3000 Jahre staunen - Württembergische Landesbibliothek
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1.2. Psalterium Moguntinum. 1457<br />
Der in Mainz 1457 gedruckte lateinische Psalter ist das zweite<br />
große Druckwerk der Inkunabelzeit. Johannes Gutenberg konnte<br />
seine Bibel mit einer ungleich größeren Textmenge und demnach<br />
auch viel größerem Aufwand nur mit der Unterstützung<br />
von Johannes Fust und Peter Schöffer d. Ä. zustande bringen.<br />
Fust war ein vermögender Goldschmied und Geldverleiher. Er<br />
stützte das werck der bucher finanziell. Die Rückforderung des<br />
geliehenen Geldes im Jahr 1455 brachte Gutenberg um seine<br />
Erfindung. Peter Schöffer, Fusts Schwiegersohn, hatte vermutlich<br />
großen Anteil an der technischen Perfektion des Druckvorgangs,<br />
insbesondere bei der Herstellung der Einzelstempel aus<br />
der genialen Blei-Antimon-Zinn-Legierung. Fust und Schöffer<br />
waren nun in der Lage, ohne den eigentlichen Erfinder Bücher<br />
zu drucken, was sie auch mit Stolz im Jahr 1457 taten.<br />
Sie druckten einen lateinischen Psalter, der als liturgisches Buch<br />
im Stundengebet gebraucht werden konnte. Für die Schrift des<br />
Psalmentextes benutzten sie – wie schon bei den Handschriften<br />
üblich – eine große Type, so dass ein Exemplar des Buches für<br />
einen Chor ausreichte. Die eigentlichen Psalmentexte sind mit<br />
den üblichen Anweisungen für die entsprechenden Tage und den<br />
Leitversen versehen. Weiter kommen noch verschiedene andere<br />
liturgische Elemente hinzu, wie die Cantica, die poetischen Texte<br />
der Bibel außerhalb der Psalmen, das Tedeum, das altkirchliche<br />
Athanasianische Glaubensbekenntnis, das Totenoffizium u.a.<br />
Im Gegensatz zur 42zeiligen Bibel und den späteren Drucken<br />
der Inkunabelzeit haben sich Fust und Schöffer bei ihrem ersten<br />
Druck technisch sehr viel zugemutet. Die liturgischen Anweisungen<br />
sind rot gedruckt, verlangten also ein weiteres Druckverfahren,<br />
ebenso sind die Initialbuchstaben farbig gehalten, teils rot,<br />
teils blau. Die Psalmenanfänge sind mit gedrucktem Maiglöck-<br />
chenmuster umrahmt. Wie Letzteres technisch gemacht wurde,<br />
ist noch unklar. Die nachfolgenden Druckerkollegen haben allermeist<br />
auf solche farbigen Raffinessen verzichtet und druckten<br />
nur die schwarze Schrift. Den dekorativen Rest ließen sie von<br />
den versierten Rubrikatoren (Rotmaler) und den Illuminatoren<br />
(künstlerisch hoch stehende Buchmaler) von Hand aufbringen.<br />
Zum ersten Mal in der Geschichte des Buchdrucks haben die<br />
Drucker ihre Namen und sogar den Tag der Fertigstellung (Vorabend<br />
von Mariä Himmelfahrt = 14. August 1457) im sog. Kolophon<br />
(Nachschrift, Ende eines Buches) genannt. Sie begründeten<br />
damit die spätere Tradition der Inkunabeldrucker, das Kolophon<br />
ausführlich zu gestalten und oft den Tag der Fertigstellung<br />
anzugeben. Doch nicht genug. Fust und Schöffer waren auch<br />
die Erfinder der Druckermarke, eines Drucker-Logo oder Drucker-<br />
Signet, wie man heute sagen würde. Hier sollten Urheberschaft<br />
und Qualität dokumentiert werden.<br />
Dass der Mainzer Psalter eines der qualitätvollsten Bücher<br />
geworden ist, bleibt außer Frage.<br />
Die <strong>Württembergische</strong> <strong>Landesbibliothek</strong> besaß im 19. Jahrhundert<br />
14 <strong>Jahre</strong> lang eines der heute noch sechs vollständigen<br />
Exemplare. König Wilhelm I. hatte finanziell dazu verholfen.<br />
Aber allergrößte Geldnot zwang die Bibliothekare, eine Inkunabel<br />
von Bedeutung zu veräußern. Nachdem Eingaben an das<br />
Ministerium um Erhöhung des Erwerbungsetats nichts fruchteten,<br />
entschloss man sich, das Exemplar des Mainzer Psalters an<br />
die Königliche Bibliothek zu Berlin zu verkaufen.<br />
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