kommt, dass der Vorstand hinter 

dem Thema Projektmanagement stehen 

muss. Hier hat Verbandsspezialist Felme 

einen klaren Rat an alle, die Projektmanagement 

einführen oder intensivieren 

möchten: „Haupterfolgsfaktor für ein 

Sparkassen in Süddeutschland haben 

in den letzten beiden Jahren 

im Schnitt 18 Projekte durchgeführt, in 

etwa 20 Prozent der Häuser fanden sogar 

mehr als 30 Projekte statt. Das fand 

eine Studie an der SRH Fernhochschule 

Riedlingen heraus. Insgesamt beteiligten 

sich 33 Sparkassen Ende 2010, die 

Rücklaufquote lag bei 28 Prozent. 

Die Sparkassen initiierten Projekte 

meist, um auf Veränderungen zu reagieren 

und um Veränderungen herbeizuführen. 

Das Spektrum der Projekte 

reichte von der IT-Umstellung bis zu 

Fusionen, Ein- und Ausgliederungen. 

Mithilfe der Projektform können Sparkassen 

Veränderungen parallel zum 

Geschäftsbetrieb vorantreiben. 

Um die Projektziele erreichen zu können, 

sollten die organisatorischen und 

technischen Führungsaufgaben Manager 

übernehmen. Zahlreiche Methoden 

erleichtern die Arbeit. Vor allem die 

Auswahl geeigneter Managementmethoden 

ist entscheidend. Die Methoden 

sollten zur Aufgabe, zur Projektgröße 

und -komplexität passen. 

Unterschiedliche Reifegrade 

Die Riedlinger Studie widmete sich 

auch der Reife des Projektmanagements 

im Sinne eines sinnvollen Methodenmixes. 

Dabei wurden die in der 

Literatur genannten und im Projektzusammenhang 

sinnvollen Methoden herausgearbeitet 

und abgefragt. Den Antworten 

wurden Punktwerte zugeordnet 

und auf 100 Prozent skaliert: Ja – zwei 

Punkte, teilweise – ein Punkt, nicht eingesetzt 

– 0 Punkte. So wurde berücksichtigt, 

dass nicht in allen Teilbereichen die 

gleiche Methodenanzahl angewandt 

wird. Je näher der Wert an 100 Prozent 

funktionierendes Projektmanagement 

ist nach meiner Erfahrung das Management-Commitment 

zur Einführung von 

professionellen Projektmanagement- 

Methoden. Wichtig ist auch die Bereitschaft 

des Topmanagements, dem Projektmanagement 

auch die notwendige 

Aufmerksamkeit zukommen zu lassen.“ 

Oft genügen kleine Signale, die den Mitarbeitern 

verdeutlichen, dass ihre Arbeit 

wichtig ist und geschätzt wird. Überhaupt 

spielen die Mitarbeiter eine wichtige Rolle. 

Auch in den Fachabteilungen sollten 


MANAGEMENT 35 

die entsprechenden Kenntnisse daher 

vorhanden sein. Hier herrscht Nachholbedarf, 

wie Birgit Boland-Mayat erklärt, 

die bei der Deutschen Sparkassenakademie 

für das Thema zuständig ist. „Unsere 

Seminare werden fast ausschließlich 

von Orga-Mitarbeitern besucht. Doch die 

Orga kann nicht immer den Projektleiter 

stellen.“ Zudem kommt es darauf an, 

dass alle betroffenen Mitarbeiter Zugriff 

auf Hilfsmittel bekommen. Denn sonst 

muss das Rad immer wieder neu erfunden 

werden. � 

STUDIE 

Besser führen mit Methodenmix 

Eine Studie untersucht die Reife des Projektmanagements bei süddeutschen Sparkassen. 

liegt, desto höher bewertet die Studie den 

Reifegrad des Projektmanagements. Die 

Unterschiede sind erheblich (siehe Grafik). 

So liegt die durchschnittliche Reife 

des Projektmanagements der badenwürttembergischen 

Sparkassen (SVBW) 

mit 52,5 Prozent der Maximalpunktzahl 

deutlich über dem Wert der bayerischen 

Sparkassen (SVB) von 42,5 Prozent. Auch 

beim Vergleich der Projektphasen wurden 

deutliche Unterschiede sichtbar. So 

wird in der Konzeptphase ein Wert von 

56,6 Prozent erreicht. Es folgen Projektabschlussphase 

mit 50 Prozent, Durchführungsphase 

mit 42,4 Prozent und Planungsphase 

mit 38,7 Prozent. 

Deutlich zeigt sich auch ein Größeneffekt 

bei Sparkassen unter 1,5 Mrd. Euro 

Bilanzsumme im Vergleich zu Häusern 

mit mehr als 2,5 Mrd. Euro Bilanzsumme. 

Tendenziell verfügen Sparkassen 

mit einer höheren Reife des Projektma- 

Reifegrad des Projektmanagements 

100 % 

80 % 

60 % 

40 % 

20 % 

0 % 

nagements über eine geringere Cost- 

Income-Ratio. Häuser mit überdurchschnittlicher 

Projekterfahrung haben 

jedoch nicht automatisch eine höhere 

Reife und beurteilen die Projekterfolge 

dann eher negativ. Die Größe der Sparkasse 

spielt dabei keine Rolle. 

En systematisch und methodisch fundiertes 

Projektmanagement scheint 

sich prinzipiell auszuzahlen. Größere 

Institute weisen eine höhere Reife 

des Projektmanagements aus, was mit 

höheren Kapazitäten erklärt werden 

könnte. Allerdings ist die Stichprobe 

eher klein, und die Befragten schätzen 

ihren Erfolg bei Leistung, Kosten und 

Qualität selbst ein. � 

Thomas Berger, Professor an der SRH Fernhochschule 

Riedlingen, 

Christian Abler, Leiter Betriebsorganisation bei 

der Sparkasse Bad Kissingen. 

Gesamt SVBW SVB Klein Mittel Groß 

Die Projektmanagement-Studie zeigt Unterschiede zwischen großen und kleinen 

Häusern aus SVB- und SVBW-Gebiet GRAFIK: STUDIE

36 

FINANZGRUPPE 

OUTSOURCING – INTERVIEW 

Fabrik für Dienstleister 

Back-Office-Leistungen müssen kostengünstig abgewickelt werden, damit Sparkassen ihre Kraft 

auf den Vertrieb konzentrieren können. Vielfach ist Outsourcing eine gute Lösung. Zwei Geschäftsführer 

der LBB-Tochter Bankenservice, Sprecher Stefan Haemmerling und Ronald Berentin, stellen 

vor, welche Vorteile die Auslagerung von Marktfolgetätigkeiten haben kann. 

� VON THOMAS SCHINDLER 

Augenfälliger könnte der Wandel von 

der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft, 

– deren Unternehmen sich 

wiederum von der Industrie inspirieren 

lassen –, nicht sein: Hinter den prächtigen 

Backsteinfassaden im ehemaligen 

Berliner Arbeiterbezirk Wedding war 

einst die Fabrikstadt von AEG beheimatet. 

Heute arbeiten hier Fachleute für ein 

Fraunhofer-Institut, die Deutsche Welle 

und die Bankenservice, eine Tochter der 

Landesbank Berlin. 

„Wir sind Ihre Service-Fabrik“ heißt 

es an der Eingangstür dieses Back- 

Office-Dienstleisters und wie eine Fabrik 

bündelt der Bankenservice Mengen, 

Know-how und industrielle Abarbeitungsmethoden. 

Die entstehenden 

Skalen effekte ermöglichen Preisvorteile 

für die Mandanten des Unternehmens: 

die Sparkassen. „Alles rund um die Abwicklungsbereiche 

Marktfolge Aktiv und 

Passiv, Kapitalmarktgeschäft oder Wertpapierbereich 

gehört grundsätzlich nicht 

zur Kernkompetenz einer Sparkasse und 

eignet sich, die Vorteile von Outsourcing 

zu nutzen“, erläutert Stefan Haemmerling, 

Sprecher der Geschäftsführung. 

Im Bündel billiger 

Was sich durch Mengenbündelungen 

erreichen lässt, demonstriert Haemmerlings 

Kollege Ronald Berentin, Mit-Geschäftsführer 

im Bankenservice. „Unser 

aktuelles Paradebeispiel ist das Pfändungsschutzkonto, 

das jede Sparkasse 

auf Verlangen führen muss. Bei uns sind 

rund 70.000 dieser Konten gebündelt. 

Und um alle gesetzlichen Vorgaben und 

Regulative zu berücksichtigen, benötigen 

wir eine einzige Mitarbeiterin, mehr 

nicht. Jede mittelgroße Sparkasse müsste 

dafür denselben Arbeitsaufwand betreiben, 

führt aber vielleicht nur 10.000 dieser 

Konten.“ 

In den Großraumbüros des Branchenspezialisten 

kümmern sich 20 der insgesamt 

1100 geschulten Mitarbeiter ausschließlich 

um Pfändungsschutzkonten. 

Haemmerling beziffert den Preisvorteil 

für seine Sparkassenkunden in diesem 

Bereich mit „30 bis 50 Prozent“. 

SPARKASSE: Was kann Ihre Firma, was einzelne 

Sparkassen nicht vermögen? 

Stefan Haemmerling: Gerade am Beispiel 

Pfändungsschutzkonto zeigt sich, 

welche Vorteile wir unseren Mandanten 

bieten können. Der Gesetzgeber hängt die 

Latte für regulative Anforderungen immer 

höher. Auch die Sparkassen, die nur 

wenige dieser Konten führen, müssen 

das Fachwissen vorhalten. Für sie zahlt es 

sich aus, auf unser Know-how rund um 

das Outsourcing zu setzen. 

Ronald Berentin: Der Bankenservice 

bietet seine Dienstleistungen gezielt für 

bestimmte Aufgabenbereiche an, in denen 

sich Kosten- und Qualitätseffekte für 

die Institute durch schiere Menge nutzen 

lassen. 

Ihr Mandant, eine Sparkasse, bekommt also 

ein maßgeschneidertes Angebot? 

Berentin: Der Kunde kann in jedem Fall 

selbst entscheiden, wie umfassend er auf 

uns als Dienstleister zugreifen will. Wir 

bieten aus einer Hand einen Full-Service 

für alle Aufgaben der Marktfolge. Wir liefern 

die entsprechenden Produkte, das 

Prozess-Know-how, die Benchmarks 

und können konkrete Vorschläge machen, 

wie sich Prozesse auch an der 

Schnittstelle zur Sparkasse optimieren 

lassen. Selbstverständlich sind 

für uns Service Level Agreements, 

prüfungssichere Verträge 

und Reportingprozesse 

sowie eine schnelle 

Handlungsfähigkeit 

und hohe Flexibilität. 

Als strategischer Partner 

kooperieren Sie auch mit 

einzelnen Instituten. Mit 

der Sparkasse Münsterland 

Ost wollen 

Sie eine gemeinsame 

Servicegesellschaft 

gründen. Worum geht 

es? 

Haemmerling: Regionalität 

ist für die Sparkassen 

ein hoher Wert. 

Deshalb gründen beide 

Partner ein Sparkas- 


sen-Dienstleistungszentrum. Dort wollen 

wir alle Aufgaben der Marktfolge abbilden. 

Mit der regionalen Marktexpertise 

der Sparkasse und unserem Know-how 

als Marktfolgedienstleister bilden wir 

das Beste beider Welten ab. Deshalb ist 

dieses Modell offen für weitere Institute 

als Mandanten oder Mitgesellschafter. 

Ihr Unternehmen bietet also Kompetenzen 

regional an? 

Berentin: Wir sind von der Idee dieses 

Regionalmodells überzeugt. Deshalb 

wird in Münster bereits die vierte Gesellschaft 

in der Fläche gegründet, die 

sämtliche Marktfolgetätigkeiten aus ei-

ner Hand erbringt. Die erste war das SDZ 

Ostbrandenburg. Es folgte das SDZ Südbayern, 

das wir zusammen mit der Kreissparkasse 

Augsburg als Mehrheitsgesellschafter 

betreiben. Nummer drei: Nach 

Übernahme der Readypartner GmbH 

bieten wir am Standort Düsseldorf unsere 

Dienstleistungen in der Region als 

SDZ Rhein-Ruhr an. Mit dieser Strategie 

sichern wir sowohl die Zukunftsfähigkeit 

der Sparkassen als auch die Arbeitsplätze 

in der Region. 

Arbeitsplatzsicherung durch Outsourcing – 

glauben das die betroffenen Mitarbeiter in 

den Sparkassen? 

Haemmerling: Die Idee dieser Dienstleistungszentren 

ist, dass wir nach einheitlichen 

Maßstäben an verschiedenen 

Standorten unsere Serviceleistungen 

erbringen. Die Arbeitsplätze werden vor 

Ort gesichert. 

Berentin: Der demografische Wandel 

führt bei vielen Sparkassen zu Personalbeschaffungsproblemen, 

bei einigen 

Instituten dagegen gilt es, Arbeitsplätze 

auszubauen. Und hier kommen wir ins 

Spiel. Wir nehmen der ersten Gruppe Arbeit 

ab, der zweiten verschaffen wir die 

gesuchten Arbeitsplätze. Wir streben regionale 

Kompetenz-Center-Modelle an, da 

FOTO: LBB 

gerade die Bündelung der Kompetenzen 

Arbeitsplätze langfristig erhält. So produzieren 

die Mitarbeiter im SDZ Südbayern 

bundesweit die Rentenrückforderungen 

unserer Unternehmensgruppe. 

Lassen sich Prozesse problemlos an den einzelnen 

Standorten zusammenfassen? 

Haemmerling: Worauf sich unsere Mandanten 

verlassen können: Die Finanz Informatik 

(FI) mit ihrem Serviceportal gibt 

uns die technischen Möglichkeiten, diese 

Prozesse zu lenken. Weil die Sparkassen 

und wir eine einheitliche IT nutzen, können 

wir die Prozesse steuern und unsere 

Leistungen kostengünstig abarbeiten. 

Deswegen entstehen keine Reibungsverluste 

zwischen Bankenservice und Mandanten. 

Unsere intelligente Schnittstelle 

mit klaren Regeln für die Marktfolge 

schließt aus, dass Informationen fehlen 

und wir Unterlagen unbearbeitet zurücksenden 

müssen. 

Berentin: Die Bankenservice-Vorteile 

werden besonders für zwei Prozesse erkennbar, 

die für Sparkassen wichtig sind: 

Bei der Bilanzanalyse und Bilanzdatenerfassung 

merken wir als Servicer, dass 

Engpässe bei der zeitgerechten Datenbearbeitung 

entstehen. Die Nachfrage 

von Mandanten nach unserem 

Angebot wächst. Zweitens bei 

der Baufinanzierung: Dank 

OSplus-Kredit können die Sparkassen 

auf erfahrene Baufinanzierungs-Sachbearbeiter 

beim 

Bankenservice oder einem 

unserer SDZs zurückgreifen 

und den Baufinanzierungsprozess 

nach Bedarf insgesamt 

oder bei Spitzenlast an 

uns überleiten. Wenn unser 

Mandant das möchte, 

bearbeiten wir innerhalb 

von 48 Stunden Baufinanzierungen 

bis zur Zusage. 

Diese Prozesse stellen 

wir auch für Firmenkredite 

zur Verfügung. 

Wie nehmen Ihre Mandanten 

die Hürde, sensible Daten 

einem Dienstleister zu übergeben? 

Berentin: Sorge um die 

Datensicherheit ist zwar 


FINANZGRUPPE 37 

„Wir sind von der Idee des Regionalmodells 

überzeugt. Mit dieser Strategie sichern wir 

die Zukunftsfähigkeit der Sparkassen und 

die Arbeitsplätze in der Region.“ 

Ronald Berentin, Geschäftsführer Bankenservice 

nachvollziehbar, aber ungerechtfertigt. 

Die Kreditentscheidung und die Festlegung 

der Risikopolitik bleiben in jedem 

Fall bei der Sparkasse, wir sind nur der 

ausführende Dienstleister. Generell gilt, 

dass alle geschäftspolitischen Aufgaben 

das originäre Geschäft des jeweiligen 

Mandanten sind und bleiben. 

Paragraf 25 A des Kreditwesengesetzes wird 

also Genüge getan? 

Haemmerling: Unser Mandant trägt 

hier weiterhin die Verantwortung. Unsere 

Lösung ist ganz simpel: Wir liefern den 

Mandanten alle Instrumente, um uns zu 

steuern. Mit uns sind sie aufsichtsrechtlich 

auf der sicheren Seite. Alles steht im 

Einklang mit den Outsourcing-Standards 

des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands. 

Welchen Nutzen hat die Bankenservice 

GmbH für den Endverbraucher, die Kunden 

der Sparkassen? 

Berentin: Die Kosten für den beleghaften 

Zahlungsverkehr beispielsweise 

sind durch die technische Entwicklung 

auf ein Fünftel der Ursprungskosten gesunken. 

Das ermöglicht den Sparkassen 

wettbewerbsfähig zu bleiben und kommt 

somit auch dem Kunden zugute. Ansonsten 

gilt aber: Der Sparkassenkunde 

sieht, kennt und hört uns nicht. � 

Zu den Personen 

Stefan Haemmerling (r.), Jahrgang 1957, ist 

seit 1998 Geschäftsführer der Bankenservice 

GmbH und seit 2007 Sprecher der Geschäftsführung. 

Nach Ausbildung und Studium der 

Wirtschaftswissenschaften trat er 1984 in die 

Berliner Sparkasse ein. Dort war er bis 1998 

in den Bereichen Organisation und Marketing 

tätig. 

Ronald Berentin (l.), Jahrgang 1959, ist seit 

2008 Geschäftsführer der Bankenservice 

GmbH. Nach Ausbildung und Studium der 

Rechtswissenschaften war er für die Deutsche 

Genossenschaftsbank tätig. 1994 trat er in die 

Landesbank Berlin ein und verantwortete bis 

2008 unter anderem den Marktfolgebereich 

Kredit Firmenkunden/Privatkunden.

38 

FORUM 

Fachkräfte – wirklich schon 

Bewerbermangel bekommen viele Sparkassen bereits zu spüren. Aber wo fehlen sonst die Fachkräfte? 

1. Die Bewerberfluten der 

Vergangenheit sind Geschichte. 

Es ist sehr schwierig, 

das einheitlich zu beziffern. 

Das liegt daran, dass 

Fachkräftemangel je nach 

Branche und Region ganz 

unterschiedlich ausfällt. 

Fest steht nur: Sogenannte 

Mint-Fachkräfte sind knapp, 

Akademiker aus den Fachgebieten 

Mathematik, Informatik, 

Naturwissenschaft 

und Technik gibt es noch 

seltener. 

2. Höhere Einstiegsgehälter 

könnten als Anreiz dienen. 

Allerdings belegen immer 

mehr Studien, dass gerade 

bei jüngeren Arbeitnehmern 

andere Kriterien eine Rolle 

spielen. Wichtig sind heute 

Work-Life-Balance, flexibles 

Arbeiten, Gestaltungsmöglichkeiten 

in der Arbeit und 

die technische Ausstattung 

am Arbeitsplatz. Unternehmen 

reagieren darauf, indem 

sie mit mithilfe ganzheitlicher 

Konzepte ihre 

Attraktivität als Arbeitgeber 

steigern. Mit den alternden 

Belegschaften wird eine 

deutliche Steigerung der Personalkosten 

einhergehen. 

Wenn auch das Senioritätsprinzip 

nicht mehr offensiv 

eingesetzt wird, so steigt die 

Vergütung dennoch mit dem 

Lebensalter. Auswirkungen 

werden sich in wenigen 

Jahren zeigen – auch in den 

Pensionsrückstellungen, 

die Unternehmen wegen betrieblicher 

Altersversorgung bilden müssen. 

3. Ja, eigentlich müsste verstärkt nach 

diesen Arbeitnehmergruppen gesucht 

werden. Die Rekrutierungsbasis ist sogar 

noch breiter und schließt etwa auch 

Behinderte, Mitarbeiter mit Migrationshintergrund 

und Fachkräfte aus dem 

Ausland mit ein. Das darf aber aus rechtlichen 

Gründen nicht exklusiv geschehen. 

Denn eine ausschließliche Suche 

nach Frauen oder Älteren würde das 

Allgemeine Gleichstellungsgesetz (AGG) 

missachten. Gerade die älteren Mitarbeiter 

gelten in Zeiten von Altersteilzeit 

als Flexibilisierungspotenzial, die meisten 

Managementsysteme sind jedoch 

PRO 

„Es fehlen 

Mitarbeiter 

mit spezifischenQualifikationen, 

besonders im 

technischen 

Bereich.“ 

Sascha Armutat, 

Leiter Forschung 

und Themen, 

Deutsche 

Gesellschaft für 

Personalführung 

(DGFP) 

auf die Top-Leistungsträger 

zwischen 30 und 50 ausgelegt. 

An dieser Stelle müssen 

Arbeitsgestaltung und Weiterbildungsangeboteverändert 

werden, um ältere Mitarbeiter 

im Unternehmen 

leistungsfähig zu erhalten. 

Es geht darum, mit Altersstereotypen 

aufzuräumen. Darum 

wird die Frage nach den 

kulturellen Konnotationen 

von Alter immer dringender. 

Auf der kulturellen Ebene 

geht es darum, mithilfe von 

Veranstaltungen, Kampagnen 

und Kommunikationsmaßnahmen 

das Bild vom 

Altern zu verändern. Führungskräfte 

müssen sich 

systematisch mit den tatsächlichen 

Erscheinungen 

des Alters auseinandersetzen. 

Darüber hinaus müssen 

Management-Instrumente 

für eine bessere Integration 

älterer Mitarbeiter geschaffen 

werden. 

4. Es fehlen Mitarbeiter mit 

spezifischen Qualifikationen 

insbesondere im technischen 

Bereich. Das spüren 

Unternehmen deutlich an 

den Azubi-Zahlen. Dass man 

Recruiting aber immer noch 

zielgruppenspezifischer gestalten 

kann, stimmt sicher 

immer. Darum bieten wir 

auch entsprechende Ausbildungen 

in unserer DGFP- 

Akademie an. 

5. Die Lösung liegt in einer 

ganzheitlichen betrieblichen Strategie 

gegen den Fachkräftemangel, die die Attraktivität 

des Arbeitgebers bei der neuen 

Generationen steigert, die Potenziale bisher 

unbeachteter Bewerbermärkte nutzt 

und die Erwerbsfähigkeit älterer Arbeitnehmer 

im Blick behält. Qualifiziertes 

Recruiting sollte zielgruppenspezifisch, 

individuell und multimedial gestaltet 

werden. Die Unternehmen reagieren 

aber schon auf die Knappheit der humanen 

Ressourcen, indem sie Fachkräfte 

anwerben, ausbilden oder Frauen und 

Männer reaktivieren, die altersbedingt 

ausgeschieden sind oder eine familienbedingte 

Auszeit genommen haben. Eine 

weitere Möglichkeit ist es, Arbeitskräfte 

zwischen Unternehmen, bei denen es 


Wo sind die Ingenieure? 

Knappe Bewerberzahlen in den sogenannten 

MINT-Berufen: Viele Ingenieursstellen 

blieben zuletzt unbesetzt. 

GRAFIK: VDI-INGENIEURMONITOR 

Entwicklung am Arbeitsmarkt 

boomt, und anderen, die gerade nicht so 

viel zu tun haben, auszutauschen. In den 

meisten deutschen Unternehmen werden 

Personalexperten zunehmend auf 

dieses Thema aufmerksam. Demografische 

Fragen kommen auch auch in der 

Unternehmensführung an. Stereotype 

und Vorurteile kann sich über kurz oder 

lang niemand mehr leisten. Man weiß 

inzwischen, wie sich die demografische 

Entwicklung auf die Belegschaft auswirkt. 

Das erfordert Altersstrukturanalysen 

mit Entwicklungsszenarien. 

6. Das kann ich aus meiner Erfahrung 

im Austausch mit unseren Mitgliedsunternehmen 

und Mitgliedern, mit Wissenschaft 

und Wirtschaft sowie durch unsere 

jüngste Studie zum Fachkräftemangel 

vom August 2011 nicht bestätigen.

Raritäten? 

Droht der Wirtschaft insgesamt tatsächlich der qualifizierte Nachwuchs auszugehen? 

Fragen an die Kontrahenten 

1. Gibt es einen Fachkräftemangel? 

2. Fachkräftemangel treibt die Lohnkosten. 

Warum steigen diese nicht 

stärker? 

3. Müssten nicht Frauen und Ältere 

gesuchte Arbeitskräfte sein? 

4. Fehlen die Menschen oder ist das 

Recruiting unzureichend? 

5. Wie sollte heute qualifiziertes Personalmarketing 

und Recruiting aussehen? 

6. Wie bewerten Sie die aktuell vertretene 

These, Fachkräftemangel 

existiere nicht? 

Die Zahl der Erwerbstätigen 

und Arbeitssuchenden wird 

während der nächsten 13 Jahre 

um 6,5 Mio sinken. 

QUELLE: BUNDESAGENTUR FÜR ARBEIT 

1. Zunächst zum Begriff des Fachkräftemangels: 

Ein Mangel ist das Fehlen 

von etwas, das man braucht. Fachkräftemangel 

ist demnach das Fehlen von 

benötigten Fachkräften. Und jetzt zum 

besseren Verständnis eine Analogie, um 

dann auch gleich Ihre Frage zu beantworten: 

Fachkräftemangel gibt es genau so 

wenig, wie es Kundenmangel gibt. Zugegeben, 

Fachkräfte sind – genau wie Kunden 

– eine knappe Ressource. Am Markt 

gilt jedoch die Regel: Jeder, der attraktive 

Produkte und Dienstleistungen zu einem 

marktgerechten Preis anbietet und angemessen 

dafür wirbt, findet Kunden. 

Genauso ist es mit den Arbeitsplätzen. 

Jeder, der interessante Aufgaben in 

einem adäquaten Umfeld anbietet, fair 

bezahlt und dies professionell kommuniziert, 

findet qualifizierte und motivierte 

Mitarbeiter. Ein Mangel 

herrscht allenfalls – überspitzt 

gesagt – am Überfluss 

treudoofer, demütiger und 

uninformierter Bewerber, 

die bereit sind, für einen 

Hungerlohn langweilige Arbeiten 

in einem tristen Umfeld 

für unbekannte Firmen 

auszuführen. 

Der vielfach beschworene 

Fachkräftemangel ist eine 

Fata Morgana. Empirische 

Studien haben meist gemeinsam, 

dass der schwammige 

Begriff „Fachkraft“ 

nicht sauber definiert wird, 

regionale Besonderheiten 

nicht berücksichtigt werden 

und die Werte zumindest 

teilweise auf Umfragen oder 

Mutmaßungen basieren. 

Mich erinnern diese opportunistischenHorrorszenarien 

immer an das Anfang 

2011 erschienene Buch „Lügen 

mit Zahlen – wie wir mit 

Statistiken manipuliert werden“. 

Die demografische Entwicklung 

und die anderen 

auf den Ausbildungs- und 

Arbeitsmarkt einwirkenden 

Faktoren sorgen für Knappheit, 

nicht für Mangel. Dies 

wird dazu führen, dass die 

Unternehmen ihren Aufwand 

für die Fachkräftesicherung 

– je nach Branche 

– deutlich bis dramatisch 

erhöhen müssen, um gegenüber 

aktiveren und attraktiveren 

Arbeitgebern nicht 

ins Hintertreffen zu geraten. 

2. Steigende Lohnkosten wären 

die Konsequenz, um eine 

hohe Nachfrage bei gleichzeitig 

niedrigem Angebot 

auszugleichen. Bloßes Gejammer 

ist jedoch keine echte Nachfrage, 

daher steigen die Lohnkosten derzeit nur 

moderat. 

3. All dies wird sich in den nächsten Jahren 

automatisch regeln. Die Bewerber 

werden knapper. Das zwingt die Unternehmen 

dazu, ihr Beuteschema in der 

Jagd nach den vermeintlich perfekten 

Mitarbeitern zu überdenken. Die stereotype 

Suche mit glorifiziertem Idealbild 

„jung, dynamisch, gutaussehend“ wird 


CONTRA 

„Der vielfach 

beschworene 

Fachkräftemangel 

ist 

eine Fata 

Morgana.“ 

Axel Haitzer, 

Personalberater 

und Buchautor 

von 

„Bewerbermagnet“, 

Quergeist 2011 

FORUM 39 

weiter aufbrechen. Clevere 

Personalentscheider setzen 

schon heute Systeme ein, 

um treffsicher genau die Potenziale 

bei den Bewerbern 

zu erkennen, die das Unternehmen 

wirklich braucht. 

Im Ausbildungsmarketing 

betreuen wir beispielsweise 

Mandanten, die schon heute 

Senioren-Azubis einstellen 

oder junge Mütter in Teilzeit 

ausbilden. 

4. Bei dem Bewerberüberschuss 

der Vergangenheit 

waren die Arbeitgeber in der 

Komfortzone. In den meisten 

Personalabteilungen 

fehlen heute, um wieder die 

Analogie herzustellen, der 

komplette Vertrieb und das 

Marketing. Wären die Unternehmen 

im Produktmarketing 

so schlecht aufgestellt, 

wie im Personalmarketing, 

wären viele längst pleite. Es 

besteht dringender Handlungsbedarf, 

Ressourcen 

fürs Recruiting und Marketing-Know-how 

aufzurüsten. 

5. Personalmarketing nach 

Gutsherrenart hat ausgedient. 

Das Denkmodell „Bewerbung 

beim Bewerber“ ist 

heute zielführender, genau 

wie die proaktive Ansprache 

und die Nutzung von Social- 

Media-Kanälen. 

6. Jedes Lager vertritt seine 

Interessen. Viele Unternehmen, 

Kammern, Verbände 

und Politiker werden nicht 

müde, in das Fachkräftemangel-Horn 

zu blasen 

und ihre Standpunkte, bei 

jeder sich bietenden Gelegenheit, 

gebetsmühlenartig 

zu wiederholen. Und auf der anderen 

Seite stehen kopfschüttelnd qualifizierte 

Leute auf der Straße oder werden mit 

befristeten Verträgen oder Leiharbeit 

hingehalten. Im Kern geht es manchen 

Arbeitgebern augenscheinlich darum, 

mehr geeignete Kandidaten zur Auswahl 

zu haben und einen gewissen Druck auf 

Löhne und Rahmenbedingungen ausüben 

zu können. 

� 

Die Fragen stellte Thomas Schindler.

40 

ENERGIE 

PERSPEKTIVEN 

Schmutziges Geschäft 

Eine riesige Pipeline soll künftig Öl aus den bitumenreichen Gebieten in Alberta bis nach Texas 

pumpen – über den umstrittenen Bau muss die US-Regierung entscheiden. Das Projekt gefährdet 

das Image großer kanadischer Banken, die in der umweltschädlichen „Teersand“-Förderung aktiv 

sind. Kleine Banken, die häufig erneuerbare Energien fördern, erhalten hingegen Zulauf. 

� VON MARKUS GÄRTNER, VANCOUVER 

In der US-Hauptstadt Washington tragen 

Hunderte von protestierenden 

Jugendlichen mit bunten Plakaten eine 

lange schwarze Plastikröhre durch die 

Straßen. Es ist eine Nachahmung der 

Keystone-Pipeline, die Öl aus den bitumenreichen 

Gebieten in Alberta bis nach 

Texas pumpen soll. Das sieben Mrd. Dollar 

teure Monstrum liegt zur Genehmigung 

auf dem Tisch von US-Präsident Barack 

Obama im Weißen Haus. 

Auf den Plakaten der Jugendlichen, die 

in der US-Hauptstadt gegen die Pipeline 

demonstrieren, steht „No KXL.“ KXL ist 

die Abkürzung für die Pipeline, die seit 

Monaten die Gemüter in Nordamerika 

erregt. Allein ihr Bau würde 20.000 Menschen 

beschäftigen. Laut ihren Gegnern 

bedroht sie aber weite Teile der USA mit 

einer möglichen Umweltkatastrophe. 

Der Protest mit dem Plastikmodell der 

Pipeline ist daher in diesen Wochen 

nicht die einzige öffentliche Aktion für 

oder gegen das gewaltige Bauprojekt. Im 

Ausschuss für Energie und Handel des 

US-Repräsentantenhauses enthüllten 

Abgeordnete der Republikaner am 4. Januar 

eine tickende Uhr, die nach 60 Tagen 

abläuft. „Wird Präsident Obama sich 

für Arbeitsplätze und Energiesicherheit 

in Amerika entscheiden?“, steht darauf. 

Eine provokante Frage mit einem brisanten 

politischen Hintergrund. Als 

Obama im Dezember ein Gesetz zur Verlängerung 

der niedrigeren Payroll Tax 

unterschrieb – eine Steuer, die das Sozialsystem 

mitfinanziert – enthielt das Papier 

eine Erklärung: Der Präsident muss binnen 

60 Tagen seine Entscheidung zur umstrittenen 

Pipeline bekannt geben. Die se 

Zusage hatten ihm die Republikaner abgetrotzt, 

als Preis für ihre Zustimmung zu 

der verlängerten Steuersenkung. 

Die Demonstration mit der Plastikröhre 

in Washington – wie auch die medienwirksame 

Enthüllung der Uhr durch die 

Republikaner im Kongress – illustrieren, 

wie heftig umkämpft in Amerika das gigantische 

Energieprojekt ist. Kein Wunder: 

Die Keystone-Pipeline ist Amerikas 

größtes aktuelles Energieprojekt – wenn 

sie genehmigt wird. Auf dem Reißbrett 

durchquert sie nach ihrem Start in Kanada 

auf 2700 Kilometern sechs amerikanische 

Bundesstaaten und endet am 

Golf von Mexiko. Zuvor macht sie Zwischenstation 

an Amerikas strategischem 

Ölvorratslager in Cushing, Oklahoma. Die 

Strecke entspricht einer Fahrt von Hamburg 

nach Lissabon. 

Die Keystone-Pipeline soll Kanadas Ölsandgebiet 

in Alberta – das größte Vorkommen 

nach Saudi-Arabien – mit dem 

größten Raffinerie-Zentrum der Welt in 

Texas verbinden. Die Mega-Röhre würde 

ab 2013 täglich 1,2 Mio. Tonnen Öl in die 

USA liefern, so viel wie derzeit Mexiko als 

zweitgrößter Lieferant der energiehungrigen 

Supermacht. 

Im Wahlkampf war Obama dagegen 

Obama ist in einer schwierigen Situation. 

Er hatte im Wahlkampf 2008 das Öl aus 

Alberta unter Anspielung auf die Förderung 

als „Teersand“ bezeichnet. In der 

bitumenreichen Erde werden dabei unterirdische 

Hohlräume gegraben. Dann 

wird heißes Gas hineingepumpt, bis die 

ölige Schlacke an den Rändern nach unten 

sickert und sich wie in einer Badewanne 

sammelt. Anschließend wird das 

schwere Öl abgepumpt. Es muss in einem 

sogenannten Upgrader aber erst noch 

chemisch behandelt werden, bevor es in 

einer herkömmlichen Raffinerie weiter 

verarbeitet werden kann. Der enorme 

Aufwand verschlingt riesige Mengen von 

Wasser und Energie. Die Ölsande sind daher 

die größte Quelle klimaschädlicher 

Treibhausgase in Kanada. 

Die Genehmigung für Keystone könnte 

Obama schwere Vorwürfe eintragen, von 

seiner Kampagne zugunsten erneuerbarer 

Energien abzuweichen. Zudem bekommt 

er Druck aus den eigenen Reihen. 

Einflussreiche Umweltschützer in der 

Demokratischen Partei haben gedroht, 

seinen Wahlkampf 2012 nicht zu unterstützen, 

falls er Keystone genehmigt. 

Doch er ist nicht der einzige, dem die umstrittene 

Pipeline große Sorgen bereitet. 

Auch auf der anderen Seite der Grenze, 

in Kanada, sorgt das Riesenprojekt für ordentlich 

Zündstoff. Und das nicht nur in 

Industriekreisen, sondern vor allem bei 

den großen Banken. 


Die führenden Kreditinstitute des 

Ahornlands haben sich seit Jahren einen 

kräftigen grünen Anstrich gegeben und 

versucht, bei ihren Kunden mit wachsender 

Umweltfreundlichkeit Punkte zu 

sammeln. Die Canadian Imperial Bank 

of Commerce (CIBC) rechnet vor, dass 

sie seit 2004 allein durch reduzierten 

Heizölverbrauch in ihren Bürogebäuden 

und Zweigstellen die CO 2 -Emissionen 

um 2.500 Tonnen reduzieren konnte. 

So kauft das Institut beim Wasserkraftgiganten 

BC Hydro in British Columbia 

gezielt mehr sauberen Strom ein. Der 

Wettbewerber Bank of Montreal brüstet 

sich, inzwischen seine Schalterhallen 

klimaneutral zu betreiben und den Papierverbrauch 

seit 2008 um 1800 Tonnen 

reduziert zu haben. 

Der Marktführer Royal Bank of Canada 

berichtet, er habe den Verbrauch von 

Recyclingpapier seit 2009 um 20 Prozent 

gesteigert und 2010 schon 28 Zweigstellen 

auf erneuerbare Energien umgerüstet. 

Die Bank habe beim Umzug in ihre 

neue Zentrale in Toronto 95 Prozent der 

gebrauchten Möbel für 5000 Mitarbeiter 

entweder weiter verkauft oder recycelt, 

aber nicht zum Müll gegeben. 

Große Banken geben sich grün 

Kanadas große Banken haben laut der 

Canadian Bankers Association „das 

nachhaltige Wirtschaften zu einem Kernelement 

ihrer Philosophie gemacht“. Sie 

setzen seit Jahren mehr Strom aus erneuerbaren 

Energieträgern ein, lassen 

Hunderte von Zweigstellen als umweltverträglich 

zertifizieren und drosseln mit 

zweistelligen Raten den Verbrauch von 

Papier, Energie und Reiseaufwendungen. 

Die CIBC wurde für ihre Erfolge beim 

Ener giesparen und Recyceln gar mit dem 

Vorsitz der Finanzinitiative im Umweltprogramm 

der UN belohnt. 

Die jüngste Kampagne im Imageprojekt 

der fünf größten kanadischen Banken 

sind „grüne Hypotheken“, bei denen die 

führenden Geldhäuser ihrer Kundschaft 

teilweise mehr als einen Prozentpunkt 

bei den Zinsen nachlassen, wenn sie ihr 

Wohnhaus umweltfreundlicher ausstatten. 

Bei den Kunden kommt das gut an. 

Laut einer Studie der Initiative Enerqua-

Ölsand-Aufbereitungsanlage in Fort McMurray. Weil große kanadische Banken die umstrittene 

Ölsandförderung finanzieren, wenden sich viele Kunden kleineren Instituten zu. FOTO: DPA 

lity Green Building vom November 2009 

sind mehr als 40 Prozent der Hausbesitzer 

in Ontario bereit, bis zu 10.000 Kanada-Dollar 

(7738 Euro) für eine umweltverträgliche 

Nachrüstung ihres Heims 

auszugeben. Dieser Anteil ist doppelt so 

hoch wie bei einer ähnlichen Umfrage 

zwei Jahre zuvor. 

Doch die Kampagne der kanadischen 

Banken zieht auch heftige Kritik auf sich. 

Und das hat vor allem mit dem Engagement 

der Banken in Albertas Ölsanden 

zu tun. Der offizielle Rückzug Kanadas 

aus dem Kyoto-Protokoll hat die internationale 

Kritik noch verstärkt. Vor allem 

im Land selbst hagelte es heftige Kritik. 

Die Chefin der Grünen Partei, Elizabeth 

May, warf Premierminister Stephen 

Harper den Bruch eines internationalen 

Vertrags vor. „Nie zuvor in der Geschichte 

hat sich dieses Land aus einem Vertrag 

zurückgezogen, den es zuvor ratifiziert 

hatte“, sagt May. Der Schritt sei „schlimmer 

als alle anderen Rückschritte der 

Harper-Regierung in Klimaangelegenheiten“. 

Auf Kanadas Banken fällt diese vehemente 

Kritik insofern zurück, als deren 

verbesserte Umweltbilanz aus dem schonenderen 

Umgang mit Energie und Rohstoffen 

mehr als aufgehoben wird durch 

rasant steigende Kredite für die Öl- und 

Gaswirtschaft, besonders die Expansion 

der Ölsande. Und die wiederum hängt 

maßgeblich von der Genehmigung der 

Keystone-Pipeline durch US-Präsident 

Obama ab. Mit 178 Mrd. Barrel sind die 

Ölsande nach Saudi-Arabien das größte 

Ölvorkommen auf dem Planeten. Ihre 

wachsende Ausbeutung hat Kanada zum 

größten Öllieferanten der USA gemacht, 

weit vor Saudi-Arabien und allen wichtigen 

Exporteuren am Persischen Golf. 

Mit der Keystone-Pipeline würde Kanada 

diese Führungsposition ausbauen. 

Kyoto-Ausstieg nagt weiter am Ruf 

Und hier kommen die kanadischen Banken 

ins Spiel. Laut Zahlen von Bloomberg 

haben die fünf größten Banken des 

Landes seit 2007 die Erweiterung der Ölsandaktivität 

in Alberta mit über 48 Mrd. 

US-Dollar Krediten finanziert. Führende 

Ölsandprojekte wie „Horizon“, „Christina 

Lake“ und „Fort Hills“ werden mit syndizierten 

Krediten in Milliardenhöhe aus- 


PERSPEKTIVEN 41 

gebaut. Doch Thinktanks und Aktivisten 

in Kanada weisen darauf hin, dass die 

Gewinnung von Öl aus dem bitumenhaltigen 

Sand in Westkanada enorm viel 

Wasser und Energie verschlingt und dass 

allein der Gasverbrauch beim Abbau der 

Ölsande fast dem gesamten Konsum aller 

privaten Haushalte im Land entspricht. 

Die Zahl der Studien und Berichte zu 

diesem Sachverhalt nimmt zu. Interessant 

dabei: Es wird deutlich darauf verwiesen, 

dass Kanadas kleinere Banken 

gemessen am Anteil in ihrem gesamten 

Kreditportfolio viel weniger beim Abbau 

der Ölsande engagiert sind, dafür aber 

mehr in der Finanzierung erneuerbarer 

Energien: Während die großen Banken 

aufwändig und prominent mit ihrem 

Umweltengagement werben, aber massiv 

in der CO 2 -intensiven Energiewirtschaft 

engagiert sind, sind die kleineren Volksbanken 

und Sparkassen in dem G-7-Land 

ohne viel Aufsehen viel stärker im Bereich 

erneuerbare Energien tätig. 

Kleine Institute fördern Erneuerbare 

So liegt laut einer Studie von Profundo 

Economic Research der Anteil der 

Kredite, die die große CIBC für die Gewinnung 

fossiler Brennstoffe ausreicht, 

mit 12,3 Prozent am Kreditportfolio fast 

doppelt so hoch wie bei der kleinen Kreditkooperative 

Vancity in British Columbia. 

Bei Vancity ist jedoch der Anteil der 

Kredite für erneuerbare Energien mit 

2,17 Prozent des Gesamtportfolios sieben 

Mal so hoch wie beim Marktführer Royal 

Bank of Canada. 

In einer Untersuchung der Umweltorganisation 

Rainforest Action Network mit 

dem Titel „Canadian Banks and Fossil 

Fuels“ wird darauf verwiesen, dass die 

großen Banken des Landes im jüngsten 

Berichtsjahr in ihren Büros sowie bei 

Dienstreisen zwar 500.000 Tonnen CO2- Emissionen einsparten, dass aber die 

Finanzierung der Ölsand-Expansion 

von 2006 bis 2020 etwa 100 Mio. Tonnen 

Treibhausgase jedes Jahr hinzuaddiert. 

Zum Vergleich: Der Benzinverbrauch aller 

Fahrzeuge in Kanada erzeugt jährlich 

90 Mio. Tonnen Treibhausgase. 

Daraus leiten Umweltschützer – angefacht 

von der internationalen Occupy- 

-Wall-Street-Bewegung – immer häufiger 

die Forderung an kanadische Sparer ab, 

ihr Geld von den Girokonten bei großen 

Geldhäusern zu kleineren Banken und 

Sparkassen zu transferieren. 

Demnach soll der Transfer von 10.000 

Kanada-Dollar von der Bank of Nova Scotia 

– dem Institut mit dem höchsten Treibhausgas-Anteil 

je Bilanzdollar – zu Vancity 

eine CO2-Ersparnis von jährlich 1430 

Kilogramm bringen. Das entspricht laut 

Zahlen des Rainforest Action Network 

dem Verzicht auf das eigene Auto für fünf 

Monate oder auf sieben zweistündige Flüge 

im Jahr. 

�

42 LITERATUR 

RECHT 

Präzise und 

praxisfreundlich 

Eine gut aufbereitete Sammlung von Urteilen 

zum Sparkassenrecht bringt willkommene 

Orientierungshilfen für die Rechtsabteilung. 

� VON DANIEL TIWISINA 

Das Bankrecht befindet 

sich seit Jahren im Umbruch. 

Es fällt schwer, angesichts 

der oftmals krisengetriebenen 

Aktivitäten des 

Gesetzgebers und der Gerichte 

den Überblick über die 

Entwicklungen zu behalten. 

Das trifft auch auf das Recht 

der Sparkassen zu. Es besteht 

nicht nur aus Aufsichts- und 

Rechtsprechung 

zum Sparkassenrecht, 

Fünfte Folge 

Roland Hoffman- 

Theinert (Hrsg.) 

Duncker & Humblot, 

Berlin, 2011, 

581 Seiten, 98 

Euro 

Organisationsrecht, sondern 

weist auch Bezüge zum allgemeinen 

Wirtschafts-, Arbeits-, 

Steuer-, Kommunal- und Verfassungsrecht 

auf. Für jedes 

dieser Fachgebiete gibt es 

zwar reichlich Spezialliteratur. 

Sparkassenspezifische 

Aspekte werden hier aber, 

wenn überhaupt, nur ansatzweise 

berücksichtigt. 

Auch für Einsteiger 

Insbesondere die Rechtsabteilungen 

der Sparkassen haben 

daher das Bedürfnis, sich über 

den Rechtsrahmen wissenschaftlich 

fundiert und mit 

vertretbarem Aufwand zu informieren. 

Das gelingt mithilfe 

der neuen Sammlung der 

Rechtsprechung zum Sparkassenrecht. 

Herausgeber ist 

der Berliner Rechtsanwalt Roland 

Hoffmann-Theinert. 

Das Werk ist in der Schriftenreihe 

des Instituts für 

deutsches und internationales 

Recht des Spar-, Giro- und 

Kreditwesens der Universität 

Mainz erschienen. Das ist insofern 

wichtig, als es sich hier 

nicht um einen in sich abgeschlossenen 

Band handelt, 

sondern um einen integrativen 

Bestandteil der Gesamt- 

reihe. Das verdeutlicht der 

erste Teil des Buches, der einen 

systematisch geordneten 

Überblick über die Rechtsprechung 

eröffnet. Sehr anwenderfreundlich 

ist, dass auch 

die in den ersten vier Bänden 

der Reihe aufbereiteten 

Entscheidungen nochmals 

dargestellt werden. Das erleichtert 

besonders dem Einsteiger, 

sich einen ersten Einblick 

zu verschaffen. 

Buch ergänzt Reihe 

Die wesentlichen Aspekte des 

gerichtlich entschiedenen 

Sachverhalts werden knapp 

und präzise dargelegt. Dem 

schließt sich eine ebenso präzise 

Darstellung der Entscheidungsgründe 

an. Den Wortlaut 

der Entscheidung kann 

der Leser dann dem zweiten 

Teil des vorliegenden Bandes 

oder einem der ersten vier 

Bände der Sammlung entnehmen, 

die nach wie vor beim 

Verlag bestellbar sind. 

Der Entscheidungswiedergabe 

folgt ein umfangreiches 

Vorschriftenverzeichnis und 

Sachregister. Mithilfe dieser 

Systematik lassen sich auch 

die historischen Entwicklungen 

des Sparkassenrechts 

gut nachvollziehen, was 

die Beurteilung komplexer 

juris tischer Probleme im Arbeitsalltag 

sehr erleichtert. 

Das Werk ist vorbehaltlos 

empfehlenswert für jeden, 

der sich mit dem Sparkassenrecht 

beschäftigt. 

� 

Der Autor ist Justiziar der Stadtsparkasse 

Düsseldorf. 


Justitia mit schwerwiegendem Argument: eine neue Buchpublika tion 

führt die verstreuten Urteile zum Sparkassenrecht zusammen. 

FOTOS: DPA, PRIVAT 

„Sparkassenrecht ist multidisziplinär“ – 

Fragen an den Autor und Herausgeber 

SPARKASSE: Herr Hoffmann- 

Theinert, wer braucht heute 

noch einer Rechtsprechungsübersicht 

in Buchform? 

Roland Hoffmann-Thei- 

nert: Datenbanken bekommen 

in der Tat mehr und 

mehr Bedeutung in einer 

vernetzten Informationsgesellschaft. 

Dies gilt auch 

für Entscheidungen der Gerichte.Rechtsprechungsübersichten 

in Buchform behalten 

dort ihre besondere 

Bedeutung, wo es sich um 

entweder schwer zugängliche 

oder sehr komplexe 

Spezialmaterien handelt. 

Das multidisziplinäre Sparkassenrecht 

fällt in beide 

Sparten. 

Wie sind Sie an die Entscheidungen 

herangekommen? 

Hoffmann-Theinert: Alle 

Gerichte und Behörden, die 

möglicherweise sparkassenrechtliche 

Entscheidungen 

fällen, wurden angeschrieben. 

Ein ziemlich aufwendiges 

Unterfangen, das 

letztlich nur dank der besonderenKooperationsbereitschaft 

der kontaktierten 

Institutionen zum Erfolg 

geführt hat. Hilfreich war 

auch, dass viele Praktiker 

mir eine Entscheidung aus 

ihrem beruflichen Umfeld 

übersandt haben. 

Was zeichnet das Sparkassenrecht 

aus? 

Hoffmann-Theinert: Sparkassenrecht 

ist Schnittstellenrecht. 

Es umfasst im 

engeren Sinne die organisationsrechtlichenVerhält- 

nisse der öffentlich-rechtlichen 

Sparkassen und die 

einschlägigen Aufträge und 

Geschäftsbeschränkungen, 

wie sie in den Sparkassengesetzen 

der Bundesländer 

und in den Sparkassensatzungen 

normiert sind. Im 

weiteren Sinne umschließt 

es die sich aus den Eigenheiten 

der Sparkasse ergebenden 

Verwobenheiten 

mit dem Arbeits-, Banken, 

Steuer- und dem allgemeinen 

Vertragsrecht. 

Wer liest und nutzt dieses 

Buch? 

Hoffmann-Theinert: Der 

Praktiker vor Ort, der sich 

schnell über maßgebliche 

Entscheidungen der diversen 

Gerichte informieren 

will. Die systematische 

Übersicht im ersten Teil erleichtert 

hier die Orientierung. 

Spezielle Rechtsmaterie sei im 

Fachbuch noch immer gut 

aufgehoben, sagt Jurist Roland 

Hoffman-Theinert.

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FachkrÃ¤fte â€“ wirklich schon RaritÃ¤ten? - Sparkassenzeitung

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