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Die Zeitschrift für stud. iur. und junge Juristen - Iurratio

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Titelthema<br />

Medizinrecht – Einblick in eine Querschnittsmaterie <strong>und</strong><br />

in die Arbeit einer Rechtsanwältin im Medizinrecht<br />

von Vertr.-Prof. Dr. Tanja Henking, LL.M. (Universität Bremen)<br />

Tanja Henking, ist als Rechtsanwältin in der Anwaltskanzlei Dr.<br />

Henking & Töbelmann (www.rae-ht.de) mit dem Schwerpunkt<br />

Medizinrecht tätig. Zugleich ist sie als Universitätslektorin am<br />

Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Bremen beschäftigt<br />

<strong>und</strong> lehrt dort u. a. in ihrem Arbeitsgebiet Medizinstrafrecht.<br />

Sie hat an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf<br />

den Weiterbildungs<strong>stud</strong>iengang Medizinrecht mit dem Erwerb<br />

des Titels LL.M. Medizinrecht abgeschlossen.<br />

A. EINLEITUNG<br />

Der folgende Beitrag gibt einen Einblick auf das vielschichtige <strong>und</strong><br />

spannende Rechtsgebiet Medizinrecht. Er klärt, was unter Medizinrecht<br />

verstanden wird <strong>und</strong> erläutert die Unterspezialisierungen.<br />

Deutlich wird dabei die Interdisziplinarität <strong>und</strong> Komplexität der<br />

Materie, die sich zweifellos als Querschnittmaterie bezeichnen lässt.<br />

Beteiligt sind in unterschiedlicher Ausprägung sämtliche Rechtsgebiete.<br />

Es zeigt sich, dass im Bereich des Medizinrechts Ärzte, <strong>Juristen</strong>,<br />

Pharmakologen <strong>und</strong> Apotheker agieren. Nach einer Beschreibung<br />

folgt aus anwaltlicher Sicht, wie ein Mandat aus dem Arzthaftungsrecht<br />

in der konkreten Ausgestaltung ablaufen kann. Zum Schluss<br />

soll gezeigt werden, wie schon früh eine Spezialisierung auf das Medizinrecht<br />

gelingen kann, z. B. durch den Besuch des Schwerpunkt<strong>stud</strong>iums<br />

Medizinrecht an der Universität Bremen 1 .<br />

<strong>Die</strong> Autorin ist als Rechtsanwältin im Medizinrecht tätig <strong>und</strong> lehrt<br />

zugleich Medizinstrafrecht an der Universität Bremen. Hierdurch gelingt<br />

ein umfassender Überblick über das Medizinrecht <strong>und</strong> soll die<br />

Studierenden anregen, sich mit der Materie näher zu befassen. Dabei<br />

ist sie auf den Gebieten des Arzthaftungsrechts, des Arztstrafrechts<br />

<strong>und</strong> des Zulassungsrechts (Vertragsarztrechts) tätig.<br />

B. BEGRIFFSBESTIMMUNG<br />

Will man das Medizinrecht definieren, lässt es sich als Beziehung zwischen<br />

Arzt/Krankenhaus <strong>und</strong> Patient umschreiben 2 . Angesprochen<br />

ist damit einerseits die schuldrechtliche Seite, andererseits sind aber<br />

auch die Beziehungen zwischen Ärzten untereinander zu nennen<br />

sowie die öffentlich-rechtliche Ausgestaltung 3 . Deutlich wird damit<br />

bereits, dass es sich beim Medizinrecht um eine Querschnittmaterie<br />

handelt. Gerade dies macht das Medizinrecht besonders spannend.<br />

Viele Fragen, die sich im Arztrecht stellen, betreffen den eigenen<br />

Alltag. Jeder Studierende wird im Laufe seines Lebens bereits einmal<br />

Patient gewesen sein <strong>und</strong> wird es wieder werden. Damit wird<br />

Medizinrecht für den einzelnen greifbar. Politische Debatten um<br />

Veränderungen unseres Ges<strong>und</strong>heitssystems mit unterschiedlichen<br />

Denkrichtungen <strong>und</strong> Ansätzen lassen das Medizinrecht auch stets<br />

aktuell wirken <strong>und</strong> zeigen eine permanente Fortentwicklung sowie<br />

Veränderung an.<br />

1 Siehe unter www.jura.uni-bremen.de<br />

2 Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, 6. Auflage, Rn.2.<br />

3 Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, 6. Auflage, Rn.1; Quaas/Zuck, Medizinrecht, 2. Auflage, § 13, Rn.1<br />

ff.; ausführlicher zur Beziehung der Ärzte untereinander § 14, Rn.1 ff.<br />

Themen wie Sterbehilfe, Klonen, Transplantationsmedizin <strong>und</strong> Präimplantationsdiagnostik<br />

betreffen Fragen der modernen Medizin<br />

<strong>und</strong> regen zum Nachdenken an, in welche Richtung sich unsere Gesellschaft<br />

<strong>und</strong> unser Verständnis vom Menschen bewegt. Damit ist<br />

die juristische Debatte oftmals auch eine ethische.<br />

C. MEDIZINRECHT ALS QUERSCHNITTSMATERIE:<br />

BETROFFENE RECHTSGEBIETE<br />

Das Medizinrecht erstreckt sich nicht lediglich auf das Arzthaftungsrecht,<br />

das häufig mit dem Medizinrecht assoziiert wird <strong>und</strong> das auch<br />

in der Anwaltspraxis eine große Rolle einnimmt. Alle drei Fachrichtungen<br />

finden sich im Medizinrecht wieder. Zu nennen sind neben<br />

dem Arzthaftungsrecht das Medizinstrafrecht, das Vertragsarztrecht,<br />

das Berufsrecht, das Pflegerecht, das Gesellschaftsrecht der Heilberufe<br />

oder das Gebührenrecht für Ärzte. Damit fällt zugleich auf, dass<br />

auch ein erheblicher sozialrechtlicher Einschlag zu verzeichnen ist.<br />

Es fällt dabei auch auf, dass das Medizinrecht eine große Bandbreite<br />

aufweist <strong>und</strong> zumeist eine Spezialisierung innerhalb der Spezialmaterie<br />

Medizinrecht erfolgt.<br />

D. FACHANWALTSORDNUNG ALS ORIENTIERUNG<br />

Seit 2004 ist der Fachanwalt für Medizinrecht eingeführt worden. Anhand<br />

des Katalogs des § 14b FAO lässt sich gut ein Überblick über die<br />

Vielgestaltigkeit des Medizinrechts gewinnen. Aufgeführt sind dort:<br />

Recht der medizinischen Behandlung (Zivilrecht <strong>und</strong> Strafrecht),<br />

Recht der privaten <strong>und</strong> gesetzlichen Krankenversicherung, Berufsrecht<br />

der Heilberufe, Vertrags- <strong>und</strong> Gesellschaftsrecht der ärztlichen<br />

Heilberufe, Vergütungsrecht der Heilberufe, Krankenhausrecht, Arzneimittel-<br />

<strong>und</strong> Medizinprodukterecht <strong>und</strong> Apothekenrecht.<br />

Damit ist das Medizinrecht aber immer noch nicht vollständig umrissen.<br />

Gerade dem „klassischen“ Arztrecht wird man Fragen r<strong>und</strong><br />

um die Themen Sterbehilfe, Patientenverfügungen, Transplantationsmedizin,<br />

Neugeboreneneuthanasie, <strong>und</strong> vielem mehr zuordnen.<br />

E. BESONDERHEIT: INTERDISZIPLINÄRES ARBEITEN<br />

Ein Aspekt bei der Arbeit als Medizinrechtlerin ist jedoch im Besonderen<br />

zu betonen: <strong>Die</strong> Arbeit erfolgt nicht lediglich intradisziplinär<br />

innerhalb des Rechts, sondern interdisziplinär im Bereich der Medizin.<br />

Ein medizinisches Gr<strong>und</strong>verständnis <strong>und</strong> ein Verständnis für<br />

den Beruf des Arztes sowie dessen Arbeitsumfeld sind zur Bearbeitung<br />

eines Mandates im Medizinrecht unerlässlich. Hierzu ist der Erwerb<br />

eines Fachvokabulars unverzichtbar. Man sollte sich auf der einen<br />

Seite bewusst sein, dass man als Juristin stets nur Spezialistin für<br />

die eigene Disziplin sein kann <strong>und</strong> daher auch die eigenen Grenzen<br />

erkennt. Auf der anderen Seite kommuniziert man mit Menschen,<br />

die ein anderes Fachvokabular sprechen. Daher sollte man durchaus<br />

im Gespräch mit Sachverständigen in der Lage sein, medizinische<br />

Ausdrücke richtig auszusprechen <strong>und</strong> sicher zu verwenden. Da man<br />

als Medizinrechtlicher/in jedoch mal mit der misslungenen Knie-OP<br />

<strong>und</strong> beim nächsten Mal mit der misslungenen Bauchdeckenplastik<br />

befasst ist, wechselt das Vokabular ständig <strong>und</strong> erweitert sich.<br />

140<br />

<strong>Iurratio</strong><br />

Ausgabe 3 / 2011

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