Weleda Magazin, Sommer 2011 PDF-Download
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<strong>Weleda</strong> <strong>Magazin</strong><br />
Wachstum<br />
Wachsen: Vom Wert der Vielfalt Leben: Was, wenn Wachstum aufhört?<br />
Entdecken: Hier wächst Selbstbewusstsein<br />
<strong>Sommer</strong> <strong>2011</strong>
Die Natur findet immer ihren<br />
Weg. In diesem Fall von Sizilien<br />
bis in Ihr Badezimmer.<br />
ERFRISCHENDE CITRUS KÖRPERPFLEGE,<br />
NATÜRLICH VON WELEDA. Ob in Süditalien oder bei Ihnen zu Hause,<br />
der fruchtige Duft unserer Zitronen aus biologischem Anbau belebt die Sinne<br />
und spendet neue Energie. Mit einer Kombination naturreiner ätherischer<br />
Öle sorgt die Crèmedouche für aktivierende Frische, während das Citrus-<br />
Erfrischungsöl die Haut pfl egt und geschmeidig hält. Testen Sie auch die<br />
reichhaltige Citrus Hand- und Nagelcreme, die trockene Hände spürbar pfl egt<br />
und brüchige Nägel schützt. Weitere Informationen unter www.weleda.ch
Fotos: Hans Hansen; Michael Peuckert; Bernd Jonkmanns<br />
Welches<br />
Wachstum?<br />
Es ist fast 40 Jahre her, seit der<br />
Club of Rome seinen Bericht zu<br />
den «Grenzen des Wachstums»<br />
veröffentlichte. Die Auseinandersetzung<br />
mit der Frage, welches<br />
Wachstum wir wollen – und welches<br />
noch gesund ist für Mensch,<br />
Natur und den ganzen Planeten,<br />
wird immer dringlicher.<br />
Wir haben uns deshalb für diese<br />
Ausgabe des <strong>Weleda</strong> <strong>Magazin</strong>s<br />
auf die Suche nach Menschen, Ideen<br />
und Projekten gemacht, die uns<br />
eine neue Sicht auf den Begriff<br />
Wachstum geben. Es zeigte sich:<br />
Wachstum ist normal. Dass jedes<br />
Wachstum aber irgendwann zu Ende<br />
ist, auch. Das Bild des Kreises ist<br />
sicher kein schlechtes Modell,<br />
wenn wir uns mit einem Wachstum<br />
beschäftigen, das dem Leben<br />
dienen soll. Denn unsere Ideen und<br />
Träume dürfen, wie unser Kolumnist<br />
Jens Heisterkamp schreibt, durchaus<br />
«in den Himmel wachsen». In allen<br />
anderen Bereichen tun wir aber gut<br />
daran, uns an die Grenzen zu halten,<br />
die uns die Natur vorgibt.<br />
Viel Freude mit<br />
unserem<br />
<strong>Sommer</strong>heft<br />
Michael<br />
Leuenberger<br />
Editorial/Inhalt <strong>Sommer</strong> <strong>2011</strong><br />
Selbstbewusstsein: Grundlage für<br />
eine gesunde Entwicklung.<br />
Die Ringelblume (Calendula), auch<br />
«Braut der Sonne» genannt, ist<br />
eine der vielseitigsten Heilpflanzen,<br />
wenn es um die natürliche Gesundheit<br />
der Haut geht.<br />
Jetzt blüht sie wieder! Seite 4<br />
Lieblingspflanze Calendula in<br />
grossem Stil: beeindruckend von der<br />
Aussaat bis zur Wirkung.<br />
Neugierig Seite 6<br />
Hier warten lauter sommerfrische<br />
Nachrichten auf Sie.<br />
Wachsen Seite 8<br />
Marokko, Peru, Toskana oder Vogesen?<br />
Lesen Sie von beeindruckenden<br />
<strong>Weleda</strong> Artenschutzprojekten.<br />
Ein Tag im Leben Seite 15<br />
Von Diamantenhandel, Drogen und<br />
dem «Herzensgut» in Afrika.<br />
<strong>Weleda</strong> Welt<br />
Arzneimittel Seite 16<br />
Wenn zwei auf grosse Fahrt gehen,<br />
darf eine nicht fehlen: die <strong>Weleda</strong><br />
Reiseapotheke für unterwegs .<br />
Naturkosmetik Seite 22<br />
Was ist echte Naturkosmetik? Wir<br />
zeigen die wichtigen Siegel. Und<br />
unsere besten <strong>Sommer</strong>produkte.<br />
Leben Seite 28<br />
Wenn nichts mehr geht, geht<br />
manchmal wieder alles: zum Beispiel<br />
ein gutes Leben zu führen, völlig<br />
ohne Geld. Vom Wachstum und<br />
seinen Grenzen.<br />
Denken Seite 35<br />
Jens Heisterkamp über Jahresringe<br />
des inneren Wachstums.<br />
Entdecken Seite 36<br />
Was ist an diesen Schulen nur so<br />
besonders? Lesen Sie selbst.<br />
Mitmachen Seite 42<br />
Die Sieger unseres Nachhaltigkeits-<br />
Wettbewerbs<br />
3 <strong>Weleda</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>Sommer</strong> <strong>2011</strong>
Wussten Sie schon,<br />
dass Calendula …<br />
17 Tonnen Ringelblumen ernten die Gärtner im<br />
<strong>Weleda</strong> Heilpflanzengarten jährlich. Zuerst werden<br />
nur die Blüten sorgfältig gepflückt. Zum Ende der<br />
Saison folgt die Ernte der ganzen Pflanze.<br />
Verarbeitung<br />
Wirkstoffe der Calendula<br />
werden je nach<br />
Produkt unterschiedlich<br />
gewonnen. In alkoholischen<br />
oder wässrigen<br />
Tinkturen, Ölauszügen<br />
oder einem speziellen<br />
Soleauszug mit Salz aus<br />
der Camargue.<br />
Calendula<br />
Crèmebad<br />
Pflegt sanft und<br />
reinigt mild. Wirkt<br />
dank reinem Mandel-<br />
und Sesamöl<br />
rück fettend und<br />
bewahrt den<br />
natürlichen Schutzmantel<br />
der Haut.<br />
Calendula<br />
Pflegeöl,<br />
unparfümiert<br />
Zur Pflege und<br />
Hautreinigung.<br />
Hilft Hautreizungen<br />
vorzubeugen.<br />
Ideal für die<br />
Babymassage.<br />
1959 entwickelt <strong>Weleda</strong> das erste<br />
Calendula Babypflegeprodukt: Calendula<br />
Kinderöl. Inzwischen umfasst die<br />
Serie zehn Pflegeprodukte, die schon<br />
mehrfach ausgezeichnet wurden.<br />
Calendula Babywash<br />
& Shampoo<br />
Milde Waschsubstanzen<br />
natürlichen<br />
Ursprungs sind<br />
besonders behutsam<br />
und extra mild<br />
zu den Augen.<br />
Werden Sie<br />
Calendula-<br />
Botschafterin<br />
4<br />
Heilkräfte<br />
Calendula wirkt da,<br />
wo der Organismus<br />
Struktur braucht.<br />
Zum Beispiel bei<br />
Hautverletzungen.<br />
Ihre formgebende<br />
Wirkung kann man<br />
an ihrer kräftigen<br />
Blüte ablesen.<br />
Hebammenempfehlung Mehrfach<br />
kamen Markt forschungsinstitute zum<br />
Ergebnis: <strong>Weleda</strong> Calendula Produkte sind<br />
die Hebammenempfehlung Nr. 1.<br />
Calendula<br />
Hautschutz crème<br />
Mit Mandelöl und<br />
Zinkoxid. Pflegt<br />
und schützt<br />
zuverlässig vor<br />
Rötungen im<br />
Windelbereich.<br />
Calendula<br />
Gesichtscrème<br />
Pflegt und spendet<br />
Feuchtigkeit. Hält<br />
die zarte Gesichtshaut<br />
geschmeidig<br />
und schützt sie vor<br />
dem Austrocknen.<br />
Bewerben Sie sich als Calendula Botschafterin,<br />
geben Sie Ihr wertvolles Wissen um die<br />
Calendula weiter und gewinnen Sie wunder bare<br />
<strong>Weleda</strong> Preise! Noch bis zum 8. Juli auf<br />
www.weleda-calendula.ch
Leuchtendes Orange prägt die<br />
Calendulafelder des <strong>Weleda</strong><br />
Heilpflanzengartens im <strong>Sommer</strong>.<br />
4<br />
<strong>Weleda</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>Sommer</strong> <strong>2011</strong>
Fotos: Bernd Jonkmanns; Barbara von Woellwarth; Michael Peukert<br />
Spürbare Nähe<br />
Schön, wenn Qualität ein Zuhause hat. Im <strong>Weleda</strong> Heilpflanzengarten darf die Calendula gut<br />
behütet heranwachsen. Und in der direkt benachbarten Tinkturenherstellung werden ihre Eigenschaften<br />
zu wertvollen Tinkturen, der Basis unserer Produkte, weiterverarbeitet.<br />
Arzneimittel und Babypflege<br />
Arzneimittel und Baby pflegeprodukte<br />
mit Calendula<br />
gehören zu den wichtigsten<br />
Produkten im <strong>Weleda</strong><br />
Sortiment.<br />
Tinkturen<br />
Die Tinkturen und Ölauszüge<br />
bilden die Basis zur<br />
Weiterverarbeitung von<br />
Calendula für verschiedene<br />
Pflegeprodukte<br />
und Arzneimittel.<br />
Wirkstoffe<br />
Um die Wirkstoffe der Calendula<br />
nutzbar zu machen, wendet<br />
<strong>Weleda</strong> verschiedene Verfahren an,<br />
zum Beispiel den SoleAuszug.<br />
Aussaat<br />
<strong>Weleda</strong> Gärtner suchen<br />
nur hervorragende Sorten<br />
aus und säen die Calendulasamen<br />
direkt ins Feld.<br />
Für beste Qualität.<br />
Verarbeitung<br />
Das Zerkleinern der Blüten<br />
geschieht so schonend<br />
wie möglich.<br />
5<br />
Pflege<br />
Bis aus dem Sprössling<br />
eine kräftige Heipflanze<br />
wird, braucht die Calendula<br />
viel Pflege. Die <strong>Weleda</strong><br />
Gärtner wissen, was sie<br />
braucht.<br />
Ernte<br />
Die Ernte der Calendula<br />
Blüten ist ausschliesslich<br />
Handarbeit und erfolgt im<br />
<strong>Sommer</strong>. Geerntet wird am<br />
frühen Morgen, sobald der<br />
Morgentau abgetrocknet ist.<br />
Transport<br />
Direkt neben dem Heilpflanzengarten<br />
liegt die<br />
Tinkturenherstellung.<br />
Das garantiert rasche<br />
Weiterverarbeitung.<br />
onlinespezial video<br />
Seien Sie dabei, wenn am frühen<br />
Morgen die Calendulaernte beginnt.<br />
www.weleda-calendula.ch
Vom lieben Vieh auf dem<br />
Demeterhof<br />
Renée Herrnkind von Demeter<br />
Die Besucher von Demeterhöfen<br />
kommen sehr gern an die Weide<br />
oder in den Stall zu den Tieren.<br />
Das liebe Vieh ist das Herz eines<br />
jeden Bauernhofs und gehört bei<br />
den Biodynamikern mit dem Ideal<br />
des individuellen Hoforganismus<br />
prinzipiell dazu. Demeter-Bauern<br />
halten genauso viele Tiere, wie es<br />
zu ihren Weide- und Ackerflächen<br />
passt. So bekommen sie die<br />
richtige Menge Mist, die sie biodynamisch<br />
in wertvollen Dünger,<br />
verwandeln und das Land bleibt<br />
dauerhaft fruchtbar. Die Tiere<br />
bekommen fast nur Futter vom<br />
eigenen Hof und verwandeln das<br />
Pflanzliche zu wertvollen<br />
Lebensmitteln. Mehr dazu unter<br />
www.demeter.ch<br />
Für Ihr sommerliches Grillfest:<br />
Cordon bleu von der Aubergine<br />
Dünne Längsscheiben einer<br />
grossen Aubergine über Nacht in<br />
Olivenöl mit Aceto balsamico,<br />
Knoblauch und Gewürzen<br />
marinieren. Die Hälfte der Auberginenteile<br />
mit feinen Scheiben<br />
von zwei Mozzarellakugeln und<br />
vier Tomaten sowie ganzen<br />
Salbeiblättern belegen. Auberginenscheibe<br />
draufgeben und am<br />
Rand mit Zahnstochern fixieren.<br />
Oder in einen Wendegrill<br />
(für Fische) legen. Knusprig<br />
gegrillt: köstlich!<br />
Klein und zart versteckt sich die Wiesenpflanze Augentrost (Euphrasia<br />
officinalis) zwischen sommerlichen Gräsern im <strong>Weleda</strong> Heilpflanzengarten.<br />
Im Juli blüht sie, wird sorgfältig von Hand gezupft und kurze<br />
Zeit später in der <strong>Weleda</strong> Tinkturenherstellung weiterverarbeitet.<br />
Die Heilkräfte der kleinen Pflanze stehen als Auszug für Rezepturen<br />
von Arzneimitteln wie Augentropfen und Augensalbe zur Verfügung.<br />
Nachhaltigkeitsbericht 2010<br />
Farbig und informativ<br />
präsentiert sich der neue <strong>Weleda</strong><br />
Nachhaltigkeitsbericht.<br />
Er enthält die konsolidierten<br />
Umweltdaten und berichtet<br />
über die gruppenweite Nachhaltigkeitsstrategie<br />
von <strong>Weleda</strong>.<br />
Darüber hinaus erfahren<br />
Sie Interessantes über <strong>Weleda</strong><br />
Projekte in aller Welt.<br />
Bestellen Sie den kompletten<br />
Nachhaltigkeitsbericht<br />
kostenlos unter<br />
dialog@weleda.ch.<br />
www.weleda.ch<br />
Neu: interessante Infos rund um das<br />
Umweltengagement von <strong>Weleda</strong>.<br />
6 <strong>Weleda</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>Sommer</strong> <strong>2011</strong><br />
Fotos: Bernd Jonkmanns; <strong>Weleda</strong>
Laufen Sie mit!<br />
Sportbegeisterte haben auch diesen <strong>Sommer</strong><br />
Gelegenheit, bei wunderschönen Laufanlässen<br />
mitzumachen. <strong>Weleda</strong> ist bei allen Veranstaltungen<br />
dabei: mit Arnika Massageöl, einem Team von<br />
Masseuren und Physiotherapeuten und einem<br />
Beratungszelt. Merken Sie sich diese Termine<br />
und freuen Sie sich auf bewegte<br />
Laufsporterlebnisse in der Schweiz!<br />
Triathlon Uster<br />
28. August <strong>2011</strong><br />
www.ryffel.ch<br />
Swiss Walking Event<br />
4. September <strong>2011</strong><br />
www.swisswalking.ch<br />
Greifenseelauf Uster<br />
17. September <strong>2011</strong><br />
www.greifenseelauf.ch<br />
Ab in die<br />
<strong>Sommer</strong>frische!<br />
Mit der Citrus Crèmedouche von <strong>Weleda</strong><br />
starten Sie am besten in einen fröhlichen<br />
<strong>Sommer</strong>tag: Geniessen Sie ein sanft<br />
pflegendes Duscherlebnis mit dem Duft<br />
biologisch ange bauter Zitronen und<br />
Orangen, freuen Sie sich über einen<br />
Energieschub und geschmeidige, weiche<br />
Haut. Besonders zu empfehlen ist Citrus<br />
Crèmedouche nach einer anstrengenden<br />
Wanderung oder Sport in der freien Natur.<br />
Wecken Sie Ihre Lebensgeister mit<br />
<strong>Weleda</strong> Citrus Crèmedouche und lassen<br />
Sie sich von der belebenden Frische und<br />
mediterranen Leichtigkeit inspirieren!<br />
Neugierig<br />
7<br />
Beste Gesundheitsvorsorge: Laufsport.
Vom Wert<br />
der Vielfalt<br />
Der achtsame Umgang mit Ressourcen ist das<br />
Fundament für die Qualität hochwertiger<br />
Produkte. Die Rohstoffpolitik von <strong>Weleda</strong> setzt<br />
sich seit 90 Jahren für biologische Vielfalt<br />
und gesunde Ökosysteme ein – und sichert<br />
damit ein nachhaltiges Wachstum.<br />
Text Michael Leuenberger<br />
Fotos Michael Peuckert<br />
Erntezeit für<br />
die Arganfrucht<br />
in Marokko:<br />
Arganhaine sind<br />
artenreiche<br />
Ökosysteme.<br />
Wachsen Artenschutz<br />
8 <strong>Weleda</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>Sommer</strong> <strong>2011</strong>
Arnika-Ernte für<br />
<strong>Weleda</strong>: Mit dem<br />
«Schutz durch<br />
Pflege»-Konzept<br />
wird Artenvielfalt<br />
gefördert.<br />
10 <strong>Weleda</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>Sommer</strong> <strong>2011</strong>
In seinem Tagebuch steht: «Stunden um Stunden,<br />
Tage um Tage brachte ich damit zu, Tiere zu beobachten.<br />
Dazu hatten wir mit Hilfe der Indios einen Hochsitz gebaut,<br />
eine Art Baumhaus. Ich hatte dort oben das Gefühl,<br />
mitten in der Schöpfung zu sein, aber noch lange nicht<br />
zu verstehen, wie alles zusammenhängt.» Alexander<br />
von Humboldt (1769–1859), Entdecker, Naturforscher<br />
und Weltreisender, ist es, der diese Zeilen 1799 nach dem<br />
Aufbruch in die feuchtheissen Regenwälder Venezuelas<br />
niederschreibt. Der «zweite Kolumbus» durchstreift mit<br />
dem französischen Arzt und Botaniker Aimé Bonpland<br />
auf einer fünfjährigen Expedition über 3000 Kilometer<br />
Lateinamerikas. Er sieht und dokumentiert die Schätze<br />
einer unberührten Natur von sagenhafter Schönheit und<br />
voller Geheimnisse, ein Universum aus Pflanzen und Tieren,<br />
das ihn ausrufen lässt: «Ich komme von Sinnen,<br />
wenn die Wunder nicht bald aufhören!»<br />
11<br />
Wie alles zusammenhängt<br />
Humboldt ahnt als einer der ersten Forscher, wie alles in<br />
der Natur durch ein feines Geflecht verbunden ist: was<br />
man heute «Ökosysteme» nennt, die Fülle der Tier- und<br />
Pflanzenarten in Lebensräumen, die Vielfalt der Gestaltungen.<br />
Es ist das weltweite Orchester des Lebendigen,<br />
der «Biodiversität», der Artenvielfalt, das sich gegenseitig<br />
stützt und immer neues Leben hervorbringt. Es ist<br />
die Summe, die mehr ist als ihre Teile, die Einheit in der<br />
Vielheit.<br />
Diese Systeme sind gefährdet. Fachleute sprechen<br />
davon, dass täglich 150 Tier- und Pflanzenarten von der<br />
Erde verschwinden – für immer. 50000 Pflanzenarten<br />
werden weltweit genutzt als Medizinalpflanzen, 10000<br />
gelten als bedroht. Um dieses Versagen zu beziffern,<br />
wird versucht, die sogenannten «Ökosystemdienstleistungen»<br />
in Geld umzurechnen: So soll etwa durch die<br />
globale Regenwaldzerstörung ein «Naturkapital» an<br />
Medizinalpflanzen im Wert von über 100 Milliarden Euro<br />
unwiederbringlich verloren gehen. Die Überfischung der<br />
Weltmeere führt im Vergleich zu einer nachhaltigen<br />
Fischereiwirtschaft zu geschätzten jährlichen Mindereinnahmen<br />
von 35 Milliarden Euro.<br />
Die Beispiele verdeutlichen, dass die Marktwirtschaft<br />
in Wahrheit nur Teil einer viel umfassenderen<br />
Ökonomie ist: dem Haushalt der Biosphäre. Wäre die Erde<br />
ein Industriebetrieb, so würde die aktuelle Praxis beim<br />
Umgang mit den Ressourcen jeden Firmenchef zum<br />
sofortigen Rücktritt zwingen. Fast zwei Drittel aller
Ökosystemdienstleistungen sind nämlich bereits beschädigt<br />
oder nicht nachhaltig genutzt. Als Teilhaber<br />
der «Firma Erde» profitieren wir bislang nicht vom vernünftigen<br />
Gebrauch der uns kostenlos überlassenen<br />
Anlagegüter, sondern davon, dass wir bereits die Werkhallen,<br />
Maschinen und Bürogebäude ausschlachten und<br />
immer hektischer verkaufen. Die Einsicht, dass Artenvielfalt<br />
aufgrund von Gier und kurzfristigem Gewinnstreben<br />
verloren geht, stimmt. Doch sie hilft nicht weiter.<br />
Denn wir alle sind letztlich auf den Rohstoff «Artenvielfalt»<br />
angewiesen und müssen Strategien gegen den<br />
Verlust entwickeln.<br />
Biodiversität – von Anfang an<br />
Es ist nicht von der Hand zu weisen: Die globale Vereinheitlichung<br />
der landwirtschaftlichen Produktion ist mitverantwortlich<br />
für den Verlust der Artenvielfalt. Dies<br />
rückt die Frage, mit welchen Methoden <strong>Weleda</strong> als Verarbeiterin<br />
von 1000 Rohstoffen aus der Natur – darunter<br />
350 Pflanzenarten – die Versorgung sicherstellt, in den<br />
Fokus.<br />
Andreas Ellenberger, Nachhaltigkeitsbeauftragter<br />
und langjähriger Pflanzenbeschaffer bei <strong>Weleda</strong> Schweiz,<br />
weist auf die Wurzeln der biologisch-dynamischen<br />
Methode hin, die im <strong>Weleda</strong> Heilpflanzenanbau seit den<br />
Vereint in der Weltgemeinschaft<br />
<strong>Weleda</strong> engagiert sich als Mitglied<br />
der «Business and Biodiversity»<br />
Initiative, die 2008 an der UN-Konferenz<br />
zur biologischen Vielfalt<br />
ins Leben gerufen wurde. Mit der<br />
Unterzeichnung der «Leadership<br />
Declaration» folgen über 40 Unternehmen<br />
weltweit der Forderung,<br />
Biodiversität als Teil des betrieblichen<br />
Managementsystems zu<br />
verankern. Seit Mai <strong>2011</strong> ist <strong>Weleda</strong><br />
zudem Mitglied der «Union for<br />
Ethical Biotrade» (UEBT), welche<br />
die Förderung und gerechte<br />
Verwendung der Biodiversität und<br />
die faire Verteilung der Erträge<br />
im Sinne des «Benefit Sharing»<br />
zwischen Verwendern und<br />
Ursprungsländern vorsieht.<br />
Mehr dazu unter www.cbd.int<br />
www.ethicalbiotrade.org<br />
Anfängen praktiziert wird: «Das Konzept des geschlossenen<br />
Betriebsorganismus beruht gerade darauf, dass<br />
alles im Haushalt der Natur miteinander verknüpft ist –<br />
umso mehr kommt der Förderung der Lebendigkeit des<br />
Bodens und einer möglichst grossen Vielfalt angebauter<br />
Pflanzenarten oberste Priorität zu. Das beginnt schon<br />
bei der Auswahl des eigenen Saatguts, das eine breite<br />
genetische Vielfalt aufweist.» Die Gärten werden damit<br />
zum reichen Lebensraum für Pflanzen und Tiere. Biologisch-dynamisch<br />
bewirtschaftete Böden weisen im<br />
Vergleich zum konventionellen Anbau viel intensivere<br />
Lebensprozesse auf. Der aktive Bodenstoffwechsel verwertet<br />
organisches und mineralisches Material besser<br />
und erhöht die Vielfalt der Regenwürmer und Mikroorganismen<br />
um bis zu 70 Prozent. Da sich die Lebensprozesse<br />
in einer gesunden Balance befinden, können Schwankungen<br />
wie längere Trockenperioden gut ausgeglichen<br />
werden. Das Bioökosystem ist robuster gegen Störungen<br />
und Stress. Michael Straub, verantwortlich für den<br />
20 Hektar grossen Heilpflanzengarten in Schwäbisch<br />
Gmünd und Artenschutzbeauftragter von <strong>Weleda</strong>, weiss,<br />
dass in den Böden zudem eine unglaubliche, kaum sichtbare<br />
Vielfalt steckt: «In einer Handvoll gesunder Erde<br />
befinden sich nicht weniger als sechs Milliarden aktive<br />
Bodenlebewesen», sagt er.<br />
Das Wissen um diese positiven Wirkungen ist seit<br />
Jahren auch wissenschaftlich bestätigt: durch einen<br />
mehr als 30 Jahre dauernden Langzeit-Feldversuch in<br />
der Schweiz (siehe www.fibl.org). Es wundert nicht, dass<br />
die biologisch-dynamische Landbaumethode deshalb,<br />
so Straub, «auch ein vorbildliches Modell für die ganze<br />
landwirtschaftliche Wertschöpfungskette ist».<br />
Schutz durch Pflege<br />
Dieser Ansicht stimmt auch Bas Schneiders zu, Verantwortlicher<br />
für Nachhaltigkeitsmanagement und strategische<br />
Beschaffung der <strong>Weleda</strong> Gruppe: «Das Faszinierende<br />
am biologisch-dynamischen Landbau ist seine<br />
Vielseitigkeit und Anwendbarkeit bei unterschiedlichsten<br />
Bedingungen. Wir versuchen auf mehreren Wegen,<br />
Anbau und Ernte und die Förderung der Artenvielfalt in<br />
Einklang zu bringen. Dazu gehört auch viel Aufklärungs-<br />
und Forschungsarbeit in den betreffenden Ländern – nur<br />
so können die Projekte gemeinsam wachsen.»<br />
Lokal angepasste Projekte helfen, den Gegensatz<br />
zwischen der Nutzung natürlicher Ressourcen und dem<br />
reinen Naturschutzgedanken zu überwinden. Einen Weg,<br />
dies zu erreichen, beschreibt die Methode «Schutz durch<br />
Pflege». Den Kerngedanken dieser Strategie sieht man<br />
im <strong>Weleda</strong> Ratanhia-Projekt im Süden Perus oder beim<br />
12 <strong>Weleda</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>Sommer</strong> <strong>2011</strong><br />
Fotos: Michael Leuenberger
13<br />
<strong>Weleda</strong> Ratanhia-<br />
Projekt in Peru:<br />
nachhaltiger<br />
Sammelmodus<br />
schützt die Pflanze.<br />
Der Sammler<br />
José Inge mit frisch<br />
geernteter<br />
Ratanhiawurzel.
Arnika-Projekt in den rumänischen Karpaten verwirklicht:<br />
Eine durch genaue wissenschaftliche Erhebungen begleitete<br />
Sammelpraxis von Wildpflanzen ermöglicht nicht<br />
nur eine massvolle Nutzung der Ressourcen, son dern<br />
tendenziell sogar eine Förderung der Bestände.<br />
«Einerseits erhalten wir die natürliche Artenvielfalt<br />
durch einfache Pflegemassnahmen wie das Aussäen von<br />
Ratanhiasamen an den Erntestellen in freier Natur», sagt<br />
Schneiders, «andererseits erkennt die lokale Bevölkerung<br />
dadurch den Wert der Pflanzen und ist deshalb hoch<br />
motiviert, diesen Schatz zu pflegen.»<br />
Sowohl Bas Schneiders wie Michael Straub wissen,<br />
dass ohne zuverlässige Partner vor Ort, die sich mit den<br />
Anliegen von <strong>Weleda</strong> identifizieren, nichts geht – der<br />
Mensch ist der entscheidende Akteur. Vom leseunkundigen<br />
Bauern über den Beamten der Naturschutzbehörde<br />
bis hin zur Universitätsprofessorin müssen die unterschiedlichsten<br />
Interessen unter einen Hut gebracht werden.<br />
Dass auch die Finanzierung der Infrastruktur durch<br />
<strong>Weleda</strong> dazugehört – wie etwa eine Trocknungsanlage<br />
für Arnikablüten in Rumänien –, versteht man bei <strong>Weleda</strong><br />
als Beitrag zur Wertschöpfung vor Ort und als Teil des<br />
nachhaltigen Konzepts.<br />
Überall wächst Vielfalt mit<br />
Die Liste der Projekte, bei denen das Unternehmen sich<br />
als Partner für nachhaltige Rohstoffbeschaffung und<br />
Artenvielfalt einsetzt, ist im Verlauf der vergangenen<br />
Jahre stetig gewachsen. Dazu gehören uralte Kulturpflanzen<br />
wie der Arganbaum. Ein «Cooperative Partnership»<br />
der besonderen Art ist die Zusammenarbeit mit<br />
dem Partnerunternehmen Sidi Yassine in Marokko, das<br />
<strong>Weleda</strong> hochwertiges Arganöl liefert. Der Arganbaum<br />
wächst in Zentralmarokko in einem von der Unesco 1998<br />
14<br />
zum globalen Biosphärenreservat erklärten Gebiet von<br />
830000 Hektar Fläche. Die Baumart, so schätzen Botaniker,<br />
ist über 80 Millionen Jahre alt. Die afrikanische<br />
Sonne und der karg-steinige Boden sind unverzichtbare<br />
Voraussetzungen für das Gedeihen des Arganbaums<br />
und seiner Nuss-Mandel-Frucht, die ein ausgezeichnetes<br />
Öl für <strong>Weleda</strong> Kosmetika liefert.<br />
Das komplexe Ökosystem der Arganhaine ist so<br />
vielschichtig und reich, dass es einem Teil der Berberbevölkerung<br />
die Existenz zu sichern vermag. Die nachhaltige<br />
Bewirtschaftung sichert das Überleben einer Vielzahl<br />
von Pflanzen, die im Schatten der Bäume gedeihen.<br />
Sie dienen als Viehfutter, als Honigweide, aber auch als<br />
Aroma- und Heilpflanzen – und schaffen damit ein breites<br />
Spektrum von Möglichkeiten für Mensch und Natur.<br />
Bas Schneiders, unter dessen Leitung die internationale<br />
Nachhaltigkeitsstrategie der <strong>Weleda</strong> Gruppe erarbeitet<br />
wurde, sieht die Förderung der Artenvielfalt auch<br />
als Beitrag zu einem neuen Verständnis von Wachstum:<br />
«Der Verlust von Biodiversität markiert das Ende eines<br />
Wachstumsbegriffs, der sein Ziel bloss in quantitativer<br />
Steigerung sieht. Er bringt eine kulturelle Verarmung<br />
des Lebens mit sich, durch die wir nicht nur potenzielle<br />
Schätze, sondern auch Schönheit, Wissen und stabile Gesellschaften<br />
verlieren. Genau deshalb suchen wir Wege zu<br />
einem qualitativen Wachstum, bei dem Vielfalt jenseits<br />
menschlicher Interessen ein Wert an sich ist, ein Grundprinzip<br />
des Lebendigen, das es zu achten gilt.» Gelingt<br />
das, so können wir vielleicht dereinst auch beim Anblick<br />
von Kulturlandschaften wieder öfter sagen: «Ich komme<br />
von Sinnen, wenn die Wunder nicht bald aufhören!»<br />
Auch das ist<br />
Artenschutz:<br />
Anbau der Wildpflanze<br />
Sanddorn<br />
in der Toskana.<br />
<strong>Weleda</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>Sommer</strong> <strong>2011</strong>
Von<br />
Werten<br />
und<br />
Diamanten<br />
140 Pflanzenarten betreut<br />
sie bei <strong>Weleda</strong>. Ihre Arbeit ist<br />
ein Beitrag zum Schutz der<br />
Artenvielfalt.<br />
Text und Foto<br />
Michael Leuenberger<br />
Ein Tag im Leben von Christine Pfisterer<br />
Seit Jahrzehnten dreht sich alles im Berufsleben von Christine<br />
Pfisterer um wertvolle Dinge. 25 Jahre im Handel mit Schmuck und Diamanten<br />
und jetzt seit fünf Jahren bei <strong>Weleda</strong>: als verantwortliche Einkäuferin für<br />
Frischpflanzen und Drogen. Drogen? «Das ist bloss der Fachausdruck für<br />
getrocknete Pflanzenteile», erklärt sie. Die Pflanzen kommen aus aller Welt.<br />
Eine liegt ihr aber besonders am Herzen: die Arzneipflanze Strophanthus<br />
kombé («Herzensgut») aus Malawi, Grundlage für ein anthroposophisches<br />
Arzneimittel bei Herzschwäche.<br />
Warum? «Weil es zeigt, wie Projekte wachsen und Sinn stiften, wenn sie<br />
schon von Anfang an mit den richtigen Partnern aufgezogen werden»,<br />
sagt sie. Die Partner: Hunderte von Kleinbauern in 15 Dörfern in Malawi,<br />
dem Land mit der höchsten Entwaldungsrate weltweit – und der deutsche<br />
Forstingenieur Chris Dohse mit seinen Mitarbeitern vor Ort. Wie passen<br />
Wald und Strophanthus zusammen? Die Gleichung ist einfach: ohne Wald<br />
kein Strophanthus. Die Pflanze rankt sich nämlich an Bäumen bis zu 20 Meter<br />
hoch. Verschwindet der Wald durch Brandrodung für die Gewinnung von<br />
Ackerboden, ist auch das «Herzensgut» weg. Für immer.<br />
Seit 2008 steckt Christine Pfisterer viel Energie in das Projekt und reist<br />
regelmässig nach Malawi. Es fing damit an, dass der unverwüstliche Dohse<br />
mit einem Ultraleichtflugzeug das Land überflog, um ein Pflanzeninventar<br />
zu erstellen. Gleichzeitig wurden die Menschen vor Ort motiviert mitzumachen.<br />
Obschon die Pflanze auch als Pfeilgift verwendet wurde, war das<br />
Bewusstsein um ihren Wert kaum mehr da. Die Schulungen für die richtigen<br />
Ernte- und Trocknungstechniken von Strophanthus folgten, die Dorfgemeinschaften<br />
gewannen Vertrauen. «Gleichzeitig starteten wir auch erste<br />
Versuche mit der Auspflanzung in freier Wildbahn», erklärt Christine Pfisterer,<br />
«und wir haben alles transparent gemacht, faire Preise festgelegt.» Der<br />
Prozess wurde in einen «Access & Benefit Sharing Mechanism» eingebettet:<br />
Fünf Prozent des Verkaufserlöses von Strophanthus kombé werden in einen<br />
Topf eingezahlt und kommen den Dorfgemeinschaften zugute.<br />
Sie entscheiden, was mit dem Geld passiert – zum Wohle aller. So wurde<br />
im Dorf Lumvira ein Brunnen gebaut. Dass die Dorfgemeinschaften dank<br />
des Einkommens aus der Sammlung den Wald und das «Herzensgut»<br />
schützen, ist die logische Folge des Projekts. «Und es ist wertvoller als ein<br />
Diamant», sagt Christine Pfisterer.<br />
15
Ist das schön! Nur Sonne,<br />
Wind und freie Natur.<br />
<strong>Weleda</strong> Welt Arzneimittel<br />
16
Gesund bleiben in der<br />
<strong>Sommer</strong>frische<br />
Sich freuen über die <strong>Sommer</strong>wochen in freier Natur. Mit Zelt, Schlafsack und einem<br />
guten Buch. Immer dabei: die <strong>Weleda</strong> Reiseapotheke.<br />
Text Michael Leuenberger Fotos Barbara von Woellwarth<br />
17
Achtung, Sonnenbrand! Dabei fühlt sich alles gerade so angenehm entspannt an.<br />
Kleine Brennnessel für<br />
<strong>Sommer</strong>liebhaber<br />
Sonnenbrand und Insektenstiche sind unangenehme<br />
Ferienbegleiter. Intensive Sonnenbestrahlung kann die<br />
Hautzellen schädigen: Die Haut wird rot, heiss und<br />
schmerzt. Durch Insektenstiche gelangen entzündliche<br />
Giftstoffe ins Hautgewebe und lösen Juckreiz und<br />
Schwellungen aus. Jetzt hilft die Kraft von Combudoron<br />
Gel mit dem Wirkstoff der kleinen Brennnessel. Ihr Extrakt<br />
lindert Schmerz, der durch Hitze oder Insektenstiche<br />
entsteht und fördert die Bildung gesunder Haut.<br />
Combudoron® Gel: Bei Sonnenbrand und Insektenstichen.<br />
Das fettfreie Combudoron Gel übt eine sofort<br />
kühlende Wirkung aus, lindert den Schmerz und bildet<br />
einen feuchtigkeitsdurchlässigen Schutzfilm über die<br />
Hautwunde.<br />
Dies ist ein Arzneimittel. Bitte lesen Sie die Packungsbeilage.<br />
18 <strong>Weleda</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>Sommer</strong> <strong>2011</strong>
Gesunde Verdauung mit<br />
natürlicher Hilfe<br />
Gesunde Verdauung ist die ideale Voraussetzung für<br />
ein gutes Lebensgefühl. Befinden wir uns in einem harmonischen<br />
Gleichgewicht, funktioniert die Verdauung in<br />
der Regel ohne Beschwerden. Unregelmässiges Essen,<br />
Hektik und Stress können jedoch zu Blähungen, Völlegefühl<br />
oder anderen Verdauungsbeschwerden führen. Hier<br />
lindern ganzheitliche <strong>Weleda</strong> Arzneimittel akute Beschwerden<br />
auf natürliche Weise.<br />
Neben einem bewussteren Wahrnehmen der Nahrung<br />
schon im Mund, zum Beispiel durch langsameres<br />
Kauen, gibt es zur Anregung der Verdauungssäfte seit<br />
dem Altertum Stoffe aus Arzneipflanzen, die mit grossem<br />
Erfolg von der Kindheit bis ins hohe Alter eingenommen<br />
werden können. Viele dieser Bitterstoffe mit ihren<br />
Anwendungsmöglichkeiten finden sich auch in <strong>Weleda</strong><br />
Arzneimitteln zur Förderung der Verdauung: Enzian,<br />
Wermut, Tausendgüldenkraut, Wegwarte und Löwenzahn.<br />
Auch Bitterstoffe in Gemüse wie etwa Zuckerhut,<br />
Endivie und Chicorée sind sehr wertvoll.<br />
Für die richtige Umwandlung und damit Aufspaltung<br />
und Weiterverarbeitung der Nahrung sind Leber<br />
und Galle die wichtigsten Organe. Fliesst die Galle nicht<br />
richtig, können Nährstoffe nicht verwandelt werden, und<br />
es drohen nicht nur Verstopfung, sondern auch Störungen<br />
im Nerven-Sinnes-Bereich wie etwa Hautkrankheiten<br />
oder Migräne. Auch hier helfen Heilpflanzen wie<br />
Schöllkraut oder Gelbwurz, die bekanntlich ein wichtiger<br />
Bestandteil des Currygewürzes ist.<br />
Vergessen wir aber einen entscheidenden Faktor<br />
nicht: die Bewegung. In unserer durch sitzende Tätigkeiten<br />
geprägten Arbeitswelt ist es entscheidend, dass wir<br />
uns täglich eine Stunde bewegen. Das muss nicht Spitzensport<br />
sein, ein Spaziergang genügt.<br />
In Bewegung.<br />
Pass gut auf,<br />
der nächste<br />
Punkt geht an<br />
mich!<br />
19<br />
Gesunde Verdauung gibt ein gutes Lebensgefühl.<br />
Für eine gesunde Verdauung<br />
<strong>Weleda</strong> Amara-Tropfen Bei Verdauungsbeschwerden<br />
wie Sodbrennen, Blähungen und Völlegefühl nach<br />
dem Essen sowie bei Appetitlosigkeit und Übelkeit.<br />
Setzt sich aus Heilpflanzen mit kräftigenden und<br />
aromatischen Bitterstoffen zusammen.<br />
Carvon® Tabletten Zur Behandlung von Blähungen, leichten<br />
MagenDarmKrämpfen und Verdauungsstörungen.<br />
Digestodoron® Tropfen Zur Regulation bei Störungen<br />
der MagenDarmSekretion und Motorik.<br />
Hepatodoron® Tabletten Zur Anregung der Leber und<br />
Darmtätigkeit. Hepatodoron lindert leichte Funktionsstörungen<br />
der Leber, die sich durch Beschwerden wie<br />
rasche Ermüdbarkeit, Appetitlosigkeit, Verstopfung,<br />
Blähung und Schlafstörungen äussern können.<br />
Dies sind Arzneimittel.<br />
Bitte lesen Sie die Packungsbeilage.
20 <strong>Weleda</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>Sommer</strong> <strong>2011</strong>
Kleine Apotheke<br />
für unterwegs<br />
Auch der schönste <strong>Sommer</strong> zeigt manchmal<br />
Wolken. Wir haben die wichtigsten <strong>Weleda</strong><br />
Arzneimittel für Sie eingepackt, damit Sie in<br />
den Ferien gesund bleiben.<br />
<strong>Weleda</strong> Arnica-Salbe neue Formel<br />
Zur Behandlung von Prellungen, Verstauchungen, Quetschungen<br />
und Blutergüssen. <strong>Weleda</strong> Arnica-Salbe neue<br />
Formel kann auch bei Muskel- und Gelenkbeschwerden<br />
angewendet werden.<br />
<strong>Weleda</strong> Calendula-Spray<br />
Zur Sofortbehandlung von oberflächlichen Hautwunden.<br />
Fördert die Wundheilung bei oberflächlichen<br />
Verletzungen, Hautenzündungen, die zur Vereiterung<br />
tendieren, sowie bei Pickeln und Pusteln.<br />
<strong>Weleda</strong> Calendula-Salbe neue Formel<br />
Zur lokalen Behandlung von oberflächlichen Wunden,<br />
Schürfungen und Entzündungen der Haut. Die Salbe<br />
wirkt entzündungshemmend und wundheilend.<br />
Carvon® Tabletten<br />
Zur Behandlung von Blähungen, leichten Magen-Darm-<br />
Krämpfen und Verdauungsstörungen.<br />
Combudoron® Spray<br />
Zur Sofortbehandlung von kleinflächigen Verbrennungen<br />
(1. Grades), Sonnenbrand und Insektenstichen.<br />
Wirksame Bestandteile der kleinen Brennnessel und<br />
Arnika lindern den Schmerz, wirken entzündungshemmend<br />
und fördern die Wundheilung.<br />
21<br />
Gesund und entspannt: schöne Ferien!<br />
Combudoron® Gel<br />
Bei Sonnenbrand und Insektenstichen. Das fettfreie<br />
Gel übt eine sofort kühlende Wirkung aus, lindert den<br />
Schmerz und bildet einen feuchtigkeitsdurchlässigen<br />
Schutzfilm über die Hautwunde.<br />
<strong>Weleda</strong> Euphrasia-Augentropfen<br />
Zur Linderung gereizter Augenbindehaut. Bei Reizzuständen<br />
der Augenbindehaut wie geröteten, tränenden<br />
und müden Augen anzuwenden. Zudem helfen<br />
sie bei Schwellungen des Lides sowie bei Fremdkörper-<br />
und Austrocknungsgefühl.<br />
Gencydo® 1 % Nasenspray<br />
Gencydo 1 % Nasenspray kann zur Behandlung von<br />
Schnupfen allergischer Art wie z.B. Heuschnupfen<br />
angewendet werden.<br />
<strong>Weleda</strong> Heilsalbe<br />
Zur Wundheilung. Die <strong>Weleda</strong> Heilsalbe wird zur<br />
Behandlung von oberflächlichen Riss-, Platz- und<br />
Schürfwunden sowie zur Nachbehandlung von<br />
Abszessen und Furunkeln eingesetzt.<br />
Venadoron® Gel<br />
Zur Linderung von Venenbeschwerden. Das halbflüssige,<br />
fettfreie Gel kräftigt Haut- und Bindegewebe und<br />
fördert deren Durchblutung.<br />
Dies sind Arzneimittel. Bitte lesen Sie die Packungsbeilage.
22<br />
<strong>Weleda</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>Sommer</strong> <strong>2011</strong>
<strong>Weleda</strong> Welt Naturkosmetik<br />
Was ist echte<br />
Naturkosmetik?<br />
Viele Kosmetikfirmen verwenden natürliche Rohstoffe.<br />
Damit liegen sie im Trend, denn Naturkosmetik<br />
ist gefragt. Was zeichnet gute Produkte aus und worin<br />
unterscheiden sie sich?<br />
Text Astrid Wahrenberg Illustration Gisela Goppel<br />
23<br />
Früher benutzten die Menschen Pflanzen, Blüten<br />
und Kräuter, um sich zu waschen und zu pflegen. Es gab<br />
nichts anderes. Mit der chemischen Industrie kam die<br />
Haut erstmals mit synthetischen Substanzen in Kontakt.<br />
Teils basierten die künstlichen Stoffe auf Vorbildern aus<br />
der Natur, teils entstanden völlig neuartige Substanzen.<br />
Der Vorteil: Silikone, Paraffine, synthetische Duftmoleküle<br />
und Emulgatoren lassen sich massenhaft und günstig<br />
herstellen. Doch schon vor rund 90 Jahren gingen<br />
einzelne Kosmetikunternehmen einen anderen Weg und<br />
konzentrierten sich auf Rohstoffe natürlichen Ursprungs.<br />
Der heute geläufige Begriff «Naturkosmetik» tauchte<br />
erstmals vor etwa 25 Jahren in<br />
Reformhäusern und Bio-Läden<br />
auf. Damit wollten sich die Hersteller<br />
bewusst abgrenzen von<br />
Kosmetik mit synthetisch hergestellten<br />
Inhaltsstoffen.
Reformhäuser und der Demeter-Bund formulierten damals<br />
die ersten verbindlichen Kriterien. Gesetzlich geschützt<br />
ist die Bezeichnung «Naturkosmetik» jedoch<br />
nicht. Wenn die Silbe «Bio-» im Markennamen steht, auf<br />
der Verpackung von Wirkstoffen «auf pflanz licher Basis»<br />
und «naturbasierten Inhaltsstoffen» die Rede ist,<br />
hat das mit zertifizierter Naturkosmetik noch lange<br />
nichts zu tun.<br />
Mehr Schein als Sein<br />
Verbraucherschützer bemängeln: «Verbraucher werden<br />
durch irreführende Angaben häufig getäuscht», heisst<br />
es in einer Mitteilung der Verbraucherzentrale Hamburg.<br />
«Da werden Bio-Granatäpfel ausgelobt oder gross flächig<br />
Aloe-vera-Blätter abgebildet. Es wird mit Naturemulsion<br />
und Naturfarben geworben.» So könne der Eindruck entstehen,<br />
alles sei bio. Doch oft handele es sich bei den<br />
restlichen Inhaltsstoffen gar nicht um Bestandteile mit<br />
natürlichem oder gar kontrolliert-biologisch ange bautem<br />
Ursprung. Meist verlören sich die Mini-Mengen natürlicher<br />
Stoffe in einem Meer von Chemie.<br />
Greenwashing nennen Verbraucherschützer diese<br />
Werbemasche. Hilflos ausgeliefert ist ihr aber niemand.<br />
Wichtige Hinweise liefert die Deklaration von Kosmetikprodukten.<br />
Mit einem Blick in die verpflichtende INCI1<br />
lässt sich schnell prüfen, was noch alles ausser der<br />
ausgelobten Pflanze Calendula in der Creme steckt.<br />
Steht an erster Stelle zum Beispiel der Begriff Paraffinum<br />
liquidum, handelt es sich um Mineralöl, das in Naturkosmetik<br />
nicht zugelassen ist. In die Debatte «Naturkosmetik<br />
und Greenwashing» hat sich mittlerweile die<br />
Europäische Union eingeschaltet. Eine EU-Kommission<br />
soll bis zum 11. Juli 2016 europaweit Kriterien für die<br />
Aussage «natürlich» definieren. Anlass für diese<br />
I nitiative ist Artikel 20 der kürzlich in Kraft getretenen<br />
EU-Kosme tikverordnung. Dort steht, dass bei Kosmetikwerbung<br />
keine irreführenden Texte, Bezeichnungen oder<br />
Abbildungen verwendet werden dürfen.<br />
Granatapfel für Ihren Körper<br />
Gönnen Sie sich einen Hauch von Orient – mit Granatapfel<br />
Crèmedouche und seinen wertvollen Ölen<br />
aus Granatapfelsamen, Sesam und Macadamianüssen.<br />
Reinigt besonders mild, verwöhnt die Haut und<br />
bewahrt sie vor dem Austrocknen.<br />
Regeneration Granatapfel Pflegeöl mit seiner reichhaltigen<br />
und fein abgestimmten Zusammensetzung<br />
wirkt antioxidativ und regt die Zellerneuerung an.<br />
Mit Extrakten aus Goldhirse und den Blütenblättern<br />
der Sonnenblume. Duftet inspirierend und belebend<br />
nach Sandelholz und Davana.<br />
<strong>Weleda</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>Sommer</strong> <strong>2011</strong><br />
Produkttexte: <strong>Weleda</strong>
Siegel für Naturkosmetik<br />
Prinzipiell eine gute Lösung sind Naturkosmetiksiegel.<br />
Nur leider gibt es davon verwirrend viele. Die Initiatoren<br />
und Verbände konnten sich bisher nicht auf ein einziges,<br />
verbindliches und internationales Logo einigen. So existiert<br />
eine Vielzahl von durchaus seriösen Siegeln nebeneinander,<br />
manche tummeln sich auch gemeinsam auf<br />
einer Verpackung. Die Unterschiede liegen im Detail. Alle<br />
diese Siegel sind «Kontrollierte Naturkosmetik».<br />
Immerhin sind sich die wichtigen Naturkosmetiksiegel<br />
in den zentralen Fragen einig. So verbieten alle<br />
den Einsatz problematischer Inhaltsstoffe wie Zutaten<br />
aus der Petrochemie, chemisch-synthetische Emulgatoren<br />
(bei Ecocert erlaubt unter 5 Prozent), UV-Filter,<br />
künstliche Duftstoffe und chemisch-synthetische Farbstoffe.<br />
Typisch für Naturkosmetik sind hochwertige<br />
pflanzliche Zutaten, darunter etwa hautfreundliche<br />
25<br />
Granatapfel für Ihr Gesicht<br />
Die Granatapfel Straffende Tagespflege<br />
von <strong>Weleda</strong> mindert Falten<br />
und strafft. Die schnell einziehende<br />
Crème schützt die Haut mit natürlichen<br />
Radikalfängern vor Umwelteinflüssen<br />
sowie oxidativem Stress.<br />
Granatapfel Straffendes Serum:<br />
Die innovative fettfreie Intensivpflege<br />
mit hochwirksamen und<br />
konzentrierten Natursubstanzen<br />
wirkt sofort und intensiv. Täglich<br />
unter der Tages- und Nachtpflege<br />
angewendet, kräftigt es die Hautstruktur,<br />
aktiviert die Zellerneuerung<br />
und verbessert Straffheit und<br />
Elastizität der Haut.
Pflanzenöle, Pflanzenauszüge und Pflanzenessenzen,<br />
natürliche Feuchtigkeitsspender wie Aloe vera und<br />
pflanzliches Glycerin. Wie sie auf der Haut wirken, das erforscht<br />
unter anderem Professor Christoph M. Schempp<br />
am Institut Skintegral an der Universitäts-Hautklinik<br />
Freiburg. Er ist von dem Potenzial natürlicher Rohstoffe<br />
überzeugt: «Das Fettsäuremuster eines pflanzlichen Öls<br />
ähnelt den Fettsäuren des Säureschutzmantels unserer<br />
Haut. Es konnte bereits mehrfach gezeigt werden, dass<br />
natürliche Rohstoffe in ihrer komplexen Zusammensetzung<br />
besser sind als eine daraus gewonnene Einzelsubstanz.»<br />
Erkenntnisse wie diese beziehen Naturkosmetikfirmen<br />
inzwischen ganz gezielt in die Zusammensetzung<br />
der Präparate ein, insbesondere für Rezepturen von<br />
Anti-Aging-Produkten. Pflanzenöle, Pflanzenauszüge<br />
und Pflanzenessenzen mit bestimmten Eigenschaften<br />
sollen die Haut in ihren vitalen Prozessen stärken und ihr<br />
helfen, besser mit negativen Einflüssenfertigzuwerden.<br />
Die natürlichen Rohstoffe – gewonnen aus der Pflanze –<br />
sind so komplex zusammengesetzt, dass die chemische<br />
Industrie sie bis heute nicht nachbauen kann.<br />
26<br />
Von Kopf bis Fuss<br />
Nach einem heissen <strong>Sommer</strong>tag<br />
schenkt <strong>Weleda</strong>s Citrus Crèmedouche<br />
ein erfrischendes und<br />
sanft pflegendes Duscherlebnis,<br />
das Körper und Geist neue Energie<br />
schenkt.<br />
<strong>Weleda</strong> Fussbalsam ist der unverzichtbare<br />
Begleiter bei Sport<br />
und Wanderungen: Er pflegt und<br />
erfrischt müde und brennende<br />
Füsse, kräftigt die Haut und macht<br />
sie geschmeidig. Bei regelmässiger<br />
Anwendung des <strong>Weleda</strong> Fussbalsams<br />
normalisiert sich harte,<br />
schwielige und verhornte Haut<br />
und wird zunehmend elastischer<br />
und widerstandsfähiger.<br />
<strong>Weleda</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>Sommer</strong> <strong>2011</strong>
Die Siegel für Naturkosmetik<br />
im Überblick<br />
NATRUE<br />
wurde 2007 als europäisches Siegel für<br />
Natur- und Bio-Kosmetik von Pionieren der<br />
Naturkosmetik gegründet. Rund 1300<br />
Produkte sind seither zertifiziert worden. Die Empfehlungen<br />
basieren auf den Empfehlungen des Europarates.<br />
Das Siegel legt besonderen Wert auf eine hohe Transparenz<br />
der anspruchsvollen Richtlinien. So lassen sich<br />
beispielsweise alle Kriterien für jeden zugänglich im<br />
Internet nachlesen. NATRUE-gekennzeichnete Kosmetik<br />
kann verschiedene Qualitätsstufen erreichen: Auf<br />
Stufe 1 sind vor allem Rohstoffe natürlichen Ursprungs<br />
enthalten. Es sind aber auch sogenannte naturnahe<br />
und naturidentische Rohstoffe zugelassen. Stufe 2<br />
verlangt einen Bio-Anteil der natürlichen Rohstoffe von<br />
mindestens 70 Prozent.<br />
Die höchste Stufe steht für Bio-Kosmetik, das heisst,<br />
der Bio-Anteil der natürlichen Rohstoffe liegt bei<br />
mindestens 95 Prozent. Mehr dazu: www.natrue.org<br />
BDIH<br />
Das 2001 begründete Prüfzeichen<br />
ist das älteste und in Deutschland<br />
bekannteste Siegel für Naturkosmetik.<br />
Dahinter steht der Verband Deutscher<br />
Industrie- und Handelsunternehmen für Arzneimittel,<br />
Reformwaren, Nahrungsergänzung und<br />
Körperpflegemittel – kurz BDIH.<br />
Seit der Einführung wurden rund 7000 Produkte<br />
mit dem Siegel «kontrollierte Naturkosmetik»<br />
gekennzeichnet. Die Empfehlungen basieren auf<br />
den Empfehlungen des Europarates. Der BDIH hat<br />
mit fünf europäischen Naturkosmetiksiegeln die<br />
Non-Profit-Dachorganisation Cosmos-Standard<br />
AISBL gegründet.<br />
Seit Februar <strong>2011</strong> kann zusätzlich in den Stufen<br />
Cosmos Natural oder Cosmos Organic zertifiziert<br />
werden. Mehr dazu: www.ionc.info<br />
27<br />
Demeter,<br />
der älteste ökologische<br />
Anbauverband, hat in den 90er Jahren erste<br />
Richtlinien für bio-dynamische Demeter-<br />
Naturkosmetik eingeführt. Produkte, die<br />
dieses Markenzeichen tragen, enthalten<br />
mindestens 66 bis 90 Prozent Demeter-<br />
Rohstoffe. Fast alle eingesetzten Bestandteile<br />
könnten auch der Lebensmittelherstellung<br />
dienen. Für Naturkosmetikprodukte<br />
gibt es die Möglichkeit einer Auslobung der<br />
enthaltenen Demeter-Rohstoffe unabhängig<br />
von der Menge in der Deklaration der<br />
Inhaltsstoffe. Mehr dazu: www.demeter.ch<br />
Ecocert,<br />
der internationale<br />
Zertifizierer, wurde<br />
1991 gegründet<br />
und hat über 13000 Produkte in<br />
45 Ländern geprüft und ihnen sein<br />
Siegel verliehen. Es unterscheidet<br />
zwei Qualitätsstufen: Naturkosmetik<br />
muss zu 95 Prozent natürlichen<br />
Ursprungs sein, der Bio-Anteil<br />
im Endprodukt muss mindestens<br />
5 Prozent betragen, bezogen<br />
auf die pflanzlichen Zutaten 50 Prozent.<br />
Bei Bio-Kosmetik verlangt<br />
Ecocert einen Bio-Anteil von mindestens<br />
10 Prozent im Endprodukt,<br />
bezogen auf pflanzliche Zutaten<br />
95 Prozent.<br />
Mehr dazu: www.ecocert.com/en/<br />
organic-cosmetics-and-wellness
Eckart Brandt will,<br />
dass alte Apfelsorten<br />
wie der<br />
Gelbe Richard<br />
weiter wachsen.<br />
28 <strong>Weleda</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>Sommer</strong> <strong>2011</strong>
Wenn nichts mehr geht,<br />
geht wieder alles<br />
Dass wir wachsen, ist eine unserer frühesten Erfahrungen. Bäume wachsen und Gräser und<br />
Lämmer. Wachstum, so scheint es, ist das Normalste von der Welt, und dass es aufhört, auch.<br />
Das Aroma wächst eben nicht mit<br />
Wenn Eckart Brandt das Obstregal im Supermarkt<br />
anschaut, wird er traurig. «Vor 150 Jahren gab es in<br />
Deutschland mehr als 3000 Apfelsorten», sagt er,<br />
«heute liegen gerade mal noch ein Dutzend Sorten<br />
im Regal.» Auf Hochleistungsbäumen gezüchtet,<br />
mit Maschinen geerntet, rot, gross, makellos.<br />
Beisst man in einen solchen Apfel, schmeckt er oft<br />
erstaunlich fade. «Das Aroma wächst eben nicht<br />
mit», sagt Brandt. Auf den Wiesen rund um Grossenwörden<br />
im Alten Land (Niedersachsen) reifen rund<br />
300 Apfel sorten, darunter viele mit fast vergessenen<br />
Namen. Brandt kultiviert sie auf rund drei Hektar<br />
Land, um sie vor dem Aussterben zu retten.<br />
Den «Gelben Richard» etwa oder den «Rotfranch».<br />
Brandt hat vor vielen Jahren Geschichte studiert,<br />
dann ist er auf den Apfel gekommen. Er hat in einer<br />
Mosterei gearbeitet und fing an, alte Apfelsorten<br />
zu sammeln. Brachte ein Kunde einen seltenen<br />
Apfel, liess Brandt sich Baumtriebe bringen und zog<br />
neue Bäumchen heran. Er las alte Sortenbücher,<br />
studierte Erntestatistiken aus dem 19. Jahrhundert<br />
und war bald einer der besten Apfelkenner im Alten<br />
Land. Manche seiner Bäume benötigen 15 Jahre,<br />
ehe sie Früchte tragen. Die aber schmecken unverwechselbar,<br />
mal kantig herb, mal edel süss. «Wenn<br />
die alten Sorten verloren gehen, weil sie nicht<br />
wirtschaftlich genug sind», sagt Brandt, «weiss<br />
bald keiner mehr, wie ein richtiger Apfel schmeckt.»<br />
Leben Wachstum<br />
Text Paul Lampe Interviews Anna Hunger<br />
Fotos Eric Vazzoler<br />
29<br />
Stolz schaut sich das Kind den obersten der<br />
Striche im Türrahmen an: «So ein Stück bin ich wieder gewachsen?<br />
Bald bin ich so gross wie du.» Irgendwann hört<br />
das Messen auf; das Kind hat seine genetisch vorgegebene<br />
und durch millionenfache Zellteilungen bewirkte<br />
Körpergrösse erreicht. Lebendiges Wachstum begann vor<br />
drei oder vier Milliarden Jahren, seitdem wird in der Natur<br />
gewachsen und gestorben. Rhythmisch im Auftritt und<br />
Verschwinden der Arten, in Lebenszyklen, im Laufe der<br />
Jahreszeiten. Wachsen im Frühjahr, reifen im <strong>Sommer</strong>,<br />
fruchten im Herbst und sterben im Winter. Stoisch angesichts<br />
des millionenfachen Werdens und Vergehens. Auf<br />
den Kalkskeletten ihrer Vorfahren bauen Stein- und Feuerkorallen<br />
im Laufe von Jahrhunderten ihre Riffe. Selbstgenügsam.<br />
Keine Löwengruppe wird mehr schlagen als<br />
das Gnu, das sie als Nahrung braucht, kein Fuchs einen<br />
Vorrat an Hühnerfleisch anlegen. Natur, ein System, das<br />
immer wächst, sich nie erschöpft, das Pflanzen und Tiere<br />
gleichermassen aus sich selbst nährt, raffiniert angepassten<br />
Lebewesen jeder Art Lebensraum und Zukunft<br />
gibt. Dann kam der Mensch, war fruchtbar und mehrte<br />
sich und machte sich die Erde untertan. «Ungeheuer ist<br />
viel, nichts ungeheurer als der Mensch», murmelt der<br />
Chor der Weisen in Sophokles’ «Antigone», uraufgeführt<br />
442 v. Chr., und beschreibt, wie der «Naturgewaltiger»<br />
die Erde pflügt, Tiere fängt und Städte beherrscht.<br />
Grenzen zu überschreiten scheint die Natur des Menschen.<br />
Stets versucht er, über sich hinauszuwachsen.
30<br />
<strong>Weleda</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>Sommer</strong> <strong>2011</strong>
Zum Wegwerfen viel zu schade<br />
Christina Schelhorn ist 50 Jahre alt und lebt mit<br />
ihren Kindern und einem dicken grünen Frosch im<br />
Hamburger Umland. 2009 hat sie das Modelabel<br />
«Redesign» gegründet und näht Designer-Kleider<br />
aus Alttextilien. Schelhorn hat viele Jahre als<br />
Layouterin für das Modemagazin «Vogue» gearbeitet<br />
und später als Textildesignerin für eine erfolgreiche<br />
Modemarke. Was sie dabei immer gestört hat:<br />
«Grosse Mode wird immer in Billiglohnländern auf<br />
dem Rücken der kleinen Leute produziert», sagt sie.<br />
Ausserdem werde für den Baumwollanbau eine immense<br />
Menge Wasser verbraucht. 7000 Liter für ein<br />
Kilogramm. Daraus würden wiederum T-Shirts und<br />
Hosen gefertigt, die maximal ein halbes Jahr lang getragen<br />
und dann weggeworfen würden. «Die Stoffe<br />
sind ja nach so kurzer Zeit nicht kaputt. Sie sind nur<br />
nicht mehr gewollt», sagt sie. «Und ich möchte keine<br />
neuen Textilien produzieren, solange es genug alte<br />
gibt, aus denen man etwas Neues machen kann.»<br />
Die Idee zur Recycling- Klamotte entstand beim<br />
Aufräumen, erzählt Schelhorn: «Ich habe in einer<br />
Schublade einen ganzen Stapel alter Tischdecken<br />
gefunden», sagt sie. Zum Wegwerfen zu schade,<br />
für den Tisch zu altbacken. Also nähte sie daraus<br />
eine Schürze und verschenkte sie an eine Freundin.<br />
Mittlerweile arbeiten eine Designerin und<br />
drei Näherinnen für die Hamburgerin – und machen<br />
aus Gardinen, Hosen und Kissenbezügen von<br />
Flohmärkten und aus Haushaltsauflösungen<br />
<strong>Sommer</strong>kleider und Spitzenblusen.<br />
Viel zu schade<br />
zum Weg werfen:<br />
Christina Schelhorn<br />
produziert<br />
DesignKleider<br />
aus Alttextilien.<br />
31<br />
«Schneller, höher, stärker» ist das Motto der olympischen<br />
Bewegung. Also wird irgendwie schneller ge laufen,<br />
höher gesprungen, mehr gehoben als noch auf der letzten<br />
Olympiade. Mediziner und Biologen kommen Krankheitsverläufen<br />
und dem Prozess des Alterns auf die<br />
Spur. Das durchschnittliche Lebensalter der Deutschen<br />
ist in den letzten fünf Dekaden von rund 70 Jahren auf<br />
etwas über 80 gestiegen. Ein Wachstum, das mancherorts<br />
als «demographisches Problem» Stirnen runzeln<br />
lässt. In immer kürzerer Zeit werden immer mehr Güter<br />
produziert und umgeschlagen. Das Bruttoinlandsprodukt,<br />
so die Prognose des Internationalen Währungsfonds<br />
(IWF) im April des Jahres, werde um 2,5 und vielleicht<br />
mehr Prozent wachsen. «Ohne Wachstum keine<br />
Investitionen, ohne Wachstum keine Arbeitsplätze, ohne<br />
Wachstum keine Gelder für die Bildung, ohne Wachstum<br />
keine Hilfe für die Schwachen», hatte Bundeskanzlerin<br />
Angela Merkel bei Amtsantritt 2009 festgestellt. Für<br />
absurd hält der Wirtschaftswissenschaftler Niko Paech*<br />
die Annahme, «Fortschritt sei ausschliesslich ein Akt der<br />
Addition und nur bei ständigem Wachstum möglich».<br />
Weltweit suchen Ökonomen, Sozial- und Politikwissenschaftler<br />
und Psychologen nach Lösungen und Modellen<br />
für eine «Postwachstumsgesellschaft». Glücksforscher<br />
mischen sich ein. Und Michael Endes Kinderbuch «Momo»<br />
könnte Pate stehen.<br />
Was wirklich zählt<br />
Welche Dinge im Leben sind Ihnen ausserordentlich<br />
wichtig? Junge Menschen zwischen<br />
12 und 25 Jahren antworten.<br />
71% Gute Freunde haben, die einen anerkennen<br />
33% Eigenverantwortlich leben und handeln<br />
30% Eigenen Phantasie und Kreativität entwickeln<br />
21% Gesundheitsbewusst leben<br />
13% Entscheidungen auch nach Gefühl treffen<br />
5% Macht und Einfluss haben<br />
1% Das tun, was alle anderen tun<br />
Statista 2009, Quelle: Shell Jugendstudie
Endes Roman schildert den Kampf eines kleinen<br />
Mädchens gegen die grauen Herren von der Zeitsparkasse.<br />
Deren Ansinnen ist es, sich die Zeit der Menschen<br />
gutzuschreiben. Davon leben sie. Die Menschen sparen<br />
Zeit und haben keine mehr, um, wie früher, in einem verwilderten<br />
Amphitheater ausgelassene Spiele zu spielen.<br />
Sie arbeiten ununterbrochen, sind missmutig, unglücklich,<br />
hecheln durch die Tage. Entschädigt werden sie mit<br />
allerlei Dingen, Anzügen, Autos, Häusern. Mit Hilfe einer<br />
klugen Schildkröte und des weisen wirklichen Herrn der<br />
Zeit entgeht Momo diesem Schicksal und kann ihre<br />
Freunde aus den Klauen der grauen Herren befreien,<br />
diese sogar vernichten. Und «etwas war etwas anders<br />
geworden als vorher. Alle Leute hatten nämlich plötzlich<br />
unendlich viel Zeit.»<br />
Lebensqualität als Mittelpunkt<br />
Die Erforscher menschlichen Wohlbefindens würden zustimmend<br />
nicken. Mehr Dinge zu haben und die für ihren<br />
Erwerb erforderliche Zeit aufzubringen, führt ab einem<br />
bestimmten Niveau nicht zu einer Erhöhung des seelischen<br />
Wohlstands, zu mehr Glück, lautet das Ergebnis<br />
ihrer Studien. Ökonomen wie Niko Paech, der nach eigenem<br />
Bekunden erst einmal in seinem Leben in einem<br />
Flugzeug unterwegs war, oder der Brite Tim Jackson,<br />
Berater der britischen Regierung und Autor von «Wohlstand<br />
ohne Wachstum», greifen diese Erkenntnis auf<br />
und plädieren für ein Wirtschaftssystem, das nicht<br />
Wachstum in den Mittelpunkt stellt, sondern Lebensqualität.<br />
Zentraler Punkt ist dabei die, wohl berechtigte,<br />
Vermutung, dass grenzenloser Güterkonsum, auf dem<br />
das Wirtschaftswachstumsideal basiert, schon darum<br />
bald nicht mehr möglich sein wird, weil die Erde die Mittel<br />
zu ihrer Produktion nicht mehr hergeben wird. Die Ressourcen<br />
sind erschöpft. «Peak everything» ist in Sichtweite.<br />
Wenn nur Öl wegen seiner Knappheit teurer wird,<br />
dann wird auch alles andere teurer. Lebensmittel, Transporte,<br />
unzählige Produkte, zu deren Herstellung Öl benötigt<br />
wird. Staatlich verordnetes Wachstum wird kaum<br />
noch gegensteuern können.<br />
Wachstumskrise als Chance<br />
Die Krise des Wachstums bietet, wie jede Krise, auch<br />
eine Chance. Menschen können sich von einer Teilhabe<br />
am gesellschaftlichen Leben, die vorwiegend auf Konsum<br />
basiert, hinwenden zu einer, in der der Familie und<br />
den Freunden viel von ihrer Aufmerksamkeit gehört. Aus<br />
«Ich bin Porsche oder Apple oder Nike» wird wieder<br />
«Paul» gewissermassen. Aber geht das denn tatsächlich?<br />
Ist genug wirklich genug? Muss Wirtschaft nicht<br />
Wer weniger hat,<br />
hat an dem Wenigen mehr Freude<br />
Heidemarie Schwermer wollte etwas für andere tun<br />
und entdeckte für sich selbst eine neue Welt. 1994<br />
gründet die ehemalige Grundschullehrerin und<br />
Psychotherapeutin in Dortmund die Tauschbörse<br />
«Gib und Nimm». «Ich wollte ein Gleichgewicht<br />
herstellen», sagt sie. «Wegkommen vom Höher,<br />
Schneller und Weiter der heutigen Gesellschaft».<br />
Als die zarte blonde Frau feststellt, dass sie dank des<br />
Tauschens immer weniger Geld benötigt, beschliesst<br />
sie, ganz ohne Geld zu leben. Sie gibt ihre Arbeit<br />
und ihre Wohnung auf, wohnt bei Freunden, hütet<br />
Häuser, deren Besitzer im Urlaub sind, und tauscht<br />
Dienstleistungen gegen Lebensnotwendiges;<br />
Unkrautjäten für ein Mittagessen, Katzensitten für<br />
eine neue Bluse. «Ich habe gemerkt, dass ein Leben<br />
ohne Geld leichter ist, freier und abenteuerlicher»,<br />
sagt die 69-Jährige. «Ich bin viel unterwegs<br />
und weiss nicht, wo es mich als Nächstes hintreibt».<br />
Ihr Sohn und ihre Tochter hatten anfangs Angst um<br />
die Mutter mit der «fixen» Idee. Heute, 15 Jahre<br />
später, sind sie stolz, dass Heidemarie Schwermer<br />
ihre Träume lebt. Ein völlig geldfreies Leben könne<br />
zwar nicht für alle funktionieren, sagt sie, aber es<br />
würde mit weniger gehen. «Wer weniger hat, hat an<br />
dem Wenigen mehr Freude.» Und wer weniger<br />
damit beschäftigt sei, ständig seinen Reichtum zu<br />
vermehren, habe vor allem eines: Zeit zum Leben.<br />
Und Zeit zu haben ist der grösste Luxus, den sich<br />
Heidemarie Schwermer leistet.<br />
Heidemarie<br />
Schwermer findet<br />
ihr Leben ohne<br />
Geld viel leichter,<br />
freier und<br />
abenteuerlicher.<br />
32 <strong>Weleda</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>Sommer</strong> <strong>2011</strong>
Es ist einfach schön,<br />
jeden Tag zur Arbeit zu gehen<br />
Ernst Kronawitter In einer Bank in Ichenhausen<br />
scheint die Sonne – jeden Tag. Verantwortlich für die<br />
gute Stimmung ist Vorstand Ernst Kronawitter.<br />
Dabei macht der 59-Jährige alles falsch. Jedenfalls in<br />
den Augen vieler seiner Manager-Kollegen. Er zahlt<br />
seinen Angestellten keine Provision, sondern hohe<br />
Fixgehälter, er gibt keine Verkaufsziele vor und bietet<br />
nur Produkte an, die seine Angestellten und Kunden<br />
verstehen. Ohne den ständigen Druck, so ist er<br />
überzeugt, arbeiten seine 45 An gestellten besser<br />
für die Kunden, sind entspannter und beraten sorgfältiger.<br />
Stattdessen hat er die Fixgehälter erhöht.<br />
Die Raiffeisenbank Ichenhausen ist kein Wohlfahrtsinstitut.<br />
Sie muss Gewinne machen. Kronawitter<br />
erwartet für das laufende Jahr ein höheres Betriebsergebnis,<br />
als der Durchschnitt der Raiffeisenbanken<br />
in Deutschland erwirtschaftet. «Wir müssen Geld<br />
verdienen, wir sind ja eine Bank», sagt der Chef. Doch<br />
ihm gehe es nicht darum, «den Gewinn auf Teufel<br />
komm raus zu maximieren.» Ihm ist wichtiger, dass er<br />
zufriedene Gesichter sieht, wenn er seine Mitarbeiter<br />
anschaut. «Die spielen für mich die Hauptrolle.»<br />
Eine davon ist Rosamunde Walder. Sie sagt: «Es ist<br />
einfach schön, jeden Tag zur Arbeit zu gehen.»<br />
Ernst Kronawitter<br />
sieht gerne zufriedene<br />
Gesichter,<br />
wenn er seine Mitarbeiter<br />
anschaut.<br />
schon darum wachsen, damit etwas übrig bleibt für die<br />
von Angela Merkel erwähnten Aufgaben?<br />
Hugoldsdorf ist die kleinste Gemeinde Mecklenburg-Vorpommerns.<br />
Im alten Gutshaus des Ortes bieten<br />
drei Waldorf-Pädagogen jungen Menschen den «Freiraum<br />
Hugoldsdorf». Es geht um Orientierung und die zu<br />
finden in einer Freiheit, die so gross wie möglich ist. Jeder<br />
soll tun können, was er wirklich will, um seine Talente<br />
zu erproben. «Ich will in einer Gesellschaft leben, in der<br />
Menschenwürde nicht nur im Grundgesetz steht, sondern<br />
nachschauen, was das im ganz konkreten täglichen Leben<br />
heisst, die Würde des Einzelnen, die Andersartigkeit des<br />
Einzelnen zu respektieren,» sagte Florian Lück, einer der<br />
Initiatoren des Freiraums, in einem TV-Beitrag. Das Haus<br />
wurde ihnen vom Besitzer Gottfried Stockmar** zur<br />
Verfügung gestellt. Die Finanzierung des Projektes<br />
übernehmen Freunde und Bekannte der drei, die monatlich<br />
kleinere Geldbeträge überweisen. Auch Spenden<br />
sind willkommen. Einnahmen und Ausgaben werden<br />
penibel auf der Website der Initiative mit dem Untertitel<br />
«Arbeit sucht Einkommen» offengelegt. Immer mehr<br />
Jugendliche suchen den «Freiraum» auf, um zu lernen,<br />
was sie wollen. Der «Freiraum Hugoldsdorf» scheint nur<br />
ein Beispiel für das, was wohl kommen wird, wenn Natur<br />
und Erde sagen: «Mehr haben wir nicht.» Damit lässt sich<br />
auf Dauer kein Wachstum mehr machen.<br />
Unser Glück haben wir in der Hand. Eine kleinere,<br />
feine Industrie produziert umweltschonend nachhaltig<br />
nachhaltige Produkte. Solche, die dreissig Jahre halten<br />
anstatt drei, die reparabel sind. Wir verteilen die dazu<br />
notwendige Arbeit auf die Schultern aller. Wir verstärken<br />
die Eigenversorgung, ziehen die Tomaten, reparieren<br />
den defekten Abfluss selber und kaufen gebraucht.<br />
Wir tauschen und handeln lokal. Hirngespinst und<br />
Phantasterei? Wir haben den obersten Strich unseres<br />
Wachstums fast erreicht.<br />
* Niko Paech, Professor für Volkswirtschaft an der<br />
Carl-von-Ossietzky-Universität Oldenburg, im Essay<br />
«Wohlstand und Wachstum».<br />
** Gottfried Stockmar, Heilpädagoge und Dozent,<br />
Begründer einer Stiftung für Freiheitswissenschaft.<br />
34 <strong>Weleda</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>Sommer</strong> <strong>2011</strong>
Foto: Privat<br />
Jens Heisterkamp, geb. 1958,<br />
studierte Literaturwissenschaft und<br />
Geschichte. Er ist Autor und Herausgeber<br />
zahlreicher Bücher, verantwortlicher<br />
Redakteur der Zeitschrift<br />
«info3 – Anthroposophie im Dialog»<br />
und Gründungsmitglied der neuen<br />
Zeitschrift «Wir – Menschen im<br />
Wandel».<br />
Geld neu erfinden<br />
www.wir-menschen-im-wandel.de | Augabe 01 | Juni <strong>2011</strong> | 7,80 €<br />
Menschen im Wandel<br />
Happy Planet<br />
Zwischen Wohlstand<br />
und Wohlbefinden<br />
Gottes Astronom<br />
Wie ein Astrophysiker<br />
Vernunft und<br />
Glauben verbindet<br />
Gute Stimmung<br />
Warum Musik<br />
der Gesundheit dient<br />
Wo der Geist weht<br />
Die neue Denkkultur<br />
setzt auf Schönheit<br />
Die visionären<br />
Vorschläge der<br />
Margrit Kennedy<br />
Wir – Menschen im Wandel<br />
Alle zwei Monate hilfreicher Lesestoff:<br />
die erste Publikumszeitschrift, in der<br />
Themen der Nachhaltigkeit in Wirt-<br />
schaft und Umwelt verbunden mit<br />
Fragen des Bewusstseins und neuen<br />
Denkens Raum haben.<br />
Was denken Sie über …<br />
… Wachstum,<br />
Herr Heisterkamp?<br />
« Die einseitig auf wirtschaftliches Wachstum fixierte Ordnung<br />
der westlichen Welt wirkt zerstörerisch – daran besteht kein Zweifel mehr.<br />
Trotzdem wurde ich neulich skeptisch, als ein Ökologie-Aktivist meinte:<br />
Ein Baum wächst ja auch nicht grenzenlos in den Himmel, sondern bleibt bei<br />
einer bestimmten Höhe stehen. Warum ich da nicht zustimme? Weil Menschen<br />
keine Bäume sind! Unsere Träume und Ziele wachsen durchaus «in<br />
den Himmel», und das ist gut so, denn als Menschen sind wir so frei, dass wir<br />
hier keinen von der Natur vorgegebenen Grenzen gehorchen. Wir können<br />
uns vielmehr selbst die Ziele unserer Entwicklung setzen. Wir müssen dabei<br />
allerdings weit mehr auf die Folgen achtgeben, als dies in der Vergangenheit<br />
geschehen ist: Folgen für unsere Umwelt, für unsere Mitmenschen und<br />
auch für uns selbst. Wir wollen wachsen als Menschen, nicht als Verbraucher<br />
und Verschwender. Deshalb lautet das Zauberwort «inneres Wachstum».<br />
Das bedeutet nicht unbedingt mehr Wohlstand, mehr Macht und mehr Einfluss,<br />
sondern mehr Anteilnahme und Verantwortung.<br />
Im Laufe meiner Biographie stehen meine eigenen Pläne im Vordergrund. Ich<br />
gehe einer Ausbildung und meinem Beruf nach und gestalte mein persönliches<br />
Lebensumfeld nach meinen Idealen. Ich bin für mich selbst verantwortlich.<br />
Mit wachsendem Bewusstsein weitet sich mein Gesichtsfeld: Ich spüre<br />
eine tiefergehende Verbundenheit mit dem, was mich umgibt, fühle mich<br />
von den Problemen unserer Zeit angesprochen, auch wenn ich nicht direkt<br />
persönlich betroffen bin. Zu den Menschen meiner näheren Umgebung tritt<br />
die Sorge um Fragen hinzu, die einen viel weiteren Horizont haben: Kann<br />
ich es mir selbst gutgehen lassen, während es anderen Menschen schlechtgeht?<br />
Kann ich Produkte geniessen, die andere unter schwer erträglichen<br />
Umständen herstellen mussten? Bin ich in Lebensweisen verstrickt, die<br />
unsere Umwelt und den Planeten krank machen?<br />
Menschen sind nicht von Natur aus gleichgültig. Die Fähigkeit der Sorge für<br />
andere ist uns in die Wiege gelegt. Wir können dies erweitern, wenn wir uns<br />
klarmachen, dass wir alle in einem ungetrennten Bewusstsein verbunden<br />
sind. Mit einem weiter werdenden Bewusstsein wächst der Kreis unserer<br />
Anteilnahme im Denken wie im Handeln. Das ist kein moralischer Zwang,<br />
sondern die logische Folge einer inneren Entwicklung. Wir eignen uns dann<br />
auch Sorgen und Probleme an, die nicht im strengen Sinn «die eigenen» sind,<br />
und versuchen, durch unser Verhalten die Umstände zu verbessern: durch<br />
bürgerschaftlichen Einsatz, durch bewusstes Kaufverhalten, durch eine<br />
achtsamere Lebensweise. Um zum Bild des Baums zurückzukehren: Es sind<br />
Jahresringe des inneren Wachstums, die wir um den Kern unserer Persönlichkeit<br />
bilden. Und anders als bei den Bäumen ist diesem Wachstum keine<br />
Grenze gesetzt – es kann schliesslich die ganze Menschheit einschliessen.<br />
35
Entdecken Waldorfschule<br />
Hier wächst<br />
Selbstbewusstsein<br />
Sie wollen später Schauspieler, Polizisten, Gärtner, Eventmanager oder Computerfachleute werden.<br />
Eins wissen sie schon heute: wer sie sind und dass man alles lernen kann. Waldorfschüler gibt es in<br />
65 Ländern der Welt an über tausend Schulen. Zum Beispiel in Elmshorn bei Hamburg.<br />
Text Andrea Freund Fotos Bernd Jonkmanns<br />
36<br />
<strong>Weleda</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>Sommer</strong> <strong>2011</strong>
37<br />
Naomi: Ich gehe gerne zur Schule.
Gartenbau: Auch Jäten muss sein, wissen Antonia und Jule.<br />
Als Anne nach drei Wochen vom Landbaupraktikum<br />
nach Hause kommt, holt sie als Erstes eine<br />
Leiter. Denn da hängt immer noch die Glühbirne, die<br />
schon kaputt war, ehe sie fuhr. «Das war auf dem Demeterhof<br />
in Kiel auch so», erzählt die blonde 15-Jährige.<br />
«Der Traktor wurde gleich repariert, wenn er nicht mehr<br />
lief, sonst gab’s keinen Traktor. Das hab ich wirklich gelernt,<br />
Sachen sofort zu machen.» Die gleichaltrige Clara<br />
fuhr doch nicht nach Hause, als sie anfangs mit dem Bauern<br />
auf «ihrem» Hof aneinandergeriet. «Das hat mir viel<br />
fürs Selbstbewusstsein gebracht, weil ich alles selbst<br />
regeln musste. Und dann war’s noch richtig gut!»<br />
Christian Wittekindt, früher Leiter einer Demeter-<br />
Gärtnerei, unterrichtet Sechst- bis Achtklässler an der<br />
Waldorfschule Elmshorn bei Hamburg in Gartenbau. Sein<br />
Refugium ist der verwunschene Garten hinter der<br />
Schule, mit einem grossen Teich, Kräuter- und Gemüsebeet<br />
und einem kleinen Haus mit rot gestrichener Holzverkleidung,<br />
das auch als Klassenzimmer dient. Draussen<br />
rollen Schüler mit einer Schubkarre schnaufend Erde<br />
heran. Drinnen auf einem Tisch liegen die Berichte der<br />
Neuntklässler über ihr Landbaupraktikum, auf das der<br />
Gartenbaulehrer sie vorbereitet hat: dicke DIN-A4-Kladden<br />
mit Fotos und ehrlichen Worten über Erwartungen,<br />
Enttäuschungen, Erfahrungen und positive Erkenntnisse.<br />
«Für Gartenbaulehrer ist der höchste Feiertag im<br />
Jahr, wenn die Neuntklässler vom Landbaupraktikum zurückkehren»,<br />
sagt Wittekindt, «sie sind dann immer so<br />
gewachsen!» Und haben auch zunächst unangenehme<br />
Erlebnisse – ungewohnt harte Arbeit den ganzen Tag,<br />
Kälte, Konflikte mit anderen Menschen – gut bewältigt.<br />
Die Klassen sind grösser und ruhiger<br />
Zum ersten Mal während der Schulzeit raus aus dem<br />
Klassenverband. Der wird hier bis zur achten Klasse von<br />
einem einzigen Lehrer geführt, was für Schüler Freude<br />
oder Last sein kann. Der Zusammenhalt und das Miteinander<br />
in der Klasse aber werden von vielen Schülern,<br />
auch an anderen Waldorfschulen, immer wieder genannt,<br />
wenn man sie fragt, was ihre Schule besonders macht.<br />
«Die Klassen sind grösser und ruhiger», sagt der zwölf<br />
Jahre alte Janek, während er einen Kürbissamen nach<br />
dem anderen mit dem Zeigefinger in der Erde versenkt.<br />
Viele Schulen in Norddeutschland sind aus rotem<br />
Backstein, nur wenige aber nicht quadratisch, sondern<br />
als Vieleck gebaut. Das ist charakteristisch für Waldorfschulen,<br />
ebenso ein Schulgarten. Nicht ungewöhnlich ist<br />
38 <strong>Weleda</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>Sommer</strong> <strong>2011</strong>
Naturnah: Unterricht im Freien.<br />
auch, dass die 440 Kinder an der Waldorfschule Elmshorn<br />
teilweise mehr als 30 km weit entfernt im Umkreis<br />
wohnen – und dass Eltern Geld und viel Zeit investieren:<br />
Weil die Waldorfschulen in Schleswig-Holstein als freie<br />
Bildungseinrichtungen nur 80 Prozent an Landeszuschüssen<br />
erhalten, sind sie auf monatliche Beiträge angewiesen.<br />
Mütter und Väter arbeiten als Maurer, Dachdecker,<br />
Ärzte, Rechtsanwälte oder auch als Lehrer an<br />
staatlichen Schulen. Mit ihrer Mitarbeit entstand vor 20<br />
Jahren das Hauptgebäude mit Klassenzimmern für Unterstufe<br />
(Grundschule), Mittel- und Oberstufe; später<br />
kamen Speisehaus und Turnhalle hinzu. An Gartenpflegetagen<br />
wie gerade erst im Mai werden nicht nur Büsche<br />
und Hecken auf dem Gelände gestutzt, sondern zum<br />
Beispiel auch Klassenräume neu gestrichen.<br />
Wie immer bis zur neunten Klasse hat dieser Morgen<br />
mit Hauptunterricht begonnen, mit einer sogenannten<br />
Epoche: Fächer wie Deutsch und Mathematik werden<br />
konzentriert am Stück jeweils drei Wochen lang unterrichtet.<br />
Danach ist Zeit zum Verdauen des Gelernten.<br />
Nach den ersten beiden Stunden werden die Klassen<br />
der Mittelstufe gedrittelt. Wer nicht Kürbissamen sät<br />
oder Basilikum umtopft, sitzt am Webstuhl oder Spinnrad<br />
oder bearbeitet Holz beim Werken. Später in der<br />
Schulzeit kommen Plastizieren mit Ton, Kupfertreiben<br />
und Korbflechten hinzu. Es gibt ein Mittel- und ein<br />
Ober stufenorchester.<br />
Die Schule soll nicht «versteinern»<br />
Und dann ist da noch Eurythmie, eine von Rudolf Steiner<br />
entwickelte Tanzkunst, die im Raum verorten soll, was<br />
ältere Schüler oft zeitraubend finden («man macht es<br />
halt») und Sechstklässler wie Janek manchmal komisch.<br />
Seit der Anthroposoph seine Pädagogik entwickelte,<br />
sind fast 100 Jahre vergangen. Damit die Schule nicht<br />
«versteinert», stellt man sich immer wieder infrage – und<br />
hat beschlossen, in Eurythmie neben Bachfugen auch<br />
mal Pop zu spielen. 2005 kam der Hort, weil die Waldorf-<br />
Mutter von heute oft berufstätig ist und manchmal das<br />
Geld für die Familie allein verdient.<br />
39<br />
Plastizieren: schafft Vertrauen in eigene Fähigkeiten.<br />
Ein Beispiel macht Schule<br />
Viel mehr als heisse Luft: Emil Molt stellte in<br />
Stuttgart Rauchwaren her und schuf für die Kinder<br />
seiner Arbeiter eine Betriebsschule, die er von<br />
Rudolf Steiner leiten liess: Damit begründete der<br />
Anthroposoph und Direktor der Waldorf-Astoria-<br />
Zigarettenfabrik 1919 eine Bewegung, die bis heute<br />
mehr als 1000 Waldorfschulen (in der Schweiz:<br />
Rudolf Steiner Schulen) in 65 Ländern hervorgebracht<br />
hat. 225 befinden sich in Deutschland,<br />
wo 82617 Kinder eine Waldorfschule besuchen<br />
(Schweiz: 36 Schulen mit 7000 Schülern).<br />
Seit 1970 hat sich die Gesamtzahl der Waldorfschulen<br />
weltweit nahezu verzehnfacht. Die Schule<br />
beginnt mit der ersten Klasse und ermöglicht<br />
reguläre Abschlüsse bis hin zum Abitur. In Selbst verwaltung<br />
und freier Trägerschaft geführt, sind<br />
Waldorf schulen auf monatliche Beiträge und Mitarbeit<br />
von Eltern angewiesen. Berühmte Absolventen: Automobilbauer<br />
Ferdinand Porsche, Autor Michael Ende,<br />
Regisseur Rainer Werner Fass binder, Köchin Sarah<br />
Wiener, die Schauspielerinnen Jennifer Aniston, Sandra<br />
Bullock, Marie Bäumer und Designer Thomas Maier.
Musik: So macht Persönlichkeitsentwicklung Spass.<br />
Gute Voraussetzungen<br />
für Gesundheit im Leben<br />
Herr Dr. Meinecke, laut einer Studie von 2007 sind<br />
Absolventen der Waldorfschulen im späteren Leben<br />
durchschnittlich gesünder als andere. Beobachten<br />
Sie das auch in Ihrer Praxis? Bei Allergien merken wir<br />
deutlich: Kinder, die auf Waldorfschulen gehen, haben<br />
weniger Asthma, Neurodermitis und Heuschnupfen.<br />
Hinzu kommt, dass ihnen oft mehr Zeit gegeben wird,<br />
etwa fieberhafte Infekte zu durchleben. So trainiert das<br />
Immunsystem, was inzwischen wissenschaftlicher Konsens<br />
ist. Aus Langzeitstudien wissen wir, dass solche<br />
Kinder später weniger häufig zu Allergien und wohl auch<br />
Angststörungen neigen oder an Krebs erkranken. Generell<br />
kann ich sagen, dass Kinder aus Waldorfschulen als<br />
Persönlichkeit oft stabiler wirken.<br />
Welche Rolle spielt es, dass Waldorfschulen sich um<br />
starke Bindungen zu Lehrern und zwischen Kindern<br />
bemühen? Wo dies gelingt, gibt es eine Grundhaltung<br />
der Toleranz – ich bin okay, du bist okay, der andere wird<br />
nicht als Bedrohung empfunden, auch wenn er eine andere<br />
Meinung hat. Das ist bedeutsam für die seelische<br />
Entwicklung und wirkt bis in die körperliche Gesundheit<br />
hinein.<br />
Erst von der Pubertät an wird in Waldorfschulen verstärkt<br />
intellektuell gelernt. Es ist wichtig, zunächst die<br />
Gefühlskompetenz auszubilden und nicht zu früh die Urteilskraft<br />
und das Verstehen, warum die Welt ist, wie sie<br />
ist. Das kann zulasten der Lebenskräfte gehen. Generell<br />
brauchen Kinder das Gefühl, sie treten im Unterricht in<br />
Beziehung zum Lernstoff, dass er etwas mit ihnen zu tun<br />
hat. So wird Lernbegeisterung erhalten und gefördert.<br />
Dr. med. Christoph Meinecke, Facharzt<br />
für Kinder- und Jugendmedizin mit<br />
Schwerpunkt Anthroposophische Medizin<br />
und Psychotherapeut, Berlin<br />
Braucht man Korbflechten und Spinnen heute noch?<br />
Bleibt genug Zeit für Fächer wie Naturwissenschaften?<br />
Bereitet eine solche Schule genug auf das Leben im 21.<br />
Jahrhundert vor? «Das tut sie gerade, indem Kinder lernen,<br />
ihre gesamte Persönlichkeit auch über das Künstlerisch-Musische<br />
zu entfalten und sich in ihrem Tempo zu<br />
entwickeln», sagt Geschäftsführer Nils Holthusen. «Wir<br />
möchten, dass Kinder bleiben, was sie sind: Individuen –<br />
und dabei doch Teil einer Gemeinschaft.» Der Hamburger<br />
IT-Berater Gerhard Schmid hat als Kind die erste Waldorfschule<br />
in Kanada und später eine in Freiburg besucht.<br />
«Rückblickend ging es gar nicht so sehr um das einzelne<br />
Handwerk», sagt der 51-Jährige, «man nimmt aber den<br />
Eindruck mit, dass man sich mit seinen eigenen Händen<br />
helfen kann und dass es nichts gibt, was man nicht lernen<br />
könnte.»<br />
Langfristig zu denken ist wichtiger als kurzfristig,<br />
Prozessen Zeit zu lassen entscheidender, als schneller<br />
Ergebnisse zu erzielen. Bis zur Pubertät wird den Kindern<br />
Raum gegeben, sich selbst zu festigen und die Beziehungen<br />
zu ihrer Umwelt. Erst danach wird mehr Wert<br />
gelegt auf das Ausbilden des eigenen Urteilsvermögens.<br />
«Bei uns wird altersgerechter gelernt; in anderen Schulen<br />
müssen die Kleinen im Prinzip mit sechs genauso viel<br />
lernen wie mit 17», erklärt Glenn. Und fügt hinzu: «Wir<br />
lernen vielleicht in der Unterstufe nicht ganz so viel und<br />
nicht ganz so schnell wie an anderen Schulen, aber ich<br />
habe den Eindruck, wir wissen mehr, wer wir sind. Allerdings<br />
zieht’s dann in der Oberstufe echt an», sagt Glenn,<br />
und auch die anderen Neuntklässler ächzen, wie viel<br />
härter der Schulalltag wurde. Eine spürbare Umstellung,<br />
die sich aber bewährt hat: 80 Prozent der Schüler an der<br />
Waldorfschule Elmshorn (und sie sind seit der 1. Klasse<br />
zusammen) legen das Abitur ab; in diesem Jahr 33 von 36<br />
jungen Erwachsenen, ein neuer Rekord.<br />
Vor allem der praktizierte Gemeinschaftsgeist<br />
kommt den Absolventen später zugute. Ihre soziale<br />
Kompetenz fällt gerade bei einstellenden Unternehmen<br />
positiv auf, denen Nachhaltigkeit und «Corporate Social<br />
Responsibility» wichtig sind. Genauso die Fähigkeit, sich<br />
selbstbewusst zu präsentieren: Wer von der ersten<br />
Klasse an gewöhnt ist, im schuleigenen Saalbau regelmässig<br />
vor 400 Leuten aufzutreten, kann später auch<br />
Einstellungsgespräche gut bewältigen.<br />
Mehr: www.steinerschule.ch<br />
onlinespezial video<br />
Einen Film und den vollständigen Text zur Waldorfschule<br />
in der deutschen Online-Ausgabe. www.weleda.de<br />
40 <strong>Weleda</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>Sommer</strong> <strong>2011</strong>
Staunen Geschichten für Kinder<br />
Das Mittsommerfest<br />
Text Ralf Lilienthal Illustrationen Elena Conti-Wiesinger<br />
Was machst du denn noch?»<br />
Als<br />
Ritter Kamille wollte gerade die Wurzelburg verlassen<br />
und trat aufgeregt von einem Bein auf das andere.<br />
Doch Prinzessin Calendula liess sich nicht aus der Ruhe<br />
bringen.<br />
«Ich habe meinen Schal vergessen und werde ihn holen.»<br />
«Beeil dich, es ist gleich dunkel. Es gibt nur ein Mittsommerfest<br />
im Jahr, und ich will nichts verpassen!»<br />
Dann endlich – während am Horizont der letzte rote<br />
Streif der untergegangenen Sonne verglomm, hakte<br />
sich die Prinzessin bei ihrem Ritter ein und schritt an<br />
seiner Seite munter drauflos.<br />
Kamille war noch immer zappelig.<br />
«Hast du den Schlehdornsirup?»<br />
Prinzessin Calendula zeigte auf den Korb an ihrem Arm.<br />
«Da drin!»<br />
«Früchtebrot?»<br />
«Auch da drin.»<br />
«Erdbeerpüree? Honig? Kandierte Veilchen?»<br />
Calendula nickte dreimal und schmunzelte über das aufgeregte<br />
Kerlchen.<br />
«Und du, hast du nichts vergessen?»<br />
Ritter Kamille klopfte auf seinen ledernen Umhängebeutel.<br />
«Flöte, Trommel und Rassel – alles da, um zum<br />
Tanze aufzuspielen!»<br />
«Und das Geschenk für die Mittsommer-Königin?»<br />
Ritter Kamille warf sich in die Brust. «In meinem Wams.<br />
Da!»<br />
Vorsichtig zog er ein feines, mit Birkenrindenstreifen<br />
umwickeltes Samtbündel hervor und legte es in seine<br />
zur Schale geformten Hände. Eine zierliche Kette lag<br />
darin, mit einem mondweissen Anhänger, der blinkte<br />
und funkelte wie die Sterne am Himmel.<br />
«Die schönste Flussperle, die ich je gefunden habe!»<br />
«Pack sie nur wieder in dein Wams.»<br />
Dann gingen sie schweigend weiter. Doch der Ritter<br />
konnte nicht lange still sein, stöhnte immerzu «Ach»<br />
und «Herrje» und wäre am liebsten der Prinzessin<br />
vorausgeeilt. Da kam ihm Freund Eichhorn gerade<br />
recht! Der jagte in weiten Sprüngen auf Calendula<br />
und Kamille zu, begrüsste sie herzlich und erbot sich,<br />
die Freunde auf seinem Rücken reiten zu lassen. Das<br />
liess sich Kamille nicht zweimal sagen. Im Nu sass er<br />
auf und sah Calendula erwartungsvoll an.<br />
41<br />
die drei Freunde wenig später den Festplatz erreichten,<br />
waren dort bereits viele Tiere angekommen.<br />
Gerade als sie nach dem Mittsommer-Königspaar Ausschau<br />
hielten, erstarrte der Ritter und sah Calendula<br />
erschrocken an.<br />
«Das Geschenk ist weg – es muss mir beim Ritt aus dem<br />
Wams gefallen sein!»<br />
Inzwischen war es so dunkel, dass man kaum die Hand<br />
vor Augen sah.<br />
«Wir brauchen Licht, und ich weiss, wer uns helfen kann!<br />
Dürfen wir noch einmal?»<br />
Die Frage galt Freund Eichhorn. Auf seinem Rücken<br />
steuerte Calendula auf einige Käfer zu, die sich im<br />
feuchten Grund einer Salweide niedergelassen hatten.<br />
«Verzeiht, ihr Herren, wir brauchen eure Hilfe.»<br />
Sie nickten. Dann – ein Klackern vieler Flügelpaare, ein<br />
Surren, ein Rauschen, und im nächsten Augenblick<br />
wurde es hell! Fünf leuchtende Glühwürmchen stiegen<br />
in die Luft und leuchteten dem vorwärts eilenden Eichhorn<br />
und seinen beiden Reitern den Weg.<br />
«Da!» Kaum hatte der Ritter das verloren gegangene<br />
Bündel gesehen, war er abgesprungen, um es in seinen<br />
Händen zu bergen, während über ihm die Leuchtkäfer<br />
kreisten.<br />
«Vielen Dank, ihr Herren!» Calendula winkte zu den<br />
Glühwürmchen hinauf. «Was hätten wir ohne euch<br />
gemacht? Nun kann das Mittsommerfest beginnen!»
Nachhaltigkeits-Wettbewerb:<br />
die Sieger<br />
Die Sieger haben mit<br />
Mut und Initiative<br />
eine Pioniertat vollbracht:<br />
Eigentümer<br />
auf dem Dach des<br />
Null-Heizenergie-<br />
Wohnhauses in<br />
Illnau.<br />
Mitmachen Wettbewerb<br />
Sie erinnern sich? In der Frühlingsausgabe des <strong>Weleda</strong> <strong>Magazin</strong>s haben<br />
wir unsere Leserinnen und Leser um die Einsendung von Bildern ihrer<br />
Nachhaltigkeits-Aktionen gebeten. Aus der Vielzahl der Einsendungen fiel<br />
unsere Wahl auf das erste Null-Heizenergie-Wohnhaus in Europa. Die<br />
Kollektoren auf dem Dach drehen und kippen sich automatisch, um eine<br />
optimale «Ernte» der Energie zu garantieren.<br />
Diese ökologische Meisterleistung basiert auf der privaten Initiative<br />
von 6 Eigentümerfamilien. Es ist gelungen, die gesamte Energieversorgung<br />
auf dem eigenen Grundstück zu produzieren. Alle Investitionen und<br />
weiteren Massnahmen zur Wärmedämmung haben sich schon ab dem ersten<br />
Betriebstag gelohnt.<br />
Wir gratulieren Frau Ute Rähmi und ihren Mitbewohnerinnen und Mitbewohnern<br />
in Illnau herzlich zum ersten Preis und zu ihrem Mut, mit viel<br />
Eigeninitiative eine nachhaltige Energiezukunft zu gestalten. Alle Gewinner<br />
werden schriftlich von <strong>Weleda</strong> benachrichtigt.<br />
Impressum<br />
Herausgeber<br />
<strong>Weleda</strong> AG<br />
Dychweg 14<br />
CH-4144 Arlesheim<br />
Tel. 061 705 21 21<br />
www.weleda.ch<br />
Adressänderungen<br />
ethommen@weleda.ch<br />
Leitung Corporate Publishing<br />
Christoph Möldner<br />
Chefredaktion<br />
Ingrid Reissner<br />
Michael Leuenberger<br />
(Ausgabe Schweiz)<br />
Redaktion<br />
Kristina Hartmann,<br />
Joachim Pfitzer,<br />
Sophia Pirsch,<br />
Susanne Siebel<br />
Art-Direktion und Grafik<br />
Katja Kleinebrecht,<br />
Inka Schnettler<br />
Koordination<br />
Jessica Köhler<br />
Artikelnummer<br />
00086011<br />
Litho<br />
Digitalprint GmbH<br />
Druck<br />
Media Impression/<br />
Mohn media<br />
Das Papier des <strong>Weleda</strong> <strong>Magazin</strong>s<br />
ist mit dem Umweltzeichen<br />
Blauer Engel zertifiziert worden.<br />
Das Gütezeichen erhalten<br />
nur besonders umwelt verträgliche<br />
Produkte. Das Papier ist zu 100<br />
Prozent aus Altpapier hergestellt.<br />
42 <strong>Weleda</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>Sommer</strong> <strong>2011</strong><br />
Fotos: Ute Rähmi; Bernd Jonkmanns
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