3000 Jahre staunen - Württembergische Landesbibliothek

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Novvm Testamentvm Omne. Mvlto Qvam Antehac Diligentius ab Erasmo Roterodamo recognitum, emendatum ac translatum. Basileae: In Aedibus Ioannis Frobenii, 1519 Mense Martio. – 120, 566 S., [1] Bl. 2° Addita sunt in singulas Apostolorum epistolas Argumenta. VD 16 B 4197. Zweiter Druck eines griechischen Neuen Testaments mit der lateinischen Neuübersetzung des Erasmus. Textvorlage für Luthers Übersetzung. Aufgeschlagen: Beginn des Römerbriefs. <strong>Württembergische</strong> <strong>Landesbibliothek</strong> Stuttgart Bb griech. 1519 01-1
8. Novvm Testamentvm Omne. Mvlto Qvam Antehac Diligentius ab Erasmo Roterodamo recognitum, emendatum ac translatum. 1519 Es blieb nicht aus, dass die christlichen Humanisten danach drängten, einen gedruckten griechischen Grundtext des Neuen Testaments, des wichtigsten Buches der Christenheit, zur Verfügung zu haben. Man hatte in Spanien unter dem Kardinal Francesco Ximenes in Alcalá de Henares (lateinisch: Complutum) begonnen, eine vielsprachige Bibel, eine sog. Polyglotte, mit großem Aufwand drucken zu lassen. Diese Ausgabe umfasste die Sprachen Hebräisch, Aramäisch, Griechisch und Lateinisch in Spalten nebeneinander. Textgrundlage für das Griechische des Neuen Testaments war der aus der Vatikanischen Bibliothek entliehene Codex Vaticanus Graecus 1209, einer der bis heute wichtigsten Text zeugen. 1514 war der erste Band des Alten Testaments von der Complutenser Polyglotte fertig. Der große Humanist Erasmus von Rotterdam, der zu der Zeit in Basel lehrte, beeilte sich, seinerseits mit einer zuverlässigen Textgrundlage des Neuen Testaments an die Öffentlichkeit zu treten. Ihm ging es zunächst darum, die spätantike Textversion der lateinischen Vulgata zu verbessern und von eingeschlichenen Fehlern zu reinigen. Das tat er, indem er aus den ihm in Basel zur Verfügung stehenden griechischen Handschriften eine neulateinische, humanistisch verantwortete Übersetzung herstellte, die dem klassischen Latein eines Cicero gleichen sollte. Diese Version ließ er 1516 drucken und gab in einer parallelen Spalte einen griechischen Text mit. Das Werk widmete er Papst Leo X., der ihm auch das alleinige Privileg zur Verbreitung des griechischen Textes zusicherte und damit die Auslieferung der Complutensischen Polyglotte zunächst verhinderte. Da das Buch in großer Eile gemacht worden war, musste es 1519 zu einer zweiten verbesserten Auflage kommen. Zusätzlich ist ein umfangreicher Kommentar, die Annotationes, beigegeben, wo Erasmus seine Übersetzungsgrundsätze erläutert. In der Vorrede, der sog. Paraclesis (Ermahnung), fordert er die Theologen auf, jetzt dafür zu sorgen, dass die Hauptquelle des Christentums endlich für alle verständlich in volkssprachiger Übersetzung vorliegen solle. Interessant ist die Illustration der Ausgabe des Druckers Johannes Froben in Basel. Sowohl das Haupttitelblatt als auch der Zwischentitel vor dem Römerbrief sind mit unpassenden unbekleideten Figuren aus der griechischen Mythologie, mit Musen und Kobolden dekoriert. Wäre es Blasphemie, gäbe das keinen Sinn. Vermutlich waren die Drucker gewohnt, dass es sich, wenn sie griechische Buchstaben setzen mussten, um antike heidnische Texte handelte. Die humanistische Bildung hatte ja einen großen Bedarf an griechischen und lateinischen Texten hervorgerufen. 27
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