Die Geschichte der Christuskirche - ev-kirche-andernach.de
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<strong>ev</strong>angelische<br />
<strong>kirche</strong>ngemein<strong>de</strong><br />
an<strong><strong>de</strong>r</strong>nach<br />
Turm <strong><strong>de</strong>r</strong> Kreuz<strong>kirche</strong> Portal <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Christus<strong>kirche</strong></strong><br />
gemein<strong>de</strong>brief Son<strong><strong>de</strong>r</strong>ausgabe I / 2011<br />
<strong>Die</strong> Kirche <strong><strong>de</strong>r</strong> Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen<br />
Zur <strong>Geschichte</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> heutigen „<strong>Christus<strong>kirche</strong></strong>“ in An<strong><strong>de</strong>r</strong>nach
Inhaltsverzeichnis:<br />
Ein persönliches Vorwort S. 3 - 4<br />
<strong>Die</strong> Kirche <strong><strong>de</strong>r</strong> Ja-Sager S. 5 - 7<br />
<strong>Die</strong> Kirche <strong><strong>de</strong>r</strong> Baumeister und Künstler S. 7 - 11<br />
<strong>Die</strong> Kirche <strong><strong>de</strong>r</strong> Seelsorger S. 11 - 14<br />
<strong>Die</strong> Kirche <strong><strong>de</strong>r</strong> Bettler S. 15 - 19<br />
<strong>Die</strong> Kirche <strong><strong>de</strong>r</strong> Wun<strong><strong>de</strong>r</strong> und Gespenster S. 19 - 22<br />
<strong>Die</strong> Kirche <strong><strong>de</strong>r</strong> Protestanten (Teil I) S. 23 - 27<br />
<strong>Die</strong> Kirche <strong><strong>de</strong>r</strong> Protestanten (Teil II)<br />
Anhang:<br />
Persönliche Gedanken von Dechant und Pastor<br />
S. 27 - 32<br />
Lutz Schultz<br />
2<br />
S. 33<br />
Spen<strong>de</strong>n erwünscht S. 34<br />
Quellenangabe / Impressum S. 35<br />
Zeittabelle S. 36
Ein persönliches Vorwort o<strong><strong>de</strong>r</strong> von <strong><strong>de</strong>r</strong> Kirche<br />
Gegensätze zur Kirche <strong><strong>de</strong>r</strong> Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen<br />
3<br />
Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich im Jahre 1992 als<br />
wer<strong>de</strong>n<strong><strong>de</strong>r</strong> Vikar <strong><strong>de</strong>r</strong> Evangelischen Kirchengemein<strong>de</strong> An<strong><strong>de</strong>r</strong>nach unsere<br />
<strong>Christus<strong>kirche</strong></strong> zum ersten Mal betrat.<br />
Ich war beeindruckt von <strong>de</strong>m Alter, <strong><strong>de</strong>r</strong> Größe und <strong><strong>de</strong>r</strong> „grandiosen<br />
Schlichtheit“ dieser Kirche.<br />
Dann fiel mein Blick auf die Wandbehänge, die von Schülern unseres<br />
ehemaligen Presbyters, Kunstlehrers und Künstlers Joachim Rö<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
gestaltet und 1985 in <strong><strong>de</strong>r</strong> Kirche aufgehängt wor<strong>de</strong>n waren und ich bekam<br />
richtig Lust auf meine Zeit als Vikar in An<strong><strong>de</strong>r</strong>nach.<br />
Eine Gemein<strong>de</strong>, die einen solchen Gegensatz zwischen <strong>de</strong>n bunten<br />
Wandbehängen und <strong><strong>de</strong>r</strong> sonstigen bewussten Schlichtheit an ihrer<br />
Predigtstätte zulässt, war für mich interessant, obwohl ich damals noch<br />
kein einziges Gemein<strong>de</strong>mitglied persönlich kennengelernt hatte. Denn für<br />
mich zeigte dies eine gewisse Vielfältigkeit und Buntheit <strong>de</strong>s<br />
Gemein<strong>de</strong>lebens.<br />
Heute weiß ich, dass dieser Gegensatz auch immer wie<strong><strong>de</strong>r</strong> in unserer<br />
Gemein<strong>de</strong> zu Wi<strong><strong>de</strong>r</strong>sprüchen führte und führt.<br />
Und heute nach einer längeren Beschäftigung mit <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Geschichte</strong><br />
„unserer“ Franziskaner<strong>kirche</strong> in An<strong><strong>de</strong>r</strong>nach weiß ich, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> damals von<br />
mir als so befreiend empfun<strong>de</strong>ne Gegensatz tiefer geht.<br />
Letztlich erinnern uns nämlich die bunten Wandbehänge an eine Zeit als<br />
unsere Kirche noch „Nikolaus<strong>kirche</strong>“ hieß und im Innenraum bunt bemalt<br />
von bunten Glasfenstern in ein mystisches Licht getaucht wur<strong>de</strong>n.<br />
Insofern ist die „grandiose Schlichtheit“, in <strong><strong>de</strong>r</strong> sich unsere <strong>Christus<strong>kirche</strong></strong><br />
heute zeigt, im Grun<strong>de</strong> mo<strong><strong>de</strong>r</strong>ner ist als die scheinbar so mo<strong><strong>de</strong>r</strong>nen<br />
Wandbehänge.<br />
Denn diese farbliche Schlichtheit ist eine ganz entschei<strong>de</strong>n<strong><strong>de</strong>r</strong> Teil <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
protestantischen Aneignung dieser Kirche und wur<strong>de</strong> daher von <strong>de</strong>n<br />
jeweiligen Presbyterien bei je<strong><strong>de</strong>r</strong> anstehen<strong>de</strong>n Innenrenovierung immer<br />
wie<strong><strong>de</strong>r</strong> bestätigt – und das allen Anfragen <strong>de</strong>s Denkmalschutzes zum<br />
trotz. Und warum auch nicht ? Auch 157 Jahre <strong>ev</strong>angelische Stadt<strong>kirche</strong><br />
in An<strong><strong>de</strong>r</strong>nach haben ja ihr historisches Recht zumal die Ausmalung im<br />
Mittelalter ja auch nicht für alle Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>te gleichbleibend war.
4<br />
Trotz<strong>de</strong>m sei dies all jenen gegenüber einmal erwähnt, die im<br />
Armutsor<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Franziskaner eine Art „vorreformatorische“ Bewegung<br />
sehen und daher eine Art durchgehen<strong>de</strong> Linie vom Bau <strong><strong>de</strong>r</strong> Kirche bis zu<br />
ihrer heutigen <strong>ev</strong>angelischen Nutzung zeichnen wollen:<br />
<strong>Die</strong> franziskanische „Nikolaus<strong>kirche</strong>“ war eben nicht nur von innen bunt.<br />
Sie war mit ihrer Nutzung an verschie<strong>de</strong>nen Altären nicht nur für an<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />
Gottesdienste gebaut als wir sie Sonntag für Sonntag in ihr feiern, sie war<br />
auch Heimat einer intensiven Reliquienverehrung und Marienfrömmigkeit,<br />
ja mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Herausgabe <strong>de</strong>s An<strong><strong>de</strong>r</strong>nacher Gesangbuches sogar zeitweilig<br />
ein Ort <strong><strong>de</strong>r</strong> „Gegenreformation“.<br />
Aber wie etwa das Lied „Es kommt ein Schiff gela<strong>de</strong>n“ aus <strong>de</strong>m<br />
An<strong><strong>de</strong>r</strong>nacher Gesangbuch mittlerweile fester Bestandteil unseres<br />
Evangelischen Gesangbuches gewor<strong>de</strong>n ist – und das nicht nur in<br />
An<strong><strong>de</strong>r</strong>nach - so ist die alte Franziskaner<strong>kirche</strong> in An<strong><strong>de</strong>r</strong>nach nun Teil<br />
unserer Evangelischen Kirchengemein<strong>de</strong>.<br />
Sie ist damit ganz grundlegend – um <strong>de</strong>n Begriff meines römischkatholischen<br />
Kollegen und Dechanten Lutz Schultz zu zitieren –<br />
„ökumenischer Lernort“ und dies nicht nur bei ökumenischen<br />
Gottesdiensten son<strong><strong>de</strong>r</strong>n einfach, weil sie uns durch ihre Bauart und ihre<br />
<strong>Geschichte</strong> dazu herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>t – und dies gleichsam bei je<strong>de</strong>m<br />
Gottesdienst, <strong>de</strong>n wir in ihm feiern.<br />
Mit diesem kleinen Heft – zusammengestellt aus Artikeln, die ich für<br />
unseren Gemein<strong>de</strong>brief seit 2010 geschrieben habe, möchte ich Sie<br />
einla<strong>de</strong>n zu einem kleinen Streifzug durch die <strong>Geschichte</strong> dieses<br />
Bauwerkes und <strong><strong>de</strong>r</strong> Menschen, die in ihm beteten, Gott lobten und ihren<br />
<strong>Die</strong>nst taten – damals wie heute.<br />
Auch wenn ich mich bemüht habe, die mir zur Verfügung stehen<strong>de</strong>n<br />
Quellen möglichst redlich zu nutzen, so beanspruchen die hier<br />
veröffentlichten Artikel keine wissenschaftliche<br />
Genauigkeit. Vielmehr sollen sie Lust machen. Lust,<br />
sich die <strong>Geschichte</strong> dieses Ortes und damit zu einem<br />
nicht geringen Teil unserer Stadtgeschichte, die mit<br />
ihm verwoben ist, einmal näher anzuschauen.<br />
Dazu wünscht Ihnen viel Freu<strong>de</strong><br />
Ihr Pfarrer<br />
im März 2011
<strong>Die</strong> Kirche <strong><strong>de</strong>r</strong> „Ja-Sager“<br />
Eine kleine <strong>Geschichte</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Christus<strong>kirche</strong></strong> (Teil I)<br />
5<br />
Es ist eine zierliche Handschrift, in <strong><strong>de</strong>r</strong> wir<br />
etwas über <strong>de</strong>n Beginn <strong>de</strong>s<br />
Minoritenklosters in An<strong><strong>de</strong>r</strong>nach erfahren.<br />
Und wir wissen sogar zu wem diese<br />
Handschrift gehörte: nämlich zu Pater<br />
Andreas Doltzenberg, <strong><strong>de</strong>r</strong> die erste<br />
<strong>Geschichte</strong> <strong>de</strong>s Klosters von seiner<br />
wahrscheinlichen Gründung im Jahr 1244<br />
bis in das Jahr 1501 schrieb. Er begann<br />
im Auftrag seines Or<strong>de</strong>nsoberen im Jahr<br />
1650 damit, die Archive <strong>de</strong>s Klosters zu<br />
sichten und seine „Annalen“ zu schreiben.<br />
Jedoch starb er bereits 1656 nach<br />
längerer Krankheit in Köln. Sein<br />
Nachfolger als Verfasser <strong><strong>de</strong>r</strong> Chronologie<br />
wur<strong>de</strong> Adam Bürvenich, <strong><strong>de</strong>r</strong> die Zeit bis 1667 beschrieb.<br />
Ich möchte die geneigte Leserin, <strong>de</strong>n geneigten Leser hier nicht mit einer<br />
ausführlichen Quellenkun<strong>de</strong> zum Minoritenkloster in An<strong><strong>de</strong>r</strong>nach<br />
langweilen, obwohl dies selbst wahrscheinlich auch eine spannen<strong>de</strong><br />
Angelegenheit wäre. Eine <strong>Geschichte</strong> von versuchter mutwilliger<br />
Zerstörung, manchem Verlust und mancher glücklicher Bewahrung. Mir<br />
geht es vielmehr darum zu zeigen, dass wir durchaus Namen und Details<br />
aus <strong>de</strong>m Leben <strong><strong>de</strong>r</strong> Männer kennen, die unsere heutige <strong>Christus<strong>kirche</strong></strong> mit<br />
ihren Gebeten und ihrem Gesang zum Lob Gottes erfüllt haben.<br />
Sie sind Teil unserer Stadtgeschichte gewesen, z.B. dadurch, dass die<br />
Mönche <strong>de</strong>s Minoritenor<strong>de</strong>ns immer wie<strong><strong>de</strong>r</strong> zum Vorstand, <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
genossenschaftlich organisierten „Nachbarschaften“ hier in An<strong><strong>de</strong>r</strong>nach<br />
gehörten, die wie<strong><strong>de</strong>r</strong>um ihre Gottesdienste gerne in <strong><strong>de</strong>r</strong> Kirche <strong>de</strong>s<br />
Minoritenklosters feierten.<br />
Der Versuch dieser Reihe soll es sein, die Menschen, die vor uns unsere<br />
heutige „<strong>Christus<strong>kirche</strong></strong>“, die ursprünglich einmal <strong>de</strong>m „Hl. Nikolaus“<br />
geweiht war, nutzten, wie<strong><strong>de</strong>r</strong> ein wenig in unser Gedächtnis<br />
zurückzuholen.
6<br />
Dass ich dabei – schon allein aus Zeitgrün<strong>de</strong>n – keine eigenen<br />
Forschungen anstrengen kann, versteht sich von selbst. So beziehe ich<br />
mich in Bezug auf die Franziskanerzeit im Wesentlichen auf das sehr<br />
genau recherchierte Buch von Dr. Franz Jacobi (Pfarrer in Hangelar) „Das<br />
Franziskanerkloster in An<strong><strong>de</strong>r</strong>nach“ aus <strong>de</strong>m Jahre 1936, das mir ein<br />
Goldkonfirmand im letzten Jahr anlässlich seiner gol<strong>de</strong>nen Konfirmation<br />
zum Geschenk gemacht hat. Ihm sei hiermit noch einmal – auch im<br />
Namen unserer Gemein<strong>de</strong> – herzlich gedankt.<br />
Aber b<strong>ev</strong>or wir gemeinsam in die <strong>Geschichte</strong> dieser Menschen einsteigen,<br />
möchte ich eine kleine Anekdote erzählen, die ich in <strong>de</strong>m oben genannten<br />
Buch gefun<strong>de</strong>n habe.<br />
Kurz nach<strong>de</strong>m <strong><strong>de</strong>r</strong> von Franziskus von Assisi gegrün<strong>de</strong>te Or<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Min<strong><strong>de</strong>r</strong>en Brü<strong><strong>de</strong>r</strong> 1210 vom Papst anerkannt wor<strong>de</strong>n war, versuchten die<br />
Franziskaner 1219 auch in Deutschland Fuß zu fassen. Über diesen<br />
ersten Versuch berichtet die Chronik <strong>de</strong>s Jordanus a Yanu:<br />
„Nach Deutschland (Theutonicam) wur<strong>de</strong>n gesandt Johannes von Parma<br />
mit ungefähr 60 Brü<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Da diese nun unkundig <strong><strong>de</strong>r</strong> Sprache, nach<br />
Deutschland kamen und gefragt wur<strong>de</strong>n, ob sie beherbergt, beköstigt sein<br />
wollten und <strong><strong>de</strong>r</strong>gleichen, antworteten sie „ja“, das einzige Wort, das sie<br />
kannten, und so wur<strong>de</strong>n sie gut aufgenommen. Und da sie sahen, dass<br />
sie durch dies eine Wörtchen „ja“ human behan<strong>de</strong>lt wur<strong>de</strong>n, entschlossen<br />
sie sich, auf jegliche Frage mit ja zu antworten.<br />
Nun geschah es, dass sie auch gefragt wur<strong>de</strong>n, ob sie Häretiker (Ketzer,<br />
Falschgläubige) seien und Deutschland anstecken wollten, wie sie es mit<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Lombar<strong>de</strong>i gemacht hätten. Und da sie auch hierauf<br />
mit ja antworteten, wur<strong>de</strong>n einige aus ihnen gar übel<br />
geschlagen, an<strong><strong>de</strong>r</strong>e eingekerkert, an<strong><strong>de</strong>r</strong>e entklei<strong>de</strong>t zur<br />
Belustigung <strong><strong>de</strong>r</strong> Leute herumgeführt. Da die Brü<strong><strong>de</strong>r</strong> also<br />
sahen, dass sie in Deutschland keine Frucht ernten<br />
konnten, kehrten sie nach Italien zurück. Seit<strong>de</strong>m galt<br />
Deutschland bei <strong>de</strong>n Brü<strong><strong>de</strong>r</strong>n als ein so wil<strong>de</strong>s Land,<br />
dass sich nur die dorthin wagten, welche sich nach <strong>de</strong>m<br />
Martyrium sehnten.“<br />
Wie es nun dazu kam, dass diese zwar gottesfürchtigen<br />
aber etwas „min<strong><strong>de</strong>r</strong>“ vorbereiteten Menschen, dann doch
7<br />
in Deutschland ihre Verkündigung <strong>de</strong>s Evangeliums aufnahmen und in<br />
An<strong><strong>de</strong>r</strong>nach ein Kloster zum Hl. Nikolaus grün<strong>de</strong>ten, davon erzählt <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
nächste Teil dieser Reihe.<br />
Zu <strong>de</strong>n Bil<strong><strong>de</strong>r</strong>n in diesem Kapitel:<br />
Bild 1: Das älteste, noch zu seinen Lebzeiten entstan<strong>de</strong>ne Bild <strong>de</strong>s Hl.<br />
Franziskus; Bild 2: Eine Statue <strong>de</strong>s Hl. Nikolaus an <strong><strong>de</strong>r</strong> Gaststätte „Zum<br />
Franziskaner“ erinnert heute noch an die „Kirche zum Heiligen Nikolaus“<br />
<strong>Die</strong> Kirche <strong><strong>de</strong>r</strong> Baumeister und Künstler<br />
<strong>Die</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Christus<strong>kirche</strong></strong> (Teil II)<br />
Bereits zwei Jahre nach <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>m im ersten<br />
Teil geschil<strong><strong>de</strong>r</strong>ten misslungenen Versuch<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Franziskaner in Deutschland Fuß zu<br />
fassen, überre<strong>de</strong>te <strong><strong>de</strong>r</strong> damals erkrankte<br />
Franziskus seine Brü<strong><strong>de</strong>r</strong> auf <strong>de</strong>m<br />
Generalkapitel (Zusammenkunft <strong>de</strong>s<br />
Or<strong>de</strong>ns) von Portiunkula 1221, einen<br />
neuen Versuch zu wagen.<br />
<strong>Die</strong>ses Mal wur<strong>de</strong> die Gruppe <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Min<strong><strong>de</strong>r</strong>brü<strong><strong>de</strong>r</strong>, die zunächst aus 12<br />
Klerikern und 15 Laienbrü<strong><strong>de</strong>r</strong>n bestand,<br />
von einem <strong>de</strong>utschen Bru<strong><strong>de</strong>r</strong> angeführt.<br />
Allerdings hatte Cäsar von Speyer, <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
schon als Laie ein begeisterter Prediger<br />
<strong>de</strong>s Evangeliums von <strong><strong>de</strong>r</strong> Vollkommenheit<br />
im Sinne <strong>de</strong>s franziskanischen Glaubens<br />
gewesen war, bereits schlechte<br />
Erfahrungen mit seinen Volksgenossen<br />
gemacht. Als Ketzer missverstan<strong>de</strong>n, war<br />
er nur knapp <strong>de</strong>m Scheiterhaufen<br />
entkommen.<br />
Doch obwohl vielleicht auch gera<strong>de</strong> weil<br />
die Brü<strong><strong>de</strong>r</strong> zum Martyrium bereit waren,<br />
hatte ihre Mission dieses Mal Erfolg. <strong>Die</strong>
8<br />
erste Nie<strong><strong>de</strong>r</strong>lassung <strong><strong>de</strong>r</strong> Minoriten entstand in Augsburg, wo im Oktober<br />
1221 ein erstes Kapitel abgehalten wur<strong>de</strong>. Und nur ein Jahr später gab es<br />
so viele Or<strong>de</strong>nsgründungen in Deutschland, dass in Worms ein<br />
Generalkapitel abgehalten wer<strong>de</strong>n konnte. 1223 konnte Cäsar von<br />
Sehnsucht nach seinem Or<strong>de</strong>nsstifter getrieben nach Italien zurückkehren<br />
und die Ausbreitung <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Or<strong>de</strong>nszweig in an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Hän<strong>de</strong><br />
übergeben.<br />
1230 wur<strong>de</strong> die <strong>de</strong>utsche Or<strong>de</strong>nsprovinz in eine rheinische und<br />
sächsische geteilt. 1300 gab es bereits 250 Konvente <strong><strong>de</strong>r</strong> Franziskaner in<br />
Deutschland.<br />
Wann <strong><strong>de</strong>r</strong> Or<strong>de</strong>n nun genau in An<strong><strong>de</strong>r</strong>nach seine Nie<strong><strong>de</strong>r</strong>lassung grün<strong>de</strong>te<br />
ist nicht ganz genau festzulegen. Als frühestes Datum wird <strong><strong>de</strong>r</strong> Oktober<br />
1226 genannt. Ein sicheres Datum ist gewiss das Jahr 1244, da hier <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
damals bestehen<strong>de</strong>n Kloster<strong>kirche</strong> ein Ablass an einigen Tagen im Jahr<br />
verliehen wur<strong>de</strong>.<br />
Zu diesem Zeitpunkt gehörte das An<strong><strong>de</strong>r</strong>nacher Kloster schon zur Kölner<br />
Or<strong>de</strong>nsprovinz.<br />
Da nirgendwo in <strong>de</strong>n Or<strong>de</strong>nsaufzeichnungen von einem Vorgängerbau<br />
unserer heutigen <strong>Christus<strong>kirche</strong></strong> die Re<strong>de</strong> ist, ist m.E. davon auszugehen,<br />
dass es sich bei <strong><strong>de</strong>r</strong> im Ablass erwähnten Kirche um die damals schon<br />
bestehen<strong>de</strong>n Teile unserer heutigen Kirche han<strong>de</strong>ln könnte. Das wären<br />
dann <strong><strong>de</strong>r</strong> Chor und die Apsis (Rundung am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Chores), die auch<br />
schon im gottesdienstlichen Gebrauch waren.<br />
Spätestens im Jahre 1245 war dies wohl <strong><strong>de</strong>r</strong> Fall. <strong>Die</strong> Baugeschichte<br />
unserer <strong>Christus<strong>kirche</strong></strong>, die damals - wie schon erwähnt - <strong>de</strong>m Hl.<br />
Nikolaus geweiht war, sieht wahrscheinlich wie folgt aus: Zunächst durften<br />
die Mönche ein Gebäu<strong>de</strong>, das zu einem An<strong><strong>de</strong>r</strong>nacher Hofgut <strong>de</strong>s Grafen<br />
von Virneburg gehörte, nutzen. Von ihm ist nur noch die Mauer, die sich<br />
auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Südseite also vom Chor aus gesehen auf <strong><strong>de</strong>r</strong> rechten Seite hinter<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Kirche befin<strong>de</strong>t, erhalten.
9<br />
Spätestens 1245 wur<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Chor und die Apsis im Osten <strong><strong>de</strong>r</strong> Kirche<br />
errichtet. Gegen 1300 wird zumin<strong>de</strong>st ein Teil <strong>de</strong>s Westteils <strong><strong>de</strong>r</strong> Kirche,<br />
mit unserem heutigen Haupteingang gestan<strong>de</strong>n haben. Der Platz<br />
dazwischen wur<strong>de</strong> dann in verschie<strong>de</strong>n Bauphasen ausgefüllt. Erst im<br />
fortgeschrittenen 14. und 15. Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>t wur<strong>de</strong> die Kirche eingewölbt -<br />
und zwar auch im Chor und in <strong><strong>de</strong>r</strong> Apsis.<br />
<strong>Die</strong> ehemalige An<strong><strong>de</strong>r</strong>nacher Franziskaner<strong>kirche</strong> blickt also auf eine rund<br />
200jährige Bauzeit zurück, so dass es schon einem kleinen Wun<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
gleichkommt, dass sie innen wie außen einen sehr harmonischen und<br />
einheitlichen Eindruck macht.<br />
Zu verdanken ist sie Mönchen, die sich über Generationen hinaus nicht zu<br />
scha<strong>de</strong> waren, in einer halbfertigen Kirche zu beten und ihren <strong>Die</strong>nst zu<br />
tun, ohne je ihre Vollendung zu sehen aber auch Bauleuten, die, da es<br />
damals noch keine fertigen Baupläne gab, sich immer wie<strong><strong>de</strong>r</strong> in die Vision<br />
ihrer Vorgänger hineinzu<strong>de</strong>nken vermochten und sie in großer Treue zu<br />
En<strong>de</strong> führten.<br />
<strong>Die</strong> heutige Form einer zweischiffigen Hallen<strong>kirche</strong> mit Haupt- und einem<br />
Nebenschiff war übrigens von vorneherein geplant. Sie entspricht <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
franziskanischen Bauweise in kleineren Städten, ebenso wie <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
bewusste Verzicht auf einen Kirchturm, <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Beschei<strong>de</strong>nheit <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Bettelor<strong>de</strong>n im Mittelalter entsprach.
10<br />
Trotz<strong>de</strong>m gehörte die Kirche, die früher jedoch viel enger umbaut war,<br />
neben <strong>de</strong>m „Mariendom“ zu <strong>de</strong>n größten und beeindruckendsten<br />
Gebäu<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s mittelalterlichen An<strong><strong>de</strong>r</strong>nach.<br />
Der Eindruck, <strong>de</strong>n die heutige Kirche auf <strong>de</strong>n Betrachter macht, ist jedoch<br />
eine eher neuzeitliche, protestantische „Erfindung“. <strong>Die</strong> lichtdurchflutete,<br />
erhabene Einfachheit, die von mancher Besucherin und manchem<br />
Besucher schon als eine gewisse Kargheit wahrgenommen wird,<br />
entspricht in keinster Weise <strong>de</strong>m Charakter einer mittelalterlichen Kirche.<br />
<strong>Die</strong>se wur<strong>de</strong> von riesigen Bundglasfenstern in ein mystisches Licht<br />
getaucht, <strong>de</strong>m auch eine bunte Bemalung mit zum Teil riesigen, sehr<br />
farbenfrohen Bil<strong><strong>de</strong>r</strong>n an <strong>de</strong>n Wän<strong>de</strong>n entsprach.<br />
Von letzteren waren noch 1916 einige Reste in <strong><strong>de</strong>r</strong> Kirche zu fin<strong>de</strong>n, die<br />
später übertüncht wur<strong>de</strong>n.<br />
Durch eine Anhebung <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>nniveaus, in beson<strong><strong>de</strong>r</strong>er Weise in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Apsis und im Chorraum sind auch die Grabplatten am Bo<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Kirchen<br />
nicht mehr sichtbar.<br />
Genauso wie die Ausstattung <strong><strong>de</strong>r</strong> Kirche mit verschie<strong>de</strong>nen Altären und<br />
Seitenaltären, einer wun<strong><strong>de</strong>r</strong>tätige Marienstatue, einem versilberten<br />
Kopfreliquiar <strong><strong>de</strong>r</strong> Hl. Elisabeth und an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Gegenstän<strong>de</strong>, die sich mit <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Zeit in <strong><strong>de</strong>r</strong> Kirche ansammelten, heute noch nicht einmal mehr zu erahnen<br />
ist. <strong>Die</strong>s alles ist wahrscheinlich spätestens während <strong><strong>de</strong>r</strong> französischen<br />
Besatzungszeit um 1802 abhan<strong>de</strong>n gekommen.<br />
Geblieben sind jedoch die Menschen, die damals wie heute die Kirche<br />
gern zum Gottesdienst aufsuchen und ihr einen Ort <strong><strong>de</strong>r</strong> Ruhe und <strong>de</strong>s<br />
Gebetes suchen und fin<strong>de</strong>n.
11<br />
Zu <strong>de</strong>n Bil<strong><strong>de</strong>r</strong>n in diesem Kapitel:<br />
Bild 1: Der Rest einer Kreuzigungsdarstellung aus <strong>de</strong>m ehemaligen Kreuzgang<br />
gibt vielleicht einen Eindruck von <strong>de</strong>n Malereien in <strong><strong>de</strong>r</strong> Kirche. Bild 2: <strong>Die</strong>ser<br />
Mauerrest könnte noch zu <strong>de</strong>m Hofgut <strong>de</strong>s Grafen von Virneburg gehören. Bild<br />
3: Bruchstücke eines ehemaligen Tuffsteinalters aus <strong>de</strong>m Kloster sind heute im<br />
Hof <strong>de</strong>s Stadtmuseums zu besichtigen.<br />
<strong>Die</strong> Kirche <strong><strong>de</strong>r</strong> Seelsorger<br />
<strong>Die</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Christus<strong>kirche</strong></strong> (Teil III)<br />
Nach <strong>de</strong>n eher baugeschichtlichen Erwägungen <strong>de</strong>s<br />
II. Teils dieser Reihe wollen wir uns nun einmal <strong>de</strong>n<br />
Menschen nähern, die in unserer heutigen<br />
<strong>Christus<strong>kirche</strong></strong>, <strong><strong>de</strong>r</strong> einstigen St. Nikolaus<strong>kirche</strong><br />
beteten, die Messe feierten und von hier aus ihren<br />
<strong>Die</strong>nst an <strong>de</strong>n Menschen in unserer Umgebung taten.<br />
Wenn wir hier näher hinschauen, dann mögen wir<br />
zunächst erstaunt sein über die doch vergleichsweise<br />
geringe Anzahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Brü<strong><strong>de</strong>r</strong> und das im Vergleich dazu<br />
recht große Gebiet, in <strong>de</strong>m sie gottesdienstlich und seelsorgerlich wirkten.<br />
Für die meisten Jahre <strong>de</strong>s Or<strong>de</strong>ns wird in <strong>de</strong>n Quellen <strong><strong>de</strong>r</strong> Name eines<br />
Guardian genannt, das Amt eines Klostervorstehers, das nur besetzt<br />
wur<strong>de</strong>, wenn min<strong>de</strong>stens 12 Klosterbrü<strong><strong>de</strong>r</strong> in einer Or<strong>de</strong>nsnie<strong><strong>de</strong>r</strong>lassung,<br />
einem Konvent zusammen lebten.<br />
Nach oben hin kann man wahrscheinlich davon ausgehen, dass nie viel<br />
mehr als 20 Franziskaner in An<strong><strong>de</strong>r</strong>nach gelebt haben. Dazu kamen dann<br />
durchreisen<strong>de</strong> Brü<strong><strong>de</strong>r</strong> und Gäste <strong>de</strong>s Or<strong>de</strong>ns.<br />
<strong>Die</strong> erste Besetzung <strong>de</strong>s Klosters 1615 bestand aus nur acht Personen,<br />
1663 wur<strong>de</strong>n 19 Bewohner gezählt. Im letzten Verzeichnis aus <strong>de</strong>m Jahre<br />
1799 ist von 16 Patres (Or<strong>de</strong>nspriester) und 7 Laienbrü<strong><strong>de</strong>r</strong>n die Re<strong>de</strong>.<br />
Dem gegenüber steht ein Wirkungsbereich, <strong><strong>de</strong>r</strong> von Linz am Rhein,<br />
Rheinbrohl, Leutesdorf, Waldbreitbach, An<strong><strong>de</strong>r</strong>nach, die Pellenz, Mendig,
12<br />
Burgbrohl bis nach Monreal und Mayen reicht, wo Brü<strong><strong>de</strong>r</strong> im dortigen<br />
Hospital ihren <strong>Die</strong>nst taten.<br />
Es gehört zu <strong><strong>de</strong>r</strong> Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>heit <strong><strong>de</strong>r</strong> Franziskaner und an<strong><strong>de</strong>r</strong>er Bettelor<strong>de</strong>n,<br />
dass sie neben <strong><strong>de</strong>r</strong> Selbstheiligung und <strong><strong>de</strong>r</strong> Mission auch in Ergänzung<br />
und in Unterstützung <strong><strong>de</strong>r</strong> bestehen<strong>de</strong>n Pfarreien vor Ort Seelsorge<br />
betrieben, Messen abhielten, wenn möglich Bedürftige speisten und auch<br />
kirchlichen Unterricht gaben.<br />
Dass dies von <strong>de</strong>n Ortspfarrern nicht immer als Entlastung son<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />
manchmal auch als unrechtmäßige Einmischung in ihre Amtsgeschäfte<br />
erlebt wur<strong>de</strong>, darüber wird im nächsten Teil dieser Reihe ausführlicher die<br />
Re<strong>de</strong> sein. Dazu kamen auch immer wie<strong><strong>de</strong>r</strong> Reibereinen mit an<strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />
Or<strong>de</strong>n, die ihren Einflussbereich in <strong>de</strong>n Wirkungskreis <strong><strong>de</strong>r</strong> An<strong><strong>de</strong>r</strong>nacher<br />
Franziskaner hinein auszuweiten versuchten.<br />
Gera<strong>de</strong> in <strong><strong>de</strong>r</strong> einfachen B<strong>ev</strong>ölkerung waren die Minoritenbrü<strong><strong>de</strong>r</strong> sehr<br />
beliebt, lebten sie doch als Bettelor<strong>de</strong>n auch mit <strong><strong>de</strong>r</strong> ärmeren B<strong>ev</strong>ölkerung<br />
auf Augenhöhe. Da sie an<strong><strong>de</strong>r</strong>s als <strong><strong>de</strong>r</strong> Pfarrklerus (die Gemein<strong>de</strong>pfarrer)<br />
keine Gebühren für ihre Leistungen erhoben, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n von Spen<strong>de</strong>n<br />
lebten, konnte wirklich je<strong>de</strong> und je<strong><strong>de</strong>r</strong> auf ihren <strong>Die</strong>nst zurückgreifen. Und<br />
– zumin<strong>de</strong>st in <strong><strong>de</strong>r</strong> Frühzeit sangen die Franziskaner die Messe nicht, d.h.<br />
ihre Gottesdienste, waren vielleicht nicht so feierlich wie die <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
„or<strong>de</strong>ntlichen“ Pfarrer, dafür aber auch kürzer, was damals wie heute für<br />
die eine o<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>n an<strong><strong>de</strong>r</strong>en, die Attraktivität <strong><strong>de</strong>r</strong> Gottesdienste durchaus<br />
erhöhte.
13<br />
Zu<strong>de</strong>m wussten die Franziskaner, Menschen an sich und ihre Kirche zu<br />
bin<strong>de</strong>n, etwa durch die Zurverfügungstellung von Grabstellen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Kirche<br />
o<strong><strong>de</strong>r</strong> durch die Gründung o<strong><strong>de</strong>r</strong> geistliche Begleitung kirchlicher und<br />
gemischt-kirchlicher Vereine.<br />
So tagte die „Cäcilienbru<strong><strong>de</strong>r</strong>schaft“, die sich hauptsächlich <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Verschönerung <strong><strong>de</strong>r</strong> Gottesdienste verschrieben hatte, in <strong><strong>de</strong>r</strong> Regel im<br />
Klostergebäu<strong>de</strong>. Immer wie<strong><strong>de</strong>r</strong> waren auch Patres <strong><strong>de</strong>r</strong> Franziskaner<br />
Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> und Leiter dieser Bru<strong><strong>de</strong>r</strong>schaft, die unter an<strong><strong>de</strong>r</strong>em auch 1608<br />
das „An<strong><strong>de</strong>r</strong>nacher Gesangbuch“ herausgab, ein Gegenstück zu <strong>de</strong>m<br />
Bonner protestantischen Gesangbuch.<br />
Auch die noch ältere „Elendigen-Bru<strong><strong>de</strong>r</strong>schaft“, <strong><strong>de</strong>r</strong>en Zweck es war,<br />
Frem<strong>de</strong> zu pflegen und für das Begräbnis frem<strong><strong>de</strong>r</strong> Verstorbener zu<br />
sorgen, war personell wie örtlich eng mit <strong>de</strong>m Kloster verbun<strong>de</strong>n.<br />
Das enge Verhältnis <strong><strong>de</strong>r</strong> Franziskaner zu <strong>de</strong>n 13 An<strong><strong>de</strong>r</strong>nacher<br />
Nachbarschaften, die sich nach Straßen und Plätzen zur Wahrnehmung<br />
ihrer Interessen und zur gegenseitigen Hilfeleistung zusammengeschlossen<br />
hatten, haben wir schon im ersten Teil dieser Reihe erwähnt.<br />
Ein beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s enges Verhältnis bestand jedoch immer zur „Hochstraßen-<br />
Nachbarschaft“, die ihre Versammlungen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Regel im Kloster <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Franziskaner abhielt.<br />
Dazu kamen die Gründungen kirchlicher Bru<strong><strong>de</strong>r</strong>schaften durch das<br />
Kloster, etwa die „Gürtelbru<strong><strong>de</strong>r</strong>schaft“ im Jahre 1618, <strong><strong>de</strong>r</strong>en Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
einen Gürtel trugen, ein Sinnbild <strong><strong>de</strong>r</strong> Enthaltsamkeit und Reinheit zu<br />
Ehren <strong>de</strong>s Heiligen Franziskus und die „Bru<strong><strong>de</strong>r</strong>schaft <strong><strong>de</strong>r</strong> Unbefleckten<br />
Empfängnis“ 1655, die zu <strong>de</strong>n sog. Bru<strong><strong>de</strong>r</strong>schaften zur Hl. Anna, <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Mutter Marias zählte und in Übereinstimmung mit <strong><strong>de</strong>r</strong> franziskanischen<br />
Lehre von 1562, sich <strong><strong>de</strong>r</strong> Jungfrauengeburt Marias verschrieben hatte.<br />
<strong>Die</strong>se Bru<strong><strong>de</strong>r</strong>schaften hatten eigene Andachtszeiten und Gottesdienste in<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Kirche.<br />
Auch in <strong>de</strong>n Frauenklöstern <strong><strong>de</strong>r</strong> Umgebung verrichteten die Patres ihren<br />
seelsorgerlichen und gottesdienstlichen <strong>Die</strong>nst, etwa im<br />
Augustinnerinnenkloster St. Thomas und bei <strong>de</strong>n Servitinnen, die über ein<br />
Haus in An<strong><strong>de</strong>r</strong>nach verfügten. <strong>Die</strong> Annuntiaten, ein Frauenor<strong>de</strong>n, <strong><strong>de</strong>r</strong> sich<br />
in beson<strong><strong>de</strong>r</strong>er Weise <strong><strong>de</strong>r</strong> Verkündigung Marias widmete, grün<strong>de</strong>te 1653<br />
unter an<strong><strong>de</strong>r</strong>em durch die Vermittlung von Franziskanern eine<br />
Nie<strong><strong>de</strong>r</strong>lassung in An<strong><strong>de</strong>r</strong>nach. Ihre erste Oberin war Anna Amalia von<br />
Hammerstein, einer übergetretene Protestantin. Auf diese
14<br />
Or<strong>de</strong>nsgründung geht unsere heutige Hospital<strong>kirche</strong> zurück, <strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />
Grundstein 1737 gelegt wur<strong>de</strong>.<br />
Eine beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s rege Beziehung hatten die Franziskanerpatres immer zu<br />
<strong>de</strong>m 1249 von <strong>de</strong>n An<strong><strong>de</strong>r</strong>nacher Bürger Ernst und seiner Frau Christine<br />
gegrün<strong>de</strong>ten Hospital, das <strong><strong>de</strong>r</strong> Kranken- und Armenpflege diente.<br />
Vielleicht trägt daher unser heutiges St. Nikolausstiftshospital auch <strong>de</strong>n<br />
ehemaligen Namen <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Christus<strong>kirche</strong></strong>.<br />
Großes haben die An<strong><strong>de</strong>r</strong>nacher Franziskanermönche gera<strong>de</strong> auch<br />
während <strong><strong>de</strong>r</strong> Pestzeit <strong>de</strong>s 17. Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>ts geleistet. Immer wie<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
stellten sich Brü<strong><strong>de</strong>r</strong> wie etwa <strong><strong>de</strong>r</strong> Pater Ferdinand Bollen<strong><strong>de</strong>r</strong> für <strong>de</strong>n<br />
seelsorgerlichen <strong>Die</strong>nst an <strong>de</strong>n Pestkranken zur Verfügung ohne dabei<br />
auf ihr eigenes Leben zu achten. Obwohl <strong><strong>de</strong>r</strong> jeweilige Guardian <strong>de</strong>s<br />
Klosters bestrebt war, Brü<strong><strong>de</strong>r</strong> die diesen <strong>Die</strong>nst<br />
taten, an Ort und Stelle ihres <strong>Die</strong>nstes zu halten<br />
und nicht ins Kloster zurückkehren zu lassen,<br />
konnten sie nicht verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>n, dass 1666 auch<br />
im Kloster die Pest ausbrach. Das Kloster wur<strong>de</strong><br />
daraufhin vom Senat <strong><strong>de</strong>r</strong> Stadt unter<br />
Quarantäne gestellt, und die Brü<strong><strong>de</strong>r</strong> konnten<br />
streckenweise nur durch die Unterstützung <strong>de</strong>s<br />
Plaidter Pfarrers Sebastian Schwab überleben,<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> sie heimlich mit Brot, Fleisch und Wein<br />
versorgte.<br />
Zu <strong>de</strong>n Bil<strong><strong>de</strong>r</strong>n in diesem Kapitel:<br />
Bild 1: eine frühe Darstellung <strong>de</strong>s Heiligen Franziskus<br />
Bild 2: Das noch erhaltene Chorgestühl in <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Christus<strong>kirche</strong></strong> verfügt über genau<br />
11 Plätze.<br />
Bild 3: Bruchstück eines Tuffsteinalters aus <strong>de</strong>m An<strong><strong>de</strong>r</strong>nacher Franziskanerkloster<br />
(En<strong>de</strong> 16. / 1. Hälfte 17. Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>t – heute im Hof <strong>de</strong>s An<strong><strong>de</strong>r</strong>nacher Stadtmuseums)
15<br />
<strong>Die</strong> Kirche <strong><strong>de</strong>r</strong> Bettler<br />
<strong>Die</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Christus<strong>kirche</strong></strong> Teil IV<br />
Hatten wir im letzten Teil dieser Reihe die<br />
Leistungen <strong>de</strong>s Franziskaneror<strong>de</strong>ns in<br />
An<strong><strong>de</strong>r</strong>nach und im näheren und weiteren<br />
Umfeld gewürdigt, so gehen wir in diesem<br />
Teil <strong><strong>de</strong>r</strong> recht spannen<strong>de</strong>n Frage nach, wie eine solche Arbeit überhaupt<br />
finanziert wur<strong>de</strong>. O<strong><strong>de</strong>r</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>s gefragt: Wovon lebten eigentlich die<br />
Menschen, die diese Arbeit taten ? Gera<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n Frühzeiten <strong>de</strong>s<br />
Minoritenor<strong>de</strong>ns, war es etwa <strong>de</strong>n Mönchen noch nicht einmal vergönnt,<br />
Hühner o<strong><strong>de</strong>r</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Tiere auf <strong>de</strong>m eh schon kleinen Klostergelän<strong>de</strong> zu<br />
halten, um von ihren Erträgen zu leben.<br />
Kurz gesagt, die Mönche boten ihre pastoralen und seelsorgerlichen<br />
Leistungen umsonst an und wenn sie diese gut erfüllten, wur<strong>de</strong>n sie auch<br />
mit <strong>de</strong>n Spen<strong>de</strong>n bedacht, die sie für ihre Arbeit und nicht zuletzt für ihr ja<br />
eher beschei<strong>de</strong>nes (Über)leben brauchten.<br />
Gera<strong>de</strong> für ärmere B<strong>ev</strong>ölkerungsschichten war dieses Vorgehen ein<br />
großer Segen.<br />
Aber dies hatte natürlich auch seine Nachteile:<br />
Zum einen war damals wie heute <strong><strong>de</strong>r</strong> „Spen<strong>de</strong>nmarkt“ ein durchaus<br />
endlicher, so dass man schnell mit an<strong><strong>de</strong>r</strong>en (Bettel)or<strong>de</strong>n, die in<br />
<strong>de</strong>mselben Gebiet tätig waren, in „Konkurrenz“ trat.<br />
Zum an<strong><strong>de</strong>r</strong>en taten ja die Bettelor<strong>de</strong>n ihren <strong>Die</strong>nst nicht auf einem<br />
unbestellten Feld, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n sie boten ihre „<strong>Die</strong>nstleistungen“ auf <strong>de</strong>m<br />
Gebiet <strong><strong>de</strong>r</strong> Pfarrgemein<strong>de</strong>n an und da es damals noch keine<br />
Kirchensteuer gab, waren die Inhaber dieser Pfarrstellen, <strong><strong>de</strong>r</strong> sog.<br />
Pfarrklerus zu ihrem Lebensunterhalt und für ihre Arbeit auf die Kollekten<br />
in <strong>de</strong>n von ihnen gehaltenen Messen und die Gebühren, die sie für ihre<br />
Amtshandlungen erheben konnten, angewiesen.<br />
So kann man sich vorstellen, dass die Pfarrstelleninhaber die Arbeit <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Bettelor<strong>de</strong>n auf ihrem Gemein<strong>de</strong>gebiet nicht unbedingt (nur) als<br />
Entlastung son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch oft als unberechtigte Einmischung in ihr<br />
Aufgabengebiet erlebten.<br />
Dazu kam, dass die Bettelor<strong>de</strong>n ihre <strong>Die</strong>nste nicht nur „billiger“ anboten<br />
son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch durchaus „bedürfnisorientierter“. So lasen sie etwa in <strong>de</strong>n<br />
frühen Morgenstun<strong>de</strong>n kürzere und schnellere Messe, in <strong>de</strong>nen nicht
16<br />
gesungen wur<strong>de</strong> o<strong><strong>de</strong>r</strong> sie erteilten bei je<strong><strong>de</strong>r</strong> sich bieten<strong>de</strong>n Gelegenheit<br />
größere Ablässe als dies selbst Bischöfe und Päpste taten.<br />
Für An<strong><strong>de</strong>r</strong>nach ist etwa <strong><strong>de</strong>r</strong> Fall <strong>de</strong>s Pfarrer Wiegand aktenkundig, <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
seinen „Pfarrkin<strong><strong>de</strong>r</strong>n“ <strong>de</strong>n Besuch <strong><strong>de</strong>r</strong> Kloster<strong>kirche</strong> ausdrücklich verbot.<br />
<strong>Die</strong> Minoriten in An<strong><strong>de</strong>r</strong>nach wen<strong>de</strong>ten sich daraufhin an ihren Gönner in<br />
Rom und Pfarrer Wiegand wur<strong>de</strong> am 5. Dezember 1256 durch Papst<br />
Alexan<strong><strong>de</strong>r</strong> durch eine recht scharfe Bulle in seinem Tun zurechtgewiesen.<br />
Konflikte dieser Art durchziehen immer wie<strong><strong>de</strong>r</strong> die <strong>Geschichte</strong> <strong>de</strong>s<br />
An<strong><strong>de</strong>r</strong>nacher Minoritenklosters, wobei je nach Auffassung <strong>de</strong>s jeweiligen<br />
Papstes mal <strong>de</strong>n Predigeror<strong>de</strong>n und mal <strong>de</strong>m Pfarrklerus <strong><strong>de</strong>r</strong> Rücken<br />
gestärkt wur<strong>de</strong>.<br />
Trotz<strong>de</strong>m gab es auch immer wie<strong><strong>de</strong>r</strong> lange Phasen guter Zusammenarbeit<br />
zumal auch die Or<strong>de</strong>nsoberen durchaus an einem ge<strong>de</strong>ihlichen<br />
Miteinan<strong><strong>de</strong>r</strong> mit <strong>de</strong>m jeweiligen Pfarrklerus interessiert waren, so wenn sie<br />
<strong>de</strong>n Brü<strong><strong>de</strong>r</strong>n nur erlaubten, die Beerdigungen zu übernehmen, die ihnen<br />
vom jeweiligen Ortspfarrer ausdrücklich erlaubt wur<strong>de</strong>n.<br />
Daher zeugt das große Gebiet, in <strong>de</strong>m <strong><strong>de</strong>r</strong> An<strong><strong>de</strong>r</strong>nacher<br />
Franziskaneror<strong>de</strong>n seine seelsorgerlichen Aufgaben wahrnahm, nicht nur<br />
von <strong>de</strong>m ungeheuerlichen Fleiß und <strong>de</strong>m Sendungsbewusstsein dieser<br />
doch eher kleinen Or<strong>de</strong>nsnie<strong><strong>de</strong>r</strong>lassung son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch von ihrem<br />
Überlebenswillen.<br />
<strong>Die</strong>s wird vor allen Dingen da <strong>de</strong>utlich, wo <strong><strong>de</strong>r</strong> Or<strong>de</strong>n mit Inbrunst<br />
wie<strong><strong>de</strong>r</strong>rum „sein“ Gebiet verteidigte, wenn an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Or<strong>de</strong>n ihre <strong>Die</strong>nste hier<br />
anzubieten begannen, wie etwa die Karmeliter von Tönisstein in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
An<strong><strong>de</strong>r</strong>nacher Pfarr<strong>kirche</strong> o<strong><strong>de</strong>r</strong> die Kapuziner in Leutesdorf.<br />
Wie stark die Unterstützung <strong><strong>de</strong>r</strong> An<strong><strong>de</strong>r</strong>nacher Bürgerschaft und auch <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Stadtoberen für das Kloster von ihrem jeweiligen <strong>Die</strong>nst an <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Allgemeinheit abhing, zeigt etwa die von ihnen betriebene Ablösung <strong>de</strong>s<br />
Or<strong>de</strong>nszweiges <strong><strong>de</strong>r</strong> Konventualen durch <strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Observanten im Jahre<br />
1615.<br />
Im Laufe <strong>de</strong>s 14. Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>ts hatte sich <strong><strong>de</strong>r</strong> Or<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Minoriten in zwei<br />
Lager gespalten, <strong>de</strong>m <strong><strong>de</strong>r</strong> Observanten, die am ursprünglichen<br />
franziskanischen I<strong>de</strong>al <strong><strong>de</strong>r</strong> absoluten Armut fest hielten und <strong>de</strong>n<br />
Konventualen, die zumin<strong>de</strong>st liegen<strong>de</strong> Güter also Gebäu<strong>de</strong> und zu<br />
bewirtschaften<strong>de</strong> Flächen als ihr Eigentum ansahen und so versuchten so<br />
etwas wie feste Einkünfte zu erwirtschaften.
17<br />
Bis 1615 war das An<strong><strong>de</strong>r</strong>nacher Kloster fest in <strong><strong>de</strong>r</strong> Hand <strong><strong>de</strong>r</strong> Konventualen<br />
was zu immer unhaltbareren Zustän<strong>de</strong>n führte, die Jacobi in seinem Buch<br />
wie folgt beschreibt: „<strong>Die</strong> Gebäulichkeiten waren <strong>de</strong>m Verfall<br />
preisgegeben, die Fenster zerbrochen, <strong><strong>de</strong>r</strong> Kirchturm bedrohte wegen<br />
seines baufälligen Zustan<strong>de</strong>s das Leben <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorübergehen<strong>de</strong>n. Im Innern<br />
sah es nicht besser aus. <strong>Die</strong> Zahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Bewohner war auf vier<br />
herabgesunken, und da <strong><strong>de</strong>r</strong> Guardian mit zwei Patres fast stets auf<br />
Reisen war, blieb nur ein lahmer Laienbru<strong><strong>de</strong>r</strong> übrig, so dass <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Gottesdienst ganz eingestellt schien, wenn auch die Glocken nach alter<br />
Gewohnheit noch <strong>de</strong>s öfteren geläutet wur<strong>de</strong>n. Predigt und Beichtstuhl<br />
war auf ein Min<strong>de</strong>stmaß herabgedrückt. Aber was schlimmer als dies sein<br />
mochte, die Heiligkeit <strong>de</strong>s Ortes war verschwun<strong>de</strong>n; ohne Rücksicht auf<br />
die Klausur stand das Haus Tag und Nacht, Mann und Frau offen.<br />
Hochzeiten und Schmausereien wur<strong>de</strong>n darin unter Teilnahme <strong><strong>de</strong>r</strong> Brü<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
gefeiert, die sich auch ungeniert an<strong><strong>de</strong>r</strong>en weltlichen Lustbarkeiten<br />
hingaben.“<br />
Angesichts dieser Zustän<strong>de</strong> beschwerte sich Bürgermeister Joh.<br />
Gewandtschnei<strong><strong>de</strong>r</strong> und <strong><strong>de</strong>r</strong> Stadtrat bei <strong>de</strong>n vorgesetzten kirchlichen<br />
Stellen. Am 31. Januar <strong>de</strong>s Jahres 1615 kam es dann zur Ausweisung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
letzten verbliebenen Or<strong>de</strong>nsbrü<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>m einäugigen Pater Dr. Joh.<br />
Waldorff, <strong>de</strong>m Prokurator Joh. Gieß und <strong>de</strong>m lahmen Laienbru<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Johannes. (Der Guardian P. Hub Jungmann war gera<strong>de</strong> wie<strong><strong>de</strong>r</strong> einmal auf<br />
Reisen.)<br />
Sie wur<strong>de</strong>n auf eigenen Wunsch in <strong>de</strong>n Konvent nach Köln überführt.<br />
Tragisch war nur, dass bald darauf Pater<br />
Waldorff an einer auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Reise dorthin<br />
erlittenen Erkältung verstarb.<br />
Bereits am 8. Februar trotz hohem Schnee<br />
und großer Kälte kamen die ersten<br />
Observantenbrü<strong><strong>de</strong>r</strong> in An<strong><strong>de</strong>r</strong>nach an. Das<br />
geistliche Leben <strong>de</strong>s Or<strong>de</strong>ns und sein<br />
<strong>Die</strong>nst an <strong><strong>de</strong>r</strong> B<strong>ev</strong>ölkerung wur<strong>de</strong>n wie<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
aufgenommen, Kloster und Kirche unter<br />
an<strong><strong>de</strong>r</strong>em mit Hilfe von Zuwendungen <strong>de</strong>s<br />
An<strong><strong>de</strong>r</strong>nacher Stadtrates wie<strong><strong>de</strong>r</strong> in einen<br />
baulich unbe<strong>de</strong>nklichen Zustand versetzt.<br />
Ein wichtige Einnahmequelle <strong>de</strong>s Klosters
18<br />
waren indirekt und direkt auch immer die Gräber in <strong><strong>de</strong>r</strong> Kirche.<br />
Kaum stan<strong>de</strong>n die ersten Mauern <strong>de</strong>s Chorraums war hier schon das mit<br />
reichem Bil<strong><strong>de</strong>r</strong>schmuck verzierte Hochgrab <strong>de</strong>s ersten Gönners und<br />
Stifters <strong>de</strong>s Klosters Graf von Virneburg und seiner Gattin zu fin<strong>de</strong>n.<br />
In <strong><strong>de</strong>r</strong> Folgezeit wer<strong>de</strong>n hier immer wie<strong><strong>de</strong>r</strong> Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>s rheinischen<br />
A<strong>de</strong>ls und ab 1630 auch vornehme An<strong><strong>de</strong>r</strong>nacher Bürger beerdigt, was<br />
gewiss in <strong><strong>de</strong>r</strong> Regel mit nicht unerheblichen Zuwendungen an das Kloster<br />
verbun<strong>de</strong>n war.<br />
Im 17. und 18. Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>t drehte sich dann die Sachlage um. <strong>Die</strong><br />
besitzen<strong>de</strong>n Familien betrachteten die Grabstätten als ihr Eigentum, das<br />
sie sogar veräußern konnten, ja gingen sogar davon aus, <strong>de</strong>n geistlichen<br />
Beistand <strong><strong>de</strong>r</strong> Brü<strong><strong>de</strong>r</strong> als eine Art „Erbrecht“ mitzubesitzen.<br />
Dazu kam, dass Bürger, die ein Grab, an <strong>de</strong>m zu Allerseelen kein<br />
Grablicht zu fin<strong>de</strong>n war, dieses selbst aufstellten und dann das Grab,<br />
nach<strong>de</strong>m sie dies einmal o<strong><strong>de</strong>r</strong> mehrmals getan hatten als ihr Eigentum<br />
ansahen - eine Tatsache, die immer wie<strong><strong>de</strong>r</strong> zu Streitigkeiten führte. Im<br />
Jahre 1637 ordnete dann <strong><strong>de</strong>r</strong> neu gewählte Guardian Stephan Ruid die<br />
Begräbnisordnung in <strong><strong>de</strong>r</strong> Kirche neu. Er<br />
verfügte etwa, dass die Gräber nach drei<br />
Generationen an das Kloster zurückfielen,<br />
wenn sie von <strong>de</strong>n Familien nicht neu<br />
erworben wur<strong>de</strong>n und auch wie eine<br />
Erbfolge bei <strong>de</strong>n Gräbern im Einzelnen<br />
auszusehen hatte.<br />
<strong>Die</strong> letzten bei<strong>de</strong>n Beerdigungen in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Kirche fan<strong>de</strong>n im Jahre 1785 statt.<br />
Danach wur<strong>de</strong>n die Beerdigungen in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Kloster<strong>kirche</strong> aus „Gesundheitsrücksichten“<br />
verboten. Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeit verschwand dann<br />
auch <strong><strong>de</strong>r</strong> Verwesungsgeruch, <strong><strong>de</strong>r</strong> sog.<br />
„Stinkreichen“ aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Kirche, <strong><strong>de</strong>r</strong> sie wohl<br />
seit ihrem Bestehen begleitet hatte.<br />
Auch Bettelmönche erlebten so etwas wie<br />
Festtage. Dafür sorgten etwa<br />
Fleischkollekten für sie an bestimmten<br />
Tagen, wie sie etwa Anfang <strong>de</strong>s Jahres in<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Pfarr<strong>kirche</strong> zu An<strong><strong>de</strong>r</strong>nach (die heutige
19<br />
Kirche „Maria Himmelfahrt“) nach vorhergehen<strong><strong>de</strong>r</strong> Predigt vorgesehen<br />
waren.<br />
Außer<strong>de</strong>m war es eine beliebte Gewohnheit, <strong>de</strong>n An<strong><strong>de</strong>r</strong>nacher Stadtrat<br />
und an<strong><strong>de</strong>r</strong>e wohlhaben<strong>de</strong> Bürger und A<strong>de</strong>lige an bestimmten Festtagen<br />
ins Kloster zum Essen zu la<strong>de</strong>n. <strong>Die</strong>se brachten dann Wein und Fleisch<br />
zum Festessen mit ins Kloster. Interessant ist, dass in diesem<br />
Zusammenhang auch immer wie<strong><strong>de</strong>r</strong> von Zuwendungen protestantischer<br />
A<strong>de</strong>liger an das Kloster die Re<strong>de</strong> ist.<br />
Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeit wird es <strong><strong>de</strong>r</strong> Konvent durchaus zu einem gewissen Wohlstand<br />
gebracht haben, was etwa die beschriebene reiche Ausstattung <strong><strong>de</strong>r</strong> Kirche<br />
und die Bautätigkeit <strong>de</strong>s Klosters beweist.<br />
Eine weitere Einnahmequelle wur<strong>de</strong> ab 1724 eine klostereigene Weberei,<br />
die sämtliche Konvente <strong><strong>de</strong>r</strong> Or<strong>de</strong>nsprovinz mit <strong>de</strong>m benötigten Tuch<br />
versorgte. <strong>Die</strong>s führte dazu, dass das Tuch zu einem etwa<br />
gleichbleiben<strong>de</strong>n Preis und gleicher Qualität an die Klöster geliefert<br />
wer<strong>de</strong>n konnte, war aber im Or<strong>de</strong>n nicht unumstritten, da damit an<strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />
Webern ihre Verdienstmöglichkeit genommen wur<strong>de</strong>.<br />
Zu <strong>de</strong>n Bil<strong><strong>de</strong>r</strong>n in diesem Kapitel:<br />
Bild 1: Bürger, betteln<strong><strong>de</strong>r</strong> Lahmer und Bettelmönch<br />
Bild 2 und 3: erhaltene Grabplatten aus <strong><strong>de</strong>r</strong> heutigen <strong>Christus<strong>kirche</strong></strong><br />
<strong>Die</strong> Kirche <strong><strong>de</strong>r</strong> Wun<strong><strong>de</strong>r</strong> und Gespenster<br />
- o<strong><strong>de</strong>r</strong> auch: vor <strong>de</strong>m Weltuntergang ist immer noch<br />
ein Mittagessen drin -<br />
(<strong>Die</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Christus<strong>kirche</strong></strong> Teil V)<br />
Wer mich ein wenig kennt, <strong><strong>de</strong>r</strong> weiß, dass es mir eine<br />
beson<strong><strong>de</strong>r</strong>e Freu<strong>de</strong> ist, auch so etwas wie eine „Akte X-<br />
Folge“ über unsere <strong>Christus<strong>kirche</strong></strong> zu schreiben. Neben so<br />
manchen historischen Fakten fin<strong>de</strong>n sich also in dieser Folge auch<br />
Tatsachen, die zum Mythos unserer Minoriten<strong>kirche</strong> mit dazu gehören<br />
aber vielleicht nicht ganz so geschichtlich nachprüfbar sind wie manches<br />
bisher Geschil<strong><strong>de</strong>r</strong>te. Trotz<strong>de</strong>m sollen diese nicht verschwiegen wer<strong>de</strong>n:<br />
Denn welche Kirche verfügt etwa über ein eigenes Kirchengespenst ?<br />
Aber beginnen wir am Anfang:
20<br />
Mit einem außergewöhnlichen, „wun<strong><strong>de</strong>r</strong>baren“ Ereignis wur<strong>de</strong>n die<br />
An<strong><strong>de</strong>r</strong>nacher Franziskanermönche <strong>de</strong>n Chroniken zufolge zum ersten Mal<br />
nicht in An<strong><strong>de</strong>r</strong>nach son<strong><strong>de</strong>r</strong>n in Leutesdorf konfrontiert und zwar in einer<br />
Kirche o<strong><strong>de</strong>r</strong> Kapelle zum hl. Kreuz, <strong><strong>de</strong>r</strong>en Bau nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Zerstörung <strong>de</strong>s<br />
Vorgängerbaus im 30jährigen Krieg 1662 vollen<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>. <strong>Die</strong><br />
An<strong><strong>de</strong>r</strong>nacher Franziskaner übernahmen hier zwar <strong>de</strong>n <strong>Die</strong>nst, waren aber<br />
mit <strong>de</strong>m Ursprung <strong><strong>de</strong>r</strong> Wallfahrt – nämlich erfun<strong>de</strong>nen Erscheinungen –<br />
alles an<strong><strong>de</strong>r</strong>e als einverstan<strong>de</strong>n. Pater Archangelus Harsaeus sprach sich<br />
sogar auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Kanzel freimütig gegen sie aus.<br />
Zu einem regelrechten „Kriminalfall“ entwickelte sich die Sache im Jahre<br />
1680 als ein Weltpriester mit <strong>de</strong>m Nachnamen Disteler seinen <strong>Die</strong>nst in<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Kirche verrichtete. Plötzlich wur<strong>de</strong> nämlich eine große Menge an<br />
Steinen wie von „Geisterhand“ geworfen. Der eigentlich zuständige<br />
Ortspfarrer schöpfte Verdacht und betraute zwei An<strong><strong>de</strong>r</strong>nacher Patres mit<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Untersuchung <strong>de</strong>s Falles, die auch recht schnell eine Magd und einen<br />
Burschen als Urheber dieser Geschehnisse ausmachten. Inwiefern <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Pfarrverwalter Disteler in ihr Tun verstrickt war, ließ sich nicht klären, aber<br />
wahrscheinlich war er selbst eher Betrogener als<br />
Betrüger.<br />
Dem gegenüber füllten die vielen Antoniuswun<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
in <strong><strong>de</strong>r</strong> eigenen Kloster<strong>kirche</strong> in An<strong><strong>de</strong>r</strong>nach<br />
zeitweise eine ständige Rubrik in <strong>de</strong>n<br />
Aufzeichnungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Mönche.<br />
Ein merkwürdiges Ereignis scheint sich im Jahre<br />
1699 in <strong><strong>de</strong>r</strong> Kirche zugetragen zu haben. Am<br />
Sonntag vor Maria Himmelfahrt waren auf <strong>de</strong>m<br />
Haupt einer Statue, die die zu Himmel fahren<strong>de</strong><br />
Maria darstellte, zwischen 4 und 5 Uhr ein<br />
Lichtschein und eine Flamme zu sehen. Selbiges<br />
geschah noch an weiteren kirchlichen Festtagen –<br />
etwa am Fest <strong><strong>de</strong>r</strong> Stigmatisierung <strong>de</strong>s heiligen Franz.<br />
Im folgen<strong>de</strong>n Jahr wur<strong>de</strong> dann ein Protokoll über <strong>de</strong>n Vorgang aufgesetzt<br />
und von bei<strong>de</strong>n Konsuln, einer Reihe von Senatoren und Bürgern <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Stadt als Augenzeugen unterschrieben.
21<br />
<strong>Die</strong>s steigerte natürlich die Anzahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Kirchenbesucher. Man nahm Öl<br />
aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Lampe, die vor <strong>de</strong>m Abbild <strong><strong>de</strong>r</strong> Maria brannte und nutzte es für<br />
alle möglichen Krankheiten. Auf Betreiben <strong><strong>de</strong>r</strong> Patres wur<strong>de</strong> eine<br />
notarielle Beglaubigung von einigen zehn Geheilten nie<strong><strong>de</strong>r</strong>gelegt. So gab<br />
es in <strong><strong>de</strong>r</strong> Folgezeit zahlreiche Prozessionen zur Konvents<strong>kirche</strong>. Noch<br />
1711 kamen die Menschen selbst aus Köln, um sich Öl zu holen und –<br />
nach Aussagen <strong>de</strong>s Chronisten – mit größtem Erfolg für<br />
Krankenheilungen<br />
zu verwen<strong>de</strong>n.<br />
Überhaupt barg<br />
die damalige<br />
Nikolaus<strong>kirche</strong><br />
eine ungewöhnliche<br />
Menge<br />
an Reliquien, von<br />
<strong>de</strong>nen – nach<br />
Jacobi – „nicht<br />
wenige die Kritik<br />
stark herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ten“.<br />
<strong>Die</strong>sem starken Wun<strong><strong>de</strong>r</strong>glauben zum Trotz ging man im Kloster mit<br />
an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Geschehnissen durchaus nüchtern um. So als am 12. August<br />
1654 die An<strong><strong>de</strong>r</strong>nacher Bürger in großer Anzahl in die Beichtstühle<br />
strömten. Verursacht durch eine Sonnenfinsternis wähnten sie <strong>de</strong>n<br />
Weltuntergang nahe herbeigekommen. Zufällig war <strong><strong>de</strong>r</strong> Provinzial an<br />
diesem Tag im Kloster anwesend. Als er gegen Mittag zu Tisch gehen<br />
wollte, merkte er, dass in all <strong><strong>de</strong>r</strong> Aufregung noch nicht einmal ein<br />
Mittagsmahl vorbereitet wor<strong>de</strong>n war. Sofort befahl er, zum üblichen<br />
Or<strong>de</strong>nsalltag zurückzukehren und Sonnenfinsternis einfach<br />
Sonnenfinsternis sein zu lassen.<br />
Nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Eroberung <strong>de</strong>s Rheinlan<strong>de</strong>s durch die Franzosen diente die<br />
Kirche französischen Soldaten zunächst als Lazarett.<br />
1802 wur<strong>de</strong> das Kloster dann endgültig aufgelöst. Noch 1799 – kurz vor<br />
dieser Auflösung – lebten noch 16 Patres und 7 Laienbrü<strong><strong>de</strong>r</strong> im Konvent.
22<br />
Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Auflösung <strong>de</strong>s Klosters ging auch<br />
die Kirche in das Eigentum <strong>de</strong>s Staates<br />
über. Ab 1818 wur<strong>de</strong> die Kirche als<br />
Artilleriestallung genutzt. Einer<br />
Volkssage gemäß hätten sich jedoch die<br />
Pfer<strong>de</strong> nur sehr wi<strong><strong>de</strong>r</strong>willig in die Kirche<br />
führen lassen und wären dort auch nicht<br />
zu beruhigen gewesen. Und selbst <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Wachmannschaft wäre es so unheimlich<br />
gewor<strong>de</strong>n, dass sie um keinen Preis<br />
mehr <strong>Die</strong>nst in <strong><strong>de</strong>r</strong> Kirche tun wollten.<br />
Außer<strong>de</strong>m habe man öfter einen alten<br />
Mann in grauem Wams zum<br />
Heuspeicher hinaufsteigen aber nie zurückkehren sehen. Und auch<br />
beherzte Menschen, die ihm nachstiegen, hätten keine Spur von ihm<br />
gefun<strong>de</strong>n – eine Erfahrung, die <strong>de</strong>n Wachdienst in <strong><strong>de</strong>r</strong> Kirche nicht gera<strong>de</strong><br />
attraktiver machte. Vielleicht war das mit ein Grund dafür, dass die Kirche<br />
später nur noch als Magazin genutzt wur<strong>de</strong>.<br />
Im Jahre 1821 ging dann endgültig eine Ära in An<strong><strong>de</strong>r</strong>nach zu En<strong>de</strong>. In<br />
diesem Jahr starb Pater Ezechiel Jäkel, <strong><strong>de</strong>r</strong> nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Auflösung <strong>de</strong>s<br />
Klosters Pfarrer in St. Johann bei Mayen gewor<strong>de</strong>n war und später in<br />
seine Heimatstadt zurückkehrte. Er galt im Volksmund als <strong><strong>de</strong>r</strong> „letzte<br />
Franziskaner von An<strong><strong>de</strong>r</strong>nach.“<br />
Etwas mehr als 30 Jahre später im Jahr 1854 ging die Kirche im<br />
inzwischen preußisch gewor<strong>de</strong>nen Rheinland in das Eigentum <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Evangelischen Kirchengemein<strong>de</strong> über. Aber davon wird im nächsten Teil<br />
dieser Reihe die Re<strong>de</strong> sein.<br />
Zu <strong>de</strong>n Bil<strong><strong>de</strong>r</strong>n in diesem Kapitel:<br />
Bild 1: ein Gespensterkostüm<br />
Bild 2: Abbildung <strong><strong>de</strong>r</strong> Himmelfahrt Mariens<br />
Bild 3: Ein Beispiel für einen Reliquienschrein wie er etwa heute in <strong><strong>de</strong>r</strong> Sakristei<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Kirche „Maria Himmelfahrt“ in An<strong><strong>de</strong>r</strong>nach zu fin<strong>de</strong>n ist.<br />
Bild 4: französische Artilleriesoldaten aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Ära Napoleons
23<br />
<strong>Die</strong> Kirche <strong><strong>de</strong>r</strong> Protestanten (Teil I)<br />
Eine neue Heimat<br />
(<strong>Die</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Christus<strong>kirche</strong></strong> Teil VI)<br />
Per Kabinettsbefehl vom 30. November 1854 – also 52 Jahre nach <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Aufhebung <strong>de</strong>s Klosters unter <strong>de</strong>n Franzosen – wur<strong>de</strong> die ehemalige<br />
Franziskaner<strong>kirche</strong> „St. Nikolaus“ <strong><strong>de</strong>r</strong> Evangelischen Kirchengemein<strong>de</strong><br />
An<strong><strong>de</strong>r</strong>nach übereignet (Von da an trug sie zunächst <strong>de</strong>n recht einfachen<br />
Namen „Stadt<strong>kirche</strong>“ und wur<strong>de</strong> dann 1955 in „<strong>Christus<strong>kirche</strong></strong>“<br />
umbenannt.).<br />
Nach<strong>de</strong>m auf <strong>de</strong>m Wiener Kongress 1814/1815<br />
das protestantische Königreich Preußen unter<br />
an<strong><strong>de</strong>r</strong>em das katholische Rheinland<br />
zugesprochen bekam, zog mit <strong>de</strong>m Tübinger<br />
Wilhelm Friedrich Be<strong>de</strong>nknecht 1825 ein erster<br />
Evangelischer (<strong><strong>de</strong>r</strong> nicht zum Militär gehörte)<br />
nach An<strong><strong>de</strong>r</strong>nach. Bereits 1846 wur<strong>de</strong>n erste<br />
Bestrebungen unternommen, eine selbstständige<br />
Gemein<strong>de</strong> für die in An<strong><strong>de</strong>r</strong>nach und im<br />
Umfeld links <strong>de</strong>s Rheins leben<strong>de</strong>n <strong>ev</strong>angelischen<br />
Christinnen und Christen zu schaffen.<br />
Bis dahin hatten selbige zur <strong>ev</strong>angelischreformierten<br />
Pfarrgemein<strong>de</strong> Neuwied gehört.<br />
Zwar kam es mit <strong>de</strong>m Pfarrvikar Gustav Ilse<br />
1850 zu einer ersten eigenständigen<br />
pfarramtlichen Versorgung. Als Gottesdienststätte wur<strong>de</strong> jedoch nach wie<br />
vor <strong><strong>de</strong>r</strong> Speisesaal <strong><strong>de</strong>r</strong> Militärkaserne mitbenutzt, die sich im ehemaligen<br />
Minoritenkloster befand.<br />
Der Wunsch nach einer eigenen Gottesdienststelle wuchs und so wur<strong>de</strong><br />
z.B. über <strong>de</strong>n Ankauf <strong><strong>de</strong>r</strong> Propstei auf <strong>de</strong>m Gelän<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Malzfabrik<br />
Weißheimer nachgedacht.<br />
Aber schon bald bot sich eine an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Gelegenheit. Als <strong><strong>de</strong>r</strong> preußische<br />
König Friedrich Wilhelm <strong><strong>de</strong>r</strong> IV am 25. Juni 1852 auf eine Reise durch die<br />
Rheinprovinz auch An<strong><strong>de</strong>r</strong>nach berührte, wur<strong>de</strong> ihm von Vertretern <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Kirchengemein<strong>de</strong> ein Schriftstück überreicht, in <strong>de</strong>m er um die<br />
Überweisung <strong>de</strong>s Chores <strong><strong>de</strong>r</strong> damals noch für Militärzwecke genutzten<br />
ehemaligen Franziskaner<strong>kirche</strong> an die Gemein<strong>de</strong> gebeten wur<strong>de</strong>.
24<br />
Seine lächeln<strong>de</strong> Antwort ist fast schon legendär:<br />
„Das ist Wasser auf meine Mühle. Liegt die Kirche<br />
hier am Wege.“ Da dies <strong><strong>de</strong>r</strong> Fall war, hielt er bei<br />
seinem kurzen Besuch in An<strong><strong>de</strong>r</strong>nach dort und schon<br />
kurze Zeit darauf begannen die bürokratischen<br />
Mühlen zu mahlen. Von <strong><strong>de</strong>r</strong> baulichen<br />
Bestandsaufnahme bis zur Räumung <strong><strong>de</strong>r</strong> Kirche<br />
durch das Militär wur<strong>de</strong> alles von Koblenz her<br />
betrieben.<br />
Nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Gründung <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>ev</strong>angelischen<br />
Kirchengemein<strong>de</strong> An<strong><strong>de</strong>r</strong>nach am Reformationstag<br />
<strong>de</strong>s Jahres 1854 wur<strong>de</strong> dann am 30. November<br />
<strong>de</strong>sselben Jahres die ganze Kirche <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>ev</strong>angelischen Gemein<strong>de</strong><br />
übereignet. Außer<strong>de</strong>m bekam die Gemein<strong>de</strong> ein „Gna<strong>de</strong>ngeschenk von<br />
2550 Talern“ „für die erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lichen Kosten <strong>de</strong>s Ausbaues und <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
würdigen Herstellung <strong>de</strong>s Chores für <strong>de</strong>n kirchlichen <strong>Die</strong>nst“.<br />
Am 6. November <strong>de</strong>sselben<br />
Jahres wur<strong>de</strong> die Stadt<strong>kirche</strong><br />
mit einem feierlichen Gottesdienst<br />
eingeweiht. Von <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
recht kleinen Gemein<strong>de</strong> mit<br />
ihren 156 Gemein<strong>de</strong>glie<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />
wur<strong>de</strong> am Anfang nur <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Chorraum <strong><strong>de</strong>r</strong> Kirche genutzt,<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> durch eine Wand von<br />
<strong>de</strong>m noch nicht restaurierten<br />
Kirchenschiff abgetrennt war.<br />
In diesem war noch während<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Einweihungsfeier eine<br />
dunkle Tannenallee gepflanzt.<br />
Trotz großzügiger Spen<strong>de</strong>n<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Kircheneinrichtung durch<br />
<strong>de</strong>n preußischen A<strong>de</strong>l, <strong>de</strong>m jeweiligen preußischen König und einen<br />
Major, <strong><strong>de</strong>r</strong> 1856 <strong>de</strong>n Taufstein „vorbeibrachte“, hatte die Kirchengemein<strong>de</strong><br />
wohl von Anfang an ein eher zweigeteiltes Verhältnis zu „ihrer“ Kirche:<br />
Natürlich war da die Freu<strong>de</strong> über eine eigene Gottesdienststätte und
25<br />
wahrscheinlich auch ein gewisser Stolz, diese an solch einer historischen<br />
Stätte zu haben.<br />
Zum an<strong><strong>de</strong>r</strong>en war die Kirche einfach<br />
zu groß für die doch recht kleine<br />
<strong>ev</strong>angelische Gemein<strong>de</strong>. Außer<strong>de</strong>m<br />
war die Luft in ihr gera<strong>de</strong> im Winter<br />
eher feucht-kalt und daher schwer zu<br />
heizen, was <strong>de</strong>n <strong>ev</strong>angelischen<br />
Gottesdiensten, mit ihren recht langen<br />
Predigten und <strong>de</strong>m damit<br />
verbun<strong>de</strong>nen langen Sitzen nicht<br />
gera<strong>de</strong> entgegenkam.<br />
1861 wur<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> neue Glockenturm<br />
und die ersten - wie<strong><strong>de</strong>r</strong>um von einer<br />
preußischen Adligen gestifteten -<br />
neuen Glocken eingeweiht. (<strong>Die</strong><br />
Glocken wur<strong>de</strong>n jeweils in <strong>de</strong>n<br />
Weltkriegen größtenteils eingeschmolzen.).<br />
Der Wunsch von Wilhelm Friedrich<br />
Be<strong>de</strong>nknecht diese Glocken noch zu<br />
Lebzeiten zu hören, ging nicht in<br />
Erfüllung. Als er 1857 mit 84 Jahren<br />
starb, läuteten noch die Glocken <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
katholischen Pfarr<strong>kirche</strong>.<br />
1862 konnte die Trennwand zwischen Chorraum und <strong>de</strong>m übrigen<br />
Kirchenraum zu einem gotischen Lettner erweitert wer<strong>de</strong>n.<br />
Am Sonntag Jubilate <strong>de</strong>s Jahres 1895 wur<strong>de</strong> auf ihm die neu errichtete<br />
Schleifla<strong>de</strong>n-Orgel <strong><strong>de</strong>r</strong> Neuwie<strong><strong>de</strong>r</strong> Firma Weil in <strong>de</strong>n gottesdienstlichen<br />
Gebrauch genommen. (<strong>Die</strong>selbe Firma hatte 1805 - also drei Jahre nach<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Säkularisation <strong>de</strong>s Klosters – die sich in <strong><strong>de</strong>r</strong> Kirche befin<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />
Stummorgel ausgebaut und mit Umbauten in <strong><strong>de</strong>r</strong> An<strong><strong>de</strong>r</strong>nacher Pfarr<strong>kirche</strong><br />
Maria Himmelfahrt wie<strong><strong>de</strong>r</strong> eingebaut, wo sie heute noch zu hören ist.)<br />
Um <strong><strong>de</strong>r</strong> trotz<strong>de</strong>m immer noch feucht-kühlen Atmosphäre in <strong><strong>de</strong>r</strong> Kirche zu<br />
begegnen, wur<strong>de</strong>n oberhalb <strong>de</strong>s Lettners ein großer verschiebbarer<br />
Vorhang aus dichtestem Segeltuch angebracht und im Chorraum zwei<br />
große, in gotischem Stil gegossene Öfen errichtet. <strong>Die</strong>ser Vorhang, war
26<br />
eher ein Zugeständnis an <strong>de</strong>n Denkmalschutz, <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>m<br />
Kunstinteressierten einen möglichst unverstellten Blick auf das Gewölbe<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Kirche ermöglichen sollte, <strong>de</strong>nn eine wirkliche Hilfe gegen Zugluft in<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Kirche.<br />
1874 wur<strong>de</strong>n wegen <strong><strong>de</strong>r</strong> schlechten Akustik an <strong><strong>de</strong>r</strong> Kanzel eine<br />
Schall<strong>de</strong>cke und eine Rückwand angebracht.<br />
1878 erlaubte die Oberbehör<strong>de</strong> dann endlich, <strong>de</strong>n Vorhang über <strong>de</strong>m<br />
Lettner durch eine Fachwand zu ersetzen, was <strong><strong>de</strong>r</strong> Grundwärme im<br />
Gottesdienst durchaus zuträglich war. Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>einweihung <strong>de</strong>s<br />
zugleich neu renovierten Kirchenraums wur<strong>de</strong> die Feier zum 25-jährigen<br />
Bestehen <strong><strong>de</strong>r</strong> Gemein<strong>de</strong> verbun<strong>de</strong>n.<br />
1902 wur<strong>de</strong> das<br />
Kloster an <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Kirche weitgehendabgebrochen.<br />
Ein<br />
Klostergebäu<strong>de</strong>,<br />
Teile <strong>de</strong>s Kreuzganges<br />
und <strong>de</strong>s<br />
Gelän<strong>de</strong>s an<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Kirche wur<strong>de</strong>n<br />
jedoch von<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>ev</strong>angelischenGemein<strong>de</strong><br />
erworben<br />
und das Klostergebäu<strong>de</strong><br />
in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Folgezeit in ein dringend benötigtes Gemein<strong>de</strong>zentrum umgewan<strong>de</strong>lt.<br />
Außer<strong>de</strong>m wur<strong>de</strong> 1910 (die Gemein<strong>de</strong> war auf über 1500<br />
Gemein<strong>de</strong>glie<strong><strong>de</strong>r</strong> angewachsen) <strong><strong>de</strong>r</strong> Beschluss gefasst von nun an die<br />
ganze Kirche für <strong>de</strong>n Gottesdienst zu verwen<strong>de</strong>n.<br />
Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> 1913 beginnen<strong>de</strong>n Umbau- und Renovierungsarbeiten wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Lettner um ein Joch nach hinten versetzt, die Weil-Orgel abgerissen und<br />
im Eingangsbereich die Orgelempore und darauf die hochromantische<br />
Orgel <strong><strong>de</strong>r</strong> Fima Link aus Giengen an <strong><strong>de</strong>r</strong> Brenz errichtet. So erhielt die<br />
<strong>Christus<strong>kirche</strong></strong> im Wesentlichen ihren heutigen Charakter.
27<br />
________________<br />
Bil<strong><strong>de</strong>r</strong> in diesem Kapitel:<br />
Bild 1: preußischer Soldat um 1860; Bild 2: Friedrich Wilhelm IV; Bild 3: die<br />
<strong>ev</strong>angelische „Stadt<strong>kirche</strong>“ im Jahr 1855; Bild 4: <strong><strong>de</strong>r</strong> ursprüngliche<br />
Gottesdienstraum im Chorraum <strong><strong>de</strong>r</strong> Kirche; Bild 5: <strong>Die</strong> Kirche mit <strong>de</strong>m<br />
angrenzen<strong>de</strong>n Klostergebäu<strong>de</strong>n vor <strong><strong>de</strong>r</strong>en Abbruch.<br />
<strong>Die</strong> Kirche <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Protestanten (Teil II)<br />
o<strong><strong>de</strong>r</strong> die geliebte / ungeliebte<br />
Kirche<br />
(<strong>Die</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
<strong>Christus<strong>kirche</strong></strong> Teil VII)<br />
Am 5.7. <strong>de</strong>s Jahres 1914 konnte<br />
das „neue“ alte Gotteshaus, das -<br />
wie schon im letzten Teil dieser<br />
Reihe erwähnt - nach Umbaumaßnahmen<br />
<strong>de</strong>m heutigen<br />
Charakter <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Christus<strong>kirche</strong></strong><br />
schon sehr nahe kam, mit einem<br />
Gottesdienst feierlich in Gebrauch<br />
genommen wer<strong>de</strong>n.<br />
Trotz<strong>de</strong>m war (wahrscheinlich<br />
eher vor <strong>de</strong>m Umbau) die<br />
protestantische Gemein<strong>de</strong> bereit,<br />
wie Jacobi schreibt „gegen<br />
Erstattung <strong><strong>de</strong>r</strong> Baukosten eines ihren Bedürfnissen entsprechen<strong>de</strong>n<br />
Gotteshauses die Kirche <strong><strong>de</strong>r</strong> katholischen Gemein<strong>de</strong> wie<strong><strong>de</strong>r</strong>um<br />
abzutreten.“ <strong>Die</strong> Verhandlungen hierzu scheiterten jedoch.<br />
Auch wenn die Kirche während <strong><strong>de</strong>r</strong> bei<strong>de</strong>n Weltkriege nur einen<br />
verhältnismäßig geringen Scha<strong>de</strong>n nahm (so wur<strong>de</strong>n im zweiten Weltkrieg<br />
etwa die Fenster <strong><strong>de</strong>r</strong> Nordseite völlig zertrümmert und das Dach von<br />
Granaten mehrfach getroffen, ohne dass jedoch die Decke <strong>de</strong>s<br />
Kirchenschiffes durchschlagen wur<strong>de</strong>), stellte die Erhaltung <strong><strong>de</strong>r</strong> Kirche die<br />
Gemein<strong>de</strong> immer wie<strong><strong>de</strong>r</strong> vor große (finanzielle) Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen.<br />
Gera<strong>de</strong> auch nach <strong>de</strong>m 1. Weltkrieg war dies spürbar, da die
28<br />
Gemein<strong>de</strong>finanzen, die zum großen Teil in Kriegsanleihen geflossen<br />
waren, fast völlig am Bo<strong>de</strong>n lagen und auch die gemein<strong>de</strong>eigenene<br />
Stiftungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Inflation zum Opfer fielen.<br />
An größeren Reparaturen und Baumaßnahmen sind zu nennen: die recht<br />
umfangreiche Renovierung vor <strong><strong>de</strong>r</strong> 100-Jahrfeier 1954, bei <strong><strong>de</strong>r</strong> die<br />
schlimmsten Kriegsschä<strong>de</strong>n an Kirche und Gemein<strong>de</strong>saal beseitigt<br />
wur<strong>de</strong>n. Hier wur<strong>de</strong> auch das Kirchendach neu verschiefert und die alte<br />
Warmwasserheizung durch eine Warmluftheizung ersetzt. Im Jahr 1954<br />
konnte außer<strong>de</strong>m <strong><strong>de</strong>r</strong> Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>garten Läufstrasse an <strong><strong>de</strong>r</strong> Kirche eingeweiht<br />
und das Gemein<strong>de</strong>haus ausgebaut wer<strong>de</strong>n.<br />
1956 wur<strong>de</strong> dann <strong><strong>de</strong>r</strong> Lettner aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Kirche entfernt und das ganze Kircheninnere<br />
erhielt einen neuen Anstrich.<br />
1964 fand eine Erneuerung <strong>de</strong>s Westgiebels<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Christus<strong>kirche</strong></strong> statt, wobei im Westchor <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Schlussstein mit <strong>de</strong>m Wappen <strong>de</strong>s Erbauers<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> ehemaligen Franziskaner<strong>kirche</strong> <strong>de</strong>s Kölner<br />
Erzbischofs und Kurfürsten <strong>Die</strong>trich von Moers<br />
gefun<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong>.<br />
All diese Bemühungen verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>ten jedoch<br />
nicht, dass es 1969 fast zu einer Katastrophe<br />
kam: Steine <strong><strong>de</strong>r</strong> Kirche fielen von oben auf die<br />
Hochstraße. Nähere Untersuchungen brachten<br />
betrübliche Erkenntnisse: Der weiche Tuffstein<br />
war in weiten Bereichen <strong><strong>de</strong>r</strong> Außenfront so<br />
stark zersetzt, dass großflächige Erneuerungen<br />
einschließlich <strong><strong>de</strong>r</strong> Fenster notwendig wur<strong>de</strong>n. Konstruktionsmängel am<br />
Dach und am Glockenturm mussten behoben wer<strong>de</strong>n. Das Holz war vom<br />
Hausbock befallen.<br />
Zunächst schienen die Schä<strong>de</strong>n so groß und die Kosten zur<br />
Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>herstellung <strong><strong>de</strong>r</strong>art immens, dass tatsächlich <strong>de</strong> Gedanke aufkam,<br />
die Kirche aufzugeben und abzureißen. Schließlich entschloss man sich<br />
aber doch zu renovieren. Bis Mai 1974 zogen sich die Arbeiten hin und<br />
verschlangen mehr als 1 Million DM.
29<br />
Von 1995 bis 1997 wur<strong>de</strong><br />
zu<strong>de</strong>m die Link-Orgel<br />
weitestgehend in ihren<br />
ursprünglichen Zustand als<br />
hochromantische Orgel von<br />
1914 zurückversetzt. (Sie<br />
hatte 1938 durch einen<br />
Umbau ihren ursprünglichen<br />
Charakter verloren, und<br />
wur<strong>de</strong> im Laufe <strong><strong>de</strong>r</strong> Jahre<br />
auch durch mangeln<strong>de</strong><br />
Pflege klanglich immer<br />
unzureichen<strong><strong>de</strong>r</strong>.) <strong>Die</strong>se<br />
historische Rückführung kostete die Gemein<strong>de</strong> zwar 555.000 DM war<br />
aber immer noch um etwa die Hälfte preiswerter als ein ursprünglich<br />
angedachter Orgelneubau.<br />
Im Februar 1998 konnte die Orgel in einem feierlichen Gottesdienst<br />
eingeweiht wer<strong>de</strong>n. Mit ihr verfügt die <strong>Christus<strong>kirche</strong></strong> über ein Instrument,<br />
das klanglich auch in <strong><strong>de</strong>r</strong> weiteren Region ihres gleichen sucht.<br />
Eine eher kleine aber <strong>de</strong>nnoch interessante „Umbaumaßnahme“ in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Kirche war das Ersetzen <strong>de</strong>s alten, wackligen Abendmahlstisches im<br />
vor<strong><strong>de</strong>r</strong>en Teil <strong>de</strong>s Chorraumes durch<br />
<strong>de</strong>n nun dort befindlichen Altartisch.<br />
Er wur<strong>de</strong> im Jahre 1996 von <strong>de</strong>n<br />
Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong>de</strong>s Ausschusses für<br />
Theologie und Gottesdienst<br />
gemeinsam entworfen und von<br />
unserem ehemaligen Presbyter<br />
Wolfgang Speer im Keller seines<br />
Hauses, in recht engen häuslichen<br />
Verhältnissen gebaut.<br />
Auch wenn gewiss noch viel über<br />
das gottesdienstliche und kulturelle Leben in <strong><strong>de</strong>r</strong> heutigen <strong>Christus<strong>kirche</strong></strong><br />
zu berichten wäre, so möchte ich diesen Abriss zur <strong>Geschichte</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Franziskaner<strong>kirche</strong> in An<strong><strong>de</strong>r</strong>nach an dieser Stelle mit ein paar sehr<br />
persönlichen Gedanken beschließen und für weitere Information etwa auf<br />
unsere Festschrift zur 150-Jahrfeier verweisen.
30<br />
Nach nun über 150 Jahren <strong>de</strong>s Gebrauchs<br />
ist unsere <strong>Christus<strong>kirche</strong></strong> ein kaum noch<br />
wegzu<strong>de</strong>nken<strong>de</strong>s I<strong>de</strong>ntitätsmerkmal unserer<br />
Gemein<strong>de</strong> gewor<strong>de</strong>n.<br />
Unsere Gemein<strong>de</strong> hat dabei die<br />
Verantwortung für ein Kulturgut<br />
übernommen, das nüchtern betrachtet für<br />
unsere Gemein<strong>de</strong>arbeit im engeren Sinne<br />
nicht unbedingt nötig wäre, zumal im Jahre<br />
1967 mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Fertigstellung <strong><strong>de</strong>r</strong> Kreuz<strong>kirche</strong><br />
in <strong><strong>de</strong>r</strong> Südstadt <strong><strong>de</strong>r</strong> Traum <strong><strong>de</strong>r</strong> Grün<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
unserer Kirchengemein<strong>de</strong> von einer<br />
„eigenen“ <strong>ev</strong>angelischen Kirche in<br />
An<strong><strong>de</strong>r</strong>nach in Erfüllung gegangen ist.<br />
Für mich war es bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Durchsicht <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
geschichtlichen Aufzeichnungen unserer<br />
Gemein<strong>de</strong> interessant zu erfahren, dass wir<br />
im Grun<strong>de</strong> heute noch – wenn auch auf<br />
einem ganz an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Niveau - an <strong>de</strong>nselben<br />
Dingen „lei<strong>de</strong>n“ wie die ersten<br />
Evangelischen, die in <strong><strong>de</strong>r</strong> Kirche ehemaligen<br />
Franziskaner<strong>kirche</strong> Gottesdienste gefeiert<br />
haben.<br />
Auch heute noch ist die Kirche gemessen am sonntäglichen<br />
Gottesdienstbesuch viel zu groß – wenn man einmal von beson<strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />
Fest- und Festtagsgottesdiensten absieht.<br />
Trotz immer wie<strong><strong>de</strong>r</strong> verbesserter Mikroanlage ist und bleibt die Akustik in<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Kirche zumin<strong>de</strong>st schwierig und die Heiz- und Erhaltungskosten<br />
stehen im Grun<strong>de</strong> in keinem Verhältnis zu <strong>de</strong>m Gebrauch <strong><strong>de</strong>r</strong> Kirche<br />
durch unsere Gemein<strong>de</strong>. Z. Zt. wer<strong>de</strong>n Dach- und Außenfassa<strong>de</strong> wie<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
einmal für 800 000 € renoviert und nächste größere Renovierung ist<br />
spätestens in 50 Jahren absehbar.<br />
Ihre Stärke zeigt diese Kirche eben nicht im normalen <strong>ev</strong>angelischen<br />
Gottesdienst. Sie liegt vielmehr in ihrer Atmosphäre, in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Raumerfahrung, die man in ihr machen kann. Das spürt man beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s in<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Kulturnacht, wenn die Bestuhlung <strong><strong>de</strong>r</strong> Kirche ausgeräumt ist und<br />
Jugendliche unserer Gemein<strong>de</strong> mit Hilfe von Kerzen aber auch bunten
31<br />
Lichteffekten und eher meditativen Gottesdienstformen <strong><strong>de</strong>r</strong> Kirche etwas<br />
von <strong><strong>de</strong>r</strong> Atmosphäre wie<strong><strong>de</strong>r</strong>geben, für die sie ursprünglich einmal errichtet<br />
wor<strong>de</strong>n war.<br />
Aber auch sonst ist unsere<br />
<strong>Christus<strong>kirche</strong></strong> wie geschaffen<br />
für das persönliche Gebet und<br />
das zur Ruhe kommen durch<br />
die Erfahrung <strong>de</strong>s Raumes.<br />
Nicht umsonst gehört sie zu <strong>de</strong>n<br />
eher wenigen verlässlich<br />
geöffneten <strong>ev</strong>angelischen<br />
Kirchen.<br />
Und nicht umsonst wird sie<br />
gerne für atmosphärische<br />
Gottesdienste wie etwa<br />
Trauungen genutzt.<br />
Als Gemein<strong>de</strong> stehen wir m.E. in Zukunft vor einer doppelten Aufgabe:<br />
Zum einen geht es darum unsere Gottesdienstgemein<strong>de</strong> stärker in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Kirche zu sammeln, um <strong>ev</strong>angelische Gottesdienste in ihr wirklich feiern<br />
zu können. Unser Ausschuss für Theologie und Gottesdienst hat hier<br />
durch eine Umsetzung <strong><strong>de</strong>r</strong> Bestuhlung und <strong>de</strong>s Altartisches schon gute<br />
I<strong>de</strong>en entwickelt.<br />
Zum an<strong><strong>de</strong>r</strong>en gilt es, Phantasie zu entwickeln, wie wir die Stärken unserer<br />
Kirche, die gera<strong>de</strong> in ihrer Atmosphäre und <strong><strong>de</strong>r</strong> Raumerfahrung liegen für<br />
unser Gemein<strong>de</strong>leben und darüber hinaus zu nutzen.<br />
Vielleicht durch Gottesdienstformen, in <strong>de</strong>nen wir auch durch Bewegung,<br />
diesen Raum erschließen.<br />
Aber auch durch verstärkte Kulturarbeit in <strong><strong>de</strong>r</strong> Kirche durch Ausstellungen,<br />
Konzerte etc.<br />
Auf Dauer wird ein Kulturgut wie unsere <strong>Christus<strong>kirche</strong></strong> nur Bestand haben<br />
können, wenn es Bezugspunkt und Heimat wird - auch für Menschen über<br />
unsere Gemein<strong>de</strong>grenzen hinaus.
32<br />
Zu <strong>de</strong>n Bil<strong><strong>de</strong>r</strong>n in diesem Kapitel:<br />
Bild 1: Das Innere <strong><strong>de</strong>r</strong> Stadt<strong>kirche</strong> um ca. 1950; Bild 2: <strong>Die</strong> <strong>Christus<strong>kirche</strong></strong> mit<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> neu errichteten Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>tagesstätte 1954; Bild 3: die restaurierte Orgel in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
<strong>Christus<strong>kirche</strong></strong>; Bild 4: <strong>Die</strong> bunten Wandbehänge in <strong><strong>de</strong>r</strong> Kirche wur<strong>de</strong>n von<br />
Schülern geschaffen und 1985 in <strong><strong>de</strong>r</strong> Kirche aufgehängt. Auch wenn sie für<br />
manche in <strong><strong>de</strong>r</strong> heutigen Gesamtkonzeption <strong>de</strong>s Gebäu<strong>de</strong>s wie Fremdkörper<br />
wirken, so geben sie doch ehesten einen Eindruck von mittelalterlichen Buntheit<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Kirche wie<strong><strong>de</strong>r</strong>; Bild 5: Das Emblem für verlässlich geöffnete Kirchen unserer<br />
Lan<strong>de</strong>s<strong>kirche</strong> ist auch an <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Christus<strong>kirche</strong></strong> zu fin<strong>de</strong>n (Bild von <strong><strong>de</strong>r</strong> Verleihung<br />
<strong>de</strong>s Emblems 2010); Bild 6: <strong>Die</strong> angeleuchtete Kirche in <strong><strong>de</strong>r</strong> Kulturnacht
Anhang:<br />
33<br />
In <strong><strong>de</strong>r</strong> Reihe „An<strong><strong>de</strong>r</strong>nacher re<strong>de</strong>n über die <strong>Christus<strong>kirche</strong></strong>“ in unserem<br />
Gemein<strong>de</strong>brief wur<strong>de</strong> auch <strong><strong>de</strong>r</strong> römisch-katholische Pfarrer und Dechant<br />
Lutz Schultz zu seinem persönlichen Verhältnis zur <strong>Christus<strong>kirche</strong></strong> gefragt.<br />
Er antwortete wie folgt:<br />
„Seit vierzehn Jahren bin ich katholischer Pastor<br />
in An<strong><strong>de</strong>r</strong>nach, seit vierzehn Jahren ist mir die<br />
<strong>ev</strong>angelische <strong>Christus<strong>kirche</strong></strong> vertraut. Natürlich<br />
beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s durch die ökumenischen<br />
Gottesdienste, die wir hier gefeiert haben.<br />
Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s erinnere ich mich an <strong>de</strong>n ersten<br />
ökumenischen Silvestergottesdienst 1999 - "Mit<br />
<strong>de</strong>m Stab <strong><strong>de</strong>r</strong> Hoffnung in <strong><strong>de</strong>r</strong> Hand". Daraus ist<br />
mittlerweile schon eine Tradition gewor<strong>de</strong>n,<br />
schon elfmal haben wir das Jahr ökumenisch<br />
beschlossen, auch das kleine zehnjährige Jubiläum an Silvester 2008<br />
haben wir in <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Christus<strong>kirche</strong></strong> gefeiert. Ein ökumenischer Höhepunkt war<br />
natürlich auch die Gründung <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen<br />
ACK am 22. November 2006. Das waren die Höhepunkte. Dazwischen<br />
gab es viele Schulgottesdienste und Trauungen und dieses Jahr im<br />
Gemein<strong>de</strong>saal die ökumenischen Bibelgespräche. <strong>Die</strong> <strong>Christus<strong>kirche</strong></strong> ist<br />
für mich in all <strong>de</strong>n Jahren ein ökumenischer Lernort gewor<strong>de</strong>n, wo ich<br />
mein Denken erweitert und meinen Glauben vertieft habe.<br />
Lutz Schultz,<br />
Pastor <strong><strong>de</strong>r</strong> kath. Pfarreiengemeinschaft An<strong><strong>de</strong>r</strong>nach
Spen<strong>de</strong>n erwünscht !<br />
34<br />
Wie schon erwähnt stan<strong>de</strong>n und stehen bei unserer <strong>Christus<strong>kirche</strong></strong> im<br />
Jahre 2010 und 2011 Erhaltungsmaßnahmen an, die unsere Gemein<strong>de</strong><br />
ca. 800 000 € kosten wer<strong>de</strong>n.<br />
<strong>Die</strong>s kann zum Teil nur durch die Aufnahme von Darlehen geschehen, die<br />
in <strong>de</strong>n kommen<strong>de</strong>n Jahren zurückgezahlt wer<strong>de</strong>n müssen. Gleichzeitig<br />
müssen neue Rücklagen gebil<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n, da schon jetzt die nächste,<br />
größere Instandsetzungsmaßnahme absehbar ist.<br />
Daher danken wir als Kirchengemein<strong>de</strong> all <strong>de</strong>nen, die uns bisher in<br />
unseren Bemühungen um <strong>de</strong>n Erhalt <strong><strong>de</strong>r</strong> ehemaligen Franziskaner<strong>kirche</strong><br />
in An<strong><strong>de</strong>r</strong>nach unterstütz haben und freuen uns auch weiterhin über je<strong>de</strong><br />
Spen<strong>de</strong>.<br />
Wer <strong>de</strong>n Erhalt eines <strong><strong>de</strong>r</strong> wohl geschichtsträchtigsten Gebäu<strong>de</strong> in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
An<strong><strong>de</strong>r</strong>nacher Innenstadt unterstützen will, kann dies gerne über Konto <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Evangelischen Kirchengemein<strong>de</strong> An<strong><strong>de</strong>r</strong>nach Kto-Nr. 198 125 908 (BLZ<br />
576 500 10), Kreissparkasse Mayen, Hauptzweigstelle An<strong><strong>de</strong>r</strong>nach<br />
unter <strong>de</strong>m Stichwort „Erhalt <strong>Christus<strong>kirche</strong></strong>“ tun. Spen<strong><strong>de</strong>r</strong>innen und<br />
Spen<strong><strong>de</strong>r</strong> sollten nicht vergessen, Ihren Namen und Ihre Adresse<br />
anzugeben, damit ihnen eine Spen<strong>de</strong>nbescheinigung zugeschickt wer<strong>de</strong>n<br />
kann.
Benutzte Quellen:<br />
35<br />
Dr. Franz Jacobi Das Franziskanerkloster in An<strong><strong>de</strong>r</strong>nach Münster 1936<br />
Paul Clemen (Hg.) <strong>Die</strong> Kunst<strong>de</strong>nkmäler <strong><strong>de</strong>r</strong> Rheinprovinz<br />
/ <strong>Die</strong> Kunst<strong>de</strong>nkmäler <strong>de</strong>s Kreises<br />
Mayen / 17.Band / II. Abteilung / 1.<br />
Halbband, S. 124-138<br />
Helmuth Viertel (Hg.) 100 Jahre Evangelische<br />
Evangelische<br />
Kirchengemein<strong>de</strong><br />
An<strong><strong>de</strong>r</strong>nach (Hg.)<br />
Jubiläumsausschuss<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Evangelischen<br />
Kirchengemein<strong>de</strong><br />
An<strong><strong>de</strong>r</strong>nach (Hg.)<br />
Kirchengemein<strong>de</strong> An<strong><strong>de</strong>r</strong>nach<br />
Link Orgel in <strong><strong>de</strong>r</strong> Evangelischen<br />
Kirchengemein<strong>de</strong> An<strong><strong>de</strong>r</strong>nach<br />
Vertrauen wagen – Vielfalt bewahren<br />
150 Jahre Evangelische<br />
Kirchengemein<strong>de</strong> An<strong><strong>de</strong>r</strong>nach<br />
Düsseldorf<br />
1941<br />
An<strong><strong>de</strong>r</strong>nach<br />
1955<br />
An<strong><strong>de</strong>r</strong>nach<br />
1998<br />
An<strong><strong>de</strong>r</strong>nach<br />
2004<br />
Impressum:<br />
Der Gemein<strong>de</strong>brief <strong><strong>de</strong>r</strong> Ev. Kirchengemein<strong>de</strong> An<strong><strong>de</strong>r</strong>nach erscheint 4-mal jährlich<br />
in einer Auflage von 3.800 Exemplaren. - Dazu erscheinen Son<strong><strong>de</strong>r</strong>ausgaben in<br />
kleineren Auflagen.<br />
Herausgeber ist das Presbyterium <strong><strong>de</strong>r</strong> Evangelischen Kirchengemein<strong>de</strong><br />
An<strong><strong>de</strong>r</strong>nach durch <strong>de</strong>n Ausschuss für Öffentlichkeit: Fr. Baumann, Hr. Horn, Hr.<br />
Heinemann, Hr. Knoche, Fr. Lesmeister, Hr. Riebe, Hr. Schulte<br />
Inhaltlich verantwortlich für diese Aufgabe ist Pfarrer Christian Schulte.
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Kurze <strong>Geschichte</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Minoriten<strong>kirche</strong> in An<strong><strong>de</strong>r</strong>nach<br />
<strong>Die</strong> heutige <strong>Christus<strong>kirche</strong></strong> wur<strong>de</strong> ca. 1245 bis 1450 als Kloster<strong>kirche</strong><br />
eines vom Grafen von Virneburg gestifteten Minoritenklosters<br />
gebaut.<br />
Ursprünglich war sie <strong>de</strong>m Heiligen Nikolaus geweiht.<br />
<strong>Die</strong> Kirche wur<strong>de</strong> über lange Zeit eine b<strong>ev</strong>orzugte Begräbnisstätte<br />
<strong>de</strong>s rheinischen A<strong>de</strong>ls und später <strong><strong>de</strong>r</strong> vornehmen An<strong><strong>de</strong>r</strong>nacher<br />
Familien. Von daher sind die viele Wappen an <strong><strong>de</strong>r</strong> Kirchen<strong>de</strong>cke zu<br />
erklären.<br />
1802 wur<strong>de</strong>n Kloster und Kirche durch die französische<br />
Besatzungsmacht aufgehoben und verweltlicht. Das Kloster wur<strong>de</strong><br />
zeitweise als Kaserne und Gefängnis, die Kirche als Magazin und<br />
Pfer<strong>de</strong>stall genutzt.<br />
1854 übergab <strong><strong>de</strong>r</strong> preußische König Friedrich Wilhelm IV durch<br />
Kabinettsbefehl die Kirche <strong><strong>de</strong>r</strong> neu gegrün<strong>de</strong>ten <strong>ev</strong>angelischen<br />
Kirchengemein<strong>de</strong> An<strong><strong>de</strong>r</strong>nach.<br />
Zunächst benutzte die recht kleine Gemein<strong>de</strong> nur <strong>de</strong>n Chorraum <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Kirche für ihre Gottesdienste.<br />
1902 wur<strong>de</strong> das Kloster an <strong><strong>de</strong>r</strong> Kirche weitgehend abgebrochen und<br />
die Kirche in <strong>de</strong>n Folgejahren renoviert. <strong>Die</strong> Kirchengemein<strong>de</strong> nutzte<br />
nun die ganze Kirche.<br />
Nach <strong>de</strong>m zweiten Weltkrieg wur<strong>de</strong> die Kirche wie<strong><strong>de</strong>r</strong> hergestellt und<br />
1969 bis 1977 gründlich renoviert. Teilweise galt die Kirche als so<br />
baufällig, dass ernsthaft über ihren Abbruch nachgedacht wur<strong>de</strong>.<br />
1996-1998 wur<strong>de</strong> die Linkorgel in ihren Originalzustand als<br />
romantische Orgel zurückversetzt.<br />
In <strong>de</strong>n Jahren 2010 und 2011 wer<strong>de</strong>n das Dach und die<br />
Außenfassa<strong>de</strong>n für ca. 800 000 € gründlich renoviert.