Weleda Magazin, Sommer 2011 PDF-Download

Staunen Geschichten für Kinder
Das Mittsommerfest
Text Ralf Lilienthal Illustrationen Elena Conti-Wiesinger
Was machst du denn noch?»
Als
Ritter Kamille wollte gerade die Wurzelburg verlassen
und trat aufgeregt von einem Bein auf das andere.
Doch Prinzessin Calendula liess sich nicht aus der Ruhe
bringen.
«Ich habe meinen Schal vergessen und werde ihn holen.»
«Beeil dich, es ist gleich dunkel. Es gibt nur ein Mittsommerfest
im Jahr, und ich will nichts verpassen!»
Dann endlich – während am Horizont der letzte rote
Streif der untergegangenen Sonne verglomm, hakte
sich die Prinzessin bei ihrem Ritter ein und schritt an
seiner Seite munter drauflos.
Kamille war noch immer zappelig.
«Hast du den Schlehdornsirup?»
Prinzessin Calendula zeigte auf den Korb an ihrem Arm.
«Da drin!»
«Früchtebrot?»
«Auch da drin.»
«Erdbeerpüree? Honig? Kandierte Veilchen?»
Calendula nickte dreimal und schmunzelte über das aufgeregte
Kerlchen.
«Und du, hast du nichts vergessen?»
Ritter Kamille klopfte auf seinen ledernen Umhängebeutel.
«Flöte, Trommel und Rassel – alles da, um zum
Tanze aufzuspielen!»
«Und das Geschenk für die Mittsommer-Königin?»
Ritter Kamille warf sich in die Brust. «In meinem Wams.
Da!»
Vorsichtig zog er ein feines, mit Birkenrindenstreifen
umwickeltes Samtbündel hervor und legte es in seine
zur Schale geformten Hände. Eine zierliche Kette lag
darin, mit einem mondweissen Anhänger, der blinkte
und funkelte wie die Sterne am Himmel.
«Die schönste Flussperle, die ich je gefunden habe!»
«Pack sie nur wieder in dein Wams.»
Dann gingen sie schweigend weiter. Doch der Ritter
konnte nicht lange still sein, stöhnte immerzu «Ach»
und «Herrje» und wäre am liebsten der Prinzessin
vorausgeeilt. Da kam ihm Freund Eichhorn gerade
recht! Der jagte in weiten Sprüngen auf Calendula
und Kamille zu, begrüsste sie herzlich und erbot sich,
die Freunde auf seinem Rücken reiten zu lassen. Das
liess sich Kamille nicht zweimal sagen. Im Nu sass er
auf und sah Calendula erwartungsvoll an.
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die drei Freunde wenig später den Festplatz erreichten,
waren dort bereits viele Tiere angekommen.
Gerade als sie nach dem Mittsommer-Königspaar Ausschau
hielten, erstarrte der Ritter und sah Calendula
erschrocken an.
«Das Geschenk ist weg – es muss mir beim Ritt aus dem
Wams gefallen sein!»
Inzwischen war es so dunkel, dass man kaum die Hand
vor Augen sah.
«Wir brauchen Licht, und ich weiss, wer uns helfen kann!
Dürfen wir noch einmal?»
Die Frage galt Freund Eichhorn. Auf seinem Rücken
steuerte Calendula auf einige Käfer zu, die sich im
feuchten Grund einer Salweide niedergelassen hatten.
«Verzeiht, ihr Herren, wir brauchen eure Hilfe.»
Sie nickten. Dann – ein Klackern vieler Flügelpaare, ein
Surren, ein Rauschen, und im nächsten Augenblick
wurde es hell! Fünf leuchtende Glühwürmchen stiegen
in die Luft und leuchteten dem vorwärts eilenden Eichhorn
und seinen beiden Reitern den Weg.
«Da!» Kaum hatte der Ritter das verloren gegangene
Bündel gesehen, war er abgesprungen, um es in seinen
Händen zu bergen, während über ihm die Leuchtkäfer
kreisten.
«Vielen Dank, ihr Herren!» Calendula winkte zu den
Glühwürmchen hinauf. «Was hätten wir ohne euch
gemacht? Nun kann das Mittsommerfest beginnen!»