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TRAVEL<br />
Jesus Maria / Sierra Nayarita / Nayarit: Osterzeremonie<br />
ginne ich, mich mit dem Element Wasser anzufreunden, und<br />
erfahre gleichzeitig, wie Wasser mich durchlässig werden lässt.<br />
Von hier werde ich zu meinem Ort der Erkenntnis geführt – Tepic.<br />
In der Hauptstadt des Bundesstaates Nayarit finde ich den<br />
idealen Platz, um mich während zehn Monaten in einen tiefen<br />
Prozess einzulassen. Ich ziehe mich zurück und werde zum Einsiedler.<br />
Die Dimension Zeit hat sich sowieso schon kurz nach<br />
meiner Abreise aus der Schweiz aufgelöst. Meditationen, Rituale,<br />
ein Aufgabenbuch, Astrologie, Maya-Überlieferungen, tagelanges<br />
Beobachten der Flora und Fauna im nebenan liegenden<br />
Park sowie des Himmels bei Tag und bei Nacht bestimmen den<br />
Lebensrhythmus. Diese und weitere Hilfsmittel und Werkzeuge<br />
unterstützen mich beim Auffinden, Ausleuchten und Aufarbeiten<br />
meiner Schattenseiten. Ich praktiziere eine tiefgreifende<br />
Seelenreinigung. Dank dem Beobachten der Natur erkenne ich<br />
meinen Körper als den viel zitierten Mikrokosmos: Es ist die<br />
sprichwörtliche Umkehr vom Aussen ins Innen, in die spirituelle<br />
Dimension. Die Anzahl der Sterne werden in unseren Billiarden<br />
von Synapsen im Gehirn gespiegelt; unser Skelett wächst ähnlich<br />
wie jeder Baum mit Stamm und Ästen; unsere Haut erneuert<br />
sich, so wie das Laub und die verletzte Haut vernarbt wie<br />
die Baumrinde nach einer zugefügten Wunde. Die fast täglich<br />
praktizierten Yoga-Übungen helfen mir immer wieder, im Hier<br />
und Jetzt zu bleiben. Der Prozess zeigt in der Tiefe meines Bewusstseins<br />
nicht nur meine Aufgabe in der Ursprungsfamilie auf,<br />
sondern deutet mir in der Folge auch meine Lebensaufgabe an.<br />
Die mentale Klarheit, mit welcher ich nun unterwegs bin, hat<br />
meinen Blick geschärft, vergleichbar mit dem Hubble-Teleskop,<br />
das den Blick in die Tiefe des Universums freigibt. Ich fühle mich<br />
komplett aufgeräumt. Die Klarheit manifestiert sich unter anderem<br />
im Innern durch das Erkennen neuer Fähigkeiten und<br />
im Aussen durch ein verändertes Verantwortungsbewusstsein.<br />
Selbst bei Gedanken und Gefühlen werden das Ausmass und<br />
die Grenze meiner Verantwortung erkennbar. Und auch das Unterscheiden<br />
zwischen Ursache und Symptom ist mit einem Mal<br />
so einfach geworden, wie das Unterscheiden zwischen Tag und<br />
Nacht.<br />
Santiagos Abreise: Bei meiner Abreise aus Tepic weiss ich noch<br />
nicht, welch weitere Abenteuer auf mich warten. Eine Rückkehr<br />
in die Schweiz ist zu dieser Zeit noch kein Thema; nicht einmal<br />
ein Besuch lockt mich. Mit Sicherheit weiss ich nur dies: Ich<br />
werde meine Reise fortsetzen. Die Schätze, welche ich bis jetzt<br />
entdeckt habe, sind wahrlich nicht mit Gold aufzuwiegen. Allein<br />
schon das Erkennen meiner «wahren» Persönlichkeit, ohne die<br />
angelernten oder übergestülpten Verhaltensmuster und ohne<br />
die familiäre Prägung, kann ich nicht in Worte fassen. Das Wissen,<br />
was meine Lebensaufgabe ist, welchen Weg ich dadurch<br />
einzuschlagen habe und welches Ziel ich bis ans Lebensende<br />
verfolgen möchte, hat für mich eine noch nicht greifbare Dimension<br />
bekommen. Die Wichtigste aller Erfahrungen zeigt sich<br />
mir im neu gefundenen Verständnis der Vaterrolle: Die Liebe zu<br />
meinen beiden Kindern überstrahlt alles. Die beiden motivieren<br />
mich, dranzubleiben am Prozess, so schwierig er auch sein mag,<br />
und meinen Weg mit allen Konsequenzen weiterzuverfolgen.<br />
Der Autor<br />
Roland Hänggi<br />
Weg-Weiser & Visionär<br />
Stägmatt 28<br />
CH–3302 Moosseedorf<br />
wegweiser20<strong>15</strong>@gmail.com<br />
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