Meine Post in guten Händen - WiM
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EXPERTENFORUM<br />
Hat der Euro Zukunft?<br />
F<strong>in</strong>anzielle Schiefl age mehrerer Euro-Staaten und Rettungsschirm<br />
für Griechenland: Die Bayerischen Mittelstandsgespräche fragten vor<br />
diesem H<strong>in</strong>tergrund nach der Zukunft der Geme<strong>in</strong>schaftswährung.<br />
Aktueller hätten IHK und Bayerische<br />
Beteiligungsgesellschaft BayBG nicht<br />
se<strong>in</strong> können, als sie zu den diesjährigen<br />
Bayerischen Mittelstandsgesprächen <strong>in</strong><br />
den Historischen Rathaussaal <strong>in</strong> Nürnberg<br />
e<strong>in</strong>luden, um das Thema ,,Perspektive des<br />
Euro: Kurze Vergangenheit, ke<strong>in</strong>e Zukunft?“<br />
zu erörtern. Zusätzliche Brisanz gewann die<br />
Gesprächsrunde auch deshalb, weil e<strong>in</strong>er der<br />
Podiumsgäste, der Ökonomie-Professor Dr.<br />
Joachim Starbatty, tags zuvor vor dem Bundesverfassungsgericht<br />
Klage gegen den EU-<br />
Rettungsfonds mit e<strong>in</strong>gereicht hatte.<br />
„Das Rettungspaket<br />
für Griechenland<br />
war ohne<br />
Alternative.“<br />
DR. JÖRG KRÄMER,<br />
COMMERZBANK<br />
In se<strong>in</strong>er Begrüßung er<strong>in</strong>nerte BayBG-Chef<br />
Peter Pauli an die Stärke der Geme<strong>in</strong>schaftswährung,<br />
die seit ihrer E<strong>in</strong>führung sowohl gegenüber<br />
dem Dollar als auch gegenüber dem<br />
Pfund an Wert gewonnen habe. IHK-Präsident<br />
Dirk von Vopelius diagnostizierte, dass<br />
sich trotz aller wirtschaftlichen Vorteile des<br />
Euro die Hoffnung auf e<strong>in</strong>e ökonomische An-<br />
Fotos: iStockphoto.com, Fuchs BERICHTE | ANALYSEN<br />
18 08 | 11<br />
gleichung der Euro-Staaten nicht erfüllt habe:<br />
„Es ist e<strong>in</strong>e Traumvorstellung, dass es der Euro<br />
alle<strong>in</strong> es schon richten wird.“<br />
Ökonom Starbatty, Vorsitzender der Aktionsgeme<strong>in</strong>schaft<br />
Soziale Marktwirtschaft<br />
e.V., warnte vor der Gefahr e<strong>in</strong>er Transfer-<br />
Union. Der Euro sei zwar „ke<strong>in</strong>e schlechte<br />
Sache“, aber die derzeitige Währungsunion<br />
könne nicht funktionieren, weil die Leistungsfähigkeit<br />
ihrer Mitgliedsstaaten völlig<br />
unterschiedlich sei. Angesichts von Überschuldung,<br />
Strukturproblemen und der <strong>in</strong>sgesamt<br />
nicht konkurrenzfähigen Volkswirt-<br />
„Die F<strong>in</strong>anzmärkte<br />
s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong> guter<br />
Indikator für den<br />
Zustand der<br />
Volkswirtschaft.“<br />
PROF. DR. MICHAEL HEISE,<br />
ALLIANZ<br />
schaft von Griechenland stellte er sich gegen<br />
e<strong>in</strong>e politische Lösung der EU-Geme<strong>in</strong>schaft.<br />
Se<strong>in</strong> Gegenrezept: Griechenland müsse ökonomisch<br />
abwerten und das gehe nur außerhalb<br />
des Euros. Mit den Sparvorgaben, die an<br />
die F<strong>in</strong>anzhilfen geknüpft s<strong>in</strong>d, werde jetzt<br />
die griechische Realwirtschaft ru<strong>in</strong>iert. Starbatty<br />
wittert <strong>in</strong> der Griechenland-Hilfe e<strong>in</strong><br />
europäisches Eigen<strong>in</strong>teresse: „Wir helfen unseren<br />
eigenen Banken.“<br />
Dieser radikalen Position wollten sich die<br />
beiden anderen Gäste auf dem Podium,<br />
Prof. Dr. Michael Heise, Chef-Volkswirt<br />
der Allianz, und Dr. Jörg Krämer, Chef-<br />
Volkswirt der Commerzbank, nicht anschließen.<br />
Für Heise ist die Transfer-Union<br />
noch nicht erreicht, man habe sich mit<br />
Krediten erst e<strong>in</strong>mal Zeit gekauft. Nachdem<br />
das griechische Leistungsbilanzdefi -<br />
zit zurückgeht, hofft er für das nächste<br />
Jahr auf die ersten Früchte der dortigen<br />
Wirtschaftsreformen. Bei der F<strong>in</strong>anzierung<br />
des europäischen Rettungsschirms<br />
will Heise auch die Privatwirtschaft mit<br />
30 Mrd. Euro <strong>in</strong> die Pfl icht nehmen.<br />
Zugleich mahnte er, sich nicht von den<br />
amerikanischen Rat<strong>in</strong>g-Agenturen<br />
treiben zu lassen: „Die F<strong>in</strong>anzmarkte<br />
s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong> guter Indikator für den Zustand<br />
e<strong>in</strong>er Volkswirtschaft.“<br />
E<strong>in</strong>en schnellen Umbau der griechischen<br />
Wirtschaft forderte Dr. Jörg Krämer von der<br />
Commerzbank, denn bislang komme dort<br />
nicht der Tüchtige voran, sondern der mit den<br />
besten Beziehungen. Aus se<strong>in</strong>er Sicht befi ndet<br />
sich Europa bereits auf dem Marsch <strong>in</strong> die<br />
Transfer-Union, da mit den Rettungspaketen<br />
die griechische Z<strong>in</strong>slast subventioniert werde.<br />
Dieser Schritt sei allerd<strong>in</strong>gs alternativlos, denn<br />
bei e<strong>in</strong>em möglichen Ausstieg aus dem Euro<br />
würden die Griechen massenhaft ihre Konten<br />
<strong>in</strong> Euro-Währung plündern. Diesen Ansturm<br />
auf die Banken könne ke<strong>in</strong> Bankensektor ver-<br />
„Griechenland muss<br />
ökonomisch abwerten.<br />
Das geht nur<br />
außerhalb des Euros.“<br />
EURO-KRITIKER<br />
PROF. DR. JOACHIM STARBATTY<br />
kraften. Zuviel Optimismus wollte aber auch<br />
Krämer nicht verbreiten. Gel<strong>in</strong>gt die Rettung<br />
und Sanierung der griechischen Wirtschaft<br />
nicht, werde es <strong>in</strong> zehn Jahren nur noch e<strong>in</strong>e<br />
Union der Euro-Kernländer geben.<br />
Die Unternehmer verließen den Rathaussaal<br />
mit e<strong>in</strong>er Gewissheit: Die Probleme<br />
Griechenlands und weiterer angeschlagener<br />
Länder lassen sich nicht so e<strong>in</strong>fach wie gewünscht<br />
lösen. So berechtigt die Kritik an<br />
e<strong>in</strong>zelnen Euro-Ländern der ersten Stunde<br />
ist, die Entscheidung für den Euro lässt sich<br />
nicht zurückdrehen. Außerdem haben nicht<br />
nur Kredit<strong>in</strong>stitute, sondern auch produzierende<br />
und exportierende Unternehmen<br />
e<strong>in</strong> starkes Interesse an e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>heitlichen<br />
Währung. Trotz der vielen skizzierten Lösungsansätze<br />
gab es noch e<strong>in</strong>e weitere Erkenntnis:<br />
Die Rettung wird e<strong>in</strong> teures Milliardenunternehmen<br />
– mit ungewissem Ausgang.<br />
tt. ■<br />
Video der Veranstaltung<br />
und Statements<br />
der Referenten<br />
per QR-Code<br />
abrufen (Anleitung<br />
siehe Seite 10).