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& Art Culture<br />

Kunst und Kunstszene Zürich<br />

Fenster zur Moderne<br />

Die Stadt an der limmat hat nicht ohne Grund auch im Bereich<br />

der bildenden Kunst einen aussergewöhnlichen Ruf.<br />

Zürich kann sich angesichts seiner vielen Museen, Mäzene,<br />

Galerien und Messen glücklich schätzen. nicht nur das<br />

ausstellungswesen ist von grosser Bedeutung, sondern auch<br />

der Kunsthandel. Und die Stadt ist seit Jahrhunderten als<br />

aufenthaltsort bekannter Künstler beliebt.<br />

Zürich ist offen für neue Strömungen und<br />

während der Kriege war sie Zufluchtsort für<br />

Exilanten, die sich hier niedergelassen hatten.<br />

Im Jahre 1916 entwickelte sich hier übrigens die<br />

literarisch-künstlerische Bewegung des Dadaismus.<br />

Die Komposition scheinbar sinnfreier<br />

Lautgedichte rund um den Schriftsteller Hugo<br />

Ball erregte einiges Aufsehen. Von verschiedenen<br />

Sprechern durcheinander gesprochene<br />

Gedichte und Klangbilder waren teilweise eine<br />

Antwort auf die in den Ohren der Künstler entsetzlichen<br />

Vorgänge an den Kriegsschauplätzen<br />

und Grossstädten. Neben Hugo Ball waren<br />

Tristan Tzara und Hans Arp an der Gründung<br />

beteiligt. Angeblich hatte, so schreibt es George<br />

Grosz in seiner Autobiografie, Hugo Ball im illustren<br />

Kreise verschiedener Künstler mit seinem<br />

Messer in ein deutsch-französisches Wörterbuch<br />

gestochen und das Wort dada getroffen, was<br />

im Französischen übrigens Steckenpferd heisst.<br />

Dies ist der Gründungsmythos, der zur Namensgebung<br />

der Gruppe geführt habe. Die Keimzelle<br />

befand sich im legendären Cabaret Voltaire in<br />

der Zürcher Spiegelgasse. Beschwerden der<br />

Bürger führten allerdings zu einer baldigen<br />

Schliessung des illustren Cabarets und die<br />

Künstler eröffneten eine Galerie „Dada“ in der<br />

Bahnhofstrasse. Bald waren sie von bekannten<br />

Malern und Bildhauern umgeben, die dort ausstellten.<br />

Unter ihnen waren auch Paul Klee und<br />

Wassily Kandinsky. In kurzer Zeit verbreitete sich<br />

die Strömung in ganz Europa und die Folgen<br />

der damaligen Schöpfungen leben bis heute in<br />

vielen künstlerischen Werken fort.<br />

Nur wenige Jahre später war Zürich wieder im<br />

Brennpunkt der Entwicklung neuer Kunstrichtungen<br />

zu finden: Die Zürcher Schule der Konkreten<br />

steht in engem Zusammenhang mit der<br />

konkreten Kunst, die in ihrer Geisteshaltung mit<br />

dem holländischen De Stijl oder der Entwicklung<br />

der Bauhauslehre in Verbindung gebracht<br />

werden kann. Der Schweizer Architekt, Designer<br />

und Künstler Max Bill – selbst ein Schüler der<br />

Zürcher Kunstgewerbeschule und des Dessauer<br />

Bauhauses – formulierte das Ansinnen der Konkreten<br />

als eine Distanzierung von allen Naturerscheinungen.<br />

Also könne die konkrete Kunst<br />

auch nicht auf Abstraktion beruhen, denn dies<br />

würde die Auseinandersetzung mit natürlichen<br />

Gegenständen voraussetzen; er hielt die Kunst<br />

für „einen Ausdruck des menschlichen Geistes“<br />

mit den Mitteln der Farben, des Lichts und der<br />

Fotos: © Max Bill: Neue Zürcher Zeitung 2008, Pro Litteris Zürich 2008; © Wassily Kandinsky: VG Bild-Kunst, Bonn; © Westpic<br />

Bewegung. Wichtige Impulse für die Zürcher Konkreten gingen wiederum von<br />

Kandinsky und Klee aus, die etliche Jahre zuvor in der Galerie Dada ausgestellt<br />

hatten. Max Bill übrigens wurde 1945 selbst Professor an seiner ehemaligen<br />

Ausbildungsstätte, der Kunstgewerbeschule, und Anfang der 50er Jahre war<br />

er in Ulm einer der Gründer der legendären Hochschule für Gestaltung.<br />

Die heutige Museums- und Galeriedichte in Zürich ist bemerkenswert und<br />

nur im Zusammenhang mit der langen Tradition von Künstlern und Sammlern<br />

in dieser Stadt zu verstehen. Weit über ein Dutzend Kunstmuseen und über<br />

einhundert Galerien prägen die besondere künstlerische Vielfalt der Stadt. In<br />

der Innenstadt reihen sich in mancher Strasse die Galerien wenige Meter voneinander<br />

entfernt aneinander. Auch der öffentliche Raum muss sich in dieser<br />

Hinsicht nicht verstecken: Von Jean Tinguely steht am Zürichsee die grosse<br />

Installation „Heureka“, der „L’Ange Protecteur“ in der Hauptbahnhofshalle<br />

stammt von Niki de Saint Phalle und die Chorfenster der Fraumünster-Kirche<br />

sind ein Werk Marc Chagalls. (rp)<br />

1 2 3 4<br />

5 6<br />

8 9<br />

7<br />

1. Auftritt von Hugo Ball im Cabaret Voltaire, 1916<br />

2. Hans Arp,1925<br />

3. Nancy Cunard und Tristan Tzara, 1920<br />

4. Sophie Taeuber-Arp mit Dada-Kopf<br />

5. Wiederbelebung des Dadaismus, im „Cabaret Voltair“<br />

6. Werk von Wassily Kandinsky: „Schwarzer Raster“, 1922;<br />

öl auf Leinwand, 96 x 106 cm: Centre Georges Pompidou, Paris<br />

7. Max Bill: Plakat wohnausstellung neubühl. 1931; Buchdruck, Linolschnitt<br />

und Schriftsatz, 128 x 90.5 cm: Privatsammlung, Zürich<br />

8. Max Bill: Hohe Vase. 1926/27. Kupfer und Messing, H:40 cm, Sammlung Jakob<br />

und Chantal Bill; Photo: Theres Büttler, Luzern<br />

9. Max Bill im Atelierhaus Zürich-Höngg. 1947; Photo: Ernst Scheidegger<br />

Art & Culture<br />

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