- Rundbrief - KiKo eV
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Wieviel Gerechtigkeit darf der Frieden kosten<br />
Während am Ende diesen Jahres<br />
die rechtsextremen AUC dem<br />
Präsidenten Probleme bereiten,<br />
war es an seinem Anfang das entgegengesetzte<br />
politische Lager.<br />
Denn im Januar 2005 entwickelte<br />
sich aus der Affäre um die Festnahme<br />
von Rodrigo Granda, des<br />
„Außenministers“ der Guerrillaorganisation<br />
FARC, die schwerste<br />
diplomatische und politische Krise<br />
zwischen Kolumbien und seinem<br />
Nachbarland Venezuela seit fast<br />
zwanzig Jahren.<br />
Granda war am 14. Dezember<br />
2004 von der kolumbianischen<br />
Polizei in der Grenzstadt Cúcuta<br />
verhaftet worden. Einige Tage<br />
später wurde jedoch bekannt, dass<br />
er am Tag zuvor von venezolanischen<br />
Sicherheitskräften in<br />
Caracas verhaftet und dann nach<br />
Cúcuta überführt worden war. Als<br />
sich herausstellte, dass die Venezolaner<br />
für ihre „Mitarbeit“ Lösegeld<br />
der kolumbianischen Regierung<br />
erhalten hatten, war der<br />
Skandal perfekt.<br />
Venezuela beschuldigte die kolumbianische<br />
Regierung der Bestechung<br />
und der Lüge. Am 14. Januar<br />
2005 verlangte Hugo Chávez,<br />
der Präsident Venezuelas, eine<br />
Entschuldigung für die Verletzung<br />
der Souveränität seines<br />
Landes. Am selben Tag wurden<br />
der venezolanische Botschafter aus<br />
Bogotá abberufen und die gemeinsamen<br />
Wirtschaftsbeziehungen<br />
unterbrochen.<br />
Präsident Uribe seinerseits bemühte<br />
sich zunächst, den Ball niedrig<br />
zu halten. Das Problem sei<br />
nicht Venezuela, sondern die<br />
FARC. Vordringlich gehe es um<br />
die Bekämpfung des Terrorismus.<br />
Am 14. Januar nahm auch Uribe<br />
zu der eskalierenden Krise Stellung,<br />
lieferte Chávez aber nicht die<br />
gewünschte Entschuldigung. Dafür<br />
wurden am 20. Januar 2005 dem<br />
Außenminister Venezuelas Dokumente<br />
vorgelegt, die die Unterstützung<br />
von 7 Mitgliedern der<br />
FARC und einem Führungsmitglied<br />
der ELN durch venezolanische<br />
Behörden belegen. Auch<br />
Rodrigo Granda hatte sich, seit<br />
Januar 2004 sogar mit venezolanischem<br />
Paß, in Venezuela frei<br />
Die Verhaftung Rodrigo Grandas wurde zum Auslöser für die schwerste<br />
Krise zwischen Kolumbien und Venezuela seit fast zwanzig Jahren.<br />
bewegen können und hatte noch im<br />
Dezember 2004 die FARC auf<br />
einer Konferenz in Caracas offiziell<br />
vertreten. Die Vorwürfe Kolumbiens<br />
lauteten, dass Venezuela „in<br />
aktiver und passiver Weise“<br />
Terroristen Unterschlupf gewähre,<br />
seinen Verpflichtungen bei der Bekämpfung<br />
des Terrorismus nicht<br />
nachkomme und zugelassen habe,<br />
dass sich verschiedene Einheiten<br />
der FARC Rückzugsräume in<br />
Venezuela geschaffen haben.<br />
In der Krise stellte sich die<br />
kolumbianische Öffentlichkeit hinter<br />
ihren Präsidenten. Das war nicht<br />
selbstverständlich, da zu diesem<br />
Zeitpunkt die Frage einer zweiten<br />
Amtszeit Uribes heftig und kontrovers<br />
diskutiert wurde. Auf internationalem<br />
Parkett unterstützten die<br />
USA, ohnehin mit dem linken<br />
Präsidenten Chávez aufs herzlichste<br />
verfeindet, die Position Uribes.<br />
Im letzten Januardrittel verstärkten<br />
sich die internationalen Bemühungen<br />
um die Beilegung des<br />
Konflikts. Zunächst hatten sich<br />
Peru und Brasilien als Vermittler<br />
angeboten, doch den Durchbruch<br />
brachten schließlich Bemühungen<br />
Fidel Castros, den Uribe am 21.<br />
Januar um Vermittlung gebeten<br />
hatte. Über Castro, der ein enger<br />
politischer Freund Präsident<br />
Chávez’ ist, fanden die verstrittenen<br />
Parteien schließlich einen<br />
Ausweg aus der Krise.<br />
In zwei Kommuniqués sagte Kolumbien<br />
am 28. Januar eine „Untersuchung<br />
der Umstände, die der Öffentlichkeit<br />
bekannt sind“ zu und<br />
kündigte ein Treffen beider<br />
Staatspräsidenten an. Dieses<br />
Treffen fand am 15. Februar statt<br />
und wurde mit fast übertriebener<br />
Herzlichkeit und Harmonie<br />
begangen. Der Fall „Granda“<br />
wurde mit keinem Wort erwähnt,<br />
dagegen betonte man die<br />
Gemeinsamkeiten beider „Brudervölker“<br />
und Chávez versicherte,<br />
dass er jede Art von Terrorismus<br />
schärfstens bekämpfe. So viel<br />
Harmonie wurde in den Medien<br />
Kolumbiens mit Erstaunen und<br />
Skepsis zur Kenntnis genommen,<br />
insgesamt aber überwog die Erleichterung,<br />
dass zu normalen<br />
Wirtschafts- und Handelsbeziehungen<br />
zurückgekehrt wurde. Wie<br />
haltbar die neue Brüderlichkeit<br />
zwischen den beiden Nachbarstaaten<br />
ist, wird sich erst noch<br />
zeigen müssen, denn die Regierungen<br />
beider Länder könnten<br />
unterschiedlicher kaum sein.<br />
Immerhin liegen gute Wirtschaftsbeziehungen<br />
und eine sichere gemeinsame<br />
Grenze sowohl im<br />
Interesse der rechten USA-Freunde<br />
um Uribe wie der linken USA-<br />
Hasser um Chávez.<br />
Die Granda-Krise hat erneut<br />
gezeigt, dass der kolumbianische<br />
Konflikt die gesamte Region<br />
erfaßt. Die kolumbianische Guerrilla<br />
operiert längst auch in den<br />
Nachbarländern und hat sich dort<br />
Rückzugsräume geschaffen. Auch<br />
die Regierungen der Nachbarländer<br />
Kolumbiens müssen sich zu<br />
den Aktivitäten der Guerrilla auf<br />
ihrem Territorium positionieren.<br />
Spendenkonto: <strong>KiKo</strong> e.V., Kto-Nr.: 862100 Volksbank Messkirch eG-Raiffeisenbank, BLZ: 693 620 32 Seite 10