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Weleda Magazin, Sommer 2011 PDF-Download

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Endes Roman schildert den Kampf eines kleinen<br />

Mädchens gegen die grauen Herren von der Zeitsparkasse.<br />

Deren Ansinnen ist es, sich die Zeit der Menschen<br />

gutzuschreiben. Davon leben sie. Die Menschen sparen<br />

Zeit und haben keine mehr, um, wie früher, in einem verwilderten<br />

Amphitheater ausgelassene Spiele zu spielen.<br />

Sie arbeiten ununterbrochen, sind missmutig, unglücklich,<br />

hecheln durch die Tage. Entschädigt werden sie mit<br />

allerlei Dingen, Anzügen, Autos, Häusern. Mit Hilfe einer<br />

klugen Schildkröte und des weisen wirklichen Herrn der<br />

Zeit entgeht Momo diesem Schicksal und kann ihre<br />

Freunde aus den Klauen der grauen Herren befreien,<br />

diese sogar vernichten. Und «etwas war etwas anders<br />

geworden als vorher. Alle Leute hatten nämlich plötzlich<br />

unendlich viel Zeit.»<br />

Lebensqualität als Mittelpunkt<br />

Die Erforscher menschlichen Wohlbefindens würden zustimmend<br />

nicken. Mehr Dinge zu haben und die für ihren<br />

Erwerb erforderliche Zeit aufzubringen, führt ab einem<br />

bestimmten Niveau nicht zu einer Erhöhung des seelischen<br />

Wohlstands, zu mehr Glück, lautet das Ergebnis<br />

ihrer Studien. Ökonomen wie Niko Paech, der nach eigenem<br />

Bekunden erst einmal in seinem Leben in einem<br />

Flugzeug unterwegs war, oder der Brite Tim Jackson,<br />

Berater der britischen Regierung und Autor von «Wohlstand<br />

ohne Wachstum», greifen diese Erkenntnis auf<br />

und plädieren für ein Wirtschaftssystem, das nicht<br />

Wachstum in den Mittelpunkt stellt, sondern Lebensqualität.<br />

Zentraler Punkt ist dabei die, wohl berechtigte,<br />

Vermutung, dass grenzenloser Güterkonsum, auf dem<br />

das Wirtschaftswachstumsideal basiert, schon darum<br />

bald nicht mehr möglich sein wird, weil die Erde die Mittel<br />

zu ihrer Produktion nicht mehr hergeben wird. Die Ressourcen<br />

sind erschöpft. «Peak everything» ist in Sichtweite.<br />

Wenn nur Öl wegen seiner Knappheit teurer wird,<br />

dann wird auch alles andere teurer. Lebensmittel, Transporte,<br />

unzählige Produkte, zu deren Herstellung Öl benötigt<br />

wird. Staatlich verordnetes Wachstum wird kaum<br />

noch gegensteuern können.<br />

Wachstumskrise als Chance<br />

Die Krise des Wachstums bietet, wie jede Krise, auch<br />

eine Chance. Menschen können sich von einer Teilhabe<br />

am gesellschaftlichen Leben, die vorwiegend auf Konsum<br />

basiert, hinwenden zu einer, in der der Familie und<br />

den Freunden viel von ihrer Aufmerksamkeit gehört. Aus<br />

«Ich bin Porsche oder Apple oder Nike» wird wieder<br />

«Paul» gewissermassen. Aber geht das denn tatsächlich?<br />

Ist genug wirklich genug? Muss Wirtschaft nicht<br />

Wer weniger hat,<br />

hat an dem Wenigen mehr Freude<br />

Heidemarie Schwermer wollte etwas für andere tun<br />

und entdeckte für sich selbst eine neue Welt. 1994<br />

gründet die ehemalige Grundschullehrerin und<br />

Psychotherapeutin in Dortmund die Tauschbörse<br />

«Gib und Nimm». «Ich wollte ein Gleichgewicht<br />

herstellen», sagt sie. «Wegkommen vom Höher,<br />

Schneller und Weiter der heutigen Gesellschaft».<br />

Als die zarte blonde Frau feststellt, dass sie dank des<br />

Tauschens immer weniger Geld benötigt, beschliesst<br />

sie, ganz ohne Geld zu leben. Sie gibt ihre Arbeit<br />

und ihre Wohnung auf, wohnt bei Freunden, hütet<br />

Häuser, deren Besitzer im Urlaub sind, und tauscht<br />

Dienstleistungen gegen Lebensnotwendiges;<br />

Unkrautjäten für ein Mittagessen, Katzensitten für<br />

eine neue Bluse. «Ich habe gemerkt, dass ein Leben<br />

ohne Geld leichter ist, freier und abenteuerlicher»,<br />

sagt die 69-Jährige. «Ich bin viel unterwegs<br />

und weiss nicht, wo es mich als Nächstes hintreibt».<br />

Ihr Sohn und ihre Tochter hatten anfangs Angst um<br />

die Mutter mit der «fixen» Idee. Heute, 15 Jahre<br />

später, sind sie stolz, dass Heidemarie Schwermer<br />

ihre Träume lebt. Ein völlig geldfreies Leben könne<br />

zwar nicht für alle funktionieren, sagt sie, aber es<br />

würde mit weniger gehen. «Wer weniger hat, hat an<br />

dem Wenigen mehr Freude.» Und wer weniger<br />

damit beschäftigt sei, ständig seinen Reichtum zu<br />

vermehren, habe vor allem eines: Zeit zum Leben.<br />

Und Zeit zu haben ist der grösste Luxus, den sich<br />

Heidemarie Schwermer leistet.<br />

Heidemarie<br />

Schwermer findet<br />

ihr Leben ohne<br />

Geld viel leichter,<br />

freier und<br />

abenteuerlicher.<br />

32 <strong>Weleda</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>Sommer</strong> <strong>2011</strong>

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