das magazin von Schwarzenburg | no 5 | mai 2012
das magazin von Schwarzenburg | no 5 | mai 2012
das magazin von Schwarzenburg | no 5 | mai 2012
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Kirchgemeinde<br />
inFOrmatiOnen der eVangeliSchreFOrmierten<br />
Kirchgemeinde<br />
SchwarZenBurg<br />
am pulS der Zeit<br />
– impulS<br />
gottes dienst als wellness<br />
Liebe Leserin, lieber Leser<br />
Wer dient eigentlich wem im Gottesdienst<br />
?<br />
«Nun jauchzt dem Herren alle Welt,<br />
kommt her zu seinem Dienst euch<br />
stellt...» (Reformiertes Gesangbuch Nr.<br />
57) und viele andere Psalmen sagen es<br />
doch deutlich: im Gottesdienst dienen<br />
wir Gott.<br />
Das ist wohl auch <strong>das</strong>, was jeder und<br />
jedem Teilnehmenden kirchlicher Unterweisung<br />
zumindest meiner Generation<br />
in Fleisch und Blut übergegangen ist:<br />
Der Gottesdienst ist eine Pflicht, wenn<br />
nicht sogar eine Pflichtübung. Was<br />
Wunder, wenn man ihm fernbleibt,<br />
wenn man ihn nicht mehr besuchen<br />
muss.<br />
Ist <strong>das</strong> aber so gemeint ? Haben wir ei-<br />
16 <strong>das</strong> <strong>magazin</strong> <strong>von</strong> <strong>Schwarzenburg</strong> | <strong>no</strong> <strong>das</strong> <strong>magazin</strong> <strong>von</strong> <strong>Schwarzenburg</strong> | n 5 | <strong>mai</strong> <strong>2012</strong><br />
o 5 | <strong>mai</strong> <strong>2012</strong><br />
nen Gott, dem man in Versammlungen<br />
huldigen, den man vielleicht sogar besänftigen<br />
muss ?<br />
Der Satz «Barmherzigkeit will ich, nicht<br />
Opfer» zieht sich durchs ganze alte Testament.<br />
«Brüder, weil Gott so viel Erbarmen mit<br />
uns hatte, rufe ich euch zu: Stellt euer<br />
ganzes Leben Gott zur Verfügung. Bringt<br />
ihm euch selbst als lebendiges Opfer dar,<br />
an dem er Freude hat. Das sei euer vernünftiger<br />
Gottesdienst» schreibt Paulus<br />
im Römerbrief (Röm. 12.1).<br />
Dieser etwas schwer zu übersetzende<br />
und zu verstehende Satz meint nach<br />
weit verbreiteter überzeugung: Ihr dient<br />
Gott nicht im Gottesdienst, sondern mit<br />
eurem Leben, in eurem Alltag.<br />
Also wieder: Wir haben nicht einen Gott,<br />
der in Versammlungen verehrt werden<br />
will, sondern einen Gott der uns liebt<br />
und will, <strong>das</strong>s wir einander lieben.<br />
Woher bekommen wir die Kraft dazu?<br />
Gott schenkt uns Menschen, die uns einen<br />
Schritt voraus sind und die uns guttun<br />
auf unserm alltäglichen Lebensweg<br />
und Gott dient uns im Gottesdienst. Gottesdienst<br />
ist auftanken, Wellness für die<br />
Seele.<br />
Eben nicht «Seelenmassage», bei der unnötig<br />
auf etwas herumgeritten und ausgequetscht<br />
wird, sondern die Seele wird<br />
angerührt und in wohl tuende Schwingung<br />
versetzt. Es gehört durchaus dazu,<br />
<strong>das</strong>s ich mich hier und dort ertappt fühle<br />
und an der Nase nehmen muss, <strong>das</strong>s es<br />
mir weh tut; aber was kann mir besseres<br />
passieren, als <strong>das</strong>s mir jemand in Liebe<br />
die Wahrheit sagt? Vor allem aber fühle<br />
ich mich verteidigt, entlastet und inspiriert.<br />
Ich geniesse in wunderbaren Räumen,<br />
die liebevoll mit Blumen geschmückt<br />
sind bei grossartiger Musik<br />
bewegende Momente und tragende Gemeinschaft,<br />
und <strong>das</strong> alles gratis. Das ist<br />
nicht immer so, aber oft.<br />
Ein Gottesdienst ganz am Anfang meiner<br />
theologischen Ausbildung bleibt mir<br />
in besonderer Erinnerung. Eine Musik-<br />
editorial | Schwerpunkt | gemeinde | Kirchgemeinde | aktuell<br />
gruppe aus Guatemala spielte. Hinter<br />
ihnen hingen die Fotos <strong>von</strong> etwa 40 ihrer<br />
Verwandten und Bekannten, die ermordet<br />
worden waren – immer bei strafloser<br />
Täterschaft. Ein Pantomime<br />
animierte uns zu einem befreienden und<br />
versöhnenden Tanz. Da lag Solidarität<br />
in der Luft – und die Gewissheit: bei aller<br />
Wut und Verzweiflung trotzdem nicht<br />
zurückschlagen, sondern friedlich aber<br />
hartnäckig für den Frieden kämpfen.<br />
Als Mitarbeitende helfen wir Gott unseren<br />
Mitmenschen zu dienen.<br />
Ich stelle mir vor, die christliche Woche<br />
beginnt mit dem Sonntag: Zuerst <strong>das</strong><br />
Vergnügen, dann die Arbeit.<br />
Zum Schluss zwei geschichten:<br />
Ein Atheist wird gefragt: Man sieht dich<br />
hie und da im Gottesdienst, wie kommt<br />
<strong>das</strong>? Du glaubst ja nicht an Gott. Er antwortet:<br />
Ja, ich glaube nicht an Gott, aber<br />
es könnte ja sein, <strong>das</strong>s ich mich irre.<br />
Ein «Gläubiger» und ein «Ungläubiger»<br />
machen eine Wette: Wenn du ein Jahr<br />
regelmässig in den Gottesdienst gehst,<br />
wirst du den Glauben finden, sagt der<br />
«Gläubige». Nach einem Jahr treffen sie<br />
sich wieder. Du hast verloren, sagt der<br />
«Ungläubige»: Ich habe den Glauben<br />
nicht gefunden – aber den Gottesdienst<br />
möchte ich nicht mehr missen.<br />
Ich wünsche Ihnen viel Wellness.<br />
hans-christoph Jost