Land und Leute in Estland - Lo-Net 2
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<strong>Land</strong> <strong>und</strong> <strong>Leute</strong> <strong>in</strong> <strong>Estland</strong><br />
Inhaltsverzeichnis<br />
Inhaltsverzeichnis ________________________________________________________1<br />
1. Sitten <strong>und</strong> Gebräuche ___________________________________________________2<br />
1.1. Johannisnacht ______________________________________________________2<br />
1.1.1. Ursprung _______________________________________________________2<br />
1.1.2. Brauchtum/Mittsommerfeste _______________________________________2<br />
1.1.3. Johannisfeuer ___________________________________________________3<br />
1.1.4. Johannisfeste ___________________________________________________3<br />
2. Traditionen s<strong>in</strong>d „<strong>in</strong>“ ____________________________________________________4<br />
2.1. Volksmusik, -tanz <strong>und</strong> Tracht _________________________________________4<br />
3. Musik _________________________________________________________________5<br />
3.1. Musikkultur_________________________________________________________5<br />
4. Theaterkultur __________________________________________________________6<br />
5. Die Leselust der Esten __________________________________________________6<br />
5.1. Jaan Kross _________________________________________________________6<br />
5.2. Die Märchengeschichte vom Riesenhaften Held__________________________7<br />
6. Kul<strong>in</strong>arische Sitten______________________________________________________8<br />
7. Souvenirs _____________________________________________________________8<br />
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<strong>Land</strong> <strong>und</strong> <strong>Leute</strong> <strong>in</strong> <strong>Estland</strong><br />
1. Sitten <strong>und</strong> Gebräuche<br />
Traditionen <strong>und</strong> Trachten werden im ganzen Baltikum gepflegt. Die mittelalterliche<br />
Altstadt Tall<strong>in</strong>ns, mit der an vielen Stellen noch gut erhaltenen Stadtmauer, wurde<br />
1997 von der UNESCO zum Weltkulturerbe ernannt. Nicht nur die häufigen Kulturveranstaltungen<br />
s<strong>in</strong>d erlebenswert, sondern auch die ausgelassenen Feste, wie etwa die,<br />
mit Sonnwendfeuer <strong>und</strong> viel Fröhlichkeit gefeierte, Johannisnacht. "Baltica" ist e<strong>in</strong><br />
<strong>in</strong>ternationales Folklorefest, das jedes Jahr <strong>in</strong> der Hauptstadt e<strong>in</strong>es anderen baltischen<br />
<strong>Land</strong>es stattf<strong>in</strong>det. E<strong>in</strong>e der beliebtesten Veranstaltungen ist im Juni das Tall<strong>in</strong>ner<br />
Altstadtfest. Da gibt es Konzerte, Theater, Ausstellungen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>en großen<br />
Kunstmarkt auf dem Rathausplatz.<br />
1.1. Johannisnacht<br />
1.1.1. Ursprung<br />
Das Datum wurde entsprechend e<strong>in</strong>er Angabe des Lukasevangeliums (1,26.36) vom<br />
liturgischen Datum der Geburt Jesu her errechnet (6 Monate vorher). Im Kirchenjahr<br />
ergab sich daraus sehr passend das (antike) Datum der Sommersonnenwende mit der<br />
wieder abnehmenden Tageslänge, was schon früh auf den Täuferspruch <strong>in</strong> H<strong>in</strong>blick<br />
auf den kommenden Christus bezogen wurde: "Er muss wachsen, ich aber muss abnehmen."<br />
(Johannesevangelium 3,30). Johannes der Täufer ist neben der Gottesmutter<br />
Maria der e<strong>in</strong>zige Heilige, an dessen Geburt e<strong>in</strong> kirchliches Fest er<strong>in</strong>nert; die Gedenktage<br />
der übrigen Heiligen s<strong>in</strong>d meist ihre Todestage. Die katholische Kirche begeht<br />
den Johannistag als Hochfest. Das Datum f<strong>in</strong>det sich auch im Kalender anderer<br />
Kirchen. Johann Sebastian Bach schrieb für den Johannistag die Kantate "Christ, unser<br />
Herr, zum Jordan kam" (BWV 7).<br />
1.1.2. Brauchtum/Mittsommerfeste<br />
E<strong>in</strong> ausgeprägter Brauchtum hat sich um diesen Festtag entwickelt. Zu den Bräuchen<br />
zählte <strong>in</strong> der Johannisnacht der Tanz um das Johannisfeuer. Das Johannisfest f<strong>in</strong>det<br />
se<strong>in</strong>en Höhepunkt <strong>in</strong> den riesigen Feuern, welche vor Sonnenuntergang entzündet<br />
werden. Weit verbreitet ist der Brauch über das Feuer zu spr<strong>in</strong>gen. Das Sommersonnenwendfest<br />
wird heute noch im Baltikum von alten Traditionen begleitet, es hat e<strong>in</strong>e<br />
tiefe symbolische Bedeutung. E<strong>in</strong> Element ist das Pflücken <strong>und</strong> Sammeln von Wie-<br />
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<strong>Land</strong> <strong>und</strong> <strong>Leute</strong> <strong>in</strong> <strong>Estland</strong><br />
senblumen <strong>und</strong> Gräsern, die zur Zeit der Sonnenwende magische Kräfte haben sollen<br />
<strong>und</strong> aus denen Mädchen Blumenkränze flechten. Um Mitternacht <strong>in</strong> der Mittsommernacht<br />
(23.Juni) öffnet sich nur für kurze Zeit die Farnblüte, die nur von Liebenden entdeckt<br />
werden kann.<br />
1.1.3. Johannisfeuer<br />
Das Johannisfeuer (oder Würzfeuer, Nodfeuer) ist<br />
ursprünglich heidnischer <strong>und</strong> im Volksleben fortlebender,<br />
zum Teil auch christianisierter Brauch <strong>und</strong> wird <strong>in</strong> der Nacht<br />
vor dem Johannistag angezündet. Es hängt wohl mit<br />
verschiedenen anderen religiös motivierten Feueropfern<br />
zusammen. Dem Volksglauben nach sollte es Dämonen<br />
abwehren, die böse s<strong>in</strong>d, Krankheiten br<strong>in</strong>gen, Viehschaden<br />
<strong>und</strong> mißwüchsige K<strong>in</strong>der hervorbr<strong>in</strong>gen. Darauf deuten<br />
auch die Strohpuppen, die man <strong>in</strong> manchen Gegenden <strong>in</strong>s Feuer wirft. Insbesondere<br />
sollten auch Hagelschäden abgewehrt werden. In dieser Beziehung deckt sich das<br />
Johannisfeuer auch mit dem Hagelfeuer. E<strong>in</strong> Zusammenhang besteht außerdem mit<br />
dem sogenannten Notfeuer, weshalb es mancherorts auch Nodfeuer genannt wird.<br />
Auch der Hergang ist ziemlich gleich, nur daß der Umlauf mit Fackeln <strong>und</strong> das Umwälzen<br />
e<strong>in</strong>es Rades beim Johannisfeuer besonders hervortritt. Schließlich steht es <strong>in</strong> enger<br />
Verb<strong>in</strong>dung zur am 21. Juni stattf<strong>in</strong>denden Sommersonnenwende, weshalb es<br />
selbst mitunter als Sonnenfeuer bzw. Sonnwendfeuer bezeichnet wird. Das beim Johannisfeuer<br />
verwendete umwälzende Rad wird oft als Sonne gedeutet. Das Johannisfeuer<br />
f<strong>in</strong>det man <strong>in</strong> verschiedener Ausgestaltung fast über ganz Europa verbreitet.<br />
1.1.4. Johannisfeste<br />
Am stärksten ist der Brauch der Mittsommerfeste <strong>in</strong> Skand<strong>in</strong>avien <strong>und</strong> dem Baltikum<br />
ausgeprägt. In Lettland ist "Jani" der populärste Feiertag überhaupt. In Ma<strong>in</strong>z wird zu<br />
dieser Zeit das Johannisfest gefeiert. Traditionell gehört dazu e<strong>in</strong>e Kirmes <strong>in</strong> der Innenstadt<br />
mit e<strong>in</strong>igen We<strong>in</strong>ständen, e<strong>in</strong> Künstlermarkt <strong>und</strong> e<strong>in</strong>em Markt für gebrauchte<br />
Bücher.<br />
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<strong>Land</strong> <strong>und</strong> <strong>Leute</strong> <strong>in</strong> <strong>Estland</strong><br />
2. Traditionen s<strong>in</strong>d „<strong>in</strong>“<br />
Traditionen wie Volkstanz, Volksmusik, Sagen <strong>und</strong> Trachten werden <strong>in</strong> <strong>Estland</strong> noch<br />
gehegt <strong>und</strong> gepflegt <strong>und</strong> ihnen kommt auch im Alltagsleben e<strong>in</strong>e große Bedeutung zu.<br />
Sehr viele Esten s<strong>in</strong>d aktiv im Chorgesang. Gerade <strong>in</strong> den Zeiten vor der Unabhängigkeit<br />
waren es diese Traditionen, die maßgeblich dazu beigetragen haben, dass sich die<br />
Esten e<strong>in</strong> eigenes Nationalbewusstse<strong>in</strong> erhalten konnten. Nicht umsonst ist die Ablösung<br />
von der Sowjetunion unter dem Schlagwort „S<strong>in</strong>gende Revolution“ <strong>in</strong> die Geschichte<br />
e<strong>in</strong>gegangen. Der Begriff der s<strong>in</strong>genden Revolution zeigte den überwiegend<br />
friedlichen Verlauf der Befreiungsbemühungen. Die Esten haben sich ihre Freiheit im<br />
wahrsten S<strong>in</strong>ne des Wortes ersungen, als sie 1989 auf e<strong>in</strong>em der alle fünf Jahre stattf<strong>in</strong>denden<br />
gesamtestnischen Sängerfeste, an denen bis zu 25.000 Aktive vor mehr als<br />
100.000 Zuhörern auftreten, die bis dah<strong>in</strong> verbotene estnische Nationalhymne anstimmten.<br />
Solche Feste haben e<strong>in</strong>en eigenen Charaktern. Für Familien aus <strong>Estland</strong> ist dies e<strong>in</strong><br />
Anlaß, sich zu treffen. Jemand aus der Familie macht sicher aktiv mit, er wird begleitet<br />
<strong>und</strong> so trifft man andere weitentfernte Familienmitglieder oder Bekannte. Man schaut<br />
den Vorführungen zu, sitzt auf den Rasenflächen vor <strong>und</strong> h<strong>in</strong>ter der riesigen Bühne,<br />
plaudert mit Bekannten oder verpflegt sich an e<strong>in</strong>em der vielen Stände. Volksfest im<br />
wahrsten S<strong>in</strong>ne des Wortes.<br />
2.1. Volksmusik, -tanz <strong>und</strong> Tracht<br />
Sowohl beim Chorgesang wie auch bei der Volksmusik / Volkstanz schöpft man aus<br />
e<strong>in</strong>er großen Quelle bestehender Stücke. Es werden bewußt alte Stücke gesichert,<br />
jedoch auch aktive neue Stücke komponiert.<br />
Die Volkstrachten gehörten bis <strong>in</strong> jüngster Zeit meist<br />
den Tanzgruppen oder den Choren. Die aktiven Mitglieder<br />
hatten dadurch rasch <strong>und</strong> ohne f<strong>in</strong>anzielle<br />
Schwierigkeiten die Möglichkeit, solche Trachten zu<br />
tragen. Dies führte jedoch auch zu - für unsere Optik -<br />
eigentümlichen Konstellationen.<br />
Viele <strong>Leute</strong> haben nun die Absicht, eigene Trachten zu<br />
besitzen. Diese persönlichen Trachten werden auch<br />
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<strong>Land</strong> <strong>und</strong> <strong>Leute</strong> <strong>in</strong> <strong>Estland</strong><br />
vermehrt aus der Wohnregion gewählt <strong>und</strong> zwar nach vorhandenen historischen Orig<strong>in</strong>alen<br />
oder Abbildungen. E<strong>in</strong> Prunkstück ist wohl die Frauentracht aus Vörumaa,<br />
Südostestland, mit dem reichhaltigen Schmuck.<br />
Volkstanz <strong>und</strong> Chorgesang wird <strong>in</strong> den Schulen aktiv gefördert. Es bestand bislang<br />
e<strong>in</strong>e Ausbildungsmöglichkeit zum professionellen Tanzleiter. Diese Fachkräfte wurden<br />
<strong>in</strong> Schulen angestellt, leiteten Jugendgruppen oder Senioren Kurse. Solche Möglichkeiten<br />
werden für die Leiter aus ökonomischen Gründen sowie wegen Änderungen der<br />
Zielsetzungen tendenziell e<strong>in</strong>geschränkt.<br />
3. Estnische „Musiker“<br />
Weltweit bekannt ist Arvo Pärt, e<strong>in</strong> zeitgenössischer<br />
Komponist moderner Klassik. Rudolph Tobias ist als<br />
erster estnischer Komponist zum Ausgang des 19.<br />
Jahrh<strong>und</strong>erts auch <strong>in</strong> Deutschland Kennern der<br />
Chormusik e<strong>in</strong> Begriff. Eduard Tub<strong>in</strong> machte im 20.<br />
Jahrh<strong>und</strong>ert durch se<strong>in</strong>e romantischen Symphonien auf<br />
<strong>Estland</strong> aufmerksam, was im Jahr 2005 durch e<strong>in</strong> großes Festival gewürdigt wurde.<br />
Neeme Järvi ist Dirigent von Weltruf (derzeit Detroiter Symphonieorchester). Im Popular-Bereich<br />
kommt dem Pianist Olav Ehala e<strong>in</strong>e große Bedeutung zu, der zahlreiche<br />
Filmmusiken schrieb, <strong>und</strong> bei Theaterproduktionen mitwirkt. Ester Mägi schreibt ähnlich<br />
wie Veljo Tormis viele Kompositionen <strong>und</strong> Volkslieder für Chor um, die während<br />
der Besatzungszeit der Sovjetunion <strong>in</strong> Vergessenheit zu geraten drohten <strong>und</strong> seit der<br />
Unabhängigkeit sehr populär geworden s<strong>in</strong>d. Man denke nur an das alle fünf Jahre<br />
aufgeführte Chorfest, wo Zehntausende, vere<strong>in</strong>t zu e<strong>in</strong>em Chor nationales Liedgut<br />
s<strong>in</strong>gen. <strong>Estland</strong> ist momentan auch sehr erfolgreich mit Acts wie Eda-Ines Etti <strong>und</strong><br />
Vanilla N<strong>in</strong>ja <strong>in</strong> der europäischen Popkultur <strong>in</strong>tegriert. <strong>Estland</strong> hat auch beachtliche<br />
Erfolge beim Eurovision Song Contest erreicht, den das <strong>Land</strong> 2001 gewann. Der Eurovision<br />
Song Contest 2002 fand daraufh<strong>in</strong> <strong>in</strong> Tall<strong>in</strong>n statt.<br />
3.1. Musikkultur<br />
<strong>Estland</strong> wird oft als das "<strong>Land</strong> der tausend Stimmen" bezeichnet. Mit se<strong>in</strong>en Runengesängen<br />
<strong>und</strong> Volksliedern kann <strong>Estland</strong> auf e<strong>in</strong>e mehr als 2 500 Jahre alte Musiktradition<br />
zurückblicken. Im Rahmen ihrer Unabhängigkeitsbestrebungen rückten die Esten<br />
1988 mit e<strong>in</strong>er "S<strong>in</strong>genden Revolution" <strong>in</strong> das Licht der Weltöffentlichkeit: Am 11. Sep-<br />
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<strong>Land</strong> <strong>und</strong> <strong>Leute</strong> <strong>in</strong> <strong>Estland</strong><br />
tember versammelten sich mehr als 300 000 Menschen - etwa e<strong>in</strong> Fünftel der gesamten<br />
estnischen Bevölkerung - auf dem Sängerfest-Platz von Tall<strong>in</strong>n <strong>und</strong> stimmten mutig<br />
verbotene patriotische Lieder an. <strong>Estland</strong> besitzt e<strong>in</strong>e jahrh<strong>und</strong>ertelange Musiktradition.<br />
Die Musik war Mittel, sich gegen die kulturelle Vorherrschaft der deutschen<br />
E<strong>in</strong>wanderer zu behaupten <strong>und</strong> diente dem <strong>in</strong>tellektuellen Widerstand <strong>Estland</strong>s gegen<br />
die Russifizierungspolitik Zar Alexanders II. als Zeichen nationaler Identität.<br />
Das gesamtestnische Sängerfest, welches alle fünf<br />
Jahre <strong>in</strong> Tall<strong>in</strong>n stattf<strong>in</strong>det, hat bei der Entwicklung der<br />
Nationalbewegung e<strong>in</strong>e große Rolle gespielt. Noch<br />
heute f<strong>in</strong>den sich Zehntausende von Menschen<br />
zusammen, um geme<strong>in</strong>sam moderne Folkmusik zu<br />
hören <strong>und</strong> estnische Volkslieder zu s<strong>in</strong>gen.<br />
4. Theaterkultur<br />
Die Esten lieben die darstellende Kunst. Jährlich gehen mehr Menschen <strong>in</strong>s Theater<br />
als das <strong>Land</strong> E<strong>in</strong>wohner zählt. Es gibt estnisches <strong>und</strong> russisches Schauspiel, große<br />
Oper, Operette <strong>und</strong> Ballett, aber auch K<strong>in</strong>der- <strong>und</strong> Puppentheater. Mit mehr als 4500<br />
Aufführungen <strong>und</strong> etwa 70 Neu<strong>in</strong>szenierungen ist die Leistung der nur zwölf festen<br />
estnischen Schauspielgruppen beachtlich.<br />
5. Die Leselust der Esten<br />
Während der estnischen Unabhängigkeit nach dem Ersten Weltkrieg wies das Verlagswesen<br />
<strong>in</strong> <strong>Estland</strong> die höchste Pro-Kopf-Produktion von Büchern <strong>in</strong> ganz Europa<br />
auf. E<strong>in</strong> wichtiger Botschafter der estnischen Literatur ist der 1920 geborene Schriftsteller<br />
Jaan Kross. Se<strong>in</strong>e <strong>in</strong> 20 Sprachen übersetzten Romane beschreiben Charaktere<br />
<strong>und</strong> Verhältnisse <strong>in</strong> <strong>Estland</strong> besonders im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert.<br />
5.1. Der Schriftsteller Jaan Kross<br />
(* 19. Februar 1920) ist der bedeutendste estnische<br />
Schriftsteller der Gegenwart.<br />
Geboren <strong>in</strong> Tall<strong>in</strong>n, besuchte er die Universität Tartu,<br />
schloss dort 1944 als Jurist ab <strong>und</strong> lehrte als<br />
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<strong>Land</strong> <strong>und</strong> <strong>Leute</strong> <strong>in</strong> <strong>Estland</strong><br />
Dozent für weitere zwei Jahre (<strong>und</strong> wieder als Professor der Artes Liberales 1998). Im<br />
Frühjahr 1944 wurde er von den deutschen Besatzern <strong>und</strong> 1946 von den Sowjets verhaftet,<br />
die ihn nach Sibirien deportierten, wo er bis 1954 im Gulag verblieb. Nach se<strong>in</strong>er<br />
Rückkehr nach <strong>Estland</strong>, damals e<strong>in</strong>e Sowjetrepublik, wurde er freischaffender<br />
Schriftsteller <strong>und</strong> Übersetzer.<br />
Kross ist der bei weitem meist übersetzte <strong>und</strong> national wie auch <strong>in</strong>ternational bekannteste<br />
Estnische Schriftsteller, sicherlich der bedeutendste seit Anton Hansen Tammsaare.<br />
Er wurde mehrfach für den Literaturnobelpreis vorgeschlagen <strong>und</strong> ist Träger<br />
mehrerer Ehrendoktorate <strong>in</strong>ternationaler Orden, e<strong>in</strong>schließlich e<strong>in</strong>er besonders hohen<br />
Stufe des B<strong>und</strong>esverdienstkreuzes.<br />
Kross' Romane (<strong>und</strong> Kurzgeschichten) s<strong>in</strong>d fast alle historisch; Kross wird <strong>in</strong> der Tat<br />
häufig als der Wiederbeleber des historischen Romans gekennzeichnet. Fast alle se<strong>in</strong>e<br />
Werke spielen <strong>in</strong> <strong>Estland</strong> <strong>und</strong> kreisen um das Thema der Beziehungen von Esten,<br />
Deutsch-Balten <strong>und</strong> Russen. Se<strong>in</strong>e häufige Thematisierung des Estnischen Freiheitskampfes<br />
gegen die Baltendeutschen ist jedoch weitgehend e<strong>in</strong>e Metapher für den<br />
zeitgenössischen Kampf gegen die Russen. Kross' Bedeutung auch nach dem erfolgreichen<br />
Ende des Kampfes 1991 zeigt aber, dass se<strong>in</strong>e Romane auch von Themen, die<br />
über diese Art Politik h<strong>in</strong>ausgehen, handeln, so z.B. Identität, <strong>Lo</strong>yalität <strong>und</strong> Bildung.<br />
Im Allgeme<strong>in</strong>en gilt Der Verrückte des Zaren als Kross' bester Roman; bekannt ist<br />
auch noch die Erzählung Professor Martens' Abreise über den russischen Diplomaten<br />
Friedrich Fromhold Martens, die wegen ihrer Themen (Wissenschaft, Expertentum,<br />
nationale <strong>Lo</strong>yalität) besonders bei Akademikern beliebt ist. Die früheren Ausgrabungen<br />
werden von vielen Experten als Kross' bestes Werk gesehen. Das Leben im Reval<br />
des 16. Jahrh<strong>und</strong>erts beschreibt se<strong>in</strong> Roman Das Leben des Balthasar Rüssow. Alle<br />
diese Romane liegen <strong>in</strong> deutschen Übersetzungen vor.<br />
5.2. Die Märchengeschichte vom Riesenhaften Held<br />
Die mythisch-märchenhaften Verse über den Riesen Kalevipoeg (Sohn des Kalev) gelten<br />
als das Nationalepos <strong>Estland</strong>s. Jede Geschichte des Helden ist im Bewußtse<strong>in</strong> der<br />
Esten mit auffälligen Punkten <strong>in</strong> der <strong>Land</strong>schaft verknüpft: Der Sage nach entstanden<br />
die Hügel der Druml<strong>in</strong>slandschaft bei Jögeva, als der Riese pflügte, der See Ülemiste<br />
bildete sich, als se<strong>in</strong>e Mutter um se<strong>in</strong>en toten Vater we<strong>in</strong>te, <strong>und</strong> der Kalkfelsen des<br />
Dombergs <strong>in</strong> Tall<strong>in</strong>n war das Grab des Vaters.<br />
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<strong>Land</strong> <strong>und</strong> <strong>Leute</strong> <strong>in</strong> <strong>Estland</strong><br />
6. Kul<strong>in</strong>arische Sitten<br />
Die estnische Küche wurde nicht von Fe<strong>in</strong>schmeckern ersonnen. Sie ist relativ<br />
schwer, aber durchaus schmackhaft, wenn man e<strong>in</strong>e Zunge für Herzhaftes nach<br />
Großmutterart hat. Zum Frühstück gibt es Fisch <strong>und</strong> Würstchen. Die Suppen s<strong>in</strong>d solide<br />
- mit Gemüse, Brot oder Milch. Es gibt viel Kartoffeln, Schwe<strong>in</strong>efleisch, Sahne.<br />
Fisch wird vorzugsweise geräuchert oder mar<strong>in</strong>iert gegessen. Berühmt s<strong>in</strong>d die Tall<strong>in</strong>ner<br />
Sprotten.<br />
Bl<strong>in</strong>ys, die es überall im Baltikum gibt, s<strong>in</strong>d kle<strong>in</strong>e Pfannkuchen - meist mit saurer<br />
Sahne oder Fisch gefüllt. Grüne Suppe ist e<strong>in</strong>e estnische Spezialität. Sie besteht aus<br />
verschiedene Gemüse, viel Zwiebeln <strong>und</strong> Speckwürfeln.<br />
Man tr<strong>in</strong>kt Kaffee oder Tee. E<strong>in</strong>heimisches Bier ist für westliche Biertr<strong>in</strong>ker meist zu<br />
dünn - es gibt allerd<strong>in</strong>gs Ausnahmen. We<strong>in</strong> <strong>und</strong> Sekt kommen fast immer aus Russland<br />
oder Georgien <strong>und</strong> s<strong>in</strong>d für unseren Geschmack meist zu süß. Wodka wird fast<br />
überall <strong>in</strong> guter (sehr starker!) russischer Qualität gebrannt.<br />
Beeren- <strong>und</strong> Fruchtsäfte s<strong>in</strong>d meist ausgezeichnet (was man von den Fabriklimonaden<br />
nicht sagen kann), Met <strong>und</strong> Honiglikör gelten als baltische Spezialitäten; <strong>in</strong> allen drei<br />
Ländern gibt es viele Imker.<br />
7. Souvenirs<br />
Bernste<strong>in</strong>schmuck ist e<strong>in</strong> klassisches Mitbr<strong>in</strong>gsel aus dem Baltikum, ist jedoch häufig<br />
nicht aus <strong>Estland</strong> selbst. Typisch h<strong>in</strong>gegen s<strong>in</strong>d leichte Wollschals aus Haapsalu. Die<br />
Esten verstehen sich auf die Holzverarbeitung, so dass man hier schöne Stücke erwerben<br />
kann. Auch lederne Buche<strong>in</strong>bände s<strong>in</strong>d bemerkenswert. Köstlich ist e<strong>in</strong> dunkelroter<br />
Likör "vana Tall<strong>in</strong>n", der <strong>in</strong> den Alkoholläden erstanden werden kann.<br />
Referat von © Barbara Maier, 2006<br />
Im Rahmen des Leonardo – Projekts der Europäischen Union.<br />
Kaufmännische Schulen Offenburg <strong>und</strong> Tall<strong>in</strong>na Majanduskool<br />
Vervielfältigungen erwünscht – unter Bekanntgabe der Verfasser<strong>in</strong>.<br />
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