rates bei einer Dienstposten- besetzung Kinderbezo- gene Besitz
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Das war der 7. Chemnitzer Lehrertag<br />
Kita oder Karotte – warum Motivationsversuche<br />
oft de-motivieren<br />
Wenn Sie jemand fragt, wie gut Sie Kaffee<br />
kochen können ... wo würden Sie sich auf <strong>einer</strong><br />
Skala von 0 (kann ich nicht) bis 100 (da<br />
bin ich perfekt) einschätzen? Und wenn man Sie<br />
dann fragen würde, wie gut Sie Zeichnen können,<br />
wie wäre jetzt Ihre Einschätzung?<br />
Sagen wir mal, Sie wären NICHT perfekt im Kaffeekochen.<br />
Was könnte Sie veranlassen, mit Ausdauer<br />
und Hingabe das Kaffeekochen zu üben?<br />
Mit unserem Handeln sind drei Fragen verbunden:<br />
1. WAS tun wir? Das ist die Frage nach den Inhalten<br />
...<br />
2. WIE tun wir es? Das ist die Frage nach Strategien,<br />
Methoden und Verhalten ...<br />
3. WARUM tun wir es? Das ist die Frage nach<br />
den Motiven ...<br />
Wenn Kinder die Welt entdecken, versuchen sie<br />
automatisch auch Grenzen auszuloten. Wie weit<br />
kann ich gehen, wann wird es kritisch, wie weit<br />
lässt mich die Welt gewähren? Da<strong>bei</strong> kommt es<br />
schon vor, dass Grenzen überschritten werden.<br />
Welche Chance haben Lehrer nun eigentlich, Verhaltensänderungen<br />
zu bewirken?<br />
Inzwischen ist man sich in der Wissenschaft darüber<br />
einig, dass sowohl <strong>gene</strong>tische Faktoren, als<br />
auch die Umwelt einen starken Einfluss ausüben.<br />
Nach m<strong>einer</strong> Auffassung können wir von <strong>einer</strong><br />
Verfestigung von Persönlichkeitsmerkmalen eines<br />
Menschen zu etwa 75 % mit dem Schuleintritt<br />
ausgehen. Das heißt, die Grundzüge von Persönlichkeit<br />
und Verhalten sind festgelegt. Damit sind<br />
der Einflussnahme von Lehrern auf Schüler Grenzen<br />
gesetzt.<br />
An der Stelle sei auch darauf hingewiesen, dass<br />
speziell der „Umgebung“ im vorschulischen Bereich<br />
wesentlich mehr Augenmerk geschenkt werden<br />
muss, als das bisher der Fall ist!<br />
Kann man dann erziehungsseitig überhaupt etwas<br />
bewirken? Ja, das kann man durchaus. Lehrer sollten<br />
hier allerdings die (manchmal nervenden) Persönlichkeitsmerkmale<br />
von Schülern nicht als<br />
Schwächen, sondern als Stärken ansehen und sich<br />
fragen, <strong>bei</strong> welchen Situationen eben diese Stärken<br />
gefragt sind. Das führt dann zu einem höheren<br />
Selbstbewusstsein und damit zu <strong>einer</strong> besseren<br />
Vorbereitung auf das Leben nach der Schule. Nehmen<br />
wir mal an, Sie haben Schüler mit Aufmerksamkeitsdefizit<br />
(was ja oft nur heißt, dass sich diejenigen<br />
für das, was gerade vorn passiert, nicht<br />
interessieren). Oft sind gerade diese Schüler vielseitig<br />
interessiert. Schaffen Sie Möglichkeiten,<br />
dass die Klasse an diesen Interessen teilhaben kann<br />
– das ist nicht nur für die Anderen spannend, sondern<br />
gleichzeitig eine Würdigung. Wir sehen oft<br />
Dinge, die uns nicht passen, als negativ an. Oft bewirkt<br />
eine Veränderung der Brille, durch die Sie<br />
dieses Verhalten sehen, viel mehr als Disziplinierung<br />
und Zurechtweisung.<br />
Der Mensch ist mit seinem Gehirn dafür prädestiniert,<br />
Neues zu entdecken und zu ergründen. Da<strong>bei</strong><br />
hilft ihm das hirnei<strong>gene</strong> Belohnungssystem. Hier<br />
spielt DOPAMIN als Botenstoff eine wesentliche<br />
Rolle. Allerdings gelingt es uns durch unsere Art<br />
der Intervention oft, dieses System außer Kraft zu<br />
setzen.<br />
Das heißt, oft werden Schüler zunächst (unbewusst)<br />
de-motiviert. Und dann müssen wir nach Wegen suchen,<br />
sie von außen wieder zu motivieren.<br />
Herzberg hat in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts<br />
eine interessante Systematik zur Motivation<br />
dargestellt.<br />
Er unterscheidet intrinsische (innere) und extrinsische<br />
(äußere) Faktoren.<br />
Zu den intrinsischen gehören die 14 von Alexander<br />
Christiani aus dem Bereich des Leistungssportes<br />
zusammengetra<strong>gene</strong>n Faktoren, wie z. B. eine<br />
Motivation durch<br />
• Herausforderung („Ich glaube nicht, dass du das<br />
je begreifst!“),<br />
• Zusammenar<strong>bei</strong>t mit anderen (etwas miteinander<br />
tun),<br />
• Wettkampforientierung (der direkte Vergleich<br />
mit anderen),<br />
• Anerkennung (die auf fast alle Menschen<br />
wirkt).<br />
Jeder Mensch hat nach Christiani individuell bevorzugte<br />
Motivatoren, die ihn schneller zum Handeln<br />
bringen, als andere Faktoren.<br />
Meinen wir, von außen motivieren zu müssen,<br />
lässt uns Herzberg zwei Möglichkeiten – Kita und<br />
Karotte.<br />
Kita steht für „Kick in the ass“ (wo<strong>bei</strong> ass im Englischen<br />
sowohl für Esel als auch für Arsch steht),<br />
also den Tritt in den Hintern (Computerentzug,<br />
Fernsehverbot ...), und Karotte ist die positive Motivation<br />
in Form von Anerkennungssystemen (Taschengeld,<br />
gute Noten, ...). Kita funktioniert da<strong>bei</strong><br />
doppelt so gut wie Karotte. Beim Tritt in den ... haben<br />
wir allerdings den Nachteil, dass die Wirkung<br />
+++ SLV im Internet: www.slv-online.de +++ SLV im Internet: www.slv-online.de +++<br />
Rückblick<br />
aufhört, wenn wir nicht mehr treten. Und die Karotte<br />
verlangt nach mehr, vorausgesetzt, man mag<br />
sie überhaupt.<br />
Ein Hinweis zum Schluss: Das Belohnungssystem<br />
des Schülers (und auch des Lehrers) wird durch<br />
Fehler unterbrochen. Insbesondere, wenn uns jemand<br />
von außen auf Fehler aufmerksam macht,<br />
erfolgt sofort eine Einstellung der Dopaminproduktion<br />
im Gehirn, und alle kognitiven Ressourcen<br />
werden in die Fehlerbear<strong>bei</strong>tung gesteckt.<br />
Nach erfolgreicher Fehlerbear<strong>bei</strong>tung setzt das<br />
Dopamin wieder ein und sorgt dafür, dass wir die<br />
Aufgabe bzw. das Problem weiter lösen. Wenn wir<br />
allerdings zu oft von außen auf Fehler aufmerksam<br />
gemacht werden, „stumpft“ unser Belohnungssystem<br />
in diesem Bereich ab. Wir sind nicht mehr proaktiv,<br />
sondern eher reaktiv (z. B. in der Schule) und<br />
suchen dann nach anderen Herausforderungen.<br />
Finden wir die nicht, kann es zu depressivem und<br />
aggressivem Verhalten kommen.<br />
Dauerhafte Motivation muss von innen kommen!<br />
Wenn uns bewusst wird, in welchen Situationen<br />
wir das hirnei<strong>gene</strong> Motivationssystem<br />
außer Kraft setzen, werden wir derartige Situationen<br />
verhindern können. Ein Thema, an dem<br />
es sich lohnt zu ar<strong>bei</strong>ten. Da<strong>bei</strong> wünsche ich Ihnen<br />
viel Erfolg!<br />
Dr. Dieter Böhm<br />
Brain-Consult Barleben<br />
Er referierte zum Thema: Verhalten,<br />
Motivation nd Individualität oder Schüler<br />
sind auch nur Menschen<br />
Literatur: Alexander Christiani und Frank M.<br />
Scheelen, Stärken stärken, Verlag redline Wirtschaft;<br />
Alexander Christiani, Weck den Sieger in<br />
Dir, Gabler-Verlag<br />
1/2009 17