WOW! 2/15
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
LIFESTYLE<br />
Gerade in der Beratung sei die Lebenserfahrung entscheidend<br />
für den Erfolg. Ein KMU, das nach China<br />
expandieren möchte, will sich nicht von einem 30-Jährigen<br />
beraten lassen. Erfahrung als Asset – darauf setzt<br />
auch der Outplacementberater und promovierte Neuropsychologe<br />
Toni Nadig. Er ist Co-Autor eines Buches<br />
über die berufliche Neuorientierung mit über 50 und ist<br />
überzeugt: «Dass man ab 50 abgeschrieben ist auf dem<br />
Arbeitsmarkt, ist ein Klischee.» Die Schweiz sei im internationalen<br />
Vergleich sogar im vorderen Drittel punkto<br />
Beschäftigung von Älteren, meint der Fachmann, der<br />
vor kurzem einen 58-jährigen Kunden hatte, der bei der<br />
CS als Leasing-Spezialist Unterschlupf fand.<br />
Tatsächlich zeigen die Statistiken keine krassen Anomalien<br />
für die über 50-Jährigen. Die Beschäftigungsquote<br />
der 55- bis 64-Jährigen liegt in der Schweiz mit 70 Prozent<br />
im OECD-Vergleich sehr hoch.<br />
Pepe Lienhard, unermüdlich auch mit 69 Lenzen.<br />
Der Reiz des Downshiftings, etwa per Verlagerung auf<br />
VR-Mandate, ist offensichtlich: Die Pace geht runter,<br />
das Prestige bleibt, und die Honorare auf dieser Stufe<br />
sind attraktiv: «Heute ist die Verwaltungsratstätigkeit<br />
für Topmanager eine echte Alternative zur operativen<br />
Tätigkeit», sagt Sandro Gianella.<br />
Heinz Karrer ist ein weiteres Beispiel: Mit dem Wechsel<br />
ins Präsidium der Economiesuisse eröffneten sich für<br />
den 54-Jährigen neue Perspektiven. Er kam aus dem<br />
durchgetakteten Leben des Axpo-CEO heraus und erhielt<br />
mehr Gestaltungsspielraum für VR-Ämter. Mit der<br />
Marke 50 habe sein Move aber wenig zu tun: «Es tut<br />
mir leid, aber ich kann nicht dienen mit dem viel beschworenen<br />
persönlichen Knick, der sich um 50 einstellen<br />
soll.»<br />
Nicht jeder kann es sich erlauben. Längst nicht jeder,<br />
der aus dem Hamsterrad ausbrechen möchte, kann sich<br />
das finanziell leisten. Middle-Manager werden kaum<br />
mit Angeboten überflutet.<br />
«Don‘t worry, be fifty» – für das persönliche Change-<br />
Projekt taugt der Slogan nur bedingt. Rund ein Drittel<br />
der Jobabsagen bekam Wolfgang Schanzenbach wegen<br />
seines Alters, schätzt er. Auch die fortgeschrittene<br />
Akademisierung drängt Leute wie Schanzenbach, der<br />
in jungen Jahren eine Handelsschule absolvierte, in der<br />
Welt der Grosskonzerne allmählich an den Rand.<br />
Der Anteil der über 50-Jährigen an den Arbeitslosen lag<br />
in der Schweiz im September 2014 bei 23,2 Prozent,<br />
während der Löwenanteil, nämlich 61,4 Prozent, auf<br />
die 25- bis 49-Jährigen fiel. Dass die Schweiz eine hohe<br />
Erwerbsbeteiligung von Älteren hat, ist ein Vorteil.<br />
«Eine hohe Arbeitsmarktbeteiligung der älteren Generation<br />
erleichtert die Finanzierung der Sozialwerke, weil<br />
diese über längere Zeit Lohnbeiträge entrichtet und spiegelbildlich<br />
über kürzere Zeit Renten bezieht», schreiben<br />
die Experten in der September-Ausgabe der «Volkswirtschaft».<br />
Das Potenzial der 55- bis 64-Jährigen sei aber hierzulande<br />
praktisch ausgeschöpft, heisst es. Die Quote<br />
lässt sich kaum noch erhöhen. Auch zeigen die Zahlen,<br />
dass Alter nicht mehr per se vor Entlassung schützt. Die<br />
Gruppe der 50- bis 54-jährigen entlassenen Manager<br />
etwa hat laut den Statistiken der Outplacementgruppe<br />
Grass & Partner letztes Jahr von 12 auf 24 Prozent zugenommen.<br />
Diese Altersgruppe hat auch länger, bis sie wieder eine<br />
Stelle findet. Toni Nadig sagt: «In diesem Alter bestimmt<br />
der Mindset über den Erfolg auf dem Arbeitsmarkt.»<br />
Man müsse seine Fähigkeiten exakt kennen und diese<br />
punktgenau und ohne falsches Understatement verkaufen.<br />
In dieser Situation können wechselwillige Fünfzigjährige<br />
nur mit ihrer Erfahrung, Soft Skills und einem smarten<br />
Auftritt punkten, und das hat im Fall Schanzenbach<br />
Wirkung gezeigt. «Wir achten bei der Diversity nicht<br />
nur auf die Genderfrage, sondern auch auf die Altersdurchmischung»,<br />
sagt Denise Müller, Leiterin HR bei<br />
Switzerland Global Enterprise.<br />
Til Schweiger beweist, dass Mann auch mit 51 noch ein<br />
Frauenschwarm sein kann.<br />
40<br />
<strong>WOW</strong> 2/20<strong>15</strong>