KUNST DER DEMOKRATIE - Die Redner
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fünf 04. 04 Shows und Protagonisten<br />
amerikanischen Exil 1944 in seinem Spätwerk<br />
versuch über den menschen prägnant zusammen<br />
gefasst hat. Der Kulturphilosoph schrieb:<br />
»In der politischen Geschichte interessieren uns<br />
keineswegs bloß die Fakten. Wir wollen nicht nur die<br />
Aktionen verstehen, sondern auch die Akteure. Unser<br />
Urteil über den Verlauf von politischen Ereignissen<br />
ist abhängig von der Vorstellung, die wir uns von<br />
den daran beteiligten Personen machen. Sobald wir<br />
diese Personen in einem neuen Licht sehen, müssen<br />
wir auch unsere Meinungen über die Ereignisse<br />
ändern.«<br />
Wer also war JFK? In aller Kürze: Ein willensstarker<br />
und aufgeschlossener Mann des Jahrgangs<br />
1917 mit irischen Wurzeln, aus einer der<br />
berühmtesten und reichsten amerikanischen<br />
Familien der Ostküste mit katholischer Herkunft<br />
und zugleich früh konfrontiert mit den<br />
Schrecken des Lebens durch familiäres Unglück<br />
wie eigene gesundheitliche Probleme. Ebenso<br />
beeinflusst durch vielfältige Reiseeindrücke aus<br />
dem alten, längst im politisch gefährlichen<br />
Umbruch befindlichen Europa. Nach erfolgreichem<br />
Studium mit dem Hauptfach der Politischen<br />
Wissenschaften ein Harvard-Absolvent<br />
des Jahres 1940, ein aktiver Marineoffizier im<br />
Süd-Pazifik, geprägt durch eigene schwerwiegende<br />
Kriegserlebnisse und den Verlust des älteren<br />
Bruders bei einem Flugzeugeinsatz 1944 in<br />
Europa. Zudem ein aufstrebender hochintelligenter<br />
Politiker, der sich nach dem Kriegsende<br />
mit 28 Jahren zunächst kurz journalistischen<br />
Aufgaben widmete, darunter auch der Berichterstattung<br />
über die Gründungsversammlung der<br />
Vereinten Nationen, um dann mit nur 29 Jahren<br />
nach einem bedeutenden persönlichen Sieg —<br />
im für die Partei der Demokraten ansonsten<br />
wenig erfolgreichen Wahlkampf — im November<br />
1946 als Neuling inmitten von 435 Kongressabgeordneten<br />
ins Repräsentantenhaus in<br />
Washington einzuziehen. Im November 1952<br />
wurde er zum U.S. Senator von Massachusetts<br />
gewählt. Dann schließlich führte ihn sein Weg<br />
der Übernahme öffentlicher Ämter im Januar<br />
1961 ins Weiße Haus und damit ins Zentrum<br />
höchster weltpolitischer Macht. Und wer waren<br />
seine politischen Mit-Akteure während seiner<br />
Präsidentschaft? Menschen, die allesamt auf die<br />
eine oder andere Weise geprägt waren von den<br />
Erfahrungen des nicht einmal zwanzig Jahre<br />
zurückliegenden Zweiten Weltkrieges und seinen<br />
weltpolitischen Hinterlassenschaften in<br />
Amerika, in der Sowjetunion, in Japan, in Europa<br />
und nicht zuletzt in einem zweigeteilten<br />
Deutschland mit dem seit 1945 in vier Sektoren<br />
geteilten Berlin mit seinem so genannten Vier-<br />
Mächte-Status. Der Stadt, in der JFK 1963 einer<br />
jubelnden Menschenmenge nur sechzehn Tage<br />
nach seiner, der amerikanischen Außenpolitik<br />
eine inspirierende Wendung gebenden Friedens-<br />
rede in der American University sein berühmtes<br />
Freiheitsbekenntnis zurief:<br />
»As a free man, I take pride in the words ICH BIN EIN<br />
BERLINER!«.<br />
Jenen, die den Kommunismus und seine jeglichen<br />
Freiheitsanspruch negierende staatliche<br />
Realität befürworteten oder auch nur als eine<br />
politische Alternative akzeptierten, antwortete<br />
er mit einem eindringlich wiederholten »Let<br />
them come to Berlin«<br />
BERLIN — EIN BEISPIEL<br />
Der Status und die politische Symbolhaltigkeit<br />
Berlins beschäftigten John F. Kennedy, so darf<br />
man vermuten, schon seit den dramatischen<br />
Ereignissen um die Berlin-Blockade 1948. Er<br />
wusste um die Schwierigkeiten von Handlungsoptionen<br />
für Amerika als westliche Führungsmacht.<br />
Mitten in seinem Nominierungswahlkampf<br />
widmete Senator Kennedy im März 1960<br />
eine Rede in der University of Wisconsin ausschließlich<br />
diesem Thema. Im Nachhinein liest<br />
sich diese Rede JFK’s fast wie eine gedankliche<br />
Vorbereitung auf die Ereignisse im August 1961.<br />
Nach der dramatischer Zuspitzung der Berlin-<br />
Krise durch den Beginn des Mauerbaus schrieb<br />
der dann amtierende Präsident John F. Kennedy<br />
in einem informellen Antwortbrief an den<br />
Regierenden Bürgermeister Willy Brandt:<br />
»Da dieses brutale Schließen der Grenze ein deutliches<br />
Bekenntnis des Versagens und der politischen Schwäche<br />
darstellt, bedeutet dies offensichtlich eine grundlegende<br />
sowjetische Entscheidung, die nur durch Krieg<br />
rückgängig gemacht werden könnte. Weder Sie noch<br />
wir noch irgendeiner unserer Verbündeten haben<br />
jemals angenommen, dass wir an diesem Punkt einen<br />
Krieg beginnen müssten.«<br />
Während des schwierigen und fortschrittslosen<br />
Wiener Gipfeltreffens zu Abrüstungsfragen<br />
Anfang Juni 1961 hatte der Staats- und Parteichef<br />
Nikita Chruschtschow mit der Übergabe des so<br />
genannten Berlin-Memorandums gegenüber<br />
dem amerikanischen Präsidenten die Forderung<br />
nach einer Entmilitarisierung Berlins erneuert<br />
und ein weiteres Ultimatum bis zum Ende des